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brennpunkt 4-2012 .indd - Edition dibue

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Galerien<br />

Christian Martinelli<br />

und das Kollektiv<br />

CubeStories<br />

Die galerie son in Berlin zeigt das Resultat<br />

von vier Jahren Arbeit an einer menschengroßen<br />

Fotokamera - dem Cube<br />

- des italienischen Fotografen Christian<br />

Martinelli mit dem Künstlerkollektiv<br />

CubeStories.<br />

Die Idee zu dieser minimalistisch anmutenden<br />

Kamera entstand vor vier Jahren<br />

in Peking, China, als die Fotografen<br />

Christian Martinelli und Andrea Pizzini -<br />

die zwei Ideatoren des Cubes - sich aus<br />

Jux ein Fotogerät ausmalten, das überdimensionale<br />

Fotografien produzieren<br />

kann, ohne dabei auf Vergrößerungen<br />

zurückgreifen zu müssen. Eine transportable<br />

Kamera, die mit ihrem Bildträger<br />

lebensgroße Abbilder ihrer Umgebung<br />

fixieren kann. Wieder zuhause<br />

haben sie die Idee nicht fallen lassen,<br />

sondern sich mit ihrem Freund Andrea<br />

Salvà daran gemacht, sie in die Realität<br />

umzusetzen.<br />

Nach unzähligen Versuchen entstand<br />

daraus eine 2 x 2 x 2 Meter große<br />

modulare Fotokamera mit einem 890<br />

mm (!) Objektiv und einer verspiegelten<br />

Oberfläche aus Alu-Dibond - einem<br />

ultraleichten Material, das den Transport<br />

des Kubus und damit den Einsatz auch<br />

außerhalb des Studios ermöglicht.<br />

Im Cube ist die Fotografie auf das Elementare<br />

reduziert: Ein lichtdichtes<br />

Gehäuse, ein Objektiv mit Blende und<br />

eine Platte, die das 1 x 1 Meter große<br />

Fotopapier fixiert. Das Licht fällt durch<br />

die Linse direkt auf das Fotopapier. Jedes<br />

Bild ist auf diese Weise einzigartig, ein<br />

Gemälde. Es gibt keinen Zwischenschritt<br />

zwischen dem Einfallen des Lichtes<br />

und dem Entstehen des Fotopositivs.<br />

So können auch keine Abzüge genommen<br />

werden. In dieser Hinsicht sind die<br />

Bilder wahrhaftig vom Licht gemalt.<br />

Der Philosoph und Kunsttheoretiker<br />

Walter Benjamin bangte in den 1930er<br />

Jahren um die Aura des Kunstwerkes in<br />

Zeiten der technischen Reproduzierbarkeit<br />

und richtete seine Kritik gerade<br />

28 <strong>brennpunkt</strong> 4/<strong>2012</strong><br />

»The guardian«, Ilfochrome, 2009, © Christian Martinelli/galerie son, (O.i.F.)<br />

»Timmelsjoch«, Lambda, 2010,<br />

© Christian Martinelli/galerie son, (O.i.F.)<br />

gegen die Fotografie, die dafür geschaffen<br />

war, ihre Umgebung zu reproduzieren.<br />

In den Vervielfältigungen eines<br />

Kunstwerkes gehe seine Echtheit verloren,<br />

seine Geschichte und seine Authentizität,<br />

meinte er. Die Bilder, die im Inneren<br />

des Cubes entstehen, entreißen sich<br />

dieser Kritik, da sie das Potential der Vervielfältigung<br />

nicht in sich tragen. Jedes<br />

Bild ist einmalig und daher echt.<br />

Echt sind die Bilder auch was das Bildmotiv<br />

betrifft. Die Unmittelbarkeit der<br />

Bildentstehung macht eine Intervention<br />

unmöglich. Sie sind ehrlich und aufrichtig.<br />

Ähnlich den ersten Fotografien, die<br />

es schafften, ein nicht-subjektives Bild<br />

der Wirklichkeit aufzuzeichnen, sind<br />

sie unmittelbar.<br />

Beim Fotografieren befindet sich der<br />

Fotograf im Inneren der Cube-Kamera.<br />

Der Akt des Fotografierens ist dabei<br />

extrem reduziert und hochkompliziert.<br />

Die Einfachheit des Vorgangs fasziniert.<br />

Durch die außergewöhnliche Dimension<br />

der Bilder und durch die Einmaligkeit<br />

jedes Bildes muss jeder Schritt präzise<br />

durchgeführt werden.<br />

In äußerster Konzentration wird die<br />

Schärfe im Bild kontrolliert, dann wird<br />

in totaler Dunkelheit das Ilfochrome-<br />

Fotopapier aufgespannt. Schlussendlich<br />

wird die Klappe geöffnet und geschlossen.<br />

In den Sekunden dazwischen kann<br />

man dabei zusehen, wie das Bild auf<br />

den Bildträger gezeichnet wird. So<br />

kann das Fotografieren mitunter einen

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