05/2017 Schule-Spezial
Fritz + Fränzi
Fritz + Fränzi
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Frühjahr <strong>2017</strong><br />
Schulweg Elternabend<br />
Oskar Jenni Jokertage<br />
Neue Freunde Lehrer<br />
Schulsport Jesper Juul<br />
Pausenplatz Noten<br />
Michèle Binswanger<br />
Hausaufgaben Znüni<br />
Fabian Grolimund<br />
Neue Medien Lernen<br />
1 Jahr lang<br />
Fritz+Fränzi<br />
gratis<br />
Abo-Karte<br />
auf Seite 18<br />
<strong>Schule</strong><br />
Abenteuer<br />
Lernen
Wichtig ist, dass man nie aufhört zu fragen.<br />
(Albert Einstein, 1879–1955)<br />
Gratis-Jahresabonnement zum<br />
Übertritt in die Primarschule<br />
Wie kann das Nebeneinander von Beruf und Familie gelingen? Wie organisieren wir die<br />
Mediennutzung unserer Kinder? Wie gestalten wir das Verhältnis zu ihren Lehrpersonen?<br />
Es sind diese und andere grosse Themen, mit denen sich Familien heute beschäftigen.<br />
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi versucht Antworten zu finden. Lässt Eltern,<br />
Lehrpersonen und Fachleute zu Wort kommen. Informiert, analysiert, ordnet ein.<br />
Zum Übertritt Ihres Kindes in die Primarschule schenken wir Ihnen die vorliegende<br />
Ausgabe und ein Jahresabonnement des Schweizer ElternMagazins Fritz+Fränzi.<br />
Wir wünschen Ihnen, liebe Eltern, dass sich Ihr Kind wohlfühlt. Und Ihrem Kind<br />
wünschen wir viel Spass und dass es gute Freunde findet.<br />
Die Gutscheinkarte für das Jahresabonnement finden Sie auf Seite 19.<br />
Herausgeberin des Schweizer ElternMagazins Fritz+Fränzi
Editorial<br />
Liebe Eltern<br />
Im kommenden Schuljahr wird Ihr Kind vom Kindergarten in die <strong>Schule</strong> übertreten. Damit<br />
beginnt für Ihr Kind die Primarschulzeit. Der erste Schultag ist ein besonderer Tag im<br />
Leben aller Erstklässler und ihrer Eltern. In vielen Familien wird das Ereignis fotografisch<br />
festgehalten und gefeiert. Das ist schön. Doch manche Eltern sehen diesem Tag auch<br />
mit Unsicherheit, ja Sorge entgegen: Wird mein Kind diesen Schritt schaffen?<br />
Bild: Geri Born Bild: ZVG<br />
Ruth Fritschi<br />
Präsidentin der LCH-<br />
Stufenkommmission<br />
4bis8, Kindergärtnerin<br />
Es liegt mir am Herzen, zu betonen, dass – ebenso wie im Kindergarten – auch in der<br />
<strong>Schule</strong> das Kind als ganzheitliche Persönlichkeit im Mittelpunkt steht und als solche<br />
begleitet und gefördert wird. Natürlich erscheinen neue Fächer im Stundenplan, doch<br />
haben die Institution <strong>Schule</strong> und der Ihnen bekannte Kindergarten einiges gemeinsam:<br />
Beide haben die Aufgabe, die Selbst-, Sozial- und Sachkompetenz Ihres Kindes zu fördern.<br />
Nichts ist wichtiger, als dass ein Kind ein gutes Gefühl von sich selber entwickelt. Freuen<br />
Sie sich an den Fähigkeiten Ihres Kindes und zeigen Sie ihm Ihre Freude darüber.<br />
Vergleichen Sie Ihr Kind nicht mit anderen – Ihr Kind ist und bleibt einzigartig. Seien<br />
«Ernst des Lebens wird die <strong>Schule</strong> genannt,<br />
doch dabei hat einer total verkannt,<br />
dass du lernst 1000 tolle Sachen,<br />
hast Freunde und wirst viel lachen.»<br />
Sarah Ewald<br />
Liebe Leserin, lieber Leser<br />
Sie geduldig, setzen Sie Ihr Kind nicht unnötig unter<br />
Druck und haben Sie angepasste Erwartungen.<br />
Vertrauen Sie Ihrem Kind und der Lehrperson und<br />
suchen Sie das Gespräch, wenn Sie Fragen haben.<br />
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi<br />
thematisiert diese wichtigen Aspekte in diesem<br />
Sonderheft. Ich empfehle Ihnen die Ausgabe als<br />
Präsidentin der LCH-Stufenkommission 4bis8 und als erfahrene Praktikerin in der<br />
<strong>Schule</strong>ingangsstufe.<br />
Ich wünsche Ihnen viel Vertrauen und gute Lektüre!<br />
Im vergangenen Frühjahr sprach mich eine Nachbarin auf unsere Ausgabe «Schöne<br />
Schulzeit» zum Übertritt in die Primarschule an. Ihrem Sohn stand dieser grosse<br />
Schritt gerade bevor. Ich freute mich über ihr positives Feedback. Noch mehr freute<br />
ich mich darüber, dass sie nicht die Einzige blieb, der unsere Arbeit gefiel – und das<br />
Heft in diesem wichtigen Lebensabschnitt Wegbegleiter sein durfte.<br />
Aufgrund der positiven Resonanz bringt die Stiftung Elternsein erneut ein Heft zu<br />
diesem Thema heraus und orientiert sich dabei an der «grossen Schwester». Das<br />
Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi widmet sich relevanten Erziehungs- und<br />
Bildungsthemen. Auf Seite18 finden Sie einen Gutschein für ein Gratis-Jahresabo!<br />
Evelin Hartmann<br />
Stv. Chefredaktorin<br />
Haben Sie viel Freude mit dieser Ausgabe. Ihrem Kind wünsche ich vor allem Spass<br />
am Lernen und eine gehörige Portion Abenteuerlust.<br />
Herzlichst, Ihre Evelin Hartmann<br />
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />
Frühjahr <strong>2017</strong>3
Inhalt<br />
<strong>Schule</strong> / Frühjahr <strong>2017</strong><br />
Viele nützliche Informationen finden Sie auch auf<br />
fritzundfraenzi.ch und<br />
facebook.com/fritzundfraenzi.<br />
Bild: Ornella Cacace / 13 Photo<br />
Cover<br />
Emma, 7, findet die<br />
<strong>Schule</strong> gar nicht so<br />
anstrengend. «Und dass<br />
es dort lässig wird,<br />
wusste ich schon von<br />
meiner Cousine.»<br />
8Erziehung & <strong>Schule</strong><br />
08 Das fängt ja gut an!<br />
Die Psychologen Fabian Grolimund und<br />
Stefanie Rietzler erklären, wie Sie Ihr Kind<br />
auf den Übertritt in die Primarschule<br />
vorbereiten und in ihm die Freude an<br />
der <strong>Schule</strong> entfachen.<br />
14 5 Tipps – was Kinder stark macht<br />
Wie Eltern das Selbstbewusstsein und<br />
Selbstwertgefühl ihrer Kinder fördern.<br />
16 «Jedes Kind ist anders»<br />
Der Kinderarzt Oskar Jenni über<br />
individuelles Lernen, gute Lehrer und<br />
warum in den ersten Schuljahren<br />
die Leistung nicht im Vordergrund steht.<br />
Bilder: Sophie Stieger / 13 Photo, Marvin Zilm / 13 Photo, Keystone, ZVG<br />
4
16<br />
34<br />
38<br />
Herr Jenni, wie können Eltern zum<br />
<strong>Schule</strong>rfolg ihrer Kinder beitragen?<br />
Warum das freie Spiel auch nach<br />
dem ersten Schultag so wichtig ist.<br />
Wie Eltern kleine Frühstücksmuffel zum<br />
Essen motivieren können.<br />
24 Abenteuer <strong>Schule</strong><br />
Warum es wichtig ist, dass Eltern und<br />
Lehrpersonen ein gutes Team bilden.<br />
26 Schulweg – Chancen und Risiken<br />
Auf dem Schulweg lauern Gefahren.<br />
Aber er bietet Kindern auch viele<br />
Möglichkeiten, spielerisch zu lernen.<br />
34 Du darfst spielen!<br />
Das freie Spiel bleibt auch nach dem<br />
Übertritt in die Primarschule wichtig –<br />
zur Erholung und um wichtige<br />
Fähigkeiten und Fertigkeiten zu lernen.<br />
36 Kinderfreundschaften<br />
Was sollen Eltern tun, wenn sie von<br />
den Freunden ihrer Kinder nicht<br />
begeistert sind? Gelassen bleiben,<br />
raten Fachleute.<br />
44 «Jetzt habe ich neue Freunde»<br />
Matilda, Leon und Emma erzählen von<br />
ihrem ersten Schultag. Und wollen gar<br />
nicht mehr aufhören, denn sie finden:<br />
«<strong>Schule</strong> ist cool.»<br />
54 Elternabend auf Kinderstühlen<br />
Die vierfache Mutter Claudia Landolt<br />
über angestrengte Mütter und Väter,<br />
Zoff auf dem Pausenplatz und wie man<br />
als Eltern die <strong>Schule</strong> meistert.<br />
Eine Polemik.<br />
58 Und jedem Anfang ...<br />
Ursi Steiner erinnert sich an<br />
ihren ersten Schultag als Lehrerin.<br />
Und verrät ein Geheimnis.<br />
62 Problemzone Hausaufgaben<br />
Wie Eltern ihre Kinder sinnvoll beim<br />
Lernen unterstützen können.<br />
Ernährung & Gesundheit<br />
38 Gut genährt in die <strong>Schule</strong><br />
Zum Lernen braucht es Energie.<br />
Wie ein optimales Znüni aussieht,<br />
weiss Ernährungsberaterin<br />
Marianne Honegger.<br />
52 <strong>Schule</strong> und Gesundheit<br />
Welcher Schulthek ist der richtige?<br />
Braucht mein Kind einen neuen<br />
Schreibtisch? Soll ich seinen<br />
Biorhythmus umstellen?<br />
Digital & Medial<br />
06 Früher – heute<br />
Von der Schiefertafel zum Tablet.<br />
60 <strong>Schule</strong> und neue Medien<br />
Was Eltern bei der Medienbildung<br />
von der <strong>Schule</strong> erwarten dürfen –<br />
und was nicht.<br />
Rubriken<br />
03 Editorial<br />
42 Jesper Juul<br />
Ein siebenjähriger Junge geht nicht<br />
gerne zur <strong>Schule</strong>. Seine besorgte<br />
Mutter wendet sich an Jesper Juul.<br />
Der dänische Familientherapeut und<br />
Buchautor weiss Rat.<br />
53 Michèle Binswanger<br />
Wie Gemeinschaft ausserhalb der<br />
Familie geht, lernen wir unter anderem<br />
in der <strong>Schule</strong>, schreibt Michèle<br />
Binswanger in ihrer Kolumne.<br />
66 Abgedruckt<br />
«Was hatten wir heute für einen<br />
schönen Tag»<br />
Service<br />
19 Abo<br />
23 Buchtipps<br />
51 7 Fragen und Antworten zum<br />
Übertritt in die Primarschule<br />
64 Impressum<br />
65 Wussten Sie, dass …<br />
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />
Frühjahr <strong>2017</strong>5
F R Ü H E R<br />
Bilder: Keystone, Salvatore Vinci / 13 Photo<br />
1941<br />
Schrieben Primarschüler vor 70 Jahren noch auf Schiefertafeln wie im Mühlemattschulhaus in Liestal ...<br />
6 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>
H E U T E<br />
<strong>2017</strong><br />
... gehört das Tablet heute zum Alltag der Projektschule des Hofmattschulhauses in Arth SZ wie bei diesen zwei Schülern einer 5. Klasse.<br />
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />
Frühjahr <strong>2017</strong>7
Das fängt ja gut an!<br />
Wie Eltern ihren Kindern den Schulstart erleichtern<br />
Viele Jungs und Mädchen freuen sich auf den ersten Schultag und kippen dann vor<br />
Nervosität fast um. Wie bringen Eltern ihre Kinder gut durch diese aufregenden Tage?<br />
Text: Fabian Grolimund und Stefanie Rietzler Bilder: Roshan Adhihetty / 13 Photo<br />
Erinnern Sie sich noch an<br />
Ihren ersten Schultag?<br />
Meiner ist mir noch in<br />
guter Erinnerung. «Fa <br />
bian, zieh dich schon<br />
mal an – ich muss noch mit deiner<br />
Kindergärtnerin sprechen», sagte<br />
meine Mutter mir damals und strich<br />
mir übers Haar. Sie wurde zu einem<br />
Gespräch in den Kindergarten gebeten.<br />
Als die Kindergärtnerin und<br />
meine Mutter wieder in den Gang<br />
kamen, sass ich in Unterwäsche auf<br />
der Bank, sah die beiden gedankenverloren<br />
an und fragte: «Im Winter,<br />
tragen da die Könige die Krone über<br />
oder unter der Mütze?»<br />
«Sehen Sie, genau so ist er im <br />
mer!», rief die Kindergärtnerin, «er<br />
ist einfach noch nicht schulreif.»<br />
Meine Mutter blieb gelassen und<br />
meinte: «Ja, dann geht er noch ein<br />
Jahr in den Kindergarten.» So kam<br />
für mich, Fabian, der grosse Tag erst<br />
ein Jahr später.<br />
Der erste Schultag ist für jedes<br />
Kind ein grosses Ereignis. Aber<br />
nicht nur bei den Kindern löst der<br />
Übertritt in die Primarschule einiges<br />
aus – auch Ihnen als Eltern werden<br />
schon lange vorher viele Gedanken<br />
durch den Kopf gehen. Die meisten<br />
Eltern schauen dem Übertritt mit<br />
gemischten Gefühlen entgegen:<br />
Stolz mischt sich mit Wehmut, Hoffnung<br />
mit Sorge. Sie können aber<br />
einiges tun, damit der erste Schultag<br />
so entspannt wie möglich abläuft.<br />
Am besten bereiten Sie Ihr Kind<br />
und sich selbst gemeinsam auf das<br />
Abenteuer <strong>Schule</strong> vor. Die Kindergärten<br />
legen einen sehr guten<br />
Grundstein, indem sie den Kindern<br />
wichtige Kompetenzen vermitteln<br />
und den Schulbeginn thematisieren.<br />
Sie als Eltern können die Kindergartenzeit<br />
nutzen, um bei Ihrem Kind<br />
Neugier und Vorfreude zu wecken:<br />
• Üben Sie mit Ihrem Kind vorgängig<br />
den Schulweg, damit es möglichst<br />
von Beginn an alleine zur<br />
<strong>Schule</strong> gehen kann. Gespräche<br />
nach der <strong>Schule</strong> und auf dem<br />
Schulweg sind für die Entwicklung<br />
von Freundschaften zentral.<br />
• Besuchen Sie eine Theateraufführung,<br />
ein Singspiel oder einen<br />
anderen öffentlichen Anlass der<br />
<strong>Schule</strong>, damit sich Ihr Kind das<br />
Schulhaus anschauen kann.<br />
• Machen Sie es neugierig auf die<br />
<strong>Schule</strong>, indem Sie von spannenden,<br />
witzigen und schönen Erlebnissen<br />
Ihrer eigenen Schulzeit<br />
erzählen.<br />
• Lassen Sie ab und zu einfliessen,<br />
was Ihr Kind in der <strong>Schule</strong> lernen<br />
wird und wie nützlich dies sein<br />
wird («Bald kannst du die Ge <br />
schichten selbst lesen!»).<br />
• Lesen Sie ihm Geschichten vor, die<br />
sich in der <strong>Schule</strong> abspielen oder<br />
den Schulanfang thematisieren.<br />
Die Vorfreude wächst weiter, wenn<br />
Sie mit Ihrem Kind die Schulsachen<br />
kaufen. Sie werden von der <strong>Schule</strong><br />
vorgängig informiert, welches Material<br />
Ihr Kind benötigt. Nehmen Sie<br />
sich einen Tag Zeit und lassen Sie<br />
den Einkauf zu etwas Besonderem<br />
werden.<br />
Die <strong>Schule</strong> beginnt: So können Sie<br />
Ihr Kind beim Lernen begleiten<br />
Die meisten Kinder gehen in der<br />
ersten Zeit begeistert in die <strong>Schule</strong><br />
und interessieren sich für ihre Hausaufgaben.<br />
Wie lange Kinder dieses<br />
Interesse aufrechterhalten können,<br />
hängt auch von ihren Eltern ab.<br />
Je mehr es Ihnen gelingt, sich auf<br />
Ihr Kind einzulassen, Interesse an<br />
der <strong>Schule</strong> zu zeigen und es bei den<br />
Hausaufgaben sinnvoll zu unterstützen,<br />
desto eher wird die <strong>Schule</strong> zu<br />
einer schönen Erfahrung für die<br />
ganze Familie.<br />
Sich auf das eigene Kind einzulassen,<br />
kann auch bedeuten, gängigen<br />
Ratschlägen nicht zu viel Beachtung<br />
zu schenken. So wird in vielen<br />
Ratgebern und Tipplisten für den<br />
Schulanfang darauf hingewiesen,<br />
dass die Kinder unbedingt einen<br />
ruhigen Ort und einen eige >>><br />
Der Besuch des<br />
Pausenplatzes<br />
kann die<br />
Vorfreude auf die<br />
<strong>Schule</strong> steigern.<br />
8 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>
Erziehung & <strong>Schule</strong><br />
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />
Frühjahr <strong>2017</strong>9
nen, ergonomisch sinnvollen<br />
Arbeitstisch benötigen, um konzentriert<br />
arbeiten zu können. In der<br />
Folge wird dem Kind ein Pult ins<br />
Zimmer gestellt, wo es fortan in<br />
Ruhe arbeiten soll. Nur: Viele Kinder<br />
sind in diesem Alter nicht gerne<br />
alleine. Abgeschieden und einsam<br />
in ihrem Zimmer, fühlen sie sich<br />
unwohl und werden zappelig. Die<br />
Kinder stehen immer wieder auf<br />
und verlassen unter einem Vorwand<br />
das Zimmer – beispielsweise um<br />
eine Frage zu stellen –, worauf die<br />
Eltern ärgerlich werden.<br />
Sie können also darauf achten,<br />
wo sich Ihr Kind wohlfühlt. Vielleicht<br />
will es die Hausaufgaben alleine<br />
im Zimmer erledigen. Vielleicht<br />
möchte es aber lieber in der Küche<br />
oder im Wohnzimmer arbeiten,<br />
während Sie Ihre E-Mails beantworten<br />
oder die Spülmaschine einräumen.<br />
Lassen Sie dies zu.<br />
Kinder freuen sich über eine<br />
wohlige Atmosphäre beim Lernen.<br />
Ein positives Klima entsteht, wenn<br />
die Eltern einfach da sind, ohne<br />
ständig danebenzusitzen oder ihre<br />
Hilfe aufzudrängen. Bringen Sie<br />
Ihrem Kind etwas zu knabbern,<br />
berühren Sie es beim Vorbeigehen<br />
kurz an der Schulter, lächeln Sie es<br />
an und stellen Sie ab und zu eine<br />
interessierte Frage zum Stoff, während<br />
Sie einer eigenen Tätigkeit<br />
nachgehen.<br />
Die Hausaufgaben werden in der<br />
<strong>Schule</strong> kontrolliert und die Lehrperson<br />
benötigt eine Rückmeldung<br />
darüber, wie gut das Kind den Stoff<br />
verstanden hat. Es ist daher sinnvoll,<br />
sich mit Korrekturen zurückzuhalten.<br />
Viele Kinder reagieren<br />
sehr empfindlich, wenn die Eltern<br />
auf Fehlersuche gehen oder mit<br />
Erklärungen aufwarten, die sich<br />
nicht mit denen der Lehrperson<br />
decken. Bald entzünden sich Konflikte,<br />
die sich gravierender auswirken<br />
als ein paar Fehler, weil sie die<br />
Lernmotivation des Kindes zunehmend<br />
schädigen. Falls Ihr Kind eine<br />
Aufgabe nicht verstanden hat, ist es<br />
daher oft sinnvoller, der Lehrperson<br />
eine Notiz im Hausaufgabenheft zu<br />
hinterlassen. Es ist wichtig, dass das<br />
Kind auch in Sachen Hausaufgaben<br />
seine eigenen Erfahrungen macht.<br />
Zu guter Letzt ist es hilfreich,<br />
wenn Sie Ihrem Kind signalisieren,<br />
dass die Hausaufgaben Teil der<br />
Erwachsenenwelt sind, und es in<br />
dieser schönen Welt willkommen<br />
heissen. Vermeiden Sie Aussagen<br />
wie: «Das musst du halt einfach<br />
machen!» – laden Sie es lieber dazu<br />
ein. Vielleicht mit einer Aussage wie:<br />
«Hey Grosser, hast du auch noch<br />
Arbeit zu erledigen? Ich möchte<br />
noch meine Mails machen. Wollen<br />
wir gleich loslegen?»<br />
Mit einem guten Start ist viel<br />
gewonnen. Falls sich im Verlauf der<br />
Schulzeit Schwierigkeiten einstellen,<br />
ist es wichtig, dass Sie sich Hilfe<br />
holen, bevor heftige Konflikte oder<br />
immer länger werdende Hausaufgabenmarathons<br />
die Beziehung zu<br />
Ihrem Kind und dessen Lernmotivation<br />
untergraben. Wir haben zu<br />
diesem Zweck einen kostenlosen<br />
Online-Kurs für Eltern entwickelt<br />
und gemeinsam mit dem Schweizer<br />
ElternMagazin Fritz+Fränzi eine<br />
Videoserie erstellt (siehe Box unten).<br />
Überprüfen Sie Ihre Einstellung<br />
zur <strong>Schule</strong><br />
Wenn Kinder in eine neue Situation<br />
kommen, suchen sie nach Orientierung.<br />
Die Aussagen, die die Eltern<br />
über die <strong>Schule</strong> treffen, beeinflussen<br />
die Wahrnehmung und die Erwartungen<br />
des Kindes.<br />
Vielleicht haben Sie Lust auf ein<br />
kleines Experiment: Lesen Sie die<br />
folgenden Aussagen durch und<br />
hören Sie in sich hinein. Was klingt<br />
in Ihnen an, wenn Sie die folgenden<br />
Aussagen und Fragen lesen?<br />
• Mit der <strong>Schule</strong> beginnt der Ernst<br />
des Lebens.<br />
• In der <strong>Schule</strong> dürfen die Kinder<br />
heute gar nicht mehr Kind sein.<br />
• In der <strong>Schule</strong> werden Kinder in<br />
ein Schema gepresst und verlieren<br />
ihre Individualität.<br />
Kann ein Kind in einem<br />
System erfolgreich sein, das<br />
seine Eltern verachten?<br />
• Zuerst lernen wir sprechen und<br />
gehen – dann stillsitzen und den<br />
Mund halten. Das ist die traurige<br />
Wahrheit.<br />
• ch war auch immer schlecht in<br />
Mathe/Deutsch.<br />
• Findet mein Kind wohl seinen<br />
Platz?<br />
• Wird die Lehrerin genügend auf<br />
mein Kind eingehen?<br />
Heute wird von den Medien und<br />
populären Experten aus Erziehung<br />
und Bildung manchmal ein sehr<br />
negatives Schulbild gezeichnet.<br />
Dabei geht unter, dass viele Kinder<br />
gerne zur <strong>Schule</strong> gehen und dass die<br />
meisten Lehrpersonen Menschen<br />
sind, die in der Lage sind, eine gute<br />
Beziehung zu ihren Schülern aufzubauen.<br />
Wer nach Fehlern und Unzulänglichkeiten<br />
im Bildungssystem und<br />
bei der Lehrperson seiner Kinder<br />
sucht, wird viele finden. Die Frage<br />
ist: Hilft das dem Kind, sich in der<br />
<strong>Schule</strong> wohlzufühlen? Kann ein<br />
Kind in einem System erfolg- >>><br />
«Mit Kindern lernen»<br />
Die Hausaufgaben können für Eltern und Kinder<br />
zu einem Problem werden. Der kostenlose<br />
Online-Kurs «Mit Kindern lernen» gibt Antworten<br />
auf die folgenden Fragen:<br />
• Wie kann ich mein Kind fürs Lernen<br />
motivieren?<br />
• Wie können wir Konflikte reduzieren?<br />
• Wie kann ich die Selbständigkeit meines<br />
Kindes fördern?<br />
• Welche Lernstrategien sind für<br />
Primar schulkinder sinnvoll?<br />
Der Kurs besteht aus 12 Lektionen und<br />
7 Kurzfilmen. Eltern können sich jederzeit<br />
anmelden auf: www.mit-kindern-lernen.ch<br />
10 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>
Erziehung & <strong>Schule</strong><br />
Amory konnte es<br />
kaum erwarten,<br />
endlich zur<br />
<strong>Schule</strong> gehen zu<br />
dürfen.<br />
Amory Straub, Zürich<br />
«Vor Aufregung habe ich meinen Namen vergessen»<br />
«Ich habe mich gefreut auf die <strong>Schule</strong> – riesig sogar,<br />
weil ich da neue Freunde finden würde. Im Kindergarten<br />
hatte es oft Streit gegeben, vermutlich, weil wir so eine<br />
kleine Klasse waren. Bevor die <strong>Schule</strong> dann endlich<br />
losging, war ich sehr aufgeregt. Wie das so ist als Erstklässlerin,<br />
das konnte mir keiner sagen. Meine grosse<br />
Schwester Valeria ist schon 17 und geht aufs Gymnasium,<br />
die weiss das nicht mehr. Vorbereitet habe ich<br />
mich eigentlich nicht. Obwohl, doch: Als mich meine<br />
Mutter am ersten Tag zum Unterricht begleitete, flüsterte<br />
ich ununterbrochen meinen Namen vor mich hin.<br />
Ich wollte nämlich vermeiden, dass noch einmal passiert,<br />
was damals am ersten Morgen im Kindergarten<br />
geschehen war: Da hatte ich vor lauter Aufregung<br />
meinen Namen vergessen!<br />
Auf dem Weg in die <strong>Schule</strong> schaue ich manchmal<br />
beim Kindergarten vorbei und werfe einen Blick durchs<br />
Fenster. Ich vermisse den Kindergarten schon ein bisschen.<br />
Da hatten wir so viel Zeit zum Basteln und Singen,<br />
das macht mir mehr Spass als Rechnen und Schreiben.<br />
Was mir an der <strong>Schule</strong> am besten gefällt, sind die anderen<br />
Kinder. Und mein eigenes Pult. Ich hatte gar nicht<br />
gewusst, dass jedes Kind so eines bekommt. Auch das<br />
Schwimmen macht Spass, ich finde es super, dass mein<br />
grösstes Hobby jetzt ein Schulfach ist. Dann ist da noch<br />
Florence, sie ist eine Fünftklässlerin und wurde mir von<br />
der <strong>Schule</strong> als Gotte zugeteilt. Sie ist super! Als ich Streit<br />
mit einem Buben hatte, ist sie mir sofort zu Hilfe gekommen.<br />
Kinder, die neu in die <strong>Schule</strong> kommen, müssen<br />
davor keine Angst haben. Sie sollten sich bloss ihren<br />
Namen gut merken!<br />
(Dies erzählte uns Amory mit 7 Jahren.<br />
Inzwischen ist die Primarschülerin 8.)<br />
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />
Frühjahr <strong>2017</strong>11
eich sein, das seine Eltern<br />
verachten? Kann sich ein Kind auf<br />
eine Lehrperson einlassen, die die<br />
Eltern als inkompetent abstempeln?<br />
Sie können Ihrem Kind helfen,<br />
indem Sie seinen Schul-Rucksack<br />
für ein Abenteuer rüsten, anstatt ihn<br />
mit Sorgen und Befürchtungen vollzupacken.<br />
Denn vielleicht wird Ihr<br />
Kind:<br />
• zu einer wunderbaren Lehrerin<br />
kommen, die es sehr gern haben<br />
wird und bei Schwierigkeiten<br />
ermutigt und stärkt,<br />
• sich für den Stoff interessieren und<br />
gerne lernen,<br />
• stolz sein auf seine ersten Schritte<br />
in der Welt der Grossen,<br />
• dort seine Stärken haben, wo Sie<br />
Ihre Schwächen hatten,<br />
• mit einer «schwierigen» Lehrperson<br />
viel besser zurechtkommen,<br />
als Sie sich momentan vorstellen<br />
können,<br />
• in eine <strong>Schule</strong> kommen, in der ein<br />
angenehmes Klima herrscht,<br />
• die Möglichkeit geniessen, jeden<br />
Tag an einen Ort zu kommen, wo<br />
es Freundschaften knüpfen und<br />
mit anderen Kindern zusammen<br />
sein kann, selbst wenn es mitunter<br />
zu Konflikten kommen kann.<br />
Wir wollen durchaus keine Schönfärberei<br />
betreiben, doch uns beeindrucken<br />
die vielen engagierten<br />
Lehrpersonen, die sich Tag für Tag<br />
neu auf die Kinder einlassen und die<br />
Kinder auch in schwierigen Phasen<br />
gut begleiten. Es ist so vieles möglich,<br />
wenn Eltern und <strong>Schule</strong> konstruktiv<br />
zusammenarbeiten und ein<br />
Team bilden. Wenn Sie davon ausgehen,<br />
dass die zukünftige Lehrperson<br />
das Beste für Ihr Kind will und<br />
<strong>Schule</strong> ein positiver Ort sein kann,<br />
wird die Schulzeit entspannter,<br />
schöner, bunter – für Sie, Ihr Kind<br />
und die Lehrpersonen.<br />
>>><br />
Fabian Grolimund<br />
ist Psychologe und Autor («Mit Kindern<br />
lernen») und schreibt regelmässig für<br />
Fritz+Fränzi. Er ist Vater zweier Kinder.<br />
Stefanie Rietzler<br />
ist Psychologin, Buchautorin («Erfolgreich<br />
lernen mit ADHS») und leitet mit Fabian<br />
Grolimund die Akademie für Lerncoaching<br />
in Zürich.<br />
Kurzfilme mit Hase, Biber und Co.<br />
Möchten Sie gerne wissen, wie Sie Ihr Kind für das Lernen und<br />
die Hausaufgaben motivieren können? Oder ist es Ihnen ein<br />
Anliegen, das Selbstvertrauen und das Selbstwertgefühl von<br />
Kindern zu stärken? Möchten Sie als Lehrperson wissen, wie<br />
Klassen zusammenwachsen können?<br />
Zu diesen Lern- und Erziehungsthemen produziert das<br />
Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi gemeinsam mit dem<br />
Team der Akademie für Lerncoaching Kurzfilme. Gemeinsam<br />
mit einem kleinen Hasen und einem Biber erläutert das<br />
Psychologenteam um Fabian Grolimund, wie Eltern und<br />
Lehrpersonen Kinder unterstützen können.<br />
Sie finden die bereits veröffentlichten Staffeln auf der<br />
Webseite von Fritz+Fränzi unter der Rubrik «Video»:<br />
www.fritzundfraenzi.ch.<br />
Mit Kindern lernen<br />
In der Videoserie «Mit Kindern lernen»<br />
erfahren Eltern, wie man Kinder bei den<br />
Hausaufgaben unterstützt und sie zum<br />
Lernen motiviert.<br />
Was Kinder stark macht<br />
In der Serie «Was Kinder stark macht»<br />
erfahren Eltern und Lehrpersonen, wie<br />
sich das Selbstvertrauen und das<br />
Selbstwertgefühl von Kindern stärken<br />
lässt.<br />
Schulfrust? Schullust!<br />
In der Serie «Gemeinsam sind wir Klasse»<br />
erfahren Lehrer/innen, wie sie mit der<br />
Klasse daran arbeiten können, dass alle<br />
– Kinder und Lehr personen – gerne zur<br />
<strong>Schule</strong> kommen.<br />
12 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>
Erziehung & <strong>Schule</strong><br />
Karín Straub-Hernández, Lehrerin, Zürich<br />
«Wenn Amory Schulaufgaben macht, halte ich mich im Hintergrund»<br />
«Amory konnte es kaum erwarten, in die <strong>Schule</strong> zu<br />
gehen. Als der grosse Tag näher rückte, haben wir<br />
gemeinsam ihren Schulsack ausgesucht. Aller Vorfreude<br />
zum Trotz spürten wir, dass unsere Tochter<br />
nervös war. Mein Mann und ich wollten keine zusätzliche<br />
Aufregung schüren – und haben deshalb<br />
bewusst keine bestimmten Vorbereitungen getroffen.<br />
Wir wollten es auf uns zukommen lassen. In den<br />
Sommerferien war das Thema Schulbeginn dann<br />
dauerpräsent. Wir haben am Familientisch darum<br />
hin und wieder das Gesprächsthema gewechselt,<br />
damit Amory auf andere Gedanken kommt.<br />
In den ersten Schulwochen war unsere Tochter<br />
regelrecht euphorisch: Alles war toll. Es dauerte eine<br />
ganze Weile, bis sie auch durchblicken liess, dass es<br />
nicht immer nur rundläuft. Ich möchte, dass meine<br />
Tochter weiss, dass das ganz normal ist und zum<br />
Leben dazugehört. Also haben wir eine Art Ritual<br />
eingeführt: Amory berichtet mir jeden Tag, was in der<br />
<strong>Schule</strong> gut gelaufen ist – dann sprudelt es nur so aus<br />
ihr heraus –, sie darf mir aber auch sagen, was ihr<br />
nicht so gut gefallen hat. Wenn Amory Schulaufgaben<br />
macht, halte ich mich im Hintergrund. Dass ich da bin,<br />
scheint mir aber schon nötig zu sein, damit die Sache<br />
auch erledigt wird.<br />
Morgens begleite ich Amory ein Stück weit zur <strong>Schule</strong>,<br />
nur gerade so weit, bis wir an der grossen Baustelle<br />
vorbei sind, die zurzeit im Quartier ist. Ich möchte<br />
meine Tochter unterstützen, wo es nötig ist, sie aber<br />
auch eigene Erfahrungen machen lassen. Manchmal<br />
bedeutet das für die Eltern, sich zurückzunehmen. So<br />
mische ich mich nicht ein, wenn es in der <strong>Schule</strong> Streit<br />
gibt. Ich weiss, dass Kinder manchmal ganz schön<br />
garstig zueinander sein können, und manchmal<br />
kommt dabei auch das eigene unter die Räder. Ich<br />
habe dann ein offenes Ohr und spende Trost – und bin<br />
gleichzeitig überzeugt davon, dass die Kinder den Rest<br />
untereinander ausmachen sollten.»<br />
Lesen kann man<br />
überall: Karín<br />
Straub mit ihrer<br />
Tochter Amory.<br />
Sie besucht die<br />
erste Klasse.<br />
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />
Frühjahr <strong>2017</strong>13
Elterncoaching<br />
Was Kinder stark macht<br />
5 Tipps für Eltern, die wirklich helfen<br />
Wenn Kinder in die <strong>Schule</strong> kommen, sind sie mit vielen neuen<br />
Herausforderungen konfrontiert. Wie gut sie diese meistern, hängt<br />
nicht zuletzt von ihrem Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein ab.<br />
Fabian Grolimund<br />
ist Psychologe und Autor («Mit<br />
Kindern lernen»). In der Rubrik<br />
«Elterncoaching» beantwortet<br />
er Fragen aus dem Familienalltag.<br />
Der 37-Jährige ist verheiratet<br />
und Vater eines Sohnes, 4,<br />
und einer Tochter, 1. Er lebt<br />
mit seiner Familie in Freiburg.<br />
www.mit-kindern-lernen.ch<br />
www.biber-blog.com<br />
Tipp 1: Nutzen Sie Probleme,<br />
um Ihr Kind zu stärken<br />
Kinder stossen im Verlauf ihres<br />
Lebens immer wieder auf Probleme.<br />
Als Eltern fühlen wir uns oft dazu<br />
gedrängt, für unser Kind sofort eine<br />
Lösung bereitzustellen. Dabei übersehen<br />
wir, dass jedes Problem auch<br />
eine Gelegenheit für das Kind darstellt,<br />
zu wachsen und wichtige Problemlösefertigkeiten<br />
zu entwickeln.<br />
Indem wir nur so viel helfen wie<br />
nötig und das Kind mehr und mehr<br />
in die Entwicklung einer Lösung<br />
einbeziehen, leiten wir es an, Probleme<br />
selbst zu lösen. Ein Kind, das<br />
sich auf seine Fähigkeiten und seine<br />
Problemlösekompetenzen verlassen<br />
sowie mit Rückschlägen und Misserfolgen<br />
umgehen kann, ist auch<br />
zuversichtlich, wenn es mit Herausforderungen<br />
konfrontiert wird.<br />
Wichtig ist, dass die Kinder ein<br />
gesundes Selbstvertrauen entwickeln.<br />
Es gilt aber nicht: je selbstsicherer,<br />
desto besser. Hilfreich ist<br />
ein positives, aber realistisches Bild<br />
von sich selbst, damit wir uns entwickeln<br />
können, uns angemessenen<br />
Herausforderungen stellen und uns<br />
über kleine Fortschritte freuen können.<br />
Wir müssen auch in der Lage<br />
Damit wir uns entwickeln<br />
können, brauchen wir ein<br />
positives, aber realistisches<br />
Bild von uns selbst.<br />
sein, unsere Schwächen und Schwierigkeiten<br />
wahrzunehmen und uns<br />
richtig einzuschätzen. Dazu benötigen<br />
Kinder wohlwollende, aber<br />
akkurate Rück meldungen.<br />
Tipp 2: Zeigen Sie Ihrem Kind,<br />
dass sich Anstrengungen lohnen<br />
Kinder lernen auch indirekt von<br />
Ihnen als Eltern, ob es sich lohnt,<br />
sich trotz Misserfolgen weiter zu<br />
bemühen. Wie effektiv schon ein<br />
kurzer Kontakt mit einem positiven<br />
Modell sein kann, zeigten die Psychologen<br />
Perry und Penner. Sie führten<br />
Psychologiestudenten ein Video<br />
eines Psychologieprofessors vor.<br />
Dieser erzählte von seinen Studienzeiten<br />
und schilderte ein Ereignis,<br />
bei dem er wiederholt Misserfolge<br />
einstecken musste und nur durch<br />
gutes Zureden eines Freundes nicht<br />
aufgab. Er betonte, dass die Leistung<br />
vor allem von der eigenen Anstrengung<br />
abhänge und sich Fähigkeiten<br />
durch Übung trainieren lies sen. Jene<br />
Studierenden, die das Video gesehen<br />
hatten, zeigten am Semesterende<br />
bessere Leistungen.<br />
Die Forschung zeigt, dass Kinder<br />
gut mit Misserfolgen umgehen können,<br />
wenn sie glauben, dass sie sich<br />
durch Anstrengung verbessern können.<br />
Sie geben hingegen rasch auf,<br />
wenn sie den Eindruck haben, eine<br />
Leistung hinge von Intelligenz oder<br />
Begabung ab. Kinder brauchen<br />
Eltern, die ihnen vermitteln: Du<br />
kannst dich durch Übung verbessern;<br />
ich sehe (auch kleine!) Fortschritte<br />
und freue mich darüber.<br />
Illustration: Petra Dufkova / Die Illustratoren<br />
14 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>
Tipp 3: Fangen Sie Ihr Kind auf, wenn<br />
es Misserfolge einstecken muss<br />
Wie würden Sie sich fühlen, wenn<br />
Sie in Ihrem Beruf trotz vollem Einsatz<br />
Woche für Woche hören müssten:<br />
«Du bist nicht gut genug! Deine<br />
Leistung reicht nicht!»? Viele Kinder<br />
machen diese Erfahrung tagtäglich<br />
– über Jahre hinweg. Wie können wir<br />
als Eltern oder Lehrperson Kinder<br />
in dieser Situa tion stärken? Vielleicht<br />
gibt Ihnen der folgende Dialog zwischen<br />
der Mutter eines rechenschwachen<br />
Kindes und mir einen Hinweis:<br />
G.: «Wie schaffen Sie es, dass Ihre<br />
Tochter sich immer wieder auf das<br />
Rechnen einlässt, obwohl sie ständig<br />
Misserfolge erlebt?»<br />
Mutter: «Wissen Sie, ich erwarte<br />
von meiner Tochter, dass Sie täglich<br />
zehn Minuten mit mir übt. Da bin<br />
ich eisern. Ich habe aber gelernt,<br />
mich mit ihr zusammen über kleine<br />
Fortschritte zu freuen. Wenn sie mit<br />
einer Prüfung nach Hause kommt<br />
und eine 4 geschafft hat, gehen wir<br />
zusammen ein Siegerglace essen.»<br />
G.: «Und was, wenn sie mit einer<br />
ungenügenden Note nach Hause<br />
kommt?»<br />
Mutter: «Dann gehen wir ein<br />
Trostglace essen! Ich will, dass sie<br />
weiss: Wenn es gut lief, freuen wir<br />
uns mit dir. Wenn es schlecht lief,<br />
fangen wir dich auf.»<br />
Tipp 4: Geniessen Sie Momente<br />
zu zweit<br />
Wenn Kinder in die <strong>Schule</strong> kommen,<br />
nimmt die Kommunikation mit den<br />
Eltern oft deutlich ab. Die Gleichaltrigen<br />
werden wichtiger, und die Kinder<br />
verbringen weniger Zeit mit den<br />
Eltern. Auf die Frage, wie es in der<br />
<strong>Schule</strong> war, antworten viele Kinder<br />
mit einem einsilbigen «gut».<br />
Damit wir mit unseren Kindern<br />
im Austausch bleiben und auch Persönliches<br />
erfahren, ist es hilfreich,<br />
wenn wir uns bewusst Zeit dafür<br />
nehmen. Kinder sprechen Themen,<br />
die sie beschäftigen oder ihnen sogar<br />
Sorgen bereiten, nicht gerne am Esstisch<br />
mit der Familie an. Sie können<br />
als Mutter oder Vater darauf achten,<br />
Zeit mit einem Kind alleine einzuplanen.<br />
Statt dass man einen Ausflug<br />
zu viert macht, könnte die Mutter<br />
mit dem Sohn, der Vater mit der<br />
Tochter etwas unternehmen. Eltern<br />
sind regelmässig erstaunt, wie viel<br />
besser sie ihre Kinder kennenlernen<br />
und wie viel Nähe plötzlich wieder<br />
da ist, wenn sie sich ganz bewusst<br />
für ein Kind Zeit nehmen: nur zu<br />
zweit und ohne To-do-Liste im Kopf.<br />
Tipp 5: Geben Sie Ihrem Kind die<br />
Möglichkeit, sich zu engagieren<br />
Kinder, die die Erfahrung machen,<br />
dass sie für ihre Familie, ihr Team<br />
oder ihre Klasse wichtig sind und<br />
einen Beitrag zu einem grösseren<br />
Ganzen beisteuern können, entwickeln<br />
ein höheres Selbstwertgefühl.<br />
Das konnte sogar die Forschung<br />
nachweisen: Kinder, die sich eine<br />
Stunde pro Woche ehrenamtlich für<br />
eine gute Sache betätigen sind<br />
zufriedener, übernehmen auch in<br />
anderen Bereichen wie der <strong>Schule</strong><br />
mehr Verantwortung und entwickeln<br />
mehr Selbstvertrauen und<br />
höhere soziale Kompetenzen.<br />
Dabei haben Kinder vor allem<br />
dann das Gefühl, einen echten Beitrag<br />
geleistet zu haben, wenn sie<br />
etwas für sie Anspruchsvolles beitragen<br />
können. Ein 5-Jähriger ist stolz,<br />
wenn er den Tisch decken darf. Eine<br />
10-Jährige würde vielleicht lieber<br />
einmal pro Woche für die ganze<br />
Familie kochen.<br />
Unsere Gesellschaft ist sehr auf<br />
das Individuum ausgerichtet. Dabei<br />
wäre das Gefühl der Zugehörigkeit<br />
ein wichtiger Schutz vor psychischen<br />
Problemen. Wenn wir uns etwas<br />
mehr auf andere konzentrieren als<br />
auf uns selbst, wächst unser Selbstwertgefühl.<br />
Wir lesen an den Gesichtern<br />
anderer Menschen ab, dass<br />
unser Beitrag geschätzt wird. Wir<br />
sehen eine gute Sache wachsen, freuen<br />
uns darob, empfinden unser<br />
Leben als wert- und sinnvoll. Zu -<br />
gleich weitet sich der Blick. Wir sind<br />
nicht mehr so stark auf uns fixiert,<br />
Du kannst dich durch Üben<br />
verbessern; ich sehe<br />
(auch kleine!) Fortschritte<br />
und freue mich darüber.<br />
denken weniger darüber nach, wie<br />
andere uns sehen, wie wir wirken<br />
und wie bedeutsam wir sind.<br />
Ein starkes Kind sagt von sich:<br />
Ich kann<br />
• mich über Erfolge freuen,<br />
• aus Misserfolgen und Fehlern<br />
lernen,<br />
• mich durch Anstrengung und<br />
Übung verbessern,<br />
• Probleme lösen und Schwierigkeiten<br />
überwinden,<br />
• mit anderen sprechen, wenn<br />
mich Sorgen quälen,<br />
• mir Hilfe und Unterstützung<br />
holen.<br />
Ich bin<br />
• als Mensch liebenswert,<br />
• verantwortlich für das, was ich tue,<br />
• zuversichtlich, dass ich mit<br />
Proble men und schwierigen<br />
Gefühlen umgehen kann,<br />
• mir bewusst, dass mein Wert<br />
als Mensch nicht von meinen<br />
Leistungen abhängt.<br />
Ich habe<br />
• Eltern, die mir zuhören und sich<br />
Zeit für mich nehmen,<br />
• Menschen in meinem Leben, die<br />
mich so annehmen und lieben,<br />
wie ich bin,<br />
• Menschen, die mir helfen, wenn<br />
ich Hilfe brauche, und mich<br />
gleichzeitig darin bestärken,<br />
selbstbestimmt zu handeln,<br />
• Werte, die mir wichtig sind und<br />
für die ich mich einsetzen kann.<br />
Dieser Text ist erschienen in: Das<br />
Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi,<br />
Ausgabe 2 / März 2015.<br />
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />
Frühjahr <strong>2017</strong>15
Interview<br />
16 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>
Erziehung & <strong>Schule</strong><br />
«In den ersten Schuljahren<br />
kommt es nicht auf Leistung an»<br />
Wenn Kinder in die <strong>Schule</strong> kommen, sollten Eltern wie Lehrer ihre Erwartungen an die<br />
Möglichkeiten des Kindes anpassen, fordert Oskar Jenni, Co-Leiter der entwicklungspädiatrischen<br />
Abteilung des Kinderspitals Zürich. Denn Kinder sind unterschiedlich weit entwickelt.<br />
Ein Gespräch über individualisierten Unterricht, Schulpsychologen und Lernprobleme.<br />
Interview: Evelin Hartmann Bilder: Marvin Zilm / 13 Photo<br />
Eine schöne, alte Stadtvilla am Fusse<br />
des Züribergs. Hier, unweit des<br />
Kinderspitals, finden Besucher die<br />
Räume der entwicklungspädiatrischen<br />
Abteilung. Oskar Jenni kommt die<br />
knarzende Stiege hinunter. Sein Gang ist<br />
schwungvoll, sein Händedruck fest.<br />
«Lassen Sie uns anfangen», sagt der<br />
Kinderarzt und zeigt auf ein freies<br />
Sitzungszimmer. Oskar Jenni ist voll bei<br />
der Sache.<br />
Herr Jenni, Kinder treten hierzulande<br />
mit sechs Jahren in die <strong>Schule</strong> ein. Auf<br />
welchem Entwicklungsstand sind sie<br />
in diesem Alter?<br />
Das ist, wie in jedem Alter, sehr<br />
unterschiedlich. Ich würde sagen auf<br />
dem Stand eines viereinhalb bis siebeneinhalb<br />
Jahre alten Kindes.<br />
Können Sie uns das erläutern?<br />
Wenn eine Lehrerin eine erste Primarklasse<br />
mit 20 sechsjährigen Kindern<br />
vor sich hat, unterscheiden sich<br />
die Kinder in ihrem Entwicklungsalter<br />
um bis zu drei Jahre. So steht<br />
beispielsweise ein Junge, nennen wir<br />
ihn Ruben, auf dem Entwicklungsstand<br />
eines Siebenjährigen und kann<br />
bereits Schreiben, während die<br />
gleichaltrige Mara mit einem Entwicklungsalter<br />
von fünf Jahren weit<br />
davon entfernt ist. Zusätzlich ist auch<br />
ein und dasselbe Kind nicht in allen<br />
Bereichen gleich weit entwickelt. Das<br />
heisst, Ruben mag in seinen schriftlichen<br />
Fähigkeiten auf dem Stand<br />
eines Siebenjährigen sein, sein So <br />
zial verhalten entspricht aber eher<br />
dem eines Fünfjährigen. Die Norm<br />
ist, dass ein Kind Stärken und Schwächen<br />
hat. Wie wir Erwachsenen auch.<br />
Wann ist ein Kind also schulreif?<br />
Der Begriff Schulreife orientiert sich<br />
am Kind. Man schaut aufs Kind und<br />
fragt, ob es sprachlich, kognitiv, in<br />
seinem Sozialverhalten, der Selbständigkeit,<br />
im Arbeitsverhalten und in<br />
«Viele Lehrpersonen<br />
bemühen sich<br />
darum, jedem Kind<br />
gerecht zu werden.»<br />
seinen motorischen Kompetenzen<br />
so weit ist, den Schulalltag zu meistern.<br />
Ob das Kind aber eingeschult<br />
werden soll, hängt auch von anderen<br />
Faktoren ab, etwa von der <strong>Schule</strong>, in<br />
die es kommen wird. Welches Leitbild<br />
vertritt diese Institution? Wie<br />
steht es um die Erfahrung der Lehrpersonen?<br />
Die Klassengrös se? Passt<br />
das Profil des Kindes in diese <strong>Schule</strong><br />
oder nicht? Das ist die eigentliche<br />
Frage, die wir uns stellen müssten ...<br />
… was aber nicht der momentanen<br />
Praxis entspricht.<br />
Stimmt, aber diese Art der Individualisierung<br />
wäre kindgerecht. Es geht<br />
darum, sicherzustellen, dass die<br />
Eigenheiten des Kindes mit den An <br />
forderungen der Umwelt und in<br />
diesem Fall mit denjenigen der <strong>Schule</strong><br />
übereinstimmen. Man muss sich<br />
einfach bewusst sein: Kinder sind in<br />
ihrem Wesen sehr unterschiedlich,<br />
und man muss diese Variabilität zwischen<br />
Kindern akzeptieren, das Kind<br />
so annehmen, wie es ist, und es seinem<br />
Entwicklungsstand entsprechend<br />
fördern.<br />
Sie sprechen damit den individualisierten<br />
Unterricht an.<br />
Individualisierter Unterricht ist eine<br />
Herausforderung und gerät dadurch,<br />
dass Bildung ständig getestet, standardisiert<br />
und evaluiert wird, unter<br />
Druck. Die heutige Bildungspolitik<br />
geht nicht vom Kind aus, sondern<br />
wird von ökonomischen Interessen<br />
geleitet. Bildung wird als eine der<br />
wichtigsten wirtschaftlichen Ressourcen<br />
und Erfolgsfaktoren eines<br />
Landes verstanden. Und dieser Rohstoff<br />
gilt es aktiv und gezielt zu fördern.<br />
Das steht im Widerspruch zur<br />
Individualisierung.<br />
Werden die Lehrpersonen ihrer Aufgabe<br />
nicht gerecht?<br />
Ich bin überzeugt, dass viele Lehrpersonen<br />
die grosse Vielfalt im Klassenzimmer<br />
anerkennen und sich<br />
darum bemühen, jedem Kind ge <br />
recht zu werden. Auf der anderen<br />
Seite haben sie aber ein Bildungssystem<br />
im Rücken, das von ihnen<br />
Kinderarzt Oskar<br />
Jenni betreut<br />
viele Kinder, die<br />
in ihrem<br />
Schulalltag nicht<br />
zurechtkommen. >>><br />
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />
Frühjahr <strong>2017</strong>17
Interview<br />
>>> verlangt, alle Kinder für die Nun beklagen kritische Stimmen men, sein Entwicklungsprofil zu verstehen<br />
Gerade in den<br />
Wirtschaft fit zu machen und zum<br />
Beispiel die Leseschwäche, die jeder<br />
fünfte Jugendliche bei Schulaustritt<br />
zeigt, auszumerzen. Der Druck auf<br />
die Lehrpersonen ist enorm.<br />
Was können Eltern tun, wenn ihr Kind<br />
einen regelrechten «Abklärungswahn»<br />
an unseren <strong>Schule</strong>n.<br />
Die differenzierte Abklärung eines<br />
Kindes sehe ich nicht als Problem.<br />
Mir macht vielmehr der Umstand<br />
und das Verhalten zu analy<br />
sieren, um daraus zusammen mit den<br />
Lehrpersonen ableiten zu können,<br />
welche Strategien dem Kind helfen.<br />
Was heisst das konkret?<br />
Wenn die Lehrerin das Sprachproblem<br />
ersten<br />
Schuljahren<br />
sollte das freie<br />
Spiel nicht zu<br />
kurz kommen.<br />
des Kindes erkennt, wird sie<br />
in der <strong>Schule</strong> Probleme hat?<br />
Rasch das Gespräch mit der Lehrerin «Das Wichtigste nicht zwei Wörter an die Tafel<br />
suchen. Ich wünsche mir, dass Lehrpersonen<br />
nicht nur Fachdidaktiker,<br />
schreiben, gleichzeitig viel dazu erzählen<br />
und hoffen, dass das sprach<br />
einer Abklärung ist,<br />
sondern auch Entwicklungsspezialisten<br />
sind, dass sie wissen, wie mit<br />
versteht, was sie von ihm erwartet.<br />
ein genaues Bild gestörte Kind hinter ihrem Rücken<br />
einer Situation umzugehen, wenn vom Kind zu Vielmehr sollte sie die Aufmerksamkeit<br />
dieses Kindes beispielsweise mit<br />
ein Kind Probleme hat, über- oder<br />
bekommen.»<br />
unterfordert ist. Ist ein grosser Leidensdruck<br />
visuellen Hinweisen verstärken. Sie<br />
da, macht es Sinn, dass<br />
Lehrpersonen und Eltern gemeinsam<br />
bei einer Fachperson wie etwa<br />
einer Schulpsychologin Hilfe suchen,<br />
das Kind abklären lassen und schauen,<br />
wo genau die Probleme liegen.<br />
Leistungsanforderungen kann man<br />
nur anpassen, wenn man weiss, wo<br />
Sorgen, dass nach einer Abklärung<br />
sofort spezifische Therapien eingeleitet<br />
werden.<br />
Aber das ist doch die logische Folge<br />
einer Abklärung.<br />
Das muss nicht sein. Das Wichtigste<br />
einer Abklärung ist, ein möglichst<br />
sollte es beim Sprechen anschauen<br />
und wichtige Informationen mehrfach<br />
wiederholen. Die Folge einer<br />
Abklärung muss immer sein, das<br />
individuelle Profil des Kindes in Passung<br />
mit den Anforderungen in der<br />
<strong>Schule</strong> und zu Hause zu bringen.<br />
Ich kann mir aber trotzdem vorstellen,<br />
das Kind in seiner Entwicklung steht. genaues Bild vom Kind zu bekom dass sich viele Eltern Sorgen >>><br />
Bild: Keystone<br />
18 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>
Unser Geschenk für Sie:<br />
Gratis Jahres-Abonnement!<br />
10 Ausgaben<br />
«Das Schweizer ElternMagazin<br />
Fritz+Fränzi»<br />
Gutschein-Karte schon weg?<br />
Kein Problem!<br />
Lösen Sie Ihr Gratis-Abo<br />
einfach online ein unter<br />
www.fritzundfraenzi.ch/einschulung<br />
Stiftung<br />
Elternsein<br />
Haben Sie noch Fragen? Rufen Sie uns gratis an: Tel. 0800 814 813<br />
Gutschein gilt exklusiv für Neuabonnenten und ist nicht kumulierbar. Belieferung in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein.
Interview<br />
20 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>
Erziehung & <strong>Schule</strong><br />
Oskar Jenni: «Ich<br />
rate Eltern zu<br />
Gelassenheit.<br />
Kinder sind<br />
robuster, als wir<br />
denken.»<br />
>>> machen, dass ihr Kind in der<br />
<strong>Schule</strong> nicht erfolgreich ist.<br />
Eltern stehen tatsächlich unter<br />
einem grossen Druck. Man macht<br />
sie heute für den Erfolg ihrer Kinder<br />
verantwortlich. Doch die kindliche<br />
Entwicklung kann man nicht be <br />
schleunigen.<br />
Können Eltern denn nichts tun?<br />
Eltern sollen Vertrauen in die Fähigkeiten<br />
ihres Kindes haben, Geborgenheit<br />
und Sicherheit vermitteln,<br />
aber auch Führung und Struktur<br />
geben und ihre eigenen Vorstellungen<br />
und Wünsche zurückstellen. Es<br />
gilt, zu spüren, was ein Kind bewältigen<br />
kann und in welchen Situationen<br />
es überfordert ist und Unterstützung<br />
braucht.<br />
Und mehr nicht?<br />
Die Gesellschaft geht von einem veralteten<br />
Entwicklungsmodell aus, das<br />
sagt, dass das Kind von aussen ge <br />
steuert werden kann. Dabei ist Entwicklung<br />
ein ausserordentlich komplexer<br />
Prozess, der vom Kind aus in<br />
engem Zusammenspiel mit der<br />
Umwelt gesteuert wird. Entwicklung<br />
ist eine Mischung aus dem, was das<br />
Kind selbst mitbringt, und dem, was<br />
ihm die Umwelt bereitstellt. Es gibt<br />
viele Untersuchungen, die zeigen,<br />
dass der elterliche Einfluss für eine<br />
erfolgreiche Schulkarriere eher ge <br />
ring ist.<br />
«Ein Kind, das<br />
zu früh eingeschult<br />
wurde, kann schon<br />
früh Misserfolge<br />
erleben.»<br />
Das hört sich entlastend an.<br />
Ja, ob ein Kind erfolgreich ist, hängt<br />
von ganz vielen Faktoren ab. Von den<br />
Eigenschaften, die das Kind selbst<br />
mitbringt, vom Umfeld, das wir<br />
bereitstellen, und von den Vorbildern.<br />
Das sind Treiber der Entwicklung,<br />
die eine grosse Rolle spielen.<br />
Als Eltern hat man wenig Einfluss<br />
darauf, diese aktiv und gezielt zu<br />
beeinflussen und zu steuern.<br />
Also sollten Eltern sich früh überlegen,<br />
in welchem <strong>Schule</strong>inzugsgebiet<br />
sie mit ihren Kindern leben wollen?<br />
Das ist keine Garantie, dass es gut<br />
kommt. Es gibt Faktoren, die man<br />
im Vorfeld nicht beeinflussen kann.<br />
Wie ist die Lehrperson? Wie ist die<br />
Klassenzusammensetzung? Gibt es<br />
viele schwierige Kinder, die die Aufmerksamkeit<br />
der Lehrperson beanspruchen?<br />
Fragen, die man nicht<br />
zuverlässig beantworten kann. Da<br />
plädiere ich dafür, dass die Eltern<br />
gelassen bleiben.<br />
Also kann man als Eltern im Vorfeld<br />
gar keinen Einfluss nehmen?<br />
Einen gewissen Einfluss auf den<br />
<strong>Schule</strong>rfolg haben Eltern bei der<br />
Wahl des Einschulungszeitpunktes.<br />
Wenn das Kind in der Entwicklung<br />
oder in seinem Verhalten verzögert<br />
ist, dann rate ich, lieber etwas zuzuwarten.<br />
So hat das Kind noch Zeit,<br />
weitere Entwicklungsschritte zu<br />
machen, und es kommt gestärkt in<br />
die <strong>Schule</strong>. Ein Kind, das zu früh<br />
eingeschult wird, kann schon früh<br />
Misserfolge erleben und den Rückstand<br />
nicht mehr aufholen. Es gibt<br />
eine Reihe von Studien, die belegen,<br />
dass eine zu frühe Einschulung<br />
Grund für späteres Schulversagen<br />
beziehungsweise schlechtere Leistungen<br />
sein kann.<br />
Nun rückt der grosse Tag also näher.<br />
Wie bereite ich mein Kind auf die<br />
Einschulung vor?<br />
Der erste Schultag ist ein grosses<br />
Ereignis im Leben, wer erinnert sich<br />
nicht daran? Man sollte das mit seinem<br />
Kind entspannt besprechen.<br />
Welchen Schulthek wollen wir kaufen?<br />
Wie ist der Schulweg? Mit wem<br />
kommst du in eine Klasse, wie wird<br />
die Lehrerin sein? Ich bin überzeugt,<br />
dass die meisten Kinder den Übergang<br />
vom Kindergarten in die erste<br />
Klasse gut meistern. Vertrauen wir<br />
den Kindern. Sie sind ohnehin viel<br />
widerstandsfähiger, als wir denken.<br />
Meine Botschaft an die Eltern lautet:<br />
In den ersten zwei Schuljahren sollte<br />
die Leistung des Kindes nicht im<br />
Vordergrund stehen. Es geht darum,<br />
das Schulleben kennenzulernen und<br />
nicht primär die Leistungsanforderungen<br />
zu spüren.<br />
Und was kann ich als Mutter oder<br />
Vater dafür tun, dass mein Kind den<br />
Spass an der <strong>Schule</strong> auch über die<br />
ersten zwei Jahre hinaus behält?<br />
«Bei schulischen<br />
Problemen ist es<br />
wichtig, als Eltern<br />
nicht in einen<br />
Rollenkonflikt zu<br />
geraten.»<br />
Wenn Eltern merken, dass ihr Kind<br />
nicht klarkommt, ist es falsch, sich<br />
auf die Probleme zu fokussieren, sich<br />
ständig mit dem Kind hinzusetzen,<br />
viel gemeinsam zu lernen und Hausaufgaben<br />
zu machen. Es ist dann<br />
wichtig, das Gespräch mit den Lehrpersonen<br />
zu suchen und schulische<br />
Aufgaben an die <strong>Schule</strong> zu delegieren.<br />
Ansonsten geraten Eltern in<br />
einen Rollenkonflikt.<br />
Warum das?<br />
Kinder brauchen die Eltern als Be <br />
zugspersonen, die ihnen Geborgenheit<br />
und Sicherheit geben. Leistungsstress<br />
beeinträchtigt diese Beziehung.<br />
Eltern kommen oft zu mir und sagen:<br />
Die Beziehung zu meinem Kind ist<br />
gestört, wir streiten oft, aber nur bei<br />
den Hausaufgaben und Schulthemen.<br />
Sobald der Schuldruck weg ist,<br />
finden wir wieder zu uns.<br />
Also sind Eltern gar nicht für die<br />
Hausaufgaben ihrer Kinder verantwortlich?<br />
Bei denjenigen Kindern, die keine<br />
Probleme mit schulischen Anforderungen<br />
haben und die Anforderungen<br />
gut meistern, ist es wichtig, In <br />
ter esse zu zeigen. Aber in dem<br />
Moment, in dem es Probleme >>><br />
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />
Frühjahr <strong>2017</strong>21
Erziehung & <strong>Schule</strong><br />
«Förderung ist dann<br />
sinnvoll, wenn das<br />
Kind in seinen<br />
eigenen Aktivitäten<br />
unterstützt wird.»<br />
>>> gibt, ist es wichtig, diese an<br />
andere Personen zu delegieren.<br />
Es gibt ja auch Kinder, die ihre schulischen<br />
Anliegen mit ihren Eltern teilen<br />
wollen.<br />
Darin liegt die grosse Herausforderung<br />
für Eltern, nämlich zu spüren,<br />
welche Bedürfnisse das Kind hat,<br />
und diese dann zu fördern. Förderung<br />
ist dann wirksam, wenn das<br />
Kind in seinen eigenen Aktivitäten<br />
unterstützt wird. Dann macht es<br />
Fortschritte, fühlt, dass es etwas<br />
bewegen kann, selber wirksam ist,<br />
und es entwickelt ein gutes Selbstwertgefühl.<br />
Wenn man sein Kind<br />
immer in denjenigen Bereichen fordert,<br />
in denen es Schwächen hat,<br />
wird es dauernd Misserfolgserlebnisse<br />
haben und ein schlechtes<br />
Selbstwertgefühl entwickeln. Ein<br />
Kind muss immer mehr Erfolgserlebnisse<br />
haben als Misserfolge.<br />
Können Sie ein Beispiel nennen?<br />
Ich kenne einen Jungen aus meiner<br />
Sprechstunde, der mit vier Jahren<br />
eine schwere Spracherwerbsstörung<br />
zeigte und dessen Eltern ihn täglich<br />
mit Förderung gedrillt haben. Jetzt,<br />
er ist mittlerweile am Gymnasium,<br />
haben die Eltern wieder Kontakt mit<br />
mir aufgenommen, da sie wegen der<br />
Schwierigkeiten einen Nachteilsausgleich<br />
erwirken wollen. (Notwendige<br />
Anpassungen des Unterrichts<br />
oder von Prüfungen, um die behinderungsbedingten<br />
Nachteile eines<br />
betroffenen Schülers auszugleichen.*)<br />
Ich bin echt erschrocken.<br />
Das Selbstwertgefühl dieses Jungen<br />
ist minimal, er wirkt depressiv. Man<br />
spürt die chronische Überforderung.<br />
Und jetzt ist er an einem Ort, der<br />
nicht zu seinen Fähigkeiten passt. Ich<br />
bin überzeugt, dass er den eingeschlagenen<br />
Weg so nicht schaffen<br />
wird, trotz maximalem Einsatz seiner<br />
Eltern.<br />
Sie selbst sind Vater von vier Söhnen<br />
im Alter von 10 bis 18 Jahren.<br />
Sie sind in ihrer Persönlichkeit und<br />
ihren Begabungen sehr unterschiedlich.<br />
Einer macht beispielsweise eine<br />
Försterlehre.<br />
Und das wollten Sie ihm als Akademiker<br />
nicht ausreden?<br />
Nein, er geht seinen eigenen Weg<br />
und ist glücklich. Er hat einen starken<br />
Charakter und liebt die Natur.<br />
Nach der Lehre hat er immer noch<br />
die Möglichkeit, Weiterbildungen<br />
oder sogar die Berufsmatur zu<br />
machen, wenn er das möchte. Manche<br />
wissen erst dann, was sie wollen,<br />
werden später reif. Ich bin da gelassen.<br />
In der Schweiz haben wir ein<br />
durchlässiges Bildungssystem und<br />
die jungen Erwachsenen haben auch<br />
später noch Chancen, ihre berufliche<br />
Laufbahn zu gestalten. Eine Übereinstimmung<br />
von den eigenen<br />
Fähigkeiten und den Erwartungen<br />
und Anforderungen, welche die<br />
Umwelt an uns stellt – das ist ein<br />
zentrales Element für unser Selbstwertgefühl,<br />
unser Wohl- und<br />
Glücksempfinden.<br />
Im Erwachsenenalter können wir dies<br />
selbst steuern ...<br />
... während Kinder das nicht können.<br />
Daher haben wir als Eltern die Verantwortung,<br />
eine geeignete Passung,<br />
eine Übereinstimmung von Anforderungen<br />
und Möglichkeiten für<br />
unsere Kinder zu finden und herzustellen.<br />
Das ist eine zentrale Aufgabe<br />
des Elternseins, und gleichzeitig eine<br />
sehr anspruchsvolle …<br />
* Anmerkung der Redaktion<br />
>>><br />
Oskar Jenni<br />
Professor, ist Kinderarzt und leitet<br />
seit 20<strong>05</strong> zusammen mit Bea Latal<br />
die Abteilung Entwicklungspädiatrie<br />
des Kinderspitals Zürich. Er ist<br />
verheiratet und Vater von vier<br />
schulpflichtigen Kindern.<br />
22 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>
Service<br />
Literatur zum Thema<br />
Uta Reimann-Höhn: Einmal 1. Klasse, bitte! So<br />
gelingt der Übergang vom Kindergarten in die<br />
<strong>Schule</strong><br />
Wie kann ich mein Kind bestmöglich auf die<br />
<strong>Schule</strong> vorbereiten? Wie lässt sich der Übergang<br />
vom Kindergarten in die <strong>Schule</strong> optimal<br />
gestalten? Die Diplompädagogin und Lerntherapeutin<br />
beantwortet die wichtigsten Fragen zum Schulstart.<br />
Dazu: Tests und Checklisten.<br />
Herder Verlag, 2011, 64 Seiten, ab Fr. 12.90<br />
Doris Rübel: Wieso? Weshalb? Warum?<br />
Ich komme in die <strong>Schule</strong><br />
In diesem Klapp-Bilderbuch entdecken Kinder<br />
spielerisch, was es mit der <strong>Schule</strong> auf sich hat:<br />
Vom Aussuchen des Schultheks über den<br />
Schulweg bis zum ersten Schultag werden<br />
viele Fragen beantwortet, die Schulanfängern<br />
unter den Nägeln brennen.<br />
Ravensburger, 2015, Ringbuch, 16 Seiten, Fr. 21.90<br />
Sabine Jörg und Antje Drescher:<br />
Der Ernst des Lebens<br />
«Wenn du in die <strong>Schule</strong> kommst, beginnt der<br />
Ernst des Lebens», sagen alle zu Annette.<br />
Doch dann kommt alles anders und Annette<br />
beschliesst, sich in Zukunft keine Angst<br />
mehr von den Grossen machen zu lassen.<br />
Thienemann-Esslinger Verlag, 2015, 32 Seiten, Fr. 17.90<br />
Adolf Timm und Klaus Hurrelmann: Stark in die<br />
<strong>Schule</strong>. Was Kinder vor der Einschulung brauchen<br />
Hier werden Eltern durch neun Kompetenzen geführt, die<br />
ein Kind erwerben sollte, um die <strong>Schule</strong> erfolgreich und<br />
glücklich zu meistern, darunter: Neugier, Selbstwertgefühl,<br />
Zielstrebigkeit, Freiheit, Resilienz. Das Autoren <br />
duo, zwei deutsche Jugendforscher, zeigt, dass es auf die<br />
richtige Balance ankommt, um grösser gewordene Erwartungen in<br />
<strong>Schule</strong> und Gesellschaft zu meistern.<br />
Beltz Verlag, 2015, 223 Seiten, ab Fr. 21.30<br />
Irina Korschunow: Für Steffi fängt die <strong>Schule</strong> an<br />
Schultag! Zuerst wird Steffi bei der Klassenzuteilung<br />
vergessen, dann ist auch noch der Platz neben ihrer<br />
besten Freundin Marei besetzt. Wie die tapfere Steffi<br />
den turbulenten Schulbeginn mit tatkräftiger Unterstützung<br />
ihrer Eltern und ihres kleinen Hundes Murkel<br />
meistert, zeigt diese schöne Mutmach-Geschichte.<br />
Dtv junior Verlag, 2001, 73 Seiten, Fr. 13.50<br />
Martin Baltscheit: Die Geschichte vom Löwen,<br />
der nicht schreiben konnte.<br />
Den Löwen stört es nicht, dass er nicht schreiben kann.<br />
Schliesslich kann er brüllen und die Zähne zeigen. Das<br />
reicht ihm. Erst als er einer lesenden Löwin begegnet und sich in sie verliebt,<br />
kommt er ins Grübeln, denn «eine Löwin, die liest, ist eine Dame.<br />
Und einer Dame schreibt man Briefe. Bevor man sie küsst.»<br />
Beltz Verlag, 2014, 40 Seiten, Fr. 19.90<br />
Links<br />
Viele wichtige Informationen rund um das Thema Gesundheit<br />
und Schulstart bieten die Schulärztlichen Dienste der<br />
Gemeinden, Städte und Kantone.<br />
Der Schulärztliche Dienst der Stadt Zürich zum Beispiel<br />
bietet unter anderem folgende Infoblätter:<br />
• «Informationsblatt für Eltern und Lehrpersonen –<br />
Bewegungsempfehlungen für Kinder»<br />
• «Information für Eltern von Kindern vor dem Eintritt in die<br />
1. Klasse und in der Unter- und Mittelstufe – Der passende<br />
Schulthek»<br />
• «Information für Lehrpersonen und Eltern – Richtig Sitzen<br />
ist Einstellungssache!»<br />
• «Znüni und Zvieri» – Leckere und gesunde Rezepte für<br />
die <strong>Schule</strong> und den Hort<br />
Anzeige<br />
THEK<br />
www.rintin.ch<br />
handgefertigt im Seefeld<br />
ohne Fell Fr. 165.--<br />
mit Fell Fr. 185. --<br />
Kostenlos zu bestellen bzw. herunterzuladen auf:<br />
www.stadt-zuerich.ch,<br />
Suchbegriff: Allgemeine Gesundheitstipps<br />
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />
Frühjahr <strong>2017</strong><br />
Sattlerei + Polsterei<br />
Ursula Hoher<br />
Seefeldstr. 96<br />
8008 Zürich<br />
info@polsterei-hoher.ch<br />
044 383 86 32
Ein wichtiges Team –<br />
Eltern und Lehrpersonen<br />
Ein regelmässiger Austausch zwischen Eltern, Lehrerinnen und Lehrern schafft<br />
Vertrautheit. Warum das so ist und wie dieser gestaltet werden kann, lesen Sie in<br />
diesem Auszug aus dem Pro Juventute Elternbrief «Abenteuer Schulanfang».<br />
Eine vertrauensvolle Zu <br />
sammenarbeit zwischen<br />
Elternhaus und <strong>Schule</strong><br />
ist enorm wichtig. Tatsache<br />
ist jedoch, dass<br />
Eltern und Lehrperson sich nicht<br />
aussuchen können. Daher ist es<br />
nicht selbstverständlich, dass man<br />
sich auf Anhieb sympathisch ist und<br />
die Ansichten des anderen teilt.<br />
Wichtig ist, dass Ihr Kind gerne in<br />
die <strong>Schule</strong> geht und eine gute Beziehung<br />
zu seinem Lehrer oder seiner<br />
Lehrerin aufbauen kann. Gegenseitige<br />
Toleranz und Akzeptanz ist<br />
daher von Bedeutung. Ganz besonders<br />
auch dann, wenn der Lehrer<br />
oder die Lehrerin zum grossen<br />
«Alleswisser» avanciert und nur<br />
noch er oder sie recht zu haben<br />
scheint! Nehmen Sie das nicht persönlich,<br />
Kinder suchen sich neben<br />
den Eltern auch andere Erwachsene<br />
als Vorbilder.<br />
Sollten Sie mit der Lehrperson<br />
Ihres Kindes oder gewissen Abläufen<br />
in der <strong>Schule</strong> uneins sein, so<br />
machen Sie Ihrem Ärger nicht vor<br />
Ihrem Kind Luft. Bringen Sie Ihre<br />
Kritik am besten persönlich an.<br />
Wenn das nicht hilft, können Sie<br />
sich an die Schulleitung, in zweiter<br />
Instanz an die Schulpflege oder den<br />
örtlichen Elternverein wenden.<br />
Von Zeit zu Zeit werden Sie von<br />
der Lehrerin, dem Lehrer zu einem<br />
Elternabend eingeladen. Dort erfahren<br />
Sie mehr über Lehrmethoden,<br />
haben Gelegenheit, Fragen zu stel<br />
len, Anregungen für den Unterricht<br />
zu geben oder auch einmal ein verdientes<br />
Lob auszusprechen. Sie lernen<br />
auch die Standpunkte anderer<br />
Eltern kennen und erhalten Tipps,<br />
zum Beispiel wie Sie Ihrem Kind zu<br />
Hause bei den Hausaufgaben helfen<br />
können.<br />
Ebenfalls wichtig sind Einzelgespräche,<br />
bei denen Sie etwas über<br />
die Leistungsfähigkeit und das Verhalten<br />
Ihres Kindes in der <strong>Schule</strong><br />
erfahren. Und das nicht nur bei auftretenden<br />
Problemen, sondern auch<br />
dann, wenn alles rundläuft! Auch<br />
ein vom Kind getrennt lebender<br />
Elternteil hat Anrecht auf Information.<br />
Sollte das nicht funktionieren, so<br />
besprechen Sie das als Mutter und<br />
Vater und informieren Sie die Lehrperson<br />
über Ihr Bedürfnis. Sollte Ihr<br />
Kind im Alltag hauptsächlich von<br />
Grosseltern oder anderen Bezugspersonen<br />
betreut werden (wie einem<br />
Au pair), so empfiehlt es sich, diese<br />
ebenfalls an einem Einzelgespräch<br />
teilnehmen zu lassen.<br />
Ein regelmässiger Austausch<br />
schafft Vertrautheit und Sicherheit.<br />
Wie viele Begegnungen es dafür<br />
braucht, müssen Sie sorgfältig abwägen,<br />
denn es gilt, auch die eigene<br />
neue Welt Ihres Kindes zu respektieren.<br />
Elternmitwirkung<br />
Die <strong>Schule</strong> macht ständig in allen<br />
Kantonen einen grossen Wandel<br />
durch. Daher informieren Sie sich<br />
am besten vor Ort, wie das Schulsystem<br />
und die Möglichkeiten für<br />
Elternmitwirkung in Ihrer Gemeinde<br />
aussehen.<br />
In verschiedenen Städten und<br />
Dörfern gibt es Elternräte, die eng<br />
mit der <strong>Schule</strong>inheit zusammenarbeiten,<br />
oder Elternvereine, welche<br />
die Zusammenarbeit zwischen<br />
<strong>Schule</strong> und Eltern unterstützen und<br />
fördern. Existiert bei Ihnen kein solcher<br />
Zusammenschluss, so schliessen<br />
Sie sich doch mit anderen engagierten<br />
Eltern zu einer Elterngruppe<br />
zusammen. Konkrete Hilfestellung<br />
dafür und allgemeine Informationen<br />
zur Elternmitwirkung und<br />
Elternbildung erhalten Sie beim<br />
Schweizerischen Bund für Elternbildung<br />
(SBE), bei der «Fachstelle<br />
Elternmitwirkung» und bei der<br />
grössten Elternorganisation «<strong>Schule</strong><br />
und Elternhaus Schweiz» (S&E).<br />
Lesetipp<br />
Pro Juventute Elternbrief «Abenteuer<br />
Schulanfang». Elternbrief Nr. 35 aus<br />
dem Set «Pro Juventute Elternbriefe<br />
4.–6. Lebensjahr», Fr. 12.–, zu bestellen<br />
auf www.projuventute.ch/shop oder<br />
unter Tel. 044 256 77 33.<br />
24 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>
Erziehung & <strong>Schule</strong><br />
Der erste Schultag<br />
Der erste Schultag ist ein grosses Ereignis im Leben eines<br />
Kindes. Wie können seine Eltern es bei diesem Schritt optimal<br />
begleiten? Fünf Praxistipps.<br />
Die meisten Kinder stehen am ersten Schultag unter einer<br />
inneren Spannung. Die einen sind ganz zappelig vor lauter<br />
Freude, die anderen ganz still. Begleiten Sie Ihr Kind am ersten<br />
Schultag und zeigen Sie Verständnis für seine Gefühle. Treten<br />
Sie den ersten Schultag in aller Ruhe, mit viel Vorfreude und gut<br />
vorbereitet an:<br />
• Vielleicht kochen Sie am Vortag das Lieblingsgericht Ihrer<br />
Tochter oder Ihres Sohnes?<br />
• Vor dem Schlafengehen suchen Sie gemeinsam die Kleider<br />
für den ersten Schultag aus und stellen den neuen Schulthek<br />
bereit.<br />
• Können Sie sich noch an Ihren Schulbeginn erinnern? Ihr<br />
Kind erfährt bestimmt gerne, wie es Ihnen damals erging.<br />
Vielleicht besitzen Sie noch ein Foto von sich als Erstklässler?<br />
• Nehmen Sie sich am Morgen ausreichend Zeit fürs<br />
Aufstehen, Anziehen und vor allem fürs Frühstücken.<br />
Schulkinder brauchen einen energiespendenden und<br />
gesunden «Zmorge», um sich in der <strong>Schule</strong> konzentrieren<br />
zu können. Das gilt nicht nur für den ersten Schultag,<br />
sondern auch für jeden weiteren. Bringt Ihr Kind morgens<br />
wirklich keinen Bissen herunter, so trinkt es vielleicht<br />
wenigstens eine Ovomaltine oder ein Glas Milch und nimmt<br />
einen grossen Znüni mit in die <strong>Schule</strong>.<br />
• Feiern Sie als Familie diesen besonderen Tag Ihres Kindes:<br />
Halten Sie den Beginn des neuen Lebensabschnittes in<br />
Bildern fest, krönen Sie den ersten Schultag mit einem<br />
leckeren Dessert, überraschen Sie Ihr Kind zu Hause mit<br />
einer Schultüte …<br />
Quelle: Pro Juventute Elternbrief «Abenteuer Schulanfang».<br />
Siehe Lesetipp auf Seite 24.
Schulweg<br />
26 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>
Erziehung & <strong>Schule</strong><br />
Auf eigenen Füssen<br />
Der Schulweg ist seit jeher ein Streitthema zwischen Eltern, Pädagogen und<br />
Verkehrsforschern. Denn besonders im Strassenverkehr lauern Gefahren.<br />
Kein Wunder, dass viele Eltern ihre Kinder den Schulweg nicht alleine gehen<br />
lassen wollen. Dabei bietet er viele Chancen für Kinder, spielerisch zu lernen.<br />
Text: Stefan Michel Bilder: Sophie Stieger / 13 Photo<br />
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />
Frühjahr <strong>2017</strong>27
Erziehung & <strong>Schule</strong><br />
Yanniks<br />
Schulweg hat so<br />
einige Tücken.<br />
Yannik winkt seiner<br />
Mutter noch einmal<br />
zu, bevor er die Strasse<br />
hinuntergeht, die in<br />
den historischen Dorfkern<br />
von Wangen bei Brüttisellen<br />
ZH führt. Fünf Strassen kreuzen<br />
sich hier. Es herrscht reger Verkehr.<br />
Wangen ist ein beliebter Schleichweg,<br />
um den Stau um das Brüttiseller<br />
Kreuz zu umfahren. Der 6-Jährige<br />
wartet lange, bis sich eine Lücke<br />
auftut und er die Strassenseite wechseln<br />
kann. Eigentlich wäre Yanniks<br />
Schulweg so, wie man ihn sich<br />
wünscht: mitten durchs Dorf, vorbei<br />
an Fachwerkhäusern und gepflegten<br />
Gärten. Doch der Durchgangsverkehr<br />
verwandelt den idyllischen<br />
Spaziergang in eine tägliche Lektion<br />
Verkehrskunde. Trotzdem lässt ihn<br />
seine Mutter alleine gehen, obwohl<br />
ihr nicht ganz wohl ist dabei. «Yannik<br />
ist ein sehr vernünftiges Kind.<br />
Seinen kleinen Bruder werde ich<br />
wohl länger begleiten müssen»,<br />
meint sie vorausschauend.<br />
Der Schulweg ist viel mehr<br />
als nur eine Wegstrecke,<br />
er ist ein Ort des Lernens.<br />
Für viele Kinder ist der Schulweg die<br />
einzige Möglichkeit, sich ohne Aufsicht<br />
zu bewegen, sich mit ihren<br />
Kollegen auszutauschen, Freundschaften<br />
zu schliessen oder zu streiten.<br />
Er bietet aber auch die Möglichkeit,<br />
Abstand vom Schultag zu<br />
gewinnen und sich auf zu Hause<br />
einzustellen. Aber er verlangt gerade<br />
jüngeren Kindern einiges ab. Sie<br />
müssen den Weg zur <strong>Schule</strong> selbständig<br />
finden, rechtzeitig dort sein<br />
und auf sich aufpassen. Der Schulweg<br />
ist viel mehr als die Strecke zwischen<br />
Wohn- und Schulhaus, er ist<br />
ein Ort des Lernens.<br />
Das ist die eine Seite. Die andere<br />
erschliesst sich einem beim Blick in<br />
die Statistik: Laut der Beratungsstelle<br />
für Unfallverhütung (bfu) werden<br />
jedes Jahr rund 400 Kinder auf dem<br />
Schulweg Opfer eines Verkehrsunfalls.<br />
Durchschnittlich zwei Kinder<br />
sterben. Das grösste individuelle<br />
Risiko tragen die 5- bis 9 -Jährigen<br />
als Fuss gänger und die 10- bis 14 -<br />
Jährigen als Velo fahrer. So verwundert<br />
es nicht, dass sich Eltern in den<br />
Monaten vor der Einschulung die<br />
Frage stellen: Wie kommt unser<br />
Kind sicher in die <strong>Schule</strong> und wieder<br />
nach Hause? Die grösste Sorge gilt<br />
dabei dem Strassenverkehr. Sind viel<br />
befahrene Strassen zu überqueren?<br />
Gibt es unübersichtliche Kreuzungen?<br />
Ist unser Kind vernünftig<br />
genug, um sich sicher an den Autos<br />
vorbeizubewegen? Und wie rücksichtsvoll<br />
und aufmerksam sind<br />
wohl die Autofahrer?<br />
Dabei hält der Verkehrsexperte<br />
Pascal Regli fest, dass Deutschschweizer<br />
Schulwege im nationalen<br />
Vergleich relativ sicher seien. Regli<br />
28 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>
leitet das Projekt «Sichere Schulwege»<br />
bei Fussverkehr Schweiz und<br />
kennt die elterlichen Sorgen. «Wie<br />
gross die Gefahr und die Bedenken<br />
der Eltern sind, spiegelt sich direkt<br />
in den sogenannten Elterntaxis<br />
wider. In der Romandie und im Tessin<br />
ist der Anteil der Kinder, die zur<br />
<strong>Schule</strong> gefahren werden, viel höher<br />
als in der Deutschschweiz», erklärt<br />
er. So sind es in der Deutschschweiz<br />
weniger als 10 Prozent der Kinder,<br />
die täglich mit dem Auto zur <strong>Schule</strong><br />
gebracht und wieder abgeholt werden.<br />
Doch ihr Anteil steigt.<br />
Elterntaxis sind umstritten<br />
Die Elterntaxis sind das am hitzigsten<br />
diskutierte Thema im Zusammenhang<br />
mit Schulwegen. Offizielle<br />
Stellen wie die Kantonspolizei Zürich<br />
raten in der Regel ebenso entschieden<br />
vom elterlichen Fahrdienst ab<br />
wie Verkehrsorganisationen, beispielsweise<br />
der TCS. Denn dass die<br />
Kinder im Auto sicherer >>><br />
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong> Frühjahr <strong>2017</strong><br />
Anzeige<br />
Stärken stärken. Lernen lernen.<br />
Die Schweizer Primarschule mit einem internationalen Touch.<br />
Erreichbar in<br />
10 Min. von Zug,<br />
20 Min. von Thalwil<br />
www.tagesschule-elementa.ch<br />
Tagesschule Elementa AG, Sarbachstrasse 8, 6345 Neuheim/ZG<br />
Tel. 041 755 06 50, info@tagesschule-elementa.ch
Schulweg<br />
«Eltern müssen mit<br />
ihren Kindern immer<br />
wieder üben»<br />
Gewisse Situationen im<br />
Strassenverkehr können Kinder im<br />
frühen Primarschulalter nicht<br />
einschätzen, weil ihre Sinne noch<br />
nicht weit genug ausgebildet sind. Wie<br />
wichtig es daher ist, den Schulweg<br />
immer wieder zu üben, erklärt Barbara<br />
Schürch von der Beratungsstelle für<br />
Unfallverhütung bfu.<br />
Interview: Stefan Michel<br />
Frau Schürch, was muss ein Kind<br />
leisten, wenn es seinen Schulweg alleine<br />
geht?<br />
Das Kind muss den Weg finden und sich<br />
im Stras senverkehr richtig verhalten.<br />
Und es kommen viele Dinge dazu, die es<br />
ablenken, wie etwa der Abschied von zu<br />
Hause. Vielleicht hat das Kind auch ein<br />
bisschen Angst vor der <strong>Schule</strong>, oder es freut<br />
sich ganz besonders darauf. All das macht<br />
den Schulweg noch anspruchsvoller, denn<br />
das Kind muss sich auf sein Verhalten im<br />
Verkehr konzentrieren.<br />
Die Wahrnehmung eines 6- oder 7-jährigen<br />
Kindes ist noch nicht voll ausgebildet.<br />
Was kann es noch nicht?<br />
Kinder im frühen Primarschulalter haben<br />
aufgrund ihrer Körpergrösse noch keinen<br />
so guten Überblick. Wenn sie nach links und<br />
rechts schauen, wie sie es gelernt haben,<br />
machen sie das manchmal automatisch,<br />
statt bewusst wahrzunehmen und die Verkehrsumwelt<br />
gezielt nach Gefahren abzusuchen.<br />
Abzuschätzen, wie weit ein Auto<br />
entfernt ist, fällt ihnen schwer. Die Distanz<br />
in einen Bezug zur Geschwindigkeit zu<br />
setzen, also vorauszusagen, wie lange es<br />
dauert, bis das Auto vor ihnen steht, ist in<br />
diesem Alter sehr anspruchsvoll und oft<br />
noch nicht möglich.<br />
Ab wann haben sie ein sicheres<br />
Wahrnehmungsniveau erreicht?<br />
Altersangaben sind heikel, weil sich<br />
Kinder unterschiedlich entwickeln. Es gilt,<br />
das einzelne Kind zu beobachten und so<br />
festzustellen, ab wann es sich zuverlässig<br />
und sicher verhält im Strassenverkehr.<br />
Lässt sich die Wahrnehmungsfähigkeit<br />
eines Kindes fördern?<br />
Ja, sie ist trainierbar. Es gibt spieleri sche<br />
Übungen, die Spass machen. Das alt bekannte<br />
«Ich sehe was, was du nicht siehst!»<br />
ist eine Möglichkeit, oder ein Hör-Memory,<br />
welches das Gehör schult. Wir begrüssen es<br />
sehr, wenn Eltern mit ihren Kindern solche<br />
Übungen machen. Sie sollten aber nicht<br />
erwarten, dass sich die Wahrnehmung der<br />
Kinder damit auf einen Schlag verbessert.<br />
Das geschieht in kleinen Schritten.<br />
Strassenübergänge stehen oft im<br />
Zentrum der Aufmerksamkeit, wenn es<br />
um Schulwegsicherheit geht. Welche<br />
weiteren Situationen können gefährlich<br />
sein?<br />
Besonders zu beachten sind Strassen ohne<br />
Trottoir, unübersichtliche Kurven, Hecken,<br />
die die Sicht nehmen, und Ausfahrten von<br />
einem Vorplatz. Da geht das Kind korrekt<br />
auf dem Trottoir, denkt, es sei sicher, und<br />
dann kommt plötzlich trotzdem ein Auto<br />
gefahren! Viele Kinder meinen ausserdem,<br />
30 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>
Erziehung & <strong>Schule</strong><br />
Studien belegen, dass Kinder<br />
am meisten lernen, wenn<br />
sie auf sich gestellt sind.<br />
Yannik übt den<br />
neuen Schulweg<br />
schon jetzt.<br />
>>> unterwegs sind, ist ein Trugschluss.<br />
Einerseits zeigen Statistiken,<br />
dass Kinder häufiger im Auto Opfer<br />
von Verkehrsunfällen werden als zu<br />
Fuss. Darüber hinaus gefährden die<br />
vor den <strong>Schule</strong>n kreuz und quer rangierenden<br />
Autos die Kinder, die sich<br />
dort bewegen. Verschiedene Schulleitungen<br />
appellieren daher an die<br />
Eltern, die Fahrdienste zu unterlassen.<br />
Die Aargauer Gemeinde Muri<br />
hat sogar ein Halteverbot um die<br />
Schulhäuser herum erlassen.<br />
So richten sich einige Aufklärungskampagnen<br />
vor allem auch an<br />
Autofahrer, wie die TCS-Kampagne<br />
«Rad steht, Kind geht». Denn was<br />
viele Autofahrer nicht bedenken:<br />
Am Fussgängerstreifen stehende<br />
Erwachsene erkennen in der Regel,<br />
dass ein Auto bremst, dass die Distanz<br />
gross genug ist, um vor dem<br />
heranrollenden Fahrzeug die andere<br />
Strassenseite zu erreichen – Kindern<br />
fehlen das Auge und die Erfahrung<br />
dafür. «Wenn die Autofahrer wissen,<br />
dass das Kind erst losgeht, wenn das<br />
Auto steht, gibt es keine Missverständnisse»,<br />
betont Helmut Gierer<br />
vom TCS.<br />
>>><br />
wenn sie ein Auto oder einen Lastwagen<br />
sehen, dann sehe dessen Lenker auch sie.<br />
Eine weitere Herausforderung sind E-Bikes<br />
und andere Elektrofahrzeuge, die sich<br />
praktisch lautlos fortbewegen.<br />
Angenommen, das Kind hat den<br />
Kindergartenweg problemlos<br />
gemeistert. Nun kommt ein neuer<br />
Schulweg. Ist es dafür gerüstet, oder<br />
beginnt hier der Lernprozess bei null?<br />
In diesem Alter sollten die Eltern mit ihrem<br />
Kind jede neue Strecke anschauen und<br />
üben. Das gilt auch für den Weg in die<br />
Musikstunde oder den Sportunterricht. Wir<br />
empfehlen, zuerst gemeinsam zu gehen.<br />
Später können sich die Eltern aufs Be -<br />
obachten beschränken, etwa indem sie mit<br />
Abstand hinterhergehen, und schliesslich<br />
kann das Kind auch den neuen Schulweg<br />
alleine gehen.<br />
Was können die Eltern in den Monaten<br />
vor dem Schulbeginn tun?<br />
Üben, üben, üben. Sie sollten den Schulweg<br />
immer wieder mit ihrem Kind gehen.<br />
Nachdem die schwierigen Stellen geübt<br />
wurden, können Eltern das Kind erklären<br />
lassen, wie es sich verhalten soll. So<br />
erfahren sie, ob es verstanden hat, worauf<br />
es achtgeben muss. Die Eltern müssen ihm<br />
ermöglichen, Erfahrungen zu sammeln. Nur<br />
so können Kinder lernen, sich im Strassenverkehr<br />
sicher zu bewegen.<br />
Auf welche Verhaltensweisen sollten<br />
Eltern ihr Kind trainieren?<br />
Auf einen Nenner gebracht: Achtsamkeit.<br />
Das Kind muss sich auf sein Verhalten im<br />
Strassenverkehr konzentrieren. Ablenkung<br />
ist gefährlich. Auf dem Trottoir sollte es<br />
nicht spielen, weder mit dem Ball noch mit<br />
dem Trottinett. Strassenverkehr und Trottoir<br />
sind keine Spielplätze. Zudem müssen sich<br />
die Eltern selber an die Regeln halten. Ihr<br />
Vorbild ist entscheidend für das Verhalten<br />
ihres Kindes.<br />
Was muss ein Kind beherrschen,<br />
damit man es guten Gewissens alleine<br />
gehen lassen kann?<br />
Wir nennen es «stabiles Verkehrsverhalten».<br />
Als Mutter oder Vater muss man sich darauf<br />
verlassen können, dass sich das Kind in den<br />
Situationen, die es antrifft, richtig verhält.<br />
Auf bekannten Wegen ist das einfacher als<br />
auf neuen. Letztlich hängt es auch vom<br />
Vertrauen in das Kind ab. Die einen muten<br />
ihm früh (zu) viel zu, andere sind (zu)<br />
beschützend. Einmal zu viel begleiten ist<br />
sicher besser als einmal zu wenig.<br />
Das Kind will alleine gehen, den Eltern<br />
ist nicht wohl dabei. Was raten Sie?<br />
Da sollte man ehrlich mit sich selbst<br />
sein: Bin ich zu ängstlich oder ist mein<br />
Kind wirklich noch nicht so weit? Überschätzt<br />
sich das Kind, dann muss es die<br />
Begleitung halt über sich ergehen lassen.<br />
Aber natürlich kann die Angst grösser sein,<br />
als sie begründet ist.<br />
Barbara Schürch<br />
leitet die Abteilung Bildung der bfu –<br />
Beratungsstelle für Unfallverhütung. Sie<br />
setzt sich unter anderem für einen guten<br />
Verkehrsunterricht an <strong>Schule</strong>n ein.<br />
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />
Frühjahr <strong>2017</strong>31
Schulweg<br />
Alles gut gegangen:<br />
Yannik wird freudig<br />
zu Hause erwartet.<br />
>>> Wer sich jedoch täglich im<br />
Strassenverkehr bewegt, weiss, dass<br />
diese Botschaft noch nicht bei allen<br />
Verkehrsteilnehmern angekommen<br />
ist. Was also tun? Die Kinder mit<br />
dem eigenen Auto zur <strong>Schule</strong> zu fahren,<br />
ist eine Reaktion auf die Gefahren.<br />
Eine andere wäre, etwas zur<br />
Entschärfung zu unternehmen –<br />
indem Eltern beispielsweise die<br />
Gemeindebehörden auffordern, den<br />
Schulweg sicherer zu machen. Das<br />
können bauliche Veränderungen<br />
sein oder ein Lotsendienst an besonders<br />
heiklen Stellen. Wenn Gemeinde-<br />
oder Schulbehörden aktiv werden<br />
müssen, dauert es länger, dafür<br />
dient die Lösung dann auch den<br />
kommenden Jahrgängen. Das Problem<br />
vieler Eltern ist aber, dass sie<br />
nicht auf eine Lösung warten können.<br />
Ihr Kind muss jetzt zur <strong>Schule</strong>,<br />
es muss heute die gefährliche Strasse<br />
überqueren.<br />
Der Schulweg unserer Kinder ist zu gefährlich –<br />
was können wir als Eltern tun?<br />
• Schliessen Sie sich mit anderen Eltern zusammen.<br />
• Dokumentieren Sie die Gefahr mit Fotos, Videos und Umfragen.<br />
• Kontaktieren Sie als Erstes die Schulpflege oder die Schulleitung.<br />
• Gelangen Sie erst an die Gemeindebehörden, wenn Sie nicht mehr weiterkommen.<br />
• Schlagen Sie den langwierigen Rechtsweg nur ein, wenn alles andere keine Lösung bringt.<br />
In Wangen bei Brüttisellen ZH wird der Dorfkern im Sommer <strong>2017</strong> zu einer Tempo-20-<br />
Begegnungszone umgewandelt. Damit wird Yanniks Schulweg erheblich ungefährlicher.<br />
Ein positives Beispiel dafür, was Eltern mit ihrem Engagement erreichen können.<br />
Begleitdienste haben Nachteile<br />
Wer deshalb also nicht warten will,<br />
kann sich privat organisieren, beispielsweise<br />
mit einem sogenannten<br />
Pedibus: Jeweils eine Mutter oder ein<br />
Vater begleitet die Kinder mehrerer<br />
Familien. Der Kinderzug hat feste<br />
Abgangszeiten, sodass die Eltern<br />
wissen, wann die Tochter oder der<br />
Sohn am vereinbarten Ort sein muss,<br />
um sich dem Pedibus anzuschliessen.<br />
Einen Nachteil aber haben alle<br />
Begleitdienste: Die Kinder lernen<br />
nicht, den Verkehr selber zu meistern,<br />
denn es ist ja die er wachsene<br />
Begleitperson, die schaut, dass nichts<br />
passiert. Bezeichnend ist die Aussage<br />
einer Erstklässlerin aus Adliswil<br />
32 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>
Erziehung & <strong>Schule</strong><br />
ZH: «Wenn ich allein gehe, dann<br />
passe ich auf. Wenn wir im Pedibus<br />
gehen, machen wir Quatsch.»<br />
Der Schulweg als Chance<br />
Viele Studien sind zum Schluss<br />
gekommen, dass Kinder am meisten<br />
lernen, wenn sie auf sich gestellt sind,<br />
sei es unterwegs in die <strong>Schule</strong> oder<br />
im freien Spiel. «Bei der eigenständigen<br />
Erkundung ihres Wohn- und<br />
Schulumfeldes werden Kinder selbständig<br />
und unabhängig», wie die<br />
Erziehungswissenschaftlerin Maria<br />
Limbourg schon vor mehr als zehn<br />
Jahren schrieb.<br />
Der 6-jährige Yannik hat viel<br />
gelernt auf seinem knapp 700 Meter<br />
langen neuen Schulweg. In einer<br />
Selbstverständlichkeit überquert er<br />
viel befahrene Strassen, kennt die<br />
sicherere Seite einer Strasse ohne<br />
Trottoir. Er orientiert sich mühelos<br />
in den Quartiersträsschen und<br />
weiss, wo er abbiegen muss. Auch<br />
wenn sich unterwegs Kameraden<br />
dazugesellen, behält er die flott<br />
durchs Dorf rollenden Autos im<br />
Auge. Auf diesem Weg wirkt Yannik<br />
um Jahre älter als beim Herumtollen<br />
mit seinem kleinen Bruder.<br />
Kinder, die ausschliesslich im<br />
Auto gefahren werden oder unter<br />
Aufsicht laufen, verpassen das.<br />
Ihnen entgehen Erkenntnisse und<br />
Erinnerungen, die sie vielleicht ein<br />
Leben lang begleiten. Dem gegenüber<br />
steht das Sicherheitsempfinden<br />
der Eltern. Denn sie tragen die Verantwortung.<br />
Die Entscheidung liegt<br />
letztlich bei den Müttern und<br />
Vätern, wie viel sie ihrem Kind zu -<br />
trauen – und wann und wo.<br />
>>><br />
Bei der eigenständigen<br />
Erkundung ihres Wohnumfeldes<br />
werden Kinder selbständig.<br />
Stefan Michel<br />
ist freier Journalist in Zürich. Seine Tochter,<br />
6, hat den längsten Schulweg ihrer Klasse,<br />
aber einen wesentlich ungefährlicheren als<br />
Yannik in Wangen bei Brüttisellen.<br />
Schulanfang<br />
Jupiii<br />
Nicht<br />
durchgeschlafen?<br />
Unkonzentriert<br />
in der <strong>Schule</strong>?<br />
OMIDA ® Hypalin Chügeli für Kinder bei Konzentrations schwäche,<br />
nervösen Erregungs- und Unruhezustände.<br />
OMIDA ® Schlafchügeli für Kinder bei Überreizung mit Schlaflosigkeit.<br />
Erhältlich in Drogerien und Apotheken. Lesen Sie die Packungsbeilage.<br />
OMIDA_Anz_Kinder_Schulanfang_190x123mm+3mmBE_D.indd 1 20.03.17 10:31
Erziehung & <strong>Schule</strong><br />
Du darfst spielen!<br />
Mit dem Übertritt in die Primarschule beginnt der «Ernst des Lebens», hiess es früher. Heute betonen<br />
Fachleute wie Karolin Weber, wie wichtig das Spielen auch nach dem ersten Schultag ist. Nicht nur zur<br />
Erholung, sondern um wichtige Fähigkeiten und Fertigkeiten zu lernen. Interview: Evelin Hartmann<br />
Das freie Spiel<br />
bleibt auch nach<br />
dem ersten<br />
Schultag für<br />
Kinder wichtig.<br />
Frau Weber, warum ist Spielen so<br />
wichtig in der Entwicklung eines<br />
Kindes?<br />
Bei kleinen Kindern ist das Spielen<br />
der Königsweg des Lernens. Indem<br />
sie im Spiel Dinge entdecken, selbst<br />
ausprobieren, Situationen nachspielen,<br />
lernen sie quasi ganz nebenbei.<br />
Ihre Aktivitäten werden dabei in<br />
erster Linie von ihren Interessen und<br />
der Motivation geleitet, die eigenen<br />
«In den Klassenzimmern von<br />
heute liegt mehr Spielmaterial<br />
bereit als früher.»<br />
Fähigkeiten zu erproben und zu er <br />
weitern. Im Spiel können sich viele<br />
Kinder über lange Zeit in eine selbst<br />
gestellte Aufgabe oder eine Rolle vertiefen,<br />
eine hohe Konzentration aufrechterhalten<br />
und spezifisches Wissen<br />
und Können erwerben.<br />
Gilt dies auch noch für Kinder im<br />
Primarschulalter?<br />
Das Spiel verändert sich mit der Reifung<br />
des Kindes. Es wird zielgerichteter,<br />
Regeln werden aufgestellt und<br />
beim Spielen eingehalten, das Spiel<br />
wird komplexer. Nehmen wir Legosteine<br />
als Beispiel: Zu Beginn steckt<br />
das Kleinkind die Steine irgendwie<br />
und zufällig zusammen. Nach ein bis<br />
zwei Jahren baut es Türme, die so<br />
gross sind wie es selbst, und irgendwann<br />
baut es komplexe Gebilde nach<br />
Bauanleitungen. Trotzdem bleibt die<br />
Grundfunktion die gleiche: Wenn es<br />
sich um echtes Spielen handelt, geht<br />
es nicht ums Lernen, sondern um<br />
das Spielen an sich. Das Lernen passiert<br />
nebenbei.<br />
Welche Eigenschaften werden im Spiel<br />
gefördert, speziell bei Kindern im frühen<br />
Primarschulalter?<br />
Ende der 90er-Jahre hat es in<br />
Deutschland Untersuchungen in<br />
ersten Primarschulkassen gegeben.<br />
Dabei kam heraus, dass diejenigen<br />
Kinder, die während des Unterrichts<br />
auch regelmässig frei spielen durften,<br />
dass heisst sich aussuchen durften,<br />
was beziehungsweise womit sie spielen,<br />
stärker in den sogenannten<br />
Lernbegleitprozessen wie beispielsweise<br />
Durchhaltevermögen, Konzentra<br />
tion, Kreativität waren als<br />
Kinder der Klassen, die dies nicht<br />
durften – ohne Defizite im Fachlichen<br />
zu haben.<br />
Und diese Kompetenzen sind wichtig<br />
für das Lernen?<br />
Fachliches Lernen wäre ohne diese<br />
Kompetenzen gar nicht möglich.<br />
Nun hat man den Eindruck, dass das<br />
freie Spielen mit dem Übertritt in die<br />
Primarschule zugunsten des fachlichen<br />
Lernens stark in den Hintergrund<br />
rückt. Ist das auch Ihre Erfahrung?<br />
Wenn man sich die Entwicklung der<br />
letzten zehn Jahre anschaut, glücklicherweise<br />
nicht. In den Klassenzimmern<br />
liegt mehr Spielmaterial<br />
bereit als früher. Aber es ist schon<br />
so: Die Möglichkeiten des Kindes,<br />
auch ge zielt und bewusst zu lernen,<br />
nehmen in diesem Alter zu – und<br />
Bild: Keystone<br />
34 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>
werden im Lehrplan berücksichtigt.<br />
Das Spiel behält seine Bedeutung,<br />
wird aber mehr und mehr durch<br />
zielgerichtetes Lernen ergänzt.<br />
Es ist auch für Lehrer aufwendiger,<br />
den Unterricht so zu gestalten, dass<br />
Kinder sich die Lerninhalte spielerisch<br />
aneignen.<br />
Und es ist schwieriger, die Lernschritte<br />
und Erfolge zu beobachten.<br />
Aber es lohnt sich! Ein sehr abrupter<br />
Wechsel vom vorwiegend selbst<br />
gewählten Spiel wie im Kindergarten<br />
zum zielgerichteten, diktierten Lernen<br />
ist eine sehr grosse Umstellung.<br />
Die Kinder haben in den ersten<br />
Monaten in der <strong>Schule</strong> ein grösseres<br />
Aktivitätsbedürfnis, da sie mehr sitzen,<br />
aufmerksamer sein müssen als<br />
im Kindergarten. Sie wollen draussen<br />
sein, frei spielen. Andererseits<br />
ist ein «schulfähiges» Kind in der<br />
Regel in der Lage, sich auf die Anforderungen<br />
des schulischen Alltags<br />
einzulassen. Lernen ist ein Bedürfnis.<br />
Je besser die <strong>Schule</strong> auf die verschiedenen<br />
Lernwege und Voraussetzungen<br />
der Kinder eingeht, desto<br />
leichter fällt den Kindern die Umstellung.<br />
Ihre Motivation zu lernen<br />
bleibt oder steigert sich sogar noch.<br />
Wie wichtig ist es, dass auch die Eltern<br />
ihre Kinder nachmittags weiterhin frei<br />
spielen lassen?<br />
Sehr wichtig. Eltern wie Lehrer müssen<br />
das Bewusstsein entwickeln, dass<br />
Kinder nicht nichts tun, wenn sie<br />
spielen. Spielen ist mehr als nur Ausruhen<br />
und braucht Zeit. In dieser Zeit<br />
suchen sich Kinder selbstgesteuert<br />
und aus eigener Motivation heraus<br />
eine für sie sinnvolle Beschäftigung.<br />
Das ist eine nicht zu unterschätzende<br />
Leistung.<br />
Welches sind geeignete Spiele für<br />
Kinder im frühen Primarschulalter?<br />
Das können ganz unterschiedliche<br />
Brettspiele, Rollenspiele und vor<br />
allem Bewegungsspiele sein, Ballspielen,<br />
Toben, Velofahren, Skateboarden.<br />
Wichtig ist, dass Kinder<br />
nicht vorgegeben bekommen, was<br />
sie spielen sollen, sondern frei wählen<br />
können.<br />
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong> Frühjahr <strong>2017</strong><br />
Anzeige<br />
Gut markiert in<br />
die <strong>Schule</strong>!<br />
Namensaufkleber, Bügeletiketten<br />
und Textilaufkleber in unterschiedlichen<br />
Größen und Farben. Spül- bzw. waschmaschinenfest.<br />
Speziell für <strong>Schule</strong> und<br />
Kindergarten praktische Kombipakete<br />
mit diversen Etiketten.<br />
Tipp: Auch ein schönes<br />
Geschenk für<br />
die Schultüte!<br />
Kunden über Gutmarkiert: Ausgezeichnet<br />
Beurteilungen<br />
7813 über Gutmarkiert<br />
9.6 / 10<br />
Wasserfest<br />
Was halten Sie von Spielen, die das<br />
Lernen fördern sollen, also von so <br />
genannten Lernspielen.<br />
Nicht viel. In der Regel geht es nicht<br />
mehr um das Spielen an sich, es verkommt<br />
zum Mittel zum Zweck. Das<br />
wird von Kindern schnell enttarnt.<br />
Und was ist mit Computerspielen?<br />
Solche Spiele erfüllen oft genau die<br />
Voraussetzungen, um sich über längere<br />
Zeit zu vertiefen und zu beschäftigen.<br />
Anspannung und Entspannung<br />
sind meist in einem optimalen<br />
Verhältnis, und das Erfolgserlebnis<br />
erfolgt sehr schnell und in grosser<br />
Zahl. Das stimuliert und macht<br />
zufrieden. Andererseits macht es<br />
aber auch einseitig abhängig. Darum<br />
gilt: Computerspiele gehören dazu,<br />
aber in einem kleinen und kontrollierten<br />
Rahmen.<br />
Inwiefern wird das freie Spiel im Lehrplan<br />
21 berücksichtigt?<br />
Für die Vorschulstufe wird im Lehrplan<br />
21 das Spiel als wichtiges Element<br />
der Entwicklung und des Lernens<br />
explizit in den Vordergrund<br />
gestellt.<br />
Und in der Primarschule?<br />
Auch auf der Primarstufe ist es nach<br />
wie vor möglich, gewisse Inhalte<br />
spielerisch zu lernen und zu üben.<br />
Viel wichtiger als der Lehrplan sind<br />
in dieser Frage das Methodenrepertoire<br />
und die Grundeinstellung der<br />
Lehrpersonen. Aber es gilt auch hier:<br />
Spiel kann nicht verordnet werden,<br />
weder von noch für Lehrpersonen.<br />
Mia Fischer<br />
Keine giftigen<br />
Farbstoffe<br />
Mikrowellengeeignet<br />
Spülmaschinenfest<br />
Schnelle<br />
Lieferung<br />
www.gutmarkiert.ch<br />
Zur Person<br />
Karolin Weber ist Kindergartenlehrperson,<br />
Mitglied der Redaktion 4bis8, Fachzeitschrift<br />
für Kindergarten und Unterstufe, und<br />
Mitautorin des Lehrplans 21.<br />
Elias Schäfer<br />
Lucas<br />
Anna<br />
Sophie<br />
01714567890<br />
gutmarkiert©<br />
Jetzt<br />
versandkostenfrei<br />
mit Code<br />
GM-FF-17<br />
Gültig bis 31.12.<strong>2017</strong>.
Erziehung & <strong>Schule</strong><br />
Freundschaften lassen sich<br />
nicht erzwingen<br />
Der Schulbeginn ist ein grosser Schritt, bei dem die ganze Familie mitfiebert. Alle hoffen,<br />
dass das Kind leicht lernt und die Freude an der <strong>Schule</strong> anhält. Wichtig ist aber auch, dass<br />
sich Kinder gut in die Klassengemeinschaft einfügen und Freunde finden. Text: Susan Edthofer<br />
«Kinder möchten sich<br />
ihre Freunde selber<br />
aussuchen und haben<br />
dafür eigene Massstäbe.»<br />
Susan Edthofer ist Redaktorin im Bereich Kommunikation<br />
von Pro Juventute.<br />
Nur noch drei Mal schlafen, bis ich zur<br />
<strong>Schule</strong> gehe», erzählt Tim seiner Grossmama<br />
voller Stolz. Auch Sophia und<br />
Emilie können den Schulbeginn kaum<br />
erwarten. Die beiden haben miteinander<br />
den Kindergarten besucht und sind Freundinnen. Der<br />
sechsjährige David ist hingegen eher schüchtern. Neue<br />
Situationen und Veränderungen bereiten ihm Mühe.<br />
Obwohl er sich auf die <strong>Schule</strong> freut und lesen und<br />
schrei ben lernen möchte, hat er Angst. Vor dem Einschlafen<br />
spricht er aus, was ihn beschäftigt. «Meinst du,<br />
die anderen Kinder sind nett und mögen mich und wollen<br />
mit mir spielen?», fragt er seinen Vater besorgt.<br />
Anfangs fühlen sich Kinder meist etwas verloren<br />
Als die Lehrerin am ersten Schultag die Schulhaustüre<br />
öffnet, blickt sie in lauter erwartungsvolle Gesichter.<br />
Unterschiedliche Stimmungen, aber auch Unsicherheit<br />
spiegeln sich in ihnen. Unbekümmert plappern die einen<br />
Kinder, zappelig hüpfen die anderen herum, still und in<br />
sich gekehrt umklammern einige die Hand von Mama<br />
oder Papa. Im Schulzimmer sind auf den Pulten bunt<br />
bemalte Namensschildchen verteilt, und jedes Kind soll<br />
sich seinen Sitzplatz suchen. Für Sophia und Emilie<br />
bedeuten die vorgegebenen Plätze eine herbe Enttäuschung,<br />
da sie nebeneinandersitzen wollten. Dieses<br />
Unbehagen bleibt von der Lehrerin nicht unbemerkt.<br />
Sie erklärt den beiden, dass auch andere Kinder die<br />
Mädchen kennenlernen möchten. Sogleich erhellen sich<br />
die Mienen der Freundinnen.<br />
Nach dem geschützten Rahmen des Kindergartens<br />
fühlen sich die Erstklasskinder im grossen Schulhaus<br />
meist noch etwas verloren. Umso besser, wenn sie von<br />
den Lehrerinnen und Lehrern behutsam in diese neue<br />
Welt eingeführt werden. Doch bis sich der Schulalltag<br />
eingependelt und sich ein Gemeinschaftsgefühl gebildet<br />
hat, braucht es Zeit, Geduld und Verständnis. Denn erst<br />
müssen sich die Kinder an den Tagesablauf gewöhnen<br />
und sich in der neu zusammengewürfelten Klasse<br />
zurechtfinden. Während sie im Kindergarten zuletzt zu<br />
den Grossen gehört haben, sind sie jetzt in der <strong>Schule</strong><br />
in der «Hackordnung» wieder nach unten gerutscht.<br />
Übungsfeld Pause<br />
Auch der Pausenplatz ist Neuland. Schüchtern stehen<br />
die Erstklässlerinnen und Erstklässler in der Pause etwas<br />
abseits. Um sich an dieses neue Umfeld zu gewöhnen,<br />
essen die Kinder ihr Znüni beispielsweise im Schulzimmer.<br />
Die Pause ist dem Spielen vorbehalten. Oder sie<br />
bekommen ältere Schulkinder als Gotte oder Götti an<br />
die Seite gestellt. Deren Aufgabe ist es, darauf zu achten,<br />
dass sich die Erstklasskinder in der Pause wohlfühlen<br />
und mitspielen dürfen. So kann es vorkommen, dass<br />
man in den ersten Wochen ziemlich ungleiche Paare<br />
miteinander spielen sieht. Mit Hilfe dieser Freundschaften<br />
werden die jüngeren Kinder in die Pausenplatzkultur<br />
eingeführt, während die Grösseren lernen sollen,<br />
Verantwortung zu tragen und Rücksicht zu nehmen.<br />
Doch auch wenn Lehrpersonen dieses Miteinander<br />
begleiten: Konfliktfrei gestaltet sich der Schulalltag<br />
kaum. Früher oder später gibt es Momente, die schwierig<br />
sind, und jedes Kind wird Enttäuschungen verkraften<br />
müssen. Zum Beispiel wenn Thea merkt, dass sie<br />
weniger schön schreibt als Anna, oder Lars kein so tol-<br />
36 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>
les Pferd zeichnet wie Nora oder Tim nicht so kräftig ist<br />
wie Lukas. Vergleiche mit Freundinnen und Freunden<br />
oder Auseinandersetzungen in der Klasse gehören dazu.<br />
Nicht nur die Kinder, auch die Kinderfreundschaften<br />
verändern sich im Laufe des Aufwachsens.<br />
Zu einer Gemeinschaft zusammenwachsen<br />
Für das Wohlbefinden und den Lernerfolg des einzelnen<br />
Kindes spielen das Klassenklima und der Zusammenhalt<br />
in der Klasse eine wesentliche Rolle. Freundschaften<br />
sind wichtig, doch sie lassen sich nicht erzwingen. Wie<br />
bei den Erwachsenen spielen Sympathie und Antipathie<br />
mit. In der <strong>Schule</strong> lernen die Kinder, gewisse Regeln<br />
einzuhalten und einander mit Respekt zu begegnen.<br />
Schliesslich kann man miteinander auch klarkommen,<br />
ohne enger befreundet zu sein. Viele Eltern sind sich zu<br />
wenig bewusst, dass Kinderfreundschaften oft unverbindlich<br />
und einfach zweckmässig sind: Man wohnt in<br />
der Nähe, verfolgt die gleichen Interessen, ergänzt sich<br />
gut und profitiert voneinander. Gerade bei jüngeren<br />
Kindern sind Freundschaften spontan, kurzfristig und<br />
dauern vielleicht bloss eine Spielsequenz: «Ich bin deine<br />
Freundin und darum darf ich mitspielen.»<br />
Manchmal machen sich Eltern Sorgen, weil sie über<br />
die Wahl der Freunde nicht unbedingt glücklich sind.<br />
«Warum hat der scheue Benjamin ausgerechnet den<br />
Klassenclown zum Freund auserkoren?», fragt sich seine<br />
Mutter mit einem Kopfschütteln. Doch Gegensätze<br />
ziehen sich an, und so sucht das Kind möglicherweise<br />
genau einen Gegenpol zu sich selbst. Das ist vielleicht<br />
auch der Grund, weshalb sich Lisa pausenlos von ihrer<br />
Freundin Anna herumkommandieren lässt.<br />
Im Umgang mit Freundschaften unter Kindern empfiehlt<br />
sich Gelassenheit. Kinder merken, dass Freundschaften<br />
sie stärken, und suchen sich Verbündete, mit<br />
denen sie spielen, lachen, Unsinn machen und Geheimnisse<br />
austauschen können.<br />
5 Fakten zum Thema Kinderfreundschaften,<br />
die Eltern wissen sollten<br />
Der themenspezifische<br />
Elternbrief von<br />
Pro Juventute begleitet<br />
Eltern und Kinder<br />
beim Übergang vom<br />
Kindergarten in<br />
die <strong>Schule</strong>.<br />
• Bei jungen Kindern sind Freundschaften oft bloss zweckgebunden<br />
und dauern nur kurz. Erst mit dem Älterwerden bildet sich zwischen<br />
Freundinnen und Freunden auch eine emotionale Verbundenheit.<br />
• Eltern sollten sich möglichst wenig in Kinderfreundschaften<br />
einmischen. Kinder möchten sich ihre Freunde selber<br />
aussuchen und setzen oft andere Massstäbe als ihre Eltern.<br />
• Entstehen Konflikte, sollten Erwachsene sich zurückhalten und<br />
erst einmal beobachten, wie die Kinder mit der Situation umgehen.<br />
• Kinder sollten Probleme mit Gleichaltrigen selber lösen lernen und<br />
Schwierigkeiten mit ihren eigenen Strategien angehen.<br />
• Indem Eltern die Sorgen und Nöte teilen und gleichzeitig darauf<br />
vertrauen, dass das Kind seinen Weg meistert, wird es gestärkt,<br />
um sich in einer Gemeinschaft zurechtzufinden.<br />
Pro Juventute Elternberatung und Beratung + Hilfe 147<br />
Bei der Elternberatung von Pro Juventute können Fragen zum Familienalltag<br />
und zur Erziehung jederzeit telefonisch (<strong>05</strong>8 261 61 61) oder per Mail<br />
(www.projuventute-elternberatung.ch) gestellt werden. Es fallen nur die<br />
normalen Telefongebühren an. Mit allem, was sie bewegt, können sich Kinder<br />
und Jugendliche vertraulich, kostenlos und rund um die Uhr an die<br />
Pro Juventute Beratung + Hilfe 147 wenden.<br />
1O °<br />
° °<br />
Rabatt *<br />
*<br />
Ihr Rabatt-Code:<br />
FritzFraenzi17<br />
Entspannter<br />
Schulstart<br />
Mit den wasserfesten, personalisierbaren Namensstickern im<br />
Wunsch design Ihres Kindes sparen Sie Zeit beim Beschriften<br />
des Schulmaterials und schonen langfristig Ihre Nerven<br />
sowie Ihr Budget.<br />
Jetzt gleich online bestellen<br />
und von 10 % Rabatt* profitieren.<br />
Gültig * bis einschl. 30.06.<strong>2017</strong>. Nicht mit<br />
anderen Gutscheinen kombinierbar.<br />
st_Entspannter-Schulstart_Anzeige_190x59mm_RZ2.indd 1 31.03.17 10:52
Das Frühstück –<br />
die Kraftquelle für mein Schulkind<br />
Wer in die <strong>Schule</strong> geht, braucht Energie. «Die holen sich Primarschüler am besten in Form einer<br />
ausgewogenen, vielfältigen Ernährung», sagt Marianne Honegger vom Schulärztlichen Dienst<br />
der Stadt Zürich. Die Ernährungsberaterin erklärt, wie ein optimales Znüni aussieht und wie<br />
Eltern kleine Frühstücksmuffel zum Essen motivieren. Interview: Evelin Hartmann Bilder: Martina Meier<br />
Bild: Martina Meier<br />
38 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>
Ernährung & Gesundheit<br />
Frau Honegger, wie sieht eine sinnvolle<br />
Ernährung von Schulkindern aus?<br />
Vielseitig, farbenfroh und alle<br />
Lebensmittelgruppen berücksichtigend.<br />
Empfohlen werden beispielsweise<br />
zwei Portionen Obst und drei<br />
Portionen Gemüse am Tag. Diese<br />
liefern eine Vielzahl an Vitaminen,<br />
Mineralstoffen, Nahrungsfasern<br />
sowie sekundäre Pflanzenstoffe.<br />
Stärkeprodukte in der Vollkornvariante<br />
wie Reis, Getreideflocken,<br />
Brot oder Kartoffeln liefern Kohlenhydrate,<br />
Mineralstoffe und Nahrungsfasern.<br />
Milchprodukte, Hülsenfrüchte,<br />
Fleisch, Fisch und Eier<br />
ergänzen die Mahlzeit mit Eiweiss.<br />
Fette und Öle liefern essenzielle Fettsäuren.<br />
Aber welche Nährstoffe gelten als<br />
besonders wichtig in diesem Alter?<br />
Auch für Kinder gelten die Empfehlungen<br />
der Lebensmittelpyramide,<br />
wenn die Mengen entsprechend<br />
angepasst werden. Besonders wichtig<br />
im Wachstum ist eine gute Versorgung<br />
mit Kalzium und Vitamin<br />
D, denn diese beiden Stoffe unterstützen<br />
den optimalen Aufbau der<br />
Knochen. Die beste Kalziumquelle<br />
stellen Milch und Milchprodukte<br />
wie Joghurt und Käse dar. Über einige<br />
Gemüsearten wie Brokkoli, Grünkohl,<br />
Fenchel und Lauch kann der<br />
Körper ebenfalls gut Kalzium aufnehmen.<br />
Vitamin D übrigens wird<br />
– unter dem Einfluss der Sonne – zu<br />
rund 90 Prozent in der Haut gebildet.<br />
Auch deshalb ist viel Bewegung<br />
im Freien für Kinder so wichtig!<br />
Was und wie viel sollten Kinder in diesem<br />
Alter trinken?<br />
Über den Tag verteilt etwa einen<br />
Liter, an besonders aktiven oder<br />
heissen Tagen natürlich mehr – vorzugsweise<br />
Leitungswasser oder<br />
ungezuckerten Tee.<br />
Sprechen wir über die erste Mahlzeit<br />
des Tages. Wie sollte ein optimales<br />
Frühstück aussehen?<br />
Frühstück und Znüni sollten Energie<br />
liefern, die bis zum Mittagessen<br />
anhält. Mit diesen Lebensmitteln<br />
sind alle Nährstoffe abgedeckt:<br />
«Wenn das Frühstück in<br />
der Familie seinen festen<br />
Platz hat, gehört es auch für<br />
die Kinder zum Alltag.»<br />
Getreideprodukte, möglichst Vollkornbrot,<br />
Ruchbrot oder Haferflocken,<br />
Müeslimischungen mit keinem<br />
oder möglichst geringem Zuckergehalt,<br />
ein Glas Milch oder eine<br />
Portion Frischkäse, Käse oder Jo <br />
ghurt nature. Zusätzlich ein Stück<br />
Obst oder ein Deziliter ungezuckerter<br />
Fruchtsaft. Als Brotaufstrich<br />
empfehlen wir etwas Butter oder<br />
Margarine, Konfitüre oder Honig.<br />
Und gefrühstückt wird in Ruhe<br />
gemeinsam am Familientisch.<br />
Gemeinsame Mahlzeiten sind wichtig.<br />
Sie bieten Kindern die Möglichkeit,<br />
in Ernährungsfragen von ihren<br />
Eltern zu lernen. Aber ein ausgedehntes<br />
Familienfrühstück ist, mit<br />
Ausnahme des Wochenendes, im<br />
Alltag kaum umsetzbar. Wichtig ist<br />
also, dass Eltern ihren Kindern ein<br />
vollwertiges Frühstück anbieten.<br />
Was tun mit Frühstücksmuffeln?<br />
Wenn das Frühstück in der Familie<br />
seinen festen Platz hat, gehört es<br />
auch für die Kinder zum Alltag. Was<br />
wir aber alle kennen: Wenn wir ausgeschlafen<br />
sind und Zeit haben,<br />
haben wir mehr Appetit auf ein ausgewogenes<br />
Frühstück als an einem<br />
– vielleicht hektischen – Wochentag,<br />
an dem alle früh aus dem Haus müssen.<br />
Für Kinder, denen es schwerfällt,<br />
am Morgen etwas zu essen, empfehlen<br />
wir, zumindest etwas zu trinken.<br />
Mit einem Glas Milch oder einem<br />
ungezuckerten Fruchtsaft werden<br />
gleichzeitig auch Energie und Nährstoffe<br />
getrunken.<br />
Und das Znüni sollte dann etwas<br />
reichhaltiger gestaltet werden.<br />
Genau, dann kann der Rest des Frühstücks<br />
beim Znüni nachgeholt werden.<br />
Wenn Eltern jedoch die Möglichkeit<br />
haben, schon frühmorgens<br />
immer wieder verschiedene Frühstücksvarianten<br />
anzubieten und auszuprobieren,<br />
kann sich diese Geduld<br />
lohnen.<br />
Welche Lebensmittel gehören in eine<br />
Znünibox?<br />
Idealerweise gehören zum Znüni ein<br />
ungesüsstes Getränk sowie eine<br />
Frucht oder ein Gemüse. Bei Frühstücksmuffeln<br />
kann zusätzlich ein<br />
Stück Vollkornbrot oder ein kleines<br />
Sandwich angeboten werden. Für<br />
das Zvieri gilt das Gleiche. Kindern,<br />
die diese Zwischenmahlzeiten regelmässig<br />
stehen lassen, kann man das<br />
Obst in mundgerechte Stücke ge <br />
schnitten mitgeben oder selbst kreierte<br />
«Kinderspiesse» oder «Räuberbrote»<br />
einpacken. Fragen Sie Ihre<br />
Kinder, was sie aus der grossen Auswahl<br />
von sinnvollen Znünis gerne<br />
essen. Können sie mitbestimmen,<br />
erhöht sich gerade bei Znünimuffeln<br />
die Wahrscheinlichkeit, dass die<br />
Zwischenmahlzeit auch gegessen<br />
wird.<br />
Dass gezuckerter Eistee, Schokoriegel<br />
oder Butterkekse fürs Znüni ungeeignet<br />
sind, versteht sich von selbst.<br />
Aber was können Eltern mitgeben,<br />
denen morgens die Zeit fehlt, ein<br />
feines Sandwich zu schmieren oder<br />
kreative Obst-Gemüse-Spiesse zu<br />
gestalten?<br />
Ein Apfel ist schnell gewaschen, ein<br />
Rüebli schnell geschält und zusammen<br />
mit einer Handvoll Nüssen,<br />
einigen Vollkorncrackern oder<br />
einem Stück Brot in die Znünibox<br />
gepackt.<br />
Wie steht es um Lifestyle-Produkte<br />
wie Smoothies? Sind diese eine<br />
schnell griffbereite, gesunde Alternative?<br />
Grundsätzlich gilt: Je unverarbeiteter<br />
ein Lebensmittel ist, desto empfehlenswerter<br />
ist es. Es ist aber nichts<br />
dagegen einzuwenden, hin und wieder<br />
eine Portion Obst durch einen<br />
Smoothie zu ersetzen. Allerdings<br />
sollte davon nicht mehr als ein Deziliter<br />
pro Tag getrunken werden, da<br />
sie Fruchtzucker in sehr komprimierter<br />
Form enthalten. >>><br />
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />
Frühjahr <strong>2017</strong>39
Bild: Martina Meier<br />
Dos and Don’ts<br />
Ein gesundes Znüni und Zvieri<br />
• enthält immer Wasser oder ungesüssten<br />
Kräuter- oder Früchtetee<br />
• besteht aus einer Frucht und/oder einem Gemüse,<br />
ist bunt zusammengestellt und zuckerfrei<br />
• kann je nach körperlicher Anstrengung und<br />
Hungergefühl durch ein Getreide- und/oder<br />
Milchprodukt sowie mit Nüssen ergänzt werden<br />
• besteht idealerweise aus Produkten der Saison<br />
Nicht regelmässig – aber ab und zu<br />
• exotische Früchte wie Mango, Ananas, Papaya, am<br />
besten in Bioqualität<br />
• Trockenfrüchte<br />
• Fleisch und Fleischprodukte wie Trockenfleisch und<br />
Schinken, dabei die fettarmen Varianten wählen<br />
• Fruchtsaft, gemischt mit Wasser<br />
Nicht empfehlenswert<br />
• Schokoladen-, Milch- und Getreideriegel<br />
• Gipfeli, Zopf, weisses Toastbrot<br />
• gezuckerte Frühstückscerealien<br />
• Biskuits<br />
• Süssgetränke wie Eistee, Sirup, Cola, Energydrinks,<br />
künstlich gesüsste Getränke (Lightprodukte)<br />
• gesüsste, aromatische Milchmixgetränke<br />
(wie Schokodrink)<br />
• fette oder stark gesalzene Produkte wie<br />
Salzstangen, Chips, gesalzene Nüsse<br />
Quelle: Gesundheitsförderung Schweiz<br />
40 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>
Ernährung & Gesundheit<br />
>>> Nun kann ich meinem Kind Und was können Eltern tun, deren Kinder<br />
noch so gesunde Znüni mitgeben,<br />
wenn das Gspänli in der Pause die<br />
süssen Leckereien auspackt, wird<br />
mein Kind unweigerlich nach diesen<br />
greifen ...<br />
… und den gesunden Apfel wieder<br />
mit nach Hause bringen. Das ist so.<br />
Und wenn das hin und wieder vorkommt,<br />
ist das auch kein Problem.<br />
Zu einer ausgewogenen Ernährung<br />
gehören auch Süssigkeiten – in Massen.<br />
Wenn dies allerdings zur Regel<br />
wird, würde ich mit meinem Kind<br />
besprechen, was es gerne als Zwischenmahlzeit<br />
essen würde. Meist<br />
können sich Eltern und Kind auf ein<br />
Znüni einigen, das gesund ist und<br />
sich über Jahre hinweg an süsse,<br />
fettige Lebensmittel gewöhnt haben<br />
und nun kaum noch etwas anderes<br />
mögen?<br />
Eine Veränderung der Geschmacksvorlieben<br />
braucht Zeit und muss<br />
langsam angegangen werden. Man<br />
kann beispielsweise das süsse Knuspermüsli<br />
mit ungesüssten Getreideflocken<br />
mischen und das Mischverhältnis<br />
langsam zugunsten der<br />
Getreideflocken verändern. Und bei<br />
Obst- und Gemüsemuffeln gilt:<br />
Geduld haben und immer wieder<br />
anbieten. Zwang bringt nichts, mit<br />
gutem Beispiel vorangehen bewirkt<br />
viel mehr!<br />
dem Kind schmeckt.<br />
>>><br />
Zu einer ausgewogenen<br />
Ernährung gehören auch<br />
Süssigkeiten – in Massen.<br />
Zur Person<br />
Marianne Honegger ist Ernährungsberaterin<br />
FH im Schulärztlichen Dienst der Stadt Zürich.
Kolumne<br />
Noah fühlt sich in der <strong>Schule</strong><br />
nicht wohl<br />
Der siebenjährige Noah hat eine totale Abneigung gegen die <strong>Schule</strong>. Jeden Morgen<br />
beginnt für ihn ein neuer Kampf, er ist so traurig und verzweifelt, dass er sterben möchte.<br />
Noahs besorgte Mutter bittet Jesper Juul um Rat.<br />
Jesper Juul<br />
ist Familientherapeut und Autor<br />
zahlreicher internationaler Bestseller<br />
zum Thema Erziehung und Familien.<br />
1948 in Dänemark geboren, fuhr er<br />
nach dem Schulabschluss zur See, war<br />
später Betonarbeiter, Tellerwäscher<br />
und Barkeeper. Nach der<br />
Lehrerausbildung arbeitete er als<br />
Heimerzieher und Sozialarbeiter<br />
und bildete sich in den Niederlanden<br />
und den USA bei Walter Kempler zum<br />
Familientherapeuten weiter. Seit 2012<br />
leidet Juul an einer Entzündung der<br />
Rückenmarksflüssigkeit und sitzt im<br />
Rollstuhl.<br />
Jesper Juul hat einen erwachsenen<br />
Sohn aus erster Ehe und ist in zweiter<br />
Ehe geschieden.<br />
Eine besonders verantwortungsvolle<br />
Mutter<br />
mit drei Kindern, To <br />
bias, 10, Ronja, 8, und<br />
Noah, 7, schreibt, wie<br />
sehr sie die Einschulung ihres Sohnes<br />
Noah beschäftigt. Ihr Sohn findet<br />
es schwierig, in die <strong>Schule</strong> zu<br />
gehen. Jeden Morgen ist es für ihn<br />
ein Kampf, sich für die <strong>Schule</strong> bereit<br />
zu machen. Noah ist richtig traurig<br />
und verzweifelt, dass er nun nicht<br />
mehr so viel Zeit zum Spielen hat.<br />
Die Ansprüche der <strong>Schule</strong> verunsichern<br />
ihn stark. Die Mutter fragt<br />
sich, was hinter dieser Abneigung<br />
gegenüber der <strong>Schule</strong> steckt, und ist<br />
selber verunsichert. Es macht sie<br />
traurig, dass es ihrem Sohn so er <br />
geht. Noah hat auch schon ausgesprochen,<br />
dass er sterben möchte.<br />
Seine Geschwister haben den <strong>Schule</strong>intritt<br />
jeweils als etwas Positives<br />
Es geht nicht um einen<br />
Buben, der seine Lehrperson<br />
nicht mag, sondern um ein<br />
Kind, das mit der Realität<br />
der <strong>Schule</strong> überfordert ist.<br />
empfunden. Die Mutter bittet Jesper<br />
Juul um seine Überlegungen.<br />
Jesper Juul antwortet<br />
Sie teilen das Schicksal mit vielen<br />
Eltern. Denn für Eltern ist der Übergang<br />
ihrer Kinder in die <strong>Schule</strong> oft<br />
dramatisch, und sie suchen einen<br />
konstruktiven Weg, um mit der<br />
neuen Situation umzugehen. Ihre<br />
Zeilen lassen mich vermuten, dass<br />
Sie sich um geliebte Menschen sehr<br />
fürsorglich und rücksichtsvoll kümmern.<br />
(…)<br />
Aber nun zu Noah: Er ist ein Bub,<br />
der sich wohl etwas langsamer entwickelt<br />
als seine Geschwister. Das<br />
macht ihn zum Opfer mütterlichen<br />
Schutzes und der Rechenschaftspflicht.<br />
Und jetzt hat er ernsthafte<br />
Probleme damit, in die <strong>Schule</strong> zu<br />
gehen. Was ausreicht, um sowohl<br />
Vater als auch Mutter um den nächtlichen<br />
Schlaf zu bringen.<br />
Auch wenn es jetzt etwas grausam<br />
klingt, sollten Ihnen dennoch<br />
Noahs zwei grosse Probleme be <br />
wusst sein: Das erste ist, dass er<br />
nicht gerne in die <strong>Schule</strong> geht. Das<br />
zweite, dass sein Selbstbild sehr<br />
schnell kippen kann, weil er sich<br />
ständig mit seinen Geschwistern<br />
vergleicht. Darüber hinaus verletzen<br />
seine Gefühle jene seiner Mutter,<br />
was wohl das Letzte ist, was er will.<br />
Illustration: Petra Dufkova/Die Illustratoren<br />
42 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>
Deshalb denkt er, dass das Leben<br />
nicht lebenswert ist. Das bedeutet<br />
allerdings nicht, dass er einen<br />
Selbstmord plant, sondern nur, dass<br />
er sein Leben, so wie es jetzt ist,<br />
nicht aushält.<br />
Das ist nicht seltsam oder aussergewöhnlich<br />
für Kinder. Noah weiss,<br />
dass er in die <strong>Schule</strong> gehen muss.<br />
Und es ist für ihn im Moment un <br />
vorstellbar, das die nächsten zehn<br />
Jahre oder mehr auszuhalten. (…)<br />
Der ideale Weg zu einer Lösung<br />
mag im derzeitigen Schulsystem<br />
völlig unrealistisch erscheinen, ich<br />
erwähne ihn aber trotzdem: Sprechen<br />
Sie mit Noahs Klassenlehrperson<br />
und bitten Sie sie zu sich nach<br />
Hause. Noahs Erfahrungen in der<br />
<strong>Schule</strong> sind so negativ, dass er in der<br />
<strong>Schule</strong> kaum wahrnimmt, was die<br />
Lehrperson zu ihm sagt. Ausserdem<br />
ist ein Besuch zu Hause im Interesse<br />
aller Beteiligten: Wenn Sie die Lehrperson<br />
davon überzeugen können,<br />
eine Stunde ihrer Zeit für einen<br />
Hausbesuch zu investieren, wird sie<br />
sich in den kommenden Jahren viele<br />
Stunden an Konflikten, viele<br />
Erklärungen und Gespräche ersparen.<br />
Hier geht es nicht um einen<br />
Buben, der seine Lehrperson nicht<br />
mag, sondern um ein Kind, das mit<br />
der Realität der <strong>Schule</strong> an sich überfordert<br />
ist. Dennoch sind die beiden<br />
«Hauptparteien» in diesem Konflikt<br />
Noah selbst und die <strong>Schule</strong>. Die<br />
Lehrperson personifiziert für Noah<br />
die <strong>Schule</strong>.<br />
Ich würde dem Lehrer oder der<br />
Lehrerin daher zu folgendem Ge <br />
sprächseinstieg raten: «Noah, deine<br />
Mama glaubt, dass es für dich<br />
megaschwer ist, in die <strong>Schule</strong> zu<br />
gehen. Das macht uns traurig. Denn<br />
wir wünschen uns, dass es den Kindern<br />
in der <strong>Schule</strong> Spass macht und<br />
dass sie es dort spannend finden.<br />
Aber wie es scheint, ist das bei dir<br />
nicht so. Deine Mama hat dir sicher<br />
schon gesagt, dass alle Kinder in die<br />
<strong>Schule</strong> gehen müssen, egal ob sie<br />
wollen oder nicht. Ich bin heute hier,<br />
Eltern sollten abseits von ihrem<br />
Kind stehen und ihm ihre<br />
Lebenserfahrung anbieten.<br />
um dir zu zeigen, dass ich alles tun<br />
möchte, um euch zu helfen. Vielleicht<br />
können wir, wenn wir miteinander<br />
reden, herausfinden, wie du<br />
mir und den anderen Lehrpersonen<br />
dabei helfen kannst.»<br />
Auf diese Weise kann die Lehrperson<br />
im Auftrag der <strong>Schule</strong> die<br />
Initiative ergreifen, damit Noah<br />
geholfen wird. Noah kann so einen<br />
Bezug zur <strong>Schule</strong> herstellen, den er<br />
alleine nicht aufbauen kann.<br />
Sie als Eltern konnten bisher nur<br />
abstrakt mit ihm über die <strong>Schule</strong><br />
sprechen. Natürlich kann es passieren,<br />
dass die Lehrperson diese Vorgehensweise<br />
als nicht üblich oder<br />
schwierig ablehnt. Was schade wäre,<br />
weil die <strong>Schule</strong> damit eine Möglichkeit<br />
im Leben dieser Familie verpasst,<br />
um zu ihrer weiteren Zukunft<br />
konstruktiv beizutragen.<br />
Lassen Sie uns optimistisch sein:<br />
Stellen wir uns vor, dass Noah Lehrpersonen<br />
hat, die pädagogisch denken<br />
können und deshalb auch bereit<br />
sind, Noah dort zu begegnen, wo er<br />
sich gerade befindet. Das be deutet<br />
nicht, dass sich damit das Problem<br />
auflöst. Sie und Ihr Mann haben<br />
jetzt die wichtige Aufgabe, die Ba <br />
lance zwischen Empathie und Mitgefühl<br />
und der Realität des Lebens<br />
zu finden. Noah braucht Ihr Engagement<br />
und Interesse als Rückhalt.<br />
Es wird wahrscheinlich mehrere<br />
Wochen oder Monate dauern, bis<br />
Noah sich artikulieren und darüber<br />
sprechen kann, was an der <strong>Schule</strong> so<br />
schwer ist für ihn. Denken Sie daran,<br />
dass Ihr Sohn jetzt in der Krise ist<br />
und deshalb keinen klaren Blick hat.<br />
Er braucht Zeit und viele Pausen<br />
abseits der <strong>Schule</strong>, in denen er nur<br />
spielen kann. Es ist wichtig, dass<br />
sowohl Sie als auch Ihr Mann nicht<br />
ständig mit einem besorgten Gesicht<br />
herumlaufen. Wenn Sie das nämlich<br />
tun, nehmen Sie die Szene ein (weil<br />
Noah, wie alle Kinder, kooperieren<br />
möchte) und lassen ihn alleine zurück<br />
mit dem Szenario und dem Ausblick in<br />
die Zukunft, dass er sein eigenes Leben<br />
in die Hand nehmen muss und für das<br />
Wohlbefinden seiner Eltern verantwortlich<br />
ist. Klingt das schwierig? Ist es<br />
auch!<br />
Schliesslich möchte ich darauf aufmerksam<br />
machen, dass es während der<br />
kommenden Zeit nicht nur darum<br />
geht, dass Noah sich in der <strong>Schule</strong><br />
zurechtfindet, sondern auch darum,<br />
wie er seine Lebenskompetenz und seine<br />
individuelle Art, zukünftige Le <br />
benskrisen zu bewältigen, aufbaut und<br />
entwickelt.<br />
Das kann er garantiert nicht in der<br />
<strong>Schule</strong> lernen, sondern nur zu Hause<br />
und gemeinsam mit Ihnen. Dazu ist es<br />
notwendig, dass Sie sich Ihrer eigenen<br />
Rolle bewusst sind: Die sollte sein,<br />
abseits zu stehen und ihm Ihre Lebenserfahrung<br />
anzubieten, ihn zu begleiten.<br />
Sie sollten nicht versuchen, seine Krisen<br />
zu verhindern. (…)<br />
Jesper Juul schreibt regelmässig für das<br />
Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi.<br />
Seine Kolumnen entstehen in<br />
Zusammenarbeit mit<br />
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />
Frühjahr <strong>2017</strong>43
Erziehung & <strong>Schule</strong><br />
44 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>
Der Übertritt in die <strong>Schule</strong> ist für jedes Kind<br />
ein grosses Ereignis. Sechs Erstklässler<br />
der Primarschule Hanfländer in Rapperswil SG<br />
erzählen, wie sie es erlebt haben.<br />
Aufgezeichnet von: Virginia Nolan<br />
Bilder: Ornella Cacace / 13 Photo<br />
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />
Frühjahr <strong>2017</strong>45
Matilda Bickel, 7<br />
«Als ich damals erfuhr, in welche Klasse<br />
ich komme, war ich richtig glücklich:<br />
Meine beste Freundin Emma war der<br />
gleichen Lehrerin zugeteilt worden!<br />
Gleichzeitig war ich traurig, weil ich<br />
meine Kindergartenlehrerin sehr gern<br />
hatte und mich gar nicht von ihr<br />
verabschieden mochte. Ich machte<br />
mir schon Sorgen, ob die Klassenleh <br />
rerin in der <strong>Schule</strong> wohl auch so nett sei.<br />
Aber ich habe es wieder gut getroffen:<br />
Frau Possberg ist die beste Lehrerin<br />
überhaupt. Bis jetzt finde ich die <strong>Schule</strong><br />
nicht streng – nicht einmal die<br />
Hausaufgaben. Mein älterer Bruder Finn<br />
mag die hingegen gar nicht. Am liebsten<br />
gehe ich zur Musikschule, die müssen<br />
alle Kinder besuchen. Und ich mag<br />
Singen, Tanzen und Geschichtenerzählen.<br />
Später will ich einmal<br />
Eiskunstläuferin werden. Ich trainiere<br />
dreimal pro Woche und habe meinen<br />
ersten Wettkampf hinter mir.»<br />
46 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>
Erziehung & <strong>Schule</strong><br />
Lilly Schnider, 7<br />
«Auf die <strong>Schule</strong> habe ich mich gefreut,<br />
aber ich war auch ganz schön nervös,<br />
als es so weit war – vor allem hatte ich<br />
ein bisschen Angst, dass ich mein Mami<br />
vermissen würde, jetzt, wo meine<br />
Schultage länger dauern als im<br />
Kindergarten. Aber mittlerweile habe ich<br />
mich prima eingewöhnt hier. An den<br />
ersten Schultag kann ich mich schon<br />
fast nicht mehr erinnern. Ich habe jedes<br />
Schulfach gerne, es gibt wirklich keines,<br />
das mir nicht gefällt. Am meisten Spass<br />
macht mir das freie Spiel am Morgen,<br />
bevor der Unterricht beginnt. Und<br />
natürlich Handarbeit! Unsere Klassenlehrerin,<br />
Frau Possberg, ist sehr nett.<br />
Jedes Mal, wenn wir eine Aufgabe<br />
besonders gut erledigen, bekommen wir<br />
von ihr eine Perle – bei der fünften<br />
dürfen wir dazu eine Süssigkeit<br />
auswählen. Ich habe schon einige Perlen<br />
und Süssigkeiten bekommen. In der<br />
<strong>Schule</strong> gefällt mir alles, so wie es ist. Ich<br />
bin wunschlos glücklich.»<br />
Gian Irminger, 7<br />
«Rechnen ist mein Lieblingsfach. Ich<br />
finde Zahlen cool und konnte im<br />
Kindergarten schon rechnen. Ich hatte<br />
so Kärtchen, mit denen ich übte, da<br />
stand vorne die Aufgabe und hinten die<br />
Lösung. Ich wusste das Resultat fast<br />
immer, war also gut vorbereitet auf die<br />
<strong>Schule</strong>. Buchstaben hingegen gefallen<br />
mir nicht so gut, die sind einfach<br />
schwieriger als Zahlen. Am ersten<br />
Schultag hat mich Mami begleitet, ich<br />
war recht nervös. Von meinem älteren<br />
Bruder wusste ich aber auch schon<br />
einiges über die <strong>Schule</strong>. Ich gehe lieber<br />
hin als er. Ich habe jetzt ganz andere<br />
Freunde als im Kindergarten – manchmal<br />
vermisse ich die alten ein bisschen.<br />
Aber sie besuchen ja immerhin die<br />
gleiche <strong>Schule</strong>. Wenn ich einen Wunsch<br />
frei hätte, würde ich in unserer Klasse<br />
einen Spieltag einführen – einen<br />
ganzen! Bisher gibt es nämlich nur den<br />
Spielmorgen, leider auch nicht allzu oft.<br />
Am liebsten spiele ich mit Autos, das<br />
könnte ich den ganzen Tag lang tun.<br />
Später will ich einmal Koch werden; ich<br />
habe zu Hause eine Spielküche und<br />
helfe beim Kochen mit.»<br />
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />
Frühjahr <strong>2017</strong>47
Emma Oehri, 7<br />
«Dass es in der <strong>Schule</strong> lässig wird,<br />
wusste ich schon von meiner Cousine.<br />
Sie ist 13 und hatte mir schon viel<br />
darüber erzählt, wie das so ist mit<br />
Rechnen und Schreiben. Ich wusste<br />
auch sonst, was auf mich zukommt,<br />
meine Mama war früher selbst Lehrerin.<br />
Ich mag jedes Fach gerne, aber das<br />
Schönste an der <strong>Schule</strong> sind die<br />
anderen Kinder. Ich hatte das Glück,<br />
schon viele Kinder in meiner Klasse zu<br />
kennen – zwei von ihnen sogar seit der<br />
Krippe. Meine Zwillingsschwester Mia<br />
besucht das gleiche Schulhaus, ist aber<br />
in einer anderen Klasse. Wir wollten das<br />
so, um nicht dauernd verglichen zu<br />
werden. Wir sehen zwar nicht gleich aus,<br />
aber doch verwechseln uns die Leute<br />
immer wieder. Mich dünkt die <strong>Schule</strong><br />
nicht streng. Als ich damals in den<br />
Kindergarten kam, war die Umstellung<br />
viel grösser. Auf den früheren Unterrichtsbeginn<br />
in der <strong>Schule</strong> haben wir<br />
uns schon im zweiten Kindergartenjahr<br />
vorbereitet: Zweimal in der Woche<br />
versuchten meine Schwester und ich,<br />
bereits ein bisschen früher da zu sein.<br />
So konnten wir uns langsam an die<br />
längeren Tage gewöhnen.»<br />
48 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>
Erziehung & <strong>Schule</strong><br />
Cedric Gross, 6<br />
«Am ersten Schultag war ich voller<br />
Freude, gespannt, nervös – alles<br />
zusammen. Mich nahm wunder, wie das<br />
Schulzimmer wohl aussieht. Es könnte<br />
schöner sein: In der Kuschelecke, da<br />
können wir uns hinlegen, wenn wir<br />
Bauchweh haben, fehlen mir die<br />
Plüschtiere. Ich freute mich auch auf die<br />
Hausaufgaben, dachte, die könnten<br />
vielleicht spannend sein. Im Kindergarten<br />
hatte ich die Lehrerin manchmal<br />
nach Rechenaufgaben gefragt und die<br />
zu Hause gelöst. Auch die Buchstaben<br />
übte ich mit den Eltern. Ich finde<br />
Rechnen und Lesen im Moment nicht so<br />
cool. Bis 20 läuft es super, aber ich kann<br />
nicht sagen, was 9 plus 38 macht. Und<br />
das D verwechsle ich ständig mit dem B.<br />
Am liebsten spiele ich – das dürfen wir<br />
jeweils, wenn wir mit einer Aufgabe<br />
fertig sind. Im Schulzimmer gibt es<br />
Autos, Helikopter, Bücher und Jonglierbälle.<br />
Gian schafft gleich drei aufs Mal!<br />
Stillsitzen fällt mir schwer, aber ich habe<br />
einen coolen Trick, der hilft: Ich stelle<br />
mir einfach vor, ich hätte Klebband am<br />
Füdli, das mich am Stuhl festmacht. Ich<br />
vermisse meinen Freund Noah aus dem<br />
Kindergarten. Naja, dafür bin ich im Fall<br />
von zwei anderen Buben froh, dass ich<br />
sie jetzt los bin.»<br />
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />
Frühjahr <strong>2017</strong>49
Erziehung & <strong>Schule</strong><br />
Leon Nock, 7<br />
«Ich gewöhnte mich eigentlich schnell<br />
an die <strong>Schule</strong> – wobei, so viele Kinder<br />
und so riesige Wandtafeln, das war<br />
schon neu für mich. Mit der Klasse bin<br />
ich zufrieden. Emma und Cedric kenne<br />
ich, seit wir fünf Monate alt sind, wir<br />
waren schon zusammen in der Krippe.<br />
Ich bin gut im Rechnen und kann schon<br />
bis hundert zählen. Mit Zahlen kenne ich<br />
mich schon lange aus, ich war durch die<br />
Krippe immer sehr viel mit älteren<br />
Kindern zusammen und habe vieles, was<br />
die konnten, einfach selbst ausprobiert.<br />
Ich bin neugierig. Ich frage die Lehrerin<br />
deshalb oft nach zusätzlichen Hausaufgaben,<br />
weil ich mehr dazulernen will. Sie<br />
gibt mir nicht immer welche mit, aber<br />
wenn, dann erledige ich sie noch so<br />
gerne. In der <strong>Schule</strong> gefällt es mir gut,<br />
ausser letzthin, da hatte ich nach dem<br />
Bürzelbaum im Turnen Kopfweh. Ich<br />
wünsche mir, dass wir Kinder einmal für<br />
einen Tag Lehrer sein könnten und die<br />
Lehrer unsere Schüler. Dann würde ich<br />
den Erwachsenen beibringen, wie<br />
Spielen funktioniert. Die haben das<br />
nämlich verlernt.»<br />
Virginia Nolan<br />
staunte, wie viel Freude ihre kleinen<br />
Gesprächspartner an der <strong>Schule</strong> haben –<br />
und hofft, dass ihnen diese erhalten bleibt.<br />
50 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>
7 FRAGEN<br />
Service<br />
zum Übertritt in die Primarschule<br />
Eltern drängen sich viele Fragen auf. Das sollten Sie wissen! Text: Claudia Landolt<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
Was braucht mein Kind an<br />
Erstausstattung?<br />
Ein Schulthek mit <strong>Schule</strong>tui, Finken<br />
und ein Turnsäckli. Hallenturnschuhe<br />
sind nicht zwingend. Eine Malschürze<br />
ist ebenfalls empfehlenswert.<br />
Beim Schulthek ist darauf zu<br />
achten, dass er zehn Prozent des<br />
Körpergewichts nicht überschreitet.<br />
Ein guter Thek muss eng am Rücken<br />
liegen und die Gurte sollten breit<br />
gepolstert sein.<br />
Können Eltern mitbestimmen, in<br />
welche Klasse ein Kind kommt?<br />
Nein. Fast alle Gemeinden haben<br />
einen eigenen Verteilschlüssel (Geschlecht,<br />
Alter, Wohnort beziehungsweise<br />
Schulweg, Nationalität).<br />
Interventionsversuche der Eltern<br />
kommen bei der Schulleitung nicht<br />
gut an. Aber gegen eine höfliche Frage<br />
kann niemand etwas einwenden.<br />
Die Begründung sollte man sich<br />
allerdings gut überlegen. Ein «Wenn<br />
unser Kind mit ihrer besten Freundin<br />
zusammen ist, fällt die Eingewöhnung<br />
leichter» wird kaum<br />
ausreichen.<br />
Wann und wie erhalte ich die<br />
Informationen zum Übertritt in<br />
die Primarschule?<br />
Die Einteilungen kommen per Post,<br />
meistens Ende Mai oder Anfang Juni<br />
vor Beginn des neuen Schuljahres.<br />
In diesem Brief werden auch der<br />
offizielle Besuchstag sowie die weiteren<br />
Veranstaltungen mitgeteilt.<br />
Wie viel Bürokratie kommt auf<br />
uns zu?<br />
Nicht wenig. Die ersten Wochen bis<br />
zu den Herbstferien sind vollgepackt<br />
mit Elternabenden und diversen<br />
Veranstaltungen. Ihr Kind erhält<br />
5<br />
6<br />
auch Einladungen zu Schulanlässen<br />
und Sportveranstaltungen, ein Notfallblatt<br />
und zahlreiche weitere Informationsblätter,<br />
die ausgefüllt und<br />
visiert werden müssen. Zudem gibt<br />
es ein Elternbüchlein, in dem Lehrer<br />
wichtige Termine eintragen – und<br />
auch kontrollieren, ob das Kind die<br />
Post abgegeben hat. Auch alle Tests<br />
müssen unterschrieben werden. Deshalb<br />
gilt die Devise: Halten Sie immer<br />
einen Kugelschreiber bereit!<br />
Mein Kind kommt in die erste<br />
Klasse und geht neu in einen<br />
Hort. Wie bereite ich es vor?<br />
Der Übertritt in die Primarschule ist<br />
eine grosse Umstellung für Eltern<br />
und Kind. Um die Kleinen nicht zu<br />
überfordern, legt man den Eltern<br />
nahe, die nachmittägliche Verweildauer<br />
des Kindes im Hort behutsam<br />
zu steigern. In den ersten Wochen,<br />
so empfehlen Pädagogen, sollten die<br />
Kinder wenn möglich bereits am<br />
frühen Nachmittag abgeholt werden.<br />
Berufstätige Eltern sollten vorausschauend<br />
planen: Vielleicht kann die<br />
Oma, eine Freundin oder die Gotte<br />
das Bringen und/oder Abholen übernehmen?<br />
Plus: Eltern, deren Kinder<br />
eine Morgen- oder Nachmittagsbetreuung<br />
haben, sollten sich erkundigen,<br />
ob das Angebot auch wirklich<br />
am ersten Schultag beginnt.<br />
Können sich Eltern über<br />
schlechte Noten beschweren?<br />
Die Beurteilung der Kinder in der<br />
ersten Klasse oder Eingangsstufe<br />
erfolgt in der Regel ohne Ziffernote,<br />
ist also notenfrei. Als Instrumente<br />
für die Beurteilung werden oft Beobachtungsnoten<br />
eingesetzt. Die Beurteilung<br />
mit Ziffernoten erfolgt nicht<br />
in allen Kantonen ab dem gleichen<br />
7<br />
Zeitpunkt. Noten werden jedoch<br />
nicht mehr mit dem Taschenrechner<br />
ermittelt, es handelt sich vielmehr<br />
um ein ganzheitliches Expertenurteil.<br />
Trotzdem bringen Zeugnisnoten<br />
immer wieder Eltern gegen<br />
die Lehrer auf, manche schalten<br />
sogar einen Anwalt ein. Beschwerdefähig<br />
ist ein Zeugnis zwar, aber<br />
dass Rekursen stattgegeben wird, ist<br />
sehr selten.<br />
Was, wenn mir die neue Lehrerin<br />
total unsympathisch ist?<br />
Der Übertritt in die Primarschule<br />
bedeutet für Eltern vor allem eines:<br />
in manchen Dingen weniger Einfluss<br />
zu haben. Das kann die Kleider<br />
betreffen, die das Kind anziehen<br />
möchte, die Auswahl der Spielkameraden<br />
oder eben auch die Lehrperson.<br />
Es mag ja sein, dass diese Ihnen<br />
als allzu streng erscheint, aber das<br />
behalten Sie besser für sich. Denn in<br />
der Regel lieben Schulanfänger ihre<br />
Lehrperson. Mitreden können Sie<br />
trotzdem. Interesse, Anteilnahme<br />
und Unterstützung von Eltern sind<br />
in der <strong>Schule</strong> notwendig und er <br />
wünscht. Zeigen Sie also Interesse<br />
daran, was Ihr Kind gerade erlebt<br />
und erfahren hat und womit es sich<br />
beschäftigt. Und bedenken Sie:<br />
Eltern kennen ihr Kind besser, aber<br />
Lehrer verstehen mehr vom Lernen.<br />
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />
Frühjahr <strong>2017</strong>51
Ernährung & Gesundheit<br />
Mein gesundes Schulkind<br />
Wie bleibt mein Kind in der <strong>Schule</strong> fit? Wie viel Schlaf braucht es und wie wichtig ist<br />
ein rückenschonender Schulthek? 5 Fragen an die Kinderärztin Andrea-Seraina<br />
Bauschatz zum Thema <strong>Schule</strong> und Gesundheit. Interview: Evelin Hartmann<br />
Frau Bauschatz, braucht es für den<br />
Schulsport spezielle Sportkleidung?<br />
In der Unterstufe ist keine teure<br />
Sport- oder Funktionskleidung aus<br />
dem Fachhandel notwendig. Wichtig<br />
ist aber, dass T-Shirts und Hosen<br />
bequem und locker sitzen, damit Ihr<br />
Kind möglichst viel Bewegungsfreiheit<br />
hat. Die Sport- beziehungsweise<br />
Turnschuhe sollen den Fuss gut stützen.<br />
Grundsätzlich gilt: Je höher das<br />
Gewicht des Kindes, desto wichtiger<br />
ist ein qualitativ guter Sportschuh,<br />
welcher den Mittelfuss ausreichend<br />
stabilisiert und je nach Sportterrain<br />
auch die nötige Rutschfestigkeit<br />
gewährleistet. Meiner Erfahrung<br />
nach ist dies – mit Ausnahme von<br />
übergewichtigen Kindern – erst ab<br />
der Mittelstufe erforderlich oder<br />
dann, wenn die Bewegungen an -<br />
spruchsvoller werden.<br />
Mein Kind wird im Unterricht längere<br />
Zeit sitzen müssen. Reicht als Ausgleich<br />
der reguläre Schulsport?<br />
Der Schulsport bietet idealerweise<br />
eine optimale Mischung aus Elementen,<br />
die Kraft, Herz-Kreislauf-System,<br />
Ausdauer, Beweglichkeit und<br />
Geschicklichkeit fördern. Das ist gut<br />
– aber reicht natürlich allein nicht<br />
aus. Kinder und Jugendliche im<br />
Schulalter sollten sich insgesamt<br />
mindestens eine Stunde täglich<br />
bewegen, Fussball, Fangis spielen,<br />
balancieren, rennen, Velo fahren<br />
und damit auch alle ihre Sinne trainieren.<br />
Je jünger Kinder sind, desto<br />
mehr Bewegung brauchen sie. Dabei<br />
sollte bereits bei Kindern schon so<br />
viel Bewegung in den Alltag eingebaut<br />
werden wie möglich: Treppen<br />
steigen anstatt Lift fahren, den Schulweg<br />
zu Fuss oder mit dem Velo statt<br />
mit dem Bus zurücklegen.<br />
Worauf sollte ich beim Schulthek-Kauf<br />
achten, um den Rücken meines Kindes<br />
zu schonen?<br />
Ihr Kind sollte beim Thek-Kauf<br />
dabei sein, damit dieser anprobiert<br />
und geprüft werden kann, ob er für<br />
ihr Kind optimal eingestellt werden<br />
kann. Es sollte sich gut damit bewegen<br />
können! Das Eigengewicht des<br />
Theks sollte so leicht wie möglich<br />
sein, seine Schultergurte verstellbar,<br />
gepolstert und mindestens 4 cm<br />
breit. Achten Sie auf ein ergonomisches<br />
und anliegendes Rückenpolster.<br />
Es kommt aber auch darauf an,<br />
wie Ihr Kind den Thek im Schulalltag<br />
trägt: über beide Schultern sowie an<br />
beiden Schulterblättern anliegend.<br />
Ausserdem kommt es auf das richtige<br />
Packen an: schwere Bücher nah<br />
am Rücken tragen, leichtere Dinge<br />
wie ein Mäppli vorne an der Verschlussseite<br />
einpacken. Weitere<br />
wichtige Infos zum Schulthek-Kauf<br />
finden Sie im Infoblatt «Der richtige<br />
Schulthek» des Schulärztlichen<br />
Dienstes der Stadt Zürich.<br />
Ist es empfehlenswert, einen verstellbaren<br />
Kinderschreibtisch und -stuhl zu<br />
kaufen?<br />
Ja, die Investition wird sich über die<br />
Zeit lohnen! Stuhl-Tisch-Kombinationen,<br />
die nicht der Körpergrösse<br />
entsprechen, führen zu Fehlhaltungen<br />
und damit Rückenbelastungen.<br />
Ein verstellbarer Tisch und Stuhl<br />
lässt sich auf die Körpergrösse einstellen<br />
– und wächst so über mehrere<br />
Jahre mit. Wie man beides richtig<br />
einstellt, finden Sie im Infoblatt<br />
«Richtig sitzen ist Einstellungssache»<br />
des Schulärztlichen Dienstes der<br />
Stadt Zürich. Und noch ein Hinweis:<br />
Eine gute Körperhaltung entwickelt<br />
sich ausschliesslich durch ausreichend<br />
Bewegung: Kampfsportarten,<br />
Schwimmen, aber auch Klettern,<br />
beispielsweise an Spielgeräten für<br />
ältere Kinder, fördern die Rumpfstabilität<br />
und damit eine gute Körperhaltung.<br />
Sollte ich den Biorhythmus meines Kindes<br />
umstellen, wenn es in die <strong>Schule</strong><br />
kommt?<br />
Wichtig ist, den Schlafbedarf seines<br />
Kindes zu kennen. Ausgeschlafen ist<br />
ein Kind, wenn es nach dem Aufwachen<br />
fit und ausgeruht wirkt. Angenommen,<br />
dies war bisher um 7 Uhr<br />
morgens der Fall, nach dem Schulstart<br />
wird der Wecker aber zukünftig<br />
um 6.30 Uhr klingeln: Dann empfiehlt<br />
es sich, abends diese halbe<br />
Stunde früher ins Bett zu gehen –<br />
und damit bereits zwei Wochen vor<br />
dem ersten Schultag zu beginnen. So<br />
lange braucht der Biorhythmus etwa,<br />
um sich umzustellen.<br />
Zur Person<br />
Andrea-Seraina Bauschatz, Dr. med, ist<br />
Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin<br />
sowie Leiterin des Schulärztlichen<br />
Dienstes der Stadt Zürich.<br />
52 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>
Kolumne<br />
Die grosse Reise<br />
Illustration: Petra Dufkova/Die Illustratoren<br />
Michèle Binswanger<br />
ist Journalistin, Buchautorin und<br />
Mutter zweier Kinder und lebt in Basel.<br />
Die studierte Philosophin schreibt<br />
regelmässig für das Schweizer<br />
ElternMagazin Fritz+Fränzi.<br />
Und dann ist er plötzlich da, der grosse Tag: Der Thek ist<br />
gepackt, das Znünibrot gestrichen, das Kind mit einer<br />
Extraportion guter Laune und Zuversicht vorbereitet auf<br />
diesen grossen Schritt. Auf dem Weg zur <strong>Schule</strong> habe<br />
ich die vielen kleinen Schrittchen der Tochter an der<br />
Hand gezählt, denn sie muss ja diesen Weg bald alleine gehen. Um Stück<br />
für Stück zu lernen, noch ganz andere Wege alleine zu gehen. Bis sie<br />
einmal ganz auf eigenen Beinen wird stehen können.<br />
Aber jetzt noch nicht. Ich stehe inmitten der anderen Eltern auf<br />
dem Schulplatz, und ich denke: Lag ich nicht eben noch in den Wehen,<br />
warf meine Kleine nicht eben noch Randenbrei durch die Küche?<br />
Und jetzt ist sie bereits ein Schulkind, und morgen wird sie ausziehen.<br />
Gegenüber haben sich die Kleinen bereits um die Klassenlehrerin<br />
versammelt, einige kennen sich bereits vom Kindergarten, die meisten<br />
aber sind sich noch fremd und harren der Dinge, die da kommen<br />
werden. Die älteren Mitschüler, die alten Hasen, singen ein<br />
Willkommenslied. Man veranstaltet ein Seilziehen. Alle sind freundlich,<br />
fröhlich. Nur die Neuen stehen bei der Lehrerin und werfen ab und an<br />
einen Blick zu ihren Müttern und Vätern wie Passagiere an der<br />
Reling eines auslaufenden Dampfers. Und wir Eltern stehen am Pier,<br />
lächeln, winken und verdrücken vielleicht eine Träne. Die Kleinen<br />
wissen es nicht, aber wir schon. Wir schicken sie tatsächlich auf eine<br />
Reise weg von uns. Hinein in die Gesellschaft, deren Teil sie irgendwann<br />
sein werden.<br />
Später erzählte mir die Tochter von diesem ersten Schultag. Von der<br />
Aufregung und Neugier und Angst. Und wie alle Schüler in einer Traube<br />
ganz dicht an der Lehrerin dranblieben, auch in der Pause, weil sie nicht<br />
wussten, dass Pause Freiheit bedeutet. Nur die ganz Mutigen wagten<br />
es, sich ein paar Schritte von der Traube zu entfernen. Bis am Schluss<br />
nur noch die ganz Ängstlichen bei der Lehrerin standen.<br />
Ja, auch Freiheit will gelernt sein, und das ist nicht immer einfach.<br />
Kinder sind manchmal brutal, die Gesellschaft folgt ihren eigenen<br />
Regeln, und am Schluss muss jeder allein herausfinden, wie sich darin zu<br />
behaupten. Alleine seine Erfahrungen machen, alleine lernen, wie<br />
Frustration, Ungerechtigkeit, Hackordnungen, Langeweile zu bewältigen<br />
sind. Unseren eigenen Weg gehen, herausfinden, wer wir sind und<br />
werden wollen, werden können. Aber auch Freunde finden, Interessen,<br />
Gemeinsamkeiten.<br />
«Wir werden alleine geboren, leben alleine, sterben alleine», schrieb<br />
Orson Welles – und wird seither gern zitiert, wenn es um die Conditio<br />
humana geht. Aber so etwas kann nur jemand schreiben, der nie ein<br />
Kind geboren hat. Natürlich fühlen wir uns manchmal alleine, aber nur<br />
Mutterliebe, Zuwendung und Gemeinschaft machen uns zu Menschen.<br />
Und wie Gemeinschaft ausserhalb der Familie geht, das lernen wir unter<br />
anderem in der <strong>Schule</strong>. Es ist eine grosse Reise, zu der die Tochter da<br />
aufbricht. Aber ich weiss, sie wird es schaffen.<br />
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />
Frühjahr <strong>2017</strong>53
Erziehung & <strong>Schule</strong><br />
Wie ich als Mutter lernte,<br />
die <strong>Schule</strong> zu meistern<br />
Und plötzlich drängt sich in die Liebesbeziehung zwischen Eltern und Kind ein grosser Rivale: die <strong>Schule</strong>.<br />
Unsere Autorin über Elternabende auf Kinderstühlen, nervöse Mütter und überforderte Väter.<br />
Eine Polemik. Text: Claudia Landolt<br />
Endlich Freitag. Der letzte Schultag vor den<br />
Ferien. Zu Ende gehen ereignisreiche Monate,<br />
prall gefüllt mit schulischen Aktivitäten:<br />
Elternabende, Räbeliechtli-Umzug, Lesenacht,<br />
Advents-und Singkonzerte sowie<br />
Elternsprechstunde, Einschulungs- und Übertrittsgespräche<br />
reihten sich quasi nahtlos aneinander. Man<br />
ahnt: Die wahre Herausforderung des Elterndaseins<br />
liegt nicht in der Vereinbarkeit von Karriere Schrägstrich<br />
Kind, sondern in der <strong>Schule</strong>.<br />
Solange der Steigerungslauf durchs Schulsystem noch<br />
nicht begonnen hat, ist das Elternleben vergleichsweise<br />
leicht. Es erschöpft sich in nächtlichen Weckrufen, entzückenden<br />
Spielzeughalden in der ganzen Wohnung<br />
und einer natürlichen Abneigung des Kindes gegen<br />
wetteradäquate Kleidung. Kaum stolpert der Nachwuchs<br />
aber auf die Schulbühne, geht es los mit den neuen<br />
Konfrontationsebenen. Statt des schützenden Nebels<br />
einer oder zweier Bezugspersonen gibt es plötzlich<br />
Unmengen davon: Lehrer, Assistenzlehrer, Heilpädagogen,<br />
Sozialarbeiter und Schulleiter. Universen, von<br />
deren Existenz das Kind nicht einmal ahnte.<br />
Elternabend auf Kinderstühlchen<br />
Noch umwälzender ist es für die Eltern. Plötzlich drängt<br />
sich in die Liebesbeziehung zwischen Eltern und Kind<br />
ein grosser Rivale: die <strong>Schule</strong>. Mein ältester Sohn kam<br />
Aus purem Enthusiasmus liess<br />
ich mich zur Elternvertreterin<br />
wählen – eine muss es ja machen.<br />
vor sieben Jahren in die erste Klasse. Der Elternabend<br />
war ein grosses Ereignis. Aus purem Enthusiasmus habe<br />
ich mich dort zur Elternvertreterin wählen lassen, mit<br />
dem üblichen, von Eitelkeit nicht ganz freien Seufzer:<br />
Irgendeine muss es ja machen. Kraft meines Amtes habe<br />
ich unzählige Elternabende miterlebt. Einer ist mir<br />
besonders in Erinnerung geblieben. Ein Vater beklagte<br />
sich sehr: Meinem Kind ist der Schulweg nicht zuzumuten.<br />
Die Strasse! Die Lastwagen! Und was, wenn es regnet?<br />
Der Gedanke, dass zwölf Minuten unbeaufsichtigter<br />
Heimweg für ein Kind auch Freiheit bedeuten kann,<br />
war in weiter Ferne. Da, auf den unbequemen Kinderstühlchen,<br />
die viel zu langen Beine irgendwo mühsam<br />
verstaut, zweifelte ich das erste Mal: Muss es tatsächlich<br />
irgendeine machen?<br />
Auch der nächste Elternabend, dieses Mal ging es um<br />
die Einschulung, entsprach so ganz und gar nicht dem,<br />
was wir Mütter und Väter erwarteten und vielleicht von<br />
der Krippe oder Kita her kannten. Ohne Umschweife<br />
erzählte die Lehrperson in einer Art Tribunalszene, was<br />
sie von Disziplin hält (sehr viel), welcher Stoff zu bewältigen<br />
sei (Lesen bis Weihnachten dank Peter und Susi),<br />
wer die Kinder sonst noch unterrichtet (Heilpädagogin,<br />
Werklehrerin, Musiklehrerin, Computerlehrerin) und<br />
welche Art von Papieren (unzählige) es in der nächsten<br />
Zeit auszufüllen gebe.<br />
Noten für eine Papierfigur<br />
Spätestens da wurde uns allen klar, wie hoffnungslos<br />
passé das Schulmodell unserer Jugend heute ist. Als das<br />
Wort Promotionsordnung fiel und uns erklärt wurde,<br />
dass auch Vorsingen ebenso wie die Art und Weise, wie<br />
der Rand der Papierfigur ausgeschnitten werde, benotet<br />
würden, erwog meine Sitznachbarin die Schnapp- >>><br />
54 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>
Bild: Sophie Stieger / 13 Photo<br />
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />
Frühjahr <strong>2017</strong>55
Erziehung & <strong>Schule</strong><br />
>>> atmung. Ein Vater schrieb bereits die zweite Seite<br />
seines Notizbuchs voll, Schweissperlen auf der Nase.<br />
Ich rutschte auf dem Stuhl herum wie eine driftende<br />
Kontinentalplatte.<br />
Dabei kamen Stundenplan, Ersatzstunden-, Notfallstunden-<br />
sowie Nachholstundenplan noch gar nicht zur<br />
Sprache. Ganz zu schweigen vom Mithelfen beim<br />
Schlittschuhbinden oder der Art und Weise, wie man<br />
den Geburtstagskuchen mitzubringen habe (portioniert,<br />
mit Servietten). Schweigen breitete sich aus. Das<br />
erwartete Sperrfeuer der Detailfragen blieb aus. Viel zu<br />
perplex waren wir Mamas und Papas, die wir uns doch<br />
in den vergangenen zwei Kindergartenjahren eifrig im<br />
Loslassen geübt hatten. Und nun dieser geballte Haufen<br />
an Information. Ungepolstert. Was passiert da mit unseren<br />
Prinzen und Prinzessinnen?<br />
Die Macht zurückerobern<br />
Die kommenden Wochen machten es klar. Denn in der<br />
<strong>Schule</strong> ist jedes Kind, selbst der folgsamste Prinz und<br />
die hübscheste Prinzessin, nur eines unter vielen. Gleiche<br />
Rechte und gleiche Pflichten gelten hier. Über Nacht<br />
werden aus kleinen Wunschkindern kleine Schulbürger.<br />
Gut möglich, dass die Lehrperson sogar ein anderes<br />
Kind dem eigenen vorzieht, und unweigerlich kommt<br />
der Tag, an dem das Kind eine Verbesserung zum zweiten<br />
Mal abschreiben oder drei Seiten Rechenaufgaben<br />
bewältigen muss, ob es nun darauf Lust hat oder nicht.<br />
Mit Sicherheit kommt auch der Moment, wo es wegen<br />
einer Dummheit nachsitzen muss oder sanktioniert<br />
wird. Dieser Gedanke ist unangenehm. Manche Eltern<br />
schäumen dann vor Empörung und tragen ihren verletzten<br />
Stolz in eine E-Mail, ein Gespräch. Noch mehr<br />
Nervosität grassiert nur noch in der fünften und sechsten<br />
Klasse, wenn die spielerische Leichtigkeit der Unterstufe<br />
abklingt und es darum geht, den Übertritt in die<br />
nächste Stufe durchzusetzen. Will man da wirklich dabei<br />
sein?<br />
Andererseits gibt es da auch die Gruppe der Eltern,<br />
die sich sofort mit dem gesamten Lehrkörper solidarisieren,<br />
zu jedem erdenklichen Anlass Selbstgebackenes<br />
beisteuern, ein Zusatzheft mit fakultativen Hausaufgaben<br />
einfordern oder nach den Schulanlässen noch freiwillig<br />
den Boden wischen. Noch ratloser aber stimmt<br />
mich auch nach vielen Jahren jene Spezies, die soziales<br />
Lernen als Unfug betrachtet und sich täglich alle Missetaten<br />
der anderen Kinder berichten lässt.<br />
Die Dinge, die meine Früchtchen heimlich taten und<br />
tun, gehen mich mit ganz wenigen Ausnahmen nichts<br />
an, denn: Hat nicht auch jedes Kind das Recht auf ein<br />
bisschen unstrukturiertes Eigenleben und Geheimnisse?<br />
Wollen wir wirklich alles wissen, was sie täglich treiben?<br />
Sind Kontrolle und allumfassender Schutz wirklich<br />
kindgerecht? Die Helikopter-Eltern sagen: Ja. Lautstark<br />
Ich rutsche auf dem Stuhl<br />
herum wie eine driftende<br />
Kontinentalplatte.<br />
beklagen sie sich am eigens einberufenen <strong>Spezial</strong>elternabend,<br />
bei den Nachbarn und in hartnäckigen Fällen<br />
sogar persönlich, dass der Tochter ein – nur ein! –<br />
Handschuh versteckt oder der Sohn auf dem Nachhauseweg<br />
mit Kirschsteinen beworfen worden sei – sogar<br />
zweimal!<br />
Schlichten ist nicht nötig<br />
Auch das ist <strong>Schule</strong>: Zoff auf dem Pausenplatz. Ein Tummelfeld<br />
zwischen Adoration und Aggression. Wo man<br />
auch als Zehnjähriger noch prima Verstecken spielen<br />
kann und die Pausencracker kollektiv zerbröselt. Ein<br />
Ort aber auch, an dem man sich aus niedrigen Beweggründen<br />
voll krass konkrete Beschimpfungen an den<br />
Hals wünscht, eine Rauferei vom Zaun bricht oder im<br />
Fussballspiel einen sauberen Beinsteller riskiert. Empörte<br />
und atemlose Gemüter, manchmal auch körperliche<br />
Schrammen gilt es dann am Familientisch zu besänftigen<br />
und einige Dutzend vermisste Gegenstände neu anzuschaffen.<br />
Ja, auch meinem Kind wurde schon die Mütze<br />
in den Bach geworfen, eins an den Kopf gehauen und<br />
die Brille verbogen. Der Höhepunkt war ein zuoberst<br />
auf dem Index stehendes Schimpfwort, das ein eifersüchtiger<br />
Klassenkamerad meinem Erstklässler zurief<br />
(und das eigentlich mir galt). Dieser war so irritiert<br />
darüber, dass er sogar vergass, beim Mittagessen den<br />
Brokkoli auf dem Teller zu ignorieren. Unschöne<br />
Geduldsproben, gewiss, doch trotzdem bin ich zum<br />
Schluss gelangt: Nein, man muss tatsächlich nicht über<br />
alles reden. Ein Schulkind zu haben, bedeutet eben nicht,<br />
die individuellen erzieherischen Ideale in einer Art<br />
Grundsatzdebatte bei jeder Gelegenheit unaufgefordert<br />
zu artikulieren.<br />
Die Petzerei ihres Kindes zu belohnen, indem die<br />
Eltern ein anderes beschimpfen, obwohl sie nicht einmal<br />
dabei waren, dient letztlich nur der Ich-Bezogenheit,<br />
nicht aber dem Kind.<br />
Gibt es Streit, wird er ausgetragen. Punkt. Ein Kind<br />
siegt oder es erlebt eine Niederlage, ohne dass Erwachsene<br />
gleich mit Blaulicht und Sirene herbeieilen müssen.<br />
<strong>Schule</strong> ist Bildung, keine Dienstleistung. Das ist zwar<br />
den Lehrpersonen klar, aber leider nicht allen Eltern.<br />
Nach sicher 25 durchgestandenen, mehrheitlich launigen<br />
und friedvollen Elternabenden wuchs in mir die<br />
Erkenntnis, dass die Gefühle, die Eltern eines frischge-<br />
56 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>
ackenen Schulkindes überkommen, auf einem unschönen<br />
Sentiment basieren: der Eifersucht. Denn mit dem<br />
<strong>Schule</strong>intritt ergreift eine neue Kraft Besitz von diesem<br />
(meinem) Kind und wird es prägen. Die Lehrpersonen<br />
tun dem Kind Gutes, auch wenn sie es niemals so lieben<br />
werden wie die eigenen Eltern und obwohl sie versuchen,<br />
alle Kinder der Klasse gleich zu behandeln. Das<br />
ist scheinbar leicht zu begreifen, emotional aber bleibt<br />
es schwierig. Deshalb werden viele Eltern immer misstrauisch<br />
sein. Doch sollte die elterliche Energie nicht<br />
lieber der Überlegung zufallen, wie man sich in der<br />
Diskussion um eine verbesserte Qualität bei Bildung<br />
und Erziehung einbringen könnte? Sich aus Kinderstreitigkeiten<br />
raushalten: ja! Das bedeutet eben nicht, sich<br />
aus der <strong>Schule</strong> rauszuhalten. Sondern neugierig zu sein<br />
und Anteil zu nehmen an dem, was das Kind ausser<br />
Haus erlebt. Denn es ist auch gut, wenn die <strong>Schule</strong> etwas<br />
von den Kindern fordert. Und sie ist auch Spass. Museumsbesuche,<br />
Realien expeditionen, Universitätsausflüge,<br />
Wanderungen, Theateraufführungen, Schulfeste mit<br />
Geisterbahn: Von vielem konnte ich in meiner Schulzeit<br />
nur träumen, aber selbst ich tat viele interessante Dinge.<br />
Also sollten Empörungsschreie in Gelassenheit umgelenkt<br />
werden oder zumindest jenen unterbehüteten<br />
Kindern zugutekommen, die an den Besuchstagen stets<br />
unbesucht bleiben. Oder jenem Kind, das immer zu spät<br />
und ohne Frühstück zum Unterricht kommt und Ausflüge<br />
verpasst, weil es morgens niemand weckt.
Erziehung & <strong>Schule</strong><br />
Bild: Herbert Zimmermann / 13 Photo<br />
Und jedem Anfang wohnt<br />
ein Zauber inne …<br />
Eine Mischung aus Freude und Unsicherheit, Stolz und Selbstzweifeln – und eine üppige<br />
Cremeschnitte zur Belohnung: Auch Lehrpersonen haben Respekt vor dem ersten Schultag.<br />
Eine erfahrene Pädagogin erinnert sich an ihre erste Klasse. Text: Ursi Steiner<br />
58 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>
Zwei Stunden vor Schulbeginn<br />
stehe ich im<br />
Schulzimmer, kontrolliere<br />
unwichtige Dinge,<br />
rücke penibel platzierte<br />
Unterlagen und akkurate Bücherbeigen<br />
noch genauer vor mich hin.<br />
Ich präge mir zu den Vornamen der<br />
erwarteten Kinder die passenden<br />
Nachnamen ein, räuspere mich zum<br />
zwanzigsten Mal. Dann gestehe ich<br />
mir ein: Ich bin nervös, ja sogar<br />
supernervös.<br />
Dieses Gefühl, eine Mischung aus<br />
Freude und Unsicherheit, Stolz und<br />
Selbstzweifeln, belastet mich körperlich<br />
dermassen, dass ich mir<br />
bereits am frühen Morgen mein<br />
Mittagessen vorstelle. Mindestens<br />
dreigängig soll es sein, mit einer<br />
Cremeschnitte zum Dessert, ohne<br />
Rücksicht auf die Kalorienzahl.<br />
Im Gang lachen und schwatzen<br />
andere Lehrpersonen miteinander,<br />
erzählen von Ferien, laut, fröhlich.<br />
Für mich, die Neue, etwas zu laut<br />
und definitiv zu fröhlich.<br />
Gespannte Erwartungen<br />
Endlich ist es so weit: Die Kinder<br />
kommen. Einige scheu und zögerlich,<br />
andere selbstbewusst und neugierig.<br />
Eltern stellen sich vor, kommen<br />
mit ins Schulzimmer, nehmen<br />
einen Augenschein, nicht nur vom<br />
Schulzimmer, sondern auch von der<br />
Lehrerin. Plätze werden gesucht,<br />
Schultaschen ausgepackt, Etuis und<br />
Farbschachteln wie Trophäen auf<br />
Pulten platziert. Summende Emsigkeit,<br />
Nervosität und unbändige Energie<br />
sind im ganzen Zimmer zu spüren.<br />
Eltern auf die Kinderstühle<br />
Ich verschaffe mir Gehör, bitte die<br />
Kinder nach vorne in den Klassenkreis<br />
und biete den Eltern die kindgerechten<br />
Schülerstühle als Sitzgelegenheit<br />
in der zweiten Reihe an. Da<br />
sitzen sie nun, «meine» 22 Erstklässlerinnen<br />
und Erstklässler. 22 junge<br />
Augenpaare. Erwartungsvoll, neugierig,<br />
wach. Und im Stuhlkreis,<br />
etwas zurückversetzt, mindestens 22<br />
weitere, ältere Augenpaare, nicht<br />
minder erwartungsvoll, neugierig<br />
und wach.<br />
Ich räuspere mich und stelle meine<br />
erste Frage: «Wer von euch hat<br />
denn in der letzten Nacht nicht so<br />
gut geschlafen?» Einige Finger<br />
schnellen hoch, wissendes Schmunzeln<br />
in der zweiten Reihe. Der<br />
Gedanke, als Lehrerin musst du<br />
authentisch, also ehrlich sein, lässt<br />
mich langsam auch meine Hand<br />
heben. Und plötzlich sind da viele<br />
Hände, wohlwollendes Lächeln in<br />
der zweiten Reihe, und die Spannung<br />
löst sich im spontanen, erlösenden<br />
Lachen aller. Es ging uns<br />
allen gleich.<br />
Gemeinsame Ängste<br />
Das war sie, unsere erste Gemeinsamkeit.<br />
Und somit war die Verbindung<br />
hergestellt, aus der eine Bindung,<br />
eine Beziehung wachsen<br />
können würde. Die Angst vor dem<br />
Neuen, dem Unbekannten hatte ein<br />
Gesicht und einen Namen, oder in<br />
meinem Fall viele Gesichter, viele<br />
Namen bekommen. Sie verlor schlagartig<br />
alle Bedrohlichkeit, als die ausgestandenen<br />
Ängste und Gedanken<br />
im Kreis erzählt und ausgetauscht<br />
wurden. Meine 22 Schülerinnen und<br />
Schüler verstanden mich und ich<br />
verstand sie. Und plötzlich war da in<br />
meinem Bauch ein ganz anderes<br />
«Als Lehrerin musst du<br />
vor allem eines: authentisch,<br />
also ehrlich sein.»<br />
Gefühl: wohlige Wärme, Vorfreude,<br />
Energie und Stolz. Vielleicht sollte<br />
ich heute doch auf die Cremeschnitte<br />
verzichten, allein schon wegen der<br />
Kalorienzahl.<br />
Aller Erfahrung zum Trotz<br />
Heute, 30 Jahre später, kann ich diesen<br />
allerersten Tag als Klassenlehrerin<br />
noch ganz genau in meinem<br />
Gedächtnis abrufen. Ich erinnere<br />
mich an die Gesichter und sogar an<br />
die meisten Namen meiner damaligen<br />
Schülerinnen und Schüler. Doch<br />
der unruhige Schlaf in der Nacht vor<br />
dem ersten Schultag, der Gefühlswirrwarr<br />
und die Nervosität, all das<br />
begleitet mich trotz jahrelanger<br />
Erfahrung immer wieder. Zuverlässig<br />
meldet es sich zurück, wenn ich<br />
vor meiner neuen Klasse stehe. Was<br />
sich geändert hat? In den letzten<br />
dreissig Jahren einzig die Gedanken<br />
an die Cremeschnitte als Belohnung.<br />
Die verkneife ich mir mittlerweile.<br />
Ursi Steiner<br />
ist Primarschullehrerin,<br />
Kommunikationsexpertin sowie Autorin.<br />
Die Mutter zweier erwachsener Kinder<br />
lebt in Hünenberg See im Kanton Zug.<br />
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />
Frühjahr <strong>2017</strong>59
Digital & Medial<br />
«Für die Erziehung sind<br />
die Eltern zuständig»<br />
Schulstoff wird heute nicht mehr nur aus Büchern und an der Tafel<br />
vermittelt – sondern auch am PC und mit dem Smartphone. Was Eltern in<br />
Sachen Medienbildung von der <strong>Schule</strong> erwarten dürfen. Interview: Bianca Fritz<br />
Frau Signer, kommt ein Kind in der Primarschule<br />
automatisch mit Computer<br />
und Internet in Berührung?<br />
Ja, das ist sehr wahrscheinlich. Zwar<br />
ist die Medienbildung in der Primarschule<br />
noch nicht obligatorisch, aber<br />
seit 1998 empfohlen, und sehr viele<br />
<strong>Schule</strong>n halten sich daran. Im Lehrplan<br />
21, der nach und nach von den<br />
Kantonen eingeführt wird, sind<br />
Medienbildung und Informatik<br />
dann fächerübergreifend Pflicht.<br />
Und wie werden die Kinder in Sachen<br />
Medien gebildet?<br />
Die Medien werden einerseits als<br />
Hilfsmittel eingesetzt – man schaut<br />
zum Beispiel einen Film oder fotografiert<br />
und stellt eine Präsentation<br />
zu einem bestimmten Thema zusammen.<br />
Andererseits wird die Mediennutzung,<br />
ihre Chancen und Risiken,<br />
auch selbst thematisiert – man<br />
spricht zum Beispiel über Werbung<br />
und ihre Wirkung. Ausserdem lernen<br />
die Schülerinnen und Schüler<br />
Grundlagen der Technik und wie<br />
diese funktioniert.<br />
Und was, wenn Eltern ihr Kind, wie es<br />
manche Medienkritiker empfehlen, bis<br />
zum zwölften Lebensjahr vom Computer<br />
fernhalten wollen?<br />
Im Grunde kann man da recht wenig<br />
machen – Medienbildung gehört<br />
nun einmal zu den Kompetenzen,<br />
die die <strong>Schule</strong> vermitteln soll, und<br />
das geht nicht ohne Einsatz von<br />
Medien. Diese sind normales Unterrichtsmaterial.<br />
Kritische Stimmen<br />
gibt es natürlich immer. Die gab es<br />
auch gegen Bücher, zum Beispiel als<br />
sich eine Reihe junger Männer nach<br />
der Lektüre von Goethes Werther<br />
umgebracht hatte. Aber ich habe<br />
noch nie gehört, dass sich Eltern der<br />
digitalen Entwicklung komplett verweigert<br />
hätten.<br />
Inwieweit können Eltern denn von der<br />
<strong>Schule</strong> auch Unterstützung in Sachen<br />
Medienerziehung erwarten?<br />
Ich würde sagen: Die <strong>Schule</strong> ist für<br />
die Medienbildung zuständig. Aufgabe<br />
der Lehrpersonen ist es, die<br />
Medienkompetenz der Kinder zu<br />
fördern und ihnen einen kritischen<br />
Umgang mit den Medien beizubringen.<br />
Medienerziehung ist aber Sache<br />
der Eltern – also zum Beispiel die<br />
Frage, wie häufig und wann ein Gerät<br />
genutzt werden darf. Und dann gibt<br />
es natürlich noch Felder, wo Eltern<br />
und Lehrpersonen in Dialog treten<br />
müssen: zum Beispiel, wenn das<br />
Kind in der <strong>Schule</strong> müde ist, weil es<br />
nachts zu lange am Handy hing.<br />
Ab wann braucht das Kind einen<br />
eigenen PC für die Hausaufgaben?<br />
Das hängt ein bisschen von der <strong>Schule</strong><br />
ab – aber in den meisten Familien<br />
wird es wohl so sein, dass dieses<br />
Bedürfnis nicht von der <strong>Schule</strong> aus-<br />
geht, sondern dass das Kind sich<br />
irgendwann selbst ein eigenes Gerät<br />
wünscht. Für die <strong>Schule</strong> reicht im<br />
Normalfall das Familiengerät – und<br />
das ist in fast allen Schweizer Haushalten<br />
vorhanden.<br />
Mit Internetzugang?<br />
Ja. Aber hier gilt natürlich besonders<br />
am Anfang: Begleiten Sie Ihr Kind.<br />
Geben Sie klar die Regeln vor, was<br />
es am PC machen darf, welche Funktionen<br />
es nutzen darf und wie lange.<br />
Manche Eltern haben damit Mühe,<br />
da sie noch keine Vorstellung davon<br />
haben, was mit PC, Tablet und<br />
Smartphone alles möglich ist. Es<br />
braucht aber keine spezielle Fortbildung<br />
für Eltern oder Ähnliches – nur<br />
ehrliches Interesse an dem, was das<br />
Kind macht.<br />
Zur Person<br />
Sara Signer ist an der Pädagogischen Hochschule<br />
Zürich zuständig für die Medienbildung angehender<br />
Lehrpersonen. Zudem arbeitet sie in der Kinder- und<br />
Jugendmedien forschung und an der Entwicklung<br />
von digitalen Lernsystemen für den Unterricht,<br />
www.ifdl.ch. Sie hat eine viereinhalbjährige Tochter.<br />
60 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>
5 Fragen und Antworten zum<br />
Mediengebrauch Text: Bianca Fritz<br />
Ab wann darf mein Kind ein<br />
Smartphone haben?<br />
Die meisten Medienpädagogen raten<br />
dazu, dass das eigene Smartphone<br />
erst mit dem Übergang von der<br />
Primarstufe in die höhere <strong>Schule</strong> in<br />
den Besitz von Kindern gehört.<br />
Einfach weil ein Smartphone kein<br />
Handy ist, sondern ein Computer<br />
mit Internetzugang. Und weil sich<br />
mit dem Smartphone die Mediennutzung<br />
der Kinder der elterlichen<br />
Kontrolle entzieht.<br />
Wie viel Zeit darf mein Kind vor<br />
Bildschirmen verbringen?<br />
Solange Ihr Kind viel Zeit mit anderen<br />
Aktivitäten verbringt, Freunde<br />
trifft, Sport treibt und Hausaufgaben<br />
erledigt, schadet die Game-Session<br />
am Nachmittag nicht. Auch kurzzeitige<br />
exzessive Nutzungsphasen<br />
gehören heute fast zur Entwicklung.<br />
Es gibt aber Richtwerte, an denen<br />
sich Eltern orientieren können, entwickelt<br />
von Medien psychologen der<br />
Zürcher Hochschule für Angewandte<br />
Wissenschaften (ZHAW): kein<br />
Bildschirmkonsum unter 3 Jahren,<br />
bis zu 5 Jahren maximal 30 Minuten<br />
pro Tag und begleitet von Erwachsenen,<br />
bis 9 Jahre nicht mehr als<br />
5 Stunden in der Woche, für die 10-<br />
bis 12-Jährigen maximal 10 Stunden<br />
pro Woche. Bedenklich wird der<br />
Kon sum bei Jugendlichen ab 20<br />
Stunden pro Woche.<br />
Ab wann darf mein Kind einen eigenen<br />
PC haben?<br />
Das kommt darauf an, was auf dem<br />
PC installiert ist. Denn im PC stecken<br />
– ähnlich wie im Smartphone –<br />
potenziell viele Medien auf einmal.<br />
Auch hier hilft eine Faust regel der<br />
ZHAW und des nationalen Programms<br />
«Jugend und Medien»: kein<br />
TV unter 3 Jahren, keine eigene<br />
Spielkonsole unter 6, kein Internet<br />
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />
unter 9, keine sozialen Netzwerke<br />
und kein unbegleitetes Surfen unter<br />
12 Jahren. Kurz: «3-6-9-12».<br />
Welchen Sinn haben Internetfilter für<br />
den PC oder das Handy?<br />
Filter können eine wichtige Ergänzung<br />
sein. Sie verhindern bis zu<br />
einem gewissen Grad, dass das Kind<br />
versehentlich auf pornografische<br />
oder gewaltverherrlichende Inhalte<br />
stösst. Filter können aber nicht verhindern,<br />
dass das Kind diese Dinge<br />
bewusst sucht und dafür öffentliche<br />
WLAN-Verbindungen und andere<br />
Geräte nutzt. Ausserdem lassen sich<br />
alle Filter auch ausschalten – die<br />
Anleitungen dafür finden sich auf<br />
Youtube. Daher ersetzen Filter in<br />
keiner Weise Gespräche und das<br />
Vertrauen zwischen Eltern und Kindern.<br />
Sagen Sie Ihrem Kind also,<br />
warum Sie einen Filter installieren.<br />
Und bitten Sie es, zu Ihnen zu kommen,<br />
wenn es auf etwas stösst, was<br />
ihm seltsam vorkommt.<br />
Ich möchte mit meinem Kind über<br />
Mediennutzung sprechen. Wie führt<br />
man ein solches Gespräch?<br />
Bringen Sie Ihrem Kind bei, in entspannter<br />
Atmosphäre ganz selbstverständlich<br />
über Mediennutzung<br />
zu sprechen – in Form eines echten<br />
Dialogs. Erzählen Sie von Ihren eigenen<br />
Erlebnissen. Vielleicht davon,<br />
wie Sie nach einem Gruselfilm nicht<br />
mehr schlafen konnten. So lernt Ihr<br />
Kind, dass Medienerfahrungen ein<br />
Thema sind, das es nicht allein mit<br />
sich ausmachen muss. Regeln zur<br />
Mediennutzung sollten gemeinsam<br />
ausgehandelt werden – und zwar<br />
noch bevor ein neues Gerät ins<br />
Haus kommt. Ein tolles Tool mit<br />
guten Anregungen für Kinder- und<br />
Elternregeln findet man unter<br />
www.mediennutzungsvertrag.de.<br />
Frühjahr <strong>2017</strong><br />
5 Leitlinien für die<br />
Medienerziehung<br />
• Sprechen Sie mit Ihrem Kind darüber,<br />
was es mit den Medien macht.<br />
Zeigen Sie ehrliches Interesse und<br />
lernen Sie selbst etwas dabei.<br />
• Überprüfen Sie Ihre eigene<br />
Mediennutzung. Sind Sie ein gutes<br />
Vorbild für Ihre Kinder?<br />
• Bieten Sie Alternativen. Denn warum<br />
sollte Ihr Kind nicht am Handy hängen,<br />
wenn sonst nichts los ist?<br />
• Legen Sie gemeinsam mit dem Kind<br />
Regeln für die Mediennutzung fest –<br />
und beachten Sie dabei auch die<br />
Altersfreigaben für Filme, soziale<br />
Netzwerke, Apps und Games.<br />
• Informieren Sie sich über die Risiken<br />
und weisen Sie Ihr Kind auf diese hin.<br />
Links<br />
• www.jugendundmedien.ch<br />
Nationales Programm zur Förderung<br />
von Medienkompetenz, umfangreiche<br />
Datenbank mit Workshops und<br />
Beratungsprogrammen, Download von<br />
Broschüren und Studienergebnissen<br />
• www.swisscom.ch/medienstark<br />
Medien nutzung an Beispielfamilien<br />
erklärt<br />
• www.mediennutzungsvertrag.de<br />
Hilfreiches Tool zum Zusammenstellen<br />
von Familienregeln in Sachen<br />
Mediennutzung<br />
Anzeige<br />
SCHLUSS MIT<br />
BETTNÄSSEN!<br />
Vibrameth – Lautloses<br />
Therapiegerät<br />
Krankenkassen vergütung –<br />
Erfolg 90 %<br />
www.kinderkoenig.ch
<strong>Schule</strong> & Erziehung<br />
8 knackige Hausaufgaben-Tipps für Eltern<br />
In den ersten Monaten geht es für Ihr Kind darum, das System <strong>Schule</strong> kennenzulernen. Leistung steht<br />
nicht im Fordergrund. Irgdnwann kommen sie aber, die Hausaufgaben. Und mit ihnen manchmal<br />
auch der Frust. Das muss nicht sein. Wie Eltern ihre Kinder unterstützen können. Text: Fabian Grolimund<br />
1. Erinnern Sie Ihr Kind maximal ein einziges Mal an<br />
die Hausaufgaben<br />
Manche Eltern liegen ihren Kindern alle 20 Minuten<br />
mit den Hausaufgaben in den Ohren: «Was musst du<br />
heute alles für die <strong>Schule</strong> machen? Wann machst du<br />
es? Müsstest du nicht langsam mal anfangen?» Das<br />
nervt. Eine klare Abmachung wie «Vor dem Abendessen<br />
sind die Hausaufgaben erledigt» und die einmalige Erinnerung<br />
«Jetzt ist der letzte Moment, um anzufangen» um<br />
17.30 Uhr genügen vollauf und bringen Entspannung.<br />
2. Lassen Sie die Verantwortung beim Kind<br />
Das Kind macht die Hausaufgaben für die <strong>Schule</strong> oder –<br />
man darf ja träumen – für sich selbst. Das Kind mit unerledigten<br />
Hausaufgaben in die <strong>Schule</strong> gehen zu lassen ist oft<br />
heilsamer als ständiger Streit. Falls Sie befürchten, das Kind<br />
schreibe die Aufgaben morgens ab, können Sie eine Notiz<br />
für die Lehrperson im Hausaufgabenheft hinterlassen. Falls<br />
es einen Zeugniseintrag bei der Fleissnote gibt: Nutzen Sie<br />
dies für ein ernstes Gespräch – und machen Sie sich nicht<br />
gleich Sorgen, dass Ihr Kind wegen dieses Eintrags in der<br />
4. Klasse später keinen Job findet.<br />
3. Helfen Sie nur, wenn Ihre Hilfe angenommen wird<br />
Hausaufgaben-Diskussionen bringen nichts! Dafür die<br />
Regel: «Ich helfe dir nur, wenn du meine Hilfe annimmst.»<br />
Wenn das Kind anfängt zu nörgeln, sagen Sie: «Jetzt wird<br />
es unproduktiv. Ich gehe abwaschen. Ruf mich, wenn du<br />
weiterarbeiten möchtest», und gehen. Sie glauben gar<br />
nicht, wie viele Kinder einen Schritt auf die Hausaufgaben<br />
zu machen, wenn man dafür genügend Platz lässt.<br />
4. Lassen Sie das Kind neben sich arbeiten<br />
Viele Kinder könnten durchaus selbständig arbeiten,<br />
geniessen aber die Zeit und die Aufmerksamkeit der Eltern.<br />
Die Lösung: Lassen Sie Ihr Kind neben sich arbeiten unter<br />
der Bedingung, dass es Sie nicht ständig unterbricht.<br />
Arbeiten Sie an etwas Wichtigem und sagen Sie zum Kind:<br />
«Wenn du mich 15 Minuten in Ruhe arbeiten lässt, darfst du<br />
die Hausaufgaben neben mir erledigen.»<br />
5. Ermutigen Sie Ihr Kind zu mehr Selbständigkeit<br />
Planen Sie mit Ihrem Kind die Hausaufgaben. Fragen Sie,<br />
was es am einfachsten und was am schwierigsten findet.<br />
Ermutigen Sie es, die einfacheren Aaufgaben ohne Ihre Hilfe<br />
zu erledigen. Zeigen Sie Ihre Freude an der Selbständigkeit,<br />
indem Sie etwa sagen: «Schön, dass du das selbständig<br />
gemacht hast – ich bin deswegen gut vorwärtsgekommen<br />
und habe nun Zeit für dich.»<br />
6. Erstellen Sie mit dem Kind einen<br />
Hausaufgabenplan<br />
Einen Wochenplan zu erstellen ist für ein Kind höchst<br />
anspruchsvoll. Es muss sich dabei Fragen stellen wie:<br />
• Welche Aufgaben muss ich erledigen?<br />
• Wie viel Zeit benötige ich dafür?<br />
• Welche Materialien brauche ich für die einzelnen<br />
Aufgaben?<br />
• Was muss bis wann erledigt sein?<br />
• Wann habe ich an den jeweiligen Tagen Zeit, mich um die<br />
Aufgaben zu kümmern?<br />
Kinder werden nicht mit diesen Fragen im Kopf ge boren. Sie<br />
benötigen Eltern und Lehrpersonen, die ihnen dabei helfen,<br />
diesen inneren Dialog zu führen. Legen Sie die Fragen vor<br />
das Kind auf den Tisch und gehen Sie sie gemeinsam mit<br />
ihm durch.<br />
7. Achten Sie auf regelmässige Pausen<br />
Kinder können sich nicht so lange konzentrieren wie<br />
Erwachsene. Als Richtwerte dienen folgende Zeiten:<br />
Alter: 5 bis 7 7 bis 10 10 bis 12 12 bis 15<br />
Konzentration: 15 Min. 20 Min. 25 Min. 30 Min.<br />
Danach ist eine kurze Pause sinnvoll: 5 Minuten reichen –<br />
am besten mit etwas, das entspannt, aber das Kind nicht<br />
in eine andere Aktivität hineinzieht: ein paar Minuten auf<br />
dem Trampolin hüpfen, ein Glas Wasser trinken, einen Keks<br />
essen, aus dem Fenster schauen.<br />
8. Motivation ist wichtig!<br />
Achten Sie beim Planen darauf, dass die Arbeitseinheiten<br />
gegen Ende kürzer werden. So kommt Ihr Kind immer<br />
schneller vorwärts. Wenn Sie die Pausen ebenfalls im Plan<br />
mit einem Kästchen versehen, ist das Kind motiviert, die<br />
Pausen wieder zu unterbrechen, da es wieder einen Punkt<br />
abhaken kann.<br />
Diese Hausaufgaben-Tipps und der Test auf Seite 63 sind<br />
erschienen in: Das Schweizer ElterMagazin Fritz+Fränzi,<br />
Ausgabe 6 / August 2015.<br />
62 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>
Hausaufgaben: Psychologie Ein & Gesellschaft Beziehungstest!<br />
Wie sieht die Beziehung zwischen Ihnen und Ihrem Kind während der Hausaufgaben / des Lernens aus?<br />
Machen Sie den Selbsttest: Denken Sie an einen typischen Schultag und antworten Sie aus dem Bauch heraus.<br />
Wenn ich mein Kind beim Lernen oder bei den Hausaufgaben betreue:<br />
Nie bis selten<br />
0<br />
Manchmal<br />
1<br />
1. Fühle ich mich meinem Kind nahe? 0 1 2<br />
2. Werde ich ungeduldig? 0 1 2<br />
3. Gibt es Momente, in denen mein Kind und ich gemeinsam lachen? 0 1 2<br />
4. Bin ich kurz davor, die Nerven zu verlieren? 0 1 2<br />
5. Lobe ich mein Kind? 0 1 2<br />
6. Fühle ich mich von meinem Kind provoziert? 0 1 2<br />
7. Berühre ich mein Kind liebevoll am Arm oder streichle ihm über den Kopf? 0 1 2<br />
8. Kritisiere ich die Leistung meines Kindes? 0 1 2<br />
9. Ermutige ich mein Kind? 0 1 2<br />
10. Weise ich mein Kind zurecht? 0 1 2<br />
11. Habe ich Freude am Umgang mit meinem Kind? 0 1 2<br />
12. Mache ich meinem Kind Vorwürfe, weil es sich nicht genügend konzentriert? 0 1 2<br />
13. Bilden wir ein gutes Team? 0 1 2<br />
14. Drohe ich meinem Kind mit Konsequenzen? 0 1 2<br />
15. Vertraue ich darauf, dass mein Kind seine Aufgaben auch alleine gut genug löst? 0 1 2<br />
16. Treibe ich mein Kind an? 0 1 2<br />
17. Freue ich mich über Fortschritte meines Kindes? 0 1 2<br />
18. Werde ich laut? 0 1 2<br />
19. Sorge ich für eine schöne Atmosphäre? 0 1 2<br />
20. Liege ich meinem Kind mit meinen Sorgen in den Ohren? 0 1 2<br />
21. Bin ich mir bewusst, wie viel mein Kind eigentlich leistet? 0 1 2<br />
22. Bestrafe ich mein Kind? 0 1 2<br />
23. Bin ich mir sicher, dass mein Kind seinen Weg finden wird? 0 1 2<br />
24. Verhalte ich mich meinem Kind gegenüber so, dass es mir hinterher leid tut? 0 1 2<br />
25. Frage ich mein Kind, wie es die Hausaufgaben angehen möchte? 0 1 2<br />
26. Sage ich meinem Kind, was es tun soll? 0 1 2<br />
27. Reagiere ich mit Humor, wenn es schwierig wird? 0 1 2<br />
28. Kontrolliere ich, wie gut mein Kind arbeitet? 0 1 2<br />
Oft<br />
2<br />
Auswertung:<br />
Rechnen Sie zuerst alle Punkte der Aussagen zusammen, die blau<br />
unterlegt sind. Tragen Sie sie in der untenstehenden Tabelle in die<br />
Spalte «positive Beziehungssignale» ein.<br />
Zählen Sie analog dazu alle Punkte der Aussagen zusammen, die weiss<br />
unterlegt sind, und tragen Sie diese in der Spalte «Negative Beziehungssignale»<br />
ein.<br />
Positive Beziehungssignale<br />
Negative Beziehungssignale<br />
wird eine Scheidung deutlich wahrscheinlicher. Das heisst: Die Zahl in<br />
der Spalte «Positive Beziehungssignale» sollte mindestens dreimal,<br />
besser fünfmal so gross sein wie die Zahl in der anderen Spalte.<br />
Ist dies nicht oder nur knapp der Fall, können Sie wie folgt vorgehen:<br />
Überlegen Sie sich, welches negative Beziehungssignal bei Ihrem Kind<br />
die heftigsten Reaktionen auslöst und welches positive Beziehungssignal<br />
bei häufigerem Einsatz die Stimmung beim Lernen am stärksten<br />
verbessern könnte.<br />
Notieren Sie sich hier Ihr Ziel: ____________________________________<br />
Die Psychologie hat sich mit der Frage befasst, wie das Verhältnis<br />
zwischen positiven und negativen Beziehungssignalen aussehen muss,<br />
damit eine gute Zusammenarbeit möglich ist. Wie ein Team um Marcel<br />
Losada mehrfach bestätigen konnte, müssen die positiven Beziehungssignale<br />
mindestens im Verhältnis 3:1 überwiegen, damit eine<br />
produktive Zusammenarbeit möglich ist.<br />
In der Paarforschung konnte der Psychologe John Gottman zeigen,<br />
dass es ein Verhältnis von fünf positiven zu einer kritischen Aussage<br />
braucht, damit eine Beziehung stabil ist. Bei einem Verhältnis unter 5:1<br />
Ich möchte seltener achten auf: __________________________________<br />
Darauf möchte ich häufiger achten: _______________________________<br />
Rufen Sie sich in den nächsten zwei Wochen Ihre Ziele jedes Mal kurz<br />
in Erinnerung, bevor Ihr Kind mit den Hausaufgaben oder dem Lernen<br />
beginnt. Die Stimmung zwischen Ihnen und Ihrem Kind wird<br />
sich schneller verbessern, wenn Sie sich bewusst auf einige wenige<br />
Veränderungen konzentrieren anstatt versuchen, alle Punkte<br />
gleichzeitig umzusetzen.<br />
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />
Frühjahr <strong>2017</strong>63
Service<br />
Vielen Dank<br />
Finanzpartner<br />
Dr. iur. Ellen Ringier<br />
Walter Haefner Stiftung<br />
an die Partner und Sponsoren der Stiftung Elternsein:<br />
Hauptsponsoren<br />
Credit Suisse AG<br />
Rozalia Stiftung<br />
UBS AG<br />
Impressum<br />
17. Jahrgang. Erscheint 10-mal jährlich<br />
Herausgeber<br />
Stiftung Elternsein,<br />
Seehofstrasse 6, 8008 Zürich<br />
www.elternsein.ch<br />
Präsidentin des Stiftungsrates:<br />
Dr. Ellen Ringier, ellen@ringier.ch,<br />
Tel. 044 400 33 11<br />
(Stiftung Elternsein)<br />
Geschäftsführer: Thomas Schlickenrieder,<br />
ts@fritzundfraenzi.ch, Tel. 044 261 01 01<br />
Redaktion<br />
redaktion@fritzundfraenzi.ch<br />
Chefredaktor: Nik Niethammer,<br />
n.niethammer@fritzundfraenzi.ch<br />
Verantwortlich für diese Ausgabe<br />
Nik Niethammer, Evelin Hartmann<br />
Verlag<br />
Fritz+Fränzi,<br />
Dufourstrasse 97, 8008 Zürich,<br />
Tel. 044 277 72 62,<br />
info@fritzundfraenzi.ch,<br />
verlag@fritzundfraenzi.ch,<br />
www.fritzundfraenzi.ch<br />
Business Development & Marketing<br />
Leiter: Tobias Winterberg,<br />
t.winterberg@fritzundfraenzi.ch<br />
Anzeigen<br />
Administration: Dominique Binder,<br />
d.binder@fritzundfraenzi.ch,<br />
Tel. 044 277 72 62<br />
Art Direction/Produktion<br />
Partner & Partner, Winterthur<br />
Bildredaktion<br />
13 Photo AG, Zürich<br />
Korrektorat<br />
Brunner Medien AG, Kriens<br />
Auflage der regulären Ausgabe<br />
(WEMF/SW-beglaubigt 2016)<br />
total verbreitet 101 725, davon verkauft 18 572<br />
Auflage dieser «<strong>Schule</strong>»-Ausgabe<br />
55 000<br />
Preis<br />
Jahresabonnement Fr. 68.–<br />
Einzelausgabe Fr. 7.50, iPad pro Ausgabe Fr. 3.–<br />
Abo-Service<br />
Galledia Verlag AG Berneck<br />
Tel. 0800 814 813, Fax <strong>05</strong>8 344 92 54<br />
abo.fritzundfraenzi@galledia.ch<br />
Für Spenden<br />
Stiftung Elternsein, 8008 Zürich<br />
Postkonto 87-447004-3<br />
IBAN: CH40 0900 0000 8744 7004 3<br />
Inhaltspartner<br />
Institut für Familienforschung und -beratung<br />
der Universität Freiburg / Dachverband Lehrerinnen<br />
und Lehrer Schweiz / Verband Schulleiterinnen und<br />
Schulleiter Schweiz / Jacobs Foundation /<br />
Elternnotruf / Pro Juventute / Interkantonale<br />
Hochschule für Heilpädagogik Zürich /<br />
Schweizerisches Institut für Kinder- und<br />
Jugendmedien<br />
Stiftungspartner<br />
Pro Familia Schweiz / Pädagogische Hochschule<br />
Zürich / Elternbildung CH / Marie-Meierhofer-<br />
Institut für das Kind / <strong>Schule</strong> und Elternhaus<br />
Schweiz / Schweizerischer Verband<br />
alleinerziehender Mütter und Väter SVAMV /<br />
Kinderlobby Schweiz / kibesuisse Verband<br />
Kinderbetreuung Schweiz<br />
SPINAS CIVIL VOICES<br />
78 Mal das Training verpasst.<br />
55 Mal das Wochenende durchgearbeitet.<br />
1 neues Medikament gegen Krebs entwickelt.<br />
Mit Ihrer Spende fördern wir engagierte Forscherinnen<br />
und Forscher, um die Behandlungsmethoden gegen Krebs<br />
64 <br />
immer weiter zu verbessern. PK 30-3090-1<br />
Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>
Service<br />
Wussten Sie, dass …<br />
Text: Claudia Landolt<br />
… Ihr Kind trotz Krankheit Hausaufgaben<br />
machen muss?<br />
Ist Ihr Kind krank, müssen Sie es bei der Lehrperson<br />
abmelden. Es muss die Hausaufgaben (und auch allfällige<br />
Tests) dennoch nachholen.<br />
… Ihr Kind auch in der ersten Klasse<br />
Anrecht auf zwei Jokertage hat?<br />
Bei Jokertagen handelt es sich um ein Ferienguthaben,<br />
das eine Schülerin oder ein Schüler während eines<br />
Schuljahres ohne Angaben von Gründen beanspruchen<br />
darf. Dieses gibt es in allen Kantonen der Schweiz<br />
(Ausnahme Tessin) und variiert zwischen zwei bis vier<br />
Halbtagen und bis zu zwei ganzen Tagen. Diese können<br />
auch als Ferienverlängerungen eingesetzt werden. Um<br />
einen Jokertag einzuziehen, müssen Eltern die Lehrperson<br />
im Vorfeld informieren.<br />
… es in der Schweiz eine offizielle<br />
<strong>Schule</strong> ohne Aufgaben, Prüfungen<br />
und Noten gibt?<br />
In der staatlich bewilligten Villa Monte im Kanton<br />
Schwyz können Kinder lernen, wie und was sie wollen,<br />
sie gestalten ihren Alltag völlig frei. Die Hausregeln<br />
sind auf drei Punkte beschränkt: auf den respektvollen<br />
Umgang miteinander, das Einhalten von Ordnung und<br />
einen nicht zu überschreitenden Aktionsradius um das<br />
Haus.<br />
… sich ein sechsjähriges Kind maximal<br />
fünfzehn Minuten konzen trieren<br />
kann?<br />
Höchstens eine Viertelstunde können sich fünf- bis<br />
siebenjährige Kinder im Durchschnitt konzentrieren.<br />
Bei Zehnjährigen steigt die Aufmerksamkeitsspanne<br />
auf etwa 20 Minuten. Das bedeutet: Die meisten Klagen<br />
über mangelnde Konzentration erwachsen aus un -<br />
realistischen Erwartungen von Erwachsenen. Das hat<br />
der Kölner Psychologieprofessor Gerhard Lauth festgestellt,<br />
der seit Jahren mit Kindern arbeitet. Das wissen<br />
die <strong>Schule</strong>n und arbeiten deshalb nicht nur mit<br />
unterschiedlichen Unterrichtssequenzen, sondern<br />
bieten in den Schulzimmern auch Ruhe- und Leseecken<br />
an, ein Trampolin und auf den Gängen sogar einen<br />
sogenannten Töggelikasten, an dem die Kinder sich<br />
«abreagieren» können.<br />
… sich in der Schweiz rund ein Fünftel<br />
der Bevölkerung in Ausbildung<br />
befindet?<br />
Gemäss Bundesamt für Statistik befinden sich rund<br />
1,5 Millionen Personen in Ausbildung. Der grösste Teil<br />
davon sind Kinder auf der Primarstufe; rund 450 350<br />
waren es laut der letzten Erhebung. Das sind fast doppelt<br />
so viele wie auf der Tertiärstufe, also der höheren<br />
Berufsbildung an Fachhochschulen und Universitäten.<br />
… Schwimmunterricht nicht überall<br />
obligatorisch ist?<br />
Schwimmen gehört zu den wichtigsten Bewegungskompetenzen,<br />
die ein Kind im Laufe der obligatorischen<br />
Schulzeit erlernen sollte. Entsprechend ist der<br />
Schwimmunterricht auch in den meisten kantonalen<br />
Lehrplänen vorgesehen. Diese Forderung wird von<br />
allen Lehrpersonen und auch von deren Dachverband<br />
LCH unterstützt. Deren konkrete Umsetzung sieht an<br />
vielen <strong>Schule</strong>n so aus, dass alle 14 Tage gemeinsam<br />
geschwommen statt geturnt wird. An anderen <strong>Schule</strong>n<br />
aber scheitert der Schwimmunterricht an der nicht<br />
vorhandenen Infrastruktur oder den sehr strengen<br />
Sicherheitsvorschriften.<br />
… dass Laustanten vor allem nach den<br />
Ferien viel zu tun haben?<br />
Läuse sind harmlose, aber lästige Viecher, weil sie nicht<br />
nur ganze Klassen, sondern auch ganze Familien befallen<br />
können. In <strong>Schule</strong>n sind sie besonders nach den<br />
Ferien häufig anzutreffen, warum, weiss keiner. Läuse<br />
krabbeln im direkten Kopfkontakt von einem Haarschopf<br />
zum anderen. Um der Plage Herr zu werden,<br />
kann die Schulleitung eine Laustante kontaktieren, die<br />
in der <strong>Schule</strong> die Kinder untersucht und die Eltern<br />
über die mögliche Behandlung informiert.<br />
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong><br />
Frühjahr <strong>2017</strong>65
Abgedruckt<br />
«Was hatten wir heute<br />
für einen schönen Tag»<br />
Das ist schon ein paar Wochen her,<br />
dass Anne in die <strong>Schule</strong> gekommen<br />
ist, aber ich werde den Tag nie vergessen.<br />
Sie haben eine wunderschöne<br />
Feier gemacht mit Schülern,<br />
Lehrern und Eltern als Publikum vor<br />
einer Bühne, auf der die Lehrerin<br />
stand und die neuen Schüler einzeln<br />
mit Namen rief. Jedes Kind<br />
musste auf die Bühne kommen, gab<br />
der Lehrerin die Hand und bekam<br />
eine Sonnenblume, und als alle da<br />
waren, erzählte sie ihnen eine Geschichte.<br />
Wissen Sie, was Antje und ich gedacht<br />
haben, als wir mit Anne im<br />
Auditorium sassen und warteten,<br />
dass sie aufgerufen wurde? Nie,<br />
haben wir gedacht, nie geht Anne<br />
allein an den ganzen Leuten vorbei,<br />
nie geht sie allein auf die Bühne,<br />
und nie gibt sie der Lehrerin allein<br />
die Hand. Never!<br />
Und was geschah, als die Lehrerin<br />
«Anne Hacke» rief? Anne stand auf,<br />
ging allein an den ganzen Leuten<br />
vorbei, allein auf die Bühne, und<br />
allein gab sie der Lehrerin die Hand.<br />
Einmal hat sie sich umgeschaut<br />
unterwegs. Und ich sass da, und mir<br />
zitterte die Unterlippe, aber geheult<br />
habe ich erst nachts, als ich aufwachte<br />
und wieder daran denken<br />
musste.<br />
Steht das Kind auf und geht allein<br />
weg von uns, dachte ich – das ist<br />
schön und schwer zugleich. Erziehen<br />
heisst, dachte ich noch, Kinder<br />
in Unabhängigkeit und Selbständigkeit<br />
zu führen, und davon haben wir<br />
wieder ein Stück geschafft – Antje<br />
vor allem natürlich, aber ich auch<br />
ein bisschen. Antje hat übrigens<br />
gesagt, sie hätte nachmittags im<br />
Garten hinter der Hecke Anne und<br />
Felix belauscht, ihren Freund und<br />
Schulkameraden, und Anne hätte<br />
gesagt: «Ach, was hatten wir heute<br />
für einen schönen Tag, Felix. Und<br />
morgen haben wir wieder so einen<br />
schönen.»<br />
Und ich auch, Leute. Ich auch!<br />
«Schöne Tage» aus: «Der kleine Erziehungsberater» von Axel Hacke, Verlag Antje Kunstmann, 2006, München<br />
66 Frühjahr <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Schule</strong>
SPINAS CIVIL VOICES<br />
«WÄRE ICH ALS MÄDCHEN<br />
IN NEPAL GEBOREN, HÄTTE ICH<br />
MIR DAS SCHREIBEN WOHL<br />
SELBST BEIBRINGEN MÜSSEN.»<br />
Federica de Cesco, Autorin<br />
Schweizer<br />
Frauen<br />
für Mädchen<br />
weltweit.<br />
Mädchen in Armutsregionen werden oft unterdrückt, ausgebeutet<br />
und ihrer Rechte beraubt. Als eines der grössten Kinderhilfswerke der Welt<br />
fördert Plan International gezielt Mädchen. Denn Mädchenbildung bedeutet<br />
Entwicklung – nicht nur für die Mädchen selbst, sondern auch für die Zukunft<br />
ihres Landes. Danke, dass Sie helfen: PC 85-496212-5, www.plan.ch
10% Rabatt auf alle SCOUT Schulthek-Sets.<br />
BON gültig bis 30.06.<strong>2017</strong>, einlösbar in der Papeterie<br />
in Ihrer Nähe.<br />
www.hermannkuhn.ch<br />
SCOUT Anzeige_EltrenMagazin_mit Spruch.indd 1 30.03.<strong>2017</strong> 19:32:32