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Michael Lange<br />

»WALD«<br />

Landschaften der Erinnerung<br />

Die Alfred Ehrhardt Stiftung präsentiert<br />

in ihren Räumlichkeiten die<br />

Ausstellung »Wald - Landschaften<br />

der Erinnerung« von Michael Lange<br />

(*1953). In fein nuancierten und komponierten<br />

Farbaufnahmen von Wäldern,<br />

die allesamt in der Dämmerung entstanden,<br />

erkundet der in Hamburg<br />

lebende Fotograf das Phänomen der<br />

Waldeinsamkeit.<br />

Die Vorstellung des Waldes ist seit<br />

Jahrhunderten imaginär. Ins kollektive<br />

Gedächtnis hat er sich nachdrücklich<br />

durch märchenhafte und mythische<br />

Erzählungen eingeschrieben. Hierin<br />

begreift sich die bildhafte Wesenheit<br />

des Waldes zumeist als ein psychisches<br />

Rückzugsareal, in dem kindliche<br />

Sehnsüchte und Ängste überdauern<br />

können. Doch inwieweit überdeckt<br />

die regressive Folie gegenwärtig unsere<br />

zivilisatorische Perspektive auf den<br />

Wald? Was bedeutet es konkret, was<br />

erkennen wir, wenn wir den Wald<br />

aufsuchen?<br />

Michael Lange ist in seinem aktuellen<br />

Buch- und Ausstellungsprojekt<br />

Wald diesen Fragen nachgegangen.<br />

Über drei Jahre hinweg hat der<br />

in Hamburg lebende Fotograf zu den<br />

Zeiten der Dämmerung Deutschlands<br />

Wälder durchstreift. Mit sicherem<br />

Gespür hat er dort jene Rückzugsorte<br />

ausfindig gemacht, an denen sich die<br />

Imaginationen der Kindheit mit nüchternen<br />

Naturdokumenten zu eindrücklichen<br />

visuellen Prägungen verdichten.<br />

Seine Fotografien entstanden abseits<br />

der Wege und Wanderpfade, oftmals<br />

im Dickicht und dichtem Unterholz.<br />

Sie zeugen vom verspäteten Wagnis des<br />

erwachsenen Ich, endlich an jenen Ort<br />

zu gelangen, nach dem sich das kindliche<br />

Gemüt über all die Jahre gesehnt<br />

hat. Die Fotografien von Michael Lange<br />

sind Folien, sie lassen sich durchaus als<br />

Resultat einer inneren Bewegung verstehen.<br />

Bestimmend für die Arbeiten ist die<br />

immer wieder gestellte Frage, wie Stille<br />

im Bild entstehen kann.<br />

Allerdings sind die querformatigen<br />

Farbaufnahmen ebenso Dokumente<br />

Michael Lange, Wald # 2016, 2010, Archival pigment print, © the artist (Original in Farbe)<br />

einer nüchternen äußeren Erkundung.<br />

Lange Waldszenerien zeichnen sich im<br />

Sinne einer Vergewisserung als betont<br />

zeitlose Naturaufnahmen aus, die gleichermaßen<br />

mythisch wie real wirken.<br />

Atmosphärisch sind seine Motive<br />

durchdrungen von einer tiefen<br />

Befriedung und Erhabenheit. Dabei<br />

zählt es zu den Eigentümlichkeiten<br />

der Bilder, dass sie in der Anschauung<br />

ein Geheimnis bewahren. Sie wollen<br />

offenkundig nichts enthüllen oder<br />

verbergen. Auch verharren sie nicht<br />

im Kalkül der Impression. Stattdessen<br />

schöpfen sie aus den Momenten des<br />

schwindenden oder erwachenden Lichts,<br />

das mit der Dämmerung einhergeht, ein<br />

fast zärtlich zu nennendes Konzentrat.<br />

Düster und gleichsam gegenwärtig tritt<br />

das Waldreich aus ihnen hervor.<br />

Im Wald, sagte einmal ein Gelehrter,<br />

versagen die subjektiven Kategorien<br />

des Menschen. Aus dieser Irritation<br />

resultiert zwangsläufig eine erhöhte<br />

Wachsamkeit. In den fotografischen<br />

Bildern von Michael Lange ist aus diesem<br />

potenziert wachsamen Erleben eine<br />

künstlerische Strategie erwachsen. Sie ist<br />

wohl am ehesten mit jener Erfahrung vergleichbar,<br />

für die die Dichter der deutschen<br />

Romantik ein eigenes Wort ersannen:<br />

Waldeinsamkeit.<br />

(Text: Prof. Dr. Christoph Schaden)<br />

<strong>brennpunkt</strong> 4/<strong>2012</strong><br />

Galerien<br />

Begleitende Veranstaltungen zur<br />

Ausstellung:<br />

24. Oktober <strong>2012</strong> um 19 Uhr:<br />

Lesung und Gespräch mit Sabine<br />

Küchler über ihr Buch »Was ich im<br />

Wald in Argentinien sah«. Moderation:<br />

Thomas Böhm, Leiter des internationalen<br />

literaturfestivals berlin.<br />

4. November <strong>2012</strong> um 14 Uhr:<br />

Künstlergespräch mit Michael Lange<br />

und Prof. Dr. Christoph Schaden<br />

28. November <strong>2012</strong> um 19 Uhr:<br />

Bildervortrag von Prof. Klaus Honnef »Der<br />

deutsche Wald in der zeitgenössischen<br />

Fotografie«.<br />

Die Ausstellung findet im Rahmen des<br />

MONATS DER FOTOGRAFIE <strong>2012</strong><br />

statt.<br />

Vernissage:<br />

12. Oktober <strong>2012</strong>, um 19 Uhr<br />

13. Oktober bis 23. Dezember <strong>2012</strong><br />

Alfred Ehrhardt Stiftung<br />

Auguststraße 75<br />

10117 Berlin-Mitte<br />

Di – So 11 – 18 Uhr<br />

Do 11 – 21 Uhr<br />

www.alfred-ehrhardt-stiftung.de<br />

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