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Lutz Matschke<br />

Michele Caliari<br />

»STEINPFAD«<br />

Wo Alpen und Anden aufeinander treffen<br />

– eine Fotoausstellung.<br />

Wo beginnt die intakte Welt der Berge,<br />

jenes Grenzgebiet zwischen Himmel<br />

und Erde, das einst nur Mythen und<br />

Legenden vorbehalten war? Jenseits des<br />

Hochpasses, zwischen den kolossalen<br />

Kesseln? Oder im Wald, am Fuß der trotzigen<br />

Riesen? Die Fotografen Michele<br />

Caliari und Lutz Matschke zeigen Bilder<br />

der Bergwelten, die ihre Jugend prägten,<br />

Welten die sie zurückgelassen haben,<br />

und gerade deswegen so lebendig wirken.<br />

Ein »Steinpfad« verbindet zweier<br />

Blicke und Orte, das unterschiedlicher<br />

nicht sein könnten: Alpen und Anden,<br />

fern und nah.<br />

Der bestimmte Ort da draußen erreicht<br />

man nicht bloß über Hänge und Wege,<br />

man hat den Ort ersucht, man hat die<br />

Strecken und die Beschaffenheit erlernt:<br />

Faltungen, Brüche, Reibungen – und die<br />

Zeichen, die der Mensch hinterlassen<br />

hat. Was er dabei nicht verändern kann<br />

ist die schiere Größe der Bergwelt, der<br />

finstere Umfang des Gipfels über nachts,<br />

das immer wiederkehrende Werden und<br />

Vergehen der Farne im Tal. Den Wanderer<br />

überkommt das Gefühl ein ungebetener<br />

Gast zu sein. Das Eigenleben von<br />

dieser Welt – deren intimes Abbild – ist<br />

was beide Fotografen mit sich nehmen,<br />

hier hat sich zwischen beiden Blicken<br />

einen Pfad geschlagen.<br />

Caliari, der in Trentino-Südtirol, aufwuchs,<br />

erfasst dieses Gefühl über seine<br />

Polaroid-Bilder. Die Technik wird Mittel<br />

einer Entfremdung. Die Kulturlandschaft<br />

»Trentino«, der Berg als unabdingbare<br />

Ressource des Alltags wird durch Normalobjektiv<br />

und weiche Emulsion als<br />

Bild eingerichtet, wird zur Erzählung<br />

»Erinnerung an Erinnerung«. Matschke,<br />

der in der Metropole Buenos Aires aufwuchs,<br />

hält mit seiner Rolleiflex aus<br />

den 1960er Jahren ein Patagonien fest,<br />

das bis heute unberührbar, unverrückbar<br />

erscheint, zumindest in den Bildern,<br />

die es im Kopf des Betrachters erzeugt.<br />

In der Wahl des Mediums und des Stil-<br />

© Lutz Matschke, » Lago Traful«, Patagonien, Januar 1989<br />

mittels der S/W Fotografie kommt auch<br />

die Nostalgie zum Ausdruck, mit der<br />

beide Fotografen ihren Blick auf den<br />

Steinpfad richten.<br />

Bei Caliari richtet sich der Blick zuvorderst<br />

auf den Gipfel, Non-Plus-Ultra der<br />

Alpen und seit jeher das höchste Ziel<br />

des Alpinismus, ein Sport, der in den<br />

Anden erst viel später Einzug hielt. Wie<br />

in Caliaris Kindheit und Jugend sind die<br />

weitläufigen Alpenlandschaften auch<br />

in seinen Bildern nur selten von Menschen<br />

bevölkert. Umso deutlicher treten<br />

die Zeichen menschlicher Präsenz<br />

hervor: ein Wegweiser, eine Berghütte,<br />

eine Straße. »Der Berg ruft nicht, er ist<br />

scharf und windig, erhaben, unheimlich<br />

präsent: sublim«, schreibt Caliari über<br />

seine Bergfahrt.<br />

Matschke hingegen hebt vor allem die<br />

Details hervor, die die Natur der Hochtäler<br />

nur demjenigen offenbart, der im<br />

Aufstieg innehält und schauend verweilt.<br />

Seine Bilder der rauhen Natur der Anden<br />

tragen das Stigma der Ursprünglichkeit<br />

in sich, sie transportieren die »chaotische<br />

Unruhe der Pflanzenwelt, die die<br />

bis 7. November <strong>2012</strong><br />

Photoplatz<br />

im Hotel Bogota<br />

Schlüterstraße 45<br />

10707 Berlin-Charlottenburg<br />

www.bogota.de<br />

<strong>brennpunkt</strong> 4/<strong>2012</strong><br />

Galerien<br />

© Michele Caliari, » Bergfahrt«, Pola, 2006<br />

Dinge unwirklich erscheinen läßt«, und<br />

rufen im Betrachter das Gefühl hervor,<br />

wie bei Charles Darwins Patagonischer<br />

Aufenthalt, neue Arten zu entdecken,<br />

fremde Lebenswelten zu betreten.<br />

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