COMPACT SPEZIAL 10 "Islam"
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Sonder-Ausgabe Nr. <strong>10</strong> | 8,80 EUR (D) · spezial.compact-online.de<br />
Islam<br />
Gefahr für Europa<br />
Gefahr für Europa<br />
9,90 Euro (A), 13 sFr (CH)<br />
Grundwissen: Koran, Koran, Scharia Scharia und und Dschihad Dschihad als akute als akute Bedrohung unserer unserer Freiheit Freiheit<br />
Geschichte: Raubzüge und und Kolonisierung unter unter der der grünen grünen Fahne Fahne des des Propheten<br />
Gegenwart: Warum Warum der der Islam Islam mit mit unserem unserem Grundgesetz nicht nicht vereinbar ist ist<br />
Zukunft: Zukunft: Wie Wie wir wir das das Abendland und und unsere unsere Werte Werte verteidigen können können
Ehrlicher Journalismus in Zeiten der Lüge.<br />
Die schweigende Mehrheit kann die Verhältnisse zum Tanzen bringen,<br />
wenn sie ihre Stimme wiederfindet. <strong>COMPACT</strong> ist ihr Lautsprecher, weil<br />
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Himmel<br />
hilf!<br />
Die neue Christenverfolgung<br />
Brüssel-Terror<br />
Merkels Schande<br />
Böhmermann<br />
Je suis Arschgeige<br />
RFID-Chip<br />
Spion unter der Haut<br />
Deutsches Bier<br />
Zurück zum Original<br />
Merkel im<br />
Erdowahn<br />
Die türkische Kanzlerin<br />
AfD-Triumph<br />
Klatsche für Blockparteien<br />
Bargeld-Verbot<br />
Die digitale Enteignung<br />
HC Strache<br />
Das große Interview<br />
Die bessere<br />
Kanzlerin<br />
AfD vor dem Durchbruch<br />
Merkel am Ende<br />
Drei Schritte zum Sturz<br />
Stalingrad 2.0<br />
Putin siegt in Aleppo<br />
Trump ist Trumpf<br />
Spur zum Mossad<br />
Der Barschel-Krimi<br />
Patriot unter Falken<br />
Handball-Helden<br />
Blut, Schweiß und Tore<br />
Dossier: Protestparteien<br />
Ausgabe 5/2016 | 4,95 EUR<br />
www.compact-online.de<br />
Dossier: US-Wahlen<br />
Von Grün bis AfD – Tops und Flopps<br />
Präsidentin Killary und die Neocons<br />
Dossier: Revoltiert!<br />
Ausgabe 4/2016 | 4,95 EUR<br />
www.compact-online.de<br />
Camus über die Verteidigung Europas<br />
Ausgabe 3/2016 | 4,95 EUR<br />
www.compact-online.de
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Editorial<br />
Der Verrat der Eliten<br />
London wird Londonistan: Anfang Mai 2016<br />
wurde Sadiq Khan mit 57 Prozent zum Bürgermeister<br />
gewählt. Damit ist erstmals ein Moslem Stadtoberhaupt<br />
in einer europäischen Metropole. Der<br />
Erfolg war nur möglich, weil er nicht nur von seinen<br />
Glaubensgenossen – mittlerweile sind das an der<br />
Themse über eine Million –, sondern von den meisten<br />
Einwanderern und auch der englischen Linken<br />
unterstützt wurde. Diese Regenbogenkoalition erhält<br />
mit jedem weiteren Migranten neue Unterstützung.<br />
Wie es weitergehen könnte, hat Michel Houellebecq<br />
in seinem Roman Unterwerfung geschildert:<br />
Frankreich wird im Jahr 2022 islamisch. In der<br />
Stichwahl zum Präsidentenamt unterliegt Marine<br />
Le Pen dem Kandidaten der Muslimbruderschaft,<br />
danach geht es Zug um Zug: Wer im Staatsdienst<br />
bleiben will, muss konvertieren. Die Miniröcke auf<br />
den Straßen verschwinden, die Frauen verschleiern<br />
sich. Homosexuelle müssen sich ducken. Am Ende<br />
greift der neue Mann im Élysée-Palast sogar nach<br />
der Führung in der Europäischen Union.<br />
Messerscharf seziert Houellebecq, wie es zum<br />
Regime Change kommt: Hauptgrund ist der degenerierte<br />
Antifaschismus, der zur Staatsräson der sterbenden<br />
Ordnung geworden ist. Als es zur Stichwahl<br />
zwischen Marine Le Pen und dem Islamisten kommt,<br />
wird letzterer von sämtlichen Blockparteien unterstützt.<br />
Von den Konservativen bis zu den Linken<br />
erscheint allen der Islam als das kleinere Übel im<br />
Vergleich zum Front National. Die Furcht vor einer<br />
patriotischen Erneuerung, die die Bonsai-Antifanten<br />
ohne jede Geschichtskenntnis mit der Rückkehr<br />
zum Faschismus gleichsetzen, ist stärker als<br />
die Angst vor dem Gottesstaat. Das reflexhafte<br />
«Nie wieder» verhindert das Erkennen des neuen<br />
Totalitarismus – und verleitet besonders die Intellektuellen,<br />
die die Hitler-Kollaborateure von Vichy<br />
so sehr verachtet haben, zum Arrangement mit der<br />
fremden Ordnung.<br />
Bedenkenswert ist auch Houellebecqs Diagnose,<br />
dass sich die Eliten dem Islam in die Arme werfen,<br />
weil sie sich längst vor sich selbst ekeln. Sie verachten<br />
unsere christlichen Traditionen, sie verwüsten<br />
das Verhältnis der Geschlechter durch die sexuelle<br />
Revolution, sie machen unsere Kinder kirre mit<br />
Conchita Wurst und Gender Mainstream. Die Großkonzerne<br />
impfen uns ein, wir bräuchten immer mehr<br />
Ausländer, um uns kulturell zu bereichern – dabei<br />
gieren sie nur nach billigen Arbeitskräften.<br />
außen ist, sondern vor allem die Folge von Verrat im<br />
Innern. Tatsächlich: Je frecher und gewalttätiger sich<br />
die Langbärte aufführen, umso schwülstiger wird die<br />
Arie «Der Islam gehört zu Deutschland» tremoliert.<br />
Innenminister Thomas de Maizière verharmlost die<br />
Dschihad-Zöglinge als «unsere Söhne und Töchter»,<br />
die Promille-Theologin Margot Käßmann will den<br />
«Terroristen mit Liebe begegnen», Claudia Roth bettelte<br />
beim Zentralrat der Muslime um Unterstützung<br />
gegen die AfD: «Als Fatima bitte ich sie darum.»<br />
Der Hippie-Romancier hat seinen Roman Ende<br />
2014 fertiggestellt und konnte deshalb nicht berücksichtigen,<br />
dass Deutschland im Folgejahr – auf Einladung<br />
der Schlepperkönigin im Bundeskanzleramt –<br />
von über einer Million Muslime förmlich überrannt<br />
wurde. Seither mischt sich Sultan Erdogan, der die<br />
Migrationsströme entfesselt hat, immer dreister in<br />
unsere Innenpolitik ein – und mit der Visafreiheit<br />
für fast 80 Millionen Türken wird seine 5. Kolonne<br />
noch stärker werden. Schon wird ein Edelmuslim<br />
wie der Schriftsteller Navid Kermani als möglicher<br />
Bundespräsident gehandelt, ein Cem Özdemir darf<br />
sich Hoffnungen auf den Vizekanzlerposten in einer<br />
schwarz-grünen Koalition machen. In Deutschland<br />
droht Houllebecqs Schicksalsjahr 2022 vielleicht<br />
schon 2017. Wollen wir eine Regierung, die die Islamisierung<br />
vorantreibt, nicht endlich vom Hof jagen?<br />
Chefredakteur Jürgen Elsässer.<br />
Foto: Jörg Gründler<br />
Mit Houellebecq kann man aufzeigen, dass die<br />
Islamisierung weniger ein gewaltsamer Prozess von<br />
3
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Themen<br />
Islam und Dschihad<br />
Die islamische Expansion<br />
Der Islam in Deutschland<br />
Das Abendland verteidigen<br />
6 Islam – Gefahr für Europa<br />
8 Zitate zum Thema<br />
Islam und Dschihad<br />
12 «Es gibt keine Sure, die Frieden heißt»<br />
von Mark A. Gabriel<br />
16 Ein heiliges Buch?<br />
O-Ton<br />
18 Allah und die Frauen<br />
von Manfred Kleine-Hartlage<br />
21 Ein Gott, Ein Reich, Ein Führer<br />
von Peter Boehringer<br />
24 Gewalt im Koran<br />
von Sabatina James<br />
25 Die verfeindeten Brüder<br />
von Jürgen Elsässer<br />
27 «Hat nichts mit dem Islam zu tun»<br />
von Tino Perlick<br />
29 Islamkritiker<br />
O-Ton<br />
30 Islamversteher<br />
O-Ton<br />
Die islamische Expansion<br />
32 Auf dem blutigen Pfad des Propheten<br />
von Jan von Flocken<br />
35 Kampf ums Abendland<br />
von Jan von Flocken<br />
37 Himmlers Muselgermanen<br />
von Jürgen Elsässer<br />
40 Dschihad gegen das Kreuz<br />
von Martin Müller-Mertens/<br />
Federico Bischoff<br />
43 Die islamische Karte<br />
von Marc Dassen<br />
Der Islam in Deutschland<br />
48 Die große Unterwerfung<br />
von Hans-Hermann Gockel<br />
52 Keine Freiheit für die Feinde der Freiheit!<br />
von Karl Albrecht Schachtschneider<br />
56 Die falschen Opfer<br />
von Open Doors<br />
57 «Hat gerade noch gefehlt»<br />
von Jan von Flocken<br />
59 Von Kairo bis Köln<br />
von Karel Meissner<br />
62 Imame und Agenten<br />
von Martin Müller-Mertens<br />
65 «Es wird Blut fließen»<br />
Interview mit Hassan G.<br />
Das Abendland verteidigen<br />
70 Untergang in Dekadenz<br />
von Jürgen Elsässer<br />
72 Die Werte des Abendlandes<br />
von Manfred Kleine-Hartlage<br />
76 Thesen zum Islam<br />
von Thor von Waldstein<br />
80 Unsere Werte, unser Widerstand<br />
Diskussion<br />
<strong>COMPACT</strong> Impressum<br />
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Geschäftsführer Kai Homilius<br />
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Redaktion<br />
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Chefredakteur Jürgen Elsässer (V.i.S.d.P.)<br />
Chef vom Dienst Martin Müller-Mertens<br />
Cover/Intros Iris Fischer<br />
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Layout/Bild Steffen Jordan<br />
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Gedruckt in Deutschland<br />
Druckauflage dieser Ausgabe<br />
40.000 Exemplare<br />
Redaktionsschluss<br />
8.6.2016<br />
Erscheinungsdatum<br />
der nächsten Ausgabe<br />
Samstag, den 1.<strong>10</strong>.2016<br />
5
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Islam – Gefahr für Europa<br />
Über die Anzahl der Moscheen und<br />
Gebetsräume in Deutschland werden<br />
keine offiziellen Statistiken geführt.<br />
Diese Grafik basiert daher auf einer<br />
Erhebung aus dem Jahre 2011 sowie<br />
<strong>COMPACT</strong>-Recherchen. Insbesondere<br />
durch die Asylkrise dürfte die Anzahl<br />
inzwischen deutlich gestiegen sein.<br />
Schleswig-Holstein<br />
Mecklenburg-<br />
Vorpommern<br />
Hamburg<br />
Bremen<br />
Muslime in Deutschland 2015<br />
4.760.000<br />
Niedersachsen<br />
Sachsen-<br />
Anhalt<br />
Brandenburg<br />
Berlin<br />
Muslime nach Glaubensrichtung und Herkunft<br />
Nordrhein-<br />
Westfalen<br />
Hessen<br />
Thüringen<br />
Sunniten<br />
66%<br />
Aleviten<br />
12,5%<br />
Schiiten<br />
5,7%<br />
Alawiten<br />
1,8%<br />
Andere<br />
14%<br />
Sachsen<br />
Türkei 63,1%<br />
Südosteuropa 13,6%<br />
Nahost 8,2%<br />
Nordafrika 6,9%<br />
Süd-/Südostasien 4,6%<br />
Iran 1,75%<br />
Sonstiges Afrika 1,6%<br />
Zentralasien 0,4%<br />
Rheinland-Pfalz<br />
Gläubigkeit der befragten Muslime<br />
36,0%<br />
Sehr stark gläubig<br />
Saarland<br />
50,4%<br />
9,6%<br />
Eher gläubig<br />
Eher nicht gläubig<br />
Legende<br />
4,0%<br />
Gar nicht gläubig<br />
Moscheen (Schwerpunktgebiete;<br />
Gesamtzahl liegt<br />
bei 2300)<br />
Moscheen<br />
mit Muezzinrufe<br />
(Auswahl; Gesamtzahl<br />
etwa 30)<br />
Stand 2011<br />
Baden-<br />
Würtemberg<br />
Bayern<br />
6<br />
Quellen: Islamarchiv, Statista, Studie MLD, Wikipedia, <strong>COMPACT</strong>-Recherche
TSCHECHIEN<br />
IRLAND<br />
MALTA<br />
ESTLAND<br />
LETTLAND<br />
LITAUEN<br />
SLOWAKEI<br />
UNGARN<br />
MOLDAWIEN<br />
WEISS-<br />
RUSSLAND<br />
RUSSLAND<br />
NORWEGEN<br />
KOSOVO<br />
ALBANIEN<br />
BOSNIEN-<br />
HERZEGOWINA<br />
MAZE-<br />
DONIEN<br />
MONTE-<br />
NEGRO<br />
BULGARIEN<br />
FRANKREICH<br />
NIEDERLANDE<br />
BELGIEN<br />
DEUTSCHLAND<br />
SCHWEIZ<br />
ÖSTERREICH<br />
SERBIEN<br />
VEREINIGTES<br />
KÖNIGREICH<br />
GRIECHENLAND<br />
SLOWENIEN<br />
DÄNEMARK<br />
SCHWEDEN<br />
UKRAINE<br />
RUMÄNIEN<br />
POLEN<br />
ITALIEN<br />
LUXEMBURG<br />
KROATIEN<br />
PORTUGAL<br />
FINNLAND<br />
TÜRKEI<br />
LIBYEN<br />
ALGERIEN<br />
MAROKKO<br />
TUNESIEN<br />
SPANIEN<br />
4.7<strong>10</strong>.000<br />
7,5%<br />
2.960.000<br />
4,8%<br />
2.220.000<br />
3,7%<br />
1.020.000<br />
13,7%<br />
4.760.000<br />
5,8%<br />
1.000.000<br />
6,0%<br />
630.000<br />
5,9%<br />
980.000<br />
2,1%<br />
6<strong>10</strong>.000<br />
5,3%<br />
450.000<br />
5,4%<br />
430.000<br />
4,6%<br />
230.000<br />
4,1%<br />
70.000<br />
0,3%<br />
70.000<br />
3,6%<br />
60.000<br />
1,4%<br />
50.000<br />
1,1%<br />
40.000<br />
0,8%<br />
30.000<br />
0,3%<br />
<strong>10</strong>.000<br />
2,3%<br />
1.522.000<br />
40%<br />
323.000<br />
4,3%<br />
244.000<br />
3,2%<br />
680.000<br />
33,3%<br />
111.000<br />
17,7%<br />
456.000<br />
1%<br />
48.000<br />
0,1%<br />
65.000<br />
1,3%<br />
<strong>10</strong>.000<br />
5,4%<br />
5.000<br />
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Zitate zum Thema<br />
8<br />
Merkel im<br />
Erdowahn<br />
Die türkische Kanzlerin<br />
AfD-Triumph<br />
Klatsche für Blockparteien<br />
Bargeld-Verbot<br />
Die digitale Enteignung<br />
HC Strache<br />
Das große Interview<br />
Spur zum Mossad<br />
Der Barschel-Krimi<br />
Alles vergessen?<br />
«Die multikulturelle Gesellschaft ist gescheitert.»<br />
(Die spätere Bundeskanzlerin Angela Merkel<br />
in einer Rede vom 20.11.2004)<br />
Alles vergessen!<br />
«Es ist offenkundig, dass der Islam inzwischen<br />
unzweifelhaft zu Deutschland gehört.»<br />
(Angela Merkel, Welt Online, 30.6.2015)<br />
Kriegserklärung<br />
«Europe you will pay, your 9/11 is on the way.<br />
(Europa, Du wirst bezahlen, Dein 9/11 ist in<br />
Vorbereitung.)» (Slogan auf einer Islamistendemonstration<br />
in London, 4.2.2006)<br />
Präsidiale Bekanntmachung<br />
«Der Islam gehört zu Deutschland.» (Der damalige<br />
Bundespräsident Christian Wulff, 3.<strong>10</strong>.20<strong>10</strong>)<br />
Realitäts-Check<br />
«Es stellt sich ja gar nicht mehr die Frage,<br />
ob der Islam zu Deutschland gehört. Er ist<br />
da und wird in Großstädten teilweise bald<br />
die Mehrheit der Bevölkerung unter 45 Jahren<br />
stellen. Auf diese Realitäten muss man<br />
sich einstellen.» (Christian Lindner, Generalsekretär<br />
der FDP, April 2011)<br />
Käßmann-Käse<br />
Ausgabe 4/2016 | 4,95 EUR<br />
www.compact-online.de<br />
Dossier: US-Wahlen<br />
Präsidentin Killary Killary und und die die Neocons<br />
<strong>COMPACT</strong> 4/2016. Foto: <strong>COMPACT</strong><br />
«Sie gehören zu uns und damit auch der Islam.»<br />
(Margot Käßmann über Muslime in Deutschland,<br />
Frankfurter Rundschau Online, 3.6.2011)<br />
Der ganz normale Wahnsinn<br />
«Der Täter ist erst zwölf Jahre alt, sein Opfer<br />
nicht älter: In Essen hat ein Junge einen<br />
anderen mit einem Küchenmesser niedergestochen<br />
und schwer verletzt. Die Ermittlungen<br />
führen wohl hinein in die Parallelgesellschaft<br />
zugewanderter Großfamilien.» (Spiegel<br />
Online, 4.<strong>10</strong>.2013)<br />
Sozialamt BRD<br />
«Sind wir ein Land, das für Migrantinnen<br />
und Migranten offen ist, was Leute anzieht<br />
– die wir übrigens dringend brauchen, nicht<br />
nur die Fachkräfte, sondern weil wir auch<br />
Menschen brauchen, die in unserem Sozialsystem<br />
zuhause sind…» (Katrin Göring-Eckardt,<br />
Bündnis 90/Die Grünen, ARD-Morgenmagazin,<br />
<strong>10</strong>.<strong>10</strong>.2013)<br />
Kein Puff in Mekka<br />
«Der Islam gehört zu uns wie die Reeperbahn<br />
nach Mekka.» (Bestsellerautor Akif Pirinçci, Bild<br />
Online, 30.3.2014)<br />
Thomas’ Terror-Söhne<br />
«Die deutschen Kämpfer sind nun mal auch<br />
Teil des Konflikts, den wir zu lösen haben.<br />
(…) Es sind unsere Söhne und Töchter.»<br />
(Bundesinnenminister Thomas de Maizière über<br />
Dschihad-Pilger aus Deutschland, Welt Online,<br />
14.9.2014)<br />
Klein Istanbul<br />
«Für ein Viertel in Mannheim, in dem mehrheitlich<br />
Türken wohnen und türkische Geschäfte<br />
ansässig sind, wird ein Name gesucht.<br />
Ein türkischer Name. (…) Dr. Peter<br />
Kurz, der Bürgermeister von Mannheim,<br />
schlug den Namen ”Little Istanbul” vor (…).<br />
Außerdem standen weitere Namen wie<br />
”Beyoglu” und ”Kücük Istanbul” zur Debatte.<br />
(Sabah, deutsche Ausgabe, 16.9.2014)<br />
Augstein für Dummies<br />
«Die Verbrechen des Islamismus haben mit<br />
dem Islam weniger zu tun als die Dummheit<br />
unserer Rechten mit uns selbst.» (Jakob Augstein,<br />
Spiegel Online, 30.<strong>10</strong>.2014)<br />
Euro-Islam<br />
«Wir werden eines Tages Europa erobern.<br />
Nicht wir wollen, nein, wir werden. Darin<br />
sind wir uns sicher.» (Abu Qatada, ein deutscher<br />
IS-Mitläufer, im Interview mit Jürgen Todenhöfer,<br />
Dezember 2014)<br />
Entweihte Weihnacht<br />
«Am ersten Advent wurde vielen Bürgern<br />
von Berlin-Kreuzberg erst bewusst, dass<br />
(…) die Bezirksbürgermeisterin (…) den<br />
örtlichen Weihnachtsmarkt in ein ”Winterfest”<br />
umbenannt hat, obwohl eine Zweidrittel-Mehrheit<br />
in der Bevölkerung dies ablehnte.<br />
Diese Umbenennung des Weihnachtsmarktes<br />
soll zu einem besseren Miteinander<br />
des christlichen und muslimischen<br />
Kulturkreis in der Stadt führen.» (Shortnews<br />
Online, 1.12.2014)<br />
Keine Islamisierung, nirgends<br />
«Es gibt keine Islamisierung Deutschlands<br />
und es droht auch keine Überfremdung (…).»<br />
(Staatsministerin Aydan Özoguz, SPD, Bild Online,<br />
24.12.2014)<br />
Abu bin Kanzler<br />
«Viele unserer besten Fußballer haben einen<br />
Migrationshintergrund (…). Vielleicht werden<br />
eines Tages auch die Vorfahren kommender<br />
Kanzler aus fernen Ländern kommen.»<br />
(Leitartikel, Bild, 6.1.2015)<br />
Arme Opfer<br />
«Die Muslime haben es im Augenblick schwer<br />
in Deutschland. (…) Es ist wichtig, dass wir<br />
uns vor die Muslime stellen.» (Thomas Opper-<br />
<strong>COMPACT</strong>-Spezial Nr. 5. Foto: <strong>COMPACT</strong>
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Zitate zum Thema<br />
mann, Chef der SPD-Bundestagsfraktion nach<br />
dem Terroranschlag in Paris, Zeit Online, 8.1.2015)<br />
Deutsche Schotten<br />
«Muslime integrieren sich, Deutsche schotten<br />
sich ab.» (Ergebnis einer Umfrage laut Spiegel<br />
Online, 8.1.2015)<br />
Selbst schuld<br />
«Warum hat (…) die französische Regierung<br />
dem Magazin Charlie Hebdo erlaubt, fortgesetzt<br />
Muslime zu provozieren – und so ihre<br />
Bürger einem Risiko ausgesetzt?» (USA Today,<br />
8.1.2015)<br />
Mensch, Meyer!<br />
«Die Gefahr einer Islamisierung ist in<br />
Deutschland genauso groß, als wenn uns<br />
ein Meteorit auf den Kopf fällt.» (Der Sänger<br />
Herbert Grönemeyer am Rande eines Multikulti-Konzerts<br />
in Dresden, 26.1.2015)<br />
Diskussionsverbot<br />
«Man kann über die Zugehörigkeit des Islams<br />
zu Deutschland genauso wenig diskutieren<br />
wie über die Frage, ob Pizzerien oder<br />
Aikido zu Deutschland gehören, da kann das<br />
Volk meinen, was es will.» (Frankfurter Allgemeine<br />
Zeitung Online, 29.1.2015)<br />
Tuch-Fühler<br />
«Das Kopftuch gehört zu Deutschland // Das<br />
Bundesverfassungsgericht hat das pauschale<br />
Kopftuchverbot für Lehrerinnen gekippt.<br />
Gut so (…). Denn das Stück Stoff steht nicht<br />
für Unterdrückung und Fundamentalismus –<br />
sondern nur für ein religiöses Bekenntnis.»<br />
(Tagesspiegel, 13.3.2015)<br />
Hurra, Scharia!<br />
«Der Staat fördert aus gutem Grund den Islam<br />
im öffentlichen Leben. Mit Islamisierung<br />
hat dies nichts zu tun, sondern mit der<br />
Freiheitlichkeit der Verfassung.» (Zeit Online,<br />
22.4.2015)<br />
Maaslos stolz<br />
«Mir ist eines ganz wichtig: Vielfalt ist ein<br />
Zeichen der Freiheit. Eine Muslimin mit Kopftuch,<br />
ein junger Mann mit Kippa, ein Minarett<br />
im Stadtbild – all das sind keine Widersprüche<br />
zu unserem Grundgesetz, sondern<br />
das ist genauso gelebte Religionsfreiheit<br />
wie das Läuten der Kirchenglocken. Wir<br />
können stolz sein auf diese Freiheit, gerade<br />
weil sie für Menschen in vielen Teilen der<br />
Welt nur ein Traum, aber keine Realität ist.»<br />
(Bundesjustizminister Heiko Maas, Spiegel Online,<br />
4.6.2015)<br />
Des Muftis neue Kleider<br />
«Da unsere Schule in direkter Nachbarschaft<br />
ist, sollte eine zurückhaltende Alltagskleidung<br />
angemessen sein, um Diskrepanzen<br />
zu vermeiden (…). Durchsichtige Tops oder<br />
Blusen, kurze Shorts oder Miniröcke könnten<br />
zu Missverständnissen führen.» (Auszug<br />
aus einem Elternrundschreiben des Wilhelm-Diess-Gymnasiums<br />
in Niederbayern zu Sensibilitäten<br />
von männlichen Flüchtlingen, Welt Online,<br />
26.6.2015)<br />
Wie wir unsere<br />
Heimat verlieren<br />
Deutsche<br />
raus!<br />
Asyl-Lobby<br />
vertreibt Mieter<br />
Petry Heil?<br />
Die AfD nach Lucke<br />
Rihanna<br />
Amerikas Albtraum<br />
Früh übt sich<br />
«Es sei ein ”wichtiger Schritt im Sinne einer<br />
Willkommenskultur”: Das Saarland<br />
führt ab dem nächsten Schuljahr einen islamischen<br />
Religionsunterricht ein. Nordrhein-Westfalen<br />
lieferte die Vorlage.» (Welt<br />
Online, 21.7.2015)<br />
Multikulti-Party mit Bums<br />
Ausgabe 8/2015 | 4,95 EUR<br />
www.compact-online.de<br />
Dossier: Der Der verratene Grexit Grexit<br />
Merkel, Merkel, Tsipras Tsipras und und der der Euro-Schwindel<br />
<strong>COMPACT</strong> 8/2015. Foto: <strong>COMPACT</strong><br />
«Allein in Malmö detonierten dieses Jahr 30<br />
Handgranaten im Zuge ethnischer Konflikte.<br />
Deutsche Dienste fürchten, Schwedens<br />
schwierige Gegenwart könnte Deutschlands<br />
Zukunft sein.» (Welt am Sonntag,<br />
8.11.2015)<br />
Vergessene Warnungen<br />
«Wir importieren islamistischen Extremismus,<br />
arabischen Antisemitismus, nationale<br />
und ethnische Konflikte anderer Völker.<br />
Wir importieren ein anderes Rechts- und<br />
Gesellschaftsverständnis.» (Aus einer Analyse<br />
des Bundesinnenministeriums, Welt am Sonntag,<br />
8.11.2015)<br />
Terror-Integration<br />
«Die Terroristen, sagte Cem Özdemir, (…)<br />
”legen es doch darauf an, dass muslimische<br />
Jugendliche das Gefühl haben, dass sie ausgegrenzt<br />
sind”. Daher müsse ”die Antwort”<br />
auf den Massenmord von Paris ”gerade<br />
aus Sicherheitsgründen” lauten: ”Jetzt erst<br />
recht Integration, jetzt erst recht Gleichberechtigung!”»<br />
(Frankfurter Allgemeine Zeitung<br />
Online, 25.11.2015)<br />
Die blinden Pfaffen<br />
«Ich habe nicht die Angst, dass Deutschland<br />
in zehn Jahren islamisch wird.» (Reinhard<br />
Marx, Erzbischof von München, Zeit Online,<br />
18.12.2015)<br />
Rettung als Katastrophe<br />
«Regierungschef Kretschmann kann Befürchtungen<br />
vor einer Islamisierung Deutschlands<br />
nicht verstehen. Abschottung wäre keine<br />
Lösung – sondern eine ”epochale Katastrophe”.»<br />
(n-tv.de, 1.1.2016)<br />
Sittenwächter<br />
«Eine Fatwa, ein islamisches Rechtsgutachten,<br />
sorgt in der Türkei für Diskussionsstoff:<br />
Das Amt für religiöse Angelegenheiten, bekannt<br />
unter dem Namen Diyanet, will Verlobten<br />
vorschreiben, wie sie sich zu verhalten<br />
haben. Zum Beispiel sollten sie nicht in der<br />
Öffentlichkeit Händchen halten oder als Paar<br />
allein sein.» (Spiegel Online, 4.1.2016)<br />
Rekers Ratschlag<br />
«Es ist immer eine Möglichkeit, eine gewisse<br />
Distanz zu halten, die weiter als<br />
eine Armlänge betrifft. Also von sich aus<br />
schon gar nicht eine große Nähe zu suchen<br />
zu Menschen, die einem fremd sind,<br />
zu denen man kein gutes Vertrauensverhältnis<br />
hat.» (Kölner Oberbürgermeisterin Henriette<br />
Reker, parteilos, Frankfurter Allgemeine Zeitung,<br />
8.1.2016)<br />
9
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Zitate zum Thema<br />
<strong>10</strong><br />
Importiertes Mittelalter<br />
«Mitten auf offener Straße sind in Dortmund<br />
zwei Transsexuelle beleidigt und mit Steinen<br />
angegriffen worden. (…) als das Männertrio<br />
(…) bemerkt, dass es sich um zwei Transsexuelle<br />
handelt, fallen wüste Beleidigungen<br />
auf Arabisch. Die Tatverdächtigen schimpfen,<br />
dass man ”solche Personen” steinigen<br />
müsse, heißt es im Polizeibericht.» (Focus Online,<br />
18.1.2016)<br />
Scharia im Selbstversuch<br />
«Teenager hackt sich wegen Blasphemie-Vorwurf<br />
die Hand ab // Während einer<br />
Predigt hebt ein Jugendlicher an der falschen<br />
Stelle die Hand, die Anwesenden unterstellen<br />
ihm Gotteslästerung. Als Zeichen<br />
der Reue schneidet er sich die Hand ab – und<br />
wird in Pakistan dafür gefeiert.» (Spiegel Online,<br />
18.1.2016)<br />
Scharia-Schlägertrupp<br />
«Drei Männer in einem Neuköllner Kiosk sind<br />
von 30 Kindern und Jugendlichen attackiert<br />
worden. (…) Als Vorwand für diese Attacken<br />
nannten die laut Kioskbetreiber muslimischen<br />
Jugendlichen, dass hier Alkohol<br />
verkauft werde und ”dafür müssen sie bestraft<br />
werden”.» (morgenpost.de, 1.2.2016)<br />
Arabendland<br />
«Der Hamburger Informatikprofessor Thomas<br />
Strothotte fordert die Einführung von<br />
Arabisch als Schulsprache in Deutschland.<br />
Mutti<br />
Multikulti<br />
Merkels Migrationspolitik<br />
Tugce<br />
Die verhöhnten Opfer<br />
PEGIDA<br />
Dresden wehrt sich<br />
Ferguson<br />
Rambo gegen Django<br />
Mütter & Sex<br />
Baby da, Lust weg?<br />
Ausgabe 1/2015 | 4,95 EUR<br />
www.compact-online.de<br />
Dossier: Frieden mit Russland<br />
Plädoyers für eine Achse Paris-Berlin-Moskau<br />
<strong>COMPACT</strong> 1/2015. Foto: <strong>COMPACT</strong><br />
(…) Deutsch und Arabisch sollten für Schüler<br />
bis zum Abitur verpflichtend sein.» (Welt<br />
Online, 3.2.2016)<br />
Metzgersrecht<br />
«Schächtung und Beschneidung im Namen<br />
des Herrn – religiöse Praktiken wie diese<br />
kollidieren eigentlich mit deutschen Gesetzen.<br />
Erlaubt sind sie trotzdem. // (…) Doch<br />
das Tierschutzgesetz bestimmt: Ein warmblütiges<br />
Tier darf nur geschlachtet werden,<br />
wenn es betäubt wurde. Das schränkt den<br />
Metzger nicht nur in seinem Beruf ein, sondern<br />
auch in einer religiösen Handlung. Er<br />
beruft sich auf seine Glaubensfreiheit und<br />
verlangt eine Ausnahme.» (Spiegel Online,<br />
21.2.2016)<br />
Christliche Opferlämmer<br />
«Wir sollten versuchen, den Terroristen mit<br />
Beten und Liebe zu begegnen.» (Evangelische<br />
Theologin Margot Käßmann, Bild am Sonntag,<br />
27.3.2016)<br />
Erdogans langer Arm<br />
«Während Angela Merkel die Türkei besucht,<br />
entbrennt in Deutschland eine Debatte um<br />
die DITIB – die Türkisch-Islamische Union<br />
der Anstalt für Religion e. V. kontrolliert rund<br />
900 Moscheen in Deutschland. Die türkische<br />
Religionsbehörde sagt auf Anfrage, sie habe<br />
derzeit rund 970 Imame nach Deutschland<br />
entsandt, für je fünf Jahre.» (Welt am Sonntag,<br />
24.4.2016)<br />
Mohammeds Sex-Knigge<br />
«Im Asylheim // Ehefrau musste Vergewaltiger<br />
die Füße küssen // Ein Mann (35) misshandelt<br />
und vergewaltigt seine junge, bildschöne<br />
Ehefrau (23). Drückt ihr Mund und<br />
Nase zu, bis sie beinah erstickt. Nur: Dass<br />
er dafür auf die Anklagebank muss, versteht<br />
er nicht. Der gläubige Muslim hält sich nach<br />
islamischem Recht für unschuldig.» (Bild Online,<br />
27.4.2016)<br />
Scharia-Polizei<br />
«Religionswächter in Saudi-Arabien missbrauchen<br />
bei der Verfolgung ”unislamischen<br />
Verhaltens” oft ihre Macht (…) Sie haben<br />
Bürger geschlagen – vornehmlich Frauen –<br />
und sogar einige in den Tod gejagt. (…) Vor<br />
einigen Wochen erst empörte sich die Nation<br />
über ein Video in den sozialen Netzwerken,<br />
das Religionspolizisten zeigte, wie sie<br />
eine junge Frau zu Boden schlugen, weil sie<br />
ihr Gesicht nicht verschleiern wollte.» (Die<br />
Welt, 3.5.2016)<br />
Die Demografie-Bombe<br />
«Ein Fünftel der in Deutschland lebenden<br />
Menschen hat mittlerweile einen Migrationshintergrund,<br />
ist also entweder selbst<br />
im Ausland geboren oder hat Eltern, für die<br />
das gilt. Mit Stand des Jahres 2014 waren<br />
das 16,4 der 80,9 Millionen Personen umfassenden<br />
Gesamtbevölkerung Deutschlands.»<br />
(Frankfurter Allgemeine Zeitung, 4.5.2016)<br />
Buddhas Bester<br />
«Europa, zum Beispiel Deutschland, kann<br />
kein arabisches Land werden. Deutschland<br />
ist Deutschland.» (Der Dalai Lama über Flüchtlinge<br />
in Deutschland, Frankfurter Allgemeine Zeitung,<br />
31.5.2016)<br />
Schöner Leben im Kalifat<br />
«Anstatt sich über die Islamisierung des<br />
Abendlandes zu echauffieren, können diese<br />
Almanis [Deutschen] endlich mal anfangen,<br />
sich über die Chance auf ein schöneres Leben<br />
zu freuen.» (Tageszeitung Online, 3.6.2016)<br />
Kanak-Sprak<br />
«AfD-Vize Gauland sagt: ”Heute sind wir tolerant,<br />
morgen fremd im eigenen Land.”<br />
Meine Antwort: Gewöhn Dich dran, Alter!»<br />
(Spiegel-Korrespondent Hasnain Kazim, Twitter,<br />
5.6.2016; die angebliche Fortsetzung seines Tweets<br />
«Wir sind hier, werden immer mehr und beanspruchen<br />
Deutschland für uns. Ob du willst oder nicht.»<br />
ist auf seinem Account nicht mehr zu finden.)<br />
Schleichende Machtergreifung<br />
«Die Radikalisierung halte ich für <strong>10</strong>0 Mal<br />
gefährlicher als den Terrorismus. (…) Aber<br />
diese schleichende Radikalisierung wird<br />
das profunde Gleichgewicht unserer Gesellschaft<br />
ins Wanken bringen (…).» (Patrick<br />
Calvar, Chef des französischen Inlandsgeheimdienstes<br />
DGSI, Frankfurter Allgemeine Zeitung,<br />
7.6.2016)<br />
Der Dhimmi spricht<br />
«Für uns sind Muslime in Deutschland eine Bereicherung<br />
unserer Offenheit und unserer Vielfalt.»<br />
(Wolfgang Schäuble, Die Welt, 8.6.2016)
Islam und Dschihad<br />
Grundwissen über eine orientalische Religion: Koran und Hadithe verpflichten<br />
die Gläubigen zu strenger Unterwürfigkeit gegenüber Allah<br />
und seinen Vorschriften. Mit Dschihad und Scharia bedrohen die Mohammedaner<br />
das freiheitliche Europa. Moderate Muslime verlieren<br />
immer mehr an Einfluss.<br />
11
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Islam und Dschihad<br />
«Es gibt keine Sure, die Frieden heißt»<br />
_ von Mark A. Gabriel<br />
Unser Autor lehrte Islamische Geschichte an der renommierten<br />
al-Azhar Universität in Kairo. In seinen Büchern räumt der Konvertit<br />
mit der westlichen Verklärung seiner einstigen Religion auf: Der<br />
Islam zeichnet sich durch eine Geisteshaltung der Gewalt aus, die<br />
kriegerischen Suren heben die friedfertigen Verse des Koran auf.<br />
«Der Dschihad und<br />
das Töten sind das<br />
Haupt des Islams.» <br />
Omar Abdel Rahman<br />
Schlacht von Uhud bei Mekka wird<br />
im Islam als Tag der Heimsuchung,<br />
des Unglücks und der Prüfung angesehen.<br />
Foto: picture alliance / CPA<br />
Media Co. Ltd<br />
Als Studienanfänger an der al-Azhar-Universität<br />
schrieb ich mich 1980 für einen Kurs zum Thema<br />
Koranauslegung ein. Zweimal im Monat versammelten<br />
wir uns, um Vorlesungen von einem blinden<br />
Scheich zu hören, der wegen seiner Leidenschaft für<br />
den Islam bei den Studenten sehr beliebt war. Allerdings<br />
war sein Hang zur Radikalität nicht zu übersehen.<br />
Immer, wenn er im Koran an eine Stelle kam,<br />
wo Christen oder Juden erwähnt wurden, machte<br />
es ihm große Freude, die Christen als «Ungläubige»<br />
und die Juden als «Schweinekinder» zu bezeichnen.<br />
Er ließ keinen Zweifel daran, dass er am liebsten<br />
die glorreichen Tage des islamischen Reiches durch<br />
den Dschihad zurückbringen wollte.<br />
Eines Tages gab er uns Studenten die Gelegenheit,<br />
ihm Fragen zu stellen. Ich stand auf und<br />
fragte ihn etwas, was mich schon seit langer Zeit<br />
beschäftigte: «Warum lehren Sie uns so viel über<br />
den Dschihad? Was ist mit den anderen Versen im<br />
Koran, die von Frieden, Liebe und Vergebung sprechen?»<br />
Sogleich lief sein Gesicht rot an. Ich sah,<br />
wie zornig er war, aber ich sah auch, dass er sich<br />
dazu durchrang, seinen Zorn zu beherrschen. Statt<br />
mich anzuschreien, nutzte er die Chance, um seinen<br />
Standpunkt vor den 500 Studenten, die ihm zuhörten,<br />
zu bekräftigen. «Mein Bruder», sagte er, «es<br />
gibt eine Sure, die ”Die Kriegsbeute” heißt. Es gibt<br />
keine Sure, die ”Frieden” heißt. Der Dschihad und<br />
das Töten sind das Haupt des Islams.» Heute sitzt<br />
dieser Mann in einem Gefängnis in den USA. Sein<br />
Name ist Omar Abdel Rahman, und er wurde als<br />
Drahtzieher des ersten Bombenanschlages auf das<br />
World Trade Center im Jahr 1993 verurteilt. Bevor<br />
er nach Amerika kam, war er der geistliche Anführer<br />
der radikalen ägyptischen Gruppe al-Dschihad,<br />
die für die Ermordung des ägyptischen Präsidenten<br />
Anwar al-Sadat verantwortlich war.<br />
Einmaleins des Islams<br />
Wie Sie aus dieser Geschichte und aus meinem<br />
Zeugnis ersehen können, habe ich den größten Teil<br />
meines Lebens in der Nachbarschaft des Terrorismus<br />
zugebracht. Die Menschen im Westen haben<br />
große Mühe damit, Terroristen zu verstehen. Sind<br />
die denn alle verrückt?, fragen sie sich. Ich kann<br />
Ihnen versichern, dass diese Leute keine Wahnsinnigen<br />
sind. Sie sind auch keine Psychopathen,<br />
die ein perverses Vergnügen daran finden, anderen<br />
wehzutun. Nein, sie folgen einer Philosophie, und<br />
wenn Sie diese Philosophie verstehen, wird keine<br />
ihrer Taten Sie mehr überraschen können.<br />
12<br />
Das Wort Islam bedeutet «Unterwerfung»;<br />
das Wort Muslim bedeutet «einer, der sich Allah<br />
unterwirft». Der Koran sagt, dass man kein wahrer<br />
Muslim sein kann, wenn man sich nicht unterwirft:<br />
«Oh, Ihr, die Ihr glaubt! Gehorcht Allah und<br />
gehorcht dem Gesandten (Mohammed) und denen,<br />
die Befehl unter Euch (Muslimen) haben.» (Sure<br />
4,59) Nun, die Frage, die man beantworten muss,<br />
wenn man sich Allah unterwirft, ist diese: Was will<br />
Allah? Die Antwort ist in den heiligen Büchern des<br />
Islams zu finden – dem Koran und den Hadithen.<br />
Die Offenbarung des Koran begann im Jahre 6<strong>10</strong>,<br />
als Mohammed, der Prophet des Islams, sagte, der<br />
Engel Gabriel habe zu ihm gesprochen, während er<br />
in einer Höhle in der Nähe von Mekka meditierte.
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Islam und Dschihad<br />
Mohammed behauptete, dies seien die Worte des<br />
einen wahren Gottes – Allah. Er schrieb diese<br />
Worte nieder, wie er sie über einen Zeitraum von<br />
etwa 22 Jahren empfing. Kurz, der Koran enthält<br />
nicht die Lehren Mohammeds, er enthält die Worte<br />
Allahs. Signifikant ist, dass die Offenbarungen nicht<br />
alle zur gleichen Zeit erfolgten, wie wir später noch<br />
sehen werden.<br />
Die Hadithe stellen eine weitere Gruppe heiliger<br />
Schriften dar. Diese Bücher enthalten eine verbindliche<br />
Schilderung der Dinge, die der Prophet<br />
Mohammed während seines Lebens sagte und tat.<br />
Mit anderen Worten, die Hadithe liefern die Lehren<br />
Mohammeds in Wort und Beispiel. Die Hadithe entstanden<br />
folgendermaßen: Menschen, die Mohammed<br />
nahestanden, etwa seine Gefährten oder<br />
seine Ehefrauen, beobachteten seine Aktivitäten<br />
und zeichneten sie auf. Gelehrte sammelten diese<br />
Schriften und hielten sie in den sechs Sammlungen<br />
fest, die wir heute haben. Bezeichnet werden sie<br />
nach dem jeweiligen Herausgeber der Bücher, zum<br />
Beispiel als «Hadith von al-Bukhari». Die Mehrheit<br />
in der muslimischen Welt betrachtet die Hadithe als<br />
verbindliche Autorität. (Um genau zu sein, die sunnitischen<br />
Muslime akzeptieren sie alle; die schiitischen<br />
Muslime akzeptieren die meisten von ihnen.)<br />
Es ist wichtig, die Hadithe im Blick zu haben, denn<br />
Mohammeds Leben und seine Lehren bildeten die<br />
Grundlage der Prinzipien der Kriegführung des<br />
Zwanges, die heute praktiziert werden. Schließlich<br />
sollten Sie den Begriff Scharia kennen, der das islamische<br />
Gesetz bezüglich der Pflichten der Muslime<br />
gegenüber dem Gott des Islams bezeichnet.<br />
gegen die Feinde Allahs kämpfen müssen, bis entweder<br />
die Feinde oder die Muslime sterben. Das<br />
Wort bedeutet eigentlich «Kampf». In der islamischen<br />
Fiqh (Rechtswissenschaft) ist der Dschihad<br />
sogar folgendermaßen juristisch definiert: «(Der<br />
Dschihad) ist der Kampf gegen jeden, der der Ausbreitung<br />
des Islams im Weg steht. Oder der Kampf<br />
gegen jeden, der sich weigert, den Islam anzunehmen.»<br />
(nach Sure 8,39).<br />
Die 72 Jungfrauen warten schon...<br />
Das Paradies ist im Koran «der<br />
Lohn derer, die gottesfürchtig sind».<br />
Foto: Public domain, Wikimedia<br />
Commons<br />
Warum ist es so wichtig, dass Muslime tun, was<br />
Allah will? Weil der Islam eine Religion der Werke<br />
ist. Der Eingang ins Paradies (in den Himmel) muss<br />
verdient werden. Das Traurige daran ist, dass Muslime<br />
niemals ihres Heils gewiss sein können. Wenn<br />
sie sterben, so glauben sie, werden sie ins Grab<br />
gelegt, wo sie auf ihr Urteil am Tag der Auferstehung<br />
warten. Wenn dieser Tag des Gerichts kommt,<br />
wägt Allah die guten gegen die bösen Werke ab<br />
und entscheidet über ihr Schicksal. Es gibt keine<br />
Garantie, dass man das Paradies erlangt, selbst<br />
wenn man sein ganzes Leben lang gute Werke tut.<br />
Alles hängt davon ab, wie Allah entscheidet.<br />
Freifahrtschein ins Paradies<br />
Es gibt nur einen Weg, sich eine Garantie für<br />
das Paradies zu verschaffen. Und dieser Weg liefert<br />
das perfekte Motiv für die Selbstmordattentäter<br />
und Dschihad-Kämpfer. Der einzige Weg, um<br />
sicher zu wissen, dass man ins Paradies kommt,<br />
besteht darin, im Dschihad zu sterben – zu sterben,<br />
während man gegen die Feinde des Islams<br />
kämpft. Dschihad bedeutet schlicht, dass Muslime<br />
Der einzige Weg, sicher ins Paradies<br />
zu kommen, ist der Märtyrertod<br />
im Dschihad.<br />
Wenn man im Dschihad stirbt, muss man gar<br />
nicht erst im Grab auf das Gericht warten; man<br />
kommt direkt ins Paradies. Im Grunde ist der<br />
Dschihad ein Vertrag zwischen Allah und dem Muslim.<br />
Wenn der Muslim kämpft, belohnt Allah ihn in<br />
seinem Leben nach dem Tod. «Und so soll auf Allahs<br />
Weg kämpfen, wer (unter den Gläubigen) das irdische<br />
Leben für das Jenseits verkauft. Und wer auf<br />
Allahs Weg kämpft, ob er nun fällt oder siegt, wahrlich,<br />
dem geben Wir gewaltigen Lohn» (Sure 4,74).<br />
Über diejenigen, die im Dschihad kämpfen, sagt<br />
der Koran außerdem: «Allah hat ihnen Gärten (das<br />
Paradies) bereitet, durcheilt von Bächen, ewig darin<br />
zu verweilen. Das ist die große Glückseligkeit!»<br />
(Sure 9,89) Nach dem Tod eines gewöhnlichen<br />
Menschen wird sein Leichnam gewaschen und in<br />
besondere Leintücher gehüllt. Nach dem Tod eines<br />
Die Kaaba in der heiligen Moschee<br />
von Mekka ist das zentrale Heiligtum<br />
des Islams. Foto: Zurijeta/<br />
iStockphoto/Thinkstock<br />
Das Buch von Mark A. Gabriel.<br />
Foto: Resch Verlag<br />
13
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Islam und Dschihad<br />
Koran<br />
Der Koran besteht aus 114 Kapiteln,<br />
Suren genannt. Muslime<br />
sehen im Koran die endgültige,<br />
auf arabisch diktierte Offenbarung<br />
Allahs an Mohammed.<br />
Der Koran erhebt den Anspruch,<br />
überall und jederzeit nicht nur<br />
in religiösen Fragen maßgeblich<br />
zu sein, sondern auch in höchst<br />
persönlichen sowie in gesellschaftlichen,<br />
staatlichen und internationalen<br />
Angelegenheiten.<br />
«Das oft zu Lesende», wie das<br />
Wort «Koran» erklärt wird, ist<br />
nicht thematisch geordnet und<br />
auch nicht nach der zeitlichen<br />
Reihenfolge der Offenbarungen,<br />
sondern vorwiegend der Länge<br />
nach. Von der Längen-«Ordnung»<br />
ausgenommen ist zum<br />
Beispiel die erste Sure.<br />
Scharia<br />
Die Scharia umfasst Forderungen<br />
und Weisungen, die im Koran<br />
stehen, sich aus Hadithen<br />
ableiten sowie aus Rechtsgutachten<br />
(Fatwas) insbesondere<br />
aus bei Muslimen allgemein anerkannten<br />
Rechtsschulen. Hinzu<br />
kommen noch Stammestraditionen<br />
und Bräuche. Deshalb<br />
gibt es auch nicht eine einzige<br />
Scharia, sondern jeder islamische<br />
Staat hat seine eigene<br />
Scharia. (nach Udo Hildenbrand<br />
u.a., Freiheit und Islam Gerhard-Hess-Verlag,<br />
2016)<br />
Mohammed empfängt einen jüdischen<br />
Stamm, den er bei Medina<br />
besiegt hat. Foto: Public domain,<br />
Wikimedia Commons<br />
Dschihad-Kämpfers dagegen wird sein Leichnam<br />
weder gewaschen noch in saubere Tücher gehüllt.<br />
Er wird so in den Sarg gelegt, wie er gestorben ist.<br />
Das Blut ist sein Zeugnis vor Allah – eine ehrenvolle<br />
Auszeichnung. Die Muslime glauben, dass<br />
die Engel ihn als jemanden behandeln werden, der<br />
Allah besonders nahe steht.<br />
In den westlichen Medien macht man sich gern<br />
über das muslimische Verständnis des Paradieses<br />
(oder des Himmels) lustig – wegen der Jungfrauen,<br />
an denen sich Männer ergötzen dürfen, und so weiter<br />
– aber viel wichtiger ist, sich klar zu machen,<br />
dass der Tod im Dschihad für einen Muslim die einzige<br />
Möglichkeit ist, sich überhaupt einen sicheren<br />
Eintritt ins Paradies zu verschaffen. Darum verlassen<br />
Muslime ihre eigenen Länder, um in anderen<br />
im Dschihad zu kämpfen. Ihre Motivation ist religiös,<br />
was weitaus gefährlicher ist als jede politische<br />
Motivation.<br />
«Aber da steht doch auch…»<br />
Wahrscheinlich haben Sie schon im Fernsehen<br />
oder in den Printmedien gehört oder gelesen,<br />
dass es im Koran Verse gibt, die positiv über Christen<br />
sprechen oder zu Freundlichkeit aufrufen. Vielleicht<br />
haben Sie sich gefragt: «Stehen diese Verse<br />
wirklich dort?» Hier ist die Lösung des Rätsels: Der<br />
Koran steckt voller Widersprüche. Verse, in denen<br />
Christen gelobt werden, finden Sie dort ebenso wie<br />
Verse, in denen Christen in die Hölle verdammt werden.<br />
Widersprüche gibt es auch zu anderen Themen.<br />
Zum Beispiel wurde in der arabischen Gesellschaft<br />
zur Zeit Mohammeds viel Alkohol getrunken. Eine<br />
Offenbarung gebot den Arabern, aufzuhören, wenn<br />
sie zum Gebet in die Moschee gingen. Später wurde<br />
diese Bestimmung so verschärft, dass es zu jeder<br />
Bei Protesten gegen den Mohammed-Film Innocence of Muslims<br />
– hier 2012 in Sydney – starben etwa 30 Menschen. Foto:<br />
Jamie Kennedy, CC BY 2.0, Wikimedia Commons<br />
Zeit verboten war, Alkohol zu trinken (siehe Sure<br />
2,219 mit Sure 5,90). Aus diesen Gründen mussten<br />
islamische Gelehrte entscheiden, welche Verse im<br />
Fall eines Widerspruchs zu befolgen seien. Erreicht<br />
wurde dies durch das Prinzip des Naskh.<br />
Um Widersprüche aufzulösen,<br />
beschloss man, dass neuere<br />
Offenbarungen Mohammeds die<br />
älteren aufheben.<br />
14<br />
Naskh basiert auf der Tatsache, dass der Koran<br />
Mohammed zu verschiedenen Zeiten über einen<br />
Zeitraum von 22 Jahren hinweg offenbart wurde.<br />
Manche Teile des Koran kamen später, manche früher.<br />
Um einen Widerspruch aufzulösen, beschloss<br />
man, dass neuere Offenbarungen die älteren Offenbarungen<br />
aufheben. Es gibt im Koran mindestens<br />
114 Verse, die von Liebe, Frieden und Vergebung<br />
sprechen, besonders in der Sure mit dem Titel<br />
«Die Kuh» (Sure 2,62; <strong>10</strong>9). Doch als später Sure<br />
9,5 geoffenbart wurde, hob sie diese früheren<br />
Verse auf. In diesem Vers heißt es: «…tötet die<br />
Götzendiener, wo immer Ihr sie findet, und ergreift<br />
sie und belagert sie und lauert ihnen aus jedem<br />
Hinterhalt auf. Wenn sie jedoch in Reue umkehren<br />
und das Gebet verrichten und die Steuer zah-
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
Schwarzes Meer<br />
_ Islam und Dschihad<br />
len, lasst sie ihres Weges ziehen. Siehe, Allah ist<br />
verzeihend und barmherzig.» Dies ist als der «Vers<br />
des Schwertes» bekannt, und er erklärt, dass Muslime<br />
jeden bekämpfen müssen, der sich nicht zum<br />
Islam bekehren will, ob innerhalb oder außerhalb<br />
von Arabien. Darin sieht man die endgültige Entwicklung<br />
des Dschihad im Islam. Das Naskh-Prinzip<br />
ist sehr wirksam. Wenn ein Vers nasikh oder aufgehoben<br />
ist, dann existiert er praktisch nicht mehr.<br />
Anfangs waren die Botschaften, die Mohammed<br />
offenbart wurden, friedlich und freundlich, um Menschen<br />
anzuziehen. Doch die Umstände veränderten<br />
sich. Mohammed traf in Mekka, der Stadt, wo er<br />
seine Botschaft erstmals predigte, auf viel Widerstand,<br />
so dass er sie im Jahre 622 verließ. Er ging<br />
nach Yathrib, in eine Stadt, die heute Medina heißt,<br />
wo er eine Militärmacht aufbaute und die Zahl seiner<br />
Anhänger vergrößerte. (Sowohl Mekka als auch<br />
Medina liegen im heutigen Saudi-Arabien.) Als<br />
Mohammed eine gewisse Macht erlangt hatte, war<br />
er in der Lage, zurückzukehren und Mekka und die<br />
umliegenden Gebiete zu erobern. Der Islam wandelte<br />
sich von einer geistlichen Religion in eine politische<br />
Revolution.<br />
60 Prozent der Koranverse handeln<br />
vom Dschihad.<br />
In Mekka drehte sich das ganze Leben des Propheten<br />
Mohammed um Gebete und Meditationen,<br />
sodass die koranischen Offenbarungen in Mekka<br />
von Frieden und Zusammenarbeit mit anderen<br />
sprechen. In Medina jedoch wurde Mohammed<br />
zu einem Militärführer und Eroberer, und entsprechend<br />
ist in den Offenbarungen in Medina von<br />
Militärmacht und Eroberung im Namen des Islams<br />
(Dschihad) die Rede. 60 Prozent der Koranverse<br />
handeln vom Dschihad, was einleuchtend ist, da<br />
Mohammed den größten Teil des Koran empfing,<br />
nachdem er Mekka verlassen hatte. Der Dschihad<br />
wurde zur grundlegenden Triebkraft des Islams. Es<br />
wäre schön, wenn die Suren im Koran in der Reihenfolge<br />
angeordnet wären, in der sie offenbart wurden,<br />
aber das ist nicht der Fall.<br />
Die drei Phasen des Dschihad<br />
Wenn Sie sich die Muslime in der Welt ansehen,<br />
werden Sie feststellen, dass sie sich in einer<br />
der folgenden drei Phasen des Dschihad befinden.<br />
Die geschwächte Phase: In dieser Phase befinden<br />
sich Muslime, wenn sie als schwache, kleine<br />
Minderheit in einem nichtislamischen Land leben.<br />
In einem solchen Fall ist offener Dschihad nicht<br />
Byzantinisches Reich<br />
Antiochia<br />
Aleppo<br />
637 657<br />
Mittelmeer<br />
Beirut<br />
Damaskus<br />
Jerusalem 635<br />
Alexandria Gaza<br />
639<br />
Heliopolis<br />
635<br />
Schlacht von<br />
Tabuk 631<br />
635<br />
1 Auszug Mohammed<br />
von Mekka nach<br />
Medina 620<br />
2 Schlacht von Bedr 624<br />
3 Schlachten von Uhud 625,<br />
Trench 627– 628<br />
4 Eroberung von Mekka 630<br />
5 Schlacht von Hunayn und<br />
Ta'if 630<br />
heutige Grenzen<br />
Quelle: <strong>COMPACT</strong><br />
Rotes<br />
Meer<br />
3<br />
Medina<br />
Aksum<br />
Mosul<br />
Erbil<br />
Hira<br />
Mekka<br />
Ta'if<br />
5<br />
Sanaa<br />
der richtige Ansatz. Die Muslime ordnen sich den<br />
Gesetzen des Landes unter, arbeiten aber daran,<br />
ihre Zahl zu vergrößern. In dieser Phase folgen Muslime<br />
dem Wort, das Mohammed in Mekka empfing:<br />
«Kein Zwang im Glauben!» (Sure 2,256).<br />
Die Vorbereitungsphase: Diese Phase ist erreicht,<br />
wenn die Muslime eine einigermaßen einflussreiche<br />
Minderheit sind. Da ihr Ziel für die Zukunft die<br />
direkte Konfrontation mit dem Feind ist, treffen<br />
sie Vorbereitungen in jedem erdenklichen Bereich<br />
– im finanziellen, körperlichen, militärischen, geistigen<br />
und in jedem anderen Bereich. «Und lass die<br />
Ungläubigen nicht meinen, dass sie Uns entgehen<br />
könnten; sie können (Allah) nichts vereiteln. So rüstet<br />
gegen sie, so viel Ihr vermögt an Mann und Pferd,<br />
um Allahs Feinde abzuschrecken und Euren Feind<br />
und andere außer ihnen, die Ihr nicht kennt, Allah<br />
aber kennt.» (Sure 8,59-60).<br />
Die Phase des Dschihads: Diese Phase ist<br />
erreicht, wenn die Muslime eine Minderheit sind,<br />
die über Stärke, Einfluss und Macht verfügt. In dieser<br />
Phase ist jeder Muslim verpflichtet, aktiv gegen<br />
den Feind zu kämpfen, das System des nichtmuslimischen<br />
Landes umzustürzen und die islamische<br />
Herrschaft aufzurichten. Diese Phase gründet sich<br />
auf die letzte Offenbarung, die Mohammed bezüglich<br />
des Dschihad empfing, nämlich Sure 9,5. Ich<br />
habe diesen Vers zwar schon einmal zitiert, aber<br />
er ist für das islamische Denken so wichtig, dass<br />
eine Wiederholung nicht schaden kann: «Tötet die<br />
Götzendiener, wo immer Ihr sie findet, und ergreift<br />
sie und belagert sie und lauert ihnen aus jedem<br />
Hinterhalt auf.»<br />
2<br />
1<br />
4<br />
Mohammeds Kriege<br />
Gewalt von Anfang an<br />
Seleukia<br />
636<br />
Kufa<br />
Basra<br />
656<br />
Persischer<br />
Golf<br />
632<br />
630<br />
Golf von Aden<br />
Grafik: <strong>COMPACT</strong><br />
Esfahãn<br />
Persisches Reich<br />
633<br />
_ Mark A. Gabriel konnte bereits<br />
mit zwölf Jahren den gesamten<br />
Koran auswendig. Als Professor<br />
für Islamische Geschichte an<br />
der angesehensten Universität<br />
des Nahen Ostens, der al-Azhar<br />
Universität in Kairo, kam er zu dem<br />
Schluss, dass Islam und Heiliger<br />
Krieg untrennbar zusammengehören.<br />
Die Entscheidung, diese<br />
Religion hinter sich zu lassen,<br />
bedeuteten für ihn Gefängnis<br />
und Folter durch die ägyptische<br />
Geheimpolizei. Nach seiner Konversion<br />
zum Christentum musste<br />
er vor seiner Familie flüchten.<br />
Heute lebt er unter neuem Namen<br />
in Texas. – Der obige Text ist ein<br />
Auszug aus Gabriels Buch «Islam<br />
und Terrorismus – Was der Koran<br />
wirklich über Christentum, Gewalt<br />
und die Ziele des Djihad lehrt»<br />
(2005), 272 Seiten, 14,90 Euro<br />
(resch-verlag.com).<br />
Golf von Oman<br />
Maskat<br />
Mohammed<br />
Arabisches<br />
Meer<br />
Rechtgeleitete<br />
Kalifen<br />
15
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Islam und Dschihad<br />
Ein heiliges Buch?<br />
_ O-Ton<br />
Der Koran kommt angeblich von Allah selbst, die Hadithe sind<br />
Weisungen des Propheten Mohammed, die von seinen Anhängern<br />
gesammelt wurden. Diese zwei wichtigsten Quellentexte, an die sich<br />
jeder gläubige Moslem halten muss, sind gespickt mit Aufrufen, die<br />
den Menschenrechten und unserem Grundgesetz widersprechen.<br />
«Und tötet die<br />
Ungläubigen, wo<br />
immer Ihr auf sie<br />
stoßt.» Koran<br />
Die 114 Suren des Koran wurden<br />
nach islamischer Sicht von Gott<br />
herabgesandt und dürfen nicht<br />
لالب Foto: interpretiert werden.<br />
CC BY-SA 3.0, Wikimedia ,كيودلا<br />
Commons<br />
Sure 3,1<strong>10</strong>: «Ihr Gläubigen seid die beste Gemeinschaft,<br />
die unter den Menschen entstanden ist. Ihr<br />
gebietet, was recht ist, verbietet, was verwerflich<br />
ist, und glaubt an Allah.»<br />
Sure 8,55: «Als die schlimmsten Tiere gelten bei<br />
Allah diejenigen, die ungläubig sind und [auch] nicht<br />
glauben werden.»<br />
Sure 47,12: «Die Ungläubigen aber genießen [ihr<br />
kurz befristetes Dasein] und verleiben sich [gedankenlos]<br />
ihre Nahrung ein, wie das Vieh es tut. Sie<br />
werden ihr Quartier im Höllenfeuer haben.»<br />
Mord und Totschlag<br />
Sure 2,191: «Und tötet die Ungläubigen, wo immer<br />
ihr auf sie stoßt.»<br />
Sure 5,35: «Ihr Gläubigen! Fürchtet Allah und trachtet<br />
danach, ihm nahe zu kommen, und führet um seinetwillen<br />
Krieg.»<br />
Sure 8,12: «Haut [den Ungläubigen mit dem<br />
Schwert] auf den Nacken und schlagt zu auf jeden<br />
Finger von ihnen!»<br />
Sure 9,73: «Führe Krieg gegen die Ungläubigen und<br />
die Heuchler. Sei streng mit ihnen. Ihre Herberge ist<br />
die Hölle und schlimm ist ihr Ende.»<br />
Hadith nach Abdullah ibn Umar: «Ihr werdet die<br />
Juden bekämpfen, bis einer von ihnen Zuflucht hinter<br />
einem Stein sucht. Und dieser Stein wird rufen:<br />
Komm herbei! Dieser Jude hat sich hinter mir versteckt,<br />
töte ihn!»<br />
Hadith nach Abd Allah ibn Abi Aufa: «Ihr sollt<br />
wissen: Das Paradies liegt im Schatten der Schwerter.»<br />
(Khoury, Adel Theodor, So sprach der Prophet,<br />
Nr. 542, Seite 285)<br />
Hadith nach Ali: «Eine Jüdin pflegte den Propheten<br />
zu beschimpfen und anzugreifen. Ein Mann<br />
drückte ihr den Hals, bis sie starb. Da erklärte der<br />
Gesandte Allahs ihr Blut für nichtig.» [das heißt<br />
wertlos, daher ist weder eine Wiedervergeltung<br />
noch ein Blutgeld fällig.] (Khoury, Adel Theodor,<br />
So sprach der Prophet, Nr. 565, Seite 295)<br />
Hadith nach Abu Umama: «Ich hörte den Gesandten<br />
Allahs in der Ansprache im Jahre der Abschiedswallfahrt<br />
sagen: […] und der Unzüchtige verdient<br />
die Steinigung.» (Khoury, Adel Theodor, Der Hadith,<br />
Band III, Nr. 3117, Seite 68)<br />
Hadith nach Umar: «Er hörte den Propheten<br />
sagen: Ich werde die Juden und die Christen aus<br />
der arabischen Halbinsel vertreiben, bis nur noch<br />
Muslime darin bleiben.» (Khoury, Adel Theodor, Der<br />
Hadith, Band III, Nr. 4163, Seite 293)<br />
Hadith nach Abu Dawud: «Der Prophet Allahs<br />
sagte: Töte jene, die ihre Religion wechseln.»<br />
(Michael Steiner, Die islamischen Eroberer, Langen<br />
2001, Seite 169)<br />
Hadith nach Abu Djafar und von Abu Abdallah:<br />
«Der Abtrünnige wird aufgefordert umzukehren.<br />
Wenn er umkehrt, [dann ist es gut], sonst wird<br />
er getötet.» (Khoury, Adel Theodor, Der Hadith,<br />
Band V, Nr. 417, Seite 163)<br />
16<br />
Hadith nach Abu l-Hasan Musa: «Er wurde<br />
nach einem Muslim, der Christ wird, gefragt. Er<br />
sagte: Er wird getötet, und er wird nicht aufgefordert,<br />
umzukehren. Es wurde gesagt: Was ist mit
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Islam und Dschihad<br />
einem Christen, der Muslim wurde, der aber dann<br />
vom Islam abgefallen ist. Er sagte: Er wird aufgefordert,<br />
umzukehren. Wenn er zurückkehrt, [ist es<br />
gut]. Sonst wird er getötet.» (Khoury, Adel Theodor,<br />
Der Hadith, Band V, Nr. 419, Seite 163)<br />
Hadith nach Abu Abdallah: «Über die Steinigung:<br />
Die Frau wird bis zu ihrer Körpermitte begraben,<br />
dann wirft zuerst der Imam, und die Menschen<br />
werfen dann kleine Steine. Der Mann aber, wenn<br />
er gesteinigt wird, wird nur bis zu seinen Hüften<br />
begraben.» (VII, Seite 198, 2; Khoury, Adel Theodor,<br />
Der Hadith, Band V, Nr. 409, Seite 158)<br />
Sklaverei<br />
Sure 23,1: «Selig sind die Gläubigen, die sich des<br />
Geschlechtsverkehrs enthalten, außer gegenüber<br />
ihren Gattinnen, oder was sie [an Sklavinnen] besitzen,<br />
[denn] dann sind sie nicht zu tadeln.»<br />
Sure 24,33: «Und zwingt nicht Eure Sklavinnen,<br />
wenn sie ein ehrbares Leben führen wollen, zur<br />
Prostitution, um [auf diese Weise] den Glücksgütern<br />
des diesseitigen Lebens nachzugehen! Wenn<br />
[jedoch] jemand sie [wirklich dazu] zwingt, ist Allah,<br />
nachdem dies [nun einmal] geschehen ist, barmherzig<br />
und bereit zu vergeben.»<br />
Hadith nach al-Sa’b Ibn Djaththama: «Der Prophet<br />
wurde gefragt nach den Hausbewohnern, die<br />
von den Polytheisten zusammengebracht werden<br />
und von denen dann einige von ihren Frauen und<br />
ihren Nachkommen erbeutet werden. Er sagte: Sie<br />
gehören ihnen.» (Khoury, Adel Theodor, Der Hadith,<br />
Band III, Nr. 4090, Seite 273)<br />
Körperstrafen<br />
Sure 5,38: «Wenn ein Mann oder eine Frau einen<br />
Diebstahl begangen hat, dann haut ihnen die Hand<br />
ab.»<br />
Hadith nach Aisha: «Der Prophet sagte: Die Hand<br />
des Diebes darf nur bei einem Wert von einem Viertel<br />
Dinar oder mehr abgehackt werden.» (Khoury,<br />
Adel Theodor, Der Hadith, Band II, Nr. 2852, Seite<br />
379)<br />
Hadith nach Sabra: «Der Prophet sagte: Befehlt<br />
dem Knaben zu beten, wenn er das Alter von sieben<br />
Jahren erreicht hat. Wenn er zehn Jahre alt<br />
geworden ist, sollt ihr ihn durch Schläge dazu zwingen.»<br />
(Khoury, Adel Theodor, Der Hadith, Band II,<br />
Nr. 1404, Seite 54)<br />
Hadith nach Abu Abdallah: «Wenn ein Mann<br />
und eine Frau unter einer Decke gefunden werden<br />
und wenn der Beweis gegen sie feststeht, aber von<br />
ihnen nichts Weiteres festgestellt wird, dann werden<br />
jedem von ihnen <strong>10</strong>0 Peitschenhiebe verabreicht.»<br />
(Khoury, Adel Theodor, Der Hadith, Band V,<br />
Nr. 408, Seite 158)<br />
Frauenunterdrückung<br />
Sure 2, 228: «Und die Männer stehen [bei alledem]<br />
eine Stufe über ihnen [den Frauen].»<br />
Sure 4,34: «Die Männer stehen über den Frauen<br />
[…]. Und wenn ihr fürchtet, dass Frauen sich auflehnen,<br />
dann vermahnt sie, meidet sie im Ehebett<br />
und schlagt sie.»<br />
Sure 60, <strong>10</strong>: «Die gläubigen Frauen sind diesen<br />
[den ungläubigen Männern] nicht [zur Ehe] erlaubt<br />
und umgekehrt.»<br />
Hadith nach Ibn Kathir: «Der Prophet Allahs<br />
sagte: Wenn ein Mann seine Frau zu sich ruft,<br />
damit er seine Begierde befriedigen kann, so soll<br />
sie zu ihm kommen, auch wenn sie gerade am Herd<br />
beschäftigt ist.» (Newton, P., Rafiqul Haqq, M., Ist<br />
Allah Gott?, Frauen im Islam, Toleranz im Islam, Uhldingen,<br />
2. Auflage 1997, Seite 55)<br />
Hadith nach Ibn Abbas: «Eine Frau darf nicht<br />
[allein] reisen, es sei denn in Begleitung von jemandem,<br />
der [ihr gegenüber] mit ”Verbot” belegt ist.»<br />
(Khoury, Adel Theodor, So sprach der Prophet,<br />
Nr. 4<strong>10</strong>, Seite 227)<br />
Mohammed bei der Enthauptung<br />
seines Widersachers Nadr ibn<br />
al-Harith im März 624. Foto: Public<br />
domain, Wikimedia Commons<br />
«Die Hand des<br />
Diebes darf […]<br />
abgehackt werden.»<br />
Hadith<br />
_ Die Überlieferer der Hadithe sind<br />
in dem jeweiligen Zitat am Anfang<br />
genannt; der häufig als Sekundärquelle<br />
angegebene Adel Theodor<br />
Khoury ist ein katholischer<br />
Priester und stammt aus dem<br />
Libanon. Er hat sich in Deutschland<br />
als Islamwissenschaftler einen<br />
Namen gemacht. Der Iran hat<br />
seine deutsche Koranübersetzung<br />
2009 als «Buch des Jahres» in der<br />
Kategorie «Islamische Studien»<br />
ausgezeichnet.<br />
17
Allah und die Frauen<br />
_ von Manfred Kleine-Hartlage<br />
Ob Hidschab, Tschador oder Burka: Verschleierung – wie hier<br />
in Teheran 2013 zum Ende des Fastenmonats Ramadan – ist<br />
das vielleicht sichtbarste Symbol des Islams. Foto: picture alliance/ZUMAPRESS.com<br />
18<br />
Machismo findet man auch bei den Gläubigen anderer Religionen –<br />
aber nur im Islam ist es angeblich Gott selbst, der die Frau unter die<br />
Despotie des Mannes zwingt. Anders als in der Bibel ist die Kontrolle<br />
der weiblichen Sexualität und Fortpflanzung im Koran ein zentrales<br />
Thema.<br />
Der Koran schreibt<br />
die Verschleierung<br />
nicht vor – schon<br />
gar nicht Tschador<br />
oder Burka.<br />
Mindestens acht von 24 Suren aus Mohammeds<br />
Zeit in Medina enthalten allgemeingültige Verhaltensnormen<br />
juristischen Charakters für das Alltagsleben,<br />
wobei das Ehe-, Familien- und Erbrecht deutlich<br />
dominieren. Das beherrschende Einzelthema<br />
innerhalb dieses Themenkreises ist das Verhältnis<br />
von Mann und Frau, genauer die Unterordnung der<br />
Frau unter den Mann: Frauen seien von Natur aus<br />
dem Mann unterlegen, weswegen ihr Zeugnis vor<br />
Gericht auch nur halb so viel wert sei; ungehorsame<br />
Frauen seien zu züchtigen; die Ehefrau müsse sexuell<br />
jederzeit zur Verfügung stehen (ob sie will oder<br />
nicht); der Mann solle nicht auf die Ausübung seiner<br />
Rechte verzichten, nur um der Frau zu gefallen;<br />
Frauen sollten auf züchtige Kleidung achten, um<br />
nicht die Belästigung durch fremde Männer herauszufordern<br />
und so weiter.<br />
Man wird schwerlich behaupten können, dass<br />
nur Muslime so denken. Machismo mag im islamischen<br />
Kulturkreis ausgeprägter sein als anderswo,<br />
aber es gibt wahrhaftig genug Machos anderen<br />
Glaubens, die einen Vergleich mit ihren muslimischen<br />
Gesinnungs- und Geschlechtsgenossen ohne<br />
Weiteres aushalten würden.<br />
Eine islamische Besonderheit aber ist die Tatsache,<br />
dass dieser Sexismus von Gott verkündet wird,<br />
und zwar als zentrales Thema seiner Offenbarung<br />
und als Tugend mit dem Anspruch auf ewige Gültigkeit<br />
und letzte Wahrheit. (Der Koran beglaubigt<br />
sich selbst als Allahs eigenes – das heißt nicht von<br />
anderen geschaffenes –, ewiges und letztes Wort.)<br />
Ich zeige anhand dieses Themas noch einmal,<br />
wie wichtig es ist, den Koran als geschlossenes<br />
Gedankengebäude zu interpretieren. Letzteres<br />
ist er nicht nur seinem eigenen Anspruch nach;<br />
die Widerspruchsfreiheit des Korans ist auch das<br />
Grundaxiom jeder Exegese durch islamische Theologen.<br />
Den Koran interpretiert man nicht angemessen,<br />
wenn man jeden Vers einzeln interpretiert<br />
(wobei man, wie in jedem anderen Text auch,<br />
feststellen wird, dass jede Aussage, und sogar<br />
fast jedes Wort, mehrdeutig ist) und ihm dann die<br />
Bedeutung beimisst, die man selbst bevorzugt, um<br />
am Ende der Exegese festzustellen, dass der Koran<br />
widerspruchsfrei ist oder auch nicht.<br />
Argumente der Islam-Versteher<br />
Ich sage das deshalb, weil zwei Einwände gegen<br />
die These der islamischen Frauenfeindlichkeit von<br />
islamophiler Seite mit Sicherheit vorgebracht werden:<br />
Zum einen enthalte der Koran die Verpflichtung<br />
des Mannes, seine Frau (und überhaupt seine<br />
Familie) zu versorgen und zu schützen und sie gütig,
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Islam und Dschihad<br />
gerecht und wohlwollend zu behandeln. Das ist<br />
zutreffend, und ich achte es auch nicht gering. Es<br />
ist nur kein Argument gegen die These, dass das<br />
Verhältnis des Mannes zur Frau nach dem Koran das<br />
eines Despoten zur Untertanin ist. Wenn der Mann<br />
sich im islamischen Sinne der Frau gegenüber wohlwollend<br />
zu verhalten hat, so besagt dies nicht, dass<br />
er kein Despot, sondern, dass er ein wohlwollender<br />
Despot sein soll. Jedenfalls solange man von dem<br />
Axiom der Widerspruchsfreiheit des Koran ausgeht.<br />
Frauen dürfen keinesfalls<br />
«Ungläubige» heiraten, Männer<br />
durchaus.<br />
Zum anderen seien sozialkonservative Vorstellungen<br />
über die Rollenverteilung zwischen den<br />
Geschlechtern nicht nur im Koran niedergelegt,<br />
sondern auch zum Beispiel in der Bibel. Auch das<br />
ist zutreffend. Nur bilden sie dort erstens keinen<br />
Themenschwerpunkt, der sie als zentralen Bestandteil<br />
des christlichen Weltbildes ausweisen würde,<br />
und zweitens gibt sich die Bibel – anders als der<br />
Koran – nicht selbst als buchstäblich das Wort Gottes<br />
aus: Letztes Kriterium des Christlichen ist der<br />
Glaube an die Menschwerdung Gottes in Christus,<br />
nicht an die Verbalinspiration der Bibel. Man kann<br />
daher bibelkritisch sein, ohne unchristlich zu sein.<br />
Man kann aber nicht korankritisch sein, ohne unislamisch<br />
zu sein; oder, um es moderater zu formulieren:<br />
ohne eine bis in die Fundamente gehende<br />
Reinterpretation des Islam zu postulieren, die mit<br />
dem, was 1400 Jahre lang «der Islam» war, nicht<br />
mehr viel zu tun hätte.<br />
Beide Einwände laufen also auf die Missachtung<br />
des gedanklichen Kontextes hinaus, in dem<br />
der Koran die Rolle der Frau definiert. Sie missachten<br />
das Axiom der Widerspruchsfreiheit des Koran<br />
und sind damit – gerade vom islamischen Standpunkt<br />
– unhaltbar.<br />
Frauenunterdrückung als Religionskern<br />
Mannes kodifiziert. Es bedeutet, dass die Implikationen<br />
gerade dieser Normen und Wertvorstellungen<br />
in einer Weise kulturell verbindlich sind, dass<br />
ihre Missachtung geradezu eine Infragestellung der<br />
Grundlage der Gesellschaft bedeuten würde.<br />
Wohlgemerkt: Dabei geht es nicht um die Frage,<br />
ob man den Koran strenger oder liberaler interpretiert.<br />
Man kann die islamischen Verhaltensnormen<br />
durchaus großzügig auslegen, zum Beispiel dem<br />
Sinn und Zweck nach, und etwa argumentieren,<br />
der Koran schreibe nicht etwa die Verschleierung<br />
vor – schon gar nicht in der monströsen Form des<br />
Tschador oder gar der Burka –, sondern verpflichte<br />
die Frauen lediglich zu dezentem, nicht sexuell aufreizendem<br />
Verhalten in der Öffentlichkeit. Was als<br />
aufreizend zu gelten hat und was nicht, wäre dann<br />
eine Frage der Konvention, und tatsächlich sind die<br />
Unterschiede im Hinblick auf die gesellschaftliche<br />
Position von Frauen, einschließlich der Kleiderordnung,<br />
zwischen verschiedenen Ländern der islamischen<br />
Welt, oft sogar innerhalb desselben Landes,<br />
erheblich.<br />
Was aber unter keinen Umständen zur Disposition<br />
stehen kann, sind die Implikationen der Tatsache,<br />
dass es diese Gebote überhaupt gibt – wie<br />
immer man sie auslegt. Das Verschleierungsgebot<br />
etwa, wie liberal auch immer man es interpretiert,<br />
bedeutet, dass die Kleidung von Frauen nicht<br />
in deren Ermessen steht, und dass Frauen, die es<br />
missachten, eine Sünde gegen Allah begehen, die<br />
Sanktionen der Gemeinschaft herausfordert, und<br />
sei es in Gestalt sexueller Übergriffe, an denen<br />
diese Frauen dann «selbst schuld» sind.<br />
Wie Muslime weltweit<br />
denken<br />
Soll Ehebruch mit Steinigung<br />
bestraft werden? (Zustimmung<br />
in Prozent)<br />
Pakistan<br />
Palästina<br />
Ägypten<br />
Malaysia<br />
Irak<br />
Tunesien<br />
Türkei<br />
Kosovo<br />
89<br />
84<br />
81<br />
60<br />
58<br />
44<br />
29<br />
25<br />
Quelle: Pew Reserch Center<br />
Grafik: <strong>COMPACT</strong><br />
Maharadscha Bijay Singh in seinem<br />
Harem, etwa 1770. Foto: India,<br />
Rajasthan, Jodhpur, Public domain,<br />
Wikimedia Commons<br />
Kehren wir nun zur eigentlichen Analyse zurück<br />
und fragen uns, was es zu bedeuten hat, dass<br />
gerade die Rolle der Frau so sehr im Mittelpunkt der<br />
islamischen Alltagsnormen steht. Es bedeutet, dass<br />
alle anderen alltagsethischen Normen des Islam<br />
leichter über den Haufen zu werfen wären als die,<br />
die sich auf die Kontrolle der weiblichen Sexualität<br />
beziehen – auf nichts anderes läuft das dichte<br />
Regelwerk ja hinaus, das Heirat, Scheidung, Sittlichkeitsgebote<br />
und so weiter in ausdrücklicher und<br />
hervorgehobener Verbindung mit der Dominanz des<br />
19
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Islam und Dschihad<br />
Hadith<br />
Über Mohammed gibt es viele<br />
zum Teil heroisierende Erzählungen,<br />
Hadithe genannt. Diese<br />
Berichte über seine angeblichen<br />
Worte, Taten und Unterlassungen<br />
haben im Lauf der Zeit<br />
stark zugenommen. Orientalische<br />
Erzählkunst sowie politische<br />
und theologische Erfordernisse<br />
haben offensichtlich eine<br />
Flut von Geschichten und Legenden<br />
hervorgebracht. Die mündlichen<br />
Überlieferungen über Mohammed<br />
sind schließlich von einigen<br />
Muslimen gesammelt und<br />
einer kritischen Prüfung unterzogen<br />
worden. Die Hadith-Sammler<br />
haben, um die Spreu vom<br />
Weizen zu trennen, bei jeder<br />
dieser «Geschichten» vermerkt,<br />
wer sie erlebt beziehungsweise<br />
berichtet und wer sie überliefert<br />
hat. (nach Udo Hildenbrand<br />
u.a., Freiheit und Islam Gerhard-Hess-Verlag,<br />
2016)<br />
Fatwa<br />
Mit Fatwa wird ein Rechtsgutachten<br />
einer islamischen Autorität<br />
bezeichnet. Eine Fatwa<br />
ergeht gewöhnlich auf eine<br />
Anfrage zu einem religiösen,<br />
gesellschaftlichen oder staatlichen<br />
Problem. Fatwas spiegeln<br />
gleichsam die Situation<br />
von Muslimen in der jeweiligen<br />
Zeit wider.<br />
Eine Fatwa kann man befolgen,<br />
ist dazu rechtlich aber nicht verpflichtet.<br />
Die Bedeutung einer<br />
Fatwa ergibt sich daraus, welchen<br />
Rang der Verfasser beziehungsweise<br />
das Verfasser-Gremium<br />
in einer islamischen Gesellschaft<br />
hat. Der Mordaufruf<br />
gegen den Autor Salman Rushdie<br />
war besonders gefährlich,<br />
weil er in Form einer Fatwa des<br />
höchsten iranischen Geistlichen,<br />
des Ajatollah Chomeini, ergangen<br />
war.<br />
Sexualität als Waffe<br />
Ein häufig übersehener Aspekt des islamischen<br />
Rechts liegt in den Regeln darüber, wer wen heiraten<br />
darf: Frauen dürfen nämlich unter keinen<br />
Umständen «Ungläubige» heiraten, während Männer<br />
das durchaus dürfen. Zumindest, soweit die<br />
«Ungläubigen» zu den «Schriftbesitzern» gehören,<br />
also Christinnen oder Jüdinnen sind.<br />
Damit unterscheidet sich das islamische Recht<br />
grundlegend von den entsprechenden halachischen<br />
Bestimmungen, die für (orthodoxe) Juden gelten:<br />
Bei den Juden ist es Männern und Frauen gleichermaßen<br />
verboten, Nichtjuden zu ehelichen. Damit<br />
soll der Bestand und der innere Zusammenhalt des<br />
jüdischen Volkes gewährleistet und sein Aufgehen<br />
in anderen Völkern verhindert werden.<br />
Ein Muslim darf sich außerehelich<br />
vergnügen, nur eben nicht mit<br />
einer Muslima.<br />
Eine Gemeinschaft wie die islamische aber, die<br />
dieses Exogamieverbot für Männer aufhebt, für<br />
Frauen aber nicht, betreibt nicht Konsolidierung,<br />
sondern demographische Expansion, sofern sie es<br />
mit Gruppen zu tun hat, die selber die Exogamie<br />
zumindest dulden, wie es Christen normalerweise<br />
tun und auch zur Zeit des Propheten schon taten:<br />
Wer die eigenen Mädchen nur innerhalb der eigenen<br />
Gemeinschaft verheiratet, die der anderen Gruppen<br />
aber wegheiratet und dafür sorgt, dass deren<br />
Kinder die Religion des Vaters annehmen (was mit<br />
einer gewissen Selbstverständlichkeit unterstellt<br />
wird), sorgt dafür, dass die anderen Gruppen durch<br />
Osmose langsam, aber sicher verschwinden.<br />
Diese Regel ist der Grund dafür, dass bei<br />
gemischtreligiösen Paaren im Westen der muslimische<br />
Partner in der Regel der Mann ist. Gerade weil<br />
sie so unspektakulär und scheinbar nebensächlich<br />
sind, fallen solche Regeln überhaupt nur dem auf,<br />
der den Islam nicht unter dem Gesichtspunkt seiner<br />
theologischen Begründung, sondern unter dem<br />
seiner sozialen Wirkungen, also nicht theologisch,<br />
sondern soziologisch analysiert.<br />
Zuletzt weise ich auf die psychologische Wirkung<br />
hin, die es haben muss, wenn solche Regeln fast<br />
anderthalb Jahrtausende lang angewandt werden:<br />
Indem der Prophet sich neben seinen Ehefrauen<br />
auch noch eine Reihe von – nichtmuslimischen –<br />
Konkubinen gönnte, während er gleichzeitig alle<br />
außerehelichen Beziehungen von muslimischen<br />
Frauen im Koran verurteilte, definierte er zugleich,<br />
was im Islam zulässig ist und was nicht: Ein muslimisches<br />
Mädchen hat weder vor noch außerhalb<br />
der Ehe irgendwelche sexuellen Beziehungen<br />
(und die Ehe selbst darf sie nur mit einem Muslim<br />
schließen). Ein muslimischer Mann dagegen darf<br />
sich auch außerehelich vergnügen, nur eben nicht<br />
mit Glaubensgenossinnen. Da er normalerweise nur<br />
bei «ungläubigen» Frauen das findet, was er bei<br />
anständigen muslimischen Mädchen gar nicht erst<br />
suchen darf (und besser auch gar nicht erst suchen<br />
sollte, sofern die Mädchen Väter und Brüder haben<br />
und ihm selbst sein Leben lieb ist), kann er gar nicht<br />
anders, als in «ungläubigen» Frauen, und nur in diesen,<br />
potenzielle Konkubinen und damit sittlich minderwertige<br />
Wesen zu sehen.<br />
Der Ausdruck «deutsche Schlampen», der unter<br />
jungen Muslimen in Deutschland durchaus gängig<br />
ist, bringt genau diese Art von Verachtung zum Ausdruck.<br />
Nicht mal die Augen sind zu erkennen: Burkaträgerinnen in<br />
einem Wahllokal in Indisch-Kaschmir. Foto: picture-alliance/<br />
dpa<br />
20<br />
_ Manfred Kleine-Hartlage ist<br />
Publizist und Buchautor. Der<br />
Text ist ein bearbeiteter Auszug<br />
aus seinem Standardwerk «Das<br />
Dschihadsystem. Wie der Islam<br />
funktioniert» (Resch-Verlag, 292<br />
Seiten, 19,90 Euro, ISBN 978-3-<br />
935197-96-0). In der Monatsausgabe<br />
von <strong>COMPACT</strong>-Magazin<br />
veröffentlicht er regelmäßig in der<br />
Rubrik «BRD-Sprech».
Ein Gott, Ein Reich, Ein Führer<br />
_ von Peter Boehringer<br />
Die vorherrschende Islamlehre ist die orthodox-sunnitische. Sie ist mit Demokratie<br />
und Menschenrechten unvereinbar. Moderate Muslime können ihre Kritik daran oft<br />
nur unter Lebensgefahr vorbringen und verlieren zunehmend an Einfluss.<br />
Sowohl historisch als auch inhaltlich wird der<br />
Charakter der grundlegenden islamischen Schriften<br />
bei der Lektüre schnell klar. Die frühen Suren<br />
des Koran aus den Jahren zwischen 6<strong>10</strong> und 622, in<br />
denen Mohammed noch ein kaum beachteter Prediger<br />
in Mekka war, haben noch weitgehend klassisch-religiösen,<br />
spirituellen, prophetischen, «sozialistisch»-egalitären<br />
und ethischen Charakter. Dagegen<br />
sind sowohl die maßgeblichen Suren aus seiner<br />
Zeit in Medina (ab 622) mit Mohammed als weltlichem<br />
Führer und Kriegsherrn als auch die biographischen<br />
Schriften Mohammeds (Sira, Hadithen beziehungsweise<br />
Sunna) durch und durch weltlich, kriegerisch,<br />
verfolgend, missionierend, strafend und<br />
ausgrenzend.<br />
Praktisch alle Versuche sogenannter islamischer<br />
Reformtheologen, die relativ unproblematischen<br />
mekkanischen Suren für entscheidend («normativ»)<br />
zu erklären, scheitern seit vielen Jahrhunderten<br />
immer wieder am geistlich-orthodoxen Establishment.<br />
Dieses wird heute in der islamischen<br />
Welt weitgehend durch sunnitische und wahhabitische<br />
Imame repräsentiert, die sich bei ihrer strengen,<br />
wörtlichen Auslegung der Schriften leider zu<br />
Recht auf den Koran selbst stützen können: Das<br />
Heilige Buch der Mohammedaner verlangt die drakonische<br />
Bestrafung all jener Menschen, die den<br />
Koran nicht wortlautgetreu (!) leben – also täglich,<br />
ständig, ohne Einschränkungen, ohne Möglichkeit<br />
der Relativierung, ohne individuellen Auslegungsspielraum!<br />
Zurück zu Mohammed!<br />
Dieser Absolutheitscharakter der islamischen<br />
Schriften ist bei muslimischen Gelehrten somit<br />
überwältigend mehrheitsfähig. Es gibt aber etliche<br />
westliche Islamforscher, die eine absurde Weichspülung<br />
des Koran vornehmen, indem sie die grausamen<br />
Verfolgungs-Suren ausfiltern oder erklären,<br />
diese seien durch andere überholt. Die von der riesigen<br />
Mehrheit der islamischen Geistlichen in aller<br />
Welt vertretene Islamauslegung lässt diese Relativierungen<br />
aber nicht zu.<br />
Eine Reformation des Islams im Sinne einer<br />
Abschwächung dieses Absolutheitsanspruches ist<br />
nirgendwo auf der Welt in Sicht. Ganz im Gegenteil:<br />
Was sich derzeit überall als Reformbewegung<br />
regt, ist die Rückbesinnung auf die Ursprünge des<br />
Koran – oder noch schlimmer auf das für alle Gläu-<br />
Außerhalb der Hotelinseln hat sich<br />
das Urlaubsland Malediven in eine<br />
islamistische Despotie verwandelt.<br />
Diese Demonstranten gingen im<br />
Jahre 2014 für die Scharia auf die<br />
Straße. Foto: Dying Regime from<br />
Maldives (Protest calling for Sharia<br />
in Maldives), CC BY 2.0, Wikimedia<br />
Commons<br />
«Es ist verboten,<br />
einem anderen das<br />
Leben zu nehmen,<br />
außer wenn die<br />
Scharia es verlangt.»<br />
Kairoer Erklärung der<br />
Menschenrechte<br />
21
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Islam und Dschihad<br />
Der arabische Arzt und Philosoph<br />
Averroës (1126–1198) sah in der<br />
Logik den einzigen Weg zum Glück.<br />
Bekannt wurde er vor allem durch<br />
seine Kommentierung der Werke<br />
Aristoteles. Foto: picture alliance/<br />
Isadora/Leemage<br />
Das Gesicht des Islams: Diese Frau<br />
im indonesischen Aceh Besar wurde<br />
20<strong>10</strong> wegen der Öffnung eines<br />
Essensstandes während des Fastenmonats<br />
Ramadan ausgepeitscht.<br />
Foto: Reuters/Tarmizy Harva<br />
bigen «vorbildliche, nachahmenswerte» Leben des<br />
Kriegsherrn Mohammed. Dieses wird gleich in mehreren<br />
grundlegenden biographischen Schriften festgehalten,<br />
die zusammen mit dem Koran «den Islam»<br />
ausmachen. Die oftmals kriegerischen oder strafenden<br />
Taten des Religionsgründers werden in Sira,<br />
Hadithen und Sunna bis ins akribischste Detail ausgebreitet.<br />
Man kann die Bibel kritisieren und<br />
Christ, aber nicht den Koran<br />
kritisieren und Muslim bleiben.<br />
Diese verbindlichen Vorgaben aus dem 7. Jahrhundert<br />
beeinflussen noch heute einen großen<br />
Teil der 1,5 Milliarden Muslime auf der Welt. Sie<br />
machen 86 Prozent der Lehrinhalte des Islams aus,<br />
nur die restlichen 14 Prozent kommen aus dem<br />
Koran. Deshalb ist es kein Zufall, dass das islamische<br />
Lehrgebäude, das als weltliches aber verbindliches<br />
Gesetzeswerk in der Scharia zusammengefasst<br />
ist, in sehr weiten Teilen eine brutal-aggressive,<br />
frühmittelalterliche Ansammlung von<br />
Verfolgungs-, Straf- und Kriegsvorschriften ist. Der<br />
türkische Säulenheilige Kemal Atatürk (den sein<br />
tiefgläubiger Nachfolger Recep Tayyip Erdogan<br />
heute am liebsten aus der Geschichte tilgen würde)<br />
hat das so kommentiert: «Der Islam gehört auf den<br />
Müllhaufen der Geschichte: Seit mehr als 500 Jahren<br />
haben die Regeln und Theorien eines alten Araberscheichs<br />
[Mohammed] (…) in der Türkei sämtliche<br />
Zivil- und Strafgesetze festgelegt. Sie haben<br />
die Form der Verfassung, die geringsten Handlungen<br />
und Gesten eines Bürgers festgesetzt, seine<br />
Nahrung, die Stunden für Wachen und Schlafen,<br />
Sitten und Gewohnheiten und selbst die intimsten<br />
Gedanken. Der Islam, diese absurde Gotteslehre<br />
eines unmoralischen Beduinen, ist ein verwesender<br />
Kadaver, der unser Leben vergiftet.» Das<br />
– belegte! – Zitat ist über 80 Jahre alt – und doch<br />
aktueller denn je.<br />
Scharia und Menschenrechte<br />
Nach der Scharia gibt es keine Religionsfreiheit,<br />
keine Freiheit der Rede, der Gedanken, der Kunst,<br />
keine freie Presse, keine rechtliche Gleichheit von<br />
Muslim und Nichtmuslim, keinen gleichen juristischen<br />
Schutz, keine gleichen Rechte für Frauen.<br />
Laut Scharia ist das Täuschen und Belügen der<br />
Ungläubigen ebenso erlaubt wie das Schlagen von<br />
Frauen. Demzufolge kann es auch keine Demokratie<br />
geben, da dies die Gleichstellung von Muslimen<br />
und Nicht-Muslimen bedeuten würde.<br />
Auch die Menschenrechte stehen unter Schariavorbehalt!<br />
Die Kairoer al-Azhar-Universität hat als<br />
eine der wichtigsten islamischen Autoritäten schon<br />
1978 gezeigt, wohin die Reise des real existierenden<br />
sunnitisch-mohammedanischen Islams geht.<br />
In ihrer «Islamischen Musterverfassung» steht in<br />
Paragraph 43 unmissverständlich: «Alle Rechte gelten<br />
im Rahmen der höheren Ziele der Scharia.» In<br />
der autoritativen «Kairoer Erklärung der Menschenrechte»<br />
von 1990 wird die UN-Charta der Menschenrechte<br />
nur insoweit anerkannt, «als sie den heiligen<br />
Büchern nicht widerspricht». Dies schließt die Menschenwürde<br />
(hat nur der Muslim), die Meinungsfreiheit<br />
(insbesondere von Islamkritikern), die Religionsfreiheit<br />
(Todesstrafe für Abfall vom Islam und<br />
Übertritt zum Beispiel zum Christentum), das Recht<br />
auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Körperstrafe,<br />
Steinigung, Hinrichtung) sowie Minderheiten-<br />
und Frauenrechte aus. «Alle Menschen sind<br />
frei» (Artikel 1 UN-Charta) steht gegen «Alle Menschen<br />
sind Gottes Untertanen». «Jeder Mensch<br />
hat das Recht auf Leben» (Artikel 3 UN-Charta)<br />
steht gegen «Es ist verboten, einem anderen das<br />
Leben zu nehmen, außer wenn die Scharia es verlangt.»<br />
Eine Fatwa der frommen Männer ist in dieser<br />
Welt bedeutender als jedes weltliche Gesetz<br />
oder Machtwort weltlicher Regenten!<br />
22<br />
Wo es in den Schriften nicht um das Schlagen,<br />
Demütigen oder um – auch erzwungenen – Sex<br />
mit Frauen geht, geht es gegen die Ungläubigen –<br />
gegen die Kuffar (ein zutiefst beleidigendes arabisches<br />
Wort). Diese sind «böse und verflucht», dürfen<br />
keinesfalls «Zakat» (Wohltätigkeiten) erhalten, sie<br />
dürfen verspottet, terrorisiert, erniedrigt, geköpft
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Islam und Dschihad<br />
Länderübersicht Scharia<br />
Länder und Mitglieder<br />
der OIC (Organisation<br />
für Islamische Zusammenarbeit),<br />
in denen<br />
die Scharia keine<br />
Rolle im Rechtssystem<br />
spielt.<br />
Länder, in denen die<br />
Scharia im Privatrecht<br />
(z.B. Ehe, Scheidung,<br />
Erbrecht, Sorgerecht)<br />
Anwendung findet.<br />
Länder mit voller Gültigkeit<br />
der Scharia.<br />
Länder mit regional<br />
unterschiedlicher<br />
Anwendung der<br />
Scharia.<br />
Quelle: Wikipedia Grafik: <strong>COMPACT</strong><br />
Sunna<br />
Die Grundlage fast aller religiöser<br />
Praktiken und jener Verhaltensregeln,<br />
die von den Muslimen<br />
zu befolgen sind, bilden<br />
gemeinsam Hadith und Sira<br />
(Mohammed-Biographie), zusammengefasst<br />
in der Sunna. Die<br />
Sunna betrifft Dinge, die Mohammed<br />
getan, befohlen, empfohlen<br />
oder auch einfach nur<br />
kommentarlos hingenommen haben<br />
soll. Mohammeds Verhalten<br />
gilt bei den Muslimen als vorbildlich,<br />
unantastbar und nachahmenswert.<br />
Neben dem Koran<br />
ist die Sunna die autoritative<br />
Quelle für die Auslegung des islamischen<br />
Glaubens und für das<br />
islamische Recht. (nach Udo Hildenbrand<br />
u.a., Freiheit und Islam<br />
Gerhard-Hess-Verlag, 2016)<br />
werden. Der Fromme darf sie täuschen oder sich<br />
gegen sie verschwören. Es gibt zudem volle zwölf<br />
Suren im Koran, die verbindlich vorschreiben, dass<br />
der Rechtgläubige kein Freund der Kuffar sein kann.<br />
Allenfalls bekommt der Ungläubige den sogenannten<br />
«Dhimmi»-Status von Bürgern dritter Klasse –<br />
das heißt, er wird nach Mafia-Manier gegen permanente<br />
Schutzgeldzahlung vorläufig von Gewalt verschont.<br />
Immer wieder richtet sich der Zorn gegen<br />
Christen und Juden: In Koran, Sira und Hadithen<br />
finden sich fast zehn Prozent antisemitische Textstellen,<br />
in Adolf Hitlers Mein Kampf sind es sieben.<br />
Koran und vor allem Sunna rechtfertigen auch<br />
die Sklavenhaltung, bei Frauen weitgehend als Sexsklavinnen<br />
– Mohammed nahm sich sogar eine<br />
weiße Christin. Die Mohammedaner versklavten<br />
Afrikaner, Europäer, Hindus, Buddhisten – einfach<br />
jeden, der dem Dschihad im Weg war – und hat mehr<br />
Menschen versklavt als jede andere Kultur. Heutzutage<br />
ist es der Islamische Staat, der wöchentlich<br />
Hunderte verschleppt – und sich dabei durch<br />
das Vorbild Mohammeds bestätigt und gesegnet<br />
fühlen kann.<br />
Die Schwäche der Moderaten<br />
Diese theologischen Dogmen von der unabänderlichen,<br />
gottgegebenen, nicht auslegungsfähigen<br />
Natur des Koran und der Scharia werden, außer<br />
von westlichen Gutmenschen, von niemandem<br />
bestritten, zuallerletzt von den Führern der mohammedanischen<br />
Welt vor allem in Kairo, Mekka und<br />
Ankara oder deren Anhängern in den westlichen<br />
Islamverbänden. Sie sind sowohl wissenschaftlich<br />
aus den Schriften als auch aus der islamischen Geschichte<br />
heraus belegbar. Aleviten, Sufis und Schiiten<br />
stehen für abweichende und zum Teil gemäßigtere<br />
Interpretationen – aber sie werden zunehmend<br />
zurückgedrängt. Es gibt in der islamischen<br />
Welt zwar Widerstand gegen die Herausbildung<br />
totalitärer Gottesstaaten – doch er ist überall lebensgefährlich.<br />
Man kann also beim sunnitischen Mainstream<br />
die in westlichen Medien so beliebte Abgrenzung<br />
von gutem Islam und bösem Islamismus nicht vornehmen.<br />
Zudem bestreiten die maßgeblichen<br />
mohammedanischen Autoritäten selbst eine solche<br />
Unterscheidbarkeit. So sagt zum Beispiel<br />
Erdogan: «Islam ist Islam – und damit hat es sich.»<br />
Der beliebte Einwand, der Islam der Scharia sei<br />
nicht der wahre, ist deswegen sowohl theologisch<br />
wie auch angesichts der immer klarer zutage tretenden<br />
Machtverhältnisse falsch.<br />
«Islam ist Islam – und damit hat<br />
es sich.» <br />
Erdogan<br />
Im Westen sollte man sich dieser Tatsachen<br />
bewusst werden – und nicht länger jegliche Islamkritik<br />
in absurder und verfassungswidriger, geradezu<br />
faschistischer Weise unterdrücken, wie es<br />
derzeit in Deutschland geschieht. Hier hat der<br />
Islam schon vor der Machtübernahme willige und<br />
effiziente Helfer gefunden, die eines seiner obersten<br />
Ziele, die Verfolgung kritischer Meinungen, für<br />
ihn durchsetzen. Andererseits: Der privat gelebte<br />
moslemische Glaube wäre nicht das Problem, wie<br />
das Beispiel der Aleviten zeigt. Säkulare Moslems<br />
gehören zu Deutschland. Der gläubige Islam nicht.<br />
Theoretisch wäre ein moderater Islam also möglich.<br />
Theoretisch. Allein, uns fehlt der Glaube.<br />
Taliban verprügelten eine Frau im<br />
August 2001 in Kabul, weil sie<br />
in der Öffentlichkeit ihre Burka<br />
abnahm. Foto: RAWA, CC BY 3.0,<br />
Wikimedia Commons<br />
_ Peter Boehringer ist Gründungsvorstand<br />
der Deutschen<br />
Edelmetall-Gesellschaft und<br />
Initiator der Bürgerinitiative «Holt<br />
unser Gold heim». Er ist Träger<br />
der Roland-Baader-Auszeichnung<br />
und Mitglied der Friedrich A. von<br />
Hayek-Gesellschaft. Hauptpräsenz<br />
im Internet: goldseitenblog.de/<br />
author/peter-boehringer. Der<br />
letzte Absatz seines obigen Essays<br />
erschien ähnlich bereits 2013 in<br />
der Zeitschrift «eigentümlich frei».<br />
23
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Islam und Dschihad<br />
Gewalt im Koran<br />
_ von Sabatina James<br />
24<br />
Wer nach Legitimation für Gewaltanwendung sucht, wird im<br />
Heiligen Buch der Muslime an vielen Stellen fündig. Im Gegensatz<br />
zur Bibel sind das meistens keine historischen Erzählungen. Die<br />
Gültigkeit ist nicht auf die Vergangenheit begrenzt, sondern besteht<br />
für immer und ewig.<br />
_ Der Text ist ein bearbeiteter<br />
Auszug aus «Scharia in Deutschland<br />
– Wenn die Gesetze des Islam<br />
das Recht brechen» , 144 Seiten,<br />
12,99 Euro, Droemer-Knaur, 2015.<br />
Sabatina James (Pseudonym)<br />
wurde 1982 als Muslima in Pakistan<br />
geboren und kam im Alter von<br />
zehn Jahren mit ihrer Familie nach<br />
Österreich. Nachdem sie sich der<br />
Zwangsheirat mit einem Cousin<br />
widersetzte und zum Christentum<br />
konvertierte, fällte ihre Familie das<br />
Todesurteil über sie. Seitdem lebt<br />
sie unter Polizeischutz an einem<br />
geheimen Ort.<br />
www.sabatina-ev.de<br />
Die Islamaufklärerin Sabatina<br />
James ist häufig Gast in Talkshows.<br />
Foto: picture alliance/APA/picturedesk.com<br />
In unzähligen Suren des Koran taucht Gewalt<br />
als Gebot auf oder wird zumindest gerechtfertigt.<br />
Es richtet sich gegen zwei Gruppen: Frauen und die<br />
Feinde des Islams. Zu den Textstellen, die Gewalt<br />
rechtfertigen oder sogar anordnen, zählt Sure 9,29:<br />
«Kämpft gegen diejenigen, die nicht an Allah und<br />
den jüngsten Tag glauben (…), bis sie kleinlaut aus<br />
der Hand Tribut entrichten!» Sure 4,89 sagt: «Sie<br />
möchten gern, Ihr wäret ungläubig, so wie sie selber<br />
sind, damit ihr (alle) gleich wäret. Nehmt Euch<br />
daher niemand von ihnen zu Freunden, solange sie<br />
nicht um Allahs Willen auswandern! Und wenn sie<br />
sich abwenden (und Eurer Aufforderung zum Glauben<br />
kein Gehör schenken), da greift sie und tötet sie,<br />
wo (immer) Ihr sie findet, und nehmt Euch niemand<br />
von ihnen zum Beschützer oder Helfer!.» Die Gültigkeit<br />
der Suren ist nicht auf einen bestimmten Zeitraum<br />
begrenzt, sondern besteht für alle Zeiten, wie<br />
etwa Sure 8,39 belegt: «Und kämpft gegen sie (…),<br />
bis nur noch Allah verehrt wird.» In einer Hadith<br />
sagte Mohammed: «Ich wurde angewiesen, die<br />
Menschen zu bekämpfen, bis sie bezeugen, dass<br />
es keinen Gott außer Allah gibt und Mohammed<br />
der Gesandte Allahs ist.»<br />
Vergleich zur Bibel<br />
Weder Juden noch Christen haben derartige religiöse<br />
Pflichten. Die biblischen «Kampfbefehle» im<br />
Alten Testament galten lediglich in einer ganz speziellen<br />
historischen Situation, nämlich der Landnahme<br />
in Kanaan. Nie wurden die Israeliten jedoch<br />
dazu aufgefordert, Kämpfe außerhalb dieses geografischen<br />
Territoriums, ihres gelobten Landes, zu<br />
führen. Islamische Gewalt wurde und wird außerhalb<br />
der Arabischen Halbinsel angewendet und<br />
hatte immer das Ziel, die Welt zu erobern.<br />
Das unterscheidet sich von der vielzitierten «alttestamentarischen<br />
Gewalt». Geschichte und Theologie<br />
dürfen an diesem Punkt also nicht verwechselt<br />
werden. Die Israeliten kannten nie einen bestimmten<br />
Befehl Gottes, die Menschen zum Judentum zu<br />
bekehren, weder durch Gewalt noch durch Mission.<br />
Das Christentum dagegen wurde zwar mit einem<br />
generellen Missionsauftrag begründet, gleichzeitig<br />
aber auf strikte Gewaltlosigkeit verpflichtet; von<br />
keinem einzigen der Jünger Jesu ist bekannt, dass<br />
er die Taufe Andersgläubiger erzwang, im Gegenteil:<br />
Sie alle wurden Opfer von Gewalt, erlitten fast<br />
ausnahmslos das Martyrium.<br />
Im Christentum ist Gewalt allein<br />
der weltlichen Macht vorbehalten.<br />
So war das Christentum in seinen ersten drei<br />
Jahrhunderten eine Religion der Gewaltlosigkeit. Da<br />
sich Jesus selbst ohne Widerstand verhaften und<br />
hinrichten ließ und da Christen Töten selbst zur Verteidigung<br />
als Sünde erachteten, wehrten sie sich<br />
nicht einmal, als die römischen Kaiser Nero, Domitian,<br />
Decius, Valerian und Diokletian sie blutig verfolgen<br />
ließen. Sie trotzten der Gewalt ihrer Verfolger,<br />
indem sie diese still und betend erduldeten. Auch<br />
der Soldatenberuf war Christen zunächst verboten.<br />
Erst als mit Konstatin dem Großen ein römischer<br />
Kaiser zum christlichen Glauben fand, kam<br />
es zu Kompromissen mit der Staatsräson. Natürlich<br />
musste eine Großmacht sich verteidigen. Schließlich<br />
formulierte der Kirchenvater Augustinus (um<br />
420) einen historischen Kompromiss, indem er zwischen<br />
geistlichen und weltlichen Angelegenheiten,<br />
zwischen der civitas Dei, der «Gemeinschaft Gottes»,<br />
also der Kirche, und der civitas terrena, dem<br />
weltlichen Staat, unterschied. Diese Trennung von<br />
Staat und Kirche, von weltlicher Gesetzgebung und<br />
Religion, ist die Antithese zum Gottesstaat, wie ihn<br />
die Scharia fordert. Der weltliche Staat, so Augustinus,<br />
dürfe allein «gerechte» Kriege führen, wenn er<br />
angegriffen wird oder es darum geht, ein größeres<br />
Unrecht zu verhindern. Die Kirche dagegen müsse<br />
stets als Friedensstifter wirken.
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Islam und Dschihad<br />
Die verfeindeten Brüder<br />
_ von Jürgen Elsässer<br />
Die sunnitische Hauptströmung des Islams hat im Salafismus einen mächtigen Radikalisierungsschub<br />
erfahren. Konkurrierende Richtungen wie die Schiiten werden bis<br />
auf den Tod bekämpft. Ein Überblick.<br />
Der Dschihad der sunnitischen Mehrheitsströmung<br />
des Islams – sie umfasst etwa 1,3 Milliarden<br />
Anhänger weltweit – richtet sich nicht nur<br />
gegen den Westen, sondern auch gegen verfeindete<br />
Glaubensbrüder. Sowohl die aktuellen Kriege<br />
in Syrien und im Jemen wie auch der nicht enden<br />
wollende Terror im Irak, Pakistan und Afghanistan<br />
trägt Züge eines blutigen Konfessionsstreites, wie<br />
er zwischen 1618 und 1648 im Deutschen Reich<br />
tobte. Standen damals Katholiken gegen Protestanten,<br />
sind es in diesem Fall Sunniten und Schiiten,<br />
wobei die Aggression in allen genannten Staaten<br />
eindeutig von ersteren ausgeht.<br />
Die Erben des Propheten _ Glaubensrichtungen im Islam<br />
Als Schiiten bekennen sich weltweit etwa zehn<br />
bis 15 Prozent der Moslems. Die Mehrheit stellen<br />
sie im Iran, wo sie ihre Version eines Gottesstaates<br />
errichtet haben, im Irak, wo sie derzeit die<br />
Regierung dominieren, in Aserbaidschan, das allerdings<br />
seit der Sowjetzeit weitgehend säkularisiert<br />
ist, sowie in Bahrain – dort werden sie aber unterdrückt.<br />
Im multireligiösen Libanon ist die schiitische<br />
Hisbollah an der Allparteienregierung beteiligt<br />
und unterhält militärische Formationen, die<br />
auch in Syrien kämpfen.<br />
Sunniten<br />
Schiiten<br />
Ibaditen (Sekte im Oman)<br />
Aleviten/Alawiten<br />
jahrzehntelangen Bürgerkrieg, bis schließlich die<br />
Dynastie der Umayyaden sicher im Sattel saß. Für<br />
die Schiiten waren das machtgeile Usurpatoren, nur<br />
sie selbst verkörperten die religiöse Reinheit ohne<br />
persönliche Ambitionen.<br />
Quelle: Wikipedia Grafik: <strong>COMPACT</strong><br />
Die Sunniten beherrschen alle anderen islamischen<br />
Staaten, wobei in Nordafrika – mit Ausnahme<br />
des dank der NATO in die Barbarei gefallenen<br />
Libyen – und in Indonesien eine relativ moderate<br />
Ausprägung vorherrscht, während Saudi-Arabien<br />
das Bollwerk des mittelalterlichen Fundamentalismus<br />
ist. Auch in der früher laizistischen Türkei<br />
schlägt unter ihrem neuen Führer Recep Tayyip Erdogan<br />
das Pendel immer stärker Richtung Extremismus<br />
aus, wohingegen in Ägypten die Machtergreifung<br />
des Fundamentalismus 2012 erst durch einen<br />
Militärputsch im Folgejahr gestoppt werden konnte.<br />
Die Nachfahren Abu Bakrs<br />
Der Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten<br />
geht auf die Wirren nach dem Tod des Propheten<br />
zurück: Die Parteigänger seines Cousins und<br />
Schwiegersohns Ali, die Schia Ali, beriefen sich<br />
darauf, dass dieser von Mohammed selbst als<br />
Nachfolger bestimmt worden sei. Stattdessen<br />
setzte sich aber ein gewisser Abu Bakr putschartig<br />
als erster Kalif durch. Der Streit führte in einen<br />
Dieser theologische Streit prägt auch heute<br />
noch das Profil der Hauptmächte Iran und Saudi-Arabien:<br />
Während sich in Persien eine islamische<br />
Spielart des Kommunismus mit hohem Maß an<br />
tiefreligiösem Egalitarismus und Gemeineigentum<br />
nebst einer Gewaltenteilung zwischen Parlament<br />
und Räten etabliert hat, herrscht auf der arabischen<br />
Halbinsel eine Art sunnitischer Kapitalismus, in<br />
faschistischer Manier geführt vom Königshaus der<br />
Saud und seinen aktuell 700 Prinzen, mit märchenhaftem<br />
Reichtum auf der einen und tiefer Armut, ja<br />
Sklavenhaltertum (vor allem gegenüber den Gastarbeitern)<br />
auf der anderen Seite.<br />
Das Sunnitentum wird von salafistischen Denkschulen<br />
dominiert, die allesamt in die islamische<br />
Frühzeit (arabisch: Salaf) zurückkehren wollen.<br />
Wichtigster Vertreter dieser Steinzeitideologie ist<br />
Muhammad ibn Abdalwahhab (1703-1792), der sich<br />
mit Stammvater Mohammad ibn Saud verbündete,<br />
wodurch der Wahhabismus zur Staatsreligion des<br />
entstehenden Wüstenreiches wurde. Weiterhin<br />
bedeutsam ist die Ende der 1920er Jahre in Ägyp-<br />
Das Lächeln der Kumpane: US-Präsident<br />
Barack Obama und Saudi-Arabiens<br />
König Abdullah im Juli<br />
2014. Foto: US Embassy Riyadh<br />
(facebook), Public domain, Wikimedia<br />
Commons<br />
Die Islamisierung<br />
Europas wird<br />
derzeit nur von den<br />
Sunniten betrieben.<br />
25
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Islam und Dschihad<br />
Die Macht der<br />
Vergangenheit<br />
ten gegründete Moslembruderschaft, die – nach<br />
eigenen Angaben – <strong>10</strong>0 Millionen Mitglieder in 70<br />
Ländern hat (siehe Seite xy).<br />
Die Dissidenten<br />
26<br />
Im April 2012 besuchte ich mit<br />
einer deutschen Journalistendelegation<br />
den Iran. Unter anderem<br />
konnten wir am großen<br />
Freitagsgebet in Teheran teilnehmen.<br />
In <strong>COMPACT</strong> 6/2012<br />
berichtete ich über diesen Gottesdienst.<br />
«Der Prediger, Ajatollah Dschanatti,<br />
brach in Tränen aus, als<br />
er über das Schicksal der Prophetentochter<br />
Fatima sprach –<br />
und viele der <strong>10</strong>0.000 Gläubigen<br />
auf dem Riesenareal weinten<br />
mit ihm. Das für uns Westler<br />
schwer Verständliche ist, dass<br />
diese Erinnerung an Ereignisse<br />
vor fast 1.500 Jahren für die<br />
Schiiten keine religiöse Folklore<br />
ist, sondern aktuelle politische<br />
Handlungsanleitung: Sie assoziieren<br />
die Kalifen, die sich (unter<br />
anderem) durch die Tötung<br />
Fatimas den Weg zur Nachfolge<br />
Mohammeds freikämpften,<br />
mit dem Macht- und Geldprinzip,<br />
das heute in den westlichen<br />
Staaten ebenso dominiert wie<br />
etwa in Saudi-Arabien. Demgegenüber<br />
verträten nur sie, die<br />
Partei (Schia) des von Mohammed<br />
designierten Nachfolgers<br />
Ali, die Reinheit des Glaubens<br />
ohne persönliche Bereicherung.<br />
Aus dieser Lesart der islamischen<br />
Geschichte ergibt sich ein<br />
starker sozialrevolutionärer Impuls,<br />
der den Iran auf den ersten<br />
Blick aussehen lässt wie früher<br />
die sozialistischen Staaten:<br />
Überall hängen in Teheran<br />
die riesigen Porträts der Revolutionsführer<br />
Chomeini und Chamenei,<br />
so wie früher in Moskau<br />
die Konterfeis von Marx und Lenin.<br />
Auch die Slogans auf den<br />
Spruchbändern («Für die Unterdrückten<br />
auf der Welt!») sind<br />
ähnlich.» (je)<br />
Unsere deutsche Journalistendelegation<br />
wurde im April 2012 auch<br />
vom damaligen Präsidenten Mahmud<br />
Ahmadinedschad empfangen.<br />
Foto: privat<br />
Die innere Repression, messbar zum Beispiel an<br />
der Zahl der Todesurteile, ist in Saudi-Arabien und<br />
dem Iran vergleichbar stark. Aber es gibt einen für<br />
Europa wichtigen Unterschied: Die Schiiten haben<br />
seit über 20 Jahren – seit dem Anschlag auf das<br />
Berliner Restaurant Mykonos – keine Selbstmordattentate<br />
mehr praktiziert, ihre von Teheran gesteuerten<br />
Milizen unterstützen in Syrien die weltliche<br />
Assad-Regierung und stellen sich auch schützend an<br />
die Seite bedrohter Christen und Kurden. Die Saudis<br />
dagegen finanzieren rund um den Globus sunnitische<br />
Terrorgruppen. Die Islamisierung Europas,<br />
vorangetrieben durch Steuerung der Migrationsströme,<br />
Moscheebau und bewaffnete Anschläge,<br />
ist derzeit nur ein Projekt der Sunniten – insbesondere<br />
die unheilige Trias Türkei, Saudi-Arabien und<br />
Islamischer Staat (IS).<br />
Alawiten wie Assad sind Schiiten,<br />
die Alkohol trinken.<br />
Syriens Präsident Baschar al-Assad ist der letzte<br />
Vertreter des arabischen Nationalismus in der Tradition<br />
von Gammad Abdel Nasser, Saddam Hussein<br />
und Muammar al–Gaddafi – einer proto-sozialistischen<br />
Ideologie, die sich seit den 1950er Jahren im<br />
Kampf gegen den Panislamismus der Moslembrüder<br />
herausgebildet hat. In Syrien werden die Rechte<br />
aller Glaubensrichtungen, einschließlich der Christen<br />
und Juden, verteidigt. Hauptstütze von Assads<br />
Macht sind die Alawiten, die ebenso wie die Aleviten<br />
in der Türkei eine Art Schiitentum light praktizieren.<br />
Flapsig könnte man sagen: Alawiten/Aleviten<br />
sind Schiiten, die Alkohol trinken. In der ersten<br />
Felsendom in Jerusalem. Foto: CC0 Public Domain, pixabay<br />
IS-Schergen zerstören einzigartiges Kulturgut aus assyrischer<br />
Zeit. Foto: picture alliance / dpa<br />
Generation der osmanischen Gastarbeiter bei uns<br />
findet man viele dieser relativ angenehmen Zeitgenossen;<br />
politisch handelt es sich um meist links stehende<br />
Kemalisten, also Anhänger von Kemal Atatürk,<br />
dem Gründer der modernen Türkei.<br />
Eine völlig andere Richtung des Islams verkörpern<br />
die Sufis. Sie suchen die Annäherung an Allah<br />
nicht über die strenge Befolgung der durch koranische<br />
Strafen und Drohungen verpanzerten Gebote,<br />
sondern über mystische Rauschzustände und esoterische<br />
Verzückung. Ihre im Westen bekanntesten<br />
Vertreter sind die Derwische (persisch für Bettelmönche),<br />
die sich über stundenlange Tänze in eine<br />
Art Trancezustand versetzen und dadurch Gott finden<br />
wollen. Unter den Sufis gibt es nur eine Minderheit,<br />
die strenge Anhänger der Scharia sind. Viele<br />
von ihnen glauben, dass in allen Religionen grundlegende<br />
Wahrheiten zu finden seien. Einige gehen<br />
deswegen sogar so weit, den Sufismus nicht innerhalb<br />
des Islams, sondern über allen Religionen stehend<br />
zu verorten. Kein Wunder, dass diese Sonderlinge<br />
von den dogmatischen Hauptströmungen der<br />
Mohammedaner erbittert bekämpft werden: In Saudi-Arabien<br />
sind sie des Götzendienstes («Schirk»)<br />
angeklagt und komplett verboten. Im Iran wurden<br />
2006 1.200 Wohnungen und Gebetshäuser von<br />
Derwischen in der Stadt Qom von regierungsnahen<br />
Milizen angezündet. Die Ableger von al-Qaida<br />
und IS machten durch spektakuläre Zerstörungen<br />
von Sufi-Heiligtümern vor allem in Afrika von sich<br />
reden. In der Türkei sind die Derwische zur Touristenattraktion<br />
verkommen.<br />
Für undogmatische Islam-Strömungen wie Alawiten/Aleviten<br />
und Sufis gilt, dass ihre Position<br />
innerhalb der islamischen Welt allein schon deswegen<br />
immer schwächer wird, weil sie sich nur partiell<br />
auf den Koran stützen können. Das macht es für die<br />
tonangebenden Dogmatiker leicht, sie als Ketzer<br />
und Ungläubige zu verteufeln. Die Zahl der Sufis in<br />
Deutschland schätzt Wikipedia auf gerade <strong>10</strong>.000<br />
– bei insgesamt 4,5 Millionen Muslimen im Land.
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Islam und Dschihad<br />
«Hat nichts mit dem Islam zu tun»<br />
_ von Tino Perlick<br />
Mit diesem Satzbaustein melden sich nach jedem Terroranschlag die professionellen<br />
Gesundbeter zu Wort. Fanatische Muslime seien fehlgeleitet, die Mehrheit lehne<br />
Gewalt ab. Diese selbstberuhigenden Erklärungen sind unzureichend, wie sowohl<br />
ein Blick in den Koran als auch Dutzende Umfragen zeigen.<br />
Die Amazon-Bestellhistorie von zwei Dschihadisten<br />
aus dem britischen Birmingham wirft Fragen<br />
auf: Diese hatten, kurz bevor sie sich dem Islamischen<br />
Staat in Syrien anschlossen, die Bücher<br />
«Islam für Dummies» und «Koran für Dummies»<br />
erworben. Eine geläufige These von Sozialwissenschaftlern<br />
scheint dadurch bestätigt. Die besagt,<br />
dass wir nicht die Radikalisierung des Islams, sondern<br />
lediglich die Islamisierung des Radikalismus<br />
erleben. Der Dschihad im 21. Jahrhundert komme<br />
einer Popkultur gleich. «Burka ist der neue Punk»,<br />
titelte die Süddeutsche Zeitung am 31. Januar 2015,<br />
wenige Wochen nach dem Massaker auf die Charlie-Hebdo-Redaktion<br />
unter Berufung auf den Bochumer<br />
Soziologen Aladdin el-Mafaalani.<br />
«Gerade in unserer säkularisierten und materialistischen<br />
Gesellschaft suchen junge Menschen<br />
nach Sinn und Orientierung», bestätigt die zum<br />
Christentum konvertierte Islamkritikerin Sabatina<br />
James diese These. Denn: «Materialismus befriedigt<br />
die Seele nicht.» Doch im Gegensatz zu westlichen<br />
Gesundbetern, die jeden Zusammenhang<br />
zwischen Islam, Terror und Integrationsunwillen<br />
kategorisch leugnen, kennt James auch das<br />
faschistisch-verführerische Potential des Islams<br />
sehr genau. Eine Radikalisierung hat dieser gar<br />
nicht nötig. Legitimationsgründe für Gewalt finden<br />
sich im Koran viele (siehe Seite 24).<br />
Die Zustände in Europas Parallelgesellschaften<br />
sind das Resultat eines Giftcocktails aus islamischen<br />
Glaubensfundamenten und westlicher Werteerosion.<br />
Vor dem hierdurch aufziehenden Sturm<br />
warnen aufgeklärte (Ex-)Muslime seit Jahren. Der<br />
libanesischstämmige Filmemacher Imad Karim<br />
beobachtet die muslimischen Gemeinschaften in<br />
Deutschland seit fast vier Jahrzehnten. «Dort spielen<br />
sich Szenen ab, die für einen autochthonen<br />
Deutschen unvorstellbar sind», schreibt er heute.<br />
«Auch dort wird bald die ”Entweder-für-oder-gegen-Formel”<br />
herrschen: Für absolut islamische radikalisierte<br />
Ziele oder gegen den Islam und seine mittelalterliche<br />
Ideologie.»<br />
Auf die Feststellung, dass der Islam mitnichten<br />
eine barmherzige Religion ist, muss daher die<br />
Frage folgen, wie viele seiner Anhänger dem im<br />
Die Kopf-ab-Miliz Islamischer<br />
Staat (IS) - hier im Oktober 2013 in<br />
Aleppo - terrorisiert weiterhin große<br />
Gebiete in Syrien und im Irak. Auch<br />
unter Muslimen in Europa findet der<br />
IS Anklang. Foto: picture alliance /<br />
ZUMAPRESS.com<br />
«Rund ein Viertel<br />
der in Deutschland<br />
lebenden Muslime<br />
ist zu Gewalttaten<br />
(…) bereit.» <br />
Bundesinnenministerium,<br />
20<strong>10</strong><br />
27
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Islam und Dschihad<br />
28<br />
Toleranzbekloppt<br />
in Hamburg<br />
Ende Mai fand in der evangelischen<br />
St. Pauli Kirche eine Totenmesse<br />
für einen deutschen<br />
Jugendlichen statt, der sich<br />
2015 dem Islamischen Staat<br />
in Syrien angeschlossen hatte.<br />
Ein islamischer Imam durfte<br />
dabei nicht fehlen. Schließlich<br />
war «Bilal», wie sich der gebürtige<br />
Kameruner nach seiner<br />
Konversion zum Islam nannte,<br />
kein Christ mehr. Weil er kurz<br />
vor seiner Ermordung eine kritische<br />
Audiobotschaft nach<br />
Deutschland schickte, feierten<br />
die Leitmedien den 17-Jährigen<br />
posthum als Helden. Dabei<br />
schimpft der minderjährige Gotteskrieger<br />
in der fast sechsminütigen<br />
Aufnahme hauptsächlich<br />
über die Hitze und das fehlende<br />
Kampftraining: «Der Amir,<br />
Bruder, (…) sagt einfach zu denen:<br />
”Ja, kämpft einfach. Geht<br />
einfach nach vorne, stürmt einfach<br />
nach vorne.” Die fragen:<br />
”Ja – haben wir keinen Plan,<br />
haben wir keine Taktik?” und so.<br />
Er sagt: ”Nein. Kämpft einfach”<br />
und so. Er schickt die einfach<br />
zum Tod. (…) Wir sind hierher<br />
gekommen, um Allahs Gesetze<br />
zu verbreiten, nicht einfach, um<br />
zu sterben.»<br />
Florent aka «Bilal».<br />
Foto: Landesamt für Verfassungsschutz<br />
_ Tino Perlick ist Korrespondent<br />
bei <strong>COMPACT</strong>. In Ausgabe 6/2016<br />
schrieb er über die drohende<br />
Durchsetzung von TTIP ohne<br />
Zustimmung der nationalen<br />
Parlamente.<br />
Koran verankerten Herrschaftsanspruch sowie dessen<br />
archaischen Grundsätzen eines «gottesfürchtigen»<br />
Lebens Folge leisten wollen. Anders ausgedrückt:<br />
Wie viele potentielle Islam-Soldaten stehen<br />
in Europa auf Abruf bereit?<br />
Die harten Fakten<br />
Allein die Tatsache, dass 60 Prozent der in<br />
Deutschland lebenden Türken bei der letzten Wahl<br />
ihre Stimme dem Islamisten Recep Tayyip Erdogan<br />
gegeben haben, beunruhigt. Das türkische Staatsoberhaupt<br />
verkündete einst: «Die Demokratie ist nur<br />
der Zug, auf den wir aufsteigen, bis wir am Ziel sind.<br />
Die Moscheen sind unsere Kasernen, die Minarette<br />
unsere Bajonette, die Kuppeln unsere Helme und<br />
die Gläubigen unsere Soldaten.»<br />
«Rund ein Viertel der in Deutschland lebenden<br />
Muslime ist zu Gewalttaten gegen Andersgläubige<br />
bereit. Das ist das Ergebnis einer Studie, die Innenminister<br />
Schäuble in Auftrag gegeben hat», meldete<br />
die Süddeutsche Zeitung schon im Mai 20<strong>10</strong>. 2012<br />
veröffentlichte das Bundesinnenministerium (BIM)<br />
die Untersuchung «Lebenswelten junger Muslime in<br />
Deutschland». Demnach sind 15 Prozent der deutschen<br />
und 24 Prozent der nichtdeutschen Muslime<br />
«streng Religiöse mit starken Abneigungen gegenüber<br />
dem Westen, tendenzieller Gewaltakzeptanz<br />
und ohne Integrationstendenz». 48 Prozent der nichtdeutschen<br />
Muslime lehnten Integration stark ab. Als<br />
eines der wesentlichen Ergebnisse wird dennoch<br />
hervorgehoben, dass die Mehrzahl der Befragten<br />
Anlass zur Hoffnung gebe. Als Beleg dafür gilt, dass<br />
78 Prozent der deutschen Muslime «mehr oder weniger»<br />
bereit seien, sich zu integrieren… Mehr als<br />
dieses Wischiwaschi benötigen die Wissenschaftler<br />
des BIM anscheinend nicht für ihre Entwarnung.<br />
Die Studie «Fundamentalismus und Fremdenfeindlichkeit:<br />
Muslime und Christen im europäischen<br />
Vergleich» des Wissenschaftszentrums Berlin<br />
ist weniger zimperlich. «Religiöser Fundamentalismus<br />
unter Muslimen ist in Westeuropa kein<br />
Randphänomen», ergab die Auswertung einer<br />
repräsentativen Befragung von Einwanderern und<br />
Einheimischen in sechs europäischen Ländern im<br />
Jahr 2008. «Fast die Hälfte der in Europa lebenden<br />
Muslime findet, dass es nur eine gültige Auslegung<br />
des Koran gibt, dass Muslime zu den Wurzeln<br />
des Islams zurückkehren sollten und dass religiöse<br />
Gesetze wichtiger seien als weltliche», fassen die<br />
Forscher die Erkenntnisse zusammen.<br />
Was britische Muslime wirklich denken (»What<br />
British Muslims really think»), wollte eine von Channel<br />
4 in Auftrag gegebene Umfrage dieses Jahr wissen.<br />
Die Ergebnisse der 615 Seiten umfassenden<br />
Expertise, die anhand von Interviews zu Hause bei<br />
den Befragten erhoben wurde, ernüchtern: Mehr als<br />
<strong>10</strong>0.000 in Großbritannien lebende Muslime sympathisieren<br />
demnach mit Menschen, die Terroranschläge<br />
ausführen. Nur einer von drei britischen<br />
Muslimen (34 Prozent) würde die Polizei kontaktieren,<br />
falls eine nahestehende Person mit Dschihadisten<br />
verbandelt wäre. 23 Prozent befürworten<br />
zudem, dass in Gebieten mit hohem muslimischen<br />
Bevölkerungsanteil das Gesetz der Scharia gelten<br />
solle. Gegen das Recht, den Propheten Mohammed<br />
zu beleidigen, sprachen sich ganze 87 Prozent aus.<br />
18 Prozent sehen in solch einem Fall Gewalt als<br />
Gegenmaßnahme als gerechtfertigt an. Jeder Dritte<br />
bringt ein gewisses Verständnis für die Steinigung<br />
von ehebrechenden Frauen auf.<br />
Ein Sympathisantensumpf<br />
Außerhalb Europas sieht es nicht besser aus.<br />
Dem renommierten Pew-Meinungsforschungsinstitut<br />
zufolge halten relevante Minderheiten in<br />
muslimischen Ländern Selbstmordattentate und<br />
vergleichbare Anschläge im Namen des Islams für<br />
mindestens «manchmal gerechtfertigt». Im Libanon<br />
denkt so jeder dritte, in Ägypten jeder vierte Moslem.<br />
Besonders erschreckend: Im EU-Beitrittskandidatenland<br />
Türkei befürwortete im Jahr der Erhebung<br />
(2013) einer von zehn Befragten islamische<br />
Gewalt gegen Zivilisten – der höchste Stand seit<br />
zehn Jahren.<br />
60 Prozent der in Deutschland<br />
lebenden Türken hat beim letzten<br />
Mal Erdogan gewählt.<br />
Der arabische Fernsehsender al-Dschasira<br />
wollte im Mai 2015 von seinen Zuschauern in aller<br />
Welt wissen, wie sie zum IS stünden. Man lese<br />
und staune: 81 Prozent der Befragten äußerten sich<br />
positiv. Laut einer vom Arab Center for Research<br />
and Policy Studies im November 2014 veröffentlichten<br />
Erhebung sind 13 Prozent der befragten syrischen<br />
Flüchtlinge mehr oder weniger starke Sympathisanten<br />
der Terrorgruppe.<br />
Zahlen beiseite: Den erschreckendsten Beleg<br />
für die Gefahr liefern gegenwärtige Ereignisse.<br />
In Mossul konnten 20.000 IS-Kämpfer ungehindert<br />
die Christen und Jesiden töten und versklaven,<br />
während drei Millionen Sunniten zu- oder wegsahen.<br />
Multikulturalisten und Islamverstehern sei<br />
daher gesagt: Dass die offen radikal auftretenden<br />
Muslime eine Minderheit sind, macht aus der stillen<br />
Mehrheit noch lange keine freiheitsliebenden<br />
Demokraten.
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Islam und Dschihad<br />
Islamkritiker<br />
_ O-Ton<br />
Atatürk verdammt<br />
den Koran<br />
Die wichtigsten Klassiker auf einen Blick: Von Voltaire über Marx bis Churchill reicht<br />
die Phalanx derjenigen, die Mohammed und seine Anhänger als Gefahr empfanden.<br />
Ob ihre politischen Nachfahren in heutiger Zeit – zum Beispiel die geschichtsvergessenen<br />
Jünger des kommunistischen Stammvaters – sich dessen bewusst sind?<br />
«Der Koran lehrt Angst, Hass,<br />
Verachtung für Andere, Mord<br />
als legitimes Mittel zur Verbreitung<br />
und zum Erhalt dieser<br />
Satanslehre, er redet die<br />
Frauen schlecht, stuft Menschen<br />
in Klassen ein, fordert Blut und immer wieder<br />
Blut. Doch dass ein Kamelhändler in seinem<br />
Nest Aufruhr entfacht, dass er seine Mitbürger<br />
glauben machen will, dass er sich mit dem Erzengel<br />
Gabriel unterhielte; dass er sich damit brüstet,<br />
in den Himmel entrückt worden zu sein und<br />
dort einen Teil jenes unverdaulichen Buches empfangen<br />
zu haben, das bei jeder Seite den gesunden<br />
Menschenverstand erbeben lässt, dass er, um<br />
diesem Werke Respekt zu verschaffen, sein Vaterland<br />
mit Feuer und Eisen überzieht, dass er Väter<br />
erwürgt, Töchter fortschleift, dass er den Geschlagenen<br />
die freie Wahl zwischen Tod und seinem<br />
Glauben lässt: Das ist nun mit Sicherheit etwas,<br />
das kein Mensch entschuldigen kann, es sei denn,<br />
er ist als Türke auf die Welt gekommen, es sei<br />
denn, der Aberglaube hat ihm jedes natürliche<br />
Licht des Verstandes erstickt.» (Voltaire in einem<br />
Brief an Friedrich II., 1740)<br />
«Mohammed war nicht fromm,<br />
sondern nur ein Betrüger, der<br />
sich der Religion bediente,<br />
um sein Reich und seine Herrschaft<br />
zu begründen.» (Friedrich<br />
II., Geschichte meiner Zeit)<br />
«Dieses schlechte Buch [der<br />
Koran] war hinreichend, eine<br />
Weltreligion zu begründen,<br />
das metaphysische Bedürfnis<br />
zahlloser Millionen Menschen<br />
seit 1200 Jahren zu<br />
befriedigen, die Grundlage ihrer Moral und einer<br />
bedeutenden Verachtung des Todes zu werden, wie<br />
auch, sie zu blutigen Kriegen und den ausgedehntesten<br />
Eroberungen zu begeistern. Wir finden in ihm<br />
die traurigste und ärmlichste Gestalt des Theismus.<br />
Viel mag durch die Übersetzungen verloren gehen;<br />
aber ich habe keinen einzigen wertvollen Gedanken<br />
darin entdecken können.» (Arthur Schopenhauer,<br />
Deutsche Philosophie, Zweiter Band)<br />
«Im Namen der Menschheit<br />
fordere ich, dass der schwarze<br />
Stein zermahlen, sein Staub<br />
in den Wind gestreut, dass<br />
Mekka verwüstet und das<br />
Grab von Mohammed entehrt<br />
wird. Das ist der Weg, um gegen den Fanatismus<br />
anzugehen.» (Gustave Flaubert in einem Brief an<br />
Madame Roger des Genettes, 1878)<br />
«Die Hauptstütze der türkischen<br />
Bevölkerung in Europa<br />
ist – abgesehen von der stets<br />
bereiten Reserve in Asien –<br />
der Mob Konstantinopels<br />
und einiger anderer großer<br />
Städte. Er ist vorwiegend türkischer Abkunft, und<br />
obgleich er seinen Unterhalt hauptsächlich durch<br />
die Beschäftigung bei christlichen Kapitalisten<br />
verdient, hält er doch eifersüchtig an der eingebildeten<br />
Überlegenheit und an der tatsächlichen<br />
Straflosigkeit für alle Exzesse fest, die ihm der privilegierte<br />
Islam gegenüber den Christen verleiht.<br />
(…) Und sicherlich wird sich früher oder später die<br />
absolute Notwendigkeit herausstellen, einen der<br />
schönsten Teile des europäischen Kontinents von<br />
der Herrschaft eines Mobs zu befreien, mit dem<br />
verglichen der Mob des römischen Kaiserreichs<br />
eine Versammlung von Weisen und Helden war.»<br />
(Karl Marx/Friedrich Engels, Werke, Band 9).<br />
«Weit entfernt von seinem<br />
Untergang ist der Mohammedanismus<br />
ein militanter,<br />
bekehrungseifriger Glaube.<br />
Wäre das Christentum nicht<br />
in den starken Armen der<br />
Wissenschaft geborgen, könnte die Zivilisation des<br />
modernen Europa untergehen.» (Winston Churchill,<br />
Kreuzzug gegen das Reich des Mahdi)<br />
«Der Glaubenskrieg kam<br />
durch den Islam völlig in die<br />
Welt. (…) Der Islam wurde<br />
das Original für alles expansive<br />
”Gott will es“, von den<br />
Kreuzzügen bis Cromwell.»<br />
(Ernst Bloch, Prinzip Hoffnung)<br />
Kemal Atatürk war nach dem<br />
Ersten Weltkrieg der Gründer<br />
der modernen Türkei. Er schuf<br />
einen laizistischen Staat mit<br />
strikter Trennung von Politik und<br />
Religion. Zur Begründung sagte<br />
er 1922:<br />
«Seit über fünf Jahrhunderten<br />
haben die Regeln und Theorien<br />
eines alten Araberscheichs und<br />
die unsinnigen Auslegungen von<br />
Generationen schmutziger und<br />
unwissender Pfaffen in der Türkei<br />
sämtliche Einzelheiten des<br />
Zivil- und Strafrechts festgelegt.<br />
Sie haben die Form der Verfassung,<br />
die geringsten Handlungen<br />
und Gesten im Leben eines<br />
jeden Bürgers festgesetzt, seine<br />
Nahrung, die Stunden für Wachen<br />
und Schlafen, den Schnitt<br />
seiner Kleidung, was er in der<br />
Schule lernt, seine Sitten und<br />
Gewohnheiten und selbst die intimsten<br />
Gedanken. Der Islam ist<br />
die absurde Gotteslehre eines<br />
unmoralischen Beduinen, ist ein<br />
verwesender Kadaver, der unser<br />
Leben vergiftet.» (zitiert nach<br />
Bernd Rill, Kemal Atatürk, rororo-Monographien,<br />
1999)<br />
Mustafa Kemal Atatürk,1923. Foto:<br />
Public domain, Wikimedia Commons<br />
«Mohammed war<br />
nicht fromm, sondern<br />
nur ein Betrüger.»<br />
Friedrich II.<br />
Fotos: Bild 1–6 Gemeinfrei;<br />
Bild 7 Bundesarchiv, Bild<br />
183-35545-0009/C-BY-SA 3.0; alle<br />
via Wikimedia Commons<br />
29
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Islam und Dschihad<br />
Islamversteher<br />
_ O-Ton<br />
30<br />
Man reibt sich die Augen: Von Goethe bis Hitler reicht das Spektrum<br />
der Bewunderer der von Mohammed geschaffenen Religion und<br />
ihrer Kultur. Eine kleine Zitatenlese aus den letzten Jahrhunderten.<br />
Obama preist den<br />
Islam<br />
«Als Student der Geschichte<br />
weiß ich, was die Zivilisation<br />
dem Koran schuldet. (…) Amerika<br />
und Islam schließen sich<br />
nicht gegenseitig aus und müssen<br />
nicht miteinander konkurrieren.<br />
Vielmehr überlappen sie<br />
sich und teilen die gemeinsamen<br />
Prinzipien von Gerechtigkeit<br />
und Fortschritt, Toleranz und<br />
der Würde aller menschlichen<br />
Wesen.» (Rede an der Universität<br />
Kairo, 4.6.2009)<br />
«Der Islam war immer ein Teil<br />
Amerikas. (…) Der Ramadan ist<br />
die Feier eines Glaubens, der<br />
für seine großartige Vielfalt und<br />
rassische Gleichheit bekannt<br />
ist.» (Erklärung zum Ramadan,<br />
12.8.2009)<br />
Saudi-Arabien ist Washingtons<br />
Hauptverbündeter am Golf. 2014<br />
avancierte das wahhabitische<br />
Königreich sogar zum Hauptwaffenkunden<br />
der USA. Foto: dpa<br />
«Der Islam hat<br />
Männer zur Voraussetzung.»<br />
<br />
<br />
Nietzsche<br />
Fotos: Bild 1–5 Gemeinfrei; Bild 6<br />
Bundesarchiv, Bild 183-H1216-0500-<br />
002/CC-BY-SA 3.0; Bild 7 Bundesarchiv,<br />
Bild 183-S72707/CC-BY-SA<br />
3.0; Bild 8 Udoweier, CC BY-SA 3.0;<br />
alle via Wikimedia Commons<br />
«Seit dem Verfalle des römischen<br />
Reiches verdient wohl<br />
die Geschichte keines einzigen<br />
Volkes mit mehr Recht<br />
bekannt zu sein als die<br />
Geschichte der arabischen<br />
Muselmänner; sowohl in Betrachtung der großen<br />
Leute welche unter ihnen aufgestanden sind, (…)<br />
als in Ansehung der Künste und Wissenschaften,<br />
welche ganze Jahrhunderte hindurch den schönsten<br />
Fortgang unter einem Volke genossen, welches<br />
uns unsre Vorurteile gemeiniglich als ein barbarisches<br />
Volk betrachten lassen.» (Gotthold Ephraim<br />
Lessing, Ankündigung der Übersetzung von Marignys<br />
Geschichte der Araber zur Zeit des Kalifen)<br />
«Er [Mohammed] ist ein Prophet<br />
und kein Dichter. Deswegen<br />
muss man seinen<br />
Koran als göttliches Gesetz<br />
und nicht als ein menschliches<br />
Buch betrachten, das<br />
der Bildung oder der Unterhaltung dient.» (Johann<br />
Wolfgang von Goethe, Noten und Abhandlungen zum<br />
west-östlichen Divan)<br />
«Während das Abendland<br />
anfängt, sich in Zufälligkeit,<br />
Verwicklung und Partikularität<br />
einzuhausen, so musste<br />
die entgegensetzte Richtung<br />
in der Welt zur Integration<br />
des Ganzen auftreten, und das geschah in der Revolution<br />
des Orients, welche alle Partikularität und<br />
Abhängigkeit zerschlug und das Gemüt vollkommen<br />
aufklärte und reinigte, indem sie nur den abstrakten<br />
Einen zum absoluten Gegenstand und ebenso<br />
das reine subjektive Bewusstsein, das Wissen nur<br />
dieses Einen zum einzigen Zweck der Wirklichkeit<br />
– das Verhältnislose zum Verhältnis der Existenz –<br />
machte.» (Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Vorlesungen<br />
über die Philosophie der Geschichte)<br />
«Das Christentum hat uns<br />
um die Ernte der antiken Kultur<br />
gebracht, es hat uns später<br />
wieder um die Ernte der<br />
Islam-Kultur gebracht. Die<br />
wunderbare maurische Kulturwelt<br />
Spaniens, uns im Grunde verwandter, zu<br />
Sinn und Geschmack redender als Rom und Griechenland,<br />
wurde niedergetreten – ich sage nicht<br />
von was für Füßen – warum? Weil sie vornehmen,<br />
weil sie Männer-Instinkten ihre Entstehung verdankte,<br />
weil sie zum Leben Ja sagte auch noch mit<br />
den seltnen und raffinierten Kostbarkeiten des maurischen<br />
Lebens!» (Friedrich Nietzsche, Der Antichrist)<br />
«Wenn der Islam das Christentum<br />
verachtet, so hat er<br />
tausend Mal Recht dazu: Der<br />
Islam hat Männer zur Voraussetzung<br />
(…).» (Friedrich Nietzsche,<br />
Der Antichrist)<br />
«Hätte bei Poitiers nicht Karl<br />
Martell gesiegt: Haben wir<br />
schon die jüdische Welt auf<br />
uns genommen – das Christentum<br />
ist so etwas Fades –,<br />
so hätten wir viel eher noch<br />
den Mohammedanismus übernommen, diese Lehre<br />
der Belohnung des Heldentums: Der Kämpfer allein<br />
hat den siebenten Himmel! Die Germanen hätten<br />
die Welt damit erobert, nur durch das Christentum<br />
sind wir davon abgehalten worden.» (Adolf Hitler,<br />
Monologe im Führerhauptquartier)<br />
«Die nationalsozialistische<br />
Bewegung Großdeutschlands<br />
hat seit ihrer Entstehung den<br />
Kampf gegen das Weltjudentum<br />
auf ihre Fahne geschrieben.<br />
(...) Die Erkenntnis dieses<br />
Feindes und der gemeinsame Kampf gegen ihn<br />
bilden die feste Grundlage des natürlichen Bündnisses<br />
zwischen dem nationalsozialistischen Großdeutschland<br />
und den freiheitsliebenden Mohammedanern<br />
der ganzen Welt.» (Heinrich Himmler, Brief an<br />
den Großmufti von Jerusalem, 1943)<br />
«Dazu kommt, dass mir ein<br />
gläubiger Muslim viel näher<br />
ist als ein Christ mit wegtheologisierter<br />
Religion. (…)<br />
Nichts ist so berührend, wie<br />
einem muslimischen Großvater<br />
dabei zuzusehen, wie er seinem Enkel das Beten<br />
beibringt. (…) Und der Anblick von Muslimen, die<br />
vor Gott auf die Knie gehen, ist mir da ein unendlicher<br />
Trost.» (Der Philosoph und Schriftsteller Martin<br />
Mosebach im Gespräch mit Navid Kermani, SZ-Magazin,<br />
Heft 35/2015)
Die islamische Expansion<br />
Unter der blutigen Fahne des Propheten eroberten die Mohammedaner<br />
ab dem 7. Jahrhundert den Orient, Nordafrika und Spanien,<br />
schließlich drangen sie über den Balkan bis an die Tore Wiens vor.<br />
In unserer Zeit versuchten skrupellose Politiker von Hitler bis Obama<br />
den Islam für ihre eigenen Interessen einzuspannen.<br />
31
Auf dem blutigen Pfad des Propheten<br />
_ von Jan von Flocken<br />
32<br />
Mit Feuer und Schwert breitete sich der Islam ab dem 7. Jahrhundert<br />
in alle Himmelsrichtungen aus und griff auf Europa über. Ihr<br />
religiöser Eifer machte die Gotteskrieger besonders gefährlich – im<br />
Dschihad zu sterben führt nach dem Koran auf direktem Weg ins<br />
Paradies.<br />
Der Maler Leander Russ (1809–<br />
1864) war vor allem für seine Bilder<br />
vom Volksleben Wiens bekannt.<br />
Doch auch den Sturm der Türken<br />
auf die Löwelbastei während der<br />
zweiten Belagerung der österreichischen<br />
Hauptstadt brachte er 1837<br />
auf Leinwand. Foto: Public domain,<br />
Wikimedia Commons<br />
«Die Ungläubigen<br />
sollten sich unterlegen<br />
fühlen und<br />
ihren niedrigen<br />
Platz in der Gesellschaft<br />
kennen.» <br />
US-Historiker Hodgson<br />
Als der Prophet Mohammed am 8. Juni 632 in<br />
der Stadt Medina starb, galt die arabische Halbinsel<br />
als Gebiet zerstrittener, unbedeutender Nomadenstämme.<br />
Die Grenzen zu den Nachbarstaaten<br />
– das Oströmische oder Byzantinische Kaiserreich<br />
und das persische Reich der Sassaniden – waren<br />
kaum gesichert, außerdem hatten sich diese beiden<br />
Staaten in jahrzehntelangen Kriegen gegenseitig<br />
erschöpft. Namentlich das Perserreich stand<br />
kurz vor dem Zusammenbruch. Die Expansion der<br />
arabischen Stämme traf ihre Nachbarn völlig überraschend.<br />
Niemand hatte den religiösen Eifer der<br />
Moslems als bedeutenden Faktor der militärischen<br />
Schlagkraft erkannt. Die Nachfolger des Propheten<br />
trieben ihren «Kampf auf dem Pfade Allahs»<br />
mit ungeheurer Aggressivität und Brutalität voran,<br />
denn ihr neuer Gott versprach jedem den sofortigen<br />
Eintritt ins Paradies, wenn er für seinen Glauben<br />
auf dem Schlachtfeld starb. Der Heilige Krieg<br />
(Dschihad) diente schon unter Mohammed «als<br />
Mittel, die untereinander zerstrittenen Nomadenstämme<br />
der Halbinsel (…) auf das gemeinsame Ziel<br />
auszurichten – ein höchstmögliches Maß an Beutegewinnen<br />
zu erzielen», heißt es in Lothar Rathmanns<br />
Geschichte der Araber.<br />
Den muslimischen Glaubenskriegern boten sich<br />
überdies größere Aufstiegschancen, wenn sie sich<br />
im Kampf bewährten; ihr gesellschaftlicher Rang<br />
spielte hier erstmals nur eine Nebenrolle. Ihnen traten<br />
meist schwerfällige Söldner gegenüber, die eher<br />
gleichgültig für ihre Auftraggeber agierten. So zerbrach<br />
während der Regierungszeit der ersten vier<br />
Kalifen (632 bis 661) das fragile Gefüge der spätantiken<br />
Mittelmeerwelt. 636 eroberten muslimische<br />
Truppen Syrien und Mesopotamien, Palästina folgte<br />
638, Ägypten dann 641 und Libyen wurde 642 eingenommen.<br />
Das persische Großreich wurde im Jahre<br />
644 zerschlagen, die Insel Zypern 649 besetzt und<br />
653 schließlich auch Armenien. Nur der Angriff auf<br />
das Oströmische Reich scheiterte. Vor der Hauptstadt<br />
Konstantinopel erlitten mehrere Flotten der<br />
Araber blutige Niederlagen.<br />
Islamische Apartheid<br />
In den eroberten Ländern hielt sich der Bekehrungseifer<br />
der Moslems in Grenzen. Nur in den<br />
Städten, wo Allahs Anhänger direkt mit Andersgläubigen<br />
Kontakt halten mussten, kam es zu<br />
Zwangsbekehrungen. Was wie religiöse Toleranz<br />
anmutet, war tatsächlich nur ökonomisches Kalkül.<br />
Denn alle Nichtmoslems (vorrangig Christen und<br />
Juden) mussten die Hauptlast des Steueraufkommens<br />
tragen. Wobei Höhe und Umfang der «Anwa»<br />
genannten Kopfsteuer völlig willkürlich festgelegt<br />
wurden und allein im Ermessen der jeweiligen mos-
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Die islamische Expansion<br />
lemischen Obrigkeit lagen. Diese als «Dhimmis»<br />
(Schutzbefohlene) verachteten Menschen durften<br />
weder neue Kirchen oder Synagogen errichten<br />
noch ihre heiligen Schriften laut beten oder lesen;<br />
ihnen war das Tragen von Waffen und das Reiten<br />
von Pferden verboten, ihr Zeugnis galt vor Gericht<br />
weniger als das eines Moslems. Der Mord an einem<br />
Dhimmi war ein minderschweres Verbrechen. Im<br />
Jahre 850 erließ der Bagdader Kalif al-Mutawakkil<br />
einen Befehl, wonach sämtliche Dhimmis gelbe<br />
Umhänge und gelbe Kopfbedeckungen zu tragen<br />
hätten. Der arabische Geschichtsschreiber Dscharir<br />
at-Tabari berichtet, dass der Kalif an die Häuser<br />
aller Nichtmoslems schwarze Teufelsköpfe aufmalen<br />
und ihre Gräber einebnen ließ, um sie dadurch<br />
von den Grabstätten der Rechtgläubigen unterscheiden<br />
zu können. Die auch als «Kuffar» bezeichneten<br />
Ungläubigen «sollten sich unterlegen fühlen und<br />
ihren niedrigen Platz in der Gesellschaft kennen»,<br />
schreibt der US-Historiker Marshall G. S. Hodgson<br />
in seinem Buch The Venture of Islam.<br />
Islamische Expansion 622 – 750<br />
Ausbreitung unter dem Propheten<br />
Mohammed, 622– 632<br />
Ausbreitung unter den vier «rechtgeleiteten<br />
Kalifen», 632-661<br />
Ausbreitung unter den Umayyaden,<br />
661-750<br />
Quelle: Wikipedia Grafik: <strong>COMPACT</strong><br />
Grundsätzlich galt, was Mohammeds Cousin<br />
Abdallah ibn Abbas in seiner Koranauslegung<br />
festgeschrieben hatte: «Es existieren sechs Religionen.<br />
Eine [der Islam] ist für den barmherzigen<br />
Gott bestimmt, die fünf anderen gehören dem Teufel.»<br />
Für Mitleid blieb da wenig Raum. Namentlich<br />
gegen die armenischen Christen kam es zu grässlichen<br />
Massakern. So etwa 705, als alle christlichen<br />
Adligen des Landes in eine Kirche gesperrt und verbrannt<br />
wurden. Nach der Eroberung Karthagos in<br />
Nordafrika «richteten sie ein Blutbad an, plünderten<br />
und legten Brände (…) bis die Stadt halb zerstört<br />
war. Kaum ein Bewohner kam mit dem Leben<br />
davon», heißt es in einer zeitgenössischen Quelle.<br />
«Das alles zeigt, dass Versuche, die Muslime als<br />
aufgeklärte Anhänger eines Multikulturalismus hinzustellen,<br />
bestenfalls ignorant sind», so der Religionswissenschaftler<br />
Rodney Stark (Gottes Krieger,<br />
2009).<br />
711 griff die moslemische Aggression auch nach<br />
Europa über. Arabische Truppen landeten in Südspanien<br />
(siehe Seite 37/38) und konnten erst 732<br />
im Herzen Frankreichs durch die Schlacht von Tours<br />
und Poitiers vom fränkischen Vizekönig Karl Martell<br />
zurückgeschlagen werden. Der Großteil Spaniens<br />
blieb für lange Zeit eine muslimische Provinz.<br />
Kriegsgefangene und Zivilisten verschleppten<br />
die Araber zu jener Zeit regelmäßig in die Sklaverei.<br />
Diese archaische Form des Menschenhandels<br />
wurde dadurch wieder gebräuchlich. «Mehrere hundert<br />
Sklaven in angesehenen arabischen Familien<br />
waren keine Seltenheit», konstatiert der Orient-Historiker<br />
Heinrich Pleticha. So verwundert es nicht,<br />
wenn der Islam den Menschen des Abendlandes<br />
als «Vorläufer des Antichristen» und Mohammed<br />
als «falscher Prophet» erschien, wie es der Kirchenvater<br />
Johannes von Damaskus Mitte des 8. Jahrhunderts<br />
formulierte.<br />
Das Abendland schlägt zurück<br />
Es dauerte viele Jahrzehnte, bis die Christenheit<br />
sich von dem lähmenden Schrecken der muslimischen<br />
Invasion erholt hatte und eine Gegenbewegung<br />
erfolgte. Die «Reconquista» (Wiedererobe-<br />
«Man bewarf sie<br />
mit Steinen und<br />
Unrat.»<br />
Christenverfolgung in <br />
Jerusalem<br />
Fotos: Bild 1-5 Public domain, Wikimedia<br />
Commons, Bild 6 David Iliff,<br />
CC-BY-SA-3.0, Wikimedia Commons<br />
Siegeszug<br />
des Islams<br />
Etwa 570 6<strong>10</strong> 622 630<br />
650 Ab 705 <strong>10</strong>85<br />
Der spätere Prophet<br />
Mohammed wird in<br />
Medina geboren. Das<br />
genaue Datum ist umstritten.<br />
Mohammed wird zum<br />
Propheten. Die ersten<br />
Verse des Koran soll<br />
er vom Erzengel Gabriel<br />
erhalten haben.<br />
Die Hidschra, die<br />
Flucht Mohammeds<br />
und seiner Getreuen<br />
aus Medina, markiert<br />
den Beginn der islamischen<br />
Zeitrechnung.<br />
Mohammeds Truppen<br />
erobern Medina und<br />
zerstören alle Götterstatuen.<br />
Die Kaaba<br />
wird zentrales Heiligtum<br />
des Islams.<br />
Mit der Zusammenfassung<br />
der mündlichen<br />
Überlieferungen<br />
Mohammeds entstehen<br />
die Hadithen.<br />
Moslemische Heere<br />
erobern weite Teile<br />
der iberischen Halbinsel<br />
sowie Gebiete<br />
Vorderasiens bis zum<br />
heutigen Pakistan.<br />
Mit der Rückgewinnung<br />
der alten Königsstadt<br />
Toledo durch<br />
Christen endet die<br />
erste Phase der Reconquista,<br />
der Wiedereroberung<br />
Spaniens.<br />
33
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Die islamische Expansion<br />
Zweierlei Maß<br />
Die Männer des ersten Kreuzzuges<br />
standen im Sommer <strong>10</strong>99<br />
vor ihrem ersehnten Ziel Jerusalem.<br />
Nach fünfwöchiger verlustreicher<br />
Belagerung wurde<br />
die Stadt am 15. Juli eingenommen.<br />
Danach kam es zu einem<br />
wahllosen Massaker an der Bevölkerung,<br />
was zu damaligen<br />
Zeiten keineswegs ungewöhnlich<br />
war, aber heutzutage gern<br />
als «beispiellose» Grausamkeit<br />
verzerrt wird. Das größte Blutbad<br />
der Kreuzzugsära fand jedoch<br />
1268 statt, nachdem der<br />
Mameluken-Sultan Baibars I.<br />
die christliche Stadt Antiochia<br />
erobert hatte. Danach schrieb<br />
er an ihren Grafen Bohemund einen<br />
höhnischen Brief: «Du hättest<br />
sicher gern gesehen, wie<br />
deine muslimischen Feinde den<br />
Mönchen, Priestern und Diakonen<br />
auf den Altären die Kehle<br />
durchschnitten, den Patriarchen<br />
einen plötzlichen Tod brachten<br />
und die königlichen Prinzen in<br />
die Sklaverei führten. Du hättest<br />
sicher auch gern das Feuer<br />
in euren Häusern und eure Toten<br />
verbrannt gesehen.» Antiochia<br />
war nach der Eroberung völlig<br />
entvölkert und unbewohnbar,<br />
ganz anders als Jerusalem. (JvF)<br />
Der Journalist und Historiker Jan<br />
von Flocken ist Autor zahlreicher<br />
geschichtswissenschaftlicher<br />
Bücher und schreibt seit der<br />
ersten Ausgabe für <strong>COMPACT</strong>. In<br />
Ausgabe 5/2016 erklärte er die<br />
Bedeutung des Sykes-Picot-Abkommens<br />
von 1916.<br />
Fotos: Public domain, Wikimedia<br />
Commons<br />
rung) in Spanien setzte Mitte des 11. Jahrhunderts<br />
ein erstes Zeichen. Hier kämpfte der kastilische<br />
Nationalheld «El Cid» erfolgreich mit seinen Rittern<br />
gegen fanatische Dschihadisten aus Nordafrika und<br />
konnte die Städte Toledo und Valencia besetzen.<br />
Wenig später begann die Ära der Kreuzzüge in<br />
den Nahen Osten. Hier waren die heiligsten Stätten<br />
der Christenheit in Palästina nach der Eroberung<br />
Jerusalems schon 637 unter muslimische Herrschaft<br />
gefallen. Doch während anfangs noch eine<br />
gewisse Duldsamkeit gegenüber den zahlreichen<br />
christlichen Pilgern geübt wurde, änderte sich das<br />
zu Beginn des 11. Jahrhunderts dramatisch. Unter<br />
dem doktrinären Kalifen al-Hakim kam es zu Plünderungen<br />
und Enteignungen christlicher Kirchen.<br />
Es durften keine öffentlichen Prozessionen mehr<br />
durchgeführt werden und alle christlichen Beamten<br />
wurden zur Annahme des Islams gezwungen.<br />
Im Jahre <strong>10</strong>09 befahl al-Hakim die Zerstörung<br />
der Kirche vom heiligen Grab in Jerusalem. Christen<br />
und Juden waren während der folgenden Jahrzehnte<br />
immer größeren Verfolgungen ausgesetzt.<br />
So berichtet der Geschichtsschreiber Wilhelm von<br />
Tyrus: «Selbst in ihren Häusern waren sie nicht in<br />
Frieden und Sicherheit; man bewarf sie mit großen<br />
Steinen, und durch die Fenster warf man Kot<br />
und Schmutz und allerlei Unrat. Wenn es geschah,<br />
dass ein Christ ein einziges Wort sagte, das diesen<br />
Ungläubigen missfiel, wurde er sogleich, als habe<br />
er einen Mord begangen, ins Gefängnis geworfen<br />
und verlor deswegen Fuß oder Hand (…). Oft<br />
schleppten die Ungläubigen die Söhne und Töchter<br />
der Christen in ihre Häuser und vergewaltigten sie.»<br />
Kampf um das Heilige Land<br />
Auf diese Provokationen musste der seit <strong>10</strong>88<br />
regierende Papst Urban II., ein gebürtiger Franzose,<br />
reagieren. Auf der Synode von Clermont, der bis<br />
dato größten Kirchenversammlung des Abendlandes,<br />
rief er im November <strong>10</strong>95 zum Kreuzzug gegen<br />
die Moslems auf. Urban erzählte von «schlimmen<br />
Nachrichten» aus Nahost: «Ein fremdes Volk, ein<br />
gottfernes Volk hat die Länder der dortigen Christen<br />
überfallen, durch Mord, Raub und Brand verwüstet,<br />
die Gefangenen verschleppt oder abgeschlachtet,<br />
die Kirchen Gottes entweder völlig zerstört oder<br />
für seinen Kult beschlagnahmt (…). Wem anders<br />
kommt die Aufgabe zu, dieses alles zu rächen und<br />
das Land zu befreien, als Euch?» Wie der Chronist<br />
und Synodenteilnehmer Fulcher von Chartres<br />
berichtet, wurde die Rede von einer tausendköpfigen<br />
Menge begeistert aufgenommen, die spontan<br />
in den Ruf «Deus lo vult!» (Gott will es) ausbrach.<br />
«Versuche, die Muslime als aufgeklärte<br />
Anhänger eines Multikulturalismus<br />
hinzustellen, sind<br />
bestenfalls ignorant.»<br />
Religionswissenschaftler Stark<br />
Der im folgenden Jahr unternommene Kreuzzug<br />
war keine unbegründete Aggression beutegieriger<br />
Strauchritter, wie heute gern dargestellt, sondern<br />
eine von einflussreichen Adligen vorbereitete und<br />
geführte Gegenreaktion: Es waren «die Versuche<br />
zur Rückgewinnung oder Verteidigung der Heiligen<br />
Stätten Palästinas insbesondere Jerusalems», wie<br />
der Mittelalter-Experte Nikolas Jaspert in seinem<br />
Buch Die Kreuzzüge (2008) urteilt. «Zwar ziehen<br />
auch Frauen, Kinder, Bauern und Kleriker mit, doch<br />
ist zum einen der ritterliche Anteil unter den Kämpfern<br />
höher, zum anderen unterstehen die Truppen<br />
der Leitung hochrangiger, kampferfahrener Fürsten.»<br />
Die Sorge um ihr Seelenheil sei ein wichtiges<br />
Motiv der Kreuzfahrer gewesen.<br />
Nach Ende der Kreuzzüge im 13. Jahrhundert<br />
war die Kette muslimischer Aggressionen gegen<br />
Europa noch lange nicht vorüber. Das osmanische<br />
Türkenreich eroberte Konstantinopel (1453), um<br />
danach als erklärtes Ziel den gesamten Kontinent<br />
zu unterwerfen.<br />
34<br />
<strong>10</strong>95 <strong>10</strong>99 1187 1291 1453 1492 1683<br />
Mit dem Aufruf «Gott<br />
will es» durch Papst<br />
Urban II. auf der Synode<br />
von Clermont beginnen<br />
die Kreuzzüge.<br />
Nach der Eroberung<br />
Jerusalems werden<br />
in der Levante vier<br />
Kreuzfahrerstaaten<br />
gegründet.<br />
In der Schlacht von<br />
Hattin nimmt der muslimische<br />
Heerführer<br />
Saladin Jerusalem<br />
ein.<br />
Mit Akkon fällt die<br />
letzte Festung der<br />
Kreuzfahrer im Heiligen<br />
Land in die Hände<br />
der Mamelucken.<br />
Mit der Eroberung<br />
Konstantinopels durch<br />
die Türken unter Mehmed<br />
II. endet das<br />
christliche Byzantinische<br />
Reich.<br />
Mit der Kapitulation<br />
von Granada fällt<br />
die letzte muslimische<br />
Enklave in Spanien.<br />
Die Reconquista ist<br />
abgeschlossen.<br />
Am Kahlenberg beendet<br />
ein europäisches<br />
Heer unter Führung<br />
Johann III. Sobieski<br />
die Belagerung Wiens<br />
durch die Türken.
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Die islamische Expansion<br />
Kampf ums Abendland<br />
_ von Jan von Flocken<br />
Fast 800 Jahre lang befand sich nahezu ganz Spanien unter muslimischer Herrschaft.<br />
Die Eroberer waren aus Nordafrika gekommen, und es bedurfte einer riesigen Kraftanstrengung<br />
und glücklicher Zufälle, um die Mauren wieder dorthin zurückzujagen.<br />
In der Schlacht von Tours und Poitiers<br />
im Oktober 732 stoppten die<br />
Franken unter Karl Martell die islamische<br />
Expansion in Europa.<br />
Foto: Public domain, Wikimedia<br />
Commons<br />
Der arabische Name Gibraltar erinnert heute<br />
noch daran. Im Jahre 711 überfiel ein riesiges arabisches<br />
Heer von Nordafrika aus die iberische Halbinsel.<br />
Unter Führung des Feldherren Tarik ibn Zijad landete<br />
es am südlichsten Punkt, der später «Dschebel<br />
al-Tarik» (Felsen des Tarik) genannt wurde. Binnen<br />
weniger Jahre eroberten die Moslems nahezu ganz<br />
Spanien und vernichteten die Herrschaft der germanischen<br />
Westgoten. Nur im äußersten Nordwesten,<br />
bei den Städten Gijón und Pamplona, vermochten<br />
sich winzige christliche Teilreiche zu behaupten.<br />
Als arabische Truppen schon in Südfrankreich<br />
eindrangen, erhob sich 718 der westgotische Herzog<br />
Pelayo von Asturien. Ihm gelangen mehrere<br />
militärische Erfolge gegen die Invasoren und er<br />
konnte sich bis zu seinem Tod 737 an der Macht<br />
halten. Mit dem seinem Aufstand begann ein Phänomen,<br />
das als «Reconquista» (Zurückeroberung)<br />
in die Geschichte einging. Dabei handelte es sich<br />
nicht um einen kontinuierlichen Prozess, sondern<br />
um eine Jahrhunderte andauernde Bewegung in<br />
Etappen. Zunächst mussten sich die christlichen<br />
Teilstaaten im Norden etablieren.<br />
Es entstanden die Königreiche Kastilien (später<br />
mit Asturien und León vereinigt), Aragón, Navarra<br />
sowie die Grafschaft Barcelona. Ab 1139 kam das<br />
von Frankreich protegierte Königreich Portugal<br />
hinzu. Diese führten nach frühfeudaler Sitte häufig<br />
Kriege gegeneinander, wobei die Abwehr der<br />
moslemischen Aggression zeitweise in den Hintergrund<br />
trat. Mächtigster Herrscher der Halbinsel bis<br />
zur Grenze am Duero-Fluss war der Emir von Cordoba,<br />
der sich 929 sogar zum Kalifen ausrufen ließ.<br />
Erst als Ende des 11. Jahrhunderts noch fanatischere<br />
Gotteskrieger aus Nordafrika (Almoraviden<br />
und Almohaden) große Teile des Landes okkupierten,<br />
erfolgte eine größere christliche Gegenbewegung.<br />
Ihr Protagonist war Spaniens Nationalheld<br />
Rodrigo Diaz de Vivar, bekannter unter seinen Ehrennamen<br />
«El Cid» (der Gebieter) oder «Campeador»<br />
(Vorkämpfer). Durch die Eroberung der Stadt Valencia<br />
<strong>10</strong>94 konnte er den Gegnern zumindest temporär<br />
einen wichtigen Stützpunkt entreißen. Toledo wurde<br />
schon neun Jahre zuvor von kastilischen Truppen zurückgewonnen.<br />
Den Höhepunkt der Reconquista setzte<br />
König Alfonso VIII. von Kastilien, genannt «El No-<br />
El Cid, eigentlich Rodrigo Díaz de<br />
Vivar, avancierte in der Neuzeit zum<br />
spanischen Nationalhelden.<br />
Foto: Larrea, Escarlati CC BY-SA 3.0,<br />
Wikimedia Commons<br />
Erster Held der<br />
Reconquista war<br />
Rodrigo Diaz de<br />
Vivar, bekannter<br />
unter seinem<br />
Ehrennamen El Cid.<br />
35
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Die islamische Expansion<br />
36<br />
Geschichtslügen<br />
Eugen Sorg nimmt in dem Sammelband<br />
Freiheit und Islam (herausgegeben<br />
von Udo Hildenbrand,<br />
Friedrich Rau und Reinhard<br />
Wenner, Gerhard Hess<br />
Verlag, 2016) zu den politisch-korrekten<br />
Mythen Stellung,<br />
die die islamische Eroberung<br />
Spaniens verklärt haben.<br />
Ein Auszug:<br />
Der Orientalist Bernard Lewis<br />
hat bemerkt, dass der «Mythos<br />
spanisch-islamistischer Toleranz<br />
besonders von jüdischen<br />
Gelehrten gefördert wurde, denen<br />
er als Stock diente, um ihre<br />
christlichen Nachbarn zu schlagen».<br />
Einer der Hauptgründe<br />
dafür war die lang anhaltende<br />
Weigerung des christlichen Europa,<br />
die Emanzipation der Juden<br />
anzuerkennen. Jüdische Intellektuelle<br />
führten dagegen<br />
den historischen Musterfall von<br />
al-Andalus ins Feld, «jene schöne<br />
und unübertroffene Zivilisation»,<br />
wie der englische Staatsmann<br />
und Schriftsteller Benjamin<br />
Disraeli mit mahnendem<br />
Unterton lobpries (Coningsby,<br />
1844), in der «die Kinder Ismaels<br />
[die Araber] die Kinder Israels<br />
mit gleichen Rechten und Privilegien<br />
belohnten». (…)<br />
Wie es wirklich in dieser «Zivilisation»<br />
zuging, machte ein anderer<br />
Jude deutlich, der große<br />
Arzt und Philosoph Moses Maimonides.<br />
Als der 14-Jährige<br />
1149 mit seiner Familie vor den<br />
Judenverfolgungen aus Córdoba<br />
floh, existierten bereits kaum<br />
mehr christliche und jüdische<br />
Gemeinden in al-Andalus. Später<br />
schrieb er in einem oft zitierten<br />
Brief an die Juden des Jemen,<br />
die von den dortigen Pogromen<br />
berichtet hatten: «Bedenkt<br />
meine Glaubensgenossen,<br />
dass Gott uns unserer großen<br />
Sündenlast wegen mitten unter<br />
dieses Volk, die Araber, geschleudert<br />
hat (…). Nie hat uns<br />
ein Volk so beschwert, erniedrigt,<br />
gedemütigt und gehasst<br />
wie sie (…), wir wurden von ihnen<br />
in unerträglicher Weise<br />
entehrt.»<br />
_ Jan von Flocken ist Journalist<br />
und Historiker. In <strong>COMPACT</strong> 6/2016<br />
schrieb er über die Geschichte des<br />
deutschen Helden Arminius.<br />
ble» (der Edle). Er schmiedete 1192 ein Bündnis zwischen<br />
den spanischen Königreichen und Portugal. In<br />
der Entscheidungsschlacht von Las Navas de Tolosa<br />
am 16. Juli 1212 fügte Alfonso den Heeren der Moslems,<br />
welche von den Christen als «Mauren» bezeichnet<br />
wurden, eine vernichtende Niederlage zu. Das Kalifat<br />
von Cordoba brach danach allmählich zusammen.<br />
Sieg unter dem Kreuz<br />
Während der folgenden Jahre eroberten die<br />
christlichen Ritter Städte wie Badajoz, Cordoba,<br />
Murcia, Sevilla und Cadiz. Danach trat wieder eine<br />
Periode relativer Ruhe ein. «Was an dieser Bewegung<br />
außergewöhnlich scheint, ist ihre Langlebigkeit,<br />
der Umstand, dass sich ein einziges politisches<br />
Ziel mehr als sieben Jahrhunderte lang behaupten<br />
konnte und ihm ständig neue Generationen bis zu<br />
seiner Erreichung die Treue hielten», schreibt der<br />
britische Historiker Derek W. Lomax in seinem Buch<br />
Reconquista – Die Wiedereroberung Spaniens.<br />
Im weiteren Verlauf mussten die Moslems im 14.<br />
Jahrhundert Algeciras räumen. Jetzt existierte nur<br />
noch im Südosten der Halbinsel das muslimische<br />
Emirat von Granada mit den Städten Malaga, Almeria<br />
und Marbella. Die dort residierende Dynastie<br />
der Nasriden konnte die Kontrolle über die Straße<br />
von Gibraltar gewinnen und ihren Handel dadurch<br />
kräftig ausweiten. Alles deutete darauf hin, dass<br />
sich die muslimische Enklave auf Dauer erhalten<br />
würde. Doch in völliger Fehleinschätzung des militärischen<br />
Kräfteverhältnisses lieferte der seit 1464<br />
regierende Emir von Granada Abul Hassan Ali den<br />
Spaniern einen veritablen Kriegsgrund: 1481 griff<br />
er die spanische Festungsstadt Zahara de la Sierra<br />
nahe Cadiz an, die durch den Orden der Ritter von<br />
Santiago verteidigt wurde.<br />
Spaniens Feldherren schossen<br />
mit ihren Kanonen eine Stadt<br />
nach der anderen sturmreif.<br />
Die spanischen Königreiche waren inzwischen<br />
in Personalunion durch Isabella von Kastilien und<br />
Ferdinand von Aragón vereinigt worden. Dem Emir<br />
von Granada stand also eine geballte Kriegsmacht<br />
gegenüber. Nach dem Angriff auf Zahara stellte<br />
das Königspaar ein Heer von <strong>10</strong>.000 Reitern und<br />
16.000 Fußsoldaten sowie umfangreiche Artillerie<br />
auf und begann das Emirat systematisch zu belagern.<br />
Abul Hassan Ali wurde schon 1482 von seinem<br />
20-jährigen Sohn Mohammed XII. Abu Abdallah<br />
gestürzt, der den Krieg weiterführte. «Beeinflusst<br />
durch die Eingebungen seiner Berater, seiner furchtbaren<br />
Mutter Fatima und wohl auch durch das Volk<br />
von Granada selbst, ließ er sich auf einen schicksalhaften<br />
Kampf gegen die Spanier ein», schreibt David<br />
Nicolle in seinem Werk The Fall of Granada (1998).<br />
Entscheidungsschlacht um Granada<br />
Was die Mauren nicht einkalkulierten, war die<br />
Nutzlosigkeit ihrer mächtigen Festungswälle. Der<br />
Mauerkranz war Mitte des 13. Jahrhunderts errichtet<br />
worden und sollte mit seinen 1.030 Wehrtürmen<br />
die Stadt und ihren zentralen Alhambra-Palast<br />
schützen. Doch inzwischen war die Waffe<br />
der Artillerie erfunden worden. Spaniens Feldherren<br />
Rodrigo Ponce de Leon und Enrique de Guzmán<br />
schossen mit ihren Kanonen eine Stadt nach<br />
der anderen sturmreif. Als erste fiel schon 1482<br />
die zentral gelegene Festung Alhama. Das Emirat<br />
war dadurch senkrecht in zwei Hälften geteilt. Im<br />
Juni 1485 wurde Marbella erobert, im August 1487<br />
folgte Malaga und Ende 1489 Almeria.<br />
Im April 1490 begann die Belagerung von Granada.<br />
Seine Mauern trotzten der spanischen Artillerie<br />
lange. Außerdem machte Abu Abdallah, den<br />
die Christen «Boabdil» nannten, mehrere tollkühne<br />
Ausfälle mit seinen Kriegern, die jedes Mal größte<br />
Verwirrung stifteten. Isabella und Ferdinand nahmen<br />
seit dem Jahresende persönlich am Kriegsgeschehen<br />
teil. Als das christliche Heerlager durch<br />
ein Unglück niederbrannte, ließen sie westlich von<br />
Granada eine ganze Stadt aus dem Boden stampfen,<br />
die sie Santa Fé (heiliger Glaube) tauften. Hier<br />
empfing Königin Isabella am 27. April 1491 einen<br />
Mann mit hochfliegenden Plänen: Christoph Kolumbus.<br />
Er war ihr schon im Mai 1486 zum ersten Mal<br />
begegnet. Obwohl Spaniens Staatskasse aufgrund<br />
des Maurenkrieges fast leer war, sicherte die Königin<br />
dem wagemutigen Kolumbus finanzielle Unterstützung<br />
für seine Entdeckungsfahrt nach Indien<br />
zu, wenn nur erst Granada gefallen sei. Sie wollte<br />
sogar große Teile ihres persönlichen Schmucks verpfänden,<br />
um Mittel für die Reise aufzubringen.<br />
In Granada erkannte Emir Boabdil mittlerweile<br />
die hoffnungslose Lage. Gegen den Widerspruch<br />
seiner Generäle bot er die Kapitulation an. Am<br />
2. Januar 1492 überreichte er Isabella und Ferdinand<br />
unterwürfig die Torschlüssel. Vier Tage später<br />
zog das Königspaar triumphal in die nun wieder<br />
christliche Stadt ein. Auf der Alhambra wurden<br />
das kastilisch-aragonesische Königsbanner und die<br />
Fahne des Ordens von Santiago mit dem roten Lilienkreuz<br />
gehisst. Spanien war ein geeintes Land geworden<br />
– die Reconquista hatte nach fast 800 Jahren<br />
ihr Ziel erreicht. Nur sieben Monate nach der Wiedereroberung<br />
von Granada brach Christoph Kolumbus<br />
vom südspanischen Hafen Palos zu seiner ersten<br />
großen Reise auf, welche die Neuzeit einläutete.
Himmlers Muselgermanen<br />
_ von Jürgen Elsässer<br />
Der osmanische Vorstoß auf den Balkan schuf in Bosnien einen islamischen<br />
Brückenkopf. Als Verbündete des Dritten Reiches wüteten die dortigen Muslime so<br />
sehr, dass man sogar im deutschen Generalstab besorgt war.<br />
Als die Osmanen im Jahre 1389 die Serben und<br />
deren Verbündete auf dem Amselfeld – im heutigen<br />
Kosovo – besiegten, gerieten weite Teile des Südbalkans<br />
unter die Kontrolle des Sultans. In Bosnien<br />
verlief die Okkupation besonders günstig, weil die<br />
dortige Bevölkerung mehrheitlich der christlichen<br />
Sekte der Bogumilen angehörte, die sich sowohl<br />
vom katholischen Rom wie vom orthodoxen Byzanz<br />
bedrängt fühlte. Vor allem die Adeligen mussten<br />
nicht lange zur Konversion überredet werden:<br />
Wenn sie zum Islam übertraten, konnten sie ihre<br />
Besitztümer und Privilegien behalten. Wer das nicht<br />
tat, wurde zum weitgehend rechtlosen Untertanen.<br />
«Niemand wurde gezwungen, zum Islam zu konvertieren.<br />
Wer aber nicht wollte, wurde als Raja – als<br />
”Steuerzahler” – eingestuft. Das bedeutete praktisch,<br />
neben dem allmächtigen und hochfahrenden Moslemvolk<br />
nichts zu sein, weder Waffen führen noch<br />
Mohammedaner vor den Richter laden, noch die Farben<br />
Rot (der Herrschaft) und Grün (des Islams) tragen<br />
zu dürfen. Ihr Leben galt nach dem Koran als verfallen,<br />
und die Raja mussten es mit der Kopfsteuer<br />
immer aufs neue erkaufen», schreiben der Kirchenkritiker<br />
Karlheinz Deschner und der Historiker Milan<br />
Perovic in ihrem Standardwerk Der Krieg der Religionen<br />
aus dem Jahr 1999. Die schlimmste der Steuern<br />
war die Blutsteuer oder Knabenlese (türkisch:<br />
devsirme). «In jedem dritten, fünften oder siebten<br />
Jahr wurden christliche Knaben oder Jünglinge nach<br />
bestimmten Kriterien ihren Eltern weggenommen,<br />
nach Konstantinopel geführt, islamisiert und zum<br />
Unterricht entweder für den Janitscharen- [Elitesoldaten-]<br />
oder den Hofdienst bestimmt.»<br />
Die türkische Provinz Bosnien wurde zwar seit<br />
der Berliner Konferenz 1878 von Österreich-Ungarn<br />
verwaltet und 1908 sogar förmlich annektiert.<br />
Doch die Habsburger tasteten die Vorrechte<br />
der Muslime nicht an, um sie als Bundesgenossen<br />
gegen die erstarkende serbische und jugoslawische<br />
Freiheitsbewegung zu gewinnen, die das Fortbestehen<br />
des k.u.k.-Reiches auf dem Balkan bedrohte.<br />
Folgerichtig unterstützte die Mehrheit der bosnischen<br />
Mohammedaner im Ersten Weltkrieg die<br />
Mittelmächte, also das Bündnis zwischen Deutschland,<br />
Österreich und der Türkei, während die Serben<br />
an der Seite der französisch-britisch-russischen<br />
Entente kämpften.<br />
Der Großmufti von Jerusalem<br />
Mohammed Amin al-Husseini bei<br />
bosnischen SS-Freiwilligen.<br />
Foto: Bundesarchiv, Bild 146-1978-<br />
070-04A / Mielke / CC-BY-SA 3.0,<br />
Wikimedia Commons<br />
Christenkinder<br />
wurden an den Hof<br />
des Sultans verschleppt.<br />
37
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Die islamische Expansion<br />
Europa ohne Halbmond<br />
Der Balkan nach dem<br />
Zusammenbruch des<br />
Osmanischen Reiches<br />
Grenzen 1919<br />
Größte Ausdehnung<br />
des Osmanisches Reiches, 1683<br />
Quelle: Wikipedia<br />
Der Großmufti von Jerusalem<br />
wirkte ab 1941 aus Berlin. Am 28.<br />
November wurde er auch von Hitler<br />
empfangen, auf dessen Anordnung<br />
er pro Monat 90.000 Mark erhielt.<br />
Foto: Bundesarchiv, Bild 146-1987-<br />
004-09A / Heinrich Hoffmann /<br />
CC-BY-SA 3.0, Wikimedia Commons<br />
Die Habsburger<br />
sicherten die<br />
Vorrechte der<br />
Muslime, weil sie<br />
diese gegen die<br />
Serben brauchten.<br />
Ungarn<br />
Jugoslawien<br />
Albanien<br />
Rumänien<br />
Griechenland<br />
Bulgarien<br />
Kurz nach der Gründung des ersten jugoslawischen<br />
Staates verfügte Belgrad im Jahre 1919<br />
eine umfassende Landreform. Damit wurde der bis<br />
dahin in halbfeudalen Abhängigkeitsverhältnissen<br />
stehenden Dorfbevölkerung ein Rechtsanspruch auf<br />
das von ihr bewirtschaftete Land zugesprochen. In<br />
Bosnien ging dies zu Lasten der fast ausschließlich<br />
muslimischen Grundbesitzer, die vorher über 80 Prozent<br />
des Landes besessen hatten. Mit ihrer Enteignung<br />
wurden sie über Nacht ärmer als ihre früheren<br />
Leibeigenen und Hintersassen.<br />
Rückfall ins Mittelalter<br />
Türkei<br />
Grafik: <strong>COMPACT</strong><br />
Mit der Zerschlagung Jugoslawiens im Zweiten<br />
Weltkrieg bot sich der früheren Moslem-Elite<br />
die Chance, wieder zur Herrenrasse aufzusteigen.<br />
Deutschland überfiel Jugoslawien am 6. April 1941<br />
ohne Kriegserklärung. Bereits am <strong>10</strong>. April wurde<br />
mit Zustimmung aus Berlin der Unabhängige Staat<br />
Kroatien gegründet, der von der nationalkatholischen<br />
Ustascha-Bewegung und deren Führer Ante<br />
Pavelic beherrscht wurde. Bosnien wurde großteils<br />
dem Ustascha-Staat zugeschlagen. Die dortigen<br />
Moslems waren für Pavelic die rassisch «echtesten»<br />
Kroaten, weil sie sich nach dem Übertritt<br />
zum Islam 500 Jahre zuvor am reinsten erhalten<br />
hatten. Für SS-Führer Heinrich Himmler gehörten<br />
die Mohammedaner zu den «rassisch wertvollen<br />
Völkern Europas», mit ihnen gebe es eine «weltanschauliche<br />
Verbundenheit», im Grunde handele es<br />
sich um «Muselgermanen». Die Zuneigung wurde<br />
erwidert: Am <strong>10</strong>. August 1941 legte die Jugoslawische<br />
Muslimische Organisation (JMO) ein Bekenntnis<br />
zum Ustascha-Staat ab und wurde mit einer<br />
Vielzahl hoher Posten in der Regierung belohnt.<br />
ungelegen kam, weil dies ein Überlaufen unpolitischer<br />
oder antikommunistischer Teile der Landbevölkerung<br />
auf die Seite der Partisanen befürchten ließ.<br />
Auszüge: «Es handelt sich bei den Kämpfen der Serben<br />
keineswegs um Auflehnung gegen den kroatischen<br />
Staat, es sind das auch keine Freischärler oder<br />
Kommunisten, sondern lediglich gehetzte Menschen,<br />
die zur Verzweiflung getrieben. (…) Als Vergeltung<br />
für diesen von den Ustascha provozierten Aufstand<br />
werden in Krupa, dessen etwa 6000 Einwohner zu<br />
60 Prozent Serben und zu 40 Prozent Moslems sind<br />
– Kroaten gibt es da nur vereinzelt –, alle Serben<br />
männlichen Geschlechts von etwa 14 Jahren aufwärts<br />
buchstäblich restlos hingeschlachtet. (…) Die<br />
Muslims hausen in der bosnischen Krajina viel ärger<br />
als einst die Türken, die immerhin die Andersgläubigen<br />
nicht restlos vertilgten.»<br />
Die bosnischen Moslems strebten eine weitgehende<br />
Autonomie im kroatischen Satellitenstaat an<br />
und hofften dafür auf Unterstützung aus Berlin. Im<br />
November 1942 sandte ein muslimisches Volkskomitee<br />
eine entsprechende Denkschrift an Adolf Hitler<br />
und beklagte sich, dass die Ustascha zu «nachgiebig»<br />
gegenüber den Juden sei. Mit Verweis auf<br />
ihre angeblich gotische Herkunft regten die Autoren<br />
die Gründung eines bosnisch-muslimischen<br />
Heeres unter dem Oberkommando der Wehrmacht<br />
an. Nach der Niederlage bei Stalingrad 1943 griffen<br />
die Nazis die Offerte auf.<br />
Der Krummdolch sticht<br />
Ab März 1943 begann die Rekrutierung der<br />
SS-Division Handschar, benannt nach dem türkischen<br />
Wort für Krummdolch. Entscheidende Hilfestellung<br />
dabei leistete Amin al-Husseini, der<br />
Großmufti von Jerusalem. Schon frühzeitig suchte<br />
er Kontakt zu Hitler. «Die Moslems innerhalb und<br />
38<br />
Die Moschee des Sisman Ibrahim-Pasa<br />
im bosnischen Pocitelj<br />
wurde in den Jahren 1562/63<br />
errichtet. Foto: Mediha from bs,<br />
CC-BY-SA-3.0, Wikimedia Commons<br />
Einem «Bericht über die Greueltaten der Muslim-Ustascha»,<br />
welcher der deutschen Generalität in<br />
Agram (Zagreb) am 17. August 1941 vorgelegt wurde,<br />
kann man entnehmen, dass sich Moslems in einer<br />
Weise als Schlächter betätigten, die selbst den Nazis
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Die islamische Expansion<br />
außerhalb Palästinas begrüßen das neue Regime<br />
in Deutschland und hoffen, dass sich die faschistische<br />
(…) Staatsführung auch auf andere Länder<br />
ausdehnt», teilte er dem deutschen Generalkonsul<br />
Heinrich Wolff im Frühjahr 1933 mit.<br />
Politisch wirksam wurde diese Wertschätzung<br />
erst nach Beginn des Zweiten Weltkriegs.<br />
Der Großmufti hatte aus Palästina fliehen müssen,<br />
nachdem er als Führer des Aufstandes von 1936<br />
bis 1939 für die Mandatsmacht untragbar geworden<br />
war. Über Bagdad und weitere Zwischenstationen<br />
kam er im November 1941 nach Berlin. 1942<br />
sagte er: «Wir sind der festen Überzeugung, dass<br />
eine enge Zusammenarbeit zwischen den Millionen<br />
von Mohammedanern in der Welt und Deutschland<br />
und seinen Verbündeten des Dreimächtepakts, die<br />
gegen die gemeinsamen Feinde, Juden, Bolschewisten<br />
und Angelsachsen gerichtet ist, mit Gottes<br />
Hilfe zu einem siegreichen Ausgang dieses Krieges<br />
für die Achsenmächte führen wird.»<br />
Das Abschlachten der Serben<br />
Bis Mitte April 1943 meldeten sich 20.000 bis<br />
25.000 Freiwillige für die neue SS-Division, ihre spätere<br />
Kampfstärke betrug aber lediglich 6.500 Soldaten.<br />
Für die SS-Führung war die Handschar-Truppe<br />
jedoch nicht nur von militärischer, sondern mehr noch<br />
von propagandistischer Bedeutung. «Durch die Aufstellung<br />
einer muselmanischen SS-Division dürfte<br />
erstmalig eine Verbindung zwischen Islam und Nationalsozialismus<br />
auf offener, ehrlicher Grundlage<br />
gegeben sein, da diese Division bluts- und rassemäßig<br />
vom Norden, weltanschaulich-geistig dagegen<br />
vom Orient gelenkt wird», hieß es in einem<br />
Erlass des SS-Hauptamtes vom Mai 1943. Himmler<br />
war darüber hinaus sehr darum bemüht, dass<br />
die Truppe gemäß dem Koran geführt wurde. Den<br />
weltanschaulichen Hintergrund schildert der Kroatien-Beauftragte<br />
der Wehrmacht, General Edmund<br />
Glaise-Horstenau, nach einem Gespräch mit dem<br />
Reichsführer SS: «Meiner schüchtern vorgebrachten<br />
Meinung, dass bei der Bosnijaken-Division die<br />
bewährte SS-Kulturpolitik wohl durch Feldmuftis<br />
ergänzt werden müsste, stimmte Himmler durchaus<br />
zu. Lediglich das Christentum lehne er wegen<br />
seiner Weichheit ab. Die Hoffnung auf das Paradies<br />
Mohammeds sei bei den Bosnijaken unbedingt zu<br />
pflegen, da sie heldische Komplexe sichere.»<br />
«Die Hoffnung auf das Paradies<br />
Mohammeds (…) sichert heldische<br />
Komplexe.» Himmler<br />
Im Laufe des Jahres 1944 organisierte Himmler<br />
nach dem Vorbild von Handschar zwei weitere moslemische<br />
SS-Einheiten, die Division Kama und die<br />
Division Skanderbeg in Albanien. Letztere bestand<br />
hauptsächlich aus Kosovo-Albanern. Skanderbeg<br />
und die nationalistisch-albanische Guerilla Balli<br />
Kombetar verfolgten die Serben gnadenlos, aus<br />
dem Kosovo wurden nach verschiedenen Berechnungen<br />
von 1941 bis 1945 70.000 bis 120.000 vertrieben,<br />
<strong>10</strong>.000 bis 20.000 umgebracht. Zur Bilanz<br />
des Terrors im Ustascha-Staat, also in Kroatien<br />
und Bosnien, schrieb Hermann Neubacher, Hitlers<br />
Südosteuropa-Beauftragter, 1943: «Wenn die Führer<br />
der Ustascha damit prahlen, eine Million orthodoxe<br />
Serben abgeschlachtet zu haben, ist das meiner<br />
Meinung nach selbstbeweihräuchernde Übertreibung.<br />
Nach den Berichten, die ich erhalten habe,<br />
schätze ich die Zahl der wehrlos abgeschlachteten<br />
Serben auf eine dreiviertel Million.»<br />
Der ewige Vidovdan<br />
Man könnte abergläubisch werden,<br />
wenn man sich die Katastrophen<br />
vor Augen führt, die<br />
in der Geschichte Serbiens immer<br />
wieder am 28. Juni passiert<br />
sind. An diesem Tag des heiligen<br />
Veit, in der Landessprache<br />
Vidovdan, unterlagen eine von<br />
Serbien geführte Balkankoalition<br />
im Jahre 1389 den osmanischen<br />
Heeren auf dem Amselfeld,<br />
das Land kam fast fünf<br />
Jahrhunderte lang unter türkisches<br />
Joch. Am gleichen Tag<br />
im Jahre 1914 erschoss Gavrilo<br />
Princip von der Verschwörergruppe<br />
Mlada Bosna in Sarajevo<br />
den österreichischen Thronfolger<br />
Franz Ferdinand, im darauf<br />
folgenden Weltkrieg verlor fast<br />
jeder zweite erwachsene Serbe<br />
sein Leben. Im Jahre 1948,<br />
wiederum an Vidovdan, kam<br />
es zum Schisma zwischen Stalin<br />
und Tito, Jugoslawien wurde<br />
aus der sozialistischen Staatengemeinschaft<br />
(Kominform)<br />
ausgeschlossen. Als der neue<br />
starke Mann Serbiens, Slobodan<br />
Milosevic, zum 600. Jahrestag<br />
der Amselfelder Schlacht<br />
im Jahre 1989 vor einer halben<br />
Million Menschen seine historische<br />
Rede zur Verteidigung gegen<br />
den völkischen Separatismus<br />
hielt, wurde dies im Westen<br />
zum Anlass für dessen militärische<br />
Anheizung genommen<br />
– zur Zerstückelung Jugoslawiens.<br />
Und genau 13 Jahre später<br />
wurde derselbe Mann in einer<br />
Nacht-und-Nebelaktion und<br />
unter Bruch der jugoslawischen<br />
und serbischen Verfassung an<br />
das Haager Tribunal ausgeliefert.<br />
(je)<br />
Schlacht um das Kosovo. Foto: Public<br />
domain, Wikimedia Commons<br />
Bei der Verpflegung der muslimischen<br />
SS-Divisionen waren Alkohol<br />
und Schweinefleisch ausgenommen.<br />
Die Soldaten trugen<br />
den traditionellen Fez, darauf den<br />
Reichs adler und den Knochenschädel<br />
der Totenkopfverbände.<br />
Foto: Bundesarchiv, Bild <strong>10</strong>1III-<br />
Mielke-036-23 / Mielke / CC-BY-SA<br />
3.0, Wikimedia Commons<br />
39
Dschihad gegen das Kreuz<br />
_ von Martin Müller-Mertens/Federico Bischoff<br />
40<br />
Die 2000-jährige Geschichte der Christen im Orient neigt sich dem<br />
Ende zu: Sie sind von Auslöschung bedroht, der Islamofaschismus<br />
marschiert. Auch weltweit sind die Anhänger von Jesus die am<br />
meisten bedrohte Glaubensgemeinschaft.<br />
Koptische Christen bei einer Messe<br />
in Kairo. In Ägypten stellen sie etwa<br />
20 Prozent der 80 Millionen Bürger.<br />
Nach dem Sturz von Präsident Mubarak<br />
durch die Muslimbrüder 2011<br />
gab es zahlreiche Pogrome.<br />
Foto: AFP/Getty Images<br />
«Bewahrt die Christen<br />
im Nahen Osten<br />
vor der Auslöschung!»<br />
Pfarrer Jaar<br />
Die Leichen wurden nie gefunden. Nur Handyfotos<br />
ihrer angstverzerrten Gesichter erinnern an die<br />
Opfer: Zwölf Flüchtlinge, die im April 2015 irgendwo<br />
im Mittelmeer ertranken. Doch nicht raue See oder<br />
ein überladener Seelenverkäufer schickte sie in<br />
den Tod, sondern ein rasender Mob warf sie über<br />
Bord. Das Motiv war, dass die Ermordeten «sich<br />
zum christlichen Glauben bekannten, während die<br />
Angreifer Muslime waren», teilten später die Behörden<br />
im italienischen Palermo mit. Es sei «mehrfacher<br />
Totschlag erschwert durch religiösen Hass»<br />
gewesen. 15 Verdächtige nahm die Polizei fest.<br />
«Größte Christenverfolgung aller Zeiten»<br />
Die ertrunkenen Christen schafften es nur kurze<br />
Zeit in die Spalten europäischer Zeitungen. Auffallend<br />
zurückhaltend fielen die Reaktionen von Asyllobby<br />
und Bereicherungsindustrie aus. Kein Einzelfall:<br />
Während in den westlichen Ländern Politik<br />
und Leitmedien vor allem vor Islamfeindschaft<br />
(«Islamophobie») warnen, ignorieren sie die Bedrohung<br />
jener Religion, die das Abendland seit bald<br />
2000 Jahren geprägt hat. «Gegenwärtig ist die<br />
größte Christenverfolgung aller Zeiten im Gang»,<br />
warnte die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte<br />
(IGFM) auf einer Konferenz im November<br />
2015. Nach wie vor gibt es weltweit mit etwa<br />
2,26 Milliarden mehr Anhänger von Jesus als von<br />
Mohammed (1,57 Milliarden). Mit Ausnahme von<br />
Afrika und Asien sind sie auf allen Kontinenten in<br />
der Mehrheit. Doch jeder zehnte Anhänger unseres<br />
Glaubens, rund 250 Millionen Menschen, lebt<br />
in Angst vor Diskriminierung, Verfolgung und Ermordung,<br />
wie Johann Marte, Präsident der Organisation<br />
Pro Oriente, bei der IGFM-Tagung hervorhob.<br />
«Christen machen Experten zufolge rund 80 Prozent<br />
all jener Menschen aus, die wegen ihres Glaubens<br />
bedroht, misshandelt, eingesperrt oder getötet werden.»<br />
Das Hilfswerk Open Doors nennt 50 Länder,<br />
in denen ein beträchtlicher Teil der dort lebenden<br />
rund 625 Millionen Christen direkt von Verfolgung<br />
betroffen sind. In 35 der 50 Länder sei der islamische<br />
Extremismus die Haupttriebkraft.<br />
Der einstige Beauftragte für Religionsfreiheit<br />
der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit<br />
in Europa (OSZE), Massimo Introvigne, gibt an,<br />
dass alle fünf Minuten ein Christ irgendwo auf der<br />
Welt wegen seines Glaubens ermordet wird. Die<br />
20<strong>10</strong> veröffentlichte Studie «The Price of Freedom<br />
Denied» geht von 130.000 bis 170.000 Märtyrern
Ausgabe 5/2016 | 4,95 EUR<br />
www.compact-online.de<br />
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Die islamische Expansion<br />
pro Jahr aus – Zahlen, die jedoch kaum öffentlich<br />
diskutiert werden. Urs Gehriger machte 2012 in der<br />
Schweizer Weltwoche eine regelrechte «Verschwörung<br />
des Schweigens» aus, als deren Grund er auch<br />
die weitverbreitete Angst vor dem politisch korrekten<br />
Vorwurf der Islamophobie nannte.<br />
Besonders dramatisch ist die Lage im Orient.<br />
Dort geht gerade die 2000-jährige Geschichte der<br />
Christen in den Stürmen der Gewalt unter, die<br />
der sogenannte Arabische Frühling entfesselt hat.<br />
«Bewahrt die Christen im Nahen Osten vor der Auslöschung»,<br />
fordert der Koordinator der Flüchtlingshilfe<br />
in Jordanien, Pfarrer Khalil Jaar. Von den insgesamt<br />
35 Millionen Christen, deren Muttersprache<br />
Arabisch ist, leben 20 Millionen im Exil und<br />
nur noch 15 Millionen in ihren Herkunftsländern.<br />
In Syrien, wo im Jahr 1920 noch jeder dritte Bürger<br />
unter dem Kreuz betete, war es 20<strong>10</strong> nur noch<br />
jeder zehnte. Von diesen zwei Millionen sind nach<br />
fünf Jahren Dschihad-Aggression gerade noch<br />
770.000 im Land geblieben, oft als Binnenvertriebene.<br />
Auch im benachbarten Irak hat der Vormarsch<br />
der Kopf-ab-Milizen zur Entstehung «christenfreier<br />
Zonen» geführt, wie der CDU/CSU-Fraktionschef<br />
Volker Kauder zu Jahresanfang 2016 beklagte.<br />
Bezeichnend ist das Verhalten der US-Regierung,<br />
die die Entstehung des IS und der verbündeten al-<br />
Nusra-Front lange gefördert hat. Während Washington<br />
immer dann, wenn Muslime sich bedroht<br />
fühlen, schnell mit dem Vorwurf «Genozid» zur Hand<br />
war – etwa in Bosnien, im Kosovo und in Tschetschenien<br />
–, weigert sich die US-Regierung mit Ausnahme<br />
des Außenministeriums, diesen Begriff für<br />
unsere von Mord und Vertreibung bedrohten Glaubensbrüder<br />
in der Levante und im Zweistromland<br />
zu verwenden. Im Unterschied dazu hat das Europaparlament<br />
in einer Resolution vom Februar 2016 die<br />
Christenverfolgung durch den IS als «Völkermord»<br />
gebrandmarkt – aber nur im Irak, nicht in Syrien.<br />
Die Unterscheidung ist, was das Vorgehen der Terroristen<br />
angeht, völlig unsinnig. Ihr einziger Zweck<br />
besteht darin, dass die wackeren Menschenrechtsstreiter<br />
nicht ins selbe Horn stoßen wollen wie der<br />
syrische Präsident Baschar al-Assad. Diesen hassen<br />
die Eurokraten nämlich noch mehr als den IS –<br />
obwohl in seinem Herrschaftsbereich die Angehörigen<br />
der religiösen Minderheiten immer gleichberechtigte<br />
Bürger waren und es noch sind.<br />
NATO bombt den Weg frei<br />
Nicht nur in Syrien und dem Irak wetzen IS & Co<br />
die Messer gegen Christen. Im jährlichen Weltverfolgungsindex<br />
von Open Doors befindet sich Libyen<br />
2016 erstmals in der Top <strong>10</strong> der christenfeindlichsten<br />
Länder. 2015 enthauptete der IS am Strand der<br />
Hauptstadt Tripolis 21 christliche Ägypter, die sich<br />
als Gastarbeiter im Land verdingt hatten. Ein Sprecher<br />
kündigte auf einem Bekennervideo an: «Wir<br />
werden das Meer mit eurem Blut tränken». Den<br />
Grund für die Eruption islamischen Terrors formuliert<br />
Open Doors unmissverständlich: «Nach dem<br />
Sturz Gaddafis haben islamistische Gruppen inklusive<br />
Salafisten und andere Dschihadisten praktisch<br />
freie Hand im Land und sammeln kontinuierlich weitere<br />
Unterstützer.» Anders ausgedrückt: Die Straße<br />
für die Kopf-ab-Banditen wurden durch die NATO<br />
freigebombt.<br />
Im Jemen zerstörten Islamisten im Herbst 2015<br />
die St. Josephs-Kirche in der Hafenstadt Aden – es<br />
war die letzte noch in Betrieb befindliche christliche<br />
Kirche des Landes. Neben dem IS terrorisiert vor<br />
allem die Gruppe al-Qaida auf der Arabischen Halb-<br />
Himmel<br />
hilf!<br />
Die neue Christenverfolgung<br />
Brüssel-Terror<br />
Merkels Schande<br />
Böhmermann<br />
Je suis Arschgeige<br />
RFID-Chip<br />
Spion unter der Haut<br />
Deutsches Bier<br />
Zurück zum Original<br />
Dossier: Protestparteien<br />
Von Grün bis AfD – Tops und Flopps<br />
<strong>COMPACT</strong> 5/2016. Foto: <strong>COMPACT</strong><br />
«Wir werden das<br />
Meer mit eurem<br />
Blut tränken.» <br />
Islamischer Staat<br />
Bild links: Muslime demonstrieren<br />
in London gegen den Krieg im Irak<br />
und in Afghanistan. Foto: picture<br />
alliance / Photoshot<br />
Wo Christen am stärksten<br />
verfolgt werden<br />
MAURETANIEN<br />
KASACHSTAN<br />
ASERBAI- USBEKISTAN<br />
DSCHAN<br />
TÜRKEI<br />
TURKMENISTAN TADSCHIKISTAN<br />
CHINA<br />
TUNESIEN<br />
SYRIEN<br />
IRAK IRAN<br />
AFGHANISTAN<br />
JORDANIEN KUWEIT PAKISTAN<br />
BHUTAN<br />
ALGERIEN LIBYEN<br />
ÄGYPTEN SAUDI- KATAR<br />
BANGLA-<br />
ARABIEN VAE<br />
INDIEN DESCH LAOS<br />
MALI<br />
OMAN<br />
MYANMAR<br />
SUDAN<br />
ERITREA JEMEN<br />
VIETNAM<br />
NIGERIA<br />
DSCHIBUTI<br />
ZENTRALA-<br />
SOMALIA<br />
ÄTHIOPIEN<br />
FRIKA<br />
SRI LANKA<br />
MALAYSIA<br />
KENIA<br />
MALEDIVEN<br />
NORDKOREA<br />
TANSANIA<br />
MEXICO<br />
KOMOREN<br />
KOLUMBIEN<br />
Quelle: Weltverfolgungsindex Open Doors, 2015<br />
Ausmaß der Verfolgung:<br />
Absolut > 85 Punkte<br />
Extrem > 70 Punkte<br />
Schwer > 45 Punkte<br />
Mittel > 40 Punkte<br />
<strong>10</strong>0 = totale Verfolgung<br />
Grafik: <strong>COMPACT</strong><br />
INDONESIEN<br />
41
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Die islamische Expansion<br />
Christen unter Assad<br />
Bischof Armash Nalbandian,<br />
Oberhaupt der armenischen<br />
Christen in Damaskus, in COM-<br />
PACT 8/2013:<br />
«Die Stabilität der Regierung<br />
[von Assad] garantiert Sicherheit<br />
für unsere Kirche, für uns<br />
Christen und für alle Menschen<br />
in Syrien. Ich sehe Fehler und<br />
Versagen auf Seiten der Regierung,<br />
aber das heißt nicht, dass<br />
ich gegen die Regierung bin.<br />
Ich bin für Reformen, aber das<br />
heißt nicht, dass ich für die Opposition<br />
bin. (…) Wir Christen<br />
haben Angst, dass wir zwischen<br />
den beiden Seiten zertreten<br />
werden. Da wir uns selbst<br />
nicht schützen können, brauchen<br />
wir Hilfe. Die Regierung<br />
kann uns schützen – die Opposition<br />
nicht. (…) Die Christen sind<br />
eine geschützte Minderheit, das<br />
heißt wir dürfen unseren Glauben<br />
frei ausüben, die armenische<br />
Sprache sprechen, wir haben<br />
eigene Krankenhäuser und<br />
karitative Dienste. (…) Die Regierung<br />
mischt sich nicht in unsere<br />
Angelegenheiten ein. Etwa<br />
auch, was den Religionsunterricht<br />
angeht: In jeder Schule, wo<br />
es christliche Schüler gibt, gibt<br />
es christlichen Religionsunterricht.<br />
Unsere Pfarrer erarbeiten<br />
die Lehrbücher, die Regierung<br />
gibt sie frei.»<br />
Bischof Armash Nalbandian.<br />
Foto: picture alliance / AP Photo<br />
Brandschatzung einer Kirche in<br />
Lahore/Pakistan, März 2013. Als<br />
Vorwand nahm der Mob, dass<br />
sich ein Christ blasphemisch über<br />
Mohammed geäußert habe.<br />
Foto: AFP/Getty Images<br />
insel (AQAP) die ohnehin nahezu versteckt lebende<br />
christliche Minderheit. Am ungeniertesten operieren<br />
die Dschihadisten dabei in Gegenden, die von<br />
saudi-arabischen Truppen oder deren Verbündeten<br />
beherrscht werden.<br />
Lediglich in Ägypten können Christen – rund<br />
zehn Prozent der 82 Millionen Einwohner gehören<br />
der koptischen Kirche an – zumindest auf relativen<br />
Schutz durch die Behörden hoffen. Der Grund<br />
ist jedoch keine irgendwie geartete Christenfreundlichkeit<br />
des Staates. Die faktische Militärregierung<br />
von Präsident Abdel as-Sisi fürchtet die Islamisten<br />
schlicht als Bedrohung ihrer Macht und geht daher<br />
rigoros vor allem gegen die 2013 durch einen Putsch<br />
gestürzten Moslembrüder vor. Sehr zum Unwillen<br />
der USA, die anscheinend auf ein Bündnis mit den<br />
weiterhin einflussreichen Islamisten setzen. Anfang<br />
2015 wurden Vertreter der Fanatiker im dortigen<br />
Außenministerium empfangen. Als Willkommensgeschenk<br />
veröffentlichte die Administration von<br />
Präsident Barack Obama sogar eine Erklärung,<br />
wonach die Bruderschaft «weder eine Terrororganisation<br />
ist noch als gewalttätige Gruppe betrachtet»<br />
werden könne. Anscheinend sollen die Moslembrüder<br />
gegen den Islamischen Staat gestärkt werden.<br />
Beginnt nun «ein weiteres «typisches» Kapitel der<br />
US-Außenpolitik, wo B aufgerüstet wird, um für die<br />
USA gegen Feind A zu kämpfen, morgen dann der<br />
aufgerüstete B zum Feind erklärt wird, und C aufgerüstet<br />
wird, um für die USA B zu bekämpfen?»,<br />
fragte die Nachrichtenseite katholisches.info.<br />
Weltweite Koordination<br />
Nicht nur im Orient sind unsere Glaubensbrüder<br />
ihres Lebens nicht mehr sicher. Ebenfalls eine Todeszone<br />
für Christen sind unter anderem die nördlichen<br />
Bundesstaaten Nigerias, in denen längst die Scharia<br />
als geltendes Recht den Ton angibt. 2014 griff die<br />
dortige Terrormiliz Boko Haram 700 Studenten an und<br />
sonderte 148 Christen aus, um diese anschließend<br />
zu ermorden. Im pakistanischen Lahore zündete die<br />
den Taliban nahestehende Gruppe Jamaat-ul-Ahrar<br />
zu Ostern 2016 eine Bombe in einem von Christen<br />
besuchten Vergnügungspark. Mehr als 70 Menschen<br />
starben, rund 340 weitere wurden verletzt. Jamaat-ul-Ahrar<br />
erklärte, sie habe «das Attentat von<br />
Lahore begangen, weil Christen unser Ziel sind».<br />
«Wir haben das Attentat begangen,<br />
weil Christen unser Ziel<br />
sind.» <br />
Jamaat ul-Ahrar<br />
Mittlerweile koordinieren islamische Kopf-ab-<br />
Truppen ihre Attacken sogar weltweit. Im März 2016<br />
kam es fast zeitgleich zu einer Serie von Anschlägen<br />
auf westliche Hotels in moslemischen Staaten<br />
von Indonesien bis nach Westafrika. Obgleich<br />
dabei auch die Leiterin des Goethe-Instituts in der<br />
Elfenbeinküste, Henrike Grohs, erschossen wurde,<br />
fand die Terrorserie in Deutschland kaum Beachtung.<br />
Dass den Islamisten nahestehende Nachrichtenportal<br />
al-Akhbar rühmte die Tat mit den Worten:<br />
«Dank Allah, dem Allmächtigen, konnten Ritter der<br />
al-Qaida im islamischen Maghreb in den Urlaubsort<br />
einbrechen».<br />
Im Zuge der Migrationsflut kamen auch Zigtausende<br />
Dschihadisten, die bei uns ihren Arabischen<br />
Frühling fortsetzen wollen – nachdem ihnen die russische<br />
und syrische Armee in der Levante zunehmend<br />
ihr blutiges Handwerk legen. Bereits bei den<br />
Anschlägen in Paris sowie in Brüssel im November<br />
2015 und März 2016 waren Täter als sogenannte<br />
Flüchtlinge nach Europa eingereist. Doch derartige<br />
Taten dürften nur den Auftakt darstellen: «Unser<br />
heutiges Leiden ist ein Vorgeschmack darauf, was<br />
Ihr Europäer und Christen in naher Zukunft erleiden<br />
werdet», prophezeite der damalige chaldäische<br />
Erzbischof von Mossul Emil Shimoun Nona 2015 in<br />
einem Interview.<br />
42<br />
_ Martin Müller-Mertens ist Chef<br />
vom Dienst bei <strong>COMPACT</strong>-Magazin.<br />
Federico Bischoff ist Katholik und<br />
lebt im Tessin.
Die islamische Karte<br />
_ von Marc Dassen<br />
Mudschaheddin am Hindukusch.<br />
Foto: picture alliance / AP Images<br />
Der Islamismus ist das Ass im Ärmel westlicher Geostrategen. Sie züchten ihn seit<br />
Jahrzehnten, mal offen, mal verdeckt, um ihn als Instrument der eigenen Weltherrschaftspläne<br />
einzusetzen. Arabische Staaten sollen destabilisiert, säkulare Kräfte<br />
geschwächt, Ressourcenkriege und Totalüberwachung legitimiert werden.<br />
Als US-Präsident George W. Bush neun Tage<br />
nach dem 11. September 2001 ans Mikrofon tritt,<br />
um den globalen «Krieg gegen den Terror» auszurufen,<br />
ahnt die Menschheit noch nicht, welch grausame<br />
Konsequenzen seine Worte für die Zukunft<br />
haben würden. Heute, 15 Jahre später, liegen die<br />
Dinge anders: 9/11 – das «neue Pearl Harbor»<br />
(Bush) – schlug im ewigen Teile- und Herrsche-Spiel<br />
des angloamerikanischen Imperiums ein neues blutiges<br />
Kapitel auf. Nachdem der Erzrivale im Osten<br />
mit dem Ende des Kalten Krieges 1990 zusammengebrochen<br />
war, galt ab sofort der politische Islam<br />
als neue Bedrohung. Der erklärte Krieg gegen die<br />
sogenannte «Achse des Bösen» brachte seither<br />
unendliches Leid, Millionen Tote, unvorstellbares<br />
Chaos und ebenso unvorstellbaren Profit – sicherer<br />
oder gar friedlicher ist die Welt nicht geworden,<br />
ganz im Gegenteil.<br />
Bush Junior versprach damals jedoch nicht nur<br />
Krieg bis zum Sieg, er nutzte den Moment auch, um<br />
erneut zu verschleiern, dass allein die unheilige Allianz<br />
des Westens mit den finstersten Ausgeburten<br />
des Islamismus dem nun beginnenden Konflikt den<br />
Boden bereitet hatte. Die Muslimbruderschaft, Khomeinis<br />
Ajatollah-Regime, Saudia-Arabiens orthodoxe<br />
Wahhabiten, Afghanistans Mudschaheddin,<br />
Osama bin Ladens al-Qaida, al-Baghdadis Islamischer<br />
Staat – sie alle wurden aus strategischen<br />
Gründen umarmt und gefördert, um sie entweder<br />
als Verbündete im Kampf gegen die Sowjetunion<br />
oder gegen jene säkularen Kräfte des Orients einzusetzen,<br />
die dem Einfluss und den kommerziellen<br />
Interessen des Westens gefährlich werden konnten<br />
– etwa Gamal Abdel Nasser in Ägypten, Mohammed<br />
Mossadegh im Iran und Baschar al-Assad<br />
in Syrien. Daraus folgte immer wieder das Déjà-vue<br />
der US-Außenpolitik: Die Feinde von heute sind die<br />
Freunde von gestern.<br />
Die Feinde der Freiheit<br />
Nach den Anschlägen von 2001 rief die neokonservative<br />
Bush-Administration den globalen Krieg<br />
gegen die «ansteckendste Sorte eines Virus» aus,<br />
«zu dessen Erschaffung die Vereinigten Staaten<br />
selbst beigetragen hatten», wie Robert Dreyfuss<br />
in seinem 2006 erstveröffentlichten Buch Devils<br />
Game treffend formuliert. Gemeint war al-Qaida,<br />
ein Produkt der US-Geheimdienste. Selbst die Isra-<br />
Das ewige Déjàvue<br />
der US-Außenpolitik:<br />
Die Feinde<br />
von heute sind die<br />
Freunde von gestern.<br />
43
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Die islamische Expansion<br />
Das Wachstum des<br />
islamischen Fundamentalismus<br />
ist Teil<br />
der US-Strategie,<br />
nicht Merkmal<br />
ihres Scheiterns.<br />
Mehrere Milliarden Dollar investierten<br />
die USA in den 1980er Jahren in<br />
den afghanischen Bürgerkrieg. Foto:<br />
Erwin Lux, CC BY-SA 3.0, Wikimedia<br />
Commons<br />
elis züchteten «den Islam als Gegengewicht zum<br />
palästinensischen Nationalismus», wie CIA-Analytikerin<br />
Martha Kessler bei Dreyfuss erklärt, und förderten<br />
damit den Hamas-Terrorismus, der bis heute<br />
als größte Bedrohung des jüdischen Staates gilt.<br />
Diese geopolitische Dialektik sollte die angloamerikanisch-zionistische<br />
Interessenpolitik auch im 21.<br />
Jahrhundert charakterisieren.<br />
Die Angreifer vom 11.9.2001, so heuchelte Bush<br />
Junior in seiner Kriegserklärung weiter, hassten<br />
«unsere Freiheiten», «unsere Religionsfreiheit (…)<br />
und die Freiheit, kontroverse Meinungen zu vertreten».<br />
Es war jedoch nicht der Terror, der der Freiheit<br />
in den USA ein Ende setzte, sondern das als<br />
Patriot Act bezeichnete Ermächtigungsgesetz, welches<br />
Bush danach unterschrieb und das den US-Präsidenten<br />
(bis heute) mit diktatorischen Vollmachten<br />
ausstattet. Die Mär vom Kampf Gut gegen Böse<br />
wird seither durch Staatsführer weltweit immer<br />
wieder in die Köpfe der sogenannten westlichen<br />
Wertegemeinschaft gehämmert, etwa nach den<br />
Anschlägen in Madrid, London, Istanbul, Paris und<br />
Brüssel, die alle ohne die aktive Unterstützung<br />
staatlicher Sicherheitsapparate undenkbar gewesen<br />
wären. Immer waren die Täter längst aktenkundig<br />
oder standen unter Überwachung, oft besorgten<br />
die Dienste ihnen Waffen oder Sprengstoff und<br />
hielten ihre schützende Hand über sie. Das Gleichnis<br />
vom Kampf der christlichen Zivilisation gegen<br />
die islamischen Barbaren ist die wohl nachhaltigste<br />
Lebenslüge des westlichen Systems. Nicht Menschenrechte,<br />
sondern Schürfrechte waren immer<br />
Amerikas Hauptantrieb. Dreyfuss zufolge kapierten<br />
die US-Strategen schon zu Zeiten des Kalten<br />
Krieges, dass die Verteidigung Westeuropas ohne<br />
einen «Plan zur Kontrolle der Golfregion nicht denkbar<br />
war». Hier kamen die Dschihadisten ins Spiel,<br />
die sich von westlichen Globalstrategen immer wieder<br />
für diese Zwecke einspannen ließen. Keinen<br />
Zweifel ließ Bush in seiner Rede aufkommen, dass<br />
sich die Welt «nicht auf eine Schlacht, sondern auf<br />
einen lang andauernden Feldzug» einstellen müsse,<br />
wie sie ihn bislang noch nicht erlebt habe. Weiter<br />
nahm er Amerikas Verbündete in die Pflicht: «Dies<br />
ist nicht nur ein Kampf Amerikas. (…) Es ist der<br />
Kampf aller, die an Fortschritt und Pluralismus, Toleranz<br />
und Freiheit glauben.»<br />
Die Geister, die sie riefen<br />
Der 11. September 2001 schlug ein neues Kapitel<br />
im Plan der Washingtoner Kriegstreiber auf,<br />
doch wo begann die Geschichte des gezüchteten<br />
Islamismus? 1916, als Briten und Franzosen im<br />
sogenannten Sykes-Picot-Abkommen die Gebiete<br />
des ehemaligen Osmanischen Reiches in kolonialherrlicher<br />
Manier unter sich aufteilten? 1917, als<br />
der Brite Arthur Lord Balfour das Heilige Land Palästina<br />
mit Unterstützung der Bankiersfamilie Rothschild<br />
zur «Heimstätte für die Juden» erklärte und<br />
dadurch das jüdische Finanzkapital zur Unterstützung<br />
der Alliierten im Ersten Weltkrieg bewegte?<br />
1920, als der Völkerbund die Herrschaft über den<br />
Nahen Osten übernahm und die Hoffnung auf nationale<br />
Unabhängigkeit der arabischen Völker im Keim<br />
erstickte? 1928, als mit finanzieller Hilfe der Briten<br />
und der Unterstützung des MI6 ein junger islamischer<br />
Gelehrter namens Hassan al-Banna die Muslimbruderschaft<br />
gründete? 1948, als die Staatsgründung<br />
Israels erfolgte und damit ein Satellit westlicher<br />
Macht im Orient installiert wurde? 1953, als<br />
man den säkularen Ministerpräsidenten des Iran,<br />
Mohammad Mossadegh mithilfe von CIA, MI6 und<br />
radikaler Islamisten stürzte (Operation Ajax), um<br />
den Schah von Persien, Mohammad Reza Pahlavi,<br />
an die Macht zubringen? Halfen die westlichen<br />
Dienste auch 1979 bei dessen gewaltsamer Ersetzung<br />
durch ein Ajatollah-Regime mit? 1979, als der<br />
berüchtigte Globalstratege Zbigniew Brzezinski die<br />
Operation Cyclone einfädelte, die afghanische Gotteskrieger<br />
zum Kampf gegen das Sowjetimperium<br />
instrumentalisierte? (siehe Infobox Seite 46)<br />
44<br />
Die Liste westlicher Schandtaten ließe sich beliebig<br />
verlängern. Den ebenso sinnlosen wie blutigen<br />
(Anti-)Terror-Krieg führt die US-hörige Welt mit offenen<br />
und verdeckten Mitteln nun seit über 15 Jahren<br />
– in Afghanistan, Irak, Pakistan, Libyen, Syrien und<br />
überall sonst, wo sich das Phantom des Islamismus<br />
zu verstecken droht, sprich: wo geostrategische Interessen<br />
des Westens bedroht sind. Ergebnis: Statt
<strong>COMPACT</strong> 4_01_Entwurf Mock Cover 23.05.11 <strong>10</strong>:52 Seite 1<br />
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Die islamische Expansion<br />
den Terrorismus von der Erdoberfläche zu tilgen,<br />
haben sich die Islamisten in einem selbsternannten<br />
Kalifat konsolidiert. Viele weitere Terrorgruppen<br />
sind durch das geschaffene Vakuum wie Krebsgeschwüre<br />
gewachsen, vereint im Hass auf den Westen.<br />
Der globale Dschihad erfreut sich rekordverdächtiger<br />
Beliebtheit und kann sogar europäische<br />
Konvertiten zum Märtyrertod verführen. Wer diese<br />
Tatsache aber als Versagen westlicher Geostrategie<br />
interpretiert, hat nichts verstanden. Das Wachstum<br />
des islamischen Fundamentalismus und das Schüren<br />
des gegenseitigen Hasses ist Teil der Strategie,<br />
nicht Merkmal ihres Scheiterns.<br />
Das Islamismus-Phantom<br />
Mubarak in Ägypten und Muammar al-Gaddafi in<br />
Libyen den Einfluss des Westens bedrohten, ließ<br />
man sie durch künstliche Protestbewegungen mithilfe<br />
der Muslimbruderschaft hinwegfegen. Dasselbe<br />
sollte mit dem säkular eingestellten Präsidenten<br />
Syriens Baschar al-Assad geschehen, erst<br />
durch Giftgas-Lügen, dann mittels Guerilla-Terror.<br />
Nur dank russischer Hilfestellung konnte dies bisher<br />
verhindert werden.<br />
Unabhängiges<br />
Monatsmagazin<br />
Grüner Horror<br />
Joschka wird Kanzler<br />
CIA-Agent<br />
Bin Laden<br />
Kriegslügen<br />
NATO gegen Libyen<br />
Stuxnet<br />
Cyberangriff auf Iran<br />
Ausgabe 6/2011 | 4 EUR<br />
www.compact-magazin.com<br />
EINER FÜR ALLE<br />
«Wir haben geholfen, ISIS aufzubauen.»<br />
US-General<br />
<strong>COMPACT</strong> 6/2011. Foto: <strong>COMPACT</strong><br />
McInerney<br />
Freitod<br />
Gunter Sachs †<br />
BVB – ein Meister aus Deutschland<br />
Fakt ist, dass der Kampf gegen den Terror eine<br />
Art Blankoscheck für westliche Angriffskriege liefert.<br />
Zufällig treibt der heimlich unterstützte Erzfeind<br />
immer gerade dort sein Unwesen, wo die<br />
westlichen Globalstrategen Chaos erzeugen wollen:<br />
Als Saddam Hussein im Irak zu gefährlich<br />
wurde, schob man ihm zuerst 9/11 in die Schuhe,<br />
dann erfand man seine angeblichen Massenvernichtungswaffen;<br />
Osama bin Laden – dem ehemaligen<br />
CIA-Agenten – unterstellte man ebenfalls,<br />
die Anschläge auf das World Trade Center und das<br />
Pentagon geplant und ausgeführt zu haben, und<br />
marschierte kurzerhand in Afghanistan ein, wo die<br />
US-Armee interessanterweise den internationalen<br />
Opiumhandel zu neuer Blüte brachte, der unter den<br />
Taliban fast vollständig gestoppt worden war. Als<br />
dann ab 2011 auch die ehemaligen «Partner» Hosni<br />
Heute steht die Welt vor den Trümmern einer<br />
Politik, die fremde Völker gegen den Westen aufgebracht,<br />
in unseren Ländern aber ebenso zerstörerisch<br />
auf die Rechte und Freiheiten des Einzelnen<br />
und die Verfassung unserer Nationen gewirkt<br />
hat. Der Krieg gegen den Terror war «genau der<br />
falsche Weg, mit der Herausforderung des politischen<br />
Islam umzugehen», wusste der Autor Dreyfuss<br />
bereits 2006, als er warnte, dass «neue al-Qaida-ähnliche<br />
Organisationen entstehen könnten»,<br />
die ihre Geburt alleine dem Hass auf die US-Imperialisten<br />
verdankten. Genau das geschah dann auch<br />
in Form des IS. Von ihrem gefährlichen Zynismus<br />
rücken die US-Globalstrategen trotzdem nicht ab –<br />
immer noch wird die Bedrohung durch den islamistischen<br />
Terrorismus maßlos übertrieben und propagandistisch<br />
inszeniert. Die verdeckte Unterstützung<br />
Für Ronald Reagan waren die Mudschaheddin<br />
willkommene Bundesgenossen<br />
im Kampf gegen das<br />
«Reich des Bösen», die Sowjetunion.<br />
Foto: Unbekannt (vermutlich<br />
Tim Clary), Public domain, Wikimedia<br />
Commons<br />
45
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Die islamische Expansion<br />
Amerikas geheimer<br />
Krieg<br />
Brzezinski: «Was soll ich bereuen?<br />
Diese geheime Operation<br />
[die Unterstützung der Mudschaheddin<br />
in Afghanistan in<br />
den 1980er Jahren] war eine exzellente<br />
Idee. Sie hatte den Effekt,<br />
die Russen in die afghanische<br />
Falle zu locken. Und Sie<br />
wollen, dass ich das bereue? An<br />
dem Tag, an dem die Sowjets<br />
offiziell die Grenze überquerten,<br />
schrieb ich an Präsident Carter:<br />
Wir haben jetzt die Möglichkeit,<br />
der UdSSR ihren Vietnamkrieg<br />
zu geben. Und tatsächlich,<br />
knapp zehn Jahre lang musste<br />
Moskau einen Krieg weiterführen,<br />
der für die Regierung nicht<br />
tragbar war, ein Konflikt, der zuerst<br />
die Demoralisierung und<br />
endlich den Zusammenbruch<br />
des Sowjetimperiums brachte.»<br />
Frage: «Und Sie bereuen auch<br />
nicht, den islamischen Fundamentalismus<br />
unterstützt, Waffen<br />
und Beratung an zukünftige<br />
Terroristen gegeben zu haben?»<br />
Brzezinski: «Was ist am Wichtigsten<br />
für die Weltgeschichte?<br />
Die Taliban oder der Zusammenbruch<br />
des Sowjetimperiums?<br />
Ein paar verärgerte Muslime<br />
oder die Befreiung Zentraleuropas<br />
und das Ende des Kalten<br />
Krieges?»<br />
(Zbigniew Brzezinski, Nationaler<br />
Sicherheitsberater unter Präsident<br />
Jimmy Carter und dessen<br />
Nachfolgern, Interview in Le<br />
Nouvel Observateur, Paris, Januar<br />
1998)<br />
Sowjetischer BMD-Panzer 1986 in<br />
Afghanistan. Foto: Public domain,<br />
Wikimedia Commons<br />
für die blutrünstigen Vollstrecker des Propheten verschweigt<br />
man. Wie ließe sich der Wahn des Weltpolizisten<br />
besser rechtfertigen als vor der Drohkulisse<br />
permanenter Gefahr?<br />
Fanatische Feinde, falsche Freunde<br />
Zu den vielleicht folgenreichsten Lügen im Krieg<br />
gegen den Terror gehört, dass sich das aus dem<br />
Westen stetig gefütterte Monster des Islamismus –<br />
spätestens seit 9/11 – selbstständig gemacht habe<br />
und der Kontrolle westlicher Geheimdienste entglitten,<br />
dementsprechend zu einer echten Gefahr für<br />
den Weltfrieden geworden sei. Diese These ignoriert<br />
alle Fakten, die den Schulterschluss westlicher<br />
Agenten und islamistischer Terrorzellen belegen<br />
– und sie verwischt mal wieder die Interessen<br />
der angloamerikanisch-zionistischen Achse in dieser<br />
Weltregion. Allgemein bekannt ist heute, was<br />
etwa Jürgen Elsässer in seinem 2008 erschienen<br />
Buch Terrorziel Europa – Das gefährliche Doppelspiel<br />
der geheimen Dienste herausgearbeitet hat:<br />
dass bei allen Anschlägen in Europa «Agenten oder<br />
V-Männer von Geheimdiensten eine tragende Rolle»<br />
gespielt haben, «kein einziger dieser Morde oder<br />
Mordversuche (…) ohne die Hilfe der Staatssicherheit»<br />
hätte unternommen werden können. (siehe<br />
auch <strong>COMPACT</strong> Spezial Nr. 5 – Dschihad in Europa)<br />
Obwohl heute alle Welt ahnt, dass die Anschläge<br />
vom 11. September ein Inside Job par excellence<br />
waren, obwohl das verhängnisvolle Joint Venture<br />
von al-Qaida und CIA auch im Mainstream bekannt<br />
ist und auch die jüngeren Anschläge in Europa deutliche<br />
Zeichen von externer Steuerung aufweisen,<br />
versuchen die großen Medien, jede Verantwortung<br />
westlicher Schlapphüte zu leugnen. David Shayler,<br />
ein ehemaliger Agent des britischen Inlandsgeheimdienstes<br />
MI5, erklärte zu den Anschlägen von<br />
Paris im November 2015, dass sie «alle Merkmale<br />
einer Gladio-Operation» aufwiesen, wahrscheinlich<br />
also durch NATO-Terroristen ausgeführt wurden,<br />
nicht durch Islamisten.<br />
Schon im Februar 2012 flog auf, dass die USA<br />
in Jordanien ein Trainingslager zur Ausbildung von<br />
Rebellen für den syrischen Umsturz unterhielt und<br />
einige der dort trainierten Kämpfer später zum IS<br />
überliefen. Zum Thema IS ließ der US-General Thomas<br />
McInerney im September 2014 die Katze aus<br />
dem Sack: «In Syrien haben wir, wie ich glaube,<br />
die falschen Leute innerhalb der richtigen Teile der<br />
Freien Syrischen Armee unterstützt (…). Wir haben<br />
also geholfen, ISIS aufzubauen.» Was bleibt uns<br />
anderes übrig, als zu konstatieren, dass das westliche<br />
Geheimdienstnetzwerk im Terroruntergrund<br />
immer noch die Fäden zieht? Es gilt: Gefährlicher<br />
noch als der Feind, der dich angreift, sind falsche<br />
Freunde, die dich umarmen.<br />
Die Zerstückelung des Nahen<br />
Ostens wird von den US-Globalstrategen<br />
vorangetrieben.<br />
Das Ziel der Destabilisierung und Balkanisierung<br />
arabischer Staaten hängt auch mit dem Anfang der<br />
1980er Jahre veröffentlichten Oded Yinon Plan –<br />
dem Projekt eines «Groß-Israel» vom Nil bis zum<br />
Euphrat – zusammen, der von Zionisten seit den<br />
Tagen Theodor Herzls stetig vorangetrieben wird.<br />
Der Autor Oded Yinon ist ein israelischer Journalist,<br />
der zeitweilig für das israelische Außenministerium<br />
tätig war. Israel Shahak, ehemals Professor<br />
an der Hebräischen Universität Jerusalem und<br />
bekennender Kritiker des ultraorthodoxen Machtflügels<br />
im Heiligen Land, sieht hier vor allem die Hardliner<br />
der Likud-Partei von Ministerpräsident Benjamin<br />
Netanjahu sowie deren Verbündete in Militär<br />
und Geheimdiensten am Werk. Shahak meint, dass<br />
sich die Kriege im Irak, im Libanon, in Syrien und im<br />
Jemen ebenso wie die Machtergreifung der Muslimbrüder<br />
2012 in Ägypten am besten vor dem Hintergrund<br />
dieses Plans begreifen lassen.<br />
46<br />
_ Marc Dassen ist Redakteur bei<br />
<strong>COMPACT</strong>-Magazin und schreibt<br />
vorwiegend über Probleme<br />
der internationalen Politik und<br />
Zeitgeschichte. In Ausgabe 5/2016<br />
befasste er sich mit den Propaganda-Tricks<br />
des Westens im Syrien-Krieg<br />
und der Komplizenschaft<br />
der deutschen Lügenpresse.<br />
Der 11. September 2001 war der Auftakt für Bushs (Anti-) Terror-Kriege.<br />
Foto: picture-alliance/dpa<br />
Die Zerstückelung des Nahen Ostens wird aber<br />
nicht nur von Zionisten, sondern auch von den<br />
US-Globalstrategen vorangetrieben. In einem 2006<br />
publizierten Pentagon-Strategiepapier mit dem Titel<br />
«Wie ein besserer Mittlerer Osten aussehen würde»<br />
spielen die Vereinigten Staaten mit der Idee, die<br />
bestehenden Grenzen der dort existierenden Staaten<br />
allesamt neu zu ziehen. Dazu braucht es genau<br />
jenes Chaos, das vom IS verbreitet wird.
Der Islam in Deutschland<br />
Über fünf Millionen Muslime leben in Deutschland, allein 2015 hat die Bundeskanzlerin<br />
eine Million ins Land gelassen. Parallelgesellschaften und bewaffnete<br />
Bandenstrukturen zerstören unsere freiheitliche Ordnung, in vielen Moscheen<br />
wird Hass und Gewalt gepredigt, zunehmend frecher nimmt Erdogans 5. Kolonne<br />
bei uns Einfluss.<br />
47
Die große Unterwerfung<br />
_ von Hans-Hermann Gockel<br />
48<br />
«Der Islam gehört zu Deutschland»: Für Merkel war 2015 die Zeit<br />
reif, um diese Aussage des ehemaligen Bundespräsidenten Christian<br />
Wulff zu bekräftigen. Auf perverse Weise hat sich das Postulat<br />
bestätigt: Unser Land wird mit Unterstützung der Regierungen in<br />
Bund und Ländern zunehmend von einer fremden Religion und<br />
Kultur geprägt.<br />
Deutschlands Zukunft? Islamischer<br />
Nachwuchs bei der Eröffnung der<br />
Beit-ul-Wahid Moschee in Hanau,<br />
2015. Foto: picture alliance / dpa<br />
Heute haben wir<br />
eine vorauseilende<br />
Toleranz – armselig,<br />
unsinnig, anbiedernd.<br />
Das Martinsfest ist in vielen Kitas abgeschafft.<br />
Es sei eine Zumutung für die muslimischen Jungen<br />
und Mädchen, heißt es unisono. Auf christliches<br />
Liedgut wird dabei schon lange verzichtet. Islamische<br />
Feste für die Kleinen werden dagegen voller<br />
Hingabe zelebriert. Ein Kinderhort im bayerischen<br />
Essenbach darf nicht «St. Josef» heißen. Eine türkischstämmige<br />
SPD-Gemeinderätin hielt den Heiligen<br />
als Namensgeber für nicht mehr zeitgemäß.<br />
Die Mehrheit des Gemeinderates sah es genauso.<br />
Die Islamverbände forderen zwei gesetzliche<br />
Feiertage. Die Ministerpräsidenten wollen es<br />
wohlwollend prüfen. Aus der islamischen Gemeinschaft<br />
kommt der Wunsch, der Bundespräsident<br />
möge künftig eine Ramadan- und Opferfestansprache<br />
halten. Ein Moslem klagte sich durch sämtliche<br />
Instanzen, um an einem Karfreitag in seiner<br />
Mehrzweckhalle mit 700 Gästen ausgelassen<br />
das Fest der Beschneidung feiern zu können – mit<br />
Musik, Tanz und Lesungen aus dem Koran. Und<br />
das Bundesverfassungsgericht kippte das Kopftuchverbot<br />
für muslimische Lehrerinnen an unseren<br />
Schulen.<br />
Merkels Islam<br />
«Der Islam gehört zu Deutschland». Was Angela<br />
Merkel und vorab Christian Wulff bei ihrer Aussage<br />
geritten hat, wird deren Geheimnis bleiben. Jedenfalls<br />
haben sie bewusst oder unbewusst verdrängt,<br />
dass der Islam, im Gegensatz zum Christentum,<br />
einen beinahe aggressiv zu nennenden politischen<br />
und rechtlichen Anspruch erhebt. Dass ausgerechnet<br />
eine prominente Muslimin und langjährige<br />
Politikerin wie Lale Akgün, die frühere Integrationsbeauftragte<br />
der SPD im Bundestag, darauf hinweisen<br />
muss, spricht Bände – und ist alles andere<br />
als ein Ruhmesblatt für die prominenten Vertreter<br />
einer «christlich»-demokratischen Union. Wie viele<br />
andere kritische Zeitgenossen stellt sie die Frage:<br />
«Welcher Islam ist denn gemeint?» Und sie verweist<br />
darauf, dass die meisten türkischen Organisationen<br />
in Deutschland vom islamistischen Weltbild der türkischen<br />
Regierung beeinflusst sind.
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Der Islam in Deutschland<br />
«Diese Regierung», so Akgün, «steht für eine<br />
hoch konservative bis fundamentalistische Auslegung<br />
der Religion.» Deshalb wird die 62-Jährige<br />
auch nicht müde, in ihren Vorträgen und öffentlichen<br />
Äußerungen davor zu warnen, «diesen selbstermächtigten<br />
Islamvertretern hier in Deutschland<br />
die Deutungshoheit über die Religion zuzusprechen,<br />
ihnen gleichsam nach dem Mund zu reden und sie<br />
damit aufzuwerten.» Zumal diese Verbände nachweislich<br />
nur zehn bis 15 Prozent der Muslime in<br />
Deutschland repräsentieren würden.<br />
Akgün bedauert in dem Zusammenhang, dass<br />
sich Gesellschaft und Politik von Show-Veranstaltungen<br />
dieser Organisationen täuschen lassen<br />
und deren Vertreter geradezu hofieren: «Ihr wahres<br />
Gesicht ist eine rückwärtsgewandte Theologie<br />
mit Koranschulen für Kinder, schwarzer Pädagogik<br />
und einer konstruierten islamischen Identität.»<br />
Wo bleibt zum Beispiel das wortgewaltige<br />
Engagement der Islamverbände gegen Antisemitismus,<br />
Christenverfolgung und Polygamie? Wo<br />
bleiben die klaren Worte gegen Zwangsehen und<br />
Ehrenmorde oder gegen die ausufernde islamische<br />
Paralleljustiz der sogenannten Friedensrichter hier<br />
in Deutschland? «Die Religion muss sich reformieren»,<br />
sagt Lale Akgün, «nur dann kann sie Teil eines<br />
weltoffenen und demokratischen Deutschlands<br />
sein.» Es ist gut, dass eine Muslimin das sagt. Die<br />
selbe Forderung, etwa aus dem Mund eines Katholiken,<br />
hätte nicht einmal ansatzweise das gleiche<br />
Gewicht.<br />
Islam-Rabatt für Mörder<br />
Es gab einmal unselige Zeiten, da sprach man<br />
von vorauseilendem Gehorsam. Heute haben wir<br />
eine vorauseilende Toleranz – armselig, unsinnig,<br />
anbiedernd. Vielen ist das nicht mehr geheuer.<br />
Wie auch dem deutsch-türkischen Schriftsteller<br />
Akif Pirinçci: «Die Buckelei vor dem Islam nimmt<br />
absurde Züge an.»<br />
Und die Justiz buckelt mit. In Frankfurt am Main<br />
will sich eine 26-jährige Deutsche marokkanischer<br />
Herkunft noch vor Ablauf des gesetzlich vorgeschriebenen<br />
Trennungsjahres scheiden lassen. Ihr<br />
gewalttätiger marokkanischer Ehemann hatte sie<br />
immer wieder geschlagen und sogar mit dem Tode<br />
bedroht. Eine Familienrichterin sieht jedoch keine<br />
«unzumutbare Härte», die eine sofortige Auflösung<br />
der Ehe nötig macht. Die Frau habe damit rechnen<br />
müssen, dass ihr Gatte sein religiös verbrieftes<br />
Züchtigungsrecht auch ausüben würde.<br />
dienstlichen Erklärung nachlegt: In Sure 4, Vers 34<br />
enthalte der Koran «neben dem Züchtigungsrecht<br />
des Mannes gegenüber der ungehorsamen Ehefrau<br />
auch die Feststellung zur Überlegenheit des Mannes<br />
gegenüber der Frau». Mit anderen Worten: Eine<br />
Frau, die einen Muslim heiratet, muss wissen, welches<br />
Ungemach in der Ehe auf sie zukommen kann.<br />
Eine Urteilsbegründung, die auch jeder islamistische<br />
Hinterhof-Imam unterschreiben würde.<br />
«Im Jenseits kann der Deutsche<br />
nur das Höllenfeuer erwarten.»<br />
<br />
Ein Berliner Hodscha<br />
Noch ein Beispiel: Ein Deutsch-Afghane ermordet<br />
in Wiesbaden seine schwangere Ex-Freundin.<br />
Dreimal rammt er ihr ein Messer in den Rücken.<br />
Zuvor hatte er mehrfach versucht, die junge Frau<br />
zur Abtreibung zu zwingen. Würde sie es nicht tun,<br />
lernte sie «den Afghanen» in ihm kennen. Eine<br />
Aussage, die nicht von mir stammt, sondern die<br />
so im Protokoll der Gerichtsverhandlung steht. Der<br />
Mann ist in Deutschland aufgewachsen, hat hier<br />
die Schule besucht und besitzt die deutsche Staatsbürgerschaft.<br />
Das Urteil: Lebenslänglich – allerdings ohne<br />
Anerkennung einer besonderen Schwere der Schuld.<br />
Der Staatsanwalt hatte diese ausdrücklich eingefordert,<br />
um eine Haftentlassung auf Bewährung<br />
nach 15 Jahren zu verhindern. Der Richter am Landgericht<br />
Wiesbaden stimmte dem nicht zu, weil sich<br />
der Täter «aufgrund seiner kulturellen und religiösen<br />
Herkunft in einer Zwangslage befunden» habe.<br />
Herkunft der Intensivtäter<br />
mit Migrationshintergrund<br />
3%<br />
2% 11%<br />
5%<br />
46%<br />
Türken<br />
Araber<br />
Bosnier<br />
Kosovo-Albaner<br />
Sonst. Orientale<br />
Sonstige<br />
Grafik: <strong>COMPACT</strong><br />
33%<br />
Quelle: Roman Reusch,<br />
«Migration und Kriminalität.<br />
Rechtsstaatliche und kriminologische<br />
Aspekte und Lösungsansätze<br />
für eine erfolgreiche<br />
Integration.»<br />
Der Konvertit Pierre Vogel gehört<br />
zu den führenden Einpeitschern<br />
des Salafismus in Deutschland. Im<br />
Juni 2016 provozierte er durch ein<br />
öffentliches Gebet mit Flüchtlingen<br />
vor einem Asylheim in Cloppenburg.<br />
Die Polizei ermittelt. Foto: picture<br />
alliance / dpa<br />
«Prügeln im Namen des Volkes», titelt daraufhin<br />
die Tageszeitung. Zumal die Richterin, eine Deutsche<br />
mit einem exzellenten Staatsexamen, in einer<br />
49
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Der Islam in Deutschland<br />
50<br />
Die Haremsmasche<br />
Vor allem kurdischstämmige<br />
Großfamilien und das radikal-muslimische<br />
Milieu finanzieren<br />
sich auf Staatskosten. Genutzt<br />
wird eine Lücke im Gesetz.<br />
Seit 2009 ist es für Muslime in<br />
Deutschland erlaubt, nach islamischem<br />
Recht mit mehreren<br />
Frauen gleichzeitig verheiratet<br />
zu sein. Diese Ehen werden nicht<br />
beim Standesamt gemeldet.<br />
«In diesen Strukturen ist es daher<br />
selbstverständlich, dass neben<br />
einer behördlich geschlossenen<br />
Ehe noch weitere – religiöse<br />
– Ehen geschlossen werden», so<br />
Falko Liecke (CDU), stellvertretender<br />
Bürgermeister von Neukölln.<br />
«Finanziert wird der ganze<br />
Harem aus Arbeitslosengeld II,<br />
Wohngeld und weiteren staatlichen<br />
Leistungen.»<br />
Denn: Obwohl die Frauen mit<br />
dem Mann zusammenleben, bekommen<br />
sie als «eigenständige<br />
Bedarfsgemeinschaft» Leistungen<br />
wie zum Beispiel Hartz IV.<br />
Damit aber nicht genug. Auch<br />
mithilfe der aus Mehrfachehen<br />
hervorgegangenen Kinder wird<br />
abkassiert. Oftmals geben sich<br />
laut Liecke die Zweit- und Drittfrauen<br />
gegenüber den Ämtern<br />
als alleinerziehend aus und behaupten,<br />
den Vater nicht zu kennen.<br />
Auf diesem Wege würden<br />
die Frauen mehr Arbeitslosengeld<br />
sowie staatlichen Unterhaltsvorschuss<br />
beziehen können.<br />
Die Harems-Masche aufzudecken<br />
und rechtssicher zu belegen,<br />
ist für die Ämter ein Akt der<br />
Unmöglichkeit.<br />
Liecke im Klartext: «Ein Staat,<br />
der diese Entwicklungen schulterzuckend<br />
hinnimmt, es gar als<br />
kulturelle Folklore oder Bereicherung<br />
ansieht, wenn archaische<br />
Gesellschaftsbilder unsere<br />
hart erkämpften Errungenschaften<br />
wie Gleichberechtigung und<br />
Toleranz konterkarieren, braucht<br />
sich nicht wundern, wenn diese<br />
Art von Toleranz immer weiter<br />
ausgenutzt wird.» (Berliner Kurier,<br />
11.1.2016)<br />
Erstfrau, Zweitfrau, Drittfrau?<br />
Foto: picture alliance / dpa<br />
Hinter den Mauern mancher Moschee könnte die Polizei<br />
fündig werden. Foto: picture alliance / dpa<br />
Die Familie des Opfers war fassungslos, und die<br />
Presse urteilte: «Islam-Rabatt für Mord!» Eine Studie<br />
des Max-Planck-Instituts im Auftrag des Bundeskriminalamtes<br />
ergab, dass sich der kulturelle<br />
Hintergrund bei sogenannten Ehrenmorden tatsächlich<br />
in etwa zehn Prozent der Fälle strafmildernd<br />
ausgewirkt hatte, obwohl das laut Bundesgerichtshof<br />
(BGH) zulässig ist. Anwaltliches Geschick zahlt<br />
sich aus, vor allem, wenn ein deutscher Richter ein<br />
«Papa Gnädig» ist, der sich nicht nur an den Vorgaben<br />
des Strafgesetzbuches orientiert, sondern<br />
immer auch einen Blick für die archaischen Verhältnisse<br />
in weiten Teilen der islamischen Welt hat.<br />
So kuscht diese Gesellschaft vor einer Religion,<br />
der man auf höchster politischer Ebene eine Art<br />
Freibrief ausgestellt hat. Nichts anderes nämlich ist<br />
der Satz «Der Islam gehört zu Deutschland» aus den<br />
Mündern der Regierungschefin und ihres ehemaligen<br />
Staatsoberhauptes. Angesichts dieser Tatsache<br />
könnte man für die gerade geschilderten Aussagen<br />
der bundesdeutschen Richter – um in der Sprache<br />
der Juristen zu bleiben – beinahe mildernde<br />
Umstände fordern.<br />
Was die sogenannten Ehrenmorde betrifft, dürften<br />
die Gerichte in Deutschland in den nächsten<br />
Jahren noch einiges zu tun bekommen. Deutlich<br />
wurde das am Rande eines Falles in Darmstadt.<br />
Eine 19-jährige Muslimin wurde von ihrem Vater<br />
erdrosselt, weil sie – aus Sicht ihrer Familie – «den<br />
Falschen» heiraten wollte. Die Mutter der jungen<br />
Frau hatte das Vorhaben des Vaters von Anfang<br />
an unterstützt. Sie half sogar beim Abtransport der<br />
Leiche. Soweit die traurigen Fakten. Im RTL-Nachtjournal,<br />
das den Fall ausführlich behandelte, kam<br />
die prominente Berliner Rechtsanwältin und muslimische<br />
Frauenrechtlerin Syran Ates zu Wort. Die<br />
Sendung stellte sie als Fachanwältin für Ehrenmorde<br />
vor. Die Frau weiß also, worüber sie spricht.<br />
Ihre Prognose für Deutschland ist erschütternd. Sie<br />
schätzt, dass 20 bis 30 Prozent der in Deutschland<br />
lebenden muslimischen Familien von einem antiquierten<br />
und unmenschlichen Weltbild geprägt<br />
sind: «Wenn sie verletzt werden in ihrer Ehre und<br />
in ihren Vorstellungen, (…) wie die Tochter aufzuwachsen<br />
hat und wie sie ihre Zukunft zu planen<br />
hat, sind sie bereit, bis zum Äußersten zu gehen.<br />
Und davon haben wir einige Tausend Familien in<br />
Deutschland.» Düstere Aussichten, Frau Merkel.<br />
Schimpfwort Deutscher<br />
Biokartoffeln. Biomasse. Biokompost. Der Politiker<br />
Cem Özdemir, Bundesvorsitzender seiner Partei<br />
Bündnis 90/Die Grünen, hat sichtlich Freude<br />
daran, in Talkshows und auf Veranstaltungen den<br />
Begriff Bio-Deutsche zu verwenden. Damit bezeichnet<br />
er Personen, die ethnisch von deutschen Eltern<br />
abstammen. Ich will ihm die Freude an dieser Wortschöpfung<br />
keinesfalls nehmen. Aber ich darf darauf<br />
hinweisen, dass der Begriff in der muslimischen<br />
Gemeinschaft eine beachtliche Karriere gemacht<br />
hat. Man könnte auch sagen, der Bio-Deutsche<br />
erfreut sich, dank Cem Özdemir, wachsender<br />
Beliebtheit.<br />
Insbesondere das Vokabular auf den Pausenhöfen<br />
der Berliner Schulen, die vornehmlich von<br />
Kindern mit Migrationshintergrund besucht werden,<br />
hat sich dadurch erheblich erweitert. Am<br />
meisten benutzt wird zwar immer noch «Du Jude»,<br />
dicht gefolgt von «Du Christ». Auf dem dritten<br />
Platz der beliebtesten Beschimpfungen liegt «Du<br />
Opfer», dicht gefolgt von «Du Kartoffel». Doch «Du<br />
Bio-Deutscher» wird von Tag zu Tag populärer.<br />
Eine Urteilsbegründung, die jeder<br />
Hinterhof-Imam unterschreiben<br />
würde.<br />
Jedes zweite Kind, das heute in unseren Großstädten<br />
und Ballungszentren geboren wird, hat<br />
muslimische Eltern. Seriösen Schätzungen zufolge<br />
werden spätestens im Jahre 2070 weit mehr als<br />
35 Millionen Muslime in Deutschland leben – bei<br />
einer gleichzeitig stark abnehmenden deutschen<br />
Bevölkerung, also uns Bio-Deutschen.<br />
Die CDU, die Christlich-Demokratische Union –<br />
falls es diese Partei dann überhaupt noch gibt –,<br />
dürfte bei der Besetzung politischer Ämter in ein<br />
paar Jahrzehnten keine wesentliche Rolle mehr<br />
spielen. Die Özdemirs dieser Welt wird es freuen.
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Der Islam in Deutschland<br />
Jeder hat das Recht, die katholische oder die<br />
evangelische Kirche zu kritisieren. Ich habe noch<br />
niemanden erlebt, der deshalb zu Wortschöpfungen<br />
wie katholophob oder evangelophob gegriffen<br />
hätte. Selbst den multikulturellen Gutmenschen<br />
dürften diese beiden Wörter schlicht und ergreifend<br />
zu blöd sein. Ganz anders verhält es sich mit<br />
islamophob. Für manche Kreise liegt in diesem<br />
Begriff scheinbar ein besonderer Zauber. Es sind<br />
Mitmenschen, die gerne ungefragt betonen, auf<br />
welcher Seite sie stehen. Natürlich ist das immer<br />
die richtige Seite, die gute. Weshalb sie auch Gutmenschen<br />
genannt werden – was ihnen auch wieder<br />
nicht passt.<br />
Totschlagvokabel Islamophobie<br />
Sie benutzen die Wörter Islamophobie und islamophob<br />
als eine Art Gewissens-Keule. Von mir<br />
aus können sie das gerne tun. Nur dürfen sie dann<br />
nicht auf Sensibelchen machen, wenn man ihnen<br />
mit der schärfsten Waffe kommt, die es in unserer<br />
freien Gesellschaft gibt: Fakten, Fakten, Fakten.<br />
Ist man islamophob, wenn man aus dem Freitagsgebet<br />
eines Hodscha in der Mewlana-Moschee in<br />
Berlin zitiert? «Es gibt Deutsche, die auch gut sind.<br />
Aber sie sind und bleiben doch Atheisten. Wozu nützen<br />
sie also? Haben wir jemals einen Nutzen von<br />
ihnen gehabt? Auf der ganzen Welt noch nicht. Weil<br />
Gott mit ihnen Mitleid hatte, gab er ihnen Freuden<br />
im Diesseits. Aber im Jenseits kann der Deutsche<br />
wegen seiner Ungläubigkeit nur das Höllenfeuer<br />
erwarten. Die Deutschen, diese Atheisten, rasieren<br />
sich nicht unter den Armen. Ihr Schweiß verbreitet<br />
einen üblen Geruch und sie stinken. Sie benutzen<br />
daher Parfüm und haben deshalb eine ganze<br />
Parfümindustrie aufgebaut.»<br />
Ist der Lehrer der Carl-von-Ossietzky-Oberschule<br />
islamophob, wenn er einem B.Z.-Reporter<br />
sagt: «Die Schüler gehen zwar hier zur Schule,<br />
leben aber in einer völlig anderen Welt. Vor allem<br />
türkische und arabische Fernsehsender vergiften<br />
die Köpfe der Jugendlichen. Es geht dort ständig<br />
um Ehrenmord und Blutrache. Wenn Sie mal eine<br />
Woche alle Sendungen übersetzen würden, bekämen<br />
Sie Gänsehaut.»<br />
Ist der Leserbrief-Schreiber Fritz Grübl aus München<br />
islamophob, wenn er eine simple Frage stellt:<br />
«In welchem islamischen Land könnte jemand die<br />
Charlie-Hebdo-Karikaturen veröffentlichen, ohne<br />
umgebracht zu werden?»<br />
Ist man islamophob, wenn man manche Literatur<br />
konservativer Muslime als menschenverachtend<br />
bezeichnet? Etwa das Buch Frauen im Islam,<br />
in dem der Imam Mohammed Kamal Mustafa seinen<br />
Lesern empfiehlt, wie sie ihre Frauen zu schlagen<br />
haben: Mit nicht zu dicken Ruten auf Hände und<br />
Füße, damit keine Narben zurückbleiben. Ist der frühere<br />
SPD-Bezirksbürgermeister von Neukölln Heinz<br />
Buschkowsky islamophob, wenn er in einer Talkshow<br />
der ARD seine alltäglichen Erfahrungen schildert?<br />
«Heute ist es so, wenn ein Kind von seiner<br />
Lehrerin gefragt wird: Sag mal Ayse, du bist doch<br />
eigentlich nie mit dem Kopftuch gekommen, jetzt<br />
trägst du Kopftuch, was ist passiert? Dann sagt das<br />
Kind: Es hat geklingelt und da waren zwei Männer,<br />
die haben mit Mutti geschimpft.»<br />
Islamkritik ist Aufklärung.<br />
«Der Islam gehört zu Deutschland»: Der Kanzlerin<br />
und ihrem moralinen Ex-Bundespräsidenten<br />
ist es unbenommen, diese These zu vertreten. Es<br />
wäre allerdings wunderbar, wenn sie genau definieren<br />
würden, welchen Islam sie meinen. Ist es<br />
jener, in dessen Namen drei jüdische Kinder und<br />
ein Rabbiner in Montauban und Toulouse in Frankreich<br />
erschossen wurden?<br />
Betrachten wir es doch einfach so: Islamkritik<br />
ist Aufklärung. Wenn wir anfangen, Verbotszonen<br />
zu definieren, können wir Abschied nehmen von<br />
unserer Freiheit des Denkens und Redens. Kuscheldiskussionen<br />
bringen uns nicht weiter. Eine freie<br />
Gesellschaft, eine freiheitlich-demokratische Kultur,<br />
gewährt keinen Rabatt. Niemandem. Davon<br />
sollte man ausgehen. Doch leider sind die ersten<br />
Rabatt-Aktionen schon angelaufen.<br />
«Die Bürgermeister, die Stadtkämmerer<br />
und die Leiter der Sozialämter<br />
wissen, wie es um Deutschland<br />
steht: Diese Nation wird gegen<br />
die Wand gefahren!», schrebt<br />
Hans-Hermann Gockel in seinem<br />
aktuellen Buch. Foto: HHG Verlag<br />
_ Hans-Hermann Gockel hat<br />
als TV-Journalist viele Jahre für<br />
RTL, SAT. 1 und N24 gearbeitet.<br />
Heute ist er freier Journalist und<br />
Produzent. Der Text ist seinem<br />
aktuellen Buch «Finale Deutschland<br />
– Asyl. Islam. Innere Sicherheit.»<br />
(HHG-Verlag, 19,99 Euro)<br />
entnommen, das den passenden<br />
Untertitel trägt: «Mit Klartext gegen<br />
die Gedankenfeigheit.»<br />
Ausschreitungen zwischen Kurden<br />
und Salafisten vor der Hamburger<br />
Nour Moschee, 2014.Foto: picture<br />
alliance / dpa<br />
51
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Der Islam in Deutschland<br />
Keine Freiheit für die<br />
Feinde der Freiheit!<br />
_ von Karl Albrecht Schachtschneider<br />
Der Islam ist in seinem Kern mit unserer freiheitlichen demokratischen<br />
Ordnung nicht vereinbar – und ein sogenannter Reformislam<br />
ist nicht in Sicht. Das Bundesverfassungsgericht hat Unrecht, wenn<br />
es eine Religionsfreiheit kreiert, mittels derer der Islamisierung<br />
Deutschlands die Tore weit geöffnet werden.<br />
Das Bundesverfassungsgericht<br />
definierte die<br />
Religionsfreiheit<br />
anders als das<br />
Grundgesetz.<br />
2015 kippte das Bundesverfassungsgericht<br />
das Kopftuchverbot für<br />
Lehrerinnen. Foto: picture alliance /<br />
Winfried Roth<br />
«Der Islam gehört zu Deutschland» oder «Der<br />
Islam gehört nicht zu Deutschland»? Beide Sätze<br />
sind zugleich richtig und falsch, je nachdem, in welcher<br />
Konnotation das Verb «gehören» verstanden<br />
wird, empirisch oder normativ; wenn normativ, dann<br />
ist die Richtigkeit des Satzes eine Frage des Rechts.<br />
In Deutschland leben einige Millionen Muslime<br />
und die gehören zur Umma, der weltweiten<br />
Gemeinschaft des Islam. Wie die Muslime gehört,<br />
empirisch betrachtet, deren Islamismus zu Deutschland<br />
– und zwar als ein existentielles Problem. Normativ<br />
gehört der Islam nicht zu Deutschland, wenn<br />
sich die Zwecke der muslimischen Vereinigungen<br />
gegen die verfassungsmäßige Ordnung richten;<br />
denn solche Vereinigungen sind durch Artikel 9<br />
Absatz 2 Grundgesetz verboten. Der Satz «Der Islam<br />
gehört zu Deutschland» könnte auch ein politisches<br />
Programm propagieren, dass nämlich Deutschland<br />
weiter islamisiert werden sollte. Dann kann aber<br />
auch gleich gesagt werden: Deutschland gehört<br />
dem Islam. Das ist nämlich das Ziel des Dschihad,<br />
nicht nur für Deutschland, sondern für Europa, ja<br />
die Welt. Denn laut Koran sind alle Menschen als<br />
Muslime geboren und müssen von den Irreleitungen<br />
zum aufklärerischen Atheismus «befreit» werden.<br />
Sie können Juden oder Christen bleiben, wenn<br />
sie den Muslimen als Schutzbefohlenen (Dhimmis)<br />
dienen und «in Demut» den Tribut für ihre Sicherheit,<br />
sprich ihr Leben, an die muslimischen Herren zahlen.<br />
Verfassungsgericht contra Grundgesetz<br />
Zur «verfassungsmäßigen Ordnung» gehören<br />
nach Artikel 4 Absatz 1 und 2 Grundgesetz der<br />
Schutz der Religionsgrundrechte und damit Religionen.<br />
Darauf stützen die Muslime ihr islamkonformes<br />
Leben in Deutschland, und das wird von unseren<br />
Staatsorganen und von vielen, wenn nicht den<br />
meisten Bürgern mittlerweile toleriert. Weil mehr<br />
und mehr Muslime die deutsche Staatsangehörigkeit<br />
haben, wächst diese Zustimmung, und die Toleranz<br />
wird immer weiter ausgedehnt.<br />
Die Islamisierung Deutschlands wird also mit<br />
Verweis auf eine vermeintliche Religionsfreiheit<br />
betrieben. Das Bundesverfassungsgericht fasst<br />
die Religionsgrundrechte der Absätze 1 und 2 des<br />
Art. 4 GG zu einem eigenständigen Grundrecht der<br />
Religionsfreiheit zusammen. Dieses soll das Recht<br />
geben, zu leben und zu handeln, wie es die Religion<br />
gebietet.<br />
52<br />
In diesem Zusammenhang muss man beachten:<br />
Der Islam, die Hingabe an Gott, ordnet das Leben<br />
und Handeln der Muslime nicht nur für das Jenseits,<br />
die Zweite Welt, sondern auch für die Erste Welt,
das Diesseits. Höchste, nämlich göttliche, Verbindlichkeit<br />
haben nicht nur der Koran, sondern auch<br />
die Hadithe der koranischen Tradition. Auf beiden<br />
baut die Scharia auf, der gebotene Weg, das von<br />
Gott Gewollte, die Gesetze. Der Islam ist somit eine<br />
politische Religion. Er ist ein religiöses Rechtssystem,<br />
das jeder Muslim größtmöglich zur Geltung<br />
zu bringen hat. Das Bundesverfassungsgericht hat<br />
also die Religionsfreiheit so definiert, dass islamisches<br />
Leben und Handeln mit höchstem Verfassungsrang<br />
geschützt sind.<br />
Das Grundgesetz jedoch kennt eine solche Religionsfreiheit<br />
nicht. Artikel 4 Absatz 1 und 2 schützen<br />
drei Religionsgrundrechte, die zu unterscheiden<br />
sind. Die Glaubensfreiheit des Absatzes 1 ist<br />
«unverletzlich» und darf mangels eines Vorbehalts<br />
nicht durch Gesetze eingeschränkt werden. Absatz<br />
1 schützt ebenfalls die «unverletzliche» Bekenntnisfreiheit.<br />
Das Bekenntnis ist das Glaubensbekenntnis,<br />
das seit der Confessio Augustana 1530 bis in<br />
die Weimarer Reichsverfassung (WRV) als «Gewissenfreyheit»<br />
geschützt war. Aus der Bekenntnisfreiheit<br />
kann man herleiten, dass der Gläubige sein<br />
Bekenntnis kundmachen wie auch verschweigen<br />
darf. Das stellt Absatz 3 des durch Artikel 140 in<br />
das Grundgesetz inkorporierten Artikel 136 WRV<br />
klar: «Niemand ist verpflichtet, seine religiöse Überzeugung<br />
zu offenbaren.»<br />
Drittens gewährleistet Absatz 2 des Artikel 4<br />
Grundgesetz die ungestörte Religionsausübung,<br />
das religiöse Handeln im Privaten und in der Öffentlichkeit.<br />
Dieses Handlungsgrundrecht unterliegt<br />
aber dem Vorrang des Staatlichen, also dem Vorrang<br />
der bürgerlichen Gesetze. Das steht in Absatz 1<br />
des Artikel 136 WRV: «Die bürgerlichen und staatsbürgerlichen<br />
Rechte und Pflichten werden durch die<br />
Ausübung der Religionsfreiheit weder bedingt noch<br />
beschränkt.» Außerdem heißt es in Absatz 2 dieser<br />
Vorschrift: «Der Genuss bürgerlicher und staatsbürgerlicher<br />
Rechte sowie die Zulassung zu öffentlichen<br />
Ämtern sind unabhängig von dem religiösen<br />
Bekenntnis.» Bereits in der Weimarer Staatsrechtslehre<br />
wurden die drei Religionsgrundrechte als<br />
«Religionsfreiheit» zusammengefasst, ohne freilich<br />
deren Materie so, wie es das Bundesverfassungsgericht<br />
dekretiert hat, zu erweitern.<br />
Trennung von Religion und Politik<br />
Die Religionsgrundrechte schützen somit den<br />
Glauben des Menschen, sein Bekenntnis einer Religion<br />
und – in den Grenzen der Gesetze! – deren<br />
Ausübung. Sie schützen vor allem den Glauben an<br />
einen Gott. Sie geben jedoch dem politischen Handeln<br />
keinerlei Grundrechtsschutz, auch wenn sich<br />
dieses religiös legitimiert. In der Politik geht es um<br />
die Gestaltung des gemeinsamen Lebens durch bürgerliche<br />
Gesetze. Das verlangt nach der Kenntnis<br />
der Wirklichkeit, um diese richtig durch Gesetze<br />
gestalten zu können. Das Bemühen darum ist<br />
Schutzgegenstand der in Artikel 5 geschützten Freiheiten<br />
– der Meinungsäußerungsfreiheit, der Pressefreiheit,<br />
begrenzt der Rundfunk- und Filmfreiheit<br />
und der Wissenschaftsfreiheit, aber auch Schutzgegenstand<br />
der sonstigen politischen Grundrechte.<br />
An Gott, das ewige Leben und die Unsterblichkeit<br />
Für gläubige Muslime gibt es nur<br />
ein Gesetz: die Scharia.<br />
Foto: picture alliance / dpa<br />
Wer mit der Religion<br />
Politik machen<br />
will, kann sich nicht<br />
auf die Religionsfreiheit<br />
berufen.<br />
2012 führte Nordrhein-Westfalen<br />
als erstes Bundesland Islamunterricht<br />
an öffentlichen Schulen ein.<br />
Foto: picture alliance / dpa<br />
53
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Der Islam in Deutschland<br />
Scharia ist die wesentliche Botschaft dieser Erklärung.<br />
Allen muslimischen Religionsgruppen ist die<br />
Scharia verbindliches Fundament des Lebens und<br />
Handelns, in allen Varianten des Islam, weil diese<br />
aus dem Koran und der koranischen Tradition, der<br />
Sunna, folgt. Es gibt kein Verständnis des Islam,<br />
das die Verbindlichkeit der Scharia zurückweist<br />
– und damit keinen aufklärerischen Islam. Das<br />
Gerede davon folgt einem apologetischen Impetus<br />
oder gehört zur Taqiyya-Strategie (dem Verschweigen<br />
der Wahrheit). Eine Religionsgemeinschaft,<br />
die die Säkularisation nicht zu ihrer Sache<br />
macht, kann Grundrechtsschutz aus Artikel 4 Grundgesetz<br />
also nicht in Anspruch nehmen. Die Säkularität<br />
gehört zur Verfassungsidentität eines freiheitlichen<br />
Gemeinwesens, einer Republik, die im freiheitlichen<br />
Sinne demokratisch sein muss.<br />
Die Grenzen des Religionspluralismus<br />
54<br />
In Frankreich ist bereits 32 Prozent<br />
des produzierten Rindfleisches<br />
halal. Für Deutschland liegen leider<br />
noch keine entsprechenden Statistiken<br />
vor. Foto: metropolico.org CC<br />
BY-SA 2.0, flickr.com<br />
Die meisten Asylbewerber<br />
sind Muslime<br />
Religionszugehörigkeit der<br />
Asylbewerber in Deutschland<br />
im Jahr 2014<br />
126.534<br />
49.676<br />
<strong>10</strong>.782<br />
3.922<br />
12.550<br />
Moslems Christen<br />
Jesiden<br />
andere (Hinduismus,<br />
Buddhismus, Judentum,<br />
Naturreligionen, sonstige)<br />
unbekannt oder<br />
konfessionslos<br />
Quelle: BAMF, Die Welt<br />
Grafik: <strong>COMPACT</strong><br />
der Seele kann man glauben. Wissen kann man<br />
darum nicht. Folglich sind religiöse Äußerungen<br />
keine Meinungen im grundrechtlichen Sinne, weil<br />
diese ein Beitrag zu Wahrheit und Richtigkeit des<br />
Diesseits sein müssen. Die Religionsgrundrechte<br />
können auch nicht wie die politischen Grundrechte<br />
nach Artikel 18 Grundgesetz verwirkt werden, weil<br />
nur politisches Handeln die freiheitliche demokratische<br />
Grundordnung bekämpfen kann, nicht aber auf<br />
das Jenseits bezogenes religiöses Handeln, soweit<br />
dieses grundrechtlich geschützt ist.<br />
Wenn die Ausübung einer Religion Politik zu verwirklichen<br />
trachtet, kann sie sich somit nicht auf die<br />
Religionsgrundrechte stützen. Die meisten Religionen<br />
stellen aber politische Maximen auf, Regeln für<br />
das Leben im Diesseits, auch die christlichen Kirchen,<br />
gegenwärtig vor allem mit Islamkritiker diffamierendem<br />
Moralismus. Diese Politik muss Grundrechtsschutz<br />
in den politischen Grundrechten zu finden<br />
versuchen. Die Einheit von Religion und Politik<br />
(von Kirchen oder Religionsgesellschaften) ist in der<br />
aufklärerischen Republik nur hinnehmbar, wenn die<br />
Religionsgemeinschaft und die Gläubigen nachhaltig<br />
die Säkularisation leben, äußerlich und innerlich,<br />
nämlich die Trennung der Politik von der Religion,<br />
der Kirche vom Staat, der Zweiten von der Ersten<br />
Welt. Das leisten – derzeit immer weniger, aber<br />
doch noch geradeso hinreichend – die christlichen<br />
Kirchen. Aber Jesus sagt zu Pilatus: «Mein Reich<br />
ist nicht von dieser Welt.» Das ist die Grundlage<br />
des augustinischen Gottesstaates und der Zwei-<br />
Schwerter-Lehre, widerspricht aber diametral dem<br />
Islam. Das erweist allein schon die religiöse Verbindlichkeit<br />
der Scharia, hinter der ausweislich der<br />
Kairoer Erklärung der Organisation der islamischen<br />
Konferenz (OIC) von 1990 auch die Menschenrechte<br />
zurückstehen. Der Vorbehalt und der Vorrang der<br />
Die weltliche Republik freier Bürger ist religionspluralistisch.<br />
Demgemäß muss der Staat Neutralität<br />
gegenüber den verschiedenen Religionen<br />
wahren. Er darf sich mit keiner Religion identifizieren,<br />
sondern hat die Religionen, soweit diese<br />
sich auf Glauben, dessen Bekenntnis und Ausübung<br />
beschränken, nicht nur wie jeder seiner Bürger, die<br />
als Bürgerschaft der Staat sind, zu tolerieren, sondern<br />
um der Religionsgrundrechte willen zu schützen<br />
und den Gläubigen hinreichende Möglichkeiten<br />
zu geben, ihre Religion auszuüben. Aber der Staat<br />
hat auch die Grenze der Religionsausübung durchzusetzen,<br />
also die Gesetze, die die Bürger wegen<br />
ihres Glaubens weder diskriminieren noch privilegieren<br />
dürfen.<br />
Der Islam ist mit dem Grundgesetz<br />
nicht vereinbar.<br />
In der freiheitlichen Demokratie ist jeder Bürger<br />
Gesetzgeber. Er hat teil an der Ausübung der<br />
Staatsgewalt, sei es unmittelbar durch Abstimmungen<br />
oder mittelbar durch die Vertretung des Volkes<br />
in der Gesetzgebung, vollziehenden Gewalt und<br />
Rechtsprechung durch die Organe des Staates. Verbindlich<br />
sind die Gesetze nur, weil sie der allgemeine<br />
Wille des Volkes sind, nicht etwa der Wille<br />
der Volksvertreter, zumal der Abgeordneten. Diese<br />
haben, freiheitsdogmatisch, das Mandat, die richtigen<br />
allgemeinen Sollenssätze zu erkennen und<br />
namens des Volkes als Gesetze zu beschließen.<br />
Das verlangt nach wissenschaftlicher Methode,<br />
die Wirklichkeit festzustellen und auf Grundlage der<br />
erkannten Lage ebenso wissenschaftlich das Richtige<br />
zu bestimmen. Jede andere Methode der Politik<br />
ist der praktischen Vernunft zuwider, kann nicht
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Der Islam in Deutschland<br />
das Gemeinwohl verwirklichen und somit nicht der<br />
Wille des ganzen Volkes, die volonté générale, sein.<br />
Jede andere Dogmatik ist herrschaftlich und mit der<br />
freiheitlichen demokratischen Grundordnung unvereinbar.<br />
Sie ist freilich die herrschende und praktizierte<br />
Lehre, die gar in der Mehrheit des Parlaments<br />
die Mehrheit des Volkes repräsentiert sieht<br />
und selbst mit dieser Irrlehre die tendenziell totalitäre<br />
Parteienoligarchie verkennt. Einem Totalitarismus<br />
ist freilich eine das Diesseits verbindlich<br />
regelnde Religion wie der Islam dienlich.<br />
Die Bürger können zur Erkenntnis dessen, was<br />
auf der Grundlage der Wahrheit richtig für das gute<br />
Leben aller Bürger ist, insbesondere nur gelangen,<br />
wenn sie sich in politischen Angelegenheiten von<br />
ihrer Religion lösen; denn ihre Religion ist nicht allgemein.<br />
Sie sind als Bürger verpflichtet, sich innerlich<br />
zu säkularisieren. Das gilt für Muslime nicht<br />
anders als für Katholiken, Protestanten, Juden<br />
und andere religiöse Menschen. Im Islam sind die<br />
Gesetze jedoch der Wille Allahs. Deren Erkenntnis<br />
kann von den Weisen, den Ulama, in der Schura<br />
beratschlagt werden, ihre Verbindlichkeit ist aber<br />
nicht Wille des Volkes, sondern Wille Allahs. Der<br />
Gegensatz einer islamischen Verfassung, in welcher<br />
Besonderheit auch immer, zur aufklärerischen, bürgerlichen<br />
Verfassung ist unüberwindlich.<br />
Missbrauch von Grundrechten<br />
Deswegen und aus vielen weiteren Gründen<br />
ist der Islam mit der freiheitlichen demokratischen<br />
Grundordnung des Grundgesetzes unvereinbar. Hingewiesen<br />
sei auf die Defizite der Gleichberechtigung<br />
von Mann und Frau, auf die menschenrechtswidrigen<br />
Strafen der Scharia, vor allem aber auf<br />
die theokratische Fundierung jeder islamischen<br />
Ordnung. Vereinigungen, die den Islam in seinen<br />
elementaren Prinzipien in Deutschland verwirklichen<br />
wollen, sind nach Artikel 9 Absatz 2 verboten,<br />
weil sie gegen die verfassungsmäßige Ordnung<br />
verstoßen. Darüber helfen die Religionsgrundrechte<br />
nicht hinweg, in welcher Dogmatik auch immer. Im<br />
Gegenteil hat nach Artikel 20 Absatz 4 Grundgesetz<br />
jeder Deutsche das Widerstandsrecht gegen<br />
jeden, der es unternimmt, diese Ordnung, die freiheitliche<br />
demokratische Grundordnung nämlich, zu<br />
beseitigen, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.<br />
Es können nicht die einen ein Grundrecht haben,<br />
gegen dessen Ausübung die anderen Widerstand<br />
leisten dürfen. Die freiheitliche demokratische<br />
Grundordnung ist Grenze jeden Grundrechts. Sie<br />
verpflichtet jeden Menschen in Deutschland. Selbst<br />
wenn, freilich irrig, aus dem Grundgesetz vermeintlich<br />
wegen der Menschenwürde eine umfassende<br />
Religionsfreiheit hergeleitet wird, die nur zugunsten<br />
anderer gleichrangiger, von der Menschenwürde<br />
gebotener Verfassungsprinzipien eingeschränkt<br />
werden dürfe, wie das das Bundesverfassungsgericht<br />
dogmatisiert, ist doch diese Grenze<br />
unverbrüchlich. Jede Missachtung dieser Ordnung<br />
ist nicht Ausübung eines Grundrechts, sondern dessen<br />
Missbrauch. Vermerkt sei, dass das Bundesverfassungsgericht<br />
es bislang tunlichst vermieden hat<br />
zu prüfen, ob der Islam in irgendeiner Variante mit<br />
der freiheitlichen demokratischen Grundordnung<br />
vereinbar ist. Das ist ein überfälliger Prozess, der<br />
über das Schicksal Deutschlands und Europas entscheiden<br />
wird.<br />
Eine Säkularisierung des Islams<br />
würde zu einer anderen Religion<br />
führen.<br />
Nur nach nachhaltiger Säkularisierung kann der<br />
Islam zu Deutschland gehören. Das ist Aufgabe für<br />
die muslimischen Vereinigungen und für jeden Muslim<br />
und für jede Muslima. Bisher wird ein solches<br />
Bemühen im Islam noch als Apostasie, als Abfall<br />
vom Glauben, verfolgt. Eine Säkularisierung widerstreitet<br />
dem Islam im Kern und würde zu einer anderen<br />
Religion führen. Sie ist deshalb nicht zu erwarten.<br />
Vielmehr verpflichtet der Islam die Umma und<br />
damit alle Muslime zum Dschihad, zur Ausbreitung<br />
des Islams in alle Welt mit allen zur Verfügung stehenden<br />
Mitteln.<br />
Für ein Scharia-<br />
Verbot!<br />
Durch ein Verbot der Scharia<br />
oder eine Nichterfüllung vieler<br />
politischer Forderungen der Islam-Verbände<br />
– Gleichstellung<br />
ihrer Feiertage mit christlichen,<br />
Kopftuch im Staatsdienst, Halal<br />
in Kindergärten – würde unser<br />
Staat die Religionsfreiheit für<br />
Muslime nicht beschneiden: Die<br />
Scharia selbst gewährt nämlich<br />
den Gläubigen in Ländern,<br />
in denen das islamische Recht<br />
noch nicht umgesetzt ist, explizit<br />
«Erleichterungen» bei der Befolgung<br />
ihrer Vorschriften. Zum<br />
Beispiel dürfen in diesem Fall<br />
Gebete samt ritueller Waschungen<br />
auch außerhalb der vorgegebenen<br />
Zeiten praktiziert, also<br />
nachgeholt werden, sogar der<br />
Verzehr von Schweinefleisch<br />
ist dann möglich. Minarette gar<br />
kennt der ganze Koran an keiner<br />
einzigen Stelle – warum also<br />
sollte deren Errichtung nicht in<br />
Deutschland ebenso verboten<br />
sein wie in der Schweiz seit einem<br />
entsprechenden Volksentscheid<br />
2008? (Peter Boehringer)<br />
_ Karls Albrecht Schachtschneider<br />
gehört zu den bedeutendsten<br />
Staatsrechtlern in Deutschland<br />
und hat sich besonders durch<br />
seine Klagen gegen den Euro<br />
und den EU-Zentralismus vor<br />
dem Bundesverfassungsgericht<br />
einen Namen gemacht. Im Buch<br />
«Grenzen der Religionsfreiheit am<br />
Beispiel des Islam» (Duncker &<br />
Humblot, Berlin, 20<strong>10</strong>, 2. Auflage<br />
2011, 140 Seiten) hat er die hier<br />
skizzierten Rechtsfragen näher<br />
erörtert. Eine kurze Abhandlung<br />
dazu findet sich unter dem Titel<br />
«Islamische Religionsausübung<br />
in Deutschland» auch in seinem<br />
aktuellen Buch «Erinnerung ans<br />
Recht. Essays zur Politik unserer<br />
Tage» (Kopp-Verlag, Rottenburg,<br />
2016).<br />
Proteste gegen Scharia-Polizei:<br />
2014 marschierte eine selbsternannte<br />
Uniformtruppe des Konvertiten<br />
Sven Lau durch Wuppertal.<br />
Foto: metropolico.org CC BY-SA 2.0,<br />
flickr.com<br />
55
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Der Islam in Deutschland<br />
Die falschen Opfer<br />
_ von Open Doors<br />
Sie entkamen zwar dem Islam-Terror in ihrem Heimatland – werden<br />
aber weiterhin von Muslimen drangsaliert: christliche Flüchtlinge<br />
in deutschen Asylheimen. Es gibt Hunderte gut dokumentierter Fälle<br />
– doch für die Lügenpresse kann nicht sein, was nicht sein darf.<br />
Gewalt gegen<br />
Christen<br />
In der von Open Doors vorgelegten<br />
Erhebung heißt es: «Die<br />
meisten Teilnehmer der Erhebung<br />
kamen aus dem Iran (etwa<br />
69 Prozent), knapp 13 Prozent<br />
aus Afghanistan und 5 Prozent<br />
aus Syrien. 86 Prozent der Befragten<br />
sind Christen muslimischer<br />
Herkunft, wobei der Großteil<br />
von ihnen schon in ihrem<br />
Heimatland zum christlichen<br />
Glauben übergetreten ist. Die<br />
christlichen Flüchtlinge haben<br />
angegeben, dass sie sowohl von<br />
Mitflüchtlingen als auch vonseiten<br />
des Wachpersonals Verfolgung<br />
erlebt haben. Drei Viertel<br />
der Befragten wurden wiederholt<br />
angegriffen.»<br />
Leiden für den Glauben: Allein das<br />
Kreuz reicht aus, um zu Opfern fanatisierter<br />
Muslime zu werden. Foto:<br />
picture alliance / dpa<br />
In der Studie «Religiös motivierte Übergriffe<br />
gegen christliche Flüchtlinge in Deutschland» dokumentiert<br />
Open Doors anhand detaillierter Fragebögen<br />
die Erfahrungen von 231 christlichen Flüchtlingen<br />
in deutschen Flüchtlingsunterkünften. Darin<br />
berichten sie von gewaltsamen Angriffen, Drohungen<br />
und Diskriminierungen, die demzufolge gehäuft<br />
auftreten. Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung<br />
hat sich umfangreich und mit deutlicher Kritik<br />
zur Erhebung geäußert. Sie titelt: «Unseriöse Studie<br />
– Zweifel an Christenverfolgung in Flüchtlingsheimen».<br />
Sie bezweifelt, dass die Erhebung deutschlandweit<br />
durchgeführt wurde. Die von der FAS monierte<br />
Besonderheit, dass über die Hälfte der Befragten<br />
aus Berlin stammt, ist für die Aussagekraft der<br />
Erhebung von wenig Belang und wurde dort bereits<br />
klar kommuniziert: «49 Prozent der Befragten (114<br />
Personen) wohnten zum Zeitpunkt der Befragung<br />
noch in einer Erstunterkunft in einem der Bundesländer<br />
Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg,<br />
Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen<br />
oder Sachsen-Anhalt, wobei Berlin<br />
mit insgesamt 124 Personen etwas über die Hälfte<br />
der Befragten stellt.»<br />
Im Artikel heißt es: «Trotz mehrfacher Nachfrage<br />
ist die Organisation (…) nicht in der Lage, auch nur<br />
einen Pfarrer aus dem Bereich der großen Landeskirchen<br />
zu benennen, der an einem Fragebogen mitgewirkt<br />
hat.» Entgegen der Aussage gab es Rückläufe<br />
ausgefüllter Fragebögen, auch von Pfarrern<br />
aus der Landeskirche. Der Redakteur hatte jedoch<br />
ausdrücklich nach Fragebögen aus Hessen und Niedersachsen<br />
gefragt. Dementsprechende Berichte<br />
lagen nicht vor und waren innerhalb einer Woche<br />
nicht zu erhalten.<br />
Aussage, die Vorwürfe seien «zu <strong>10</strong>0 Prozent aus<br />
der Luft gegriffen», deckt sich exakt mit der Problematik,<br />
die bereits in der Erhebung benannt wird:<br />
Oftmals haben Heimleiter und Betreiber keinerlei<br />
Interesse daran, religiös motivierten Übergriffen<br />
nachzugehen.<br />
Täter-Opfer-Umkehr<br />
Ausgeprägtes Interesse zeigte die FAS an einem<br />
«besonders eklatanten Fall der Gewalt gegen einen<br />
Christen» in (…) Niedersachsen. Dazu wurde der<br />
Kontakt zu Pastor Michel Youssif hergestellt, der<br />
zahlreiche christliche Flüchtlinge im Rahmen seiner<br />
arabischsprachigen Gemeinde betreut. Ein<br />
Flüchtling aus dem niedersächsischen Lamspringe<br />
hatte ihm berichtet, dass er wegen seiner erklärten<br />
Absicht, als Alevit zum christlichen Glauben zu konvertieren,<br />
bereits mehrfach von sunnitischen Muslimen<br />
und IS-Sympathisanten angegriffen worden<br />
sei. Der Pastor glaubte ihm. Eine telefonische Nachfrage<br />
der FAS im Flüchtlingsheim erbrachte, dass<br />
der christliche Flüchtling «aggressiv» gewesen sei.<br />
Immer wieder flehte er: «Bitte, ich<br />
habe Angst!»<br />
Wie Pastor Youssif jedoch zu berichten wusste,<br />
hatte der betroffene Flüchtling aus Lamspringe nach<br />
dem FAS-Interview große Angst, auf die Straße zu<br />
gehen. «Er hat mehrere Male bei mir angerufen und<br />
versichert, dass er die Wahrheit sage. Immer wieder<br />
sagte er auch: ”Bitte, ich habe Angst!”»<br />
56<br />
_ Der Text erschien als Presseerklärung<br />
des Hilfswerks Open Doors<br />
und wurde für die Veröffentlchung<br />
in <strong>COMPACT</strong> gekürzt und behutsam<br />
redaktionell bearbeitet. (Quelle:<br />
opendoors.de)<br />
Die FAS stellt die Glaubwürdigkeit der Flüchtlinge<br />
in Frage, indem sie einen Fall aus der Gemeinde<br />
des Berliner Pfarrers Dr. Gottfried Martens aufgreift.<br />
Sie greift den in der Erhebung genannten Fall eines<br />
christlichen Ehepaars aus Afghanistan (Konvertiten)<br />
auf, das aufgrund massiver Drangsalierung in seiner<br />
Unterkunft in die Kirche von Pfarrer Martens geflohen<br />
war. In diesem Zusammenhang kommt auch ein<br />
Vertreter der Betreibergesellschaft zu Wort. Seine<br />
Die jahrtausendealten christlichen Gemeinden im Nahen<br />
Osten befinden sich durch den IS-Terror praktisch in Auflösung.<br />
Foto: picture alliance / AP Photo
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Der Islam in Deutschland<br />
«Hat gerade noch gefehlt»<br />
_ von Jan von Flocken<br />
Die Leitmedien fälschen Friedrich den Großen zum Islam-Versteher um. Tatsächlich<br />
war die preußische Religions- und Einwanderungspolitik an strikte Bedingungen<br />
geknüpft: Hereingelassen wurden nur, wer dem Staat nützlich war.<br />
Preußens König Friedrich II. saß erst wenige<br />
Wochen auf dem Thron, da erreichte ihn am 15. Juni<br />
1740 die amtliche Anfrage, ob ein Katholik in der<br />
evangelischen Stadt Frankfurt/Oder das Bürgerrecht<br />
erwerben dürfe. Friedrich antwortete mit einem<br />
Satz, der in die Geschichtsbücher einging: «Alle<br />
Religionen sind gleich gut, wenn nur die Leute, die<br />
sie ausüben, ehrliche Leute sind, und wenn Türken<br />
und Heiden kämen und wollten das Land bevölkern,<br />
so wollen wir ihnen Moscheen und Kirchen bauen.»<br />
Dieses Zitat wird heute benutzt, um Friedrich<br />
den Großen gleichsam als Vorkämpfer einer islamischen<br />
Masseneinwanderung hinzustellen, obwohl<br />
er hier nur im Konjunktiv von einer damals gänzlich<br />
unwahrscheinlichen Möglichkeit spricht. Tatsächlich<br />
stand der Monarch allen Belangen der Religion<br />
zeitlebens gleichgültig bis spöttisch gegenüber;<br />
egal ob Katholiken, Evangelische, Juden,<br />
Mohammedaner oder Buddhisten – gläubige Menschen<br />
hielt er für bedauernswerte Schwachköpfe.<br />
Zum Ende seiner Regierungszeit wollte Friedrich<br />
sogar Tataren an der äußersten Landesgrenze zu<br />
Polen ansiedeln, «wenn nur die Seen und die vielen<br />
Moräste urbar gemacht werden können». Womit<br />
wir beim Kern der Sache angelangt sind. Der brandenburgisch-preußische<br />
Staat zeigte seit Anfang<br />
des 17. Jahrhunderts eine bemerkenswerte Toleranz<br />
in Religions- und Einwanderungsfragen. Nach<br />
horrenden Menschenverlusten während des 30-jährigen<br />
Krieges war es ebenso klug wie berechnend,<br />
Immigration nach Kräften zu fördern. Friedrich Wilhelm,<br />
der Große Kurfürst, betrieb diese ab 1650 mit<br />
seinem «Patent für Neusiedler». Er rief niederländische<br />
Kolonisten und Handwerker, Spezialisten für<br />
Garten- und Kanalbau, ins Land, um den Wiederaufbau<br />
der verwüsteten Mark Brandenburg voranzubringen.<br />
Bis 1669 wurden weitere Einwanderungsedikte<br />
erlassen, die den Ankömmlingen mehrjährige<br />
Befreiung von Steuern und Abgaben, unentgeltliche<br />
Zuweisung von Bauland, Befreiung von militärischen<br />
Einquartierungen sowie kostenlose Erteilung<br />
des Meisterrechts zusicherten. Den Neuansiedlern<br />
bot man «verfallene, wüste und ruinierte<br />
Häuser» an, die sie wieder aufbauen konnten. Holz,<br />
Kalk und Steine stellte der Staat zur Verfügung, und<br />
die Gebäude waren jahrelang von sämtlichen Steuern,<br />
Hypotheken oder Altschulden befreit.<br />
Gesucht: Aufbauhelfer<br />
Der große Unterschied zu heutigen Verhältnissen:<br />
Preußen benötigte nicht Menschen schlechthin,<br />
sondern Arbeitskräfte und Produzenten, Leute voller<br />
Fleiß und Unternehmungsgeist, welche dem Staat<br />
nicht auf der Tasche lagen. Die landwirtschaftliche<br />
Erschließung des Landes, Gewerbeförderung,<br />
Nachwuchspflege für Armee oder Beamtenschaft<br />
und nicht zuletzt die Steigerung des Steueraufkommens<br />
bildeten die entscheidenden Gesichtspunkte<br />
bei der Einwanderungspolitik.<br />
Ganz eindeutig erfolgten Bevölkerungspolitik<br />
und Minoritätenschutz in Brandenburg-Preußen<br />
ausschließlich nach rationalen Kriterien. Das<br />
Wohlergehen des eigenen Landes stand hierbei<br />
an vorderster Stelle. Von den Einwanderern, die<br />
ihre gewohnten Lebensumstände zurücklassen<br />
mussten, wurde verlangt, dass sie sich den neuen<br />
Sozialstrukturen, den ungewohnten Verhaltensweisen<br />
und Traditionen anpassen. Erst nach ihrer<br />
Eta blierung in Preußen «sollen ihnen auch alle diejenigen<br />
Freiheiten, Privilegien, Rechte und Gerech-<br />
Friedrich Wilhelm von Brandenburg,<br />
der Große Kurfürst, empfängt aus<br />
Frankreich geflohene Hugenotten<br />
im Potsdamer Schloss, Hugo Vogel,<br />
Holzstich, 1885. Foto: picture-alliance<br />
/ akg<br />
«Sind liederliche<br />
Leute dabei?» <br />
Friedrich Wilhelm I.<br />
57
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Der Islam in Deutschland<br />
58<br />
Emanzipation<br />
der Juden<br />
Mit dem «Edikt betreffend die<br />
bürgerlichen Verhältnisse der<br />
Juden in dem Preußischen Staate»<br />
vom 11. März 1812 wurden<br />
die im Lande lebenden Juden Inländer<br />
und preußische Staatsbürger.<br />
Damit wurden sie nicht<br />
mehr als Fremde angesehen und<br />
unterschieden sich staatsrechtlich<br />
nicht mehr von den übrigen<br />
Untertanen.<br />
Das Dekret hob das Schutzverhältnis<br />
der Juden auf und gewährte<br />
ihnen Niederlassungs-,<br />
Handels- und Gewerbefreiheit.<br />
Juden konnten sich erstmals im<br />
gesamten preußischen Gebiet<br />
frei bewegen und nach eigenem<br />
Gutdünken ohne weitere obrigkeitliche<br />
Kontrolle Grundbesitz<br />
erwerben. Alle Sonderabgaben<br />
fielen weg.<br />
Allerdings konnten die Staatsbehörden<br />
einzelnen Juden das<br />
neue Staatsbürgerrecht wieder<br />
entziehen. Es erstreckte sich<br />
auch nicht auf die Zulassung der<br />
Juden zum Offizierskorps, zur<br />
Justiz und zur öffentlichen Verwaltung,<br />
sondern verwies diese<br />
Zulassungen auf Einzelfälle und<br />
eine spätere Gesetzgebung. Alle<br />
älteren preußischen Vorschriften,<br />
die sich mit den Rechtsverhältnissen<br />
der Juden befassten,<br />
wurden aufgehoben, insbesondere<br />
das Revidierte General-Privileg<br />
Friedrichs des Großen von<br />
1750. Auf abweichende religiöse<br />
Bräuche – wie die Form der<br />
Eheschließung oder die der Eidesleistung<br />
– wurde Rücksicht<br />
genommen.<br />
Moses Mendelssohn (1729-1786)<br />
war der bedeutendste jüdische Aufklärer<br />
und Philosoph seiner Zeit.<br />
Foto: Gemeinfrei / Wikimedia Commons<br />
Rund 20.000 Salzburger Protestanten<br />
siedelten sich nach 1731 in Ostpreußen<br />
an. Foto: picture-alliance /<br />
Judaica-Sammlung Richter<br />
tigkeiten daselbst zustehen, welche anderen auch<br />
zugute kommen», hieß es im Preußischen Einladungspatent<br />
für die Salzburger Emigranten vom<br />
Februar 1732.<br />
Unter diesen Gesichtspunkten erfolgte bereits<br />
1685 die Aufnahme von 20.000 aus Frankreich vertriebenen<br />
Hugenotten. Ähnliches spielte sich 1732<br />
ab, als der sogenannte Soldatenkönig Friedrich Wilhelm<br />
I. fast 20.000 Protestanten aufnahm, die aus<br />
dem Salzburger Land fliehen mussten. In langen,<br />
gut organisierten Trecks zogen sie über Halle und<br />
Berlin nach Ostpreußen, wo die meisten auf königlichen<br />
Domänen oder auf brachliegendem Land angesiedelt<br />
wurden. Aber die Preußen sahen sich ihre<br />
Einwanderer zuvor sehr genau an. Friedrich Wilhelm<br />
I. ließ durch Kommissare überprüfen: «Sind<br />
liederliche Leute dabei? Welche, die sich besaufen<br />
oder der Völlerei ergeben?» Solche Menschen<br />
wurden selbstverständlich nicht aufgenommen.<br />
Genau unter die Lupe nahm man auch jene fast<br />
5.000 Schweizer Landwirtsfamilien, die bis 1740<br />
einwanderten, um bei der Trockenlegung des Oderbruchs<br />
und anderer Moorgebiete tätig zu werden.<br />
Verlangt: Bekenntnis zu Preußen<br />
Mit voller Härte reagierte der Staat hingegen<br />
auf sämtliche gesellschaftlichen Außenseiter. In<br />
Preußen galten zahlreiche Verordnungen, wonach<br />
Arme, Bettler, Landstreicher «und anderes unnützes<br />
Gesinde» abzuweisen seien. Deren «Abhaltung und<br />
Vertreibung aus den königlichen Landen» war eine<br />
grundlegende Maßnahme. Schon König Friedrich I.<br />
erließ am 24. November 17<strong>10</strong> das «Edikt wider die<br />
Zigeuner». Friedrich Wilhelm I. befahl 1725, «dass<br />
die Zigeuner, welche das Land betreten wollen und<br />
über 18 Jahre alt sind, ohne Gnade mit dem Galgen<br />
bestraft und ihre Kinder in die Waisenhäuser<br />
gebracht werden sollen». Wobei mit Waisenhäusern<br />
streng reglementierte Arbeitsstätten gemeint<br />
waren. Über die Juden urteilte der König 1721: «Ich<br />
verlange mir das Schachergesindel nicht in meinem<br />
Lande.» Dem folgte 1726 eine Vorschrift, wonach<br />
Juden, denen Betrug in Geldangelegenheiten nachgewiesen<br />
wurde, sämtliche Privilegien verloren und<br />
Preußen zu verlassen hatten.<br />
Unter diesen Voraussetzungen konnte sich der<br />
preußische Staat auch durchaus Toleranz auf gewissen<br />
Gebieten leisten. Die für ihren Fleiß berühmte<br />
Sekte der Mennoniten lehnte jeglichen Militärdienst<br />
aus Gewissensgründen ab. Als mit dem<br />
Erwerb von Westpreußen 12.000 von ihnen Untertanen<br />
wurden, stellte Friedrich der Große ihnen 1780<br />
ein Privileg aus, wonach sie dauerhaft vom Wehrdienst<br />
befreit wurden – so viel zum Thema preußischer<br />
Militarismus. Toleranz konnte umso leichter<br />
geübt werden, als die Einwanderer fast ausnahmslos<br />
aus demselben christlich-abendländischen Kulturkreis<br />
stammten, aus dessen gemeinsamen Erfahrungsbereich<br />
und seiner traditionellen Lebenswelt.<br />
Differenzen bezüglich Sprache, Konfession oder<br />
wirtschaftlicher Potenzen blieben zweitrangig.<br />
Sie alle «bekannten sich aber zu Preußen und der<br />
damit verbundenen übernationalen Staatsidee.»,<br />
schrieb Julius H. Schoeps in seinem Buch Preußen.<br />
Geschichte eines Mythos.<br />
Hochgewachsene Türken durften<br />
in der Leibgarde der «Langen<br />
Kerls» dienen.<br />
Das galt ebenso für die wenigen Zuwanderer<br />
moslemischen Glaubens. Als einige hochgewachsene<br />
Türken in die Leibgarde des Soldatenkönigs,<br />
den «Langen Kerls», eintraten, erteilte er ihnen<br />
die Erlaubnis, in Garnisonsnähe eine improvisierte<br />
Moschee zu errichten und dort Gottesdienste abzuhalten<br />
– aber selbstverständlich mussten sie ihren<br />
strengen Wach- und Exerzierdienst ableisten, wie<br />
jeder andere auch.<br />
Noch einmal zu Friedrich dem Großen und dessen<br />
Devise, in Preußen «muss ein jeder nach seiner<br />
Fasson selig werden». Seinem Freund Voltaire<br />
berichtete er im August 1775 von vagen Plänen,<br />
tausend moslemische Familien in Westpreußen<br />
anzusiedeln und ihnen dort Moscheen zu bauen.<br />
Im Kontext liest sich das freilich wie blanke Ironie:<br />
«Dann wird man dort hilli und halla singen hören.<br />
Diese Sekte hat dem Land gerade noch gefehlt.»
Von Kairo bis Köln<br />
_ von Karel Meissner<br />
Proteste nach der Absetzung des<br />
ägyptischen Präsidenten Mohammed<br />
Mursi in Kairo am 11. Oktober<br />
2013. Foto: picture alliance / AP<br />
Photo<br />
Überall, wo der Dschihad vorbereitet wird, finden sich Emissäre eines Geheimbundes:<br />
der Muslimbrüder. In Deutschland reicht ihr Einfluss bis in die höchsten<br />
islamischen Gremien. Die Staatsschutzorgane sind alarmiert, doch die Politik zieht<br />
keine Konsequenzen.<br />
Am 6. Januar 2015 gedachte Berlin der Opfer<br />
der islamistischen Anschläge, die kurz zuvor Paris<br />
und ganz Frankreich in Schrecken versetzt hatten.<br />
<strong>10</strong>.000 Menschen waren einem Aufruf des Zentralrats<br />
der Muslime (ZMD) gefolgt, der seinerseits<br />
von der Bundesregierung mehr oder weniger kräftig<br />
animiert worden war. Redner war unter anderem<br />
der ZMD-Vorsitzende Aiman Mazyek. Wie<br />
wenig populär die Veranstaltung bei Mazyeks Leuten<br />
gewesen ist, zeigt eine genauere Untersuchung.<br />
Das RTL-Nachtjournal merkt an: «Für eine muslimische<br />
Veranstaltung waren es zu wenige Muslime.<br />
Vielleicht 2.000. Doppelt so viele kommen,<br />
wenn Erdogan Wahlkampf macht in Berlin.» Stern.<br />
de resümierte: «Bei dieser Mahnwache waren fast<br />
mehr Minister als Moslems.»<br />
kischen Grauen Wölfe, sind Mitglied des Zentralrats<br />
der Muslime. Das sind Fundamentalisten und<br />
Islamo-Faschisten. Wie kann man einerseits Pegida<br />
verteufeln, aber mit ihren muslimischen und türkischen<br />
Gesinnungsgenossen eine Mahnwache<br />
gegen Extremismus machen?»<br />
Bomben gegen Nasser<br />
Während die Grauen Wölfe eine spezifisch<br />
osmanische Vereinigung sind, hat die Muslimbruderschaft<br />
(MB) weltweite Bedeutung: Sie gilt als<br />
Impulsgeber des islamischen Terrorismus auf allen<br />
Kontinenten und hat heute nach eigenen Angaben<br />
<strong>10</strong>0 Millionen Mitglieder, die in nationalen Sektionen<br />
in über 70 Ländern organisiert sind.<br />
Mohammed Mursi im Käfig vor<br />
Gericht im Juni 2015; Der den Muslimbrüdern<br />
nahestehende Ex-Präsident<br />
wurde zum Tode verurteilt.<br />
Foto: picture alliance / ZUMA-<br />
PRESS.com<br />
Ali Ertan Toprak, Vorsitzender der Kurdischen<br />
Gemeinde Deutschland, äußerte im Vorfeld Unverständnis,<br />
dass mit Islamisten gegen Terrorismus<br />
demonstriert werden sollte: «Wissen die deutschen<br />
Parteien, mit wem sie am Dienstag demonstrieren?<br />
Muslimbrüder und Atib, eine Abspaltung der tür-<br />
Gegründet wurde die MB 1928 in Ägypten von<br />
dem Grundschullehrer Hasan al-Banna (1906–<br />
1949). Berühmt und berüchtigt wurde die Organisation<br />
zu Beginn der 1950er Jahre, als der ägyptische<br />
König von patriotischen Offizieren unter Gamal<br />
abdel Nasser gestürzt wurde. Die MB kritisierte die<br />
«Erdogan, der<br />
ewige Muslimbruder».<br />
Die Welt<br />
59
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Der Islam in Deutschland<br />
Das gelbe Stirnband war Symbol<br />
der von Muslimbrüdern organisierten<br />
Proteste gegen den Militärputsch<br />
zur Absetzung Mursis im<br />
Juli 2013. Hier eine vollverschleierte<br />
Demonstrantin im gutsituierten<br />
Kairoer Vorort Helwan. Foto: picture<br />
alliance/AP Photo<br />
Am <strong>10</strong>.5.2015 versammeln sich<br />
Anhänger des türkischen Staatspräsidenten<br />
Erdogan. Foto: picture alliance/dpa<br />
mangelnde Frömmigkeit der neuen Führung und<br />
reagierte mit Bombenanschlägen und Attentaten.<br />
Nasser konterte, ließ die MB mehrfach verbieten<br />
und ihren wichtigsten Theoretiker Seyyid Qutb 1966<br />
in Kairo hinrichten. Dessen Bruder flüchtete nach<br />
Saudi-Arabien, unterrichtete dort als Professor an<br />
der Universität von Dschidda und verbreitete dessen<br />
verbotene Schriften weiter – unter anderem an<br />
einen jungen Studenten namens Osama bin Laden.<br />
Der hingerichtete Qutb war «der intellektuelle Held<br />
aller Gruppen, die später bei al-Qaida mitmachten,<br />
ihr Karl Marx, ihr Führer», fasst Paul Berman in der<br />
New York Times zusammen. Jedenfalls gingen aus<br />
der Muslimbruderschaft Organisationen wie die<br />
Hamas in Palästina und die Gruppe Islamischer<br />
Dschihad in Ägypten hervor. In Syrien (1982) und<br />
Algerien (in den 1990er Jahren) waren sie an blutigen<br />
Aufständen gegen die Staatsmacht beteiligt.<br />
Vorstoß nach Europa<br />
Der Anführer der ägyptischen MB, Aywan al-Zawahiri,<br />
schickte in den 1990er Jahren, ebenso wie<br />
bin Laden, seine Gotteskrieger auf den Balkan. Ziel<br />
war die Einführung der Scharia in Bosnien-Herzegowina,<br />
das sich 1991 von Jugoslawien abgespalten<br />
hatte.<br />
In Sarajevo wurden die 5.000 arabischen<br />
Dschihadisten 1992 bereitwillig von Alija Izetbegovic<br />
empfangen, der sich als Präsident an die<br />
Spitze der Sezessionsrepublik Bosnien-Herzegowina<br />
gesetzt hatte. Die serbische Volksgruppe<br />
kämpfte erbittert gegen die Abspaltung – auch deswegen,<br />
weil sie die Entrechtung aller Nicht-Muslime<br />
befürchtete. Ein dreijähriger Bürgerkrieg mit<br />
<strong>10</strong>0.000 Toten war die Folge.<br />
Wie sehr Izetbegovic selbst von der Muslimbruderschaft<br />
beeinflusst war, kann man seinem Hauptwerk<br />
Islamische Deklaration entnehmen. Im Mittelpunkt<br />
steht «das Prinzip der islamischen Ordnung,<br />
das heißt die Einheit von Religion und Politik». Das<br />
Buch ist eine Kampfansage an andere Religionen:<br />
«Es kann keinen Frieden und keine Koexistenz zwischen<br />
dem islamischen Glauben und nicht-islamischen<br />
Gemeinschaften und politischen Institutionen<br />
geben.» Izetbegovic befürwortete «den Kampf<br />
zur Schaffung einer großen islamischen Föderation<br />
von Marokko bis Indonesien, von Schwarzafrika<br />
bis Mittelasien». Dafür müssten auch Gesellschaften<br />
mit nicht-islamischen Bevölkerungsteilen<br />
erobert werden. «Die islamische Bewegung sollte<br />
und muss die Macht übernehmen, sobald sie moralisch<br />
und numerisch stark genug ist, um nicht nur<br />
die vorhandene nicht-islamische Herrschaft zu<br />
stürzen, sondern auch eine neue islamische aufzubauen<br />
(…).» Um den verderblichen westlichen<br />
Einfluss zurückzudrängen, empfahl er eine fundamentalistische<br />
Gleichschaltung des öffentlichen<br />
Lebens: «Die Erziehung des Volkes und besonders<br />
die Massenmedien – Presse, Radio, TV und Film –<br />
sollten in den Händen von Leuten sein, deren islamische<br />
Moral und intellektuelle Autorität unzweifelhaft<br />
sind. Die Medien dürfen nicht, wie so oft, in<br />
die Hände verdorbener und degenerierter Leute fallen,<br />
die dann die Ziellosigkeit und Leere ihres eigenen<br />
Lebens auf andere übertragen.»<br />
«Das Weiße Haus sah die Muslimbrüder<br />
als stillen Alliierten.» <br />
<br />
CIA-Agent Robert Baer<br />
60<br />
Trotz dieser extremistischen Ansichten, die Izetbegovic<br />
in Jugoslawien eine Haftstrafe eingebracht<br />
hatten, und trotz seines Schulterschlusses mit bin<br />
Laden und al-Zawahiri erfreute sich der Politiker<br />
während des bosnischen Bürgerkrieges der<br />
geschlossenen Unterstützung der NATO-Staaten.<br />
Dieses perverse Bündnis war nicht neu. Der Islamwissenschaftler<br />
Robert Dreyfuss weist in seinem<br />
Buch Devil‘s Game (Des Teufels Spiel; New York,<br />
2005) nach, dass der Westen sich immer wieder der<br />
Muslimbruderschaft für eigene Interessen bedient<br />
hat – vor allem als Rammbock gegen arabische Nationalisten<br />
wie Nasser, die mit Enteignungen gegen<br />
anglo amerikanische Ölinteressen vorgingen. Auch<br />
die Hamas erfreute sich in der Frühphase kräftiger<br />
Unterstützung aus Israel – die Zionisten wollten in<br />
den 1980er Jahren die damals noch allmächtige PLO<br />
von Jassir Arafat schwächen. Der ehemalige CIA-<br />
Agent Robert Baer spricht in seinem Buch Sleeping<br />
with the Devil (Mit dem Teufel schlafen; New York,
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Der Islam in Deutschland<br />
2003) von einem «schmutzigen kleinen Geheimnis»:<br />
«Das Weiße Haus sah die Brüder als stillen Alliierten,<br />
eine Geheimwaffe gegen (was sonst?) den<br />
Kommunismus.» Tatsächlich nutzte die US-Außenpolitik<br />
die MB auch zur Anzettelung von Unruhen in<br />
den zentralasiatischen Sowjetrepubliken.<br />
Ein Alarmruf<br />
Gefahr für Deutschland<br />
Die aktuelle Stärke der Muslimbrüder zeigte sich<br />
im Jahr 2012, als sie in Ägypten nach dem Sturz<br />
von Staatschef Hosni Mubarak vorübergehend die<br />
Macht ergreifen und einen der ihren, Mohammed<br />
Mursi, als Präsidenten durchsetzen konnten. In den<br />
Oppositions- und Terrorbewegungen gegen Baschar<br />
al-Assad in Syrien spielen sie, nicht erst seit dem<br />
Ausbruch offener Gewalt 2011, ebenfalls die zentrale<br />
Rolle.<br />
Auch dem türkischen Präsidenten werden Verbindungen<br />
zur MB nachgesagt: «Recep Tayyip<br />
Erdogan, der ewige Muslimbruder», titelte Die Welt<br />
Ende 2013. Tatsächlich hatte sich der Türke im ägyptischen<br />
Machtkampf offen hinter Mursi gestellt. In<br />
jedem Fall gehörte Erdogans politischer Ziehvater<br />
Necmettin Erbakan der Geheimgesellschaft an: Die<br />
MB hatte auf die Gründung eines türkischen Zweiges<br />
verzichtet, weil sie in der von Erbakan geführten<br />
Milli-Görüs-Bewegung («Nationale Sicht») Gesinnungsgenossen<br />
sah.<br />
Ist es möglich, dass sich das bosnische Szenario<br />
in Mitteleuropa wiederholt? Könnten Erdogan<br />
und die Dschihadisten in Syrien ihre MB-Verbindung<br />
nutzen, um auch Deutschland in einen Bürgerkrieg<br />
zu treiben? Der deutsche Inlandsgeheimdienst<br />
hat jedenfalls ein wachsames Auge auf die Muslimbrüder<br />
mit ihren geschätzt 1.600 Anhängern in der<br />
Bundesrepublik. 2009 fand man einen Vierjahresplan<br />
der MB. «Die darin vorgesehenen Maßnahmen<br />
basieren auf einer Doppelstrategie», heißt es im<br />
bayrischen Verfassungsschutzbericht 2013. «Nach<br />
außen gibt sich die MB offen, tolerant und dialogbereit<br />
und strebt eine Zusammenarbeit mit politischen<br />
Institutionen und Entscheidungsträgern an,<br />
um so Einfluss im öffentlichen Leben zu gewinnen.<br />
Ihr Ziel bleibt aber die Errichtung einer auf der Scharia<br />
basierenden gesellschaftlichen und politischen<br />
Ordnung, wobei die MB für sich die Führungsrolle<br />
für alle Muslime beansprucht.»<br />
«Als Generalbevollmächtigter der Europäischen Moscheebauund<br />
Unterstützungsgesellschaft verwaltet el-Zayat mehr als<br />
600 Moscheen in Europa.» (Kölner Stadtanzeiger, 19.12.2007)<br />
Foto: picture-alliance/ dpa/dpaweb<br />
Der in Kairo wohnhafte, langjährige oberste<br />
MB-Führer Mohammed Mahdi Akef bezeichnete<br />
2007 den damaligen IGD-Präsidenten Ibrahim el-Zayat<br />
in einem ARD-Fernsehbeitrag als «Chef der Muslimbrüder<br />
in Deutschland». El-Zayat bestritt dies.<br />
Das NRW-Innenministerium schrieb, el-Zayats Verbindungen<br />
reichten «durch persönliche Kontakte von<br />
Funktionären und gemeinsame Projekte sowohl in<br />
den Bereich von islamisch-extremistischen Organisationen<br />
arabischstämmiger als auch türkischstämmiger<br />
Muslime, sowie zu einer islamischen Hilfsorganisation,<br />
die im Verdacht steht, heimlich den islamistischen<br />
Terrorismus zu unterstützen».<br />
«Ihr Ziel bleibt die Errichtung einer<br />
auf der Scharia basierenden<br />
Ordnung.» Verfassungsschutz<br />
«Die IGD in Deutschland und<br />
die mit ihr unmittelbar oder mittelbar<br />
vernetzten Organisationen,<br />
wie etwa die türkische Milli<br />
Görüs, sind politische Islamisten.<br />
Sie vertreten eine sehr<br />
radikale Haltung, die die absolute<br />
Geltung des Grundgesetzes<br />
nicht akzeptiert. Wie die terroristischen<br />
Islamisten kämpfen<br />
sie für die Verbreitung der Scharia,<br />
doch ihre Vorgehensweise<br />
ist anders: Sie rufen nicht direkt<br />
zur Gewalt auf, sondern nutzen<br />
gesetzliche Freiräume, um gegen<br />
unsere Rechtsordnung vorzugehen.<br />
Die ihnen zugerechneten<br />
Publikationen sind voll von<br />
antisemitischer Hetze und propagieren<br />
die Überlegenheit des<br />
Mannes gegenüber der Frau.<br />
Die Frage zum Beispiel, ob man<br />
seine Ehefrau schlagen sollte,<br />
wenn sie nicht gehorcht, beantworten<br />
politische Islamisten<br />
auf ihren Internetseiten so:<br />
erst reden, dann getrennte Ehebetten,<br />
und wenn auch das nicht<br />
hilft, helfen Prügel.» (Die damalige<br />
CDU-Bundestagsabgeordnete<br />
und spätere Bundesfamilienministerin<br />
Kristina Schröder<br />
in der Frankfurter Allgemeinen<br />
Zeitung, 11.5.2007, nach einem<br />
Auftritt des IGD-Chefs el-Zayat<br />
auf der Islamkonferenz der Bundesregierung)<br />
Das Symbol der IGD. Quelle: IGD<br />
Als mitgliederstärkste MB-Organisation in<br />
Deutschland wird die 1958 gegründete Islamische<br />
Gemeinschaft in Deutschland (IGD) mit Sitz in Köln<br />
betrachtet. Am 15. November 2014 veröffentlichte<br />
das Kabinett der Vereinigten Arabischen Emirate<br />
eine Liste mit 83 dem islamischen Terrorismus zuzurechnenden<br />
Organisationen. Als einzige deutsche<br />
Organisation ist hier die IGD aufgeführt.<br />
Obwohl el-Zayat eine Mitgliedschaft in der Muslimbruderschaft<br />
immer leugnete, bezeichnete er sie<br />
als «die wichtigste islamische Reformbewegung im<br />
20. Jahrhundert», die sich «für die Befreiung der<br />
Frau, für die Lösung sozialer Probleme» einsetze<br />
und «eine an Raum und Zeit angepasste Interpretation<br />
des Koran» fordere – alles Ziele, die er unterstütze.<br />
_ Karel Meissner war <strong>COMPACT</strong>-<br />
Volontär und lebt in Birmingham.<br />
61
Imame und Agenten<br />
_ von Martin Müller-Mertens<br />
Für den Aufbau einer 5. Kolonne reist Erdogan gerne nach<br />
Deutschland. Hier in Karlsruhe am <strong>10</strong>. Mai 2016. Foto: picture<br />
alliance / AA<br />
62<br />
Die türkische Religionsbehörde hat über den Dachverband DITIB<br />
Hunderte Moscheen in Deutschland gleichgeschaltet. Ihr Ziel: Eine<br />
Fünfte Kolonne für die Regierung Erdogan aufzubauen.<br />
«Seit Erdogan im<br />
Amt ist, wird der<br />
Verband immer<br />
islamistischer». <br />
Ralph Ghadban<br />
Der Sultan hält Heerschau. Wie ein Meer branden<br />
türkische Fahnen. Unter dem frenetischen<br />
Jubel seiner Anhänger betritt der türkische Präsident<br />
Recep Tayyip Erdogan die Bühne. Ihr seid<br />
«unsere Macht außerhalb des Landes» ruft er Tausenden<br />
seiner Landsleute im Mai 2015 in Karlsruhe<br />
zu. «Unsere Religion, unser Glaube ist unser Alles.»<br />
15 Mal preist der Staatschef in seiner Rede Allah.<br />
Fanatisiert skandiert die Menge: «Eine Nation–eine<br />
Fahne–ein Vaterland–ein Staat».<br />
Seit 2003 beherrscht Erdogan die Türkei, 2014<br />
wechselte er vom Amt des Premierministers in den<br />
Sessel des Präsidenten. Das Land am Bosporus in<br />
eine ihm folgsame Autokratie umzubauen, genügt<br />
dem heute 62-Jährigen jedoch nicht. Längst versucht<br />
Erdogan, die in Deutschland lebenden Türken<br />
als 5. Kolonne Ankaras zu organisieren. Mit<br />
wachsendem Erfolg: Bei der Parlamentswahl im<br />
November 2015 votierten sie mit knapp 60 Prozent<br />
für Erdogans Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung<br />
(AKP). In Großbritannien waren es lediglich<br />
20, selbst in der Türkei nur 49 Prozent.<br />
Invasion der Vorbeter<br />
Neben türkischem Chauvinismus ist Religion das<br />
wichtigste Instrument dieser Gleichschaltung. Mit<br />
der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt der Religion<br />
(DITIB) verfügt Ankara über eine Organisation,<br />
die selbst für den Grünen-Vorsitzenden Cem Özdemir<br />
«nichts anderes als der verlängerte Arm des türkischen<br />
Staates» ist. Im April 2016 geriet der Verband<br />
kurzzeitig auch in die Schlagzeilen der deutschen<br />
Konformistenpresse: Rund 970 Imame schicke die<br />
türkische Religionsbehörde an DITIB-Moscheen in<br />
Deutschland, hatte die Welt am Sonntag herausgefunden.<br />
Als «nicht akzeptabel» bezeichnet Bayerns<br />
Innenminister Joachim Herrmann (CSU) die Flut<br />
der Vorbeter von Erdogans Gnaden. Selbst die Bürgermeisterin<br />
des Berliner Problembezirks Neukölln<br />
Franziska Giffey (SPD) übt zaghafte Kritik. Sie sehe<br />
es kritisch, «wenn Moscheevereine fremdgesteuert<br />
sind und dort Imame predigen, die nicht nach<br />
dem deutschen Werteverständnis ausgebildet und<br />
nicht hier aufgewachsen sind», so die 38-jährige<br />
Kommunalpolitikerin.<br />
Das Stirnrunzeln über die Imaminvasion ist<br />
jedoch unglaubwürdig. Seit Jahren verschließen<br />
deutsche Politiker die Augen vor der wachsenden<br />
Macht Ankaras in den Moscheen. Gegründet wurde
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Der Islam in Deutschland<br />
DITIB bereits im Jahre 1984 in Köln – aus den<br />
damals 230 angeschlossenen Gemeinden sind mittlerweile<br />
über 900 geworden. Im Jahre 2001 betrieb<br />
die Organisation 55 der damals 66 Moscheeneubauten.<br />
Über 70 Prozent der in Deutschland lebenden<br />
Muslime will die Dachorganisation unter Verweis<br />
auf nicht näher bezeichnete Umfragen vertreten,<br />
was Beobachter jedoch bezweifeln. Noch<br />
wichtiger: Von den etwa 1.250 hauptamtlichen und<br />
rund 1.000 ehrenamtlichen Imamen in Deutschland<br />
stammen nach Schätzungen über 90 Prozent aus der<br />
Türkei, ein Großteil ist über DITIB organisiert. Damit<br />
ist der Islam in Deutschland fest in anatolischer<br />
Hand – und wandelt sich zunehmend. So galt die<br />
Organisation lange Zeit durchaus als «pro-westlich<br />
und liberal», meint der Islamforscher Ralph Ghadban.<br />
Doch «seit Erdogan im Amt ist, wird der Verband<br />
immer islamistischer».<br />
Wahlkampf für den neuen Führer<br />
Tätigkeit von Diyanet allein im Jahre 2016 kosten –<br />
das Dreifache des Budgets von 2008. «Für Erdogan<br />
sind Diyanet und DITIB erklärte Waffen in seinem<br />
Kampf für die Islamisierung», meint der Herausgeber<br />
der Zeitschrift Cicero Wolfram Weimer im<br />
Mai 2016. Nicht nur das: Zwar darf DITIB gemäß<br />
den eigenen Statuten keine politische Arbeit leisten.<br />
Doch man sieht, wie sich die Gemeinden im<br />
Wahlkampf verhalten. «Sie karren Busladungen<br />
voller Zuhörer an, wenn Erdogan eine Rede hält»,<br />
sagt die Direktorin des Forschungszentrums Globaler<br />
Islam an der Universität Frankfurt am Main,<br />
Susanne Schröter.<br />
Prediger einer DITIB-Moschee<br />
priesen den Märtyrertod.<br />
Was an dem deutschen Dachverband und seiner<br />
türkischen Muttergesellschaft Religion, was staatliche<br />
Verwaltung oder AKP-Parteiapparat ist, lässt<br />
sich ohnehin nur schwer auseinanderhalten. So<br />
sind die nach Deutschland entsandten Imame von<br />
einem Regierungsgremium ausgewählt, als türkische<br />
Beamte weisungsgebunden und während ihrer<br />
Deutschlandaufenthalte bei den jeweiligen Konsulaten<br />
angestellt. Ihr Gastland bleibt ihnen meist<br />
fremd. «Es ist bei Diyanet in der Regel gar nicht<br />
gewünscht, dass die Imame Deutsch können. Denn<br />
Erdogan sagt, die in Deutschland lebenden Türken<br />
sollen sich nicht assimilieren», meint Schröter.<br />
«Die Imame, die in DITIB-Moscheen nach Deutschland<br />
kommen, haben in der Regel vorher noch<br />
nie im Westen gelebt. Sie akzeptieren die Menschenrechte<br />
nicht, sondern sehen die Scharia als<br />
höchstes Gesetz an», fasst es Ghadban zusammen.<br />
Imam-Ausbildungen in Deutschland lehnt DITIB ab.<br />
Das Spinnennetz<br />
der Verbände<br />
Neben dem im Artikel erwähnten<br />
Dachverband DITIB gibt es<br />
vier weitere bundesweite Strukturen<br />
der Mohammedaner.<br />
Islamrat: Gegründet 1986, 400<br />
Gemeinden. Beherrscht von Milli<br />
Görüs, dem türkischen Ableger<br />
der Muslimbruderschaft.<br />
VIKZ: Verband Islamischer Kulturzentren.<br />
Ein Vorläufer bestand<br />
schon 1973. 300 Moschee-<br />
und Bildungsvereine.<br />
Indoktriniert über eigene<br />
Imam-Ausbildung und eigene<br />
Schulen.<br />
ZMD: Zentralrat der Muslime in<br />
Deutschland. Mit 300 Gemeinden<br />
der kleinste Verband, aber<br />
mit seinem agilen Vorsitzenden<br />
Aiman Mazyek in den Medien<br />
dauerpräsent.<br />
KRM: Koordinierungsrat der<br />
Muslime. Wurde erst 2007 gegründet<br />
und sollte eigentlich die<br />
bereits erwähnten vier anderen<br />
Dachverbände zusammenführen.<br />
Aber wegen der Konkurrenz<br />
untereinander ist der KRM<br />
gelähmt und kaum interventionsfähig.<br />
Mit Platz für 1.200 Gläubige<br />
ist die DITIB-Moschee in Duisburg-Marxloh<br />
eine der größten in<br />
Deutschland. Foto: picture alliance /<br />
Horst Ossinger<br />
Geld spielt beim Aufbau der «Macht außerhalb<br />
des Landes» offenbar keine Rolle. Zwar würde man<br />
«im Prinzip über die Finanzierung von Moscheen<br />
nicht so viel wissen», räumt die Islamwissenschaftlerin<br />
Riem Spielhaus im Januar 2016 im<br />
Deutschlandfunk ein. Bekannt ist jedoch, dass die<br />
DITIB-Imame vom türkischen Staat bezahlt werden.<br />
Faktisch ist der Verein eine Abteilung der Regierungsbehörde<br />
Präsidium für Religionsangelegenheiten<br />
(Diyanet), die dem türkischen Ministerpräsidenten<br />
untersteht und 120.000 Mitarbeiter hat. Umgerechnet<br />
1,8 Milliarden Euro lässt sich Ankara die<br />
63
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Der Islam in Deutschland<br />
Islamverbände<br />
2.350<br />
Moscheengemeinden<br />
KRM<br />
Koordinierungsrat der<br />
Muslime in Deutschland<br />
Islamrat<br />
17<br />
12<br />
%<br />
12<br />
38<br />
21<br />
DITIB<br />
VIKZ Zentralrat andere<br />
Quelle: <strong>COMPACT</strong>-Recherche<br />
Grafik: <strong>COMPACT</strong><br />
Dass der Dachverband einige seiner Moscheen in<br />
der Bundesrepublik «nach Kriegsherrn wie dem Konstantinopel-Eroberer<br />
Fatih Sultan Mehmet» benennt,<br />
kritisierte bereits 2007 die Islamwissenschaftlerin<br />
Ursula Spuler-Stegemann. Auf vielen Moscheedächern<br />
weht die türkische Fahne als Hoheitssymbol.<br />
Auch Integration interpretiert die Erdogan-Behörde<br />
auf ihre eigene Art – die DITIB-Webseite offeriert<br />
unter anderem «Türkischkurse für Deutsche».<br />
Werbung für den Dschihad<br />
Undurchsichtig sind auch mögliche Verbindungen<br />
zwischen Erdogans deutschen Gemeinden<br />
und dem immer offener agierenden Salafismus.<br />
Die Aufzeichnung einer Predigt aus einer Berliner<br />
DITIB-Moschee fand sich während einer Wohnungsdurchsuchung<br />
bei einer Wolfsburger Salafisten-Einheit.<br />
Darin huldigten die Vorbeter dem Märtyrertod:<br />
«Selbst die Paradiesbewohner blicken<br />
mit wohlwollendem Neid auf den Rang derer, die<br />
ihr Leben für Allah ließen.» In den Räumlichkeiten<br />
einer Moschee in Dinslaken-Lohberg trafen sich<br />
zeitweise 22 Unterstützer des Islamischen Staates.<br />
Auf einem Foto posiert ein Mann in IS-T-Shirt nach<br />
Angaben des ARD-Magazins Report München mit<br />
einem Vorstandsmitglied der DITIB-Gemeinde. In<br />
einer anderen Moschee trat sogar der Anwerber der<br />
Kopf-ab-Truppen Yassin Oussaifi auf, bezeichnete<br />
Deutsche in seiner Predigt als «Kuffar» (Ungläubige)<br />
und «Takfir» (Abtrünnige). Deutsche Sicherheitsbehörden<br />
reagieren jedoch auffallend zurückhaltend.<br />
«Offensichtlich fehlen die Kompetenz und<br />
das Know How, was man hier den entsprechenden<br />
Demagogen aus dem Salafismusbereich entgegenstellen<br />
könnte», glaubt Herbert Müller vom<br />
Verfassungsschutz Baden-Württemberg. Doch vielleicht<br />
ist die Affinität zur Schlächter-Miliz durchaus<br />
gewollt. Jedenfalls kann mit dem Drill für den<br />
Dschihad in Erdogans Moscheen offenbar nicht früh<br />
genug begonnen werden. So gab Diyanet eigens<br />
ein Comicheft heraus, in dem Kinder für den Tod im<br />
Namen Allahs begeistert werden sollen. «Märtyrer<br />
sind im Himmel so glücklich, dass sie zehnmal Märtyrer<br />
sein wollen», heißt es darin. Und: «Wenn Du<br />
es Dir genug ersehnst, dann wird Allah Dir die Gelegenheit<br />
geben.» Lange warten mussten einige der<br />
so Indoktrinierten nicht: Nach Angaben von Sicherheitsbehörden<br />
stellen Türken 33 Prozent aller aus<br />
Deutschland nach Syrien ausgereisten IS-Rekruten.<br />
Für Bestrafungsaktionen stehen<br />
die Grauen Wölfe bereit.<br />
Wiederholt wurde der Name DITIB zudem auch<br />
im Zusammenhang mit Spionage genannt. So<br />
bezeichnete der Focus 2015 die Zentralmoschee in<br />
Köln-Ehrenfeld als «wichtigen Stützpunkt» des türkischen<br />
Geheimdienstes MIT. Der Verein bestreitet<br />
dies. Nach Angaben des dem linken kurdischen<br />
Milieu zuzurechnenden Magazins Widerstand wurden<br />
bereits 1995 in Gelsenkirchen drei DITIB-Imame<br />
suspendiert, weil sie die Zusammenarbeit mit dem<br />
MIT verweigerten. Im Juli 2015 verhandelte das<br />
Oberlandesgericht Koblenz gegen mehrere mutmaßliche<br />
Agenten Ankaras, die in Deutschland die<br />
Opposition gegen den türkischen Machthaber ausgespäht<br />
haben sollen. «Die Vorbeter werden angeblich<br />
angewiesen, Informationen über Erdogans Kritiker<br />
sowie Personenfotos über vermeintliche Landesverräter<br />
zu liefern. Falls ein Rollkommando für<br />
harte Bestrafungsaktionen benötigt wird, stehen<br />
die Schläger der nationalistischen Grauen Wölfe<br />
gern bereit», schreibt der Focus. Womöglich kein<br />
Einzelfall: Deutschland sei ein «prioritäres Ausspähziel»<br />
von Erdogans Schattenkriegern, analysiert der<br />
Geheimdienstexperte Erich Schmidt-Eenboom.<br />
Für deutsche Politiker sind derartige Umtriebe<br />
jedoch offenbar kein Problem. DITIB sei ein «unverzichtbarer<br />
Partner» etwa bei Richtlinien für den Religionsunterricht<br />
oder bei der Integration von Flüchtlingen,<br />
sagte die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz,<br />
Malu Dreyer (SPD), noch im Februar<br />
2016.<br />
64<br />
Die Vorbeter, wie hier in Stuttgart, sind türkische Staatsbeamte.<br />
Foto: picture alliance / dpa
«Es wird Blut fließen»<br />
_ Interview mit Hassan G.<br />
So sehen also Teilnehmer eines<br />
«islamischen Friedenskongresses»<br />
am 7. September 2013 in Frankfurt<br />
am Main aus. Foto: picture alliance<br />
/ dpa<br />
Im Ruhrgebiet gibt es eine Gruppe junger Muslime namens 12thMemoRise. Sie<br />
kämpfen gegen Salafismus und Islamisierung – und für eine Reform ihrer Religion.<br />
Die Aktivisten sind Morddrohungen ausgesetzt, ihr Sprecher wurde schon überfallen.<br />
12thMemoRise besteht aus praktizierenden<br />
Muslimen. Gehört der Islam zu Deutschland?<br />
Muslime gehören zu Deutschland, weil hier Muslime<br />
leben. Aber der Islam hat mit Deutschland<br />
überhaupt nichts zu tun. Gar nichts. Als Mentalität,<br />
als Religion ist er neu nach Deutschland gekommen.<br />
Das ist übrigens nicht nur meine Meinung,<br />
sondern die Auffassung muslimischer Gelehrter.<br />
In welcher Form sollten Muslime dann in<br />
Deutschland leben?<br />
Als Minderheit, als Migrantengruppe, die im Ausland<br />
lebt und sich anpasst. Wir haben eine Überlieferung<br />
von Imam Ali, der sowohl von Sunniten wie<br />
von Schiiten respektiert wird: Wenn einer in ein<br />
fremdes Land geht, sollte er innerhalb von sechs<br />
Monaten die Sprache erlernen. Ich kenne Leute,<br />
die sind seit 20 Jahren hier und können überhaupt<br />
kein Deutsch. Wer setzt die Regeln in einer Gesellschaft?<br />
Nicht die Minderheit, sondern die Mehrheit.<br />
Die hat ihre Gebräuche, Sitten, Traditionen.<br />
Es gibt in Deutschland eine Gesellschaft, die sich<br />
seit Tausenden Jahren entwickelt hat. Wenn jetzt<br />
eine Gruppe kommt und immer weitere Forderungen<br />
stellt, reicht es der Gesellschaft irgendwann.<br />
Dann sagt sie: Das ist unser Ort hier. Entweder Ihr<br />
passt Euch uns an auf diesem Stück Erde, oder Ihr<br />
wählt ein anderes Stück Erde. Du kannst nicht einfach<br />
herkommen und sagen, ich will Moscheen, ich<br />
will dies und das, und wenn einer Dich kritisiert,<br />
sagst Du: Der ist islamophob. Wir müssen dankbar<br />
sein, dass wir überhaupt Moscheen haben dürfen.<br />
Wie weit darf die Mehrheitsgesellschaft<br />
gehen? Ich denke etwa an Mohammed-Karikaturen<br />
oder den Film «Innocence of Muslims»?<br />
Beide – also die Karikaturen und der Film – haben<br />
dem Propheten nichts vorgeworfen. Sie fußen auf<br />
Zitaten aus unseren Hadithen, die die Mehrheit der<br />
Muslime als zweite Stufe der Erkenntnis nach dem<br />
Koran schätzen. Da steht: Der Prophet Gottes heiratet<br />
eine 6-Jährige. Er hat immer wieder Eingebungen<br />
bekommen, während er – es tut mir leid<br />
für diese Worte – zwischen ihren Beinen war. Was<br />
ist das für ein Prophet, was ist das für eine Inspiration,<br />
was ist das für ein Koran, wenn er so entstanden<br />
ist? Das soll authentisch sein? Das ist unser<br />
Problem. Ich habe mich nicht über diesen Film aufgeregt.<br />
Wenn man sich aufregen will, dann über<br />
diese Hadithe.<br />
Kalte Augen, langer Bart: Der Konvertit<br />
Sven Lau, hier am 28.6.2014<br />
auf einer Kundgebung seines Gesinnungsbruders<br />
Pierre Vogel in Offenbach.<br />
Foto: picture alliance / dpa<br />
«Wir müssen dankbar<br />
sein, dass wir<br />
Moscheen haben<br />
dürfen.»<br />
65
Ehrlicher Journalismus in Zeiten der Lüge<br />
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<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Der Islam in Deutschland<br />
Die Flüchtlingskrise hat die Islam-Diskussion<br />
wie ein Katalysator beschleunigt. Insbesondere<br />
durch Vorfälle wie in der Silvesternacht<br />
in Köln oder Ende Mai in Darmstadt. Sind solche<br />
Frauenjagden religiös bedingt?<br />
Bei den Moslembrüdern in Ägypten – und das sind<br />
nicht wenige Leute – gab es bei Demonstrationen<br />
mal einen Aufruf, dem Feind zu schaden, seine Ehre<br />
zu verletzten, indem man seine Frauen belästigt. Es<br />
gibt aber noch einen anderen Punkt. In unseren Ländern<br />
ist es peinlich, wenn man den Namen seiner<br />
Schwester oder seiner Mutter ausspricht. Man<br />
redet nicht über das andere Geschlecht. Man hat<br />
natürlich menschliche Triebe, die man die ganze Zeit<br />
unter Kontrolle halten muss. Jetzt sieht man hier die<br />
Frauen, siehst die schönen Körper, man hat Drang.<br />
Ganz ehrlich: Wir sind nicht zivilisiert. Das Problem<br />
ist unsere Gesellschaft. Wenn diese Leute kommen,<br />
dann kommen die Probleme mit ihnen. Die werden<br />
gelöst, aber das dauert. Deutschland wird erst mal<br />
stark darunter leiden. Da knallen zwei komplett verschiedene<br />
Kulturen aufeinander, und man will sofort<br />
integrieren? Das geht nicht. Das braucht einen längeren<br />
Prozess, und in diesem Prozess fließt Blut.<br />
Tante Merkels Einladungen<br />
Das bedeutet: Integration klappt erst nach<br />
einem Bürgerkrieg?<br />
Niemand will das, aber ich sehe es leider in diese<br />
Richtung laufen. Hätte man mich gefragt, wie wir<br />
das Problem mit den Flüchtlingen lösen können,<br />
hätte ich gesagt, wir sollten sie gar nicht erst herholen.<br />
Ich würde eine Zone schaffen, in der sie friedlich<br />
und in Sicherheit leben können und gut versorgt<br />
werden. Dann müsste man etwas dafür tun, dass<br />
der Krieg beendet wird. Die meisten Flüchtlinge<br />
wollen ja zurückkehren. Aber wenn sie im Fernsehen<br />
die Aufforderung sehen: Kommt! – und man<br />
empfängt sie an den Bahnhöfen mit Klatschen und<br />
Rosen, ist es eine Einladung. Ich habe mit Syrern<br />
und Irakern in einem Deutschkurs gesprochen. Die<br />
sagen: Es kam ein Aufruf von – sie nennen sie Tante<br />
Merkel, und wir sind diesem Aufruf gefolgt.<br />
Braucht der Islam eine Reform, gar eine<br />
Reformation?<br />
Das ist notwendig und auch sehr, sehr wichtig.<br />
Sonst hat der Islam keine Zukunft. Weder in<br />
Deutschland noch weltweit. In den islamischen<br />
Ländern sind die Muslime zwar noch in der Mehrheit,<br />
aber es wird der Zeitpunkt kommen, an dem<br />
die Leute es satt haben, dass so viel Blut fließt.<br />
Religion ist Privatsache<br />
Mutti ruft – und alle, alle kommen.<br />
Illegale vor dem Budapester Ostbahnhof<br />
am 4. September 2015.<br />
Foto: picture alliance/dpa<br />
«Wenn diese Leute<br />
kommen, dann<br />
kommen die Probleme<br />
mit ihnen.»<br />
Apostasie im Islam _ Länder mit<br />
Todesstrafe für den Abfall vom Glauben<br />
Mauretanien<br />
Quelle: Wikipedia<br />
Qatar<br />
Saudi-Arabien<br />
Sudan<br />
Pakistan<br />
Afghanistan<br />
Iran<br />
Jemen<br />
Somalia<br />
Grafik: <strong>COMPACT</strong><br />
Wie sollte ein reformierter Islam aussehen?<br />
Es gibt Grundprinzipien. Im Islam ist der Glaube<br />
Privatsache zwischen mir und meinem Schöpfer.<br />
Das haben viele Muslime vergessen. Wir brauchen<br />
keine Missionierung. Es ist gut, wenn man<br />
durch seine Taten Barmherzigkeit zeigt und gut in<br />
der Gesellschaft funktioniert. Das zweite Prinzip ist,<br />
wie man auf andere Leute schaut. Dein Gegenüber<br />
ist Mensch, und Du behandelst ihn als Mensch!<br />
Egal ob er gläubig ist, nicht gläubig, homosexuell<br />
oder sonst was. Auch ein reformierter Islam wird<br />
immer noch der Islam sein. Aber ohne die Gewaltlehren,<br />
die nach dem Ableben des Propheten entstanden<br />
sind. Wir als überzeugte Muslime haben<br />
die Entstehungsgeschichte des Koran gar nicht<br />
miterlebt. Ich habe keinen Propheten gesehen.<br />
Ich habe nicht miterlebt, wie der Koran geschrieben<br />
wurde. Uns wurde er überliefert – sowohl das<br />
Gute als auch das Schlechte. Unsere Aufgabe ist,<br />
Nach den Mohammed-Karrikaturen<br />
in der Zeitung Jyllands-Posten 2006<br />
kam es in allen moslemischen Ländern<br />
zu anti-dänischen Ausschreitungen.<br />
Hier eine Flaggenverbrennung<br />
im pakistanischen Peshawar.<br />
Foto: picture-alliance/ dpa/dpaweb<br />
67
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Der Islam in Deutschland<br />
12thMemoRise<br />
Die 2014 gegründete Gruppe<br />
12thMemoRise setzt sich mit<br />
spektakulären Aktionen insbesondere<br />
gegen Salafisten und<br />
Wahhabiten sowie gegen die<br />
Koranverteilaktion Lies! ein. In<br />
ihr haben sich junge Muslime,<br />
mehrheitlich Schiiten, im Ruhrgebiet<br />
organisiert. Für Aufsehen<br />
sorgte vor allem eine Aktion<br />
in Essen, bei der als IS-Kämpfer<br />
verkleidete Aktivisten öffentlich<br />
Scheinhinrichtungen durchführten.<br />
12thMemoRise-Sprecher<br />
Hassan G. kam als Kind<br />
aus dem Irak nach Deutschland.<br />
Aufgrund wiederholter Morddrohungen<br />
und Überfällen will<br />
er seinen Nachnamen nicht nennen.<br />
– Mehr Informationen auf<br />
der Facebook-Seite 12thMemoRise.<br />
Bild oben: Anti-IS-Demo von<br />
12MemoRise in Essen.<br />
Bild unten: Mitglieder von 12Memo-<br />
Rise. Fotos: Screenshot YouTube,<br />
12MemoRise<br />
_ Interview: Martin Müller-Mertens.<br />
Der ungekürzte Mitschnitt<br />
des Interviews erscheint im Juli<br />
auch auf YouTube im Kanal von<br />
<strong>COMPACT</strong>-TV.<br />
zu reflektieren und auch zu filtern. Wir brauchen<br />
überarbeitete Auflagen vieler Auslegungen. Beim<br />
Koran kann man das nicht machen – dann ist es<br />
für die Muslime kein Islam mehr. Aber alle anderen<br />
Werke sind anfechtbar.<br />
Auch die islamischen Dachverbände postulieren<br />
etwa die Ablehnung von Gewalt.<br />
Warum reicht Ihnen das nicht?<br />
Die Dachverbände haben zwei Gesichter. Jeder, der<br />
Türkisch oder Arabisch spricht, wird bestätigen können,<br />
dass dann, wenn Kameras laufen, etwas komplett<br />
anderes gesagt wird als hinter den Kulissen.<br />
Da werden ganz andere Ziele verfolgt als Integration<br />
oder Konformität mit dem Grundgesetz. Nehmen<br />
wir die Rahman-Moschee hier in Düsseldorf.<br />
Dort habe ich recherchiert und ein Buch gefunden,<br />
in dem Anweisungen und Aufrufe zum Töten eines<br />
Ungläubigen stehen. Wer sind die Ungläubigen?<br />
Das ist dort auch definiert. Auf jeden Fall Atheisten,<br />
Homosexuelle, aber auch Andersgläubige wie<br />
Christen und Juden, wenn sie die Einladung zum<br />
Islam nicht annehmen. Das ist nicht auf einzelne<br />
Länder beschränkt, gilt also auch hier in Europa.<br />
«Wir dürfen keine Moschee<br />
mehr betreten.»<br />
Geht es solchen Gruppen um die Missionierung<br />
oder die Unterwerfung der Deutschen?<br />
Es gibt Leute, die sagen, wir müssen den Islam verbreiten,<br />
der Islam muss expandieren, weil das die<br />
beste Lösung für die Welt ist. Es gibt andere, die<br />
nur ihre Religion bewahren wollen. Die kommen<br />
nach Deutschland mit ihrer Kultur, ihrer Mentalität,<br />
bilden hier geschlossene Gemeinschaften und<br />
Parallelgesellschaften. Beide sind zu kritisieren.<br />
Die muslimischen Gemeinden in Deutschland<br />
sind stark vom Ausland beeinflusst, insbesondere<br />
durch die türkische Religionsbehörde<br />
Diyanet. Welche Konsequenzen hat das?<br />
Ich habe lange Zeit in Bielefeld gelebt. Da gab es<br />
eine Gemeinde, die wurde von Diyanet, also von<br />
der türkischen Regierungspartei AKP, unterstützt.<br />
Alle Gelehrten kamen aus der Türkei. Der Imam hat<br />
jeden Freitag eine religiös-politische Rede gehalten.<br />
Diese Rede kam von der Botschaft. Auf Probleme<br />
in Deutschland ging er gar nicht ein. Er konnte<br />
nicht mal Deutsch. Einmal habe ich mich mit ihm<br />
über einige Regeln im Islam auseinandergesetzt.<br />
Da hat er gesagt: Ich weiß, Du hast recht, aber ich<br />
gehe nach dem, was von der Türkei kommt. Ich<br />
habe auch mal bei einem Vorstandsmitglied von<br />
einem der Dachverbände gefragt, warum wir keine<br />
Großdemo aller Verbände gegen den Terror organisieren,<br />
gegen Salafismus. Da meinte er, sie hätten<br />
keine Anweisung.<br />
Todesdrohungen<br />
Diese Dachverbände vertreten nur eine<br />
kleine Minderheit der Muslime. Weshalb ist<br />
ihr Einfluss auf Politik und Religion dennoch<br />
so groß?<br />
Die Dachverbände haben vor allem viel Geld. Das<br />
heißt, sie können ihre Interessen durchsetzen.<br />
Andere Gemeinden, die vielleicht friedlich sind und<br />
Arbeit gegen den Terror leisten, bleiben im Dunkeln.<br />
Wenn sie den Dachverbänden zu nahe kommen und<br />
sie kritisieren, werden sie bedroht, werden angegriffen,<br />
werden isoliert. Wir haben das erlebt. Wir<br />
dürfen die meisten Moscheen nicht betreten.<br />
Wie laufen solche Bedrohungen ab?<br />
Ich wurde auf offener Straße angegriffen. Als ich<br />
einkaufen war, kam jemand mit längerem Bart, der<br />
mich wiedererkannte. Er sagte: An Deiner Stelle<br />
würde ich eine Lebensversicherung abschließen,<br />
denn wenn ich Dich noch mal sehe, wird das<br />
nicht gut für Dich enden. In der Moschee – ich war<br />
gerade beim Beten – wurde mir gesagt: Wenn Du<br />
hier noch mal reinkommst, kommst Du nicht heil<br />
raus. Ob sie das umsetzen würden, weiß ich nicht.<br />
Aber ich will das auch gar nicht riskieren.<br />
68<br />
Wenn Deutsche Kritik am Islam üben, werden<br />
sie sofort als islamophob diskreditiert. Seid<br />
Ihr diesem Vorwurf auch ausgesetzt?<br />
Bei uns haben sie das nicht machen können, denn<br />
wir sind Muslime. Aber die hatten andere Vorwürfe<br />
– dass wir zum Beispiel Zionisten seien. Es ist bei<br />
Muslimen gang und gäbe zu sagen: Diese Gruppe<br />
wird von Israel unterstützt. Dann hieß es: Ihr seid<br />
abtrünnig. Abtrünnig zu sein ist im Islam ein sehr<br />
gefährliches Wort, denn die Strafe dafür ist der<br />
Tod.
Das Abendland verteidigen<br />
Europa vor dem Abgrund: Der Raubtierkapitalismus hat unsere traditionellen<br />
Werte zerstört, in das Vakuum strömt der Islam mit seiner fremden<br />
Kultur. Können wir die Kolonisierung stoppen, ohne zum Christentum und<br />
seinem konservativen Familienbild zurückzufinden? Oder rettet uns ein<br />
wehrhafter Laizismus?<br />
69
Untergang in Dekadenz<br />
_ von Jürgen Elsässer<br />
70<br />
Das Ende des antiken Rom erinnert an die Gegenwart: Die Eliten<br />
traten die traditionellen Werte mit Füßen und spuckten auf ihre<br />
angestammte Religion. Zug um Zug wurde auch im italienischen<br />
Kernland die produktive Bevölkerung durch Sklaven aus den<br />
Randprovinzen des Imperiums ersetzt, die ihre eigenen Götter<br />
mitbrachten.<br />
So etwas fiele heute unter das<br />
Sexismus-Verdikt. Aber im Grunde<br />
unterscheidet sich die Dekadenz<br />
des heutigen Westeuropas nicht<br />
vom niedergehenden Römischen<br />
Reich. Foto: Thomas Couture, Les<br />
Romains de la décadence, 1847,<br />
Musée d'Orsay, Paris, CC BY-SA 4.0,<br />
Wikimedia Commons<br />
Die religiöse Indifferenz<br />
der EU<br />
zerstört die eigene<br />
Kultur.<br />
Europa schafft sich ab, könnte man in Anlehnung<br />
an Thilo Sarrazin sagen. Doch es ist nicht in<br />
erster Linie die wirtschaftliche Sklerose des von<br />
Mario Draghi kommandierten Bankierssozialismus,<br />
die den Kontinent an den Abgrund führt – viel verheerender<br />
ist, dass die One-World-Ideologie die<br />
geistigen Fundamente des Abendlandes geschleift<br />
hat, die jahrhundertelang unsere Selbstbehauptung<br />
ermöglichten. Die Dramatik der Situation wird im<br />
historischen Vergleich deutlich. «Die Krise der Europäischen<br />
Union und der Untergang der römischen<br />
Republik» ist Thema einer fulminanten Untersuchung<br />
des Historikers David Engels. Der Belgier<br />
sieht den Niedergang in beiden Fällen in der «vollständigen<br />
Verleugnung der eigenen Vergangenheit»<br />
begründet. Er kritisiert explizit das politisch<br />
korrekte Mantra, wonach die europäische Identität<br />
nichts anderes sei «als eine eher abstrakte Verbundenheit<br />
mit rein universalistischen (und gefühlsmäßig<br />
unbesetzten) Werten, (…) dazu bestimmt, als<br />
bloßer Platzhalter einer künftigen Weltstaatsidentität<br />
zu fungieren».<br />
Die Zerstörung des Eigenen<br />
Im Konkreten kritisiert Engels, dass die Werte<br />
im Lissabonner Vertrag der EU nur universalistische<br />
Allgemeinplätze sind, die überall auf der Welt<br />
ihre Gültigkeit haben («Menschenwürde, Freiheit,<br />
Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und<br />
Wahrung der Menschenrechte einschließlich der<br />
Rechte der Personen, die Minderheiten angehören»,<br />
heißt es in Artikel 2). Getilgt wurde dagegen<br />
jeder Verweis auf die spezifisch europäische Ausformung<br />
dieser Abstrakta. Das begann schon bei<br />
dem Satz «Unsere Verfassung (…) heißt Demokratie,<br />
weil die Macht in den Händen nicht einer<br />
Minderheit, sondern der größtmöglichen Zahl ist».<br />
Dieser Passus wurde bereits im Entwurf von 2006<br />
gestrichen, weil er von Perikles stammt – der den<br />
Tugendwächtern nicht genehm war, weil in Athen<br />
zu seiner Zeit Frauen, Fremde und Sklaven kein Mitspracherecht<br />
hatten.<br />
Insbesondere betrifft die Auslöschung jedes Traditionsbezugs<br />
die christlichen Wurzeln Europas. Die<br />
Zurschaustellung religiöser Indifferenz in den Verträgen<br />
und Institutionen der EU benachteiligt die<br />
Kirchen und begünstigt die Islamisierung. «Da es<br />
wegen des sogenannten Kulturchristentums durchaus<br />
möglich ist, sich als Europäer zu fühlen, ohne<br />
sich innerlich zum christlichen Glauben zu beken-
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Das Abendland verteidigen<br />
nen, es aber sehr schwierig ist, sich etwa als Teil der<br />
arabisch-muslimischen Welt zu begreifen, ohne dem<br />
Islam und seiner vielschichtigen Gesellschaftsordnung<br />
anzugehören, bedeutet die religiöse Neutralität<br />
der europäischen Institutionen in Wirklichkeit eine<br />
ungeheure Schwächung der einen und Stärkung der<br />
anderen Glaubensgemeinschaft», schreibt Engels.<br />
Im alten Rom hatte die zunehmende Distanz von<br />
Staat und Eliten zum Glauben der Väter fatale Folgen<br />
im Volk. «Die breiten Massen allerdings, auch<br />
wenn sie sich von der altererbten Religion loslösen,<br />
scheinen das gefühlsmäßige Bedürfnis nach<br />
transzendenten Werten keineswegs durch einen<br />
abstrakten Verfassungspatriotismus ersetzen zu<br />
können. Sie wenden sich daher zunehmend exotischen<br />
Glaubensvorstellungen zu (…). Erneut stellen<br />
wir daher fest, dass der Sieg rein universalistisch<br />
gefasster Identitätswerte langfristig keineswegs<br />
eine allgemeine humanistische Aufgeklärtheit der<br />
breiten Masse zur Folge hat, sondern ungewollt<br />
vielmehr den Rückfall in einen halbprimitiven, halb<br />
spätzeitlichen Aberglauben (…).»<br />
Dieselbe Haltung, die vor 2000 Jahren den Einzug<br />
indischer und orientalischer Götter in die römische<br />
Gesellschaft begünstigte (später kam das<br />
Christentum hinzu), öffnet heute in Europa dem<br />
Islam Tür und Tor. Ein Menetekel war die Bürgermeisterwahl<br />
in London Anfang Mai 2016: Mit 57<br />
Prozent der Stimmen wurde mit Sadiq Khan zum<br />
ersten Mal ein Muslim zum Stadtoberhaupt einer<br />
europäischen Metropole gewählt. Der Labour-Politiker<br />
ist pakistanischer Abstammung, betont aber<br />
seine «Britishness». Das wollte er unter Beweis<br />
stellen, indem er sich für die Schwulenehe einsetzte<br />
und als erste Amtshandlung einer Holocaust-Gedenkzeremonie<br />
beiwohnte…<br />
London wird Londonistan<br />
Am Wahlkampf war bemerkenswert, wie locker<br />
alle Hinweise auf Verbindungen zum islamischen<br />
Terrorismus an Khan abperlten, obwohl er noch mindestens<br />
bis vor zehn Jahren Verbindungen zu militanten<br />
Gotteskriegern hatte. Gefährlich sind Politiker<br />
wie er aber gerade deswegen, weil sie sich<br />
nicht als Moslem-, sondern als Multikultivertreter<br />
präsentieren – das sichert Mehrheiten, die es<br />
zur Zeit für ein Scharia-Programm noch nicht gäbe.<br />
«Seine Biographie drückt gerade ideal das Lebensgefühl<br />
der Weltstadt aus, wo mehr als dreihundert<br />
Sprachen gesprochen werden und Weiße nur noch<br />
knapp in der Mehrheit sind», jubelte die Frankfurter<br />
Rundschau über Khan. Es ist in erster Linie diese<br />
suizidale Liberalität, die London schrittweise in eine<br />
nicht-europäische Stadt verwandelt: Je mehr Einwanderer<br />
kommen und je weniger von ihnen die<br />
Übernahme der englischen Kultur verlangt wird,<br />
umso schneller schreitet die Überfremdung voran.<br />
Dabei gibt der Islam, der schon jetzt über eine Million<br />
Anhänger an der Themse hat, den Ton an und<br />
kann allein über sein demographisches Wachstum<br />
in den nächsten Jahren Kultur, Stadtbild, Lebensrealität<br />
und zum Schluss auch die Gesetze prägen.<br />
Kein Wunder, dass Khan für den Verbleib des<br />
Vereinigten Königreichs in der EU warb – sie ist der<br />
beste Garant für offene Grenzen. Sein Gegenkandidat,<br />
der konservative Zac Goldsmith, stand dagegen<br />
für den Brexit. Das hat offensichtlich nicht gereicht,<br />
um die Wähler zu begeistern: Als blasierter Multimilliardär,<br />
verheiratet mit einer Rothschild-Tochter,<br />
fand er nie einen Zugang zum einfachen Volk und<br />
stand gerade nicht für die abendländischen Werte,<br />
die es zu verteidigen gilt.<br />
Der Islam hat schon jetzt über<br />
eine Million Anhänger in London.<br />
Wie die Entwicklung weitergeht, zeigt das<br />
antike Rom: Die dekadenten Oberklassen lassen<br />
immer mehr fremde Sklaven ins Land und drücken<br />
mit diesen billigen Arbeitskräften das eigene Volk<br />
ins Elend. Die Aufstände von Bauern und Plebejern<br />
werden blutig niedergeschlagen, an die Stelle<br />
der Republik tritt der Cäsarismus, dann die Kaiserdiktatur.<br />
Auf reine Militärmacht gestützt, kann das<br />
Reich zwar noch überleben – aber nur, bis seine<br />
fremden Söldner ihren aus dem Osten anbrandenden<br />
Stammesbrüdern die Grenzen öffnen. Im Jahre<br />
4<strong>10</strong> wurde Rom von den Westgoten erobert und<br />
sollte seine alte Größe nie mehr wiedererlangen.<br />
Der Ostteil des Reiches mit der Hauptstadt Byzanz<br />
hielt immerhin noch bis 1453 durch – vor allem deswegen,<br />
weil es das Christentum als Staatsreligion<br />
standhaft verteidigte.<br />
Das Kalifat droht<br />
«Und langfristig ist Deutschland<br />
das Land, das am meisten<br />
bedroht ist. (…) Weil sich<br />
Deutschland lange Zeit eingebildet<br />
hat, von den Problemen<br />
nicht betroffen zu sein.<br />
Der Islam, der war in Frankreich,<br />
in Großbritannien, aber<br />
bei uns doch nicht! Und dann<br />
ist Deutschland aufgrund der<br />
Kriegserfahrung eine extrem tolerante<br />
Gesellschaft. Das wird<br />
ausgenutzt. Als die algerischen<br />
Islamisten verjagt wurden, haben<br />
sie in Deutschland Unterschlupf<br />
gefunden, da wurden<br />
sie als politische Flüchtlinge anerkannt.<br />
(…) Die Rückkehr des<br />
Religiösen [in der Türkei], vor allem<br />
bei den jungen Leuten, kontaminiert<br />
die ganze Gesellschaft<br />
– und das wird bald auch in<br />
Deutschland zu spüren sein. (…)<br />
Erdogan will das Kalifat wieder<br />
aufbauen, aber er weiß, dass<br />
die Araber dies niemals akzeptieren<br />
würden. Vielleicht stellt<br />
er sich vor, sein Reich nach Europa<br />
auszudehnen. Aus diesem<br />
Grund ist Deutschland am<br />
meisten bedroht.» (Der algerisch-französische<br />
Schriftsteller<br />
Boualem Sansal in der Welt am<br />
Sonntag, 29.5.2016)<br />
Seit 7. Mai 2016 ist der «britische<br />
Moslem» Sadiq Aman Khan Bürgermeister<br />
von London. 2006 hatte<br />
er nach den dänischen Mohammed-Karrikaturen<br />
an einer Kundgebung<br />
teilgenommen, auf der ein<br />
Redner mit «Feuer auf der ganzen<br />
Welt» gedroht hatte. Foto: picture<br />
alliance/empics<br />
71
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Das Abendland verteidigen<br />
Die Werte des Abendlandes<br />
_ von Manfred Kleine-Hartlage<br />
Muss Europa zu Jesus zurückfinden, wenn es sich gegen die Islamisierung<br />
verteidigen will? Oder reicht die Aufklärung als Bollwerk<br />
aus? Der Widerspruch führt in die Irre: Nur das Christentum, und nicht<br />
irgendeine andere Weltzivilisation, konnte die liberale Säkularität<br />
hervorbringen.<br />
Jesus stellt den<br />
Samariter als<br />
Vorbild dar, obwohl<br />
dieser als Ungläubiger<br />
galt.<br />
Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit.<br />
Neben dem Christentum gehört vor<br />
allem die Aufklärung zur DNA Europas.<br />
Gemälde von Delacroix zur<br />
französischen Revolte 1830.<br />
Foto: Public domain, Wikimedia<br />
Commons<br />
Die Ethiken von Christentum und Islam unterscheiden<br />
sich voneinander so grundlegend, dass<br />
es für das Verhältnis des Islams zur kulturellen<br />
Moderne nicht ohne Folgen bleiben kann. Ich rekonstruiere<br />
die implizite Logik der christlichen Ethik,<br />
aus der die christliche Mentalität hervorgegangen<br />
ist, also das System der kulturellen Selbstverständlichkeiten,<br />
das für den abendländischen Kulturkreis<br />
charakteristisch ist. Die Analyse geht von<br />
einer der Schlüsselstellen des Neuen Testaments<br />
aus, von Jesus‘ Gleichnis vom Barmherzigen Samariter<br />
(Lukas,<strong>10</strong>):<br />
«Es war ein Mensch, der ging von Jerusalem<br />
hinab nach Jericho und fiel unter die Räuber; die<br />
zogen ihn aus und schlugen ihn und machten sich<br />
davon und ließen ihn halbtot liegen. Es traf sich<br />
aber, dass ein Priester dieselbe Straße hinabzog;<br />
und als er ihn sah, ging er vorüber. Desgleichen<br />
auch ein Levit: Als er zu der Stelle kam und ihn<br />
sah, ging er vorüber. Ein Samariter aber, der auf der<br />
Reise war, kam dahin; und als er ihn sah, jammerte<br />
er ihn; und er ging zu ihm, goss Öl und Wein auf<br />
seine Wunden und verband sie ihm, hob ihn auf sein<br />
Tier und brachte ihn in eine Herberge und pflegte<br />
ihn. Am nächsten Tag zog er zwei Silbergroschen<br />
heraus, gab sie dem Wirt und sprach: Pflege ihn;<br />
und wenn Du mehr ausgibst, will ich Dir’s bezahlen,<br />
wenn ich wiederkomme.»<br />
Die Pointe dieses Gleichnisses und seine Brisanz<br />
liegen darin, dass ausgerechnet ein Samariter<br />
zum Vorbild erhoben wird: Die Samariter waren<br />
keine Juden, wurden zumindest vom jüdischen Volk<br />
nicht als solche anerkannt – aus der Sicht Jesu<br />
und seiner Zuhörer waren sie die «Anderen». Vor<br />
Gott gerechtfertigt also – das wird durch die Gegenüberstellung<br />
des Wohltäters mit den Figuren des<br />
Priesters und des Leviten noch unterstrichen – ist<br />
man weder durch Rechtgläubigkeit noch durch die<br />
Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft (Volk, Kirche,<br />
Umma und so weiter), sondern einzig und allein<br />
durch die Liebe zu Gott und dem Nächsten. Dies war<br />
damals keineswegs so neu und revolutionär, wie<br />
Christen gerne glauben; tatsächlich bezieht sich<br />
Jesus ausdrücklich auf die Thora, und das Christentum<br />
blieb nach seiner Kreuzigung noch jahrzehntelang<br />
eine jüdische Sekte.<br />
Die Eigenverantwortung zählt<br />
Neu und revolutionär ist die Radikalität, mit der<br />
Jesus den Gedanken ins Zentrum seiner Lehre stellt,<br />
dass es auf die Liebe und damit auf die Qualität des<br />
inneren, im Herzen empfundenen Gottes- und Weltbezugs<br />
ankommt, und dass diese die guten Taten<br />
gewissermaßen von selbst hervorbringt.<br />
Er treibt seine Lehre sogar so weit auf die Spitze,<br />
dass er scheinbar ein geradezu widersinniges Verhalten<br />
fordert (Matthäus, 5): «Ihr habt gehört, dass<br />
gesagt ist (2. Mose 21,24): ,Auge um Auge, Zahn<br />
um Zahn’. Ich aber sage Euch, dass Ihr nicht widerstreben<br />
sollt dem Übel, sondern: Wenn Dich jemand<br />
auf Deine rechte Wange schlägt, dem biete die<br />
andere auch dar.»<br />
72<br />
Eine solche Ethik, auch wenn sie im Imperativ<br />
formuliert wird, schreibt nicht bestimmte Tathandlungen<br />
oder -unterlassungen vor. Jesus sagt also<br />
nicht, was die Menschen tun sollen. Er sagt, wie<br />
sie sein müssten, um Gott nahe zu sein. Hier wird<br />
offenkundig nicht von der Gesellschaft her gedacht;<br />
es werden keine gesellschaftlichen Ordnungsprinzipien<br />
entwickelt, die den Rahmen für das Verhalten<br />
des Einzelnen abgeben. Diese Ethik ist radikal
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Das Abendland verteidigen<br />
unpolitisch, und zwar vom Grundansatz her, nicht<br />
erst aufgrund von Aussagen wie: »So gebt dem Kaiser,<br />
was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist!”<br />
(Matthäus, 22)<br />
Es entsprach daher durchaus dem Sinn dieser<br />
Lehre, und stellt nicht etwa eine taktische Anpassung<br />
an die Machtverhältnisse im Römischen Reich<br />
dar, wenn der Apostel Paulus predigt: «Jedermann<br />
sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn<br />
hat. Denn es ist keine Obrigkeit außer von Gott;<br />
wo aber Obrigkeit ist, die ist von Gott angeordnet.»<br />
(Römer, 13)<br />
Indem sie keine Handlungsregeln aufstellt,<br />
mutet diese Ethik dem Einzelnen autonome ethische<br />
Entscheidungen zu; es handelt sich um eine<br />
Ethik der Eigenverantwortung. Wie es Augustinus<br />
formulierte: «Liebe – und tu, was Du willst.» Die<br />
sittliche Autonomie des Einzelnen, also der Kern<br />
des Menschenbildes, das den heutigen säkularen<br />
Verfassungen zugrunde liegt, ist in dieser christlichen<br />
Ethik verankert.<br />
Wenn Toleranz die Vermutung ist, dass der Andersdenkende<br />
oder Andersgläubige im Recht sein<br />
könnte, kann man diese Haltung kaum prägnanter<br />
zum Ausdruck bringen als mit den Worten (Matthäus,<br />
7):<br />
«Richtet nicht, damit Ihr nicht gerichtet werdet.<br />
Denn nach welchem Recht Ihr richtet, werdet Ihr<br />
gerichtet werden; und mit welchem Maß Ihr messt,<br />
wird Euch zugemessen werden. Was siehst Du aber<br />
den Splitter in Deines Bruders Auge und nimmst<br />
nicht wahr den Balken in Deinem Auge?»<br />
Es wird eine undogmatische Haltung propagiert.<br />
Jesus selbst hat keine Dogmen formuliert und keine<br />
«heiligen Schriften» hinterlassen, und sein Umgang<br />
mit der vorhandenen Heiligen Schrift war äußerst<br />
unorthodox: «Ihr habt gehört, dass gesagt worden<br />
ist (…). Ich aber sage Euch…». Das Neue Testament<br />
entstand erst Jahrzehnte nach der Kreuzigung,<br />
und seine Entstehung gehört bereits in den Kontext<br />
der Transformation des Christentums zu einem sozialen<br />
System. Auch dann aber war nicht der Text<br />
Zentrum und letzter Bezugspunkt des christlichen<br />
Glaubens, sondern die Person Christi (was der<br />
Grund dafür ist, dass man bibelkritisch sein kann,<br />
ohne unchristlich zu sein).<br />
Und schließlich handelt es sich um eine inklusive<br />
Lehre: Wenn der Samariter vor Gott gerechtfertigt<br />
war, dann ist es prinzipiell jeder Mensch. Vor<br />
Gott sind alle gleich – er liebt alle Menschen, nicht<br />
etwa nur die Christen.<br />
Wunderbar, nicht wahr? Wenn es einfach dabei<br />
geblieben wäre, dann – würde das Christentum<br />
schon lange nicht mehr existieren!<br />
Kirche als Kontrollinstanz<br />
Es liegt auf der Hand, dass Religion auf Gemeinsamkeit,<br />
auf Austausch mit Gleichgesinnten, auf<br />
die Existenz einer Gemeinschaft angewiesen ist.<br />
Eine Gemeinschaft bedarf aber bestimmter Regeln,<br />
wer dazu gehören soll und wer nicht, welche Glaubensinhalte<br />
und heiligen Texte verbindlich sein sollen,<br />
wie Entscheidungen zustande kommen und so<br />
weiter. Soziologisch formuliert ist sie ein soziales<br />
System, das darauf angewiesen ist, die Sys-<br />
Das letzte Abendmahl von Vicente<br />
Juan Masip (15<strong>10</strong>–1579) gehört zu<br />
den berühmtesten Gemälden der<br />
Welt. Beim IS würde es wohl als<br />
Götzenbild verbrannt werden.<br />
Foto: Public domain, Wikimedia<br />
Commons<br />
Der Zentralgedanke<br />
im Christentum ist<br />
die Liebe, im Islam<br />
der Gehorsam.<br />
Als Junker Jörg versteckte sich<br />
Martin Luther von Mai 1521 bis<br />
März 1522 auf der Wartburg. Dort<br />
übersetzte er die Bibel ins Deutsche:<br />
die Grundlage der Reformation.<br />
Foto: Public domain, Wikimedia<br />
Commons<br />
73
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Das Abendland verteidigen<br />
An diesem Sachverhalt würde sich auch dann<br />
nichts ändern, wenn die Religion – das soziale<br />
System – nicht die Form einer zentralisierten Kirche<br />
angenommen hätte, sondern dezentral organisiert<br />
wäre, wie zum Beispiel der Islam; entscheidend<br />
ist, dass das soziale System seiner Natur nach<br />
zwischen Zugehörigen und Nichtzugehörigen unterscheiden<br />
und die – kontrollierbare – Glaubensausübung<br />
an die Stelle des nicht kontrollierbaren Glaubens<br />
setzen muss.<br />
Die dialektische Spannung<br />
Für den Aufklärer Imanuel Kant<br />
war der Kategorische Imperativ die<br />
Grundlage der Ethik. Foto: Public<br />
domain, Wikimedia Commons<br />
tem-Umwelt-Grenze zu definieren, das intern durch<br />
Mitgliedschaftsrollen strukturiert wird, und das sich<br />
im Zuge des eigenen Wachstums immer stärker differenzieren<br />
muss.<br />
Damit aber gerät die entstehende Kirche unausweichlich<br />
in einen Widerspruch zu ihrer eigenen<br />
Botschaft: Idealiter müsste eine christliche Kirche<br />
die Gemeinschaft derer sein, die von Gottes- und<br />
Nächstenliebe im Sinne Jesu Christi beseelt sind.<br />
Wer aber will das überprüfen? Als soziales System<br />
kann die Kirche nur verarbeiten, was kommunizierbar<br />
ist: also das Bekenntnis zu den verbindlichen<br />
Glaubensartikeln, die Teilnahme an Ritualen, die<br />
Erfüllung von Geboten, den Gehorsam.<br />
Damit ist aber nicht gesagt, man könne diesen<br />
Widerspruch nach der einen oder anderen Seite<br />
hin auflösen, also etwa nach der Seite des reinen<br />
Glaubens ohne institutionelle Objektivierung oder<br />
aber nach der Seite reiner Religion als eines sozialen<br />
Systems ohne Verankerung im Glauben. Die<br />
dialektische Spannung zwischen Glaube und Religion<br />
gehört zu den Wesensmerkmalen des Christentums,<br />
und zwar im Gegensatz zum Islam, der von<br />
vornherein als soziales System konzipiert ist, das<br />
dem Einzelnen seine Forderungen autoritär oktroyiert.<br />
Der Zentralgedanke des Christentums ist die<br />
Liebe, also etwas, das weder Gott noch die Kirche<br />
erzwingen können. Der Zentralgedanke des Islam<br />
ist der Gehorsam. Ein Widerspruch zwischen dem<br />
Inhalt des Glaubens und den sozialen Formen, in<br />
denen er gelebt wird, kann im Islam daher gar nicht<br />
erst aufkommen, jedenfalls gehört er nicht zu den<br />
konstitutiven Merkmalen dieser Religion.<br />
74<br />
Das wichtige Buch des Autors. Foto:<br />
Resch Verlag<br />
Die von Christus gepredigte Ethik der Liebe verwandelt<br />
sich in dem Moment, wo sie institutionalisiert<br />
wird, in ihr Gegenteil, nämlich eine Ethik<br />
der Tat. Die Liebe zu Gott verwandelt sich in dem<br />
Moment, wo sie von der Kirche als seinem irdischen<br />
Arm mit Anspruch auf Gehorsam und unter Sanktionsdrohung<br />
gefordert wird, in ihr Gegenteil, nämlich<br />
in die Furcht vor Gott. Der Andersgläubige hört in<br />
dem Moment, wo er durch die schiere Existenz der<br />
christlichen Gemeinschaft aus dieser ausgeschlossen<br />
ist, auf, der potenzielle Samariter zu sein, der<br />
vor Gott gerechtfertigt ist, und wird zu einem Menschen,<br />
der vor Gott niemals gerechtfertigt sein kann,<br />
weil es außerhalb der Kirche kein Heil gibt. Und<br />
die Kirche selbst entwickelt als Institution Eigeninteressen,<br />
durch die sie aufhört, ein Instrument des<br />
Glaubens zu sein – stattdessen wird umgekehrt der<br />
Glaube zum Instrument dieser Interessen.<br />
Ich habe hier ganz bewusst scharf zugespitzt, um<br />
den Widerspruch herauszuarbeiten: zwischen dem<br />
christlichen Glauben einerseits, der seiner Natur<br />
nach auf einer inneren, individuellen Beziehung zu<br />
Gott beruht, und der Religion andererseits, in der<br />
dieser Glaube in Gestalt eines sozialen Systems<br />
objektiviert wird.<br />
Im Christentum dagegen musste die Spannung<br />
zwischen den Forderungen des sozialen Systems<br />
«Kirche» und der Botschaft, auf die sie sich berief,<br />
geradezu zwangsläufig die Opposition in Gestalt<br />
zunächst der Ketzerei, dann des Protestantismus<br />
auf den Plan rufen.<br />
Die Kirche verwandelt die Liebe<br />
zu Gott in Furcht vor Gott.<br />
Der innere Widerspruch zwischen Glaube und<br />
Religion verwandelte sich damit in einen äußeren<br />
Gegensatz zwischen konkurrierenden Kirchen. In<br />
der Logik dieses Sachverhalts liegt es auch, dass<br />
der Protestantismus seinerseits denselben Widerspruch<br />
reproduzieren musste und – schon infolge<br />
seines institutionenkritischen Ansatzes – in eine<br />
immer größere Zahl immer kleinerer Glaubensgemeinschaften<br />
zerfiel. Bis heute ist es so, dass der<br />
Protestantismus den größeren Wert auf den Glauben,<br />
also auf das subjektive, individuelle Moment<br />
des Christentums legt, während der Katholizismus<br />
dessen soziales, objektives und damit institutionel-
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Das Abendland verteidigen<br />
Im Christentum gilt das Gebot der Nächstenliebe. Beschrieben<br />
im Gleichnis vom barmherzigen Samariter im Lukas-Evangelium.<br />
Foto: Public domain, Wikimedia Commons<br />
les Moment in den Vordergrund rückt. Dabei wirken<br />
beide Konfessionen als Korrektive füreinander: Die<br />
katholische Kirche hält durch ihre schiere Existenz<br />
die anarchisch-individualistischen Tendenzen des<br />
Protestantismus im Zaum, während dieser seinerseits<br />
die institutionalisierte Kritik an einer stets drohenden<br />
monopolistischen Vermachtung der katholischen<br />
Kirche darstellt.<br />
Die Trennung des Protestantismus von der<br />
katholischen Mutterkirche weist dabei faszinierende<br />
Parallelen zur Trennung dieser Kirche von<br />
der Synagoge auf. Die jesuanische Ethik der Liebe,<br />
der Inklusion, der Toleranz und der Autonomie war<br />
ja, wie schon erwähnt, jüdische Ethik, die gegen<br />
die religiösen Institutionen ins Feld geführt wurde.<br />
Der latente Gegensatz von Glaube und Religion ist<br />
also bereits im Judentum verankert, und die Reformation<br />
stellt, so gesehen, den zweiten Durchlauf<br />
desselben Zyklus dar, der bereits zur Trennung der<br />
Christen von den Juden geführt hatte.<br />
Der religiöse Anker der Aufklärung<br />
Durch die Reformation verlor die Kirche ihre<br />
dominierende Stellung gegenüber dem Staat einerseits,<br />
den Gläubigen andererseits: Hatte der deutsche<br />
König Heinrich IV. noch nach Canossa pilgern<br />
müssen, um sich die überlebensnotwendige Gunst<br />
des Papstes zu sichern, so konnte ein anderer Heinrich,<br />
der Achte von England, es sich leisten, aus<br />
mehr privaten als religiösen Motiven seine eigene<br />
Kirche zu gründen. Die einfachen Gläubigen wiederum<br />
hatten, im Prinzip zumindest, die Option des<br />
Konfessionswechsels.<br />
Diese Schwächung der Kirche als Institution<br />
führte selbstredend nicht dazu, dass das Christentum<br />
aufgehört hätte, die alleinige Quelle der ethischen<br />
und moralischen Orientierung abendländischer<br />
Gesellschaften zu sein – andere Quellen gab<br />
es ja nicht.<br />
Vielmehr wurde der Widerspruch zwischen<br />
Glaube und Religion dadurch aufgehoben, dass das<br />
christliche Menschenbild und die damit verbundene<br />
Ethik der individuellen Autonomie, der gegenseitigen<br />
Toleranz und der Gleichheit aller Menschen<br />
vor Gott in säkularisierter Form zur Grundlage der<br />
Moderne wurde. Das Christentum als Religion, also<br />
die Kirche, wurde partikular, während Menschenbild<br />
und Ethik verallgemeinert wurden.<br />
Der Widerspruch von Glaube und<br />
Religion ermöglicht bei Christen<br />
das dialektische Denken.<br />
Also ein klassischer dialektischer Prozess: Die<br />
These, der christliche Glaube, bringt die Religion als<br />
seine eigene Antithese hervor, und der dadurch entstehende<br />
Widerspruch wird in einer Weise aufgehoben,<br />
in der beides sowohl negiert wird als auch<br />
erhalten bleibt.<br />
Dies erklärt, warum gerade das christliche<br />
Abendland, und nicht irgendeine andere Weltzivilisation,<br />
die liberale Säkularität hervorgebracht<br />
hat. Eine Frage, die durchaus noch offen ist, im vorliegenden<br />
Zusammenhang aber nicht vertieft werden<br />
kann, lautet dabei, ob der säkulare Liberalismus<br />
ohne Rückbindung an die religiösen Werte,<br />
denen er seine Existenz verdankt, auf die Dauer<br />
überlebensfähig ist; ob der Rückzug der Religion<br />
ins rein Private ohne Anspruch auf gesellschaftliche<br />
Verbindlichkeit und die Inflation von Freiheitsansprüchen<br />
auf Kosten sittlicher Bindungen nicht<br />
zur Selbstzerstörung der liberalen Zivilisation des<br />
Westens führen wird.<br />
Vernunft und Religion<br />
Auszug aus der Ansprache von<br />
Papst Benedikt XVI. an der Universität<br />
Regensburg vom 12.<br />
September 2006:<br />
In der von Professor Khoury herausgegebenen<br />
siebten Gesprächsrunde<br />
(…) kommt der<br />
Kaiser auf das Thema des<br />
Dschihad, des heiligen Krieges<br />
zu sprechen. (…) Ohne sich auf<br />
Einzelheiten (…) einzulassen,<br />
wendet er sich in erstaunlich<br />
schroffer, für uns unannehmbar<br />
schroffer Form ganz einfach mit<br />
der zentralen Frage nach dem<br />
Verhältnis von Religion und Gewalt<br />
überhaupt an seinen Gesprächspartner.<br />
Er sagt: «Zeig<br />
mir doch, was Mohammed Neues<br />
gebracht hat, und da wirst Du<br />
nur Schlechtes und Inhumanes<br />
finden wie dies, dass er vorgeschrieben<br />
hat, den Glauben, den<br />
er predigte, durch das Schwert<br />
zu verbreiten.» Der Kaiser begründet,<br />
nachdem er so zugeschlagen<br />
hat, dann eingehend,<br />
warum Glaubensverbreitung<br />
durch Gewalt widersinnig ist.<br />
Sie steht im Widerspruch zum<br />
Wesen Gottes und zum Wesen<br />
der Seele. «Gott hat kein Gefallen<br />
am Blut», sagt er, «und nicht<br />
vernunftgemäß, (…) zu handeln,<br />
ist dem Wesen Gottes zuwider.<br />
(…)»<br />
Der entscheidende Satz in dieser<br />
Argumentation gegen Bekehrung<br />
durch Gewalt lautet:<br />
Nicht vernunftgemäß handeln<br />
ist dem Wesen Gottes zuwider.<br />
(…) Für den Kaiser als einen in<br />
griechischer Philosophie aufgewachsenen<br />
Byzantiner ist dieser<br />
Satz evident. Für die moslemische<br />
Lehre hingegen ist Gott<br />
absolut transzendent. Sein Wille<br />
ist an keine unserer Kategorien<br />
gebunden und sei es die der Vernünftigkeit.<br />
(vatican.ca)<br />
Gelebtes Christentum: Pfarrkirche<br />
im steiermärkischen Ilz. Foto: Dnalor<br />
01, CC BY-SA 3.0, Wikimedia<br />
Commons<br />
_ Manfred Kleine-Hartlage ist<br />
Publizist und Buchautor. Der<br />
Text ist ein bearbeiteter Auszug<br />
aus seinem Standardwerk «Das<br />
Dschihadsystem. Wie der Islam<br />
funktioniert» (Resch-Verlag, 292<br />
Seiten, 19,90 Euro, ISBN 978-3-<br />
935197-96-0).<br />
75
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Das Abendland verteidigen<br />
Thesen zum Islam<br />
von Thor von Waldstein<br />
«Der radikale Widerstand des Islamismus gegen die expansionistische<br />
”Dekadenz” des Westens enthält Möglichkeiten in sich,<br />
die den Verlauf der künftigen Weltgeschichte stärker bestimmen<br />
könnten als der Wandel der Machtverhältnisse unter den großen<br />
Staaten des 21. Jahrhunderts.» Ernst Nolte<br />
Einheit, keine Gegensätze. In Sonderheit die Türken<br />
und die Deutschen haben über Jahrhunderte hinweg<br />
nicht nur hervorragende diplomatische Beziehungen<br />
gepflegt, sondern sich auf vielen Gebieten<br />
gegenseitig kulturell befruchtet.<br />
Provozierte Radikalisierung<br />
4. Die Radikalisierung des Islams in der zweiten<br />
Hälfte des 20. Jahrhunderts hat überwiegend<br />
politische, nicht religiöse Wurzeln. Die politischen<br />
Ursachen sind:<br />
a) die britische, französische und niederländische<br />
Kolonialherrschaft vom 18. bis zur Mitte des<br />
20. Jahrhunderts, die durch ihre rücksichtslose<br />
Härte und ihre arrogante Überheblichkeit Minderwertigkeitsgefühle<br />
und Hass bei den unterworfenen<br />
Völkern, von Indonesien bis in den Maghreb,<br />
bewirkt hat;<br />
b) die US-amerikanische Neokolonialherrschaft seit<br />
Mitte des 20. Jahrhunderts, deren Maßlosigkeit –<br />
nicht nur im Islam – zu wachsendem Widerstand<br />
geführt hat;<br />
Das christliche Deutsche und das<br />
muslimische Osmanische Reich verband<br />
engste Beziehungen. 1898 zog<br />
Kaiser Wilhelm II. sogar in einer Art<br />
Triumphzug ins damals osmanische<br />
Jerusalem ein – offiziell ein privater<br />
Pilgerbesuch. Foto: picture-alliance<br />
/ IMAGNO/Austrian Archives<br />
1. Der Islam ist an der Schwelle zur Neuzeit eine<br />
der wesentlichen Kulturquellen des alten Europa<br />
gewesen. Ohne die persische Architektur und Medizin,<br />
ohne die maurische Städtebaukunst, ohne die<br />
Glanzleistungen der arabischen Mathematik und<br />
Astronomie wären Renaissance und Aufklärung<br />
nicht denkbar gewesen.<br />
c) die an politischer Unklugheit kaum zu überbietende<br />
bedingungslose Unterstützung der USA für<br />
einen die Menschenrechte beharrlich mit Füßen<br />
tretenden Kleinstaat am östlichen Mittelmeer, der<br />
seine islamischen Bürger und Nachbarn seit Jahrzehnten<br />
mit Gewalt und Terror überzieht;<br />
d) die Volk, Familie, Religion und jede andere zentripetale<br />
Gemeinschaftskultur des Menschen zersetzende<br />
Dekadenz des Westens, deren Zerstörungskraft<br />
der Islam spürt und gegen die sich zu<br />
wehren sein gutes Recht ist.<br />
76<br />
Der Terrorismus hat<br />
seine Wurzeln nicht<br />
in einer angeblich<br />
besonderen Bösartigkeit<br />
des Islams.<br />
2. Die Losung des Genies der deutschen Kaiser,<br />
Friedrich des Zweiten von Hohenstaufen: «Krieg mit<br />
Rom aufs Messer! Friede, Freundschaft mit dem<br />
Islam» ist historisch überholt, gewiss. Es sollte aber<br />
nicht aus dem Blickfeld geraten, dass die christliche<br />
Traditionslinie der Deutschen keine Zwangsläufigkeit<br />
war: «Das Christentum hat uns um die Ernte<br />
der antiken Kultur gebracht, es hat uns später wieder<br />
um die Ernte der Islam-Kultur gebracht» (Friedrich<br />
Nietzsche).<br />
3. Mit den Völkern des Islams, insbesondere den<br />
Arabern und den Türken, verbindet die Europäer ein<br />
jahrhundertealtes gemeinsames geistiges Erbe. Orient<br />
und Okzident sind kulturell eine symbiontische<br />
5. Der Terrorismus hat seine Wurzeln nicht in<br />
einer angeblich besonderen Bösartigkeit des Islams.<br />
Der asymmetrische Krieg entspringt vielmehr der<br />
Verzweiflung Einzelner über erlittenes Unrecht<br />
an ihrem Volk. Wer als 16-jähriger Palästinenser<br />
zuzusehen gezwungen ist, wie israelische Militärbulldozer<br />
das Elternhaus nebst darin wohnender<br />
Familie überrollen, hasst unbändig. Das (richtige)<br />
Urteil, dass dieser Hass nicht dazu berechtigt,<br />
ebenso unschuldige Zivilisten (in Israel, in Europa<br />
oder anderswo) in die Luft zu sprengen, sollte zur<br />
Erhöhung seiner Glaubwürdigkeit mit der Erinnerung<br />
gepaart werden, dass die wahren Ursachen<br />
dieses Hasses benannt und beseitigt werden müssen,<br />
wenn das Morden ein Ende haben soll.
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Das Abendland verteidigen<br />
6. Ziel des seit dem 11. September 2001 geführten<br />
US-amerikanischen Kampfes gegen den Terror<br />
war und ist es unter anderem, die Europäer vor den<br />
Karren des Westens zu spannen, um die gewachsene<br />
geistig-kulturelle Symbiose, aber auch die<br />
natürliche geopolitische Verbundenheit zwischen<br />
Europa und den nördlichen Mittelmeeranrainern zu<br />
sprengen. Nachdem West- und Mitteleuropa über<br />
ein halbes Jahrhundert der falsche Freund (USA)<br />
aufgenötigt wurde, soll der alte Kontinent nunmehr<br />
auch noch mit einem falschen Feind (Islam) beglückt<br />
werden. Diese Bestrebungen der USA, Europa in<br />
eine politisch sinnwidrige Frontstellung gegen die<br />
islamische Welt hineinzumanipulieren, sind zwischenzeitlich<br />
– nicht zuletzt aufgrund des massenmedial<br />
inszenierten Westextremismus («Je suis<br />
Charlie») – weit fortgeschritten.<br />
Falsches Feindbild Islam<br />
7. Weswegen den Europäern eine puritanisch-bigott<br />
gesinnte, körperlich deformierte, geistig enteignete<br />
und politisch vollständig fremdbestimmte<br />
Menschenansammlung jenseits des Atlantiks näher<br />
stehen sollte als die gewachsenen Kulturen des Orients<br />
jenseits des mare nostrum, ist nicht nachvollziehbar.<br />
Der in Europa massenmedial beförderte<br />
Rassismus, wonach uns mit dem (weißen) Aktienbroker<br />
aus Manhattan angeblich mehr verbindet als<br />
mit dem (nicht weißen) Okraschoten-Händler auf<br />
dem Khan el-Khalili-Basar in Kairo, ist mehr als ein<br />
Verbrechen, er ist ein unverzeihlicher Fehler wider<br />
die geistige, kulturelle und geopolitische Interessenlage<br />
des alten Kontinents.<br />
8. Ein wesentliches politisches Instrument zur<br />
Entfremdung der Europäer vom Islam ist die seit<br />
Jahrzehnten betriebene Massenimmigration aus<br />
dem Orient, insbesondere aus der Türkei, aus<br />
Syrien sowie den Maghreb-Staaten. Ziel derjenigen,<br />
die hierfür die Verantwortung tragen, ist es,<br />
die natürliche Abwehr des europäischen Bürgers<br />
gegen die Überfremdung im eigenen Land zu einer<br />
außenpolitischen Frontstellung Europas gegen<br />
den Islam zu missbrauchen. Diese durchsichtige<br />
Vermengung innen- und außenpolitischer Kategorien<br />
entbehrt indes jeder Rechtfertigung: Die multikulturelle<br />
Zumutung geht zurück auf die Interessen<br />
des Kapitals und die nicht minder islamferne<br />
Ideenwelt deutscher, schuldbeladener Halbintellektueller,<br />
nicht auf ausgeklügelte Umvolkungsstrategien<br />
des Orients.<br />
Dekadenz und Fäulnis<br />
9. Nachdem das im Zweifel ohnehin portemonnaiewählende,<br />
bestenfalls politisch frühdemente<br />
deutsche Bürgertum diese ethnische Herausforderung,<br />
die in den besseren Stadtteilen erst<br />
mit einem Bremsweg von vier Jahrzehnten anzu-<br />
Die religiöse Wehrlosigkeit<br />
Europas<br />
ist nicht zuletzt<br />
dem grenzenlosen<br />
Versagen der<br />
christlichen Kirchen<br />
geschuldet.<br />
Nach Meldungen über die Vergewaltgung<br />
einer 13-jährigen Schülerin<br />
in Berlin gingen im Januar 2016<br />
in Deutschland Zehntausende Russlanddeutsche<br />
gegen islamische<br />
Migrantengewalt auf die Straße:<br />
In Berlin zogen am 23. Januar rund<br />
2.000 Menschen vor das Kanzleramt.<br />
Foto: picture alliance / dpa<br />
77
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Das Abendland verteidigen<br />
Ein Prozent genügt<br />
Götz Kubitschek hat mit Unterstützung<br />
von Karl Albrecht<br />
Schachtschneider, Jürgen Elsässer<br />
und anderen die Vernetzungsinitiative<br />
einprozent.de ins<br />
Leben gerufen. Im Aufruftext<br />
heißt es: «Die Flüchtlingsinvasion<br />
ist eine Katastrophe für<br />
Deutschland und Europa. Politik<br />
und Medien wollen uns vor<br />
vollendete Tatsachen stellen?<br />
Wir machen nicht mit! Wir brauchen<br />
eine Bürgerbewegung,<br />
eine breite Lobby für Deutschland.<br />
Unsere Vision: Tausende<br />
Mitglieder unterstützen unsere<br />
juristischen, medialen und politischen<br />
Aktionen, verbreiten die<br />
Informationen, die in den Medien<br />
nicht zu finden sind, und<br />
wehren sich in ihren Gemeinden<br />
gegen die Auflösung unseres<br />
Staates.<br />
Kurzum: Wir brauchen die Unterstützung<br />
von einem Prozent<br />
der Deutschen, nicht mehr. Ein<br />
Prozent reicht aus! (...) Lasst<br />
uns beginnen – kreativ, finanzstark<br />
und so groß, dass wir nicht<br />
mehr ignoriert werden können!<br />
Jeder, dem unser Land am Herzen<br />
liegt, kann sich beteiligen.»<br />
Einprozent veröffentlicht<br />
Demon strationstermine im ganzen<br />
Land und dreht Videos, die<br />
wichtige Ansätze vorstellen. Wo<br />
es Aktivisten an Geld fehlt, wird<br />
geholfen.<br />
kommen scheint, allmählich realisiert hat, ist man<br />
nunmehr darum bemüht, einen Schuldigen zu finden.<br />
Seltsamerweise sucht man aber die Schuld<br />
nicht bei denjenigen Volksgenossen, die die politische<br />
Verantwortung für die neue Völkerwanderung<br />
tragen (Adenauer, Brandt, Schmidt, Kohl, Schäuble,<br />
Schröder, Merkel und Konsorten), sondern bei den<br />
ausländischen Wirtschaftsmigranten, die nie etwas<br />
anderes waren als Verschiebemasse auf kapitalistischen<br />
Bahnhöfen.<br />
<strong>10</strong>. Die viel beschworene Integration der Fremden<br />
in die derzeitige treu-‚ ehr- und ortlose Dekadenzgesellschaft<br />
auf deutschem Boden war von<br />
Anfang an zum Scheitern verurteilt: «Deutschland<br />
kann den Fremden keine Identität anbieten, weil die<br />
Deutschen selbst keine haben» (Bassam Tibi). Tatsächlich<br />
ist Integration eine der zentralen Betrugsvokabeln<br />
im BRD-Neusprech, mit der die ahnungslosen<br />
Volksdeutschen über die schleichende Landnahme<br />
durch Fremde getäuscht werden sollen.<br />
Und diese Landnahme wird durch die Auflösungserscheinungen<br />
des Liberalismus entscheidend forciert:<br />
Junge Türken und Araber, die von der Ausstrahlungskraft<br />
des Islams geprägt wurden, verachten<br />
das anything goes des Westens, und wer wollte<br />
ihnen widersprechen? Und wer will eigentlich in<br />
der europäisch-gleichmacherischen «Gender-Mainstream»-Jetztzeit<br />
Mädchen und junge Frauen verurteilen,<br />
die erotisch von softieabholden, debattenfeindlichen<br />
und auch sonst unwestlich auftretenden<br />
Männern träumen, von denen Alice Schwarzer<br />
albträumt?<br />
Die Weltgeschichte wird nicht auf<br />
dem Schlachtfeld, sondern im<br />
Kreißsaal entschieden.<br />
11. Die religiöse Wehrlosigkeit Europas ist nicht<br />
zuletzt dem grenzenlosen Versagen der christlichen<br />
Kirchen, allen voran die Evangelische Kirche in<br />
Deutschland, geschuldet. Die durch Religions-GEZ<br />
wohlgenährten Amtskirchen verwalten ein ausgezehrtes<br />
Christentum, das sich mit einem Todeskuss<br />
zu verabschieden scheint. Anstatt Gott zu loben und<br />
sich um das Transzendenzbedürfnis der Einheimischen<br />
zu kümmern, ergießen sich die Kirchenfürsten<br />
in Fernstenliebe, Kirchenasyl, Vergangenheitsbewältigung,<br />
Toleranzorgien gegenüber unzähligen<br />
Randgruppen und anderen Erbaulichkeiten areligiöser<br />
Art. Dass dabei das Seelenheil der Menschen<br />
und deren Bindung an die Kirche auf der Strecke<br />
bleiben, sollte die Käsmanns, Woelkis e tutti quanti<br />
zuallerletzt wundern. Wenn der Islam in Deutschland<br />
so erfolgreich in dieses selbstverschuldete religiöse<br />
Vakuum stoßen kann, dann vor allem deshalb,<br />
weil es den Deutschen an mutigen Kirchenmännern<br />
gebricht, die der «Diktatur des Relativismus» (Benedikt<br />
XVI.) die Stirn und den Menschen Halt in ihrem<br />
Glauben bieten.<br />
12. Nicht unerheblich beschleunigt wird die Islamisierung<br />
Deutschlands durch eine – von weiblichen<br />
wie nichtweiblichen Personen gleichermaßen<br />
beförderte – Entmännlichung fast aller öffentlicher<br />
Lebensbereiche. In der thymosvergessenen<br />
Talkshowgesellschaft gilt Männlichkeit – jedenfalls<br />
jenseits der Aftershave-Werbung – als unerwünscht,<br />
bestenfalls als ein Charakterzug von vorgestern.<br />
Junge, naturwüchsige Völker, die den Helden<br />
in sich noch nicht begraben haben, neigen dazu,<br />
dem Modell einer solchen «überalterten, feminisierten,<br />
wehleidigen, von historischen Schuldgefühlen<br />
gesteuerten, der Gleichheit und der Androgynität<br />
huldigenden Gesellschaft wie der deutschen,<br />
die Männlichkeit mit halb priesterlichem, halb<br />
irrenärztlichem Gestus bekämpft» (Michael Klonovsky),<br />
eine womöglich ganz unfeminisiert-radikale<br />
Absage zu erteilen: «Wenn der Islam das Christentum<br />
verachtet, so hat er tausendmal recht dazu:<br />
Der Islam hat Männer zur Voraussetzung.» (Friedrich<br />
Nietzsche)<br />
Verteidigung gegen die Masseninvasion<br />
13. Unbeschadet der Tatsache, dass der Islam<br />
nicht die Verantwortung für die Überfremdung Europas<br />
trägt (siehe Ziffer 8), wird er wie jede missionierende<br />
Religion den Versuch unternehmen, sich<br />
in Europa nicht nur zu behaupten, sondern – wie<br />
einst die Mauren in Spanien – über das Christen-<br />
78<br />
Mehr Informationen unter einprozent.de<br />
Foto: einprozent.de<br />
Das <strong>COMPACT</strong>-Cover 1/2015 avancierte<br />
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Demoplakate des Volkswiderstandes,<br />
wie hier bei Legida Leipzig am<br />
21. Januar 2015. Foto: picture alliance/dpa
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Das Abendland verteidigen<br />
tum bzw. das, was nach den Weichspülgängen des<br />
Liberalismus davon übrig geblieben ist, zu obsiegen.<br />
Das liegt – abgesehen von dem Sonderfall des nicht<br />
missionierenden Judentums – in der Natur monotheistischer<br />
Religionen und unterscheidet sich nicht<br />
von der Ausbreitung des Christentums in Lateinamerika<br />
sowie in Teilen Asiens und Afrikas. Neu<br />
für die Europäer ist allenfalls, dass sie die Azteken<br />
von morgen sein könnten.<br />
14. Ob dem Islam dieser innerhalb und außerhalb<br />
der Kreißsäle stattfindende Majorisierungsversuch<br />
gelingt oder nicht, liegt ausschließlich an<br />
den Europäern selbst. Wenn diese sich ihrer geistigen<br />
Wurzeln rückbesinnen und die raumfremde<br />
Schutzmacht des Liberalismus in Europa, die USA,<br />
des Platzes verweisen, wird Europa, eingebettet in<br />
seine alten geopolitischen Widerlager (Orient im<br />
Süden und Asien im Osten), neu erblühen. Voraussetzung<br />
hierfür ist allerdings, daß die Deutschen<br />
sich ebenso gründlich wie zügig von dem zivilreligiösen<br />
Anspruch verabschieden, das Monopol auf alles<br />
historische Unheil im alten Kontinent zu besitzen.<br />
«Für Amerika werden wir immer<br />
nur Kulis sein. Asien gegenüber<br />
haben wir eine Aufgabe.» <br />
<br />
Ernst Niekisch<br />
15. Bei der Zurückweisung nicht zu leugnender<br />
islamischer Herrschaftsansprüche kann den Europäern,<br />
wenn sie denn eine Zukunft haben wollen,<br />
nur zu einer Entschiedenheit à la Poitiers (732), Granada<br />
(1492), Lepanto (1571) und Zenta (1697) geraten<br />
werden. Vieles spricht dafür, dass die neue<br />
Leidenschaft für das Eigene, die die europäischen<br />
Völker für ein Wiedererstarken ihres Lebens- und<br />
Zukunftswillens zuallererst entwickeln müssen, am<br />
ehesten einem nüchternen Laizismus entspringen<br />
könnte. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass<br />
einem solchen sich formierenden ethnischen Fundamentalismus<br />
auch religiös motivierte Abwehrkräfte<br />
zuwachsen, insbesondere seitens der katholischen<br />
beziehungsweise orthodoxen Kirche in Osteuropa;<br />
die tragende Säule einer solchen widerständigen<br />
Bewegung kann das Christentum im säkularisierten<br />
Europa indes nicht (mehr) sein.<br />
16. Dreh- und Angelpunkt jeglicher europäischer<br />
Renaissance ist die demographische Wende, die<br />
ihrerseits nur gelingt, wenn man, insbesondere im<br />
zentraleuropäischen Problemstaat Nr. 1, Abschied<br />
von den liberalistischen Lebenslügen nimmt. Wer<br />
sich von Muslimen wegkindern lässt, sollte die<br />
Ursache hierfür nicht bei den Moslems suchen.<br />
Wer sich von dem Shoabusiness Schuldneurosen<br />
einpflanzen lässt, sollte sich nicht wundern, wenn<br />
immer weniger deutsche Kinder das Licht der Welt<br />
im Land der Großverbrecher erblicken. Die Weltgeschichte<br />
wird nicht auf dem Schlachtfeld, nicht<br />
auf dem Börsenparkett und auch nicht auf Twitterkanälen,<br />
sondern – gerade im 21. Jahrhundert – in<br />
der Wiege entschieden: «civilizations die from suicide,<br />
not by murder» (Gesellschaften sterben durch<br />
Selbstmord, nicht durch Mord; Arnold J. Toynbee).<br />
17. Sollte dieser Kampf um die Jugend für Europa<br />
verloren gehen, so darf – horribile dictu – angemerkt<br />
werden, dass die vollständige Islamisierung nur die<br />
zweitschlechteste Lösung ist, weil sie immerhin<br />
noch eine Hoffnung auf einen kulturellen Neuanfang<br />
zurückließe. Die fortgesetzte Durchamerikanisierung<br />
aller Lebensbereiche durch den angeblich<br />
«sanften Hegemon» USA (Karlheinz Weißmann) fördert<br />
dagegen die weitere Ausbreitung der «letzten<br />
Menschen», die blinzeln und sagen: «Wir haben das<br />
Glück erfunden» (Friedrich Nietzsche). Gegenüber<br />
einem solchen verhausschweinten Fellachen-Ende<br />
à la USA ist eine Hagia-Sophia-Lösung, bei der der<br />
Islam auf dem europäischen Geisteserbe aufbauen<br />
kann, in jedem Fall vorzuziehen.<br />
18. Im 21. Jahrhundert, dessen weltpolitische<br />
Hauptbühne sich schon seit geraumer Zeit nach<br />
Asien, insbesondere nach China und Indien, verlagert<br />
hat, haben die Europäer nur dann eine Überlebenschance,<br />
wenn sie ihre Souveränität zurückgewinnen<br />
und sich schnell von den USA lösen, um im<br />
Verein mit Russland und den islamischen Mittelmeeranrainern<br />
eine Regionalmacht im äußersten<br />
Westen der eurasischen Landmasse zu bilden. Dort<br />
liegt auch geistig und kulturell die einzige Zukunft<br />
Europas: «Für Amerika werden wir immer nur Kulis<br />
sein. Asien gegenüber haben wir eine Aufgabe.»<br />
(Ernst Niekisch).<br />
Pegida im Dezember 2014: In Dresden<br />
demonstrierten bis zu 40.000<br />
Bürger wöchentlich gegen die<br />
Islamisierung des Abendlandes.<br />
Foto: picture alliance / AP Photo<br />
_ Thor von Waldstein, geboren<br />
1959 in Mannheim, Studium der<br />
Rechtswissenschaft, Geschichte,<br />
Philosophie, Politikwissenschaft<br />
und Soziologie an den Universitäten<br />
München, Mannheim<br />
und Heidelberg. Seit 1989 als<br />
Rechtsanwalt und Publizist tätig.<br />
1989: Promotion zum Dr. rer. soc.<br />
an der Ruhr-Universität Bochum<br />
bei Bernard Willms.<br />
1992: Promotion zum Dr. iur. an der<br />
Universität Mannheim. Co-Autor<br />
der führenden Kommentare zur<br />
Rheinschiffahrtspolizeiverordnung<br />
(3. Auflage) und zum Binnenschifffahrtsrecht<br />
(5. Auflage). Verteidiger<br />
in zahlreichen Strafverfahren<br />
gegen die Unterdrückung der<br />
Meinungsäußerungsfreiheit<br />
von Andersdenkenden. Letzte<br />
Publikationen: Der Beutewert des<br />
Staates – Carl Schmitt und der Pluralismus,<br />
Graz 2008; Metapolitik,<br />
Schnellroda 2015; «Wir Deutsche<br />
sind das Volk»–Zum politischen<br />
Widerstandsrecht der Deutschen<br />
nach Art. 20 IV Grundgesetz in der<br />
«Flüchtlingskrise», Schnellroda<br />
2016. – Zwischenüberschriften<br />
von der Redaktion.<br />
79
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Das Abendland verteidigen<br />
Unsere Werte, unser Widerstand<br />
_ Diskussion<br />
Die Islamisierung schreitet in Riesenschritten voran. Ist das Abendland<br />
verloren – oder wie können wir eine wirksame Abwehrfront<br />
aufbauen? Welche Rolle können unsere Traditionen dabei spielen?<br />
Eine Diskussion in der <strong>COMPACT</strong>-Redaktion zwischen Marc<br />
Dassen, Jürgen Elsässer, Harald Harzheim, Martin Müller-Mertens<br />
und Tino Perlick.<br />
Elsässer: Björn Höcke sagte in einer seiner letzten<br />
Reden: «Unser Feind ist nicht der Islam, sondern<br />
die Dekadenz.» Vielleicht ein guter Einstieg in<br />
unsere Abschlussdebatte…<br />
«Die These, Europa<br />
sei unrettbar von<br />
innen vermodert,<br />
ist reine IS-Propaganda.»<br />
Elsässer<br />
Das zerstörte Dresden 1945. Der<br />
angloamerikanische Terrorangriff<br />
zerstörte auch eine jahrhundertealte<br />
Stätte abendländisch-deutscher<br />
Zivilisation. Foto: Deutsche<br />
Fotothek, CC BY-SA 3.0, Wikimedia<br />
Commons<br />
Dassen: Nach meiner Meinung bedeutet das:<br />
Unsere Gutmenschlichkeit ist unser Untergang,<br />
weil sie uns wehrlos gegenüber skrupellosen, unzivilisierten<br />
Eindringlingen macht.<br />
Harzheim: Es ist völlig falsch ist, den Schuldigen<br />
für die europäische Krise bei den Muslimen<br />
zu suchen. Europa hat sich geistig-spirituell in den<br />
letzten zwei Jahrhunderten selbst liquidiert. Die<br />
Moderne hat ein riesiges Vakuum eröffnet. Und da<br />
findet ganz selbstverständlich ein anderes Wertesystem<br />
seinen Platz. Das betrifft auch den Helden<br />
des letzten Romans von Michel Houellebecq,<br />
Unterwerfung: Der versucht für kurze Momente,<br />
wie so viele Konservative, die Rückkehr in alte Sinnstrukturen.<br />
Aber das klappt nicht. Was einmal historisch<br />
erledigt wurde, ist unrestaurierbar tot. Am<br />
Schluss versucht er deshalb, den Islam als neue<br />
Sinnstiftung auszutesten. Er hat ja auch nichts zu<br />
verlieren…<br />
Dekadenz und Selbsthehauptung<br />
Dassen: Die Europäer sind in Houellebecqs<br />
Vision nicht mehr fähig, dem islamischen Wertekosmos<br />
ihre eigene, gewachsene Kultur entgegenzuhalten,<br />
weil die längst unrettbar von innen vermodert<br />
erscheint.<br />
Elsässer: Das finde ich bekloppt: Die abendländische<br />
Kultur sei «unrestaurierbar tot», also könnten<br />
wir doch ganz entspannt den Islam «austesten»,<br />
man könne ja dabei «nichts verlieren»… Das<br />
ist die Kapitulation vor der islamischen Landnahme<br />
auf unserem Kontinent. Die ganze These, Europa<br />
sei «unrettbar von innen vermodert», ist die reine<br />
IS-Propaganda! Immerhin werden auf unserem<br />
Kontinent, trotz Neoliberalismus und Amerikanisierung,<br />
immer noch materielle und geistige Werte<br />
geschaffen, von denen andere Weltgegenden nur<br />
träumen können! Und ja, auch in diesem schal<br />
gewordenen Europa haben wir im Falle einer Islamisierung<br />
noch unendlich viel zu verlieren: Ich will<br />
mein Weihnachten feiern, ich will Bier mit Schnitzel,<br />
ich will nicht, dass unsere Heranwachsenden<br />
als Kinder-Bräute weggeheiratet werden, ich will<br />
keine Scharia-Gerichte, meine Frau soll sich nicht<br />
verschleiern müssen.<br />
Perlick: Es kann weder darum gehen, den Salafisten<br />
und Rapefugees zu entsprechen, etwa durch<br />
Minirockverbot auf Schulhöfen, noch darum, plötzlich<br />
jeden Sonntag in die Kirche zu rennen. Und<br />
gewiss ist es keine Lösung, mit dem Islam zu experimentieren.<br />
In meiner Nachbarschaft hängt, wie<br />
vielerorts, ein riesiges Werbeplakat für einen «FKK<br />
Saunaclub», also ein Großbordell – keine zehn<br />
Meter gegenüber befindet sich eine Koranschule.<br />
Nur weil ich finde, dass Puff-Werbung in der Öffentlichkeit<br />
nichts verloren hat, gehe ich jedoch noch<br />
lange nicht auf Tuchfühlung mit dem sittenstrengen<br />
Islam.<br />
80<br />
Dassen: Harzheim und Houllebecq postulieren,<br />
dass sich Europa geistig-spirituell in den letzten<br />
zwei Jahrhunderten selbst liquidiert hat – aber<br />
stimmt das überhaupt? Ist das einfach so passiert?<br />
Oder war es nicht viel eher so, dass mit Industrialisierung<br />
und frühkapitalistischer Lebensweise<br />
plötzlich ökonomische Zwänge auf das Leben der<br />
Völker einwirkten, die sich bis zum heutigen Tag<br />
in einen globalen «Raubtier-» oder «Turbokapitalismus»<br />
gesteigert haben? Waren es nicht mehr oder<br />
weniger die Kräfte des Marktes, und damit meine<br />
ich konkret die Handlanger der Hochfinanz, die
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Das Abendland verteidigen<br />
Europa mit den Imperativen von Profit und Wachstum<br />
in die Ellenbogengesellschaft und immer wieder<br />
auch in verheerende Kriege getrieben haben?<br />
Vorwärts – und nicht vergessen<br />
Harzheim: Rückkehr zu vergangenen Werten –<br />
das ist Wunschdenken. Als im 4. Jahrhundert, Rom<br />
war längst christlich geworden, Kaiser Julian das<br />
delphische Orakel und die antiken Götter recyceln<br />
wollte, ging das auch voll daneben. Wiederbelebung<br />
funktioniert in dem Bereich nicht.<br />
Elsässer: Gegenbeispiel: Es findet in ganz Osteuropa<br />
– sowohl in katholischen wie in orthodoxen<br />
Ländern – seit etlichen Jahren eine religiöse Wiederbesinnung<br />
statt. Die entsprechenden Parteien<br />
haben in Russland, Ungarn und Polen eindrucksvolle<br />
Wahlsiege eingefahren. Putin hat erreicht,<br />
woran Kaiser Julian gescheitert ist.<br />
Müller-Mertens: Moment! Die Religion wurde<br />
in Osteuropa nicht restauriert. Sie war vielmehr nie<br />
weg. Den Polen bedeutete die Schwarze Madonna<br />
von Tschenstochau stets mehr als der Parteisekretär…<br />
Selbst wenn das Christentum vielleicht nicht<br />
im klassischen religiösen Sinne überdauerte, so<br />
blieb es in seiner Rolle als faktische Opposition<br />
ein identitätsstiftender Faktor, der nach 1990 seinen<br />
Platz wieder einnehmen konnte. Aber im Westen<br />
ist das eben nicht der Fall. Deshalb sollten wir<br />
bei uns nicht auf die Restauration eines klerikalen<br />
Gesellschaftsbildes setzen. Weshalb die Abwehr<br />
der Islamisierung per Junktim an ein reaktionäres<br />
Frauen- oder Familienbild koppeln? Der Schwule<br />
und die Feministin sind doch vielmehr unsere logischen<br />
Verbündeten gegen Langbart und Burka. Es<br />
steht dem Islam auch dann nicht zu, uns zu erobern,<br />
wenn wir nicht mehr konservativ denken und leben.<br />
Elsässer: Der Ansatz, wir müssten uns erst wieder<br />
auf unsere «alten Werte» besinnen und könnten<br />
uns dann erst im zweiten Schritt gegen die Islamisierung<br />
wehren, ist jedenfalls gefährlich schematisch.<br />
Sicher verbessert es unsere Chancen,<br />
das Abendland zu erhalten, wenn wir es selbst<br />
wieder mit Familie und Christentum ernster nehmen<br />
– sonst könnte sich der Islam als das einzige<br />
Gegenmodell zu Mammonismus, Pornografisierung<br />
und Gender Mainstream wichtig machen. Aber alle<br />
Erfahrung zeigt, dass sich die Menschen erst mal<br />
gegen die Islamisierung als Bedrohung ihrer Identität<br />
wehren, ohne schon einen klaren Begriff von dieser<br />
Identität zu haben. Konkret: Wenn’s gegen die<br />
Islamisierung geht, werde ich auch mit einem Amerika-Freund<br />
wie Lutz Bachmann oder einer Feministin<br />
wie Alice Schwarzer zusammenarbeiten.<br />
Theorie und Praxis<br />
Dassen: Einspruch! Ohne einen klaren Begriff<br />
von der eigenen Identität und den eigenen Werten,<br />
die man bewahren will, kann jeder Kampf gegen<br />
das Fremde nichts als das pure Ressentiment sein<br />
und nur ins Leere laufen. Unter der Devise «Hauptsache<br />
dagegen» kann nur Mist rauskommen. Bestes<br />
Beispiel sind doch die clever ausgewählten Aufnahmen<br />
einzelner Pegida-Demonstranten bei ZDF und<br />
Co., die – gefragt nach den Beweggründen ihrer<br />
Teilnahme – nur antworten: «Ja, wegen den Ausländern,<br />
die mag ich nicht.» Entschuldigung, aber<br />
das muss sofort aufhören.<br />
Grenzblockade: In der Identitären<br />
Bewegung rebelliert die Jugend<br />
gegen die Refugee-Welcome-Lawine<br />
– nicht nur in Österreich. Foto:<br />
iboesterreich.at<br />
Wehrhaftigkeit: Die Siegessäule in<br />
Berlin erinnert an den Frankreichfeldzug<br />
1870/71. Foto: Lichtjäger,<br />
CC BY-SA 3.0 , Wikimedia Commons<br />
«Ohne einen klaren<br />
Begriff von den<br />
eigenen Werten<br />
kann jeder Kampf<br />
gegen das Fremde<br />
nur ins Leere laufen.»<br />
Dassen<br />
81
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Das Abendland verteidigen<br />
Schritte. Es hilft tatsächlich nichts, sich in Theorien<br />
und Wunschträumen zu verlieren, wenn akutes<br />
Handeln gefordert ist. Etwa wenn es um direkte<br />
Zivilcourage in Situationen unmittelbarer Bedrohung<br />
geht. Genauso hilft es nichts, wenn man alle<br />
Gegenmaßnahmen nur auf irgendeine praktische<br />
Form des Widerstandes konzentriert, ohne sich<br />
langfristig auch über die Theorie – sprich Wertedebatte<br />
– Gedanken zu machen.<br />
«Die Wertedebatte darf nicht zum<br />
intellektualistischen Geschwätz<br />
werden.» <br />
Müller-Mertens<br />
82<br />
Genderwahn und Verschwulung:<br />
Eine dekadente Gesellschaft hat der<br />
Islamisierung nichts entgegenzusetzen.<br />
Demonstration von Gegnern<br />
der Frühsexualisierung am 21. Juni<br />
2014 in Stuttgart. Foto: picture<br />
alliance / dpa<br />
Vorbild Zivilcourage<br />
Am 21. Mai randalierte ein<br />
21-jähriger Asylant aus dem Irak<br />
im sächsischen Arnsdorf bei Radeberg.<br />
Einen Tag zuvor hatte<br />
der Mann im örtlichen Netto-Markt<br />
eine Telefonkarte gekauft<br />
und umgehend verbraucht.<br />
Schlicht Nachschub zu erwerben,<br />
empfand der Kulturbereicherer<br />
offenbar als Zumutung,<br />
verlangte stattdessen den kostenlosen<br />
Umtausch der Karte.<br />
Um seinen angeblichen Anspruch<br />
zu untermauern, drohte<br />
der Iraker mit einer Weinflasche.<br />
Drei Deutsche im Ort,<br />
darunter ein CDU-Kommunalpolitiker,<br />
reagierten mit Zivilcourage.<br />
Sie entwaffneten den<br />
Asylanten, führten ihn aus der<br />
Filiale und fesselten ihn, da er<br />
weiter tobte, bis zum Eintreffen<br />
der Polizei an einen Baum.<br />
Multikultifans landauf landab<br />
echauffierten sich über den angeblich<br />
rassistischen Übergriff.<br />
Die Ordnungshüter in Gestalt<br />
des zuständigen Polizeipräsidenten<br />
von Görlitz stellten sich<br />
dagegen hinter die mutigen Bürger.<br />
<strong>COMPACT</strong> meint: Nachahmung<br />
dringend empfohlen.<br />
Elsässer: Wir sollten Pegida dankbar sein!<br />
Dass in Dresden zeitweise über 40.000 Menschen<br />
gegen die Islamisierung demonstriert haben, war<br />
ein Dammbruch, die Phalanx der Multikulti-Propaganda<br />
wurde eindrucksvoll aufgesprengt. Das Beispiel<br />
zeigt ja gerade, was Du bestreitest: Dass die<br />
Menschen die Bedrohung ihrer Identität durch die<br />
islamische Masseneinwanderung spüren und sich<br />
in Bewegung setzen, auch wenn sie diese Identität<br />
– etwa das Mischungsverhältnis aus westlich-amerikanischen<br />
und traditionsdeutschen Werten,<br />
aus Christentum und Aufklärung, aus Familienwunsch<br />
und praktizierter Libertinage – noch<br />
nicht genau definieren können. Ich bin unbedingt<br />
dafür, die zarten Pflänzchen des instinktiven Dagegenseins<br />
ganz vorbehaltlos zu fördern und die weitergehende<br />
Frage des Wofür mit den Aktivgewordenen<br />
im Prozess des Widerstandes zu klären. Wir<br />
als Schreiberlinge dürfen uns nicht arrogant über<br />
das Volk erheben und Vorschriften machen, sondern<br />
müssen ihm dienen und helfen, die richtigen<br />
Worte und Strategien zu finden.<br />
Müller-Mertens: Die Wertedebatte darf nicht<br />
zum intellektualistischen Geschwätz werden. Im<br />
Elfenbeinturm sitzen und feingeistig theoretisieren,<br />
was alles sein müsste, so etwas ist in der<br />
gegebenen Situation brandgefährlich. Der Feind<br />
ist bereits über die Grenzen marschiert, die Hauptkampflinie<br />
befindet sich mitten in unseren Städten.<br />
Die islamische Eroberung ist, sollte sie gelingen,<br />
nicht umkehrbar. In dieser Situation ist Theoriegelaber<br />
Sabotage an der Verteidigung.<br />
Dassen: Um nicht falsch verstanden zu werden:<br />
Vielleicht müssen wir ein paar Dinge trennen<br />
– langfristige und kurzfristige Maßnahmen gegen<br />
die Islamisierung, theoretische und praktische<br />
Perlick: Bei Thor von Waldstein (siehe Seite<br />
76ff.) fand ich den wichtigen Satz, dass unser<br />
Schicksal «nicht auf dem Schlachtfeld, sondern in<br />
der Wiege» entschieden wird. Deshalb müssen wir<br />
die wichtigen Werte der Familie bewahren. «Und<br />
wenn die Welt morgen untergeht, so pflanze ich<br />
heute noch mein Apfelbäumchen», soll Martin<br />
Luther gesagt haben. Die Globalisten, die natürlich<br />
wissen, dass der Islam integrationsresistent ist,<br />
drücken jetzt voll aufs Gaspedal. Ja, das schwächt<br />
uns als Nation sehr. Als Pragmatiker darf ich angesichts<br />
dessen nicht erst lang fragen, ob ich eine bessere<br />
Alternative zum Neoliberalismus habe als den<br />
Islam. Deutschland ist nicht islamisch und darf es<br />
auch nicht werden. Punkt. Deshalb gehört die Einwanderung<br />
von Muslimen ebenso schnell beendet<br />
wie überhaupt die falsche Toleranz gegenüber dem<br />
Islam in Deutschland. Doch ohne gesunden Stolz<br />
auf unsere Kultur wird das schwierig.<br />
Der Höhenflug der AfD<br />
Erfolge bei Landtagswahlen in Prozent<br />
Hamburg<br />
6,1 %<br />
Bremen<br />
5,5 %<br />
Rheinland-Pfalz<br />
12,6 %<br />
AfD im Landesparlament<br />
Quellen: infratest dimap, wikipedia <br />
Brandenburg<br />
12,2 %<br />
Sachsen -Anhalt<br />
24,3 %<br />
Sachsen<br />
9,7 %<br />
Thüringen<br />
<strong>10</strong>,6 %<br />
Baden-Würtemberg<br />
15,1 %<br />
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