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05/2017 Berufswahl-Spezial

Fritz + Fränzi

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Mai <strong>2017</strong><br />

<strong>Berufswahl</strong><br />

Was will ich<br />

werden?<br />

Alles Wissenswerte zur<br />

Stellensuche – auf 68 Seiten!<br />

Die Roboter kommen<br />

Welche Berufe<br />

verschwinden werden<br />

Cool bleiben!<br />

Wie Eltern ihre Kinder am<br />

besten unterstützen<br />

Welcher Job passt zu mir?<br />

Wie Jugendliche den<br />

richtigen Beruf finden


crbasel<br />

LERNE DRUCKTECHNOLOGIN,<br />

WERDE KUNSTTHERAPEUTIN.<br />

PROFIS KOMMEN WEITER.<br />

Eine Initiative von Bund, Kantonen und Organisationen der Arbeitswelt.<br />

2 Mai <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong>-<strong>Spezial</strong>


Sonderbeilage Mai <strong>2017</strong><br />

Sonderbeilage Mai <strong>2017</strong><br />

Sonderbeilage Mai <strong>2017</strong><br />

Bild: Vera Hartmann / 13 Photo<br />

Nik Niethammer<br />

Chefredaktor<br />

«Der Beruf sollte zum<br />

Kind passen und<br />

nicht den Ehrgeiz<br />

der Eltern befriedigen.»<br />

Bildungsforscher Markus Neuenschwander<br />

Macht, was euch am<br />

meisten Spass macht!<br />

Zum dritten Mal nach 2015 und 2016 möchten wir Sie, liebe<br />

Eltern, liebe Jugendliche, mit diesem Sonderheft fit machen<br />

für die <strong>Berufswahl</strong>. Mein Kollege Stefan Michel hat erneut<br />

zahlreiche Fakten und Informationen zusammengetragen,<br />

eingeordnet und gut verständlich aufbereitet. Wir gehen in<br />

diesem Heft der Frage nach, welche Berufe aufgrund der<br />

digitalen Revolution überflüssig werden, fragen, welcher Job<br />

zu welcher Person passt, und zeigen auf, dass gerade weniger<br />

beliebte Berufe die besten Perspektiven bieten.<br />

Liebe Schulabgänger und Lehrstellensuchende, lasst euch<br />

Zeit mit eurer Entscheidung. Wählt den Weg, der euch am<br />

meisten Spass macht. Und beherzigt den Rat des Informatikwissenschaftlers<br />

Oliver Bendel: «Be obachtet die<br />

Welt und fragt: Was könnte ich noch tun? Wofür<br />

gibt es eine Nachfrage?»<br />

Ihnen, liebe Eltern, wünsche ich vor allem eins:<br />

Geduld und Gelassenheit mit ihren Sprösslingen.<br />

Die packen das schon!<br />

Herzlichst, Ihr Nik Niethammer<br />

Sie hätten es fast aufs<br />

Cover geschafft:<br />

<strong>Berufswahl</strong><br />

Was will ich<br />

werden?<br />

Alles Wissenswerte zur<br />

<strong>Berufswahl</strong> – auf 68 Seiten!<br />

Geigenbauerin<br />

Corina Baumann<br />

<strong>Berufswahl</strong><br />

Was will ich<br />

werden?<br />

Alles Wissenswerte zur<br />

<strong>Berufswahl</strong> – auf 68 Seiten!<br />

Automatiker<br />

Sandro Allenbach<br />

Bild: Privat<br />

Die Autoren:<br />

Stefan Michel<br />

staunt immer wieder über<br />

15-Jährige, die wissen, welchen<br />

Beruf sie ausüben wollen.<br />

Selber hat der 44-Jährige viel<br />

länger gebraucht, um über ein<br />

Studium der Geschichte und<br />

Politikwissenschaft zum<br />

Journalismus zu finden. Heute<br />

arbeitet er freiberuflich und oft ausserhalb seines<br />

Büros. Damit bewegt er sich in der Arbeitswelt der<br />

Zukunft. Als Printjournalist verdient er sein Geld<br />

hingegen in einem Bereich, der seit Jahren als dem<br />

Untergang geweiht gilt.<br />

Bild: R. Adhietty/ 13Photo<br />

Roshan Adhihetty<br />

hat sich auf Porträts und<br />

Reportagen spezialisiert.<br />

Der Solothurner Fotograf<br />

hat nach 2016 zum zweiten<br />

Mal das <strong>Berufswahl</strong>-Heft<br />

fotografiert. Bekannt wurde<br />

der 26-Jährige mit seiner<br />

Arbeit «Nacktwanderer».<br />

Zwischen 2014 und 2016 begleitete er Nudisten<br />

in der Schweiz, Deutschland und Österreich. Die<br />

Bilder wurden mehrfach ausgezeichnet und in<br />

verschiedenen Ausstel lungen gezeigt.<br />

Was will ich<br />

werden?<br />

Alles Wissenswerte zur<br />

<strong>Berufswahl</strong> – auf 68 Seiten!<br />

<strong>Berufswahl</strong><br />

Koch-Lernender<br />

Lukas Heller<br />

Hier findest du deine Lehrstelle:<br />

www.yousty.ch<br />

Alle Lehrstellen täglich aktualisiert<br />

Schnupperlehrstellen aus allen Branchen<br />

Praktische & übersichtliche Online-Bewerbung


Welche Berufe<br />

verschwinden werden<br />

Wie Eltern ihre Kinder am<br />

besten unterstützen<br />

Wie Jugendliche den<br />

richtigen Beruf finden<br />

Mai <strong>2017</strong><br />

Inhalt<br />

<strong>Berufswahl</strong> / Mai <strong>2017</strong><br />

16 38 46<br />

Sandro Allenbach, 18, aus Steinhausen<br />

arbeitet im 3. Lehrjahr als Automatiker.<br />

Lou Diethelm will Grafiker werden. Die<br />

vielen Mitbewerber schrecken ihn nicht ab.<br />

Fetije Elshani: «Die Pflege ist nur etwas für<br />

starke, kluge und mitfühlende Menschen.»<br />

03 Editorial<br />

06 Ein Beruf – früher und heute<br />

08 Berufe mit Zukunft<br />

18 So werden wir arbeiten<br />

Viele Tätigkeiten werden bald von<br />

Robotern ausgeführt, sagt der<br />

Wissenschaftler Oliver Bendel.<br />

20 Angebot und (keine) Nachfrage<br />

Jedes Jahr bleiben Tausende<br />

Lehrstellen unbesetzt.<br />

26 Seltene Berufe<br />

Wer Küfer, Pelznäherin oder<br />

Orgelbauer lernt, wird nicht viele<br />

Kollegen haben.<br />

36 Lehre, Gymi oder was?<br />

Die Angst vor einer beruflichen<br />

Einbahnstrasse ist unbegründet.<br />

Solange man sich weiterbildet,<br />

stehen (fast) alle Wege offen.<br />

42 Lehrstellenplattform zum<br />

Online-Schnuppern<br />

44 Betreuungsberufe<br />

In der Pflege zeichnet sich ein<br />

Mangel an Fachkräften ab.<br />

50 Besondere Bedürfnisse<br />

Welche Unterstützung erfahren<br />

lernschwache Schüler bei der<br />

<strong>Berufswahl</strong>?<br />

52 Abbruch und Neustart<br />

60 Kann ich, was ich will?<br />

Ob man ein Berufsprofil erfüllt,<br />

entscheiden nicht nur die Noten.<br />

62 Service<br />

Adressen, Tipps und Tricks.<br />

64 Impressum<br />

66 «Rock Your Life!»<br />

Studierende unterstützen<br />

Jugendliche bei der <strong>Berufswahl</strong>.<br />

30 Eltern, haltet euch zurück!<br />

Mütter und Väter sollten bei der<br />

<strong>Berufswahl</strong> ihrer Kinder den<br />

eigenen Ehrgeiz hintanstellen, sagt<br />

Markus Neuenschwander.<br />

32 Das war noch nicht alles ...<br />

Manche Berufe lassen sich nicht<br />

direkt nach der Schule erlernen.<br />

54 Ich mache Karriere<br />

Ohne Studium in die Chefetage.<br />

56 Harziger Start ins Berufsleben<br />

Was tun, wenn es mit der<br />

Lehrstelle einfach nicht<br />

klappen will?<br />

Die Roboter kommen<br />

Cool bleiben!<br />

<strong>Berufswahl</strong><br />

Was will ich<br />

werden?<br />

Alles Wissenswerte zur<br />

Stellensuche – auf 68 Seiten!<br />

Welcher Job passt zu mir?<br />

Cover<br />

Desirée Schweizer,<br />

23, arbeitet im<br />

4. Lehrjahr als<br />

Automobil-<br />

Mechatronikerin.<br />

Bild: Roshan Adhihetty<br />

4 Mai <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong>


Berufsporträt<br />

Die Zukunft lernen –<br />

mit einer Ausbildung bei Roche<br />

60 Jahre<br />

Berufsbildung<br />

Eine Lehre bei Roche, in einem der weltweit<br />

führenden Unternehmen im forschungsorientierten<br />

Gesundheitswesen, legt den Grundstein<br />

für einen vielversprechenden Berufsweg.<br />

Denn die Berufsbildung Roche bietet erstklassige<br />

Ausbildungsgänge in 14 verschiedenen<br />

zukunftsorientierten Berufen an. Bei Roche<br />

entwickeln sich rund 300 Lernende zu Fachleuten,<br />

die jetzt und in Zukunft gefragt sind. Wer<br />

bei Roche lernt, kann seit 60 Jahren auf eine<br />

erstklassige Ausbildung zählen. Seit sechs<br />

Jahrzehnten ist eine Lehre bei Roche für viele<br />

jungen Menschen somit ein idealer Startpunkt<br />

in das Berufsleben mit vielfältigen Entwicklungsmöglichkeiten.<br />

hineinwachsen. So werden sie im Laufe der Ausbildung<br />

zu Experten auf dem jeweils gewünschten<br />

Gebiet.<br />

Das Schullabor EXPERIO Roche – begeistert,<br />

weckt und fördert Interessen<br />

Roche bietet mit dem Schullabor Schülerinnen und<br />

Schülern ab der 4. Primarschulklasse bis hin<br />

zum Gymnasium Workshops in den MINT-Bereichen<br />

Naturwissenschaft, Technik und Informatik an.<br />

Roche setzt somit Massstäbe beim Generieren von<br />

wichtigen Schlüsselerlebnissen und damit bei<br />

der Förderung der MINT-Berufe. Das Schullabor<br />

EXPERIO Roche ist sowohl in der Qualität der Ausstattung<br />

wie auch in der fachlichen und pädagogischen<br />

Betreuung einzigartig in der Schweiz.<br />

Modernste Infrastruktur im Roche Ausbildungszentrum<br />

in Kaiseraugst<br />

Im Ausbildungszentrum in Kaiseraugst befindet sich<br />

eine moderne Labor- und Werkstattinfrastruktur,<br />

die optimal auf die Bedürfnisse der Lernenden und<br />

der Fachbereiche bei Roche zugeschnitten ist.<br />

Die Jugendlichen können unter besten Bedingungen<br />

komplexe Aufgabenstellungen selbstständig lösen,<br />

wichtige Erfahrungen sammeln und in den Beruf<br />

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong><br />

Weitere Infos<br />

Informationen zur Berufslehre bei Roche und<br />

zum Schullabor EXPERIO Roche inklusive<br />

aller Kontaktdaten finden Sie im Internet unter:<br />

www.berufslehre.roche.ch<br />

und unter www.experio-roche.ch<br />

Mai <strong>2017</strong>5


F R Ü H E R<br />

Bild: akg images/Keystone<br />

1895<br />

Ein Meister mit zwei Gesellen und einem Lehrling in einer Berliner Backstube.<br />

6 Mai <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong>


H E U T E<br />

Bild: Gaetan Bally/Keystone<br />

2014<br />

Produktion von Vorspeise-Snacks aus Blätterteig bei der Roland Murten AG.<br />

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong><br />

Mai <strong>2017</strong>7


Wann übernehmen<br />

die Roboter?<br />

Die Frage, welchen Beruf sie ein Leben lang ausüben wollen, stellt sich den<br />

heutigen Schulabgängern nicht mehr. Eher müssen sie sich fragen, welche<br />

Berufe in zwanzig Jahren noch existieren. Und welche neuen Chancen<br />

sich auftun. Text: Stefan Michel Bilder: Roshan Adhihetty / 13 Photo<br />

8 Mai <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong>


Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong> Mai <strong>2017</strong>9


Selbstfahrende Autos,<br />

Roboter, die Kranke<br />

pflegen, Drohnen, die<br />

Pakete ausliefern – der<br />

technische Fortschritt<br />

wartet zurzeit mit spektakulären<br />

neuen Maschinen auf. Sie werden<br />

uns das Leben erleichtern, und sie<br />

werden einen immer grösseren<br />

Teil der Arbeit übernehmen, mit<br />

dem bisher Menschen ihr Geld<br />

verdient haben. Die viel zitierte<br />

Studie der beiden Oxford-Wissenschaftler<br />

Carl Frey und Michael<br />

Osborne prognostiziert, dass bis<br />

in zwanzig Jahren 47 Prozent der<br />

Berufe der Digitalisierung zum<br />

Opfer fallen. Das Erstaunlichste<br />

an der 702 Tätigkeiten umfassenden<br />

Liste: In den obersten dreissig<br />

Rängen dominieren Bürojobs:<br />

Einkäufer, Telefonverkäufer, Versicherungssachbearbeiter.<br />

In Fabriken haben Roboter<br />

eine lange Entwicklung hinter sich<br />

und werden immer genauer und<br />

geschickter. Im Gesundheitswesen<br />

sind es eher Prototypen, die zum<br />

Beispiel schweren Patienten >>><br />

Viele der heutigen<br />

Bürojobs wird es in<br />

zwanzig Jahren<br />

nicht mehr geben.<br />

Nach diesen Lehrstellen suchen<br />

die Jugendlichen am häufigsten<br />

1. Kaufmann/-frau EFZ Profil E, Profil B<br />

2. Detailhandelsfachmann/-frau EFZ<br />

3. Informatiker/-in EFZ<br />

4. Fachmann/-frau Gesundheit EFZ<br />

5. Medizinische/-r Praxisassistent/in EFZ<br />

6. Logistiker/-in EFZ<br />

7. Fachmann/-frau Betreuung EFZ<br />

8. Dentalassistent/-in EFZ<br />

9. Büroassistent/-in EBA<br />

10. Zeichner/-in EFZ<br />

Suche nach offenen Lehrstellen auf yousty.ch vom<br />

Lehrbeginn 2015 bis zum Lehrbeginn 2016 (August).<br />

Total der Abfragen: 560 <strong>05</strong>8.<br />

Ich erzähle<br />

«Manchmal<br />

schauen mich die<br />

Leute komisch an»<br />

Desirée Schweizer, 23, aus<br />

Bonaduz GR, arbeitet im<br />

4. Lehrjahr als Automobil-<br />

Mechatronikerin. Sie will einmal<br />

alles können, was mit Autos zu<br />

tun hat.<br />

«Am liebsten mag ich ja alte Autos.<br />

Mein Traum, einmal einen 67er<br />

Chevrolet Impala zu restaurieren,<br />

brachte mich dazu, die Lehre als<br />

Automobil-Mechatronikerin zu<br />

machen. Ich habe mich auch für<br />

Informatik und Hochbauzeichnerin<br />

interessiert. Schliesslich überwog<br />

aber das Interesse an Autos.<br />

Perfekt für mich ist, dass wir in<br />

meinem Lehrbetrieb nicht nur<br />

neue Autos warten und reparieren,<br />

sondern auch Oldtimer restaurieren.<br />

Diese Arbeit mag ich am<br />

liebsten. Aber ich will alles können,<br />

was man an einem Auto machen<br />

kann, und da gehört die Elektronik<br />

einfach dazu. Zum Beispiel erstelle<br />

ich mit den verschiedenen Testgeräten<br />

die Diagnose und behebe<br />

dann das Problem. Als junge Frau<br />

musste ich mich in der Garage<br />

natürlich besonders beweisen, und<br />

noch heute schauen mich einige<br />

komisch an, besonders, wenn ich<br />

mal eben an einem Auto eine de -<br />

fekte Glühlampe auswechsle. Nach<br />

der Lehre möchte ich die Weiterbildung<br />

zur Fahrzeug-Restauratorin<br />

machen – und mir irgendwann<br />

meinen Chevy Impala kaufen und<br />

restaurieren.»<br />

10


Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong> Mai <strong>2017</strong>11


12 Mai <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong>


Ich erzähle<br />

«Das ist genau<br />

mein Ding»<br />

Jeremy Grlj, 20, aus Biel BE,<br />

arbeitet im 2. Lehrjahr als<br />

Interactive Media Designer.<br />

Später möchte er ein Studium<br />

als Interaction Designer<br />

beginnen.<br />

«Weil ich keine Lehrstelle als Informatiker<br />

oder Mediamatiker fand,<br />

machte ich eine KV-Lehre bei<br />

Viscom, dem Arbeitgeberverband<br />

der grafischen Industrie. Während<br />

meiner Lehrzeit wurde dort das<br />

Berufsbild des Interactive Media<br />

Designer entwickelt. Das war genau<br />

mein Ding, denn Websites und<br />

andere kreative Arbeiten am Computer<br />

interessieren mich schon<br />

lange. Gleich nach dem KV-Lehrabschluss<br />

suchte ich eine neue Lehrstelle<br />

und erhielt nach einigen<br />

Absagen einen Vertrag bei meinem<br />

jetzigen Lehrbetrieb. Dass ich privat<br />

schon Websites gestaltet hatte,<br />

half mir sicher. Das ist nun auch<br />

meine Hauptbeschäftigung: We b-<br />

inhalte erstellen. Mal ist es ein Teil<br />

eines E-Shops, mal ein animiertes<br />

Werbebanner. Momentan gestalte<br />

ich Powerpoint-Vorlagen für einen<br />

Kunden. Wir lernen aber nicht primär<br />

zu programmieren, sondern<br />

wie Webinhalte gestaltet werden<br />

müssen, damit sie sich gut nutzen<br />

lassen und dem User ein positives<br />

Erlebnis ermöglichen. Nach der<br />

Lehre möchte ich mich in der Programmierung<br />

weiterbilden und<br />

vielleicht ein Studium als Interaction<br />

Designer machen.»<br />

Die am häufigsten gewählten Berufslehren<br />

Beruf Total Männer Frauen<br />

1. Kaufmann/-frau EFZ B + E 14 250 5 977 8 273<br />

2. Detailhandelsfachmann/-frau EFZ 5 077 2 049 3 028<br />

3. Fachmann/-frau Gesundheit EFZ 4 147 534 3 613<br />

4. Fachmann/-frau Betreuung EFZ 3 170 584 2 586<br />

5. Elektroinstallateur/-in EFZ 2 159 2 113 46<br />

6. Informatiker/-in EFZ 1 976 1 831 145<br />

7. Koch/Köchin EFZ 1 750 1 111 639<br />

8. Zeichner/-in EFZ 1 630 1 115 515<br />

9. Logistiker/-in EFZ 1 618 1 446 172<br />

10. Polymechaniker/-in EFZ 1 568 1 511 57<br />

Neu abgeschlossene Lehrverträge 2015.<br />

Quelle: Bundesamt für Statistik, aufbereitet durch Schweizerisches<br />

Dienstleistungszentrum Berufsbildung<br />

Mensch und Maschine als<br />

Tandem: Wir helfen ihnen,<br />

immer mehr von unserer<br />

Arbeit zu machen.<br />

>>> aufhelfen. «An vielen Orten<br />

werden Roboter im Tandem mit<br />

Menschen arbeiten», sagt Oliver<br />

Bendel. Der Professor sieht sich<br />

regelmässig die neusten Roboter<br />

an und entwickelt zusammen mit<br />

seinen Studierenden autonome,<br />

digital gesteuerte Maschinen.<br />

Bereits im Einsatz sind laut<br />

dem deutschen Experten Transport-<br />

und Lieferroboter als Testgeräte<br />

sowie Sicherheits- und<br />

Überwachungsroboter in Einkaufszentren<br />

und auf Betriebsgeländen.<br />

Die selbständig arbeitenden<br />

Maschinen sind das Gesicht<br />

der vierten industriellen Revolution,<br />

wie die jüngste Phase der<br />

Digitalisierung genannt wird.<br />

Im Büro sind es nicht Roboter,<br />

sondern autonome Computerprogramme,<br />

die Geschäftsberichte<br />

schreiben, Lohnbuch ha ltung<br />

führen, Bestellungen entgegennehmen<br />

und vieles mehr. An personalisierte<br />

Werbung im Internet<br />

haben wir uns längst gewöhnt.<br />

Software beobachtet unser Verhalten<br />

und zeichnet daraus ein immer<br />

genaueres Profil unserer Bedürfnisse<br />

und Vorlieben. In ähnlicher<br />

Weise lernen Programme, Arbeiten<br />

wie die oben genannten auszuführen.<br />

Menschliches Feedback<br />

hilft ihnen dabei, immer mehr zu<br />

verstehen und immer weniger<br />

Fehler zu machen.<br />

Übernehmen also bald die<br />

Maschinen? Was bleibt für uns<br />

Menschen? In der Vergangenheit<br />

entstanden stets mehr neue<br />

Arbeitsstellen, als alte ver- >>><br />

13


Viele Berufe werden nicht<br />

einfach verschwinden.<br />

Aber sie werden sich<br />

grundlegend verändern.<br />

Experten raten, sich nicht<br />

zu stark zu spezialisieren,<br />

sondern sich breites<br />

Wissen anzueignen.<br />

>>> loren gingen, wenn sich der<br />

technische Fortschritt beschleunigte.<br />

Der Übergang von der<br />

Landwirtschafts- zur Industrieund<br />

schliesslich zur Dienstleistungsgesellschaft<br />

hat Einkommen<br />

und Wohlstand in den Ländern<br />

des Nordens vervielfacht.<br />

Ob auch die Digitalisierung<br />

mehr Jobs schafft, als sie zerstört,<br />

ist umstritten. Die enorm gestiegene<br />

und weiterhin steigende<br />

Leistungsfähigkeit der Computer<br />

hat bis jetzt jedenfalls nicht für<br />

weniger Arbeit gesorgt. Alt-SP-<br />

Nationalrat und Ökonom Rudolf<br />

Strahm hält die Angst vor der<br />

Digitalisierung für unbegründet.<br />

Er diagnostiziert ein «Roboter-<br />

Syndrom bei profilierungssüchtigen<br />

amerikanischen Professoren<br />

und Buchschreibern». Die digitale<br />

Revolution werde massenhaft<br />

Fachkräfte brauchen, um voranzukommen,<br />

ist Strahm überzeugt.<br />

Einer der von Strahm angesprochenen<br />

Autoren ist Martin<br />

Ford. Er ist IT-Unternehmer und<br />

schrieb das preisgekrönte Buch<br />

«Aufstieg der Roboter», in welchem<br />

er Massenarbeitslosigkeit<br />

voraussagt. Gegenüber der «Neuen<br />

Zürcher Zeitung» anerkennt er,<br />

dass weiterhin neue Geschäftsfelder<br />

entstehen. Diese seien aber<br />

nicht sehr arbeitsintensiv. Ein<br />

Beispiel dafür ist Google, das 2015<br />

einen vergleichbaren Umsatz er -<br />

wirtschaftete wie der Industriekonzern<br />

Siemens (74,98 Milliarden<br />

Dollar bei Google, 75,69<br />

Milliarden Euro bei Siemens), dies<br />

jedoch mit weniger als einem<br />

Fünftel Angestellten (rund 61 000<br />

Mitarbeiter bei Google, 348 000<br />

Mitarbeiter bei Siemens).<br />

Bedrohte Berufe<br />

In welchem Beruf ist man denn<br />

für die Zukunft gewappnet? Wenn<br />

Roboter immer wichtiger werden,<br />

sind Leute gefragt, die Roboter<br />

konstruieren, bauen und programmieren<br />

können, also Konstrukteure,<br />

Automatiker, Informatiker<br />

und Ingenieure. Doch auch<br />

in Design und Entwicklung macht<br />

die Software rasch Fortschritte.<br />

Wo persönlicher Kontakt gefragt<br />

ist, können Maschinen die Menschen<br />

nicht ersetzen, ist eine gängige<br />

Vorstellung. Doch wie wir<br />

unserem Smartphone mündlich<br />

erklären, was es für uns tun soll,<br />

so geschieht das bereits an einzelnen<br />

Hotelrezeptionen und in<br />

bestimmten Einkaufszentren, wo<br />

Roboter die Kunden informieren.<br />

Er sei in San Francisco dem Roboter<br />

Pepper begegnet, der auch bald<br />

im Glattzentrum bei Zürich eingesetzt<br />

werde, erzählt Oliver Bendel.<br />

Doch die Vorstellung, dass<br />

Berufsleute von der Digitalisierung<br />

einfach beiseitegeschoben<br />

und entsorgt würden, ist sicherlich<br />

zu einfach. Aus dem Automechaniker<br />

ist der Automobil-<br />

Mechatroniker geworden, der von<br />

Apps und Updates ebenso viel<br />

versteht wie von Zylindern und<br />

Vergasern. Technische Zeichnerinnen<br />

üben heute einen anderen<br />

Beruf aus als die Generation vor<br />

ihnen. Trotzdem gibt es sie weiterhin.<br />

Bendel wie Ford empfehlen<br />

jungen Leuten, sich nicht zu sehr<br />

zu spezialisieren, sondern sich<br />

vielfältiges Wissen anzueignen<br />

und flexibel zu bleiben. Der<br />

Hochschulprofessor sieht in<br />

einem breit angelegten Studium<br />

am meisten Potenzial. Ein Hochschulabschluss<br />

kann auch in<br />

Zukunft nicht von der Mehrheit<br />

der Schweizerinnen und Schweizer<br />

erwartet werden. Doch es gibt<br />

mittlerweile in jeder Branche<br />

Weiterbildungsmöglichkeiten, die<br />

14 Mai <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong>


Digitalisierung<br />

Wie stark ist ein Beruf durch Robotertechnik und künstliche Intelligenz<br />

bedroht? Je höher der Prozentsatz, desto gefährdeter ist der Beruf.<br />

Beruf<br />

Gefährdung<br />

Bediener von Anlagen für fotografische Erzeugnisse 100 %<br />

Datenerfasser 100 %<br />

Fachleute technisch voranbringen<br />

und die auch berufsübergreifendes<br />

Wissen vermitteln. So fällt ein<br />

Branchenwechsel leichter.<br />

Für Rudolf Strahm ist dies der<br />

Schlüssel, wie er im «Tages-Anzeiger»<br />

schrieb: «Die adäquate Antwort<br />

auf die digitale Revolution<br />

heisst berufliche Weiterbildung,<br />

sie heisst, Neues hinzulernen, lernen<br />

und nochmals lernen. Da -<br />

durch verdrängt die vierte industrielle<br />

Revolution die Menschen<br />

nicht aus der Arbeit, sondern gibt<br />

ihnen neue Rollen und Funktionen<br />

in der Arbeit.»<br />

Digitalisierung schafft Freiheit<br />

Schaffen Digitalisierung und<br />

Robotisierung denn auch weitere<br />

neue Jobs, so wie in den Neunzigerjahren<br />

den Webdesigner oder<br />

jüngst den Social-Media-Manager?<br />

Oliver Bendel mutmasst, dass<br />

ein neuer Job darin bestehen könnte,<br />

Roboter an ihren Arbeitsort zu<br />

bringen und selbstfahrende Lastwagen<br />

bis zur Autobahn zu fahren,<br />

weil der Verkehr in den Siedlungsgebieten<br />

noch zu komplex für das<br />

autonome Navigieren ist. Auch<br />

müssten Kollaborationsroboter in<br />

der Produktion zunächst von<br />

Menschen trainiert werden. Andere<br />

neue Jobs hat das Internet<br />

bereits hervorgebracht: Die<br />

moderne, flexible Arbeitskraft<br />

kann ein Zimmer auf Airbnb vermieten,<br />

Uber-Fahrdienste verrichten<br />

oder das eigene Auto über<br />

Sharoo verleihen. Daneben >>><br />

Telefonverkäufer 100 %<br />

Nichtakademische Fachkräfte im Rechnungswesen 99 %<br />

Fachkräfte für Abrechnungs- und Speditionsdienstleistungen 99 %<br />

Sekretariatsfachkräfte im juristischen Bereich 99 %<br />

Produkttester und -klassierer (ohne Nahrungsmittel und Getränke) 99 %<br />

Mannequins/Dressmen und sonstige Modelle 99 %<br />

Bediener von Verpackungs-, Abfüll- und Etikettiermaschinen 99 %<br />

Bürokräfte in der Lohnbuchhaltung 98 %<br />

Quelle: www.job-trends.ch, eine Dienstleistung von Angestellte Schweiz,<br />

politan und x28<br />

Routineintensität<br />

Je wichtiger in einem Beruf Routinetätigkeiten sind, desto höher ist<br />

die Gefahr, dass Maschinen oder Computerprogramme diese<br />

übernehmen und die Berufsleute überflüssig machen. Je mehr ein Beruf<br />

situationsbezogenes Handeln oder abstraktes Denken erfordert, desto<br />

weniger ist er von der Digitalisierung gefährdet. Auch viele handwerkliche<br />

Berufe erfordern situationsbezogenes Handeln.<br />

Beruf<br />

Routineintensität<br />

Kodierer, Korrekturleser und verwandte Bürokräfte 100 %<br />

Schreibkräfte und Bediener von Textverarbeitungsanlagen 93 %<br />

Kassierer und Kartenverkäufer 93 %<br />

Sekretariatsfachkräfte im juristischen Bereich 92 %<br />

Sekretariatskräfte (allgemein) 92 %<br />

Bürokräfte in der Lohnbuchhaltung 91 %<br />

Bank- und andere Schalterbedienstete 88 %<br />

Nichtakademische Fachkräfte im Rechnungswesen 85 %<br />

Telefonisten 85 %<br />

Bürokräfte im Rechnungswesen und in der Buchhaltung 83 %<br />

Quelle: www.job-trends.ch, eine Dienstleistung von Angestellte Schweiz,<br />

politan und x28<br />

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong><br />

Mai <strong>2017</strong>15


kann sie für Amazon Me ­<br />

chanical Turk kleine Auftragsarbeiten<br />

am Computer verrichten.<br />

Eine Familie lässt sich so allerdings<br />

kaum ernähren.<br />

Arbeit auf Abruf werde in der<br />

Schweiz zunehmen, sagt eine<br />

Studie der Consulting-Firma<br />

Deloitte voraus. «Die Menschen<br />

arbeiten, wann sie wollen und so<br />

viel sie wollen», stellt es die Studie<br />

positiv dar. «Auf der anderen Seite<br />

fallen sie nicht mehr unter den<br />

geltenden Arbeitnehmerschutz»<br />

(z. B. Kündigungsschutz oder<br />

Sozialversicherungsbeiträge des<br />

Arbeitgebers), räumen die De ­<br />

loitte-Experten ein. Mehr Freiheit<br />

bedeutet hier auch weniger Sicherheit.<br />

Im Gegensatz zu Rudolf Strahm<br />

erwarten Oliver Bendel und<br />

Martin Ford, dass es in Zukunft<br />

weniger Arbeit für die Menschen<br />

geben wird und diese mehr Zeit<br />

zur freien Verfügung haben<br />

werden. Roboter und Software<br />

nehmen ihnen aber nicht nur<br />

Arbeit ab, sondern kosten sie auch<br />

Einkommen. Darum befürworten<br />

Bendel und Ford ein Grundeinkommen,<br />

wie es in der Schweiz<br />

kürzlich an der Urne abgelehnt<br />

worden ist.<br />

Noch ist alles Prognose und<br />

einiges Spekulation. Doch es<br />

zeichnet sich ab, dass der technische<br />

Fortschritt nicht nur die<br />

Arbeit an sich verändert, sondern<br />

die Art, wie wir leben. Es gibt viel<br />

dazuzulernen, nicht nur für die<br />

Berufseinsteiger.<br />

>>><br />

Ich erzähle<br />

«Ich muss<br />

hundertprozentig bei<br />

der Sache sein»<br />

Sandro Allenbach, 18, aus<br />

Steinhausen ZG, arbeitet im<br />

3. Lehrjahr als Automatiker. Er hat<br />

sich schon immer dafür interessiert,<br />

was in einer Maschine passiert.<br />

«Es faszinierte mich schon immer, wie<br />

sich eine Maschine bewegt und wie sie<br />

funktioniert. Ich habe auch als Polymechaniker<br />

und Elektroniker geschnuppert.<br />

Als Automatiker habe ich ein wenig von<br />

allem. Ich löte Schaltungen, baue aber<br />

auch ganze Maschinen zusammen, was<br />

körperlich anstrengend ist. Und ich<br />

muss mit dem Kopf hundertprozentig<br />

Neue Berufe<br />

Beruf<br />

bei der Sache sein, mitdenken und<br />

Lösungsvorschläge machen. In meinem<br />

Lehrbetrieb bauen wir nur Sondermaschinen,<br />

die in einer Fabrik irgendeinen<br />

speziellen Arbeitsschritt ausführen<br />

müssen. Manche könnte man auch<br />

Roboter nennen. Der Kunde sagt uns<br />

zum Beispiel, welche Teile die Maschine<br />

herstellen soll und in welcher Zeit. Dann<br />

entwickeln wir sie, bauen sie mechanisch<br />

auf und verdrahten sie. Programmiert<br />

wird die Anlage dann von einem<br />

Informatiker. Unsere Maschinen stehen<br />

in der ganzen Welt, und ein Ausgelernter<br />

oder mehrere gehen jeweils mit zum<br />

Kunden, um die Inbetriebnahme zu<br />

begleiten. Geschäftlich nach Mexiko<br />

oder Shanghai zu reisen, würde mir<br />

natürlich auch gefallen.»<br />

Inkraftsetzung<br />

Hotel-Kommunikationsfachfrau/-mann EFZ* <strong>2017</strong><br />

Hörsystemakustiker/-in EFZ 2016<br />

Fachfrau/-mann öffentlicher Verkehr EFZ 2015<br />

Entwässerungstechnologe/-in EFZ 2014<br />

Interactive Media Designer EFZ 2014<br />

Systemgastronomiefachfrau/-mann EFZ 2013<br />

Fachfrau/-mann Bewegungs- und Gesundheitsförderung<br />

EFZ<br />

2012<br />

Fachfrau/-mann Kundendialog EFZ 2011<br />

Veranstaltungsfachfrau/-mann EFZ 2011<br />

Bühnentänzer/-in EFZ 2009<br />

Arbeiten, wo und so viel man<br />

will – aber auch ohne Schutz<br />

und mit wenig Einkommen.<br />

* EFZ: Eidgenössisches Fähigkeitszeugnis<br />

Quelle: Staatsekretariat für Bildung, Forschung<br />

und Innovation SBFI<br />

16


Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong> Mai <strong>2017</strong>17


«Langfristige Verträge und<br />

feste Arbeitsplätze<br />

werden verschwinden»<br />

Oliver Bendel ist <strong>Spezial</strong>ist für Mensch-Maschinen. Ein Gespräch mit dem<br />

Informatik wissenschaftler über aussterbende Berufe, die Frage, wie Roboter<br />

unseren Alltag verändern, und die Zukunft des Baugewerbes. Interview: Stefan Michel<br />

Herr Bendel, wie gross ist das Risiko,<br />

dass ein Verkäufer im Supermarkt<br />

in zwanzig Jahren von Robotern<br />

oder Computerprogrammen<br />

abgelöst wird?<br />

Sehr gross. Bediente Kassen gibt<br />

es bald nicht mehr. Wo fachliche<br />

Beratung gefragt ist, wird es weiter<br />

Menschen brauchen – auch wenn<br />

eine Maschine eher als ein Mensch<br />

3000 Produkte vergleichen und<br />

eine Empfehlung abgeben kann.<br />

Wie sieht es im kaufmännischen<br />

Bereich aus?<br />

Bei Banken und Versicherungen<br />

werden massiv Stellen wegbrechen.<br />

Das liegt auch am Verhalten<br />

der Kunden, die sich immer seltener<br />

persönlich beraten lassen wollen.<br />

Sie wollen ihre Versicherung<br />

spontan mit drei Klicks über das<br />

Smartphone abschliessen.<br />

«Bei Versicherungen und<br />

Banken brechen massiv<br />

Stellen weg. Bediente Kassen<br />

gibts schon bald nicht mehr.»<br />

Wie sicher sind die Jobs im Gesundheits-<br />

und Betreuungswesen?<br />

Ich glaube, dass das noch lange<br />

eine menschliche Domäne bleiben<br />

wird. Obwohl schon viele Prototypen<br />

von Pflegerobotern vorhanden<br />

sind. Ich halte diese für sinnvoll,<br />

wenn sie beispielsweise der<br />

Pflegefachkraft helfen, einen<br />

schweren Menschen umzubetten.<br />

Ich greife mal einen handwerklichen<br />

Beruf heraus: den Koch.<br />

Ich glaube nicht, dass es je einen<br />

Roboter geben wird, der sehr gut<br />

kochen kann. Diese Arbeit geht ins<br />

Kreative, ins Künstlerische hinein.<br />

Nur der Mensch kann schmecken.<br />

Vielleicht kann irgendwann ein<br />

Roboter feststellen, ob der Wein<br />

Zapfen hat.<br />

Sind kreative Tätigkeiten vor<br />

Maschinen sicher?<br />

Nein, das sind sie nicht. Wenn<br />

Programme mit Daten gefüttert<br />

werden, können sie beispielsweise<br />

prima Autos konstruieren oder<br />

auch simple Texte schreiben.<br />

Welche Zukunft sehen Sie für das<br />

Baugewerbe?<br />

Da ist die Robotisierung schon ein<br />

Stück weit gediehen. Fertigbauteile<br />

werden in Fabriken hergestellt.<br />

Es gibt 3-D-Drucker, die Häuser<br />

ausdrucken. Doch gerade der<br />

3-D-Druck im Bau wird nur in<br />

visionären Projekten eingesetzt.<br />

Um Gebäude von Robotern oder<br />

3-D-Druckern hochziehen zu lassen,<br />

sind riesige und komplexe<br />

Maschinen nötig, die enorm teuer<br />

sind. Ich bin überzeugt, dass es<br />

auch in dreissig Jahren noch Bauarbeiter<br />

geben wird.<br />

Wo werden wir sonst noch Roboter<br />

in unserer Arbeitswelt oder im Alltag<br />

antreffen?<br />

In vielen Bereichen werden Ko -<br />

operations- und Kollaborationsroboter<br />

immer wichtiger. Früher<br />

waren die Roboter in der Produktion<br />

hinter Gittern, damit sie Menschen<br />

nicht gefährden. Heute<br />

arbeiten sie im Abstand von Zentimetern<br />

mit uns zusammen. In<br />

einem BMW-Werk in den USA<br />

beispielsweise gibt es einen Roboter,<br />

der zusammen mit einem<br />

Menschen Türen montiert und<br />

dabei Türdichtungen eindrückt.<br />

Transportroboter bringen in Fabriken<br />

oder auf Firmengeländen<br />

selbständig Material von einem<br />

Ort zum anderen. Die Schweizerische<br />

Post hat einen Paketroboter<br />

getestet. Nun sind die Lieferdrohnen<br />

dran.<br />

18 Mai <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong>


Eigentlich sind Roboter nichts Neues.<br />

Was hat sich geändert, dass sie<br />

so im Gespräch sind?<br />

Früher waren die Roboter hoch<br />

spezialisiert. Jetzt können sie verschiedene<br />

Tätigkeiten übernehmen.<br />

Man kann ihre Arme be ­<br />

wegen und sie so trainieren.<br />

Einige können durch Beobachten<br />

dazulernen. Die künstliche Intelligenz<br />

macht das möglich.<br />

Sehen Sie im Zusammenhang mit<br />

Robotern neue Berufe für Menschen<br />

entstehen?<br />

Ich könnte mir vorstellen, dass es<br />

Menschen braucht, die Roboter an<br />

ihren Einsatzort bringen. Oder<br />

Chauffeure, die Lastwagen zur<br />

Autobahn fahren, wo sich diese<br />

dann autonom fortbewegen.<br />

Welche Veränderungen in der<br />

Arbeitswelt sehen Sie sonst noch<br />

kommen?<br />

Das langfristige Arbeitsverhältnis<br />

und der feste Arbeitsplatz werden<br />

wohl verschwinden. Wir arbeiten<br />

immer mehr auf Nachfrage, und<br />

zwar dort, wo es uns gerade<br />

braucht. Und wir werden wohl<br />

unsere Tätigkeit immer wieder<br />

wechseln.<br />

Welche Ausbildung empfehlen Sie<br />

jungen Leuten, damit sie in zwanzig<br />

Jahren nicht von einer Maschine<br />

überflüssig gemacht werden?<br />

Die besten Chancen sehe ich für<br />

Menschen, die ein generalistisches<br />

Studium absolvieren und sich ein<br />

breites Wissen aneignen. Vor allem<br />

aber rate ich zu der Ausbildung,<br />

die einem am meisten Spass macht.<br />

Man darf sich jedoch nicht auf<br />

einen Beruf und eine Tätigkeit<br />

versteifen. Wer eine Schreinerlehre<br />

macht, sollte auch fähig sein,<br />

strategische Entscheide im Zusammenhang<br />

mit Holz zu fällen. Ich<br />

empfehle, die Welt zu beobachten<br />

und zu überlegen: Was könnte ich<br />

noch tun? Wofür gibt es eine<br />

Nachfrage?<br />

«Die besten Zukunftschancen<br />

haben Jugendliche mit einem<br />

generalistischen Studium<br />

und breitem Wissen.»<br />

Zur Person<br />

Oliver Bendel ist Germanist, Philosoph,<br />

Informationswissenschaftler und Doktor der<br />

Wirtschaftsinformatik. Als Professor der Fachhochschule<br />

Nordwestschweiz beschäftigt er sich besonders mit<br />

autonom funktionierenden Maschinen und<br />

Computerprogrammen sowie den ethischen Fragen,<br />

die sich daraus ergeben. Ein weiteres <strong>Spezial</strong>gebiet sind<br />

Mensch-Maschinen und künstliche Kreaturen in Texten<br />

von der Antike bis heute. Oliver Bendel hat mehrere Romane<br />

veröffentlicht.<br />

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Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong><br />

Mai <strong>2017</strong>19


Lehrlinge<br />

gesucht<br />

Jedes Jahr bleiben Tausende Lehrstellen<br />

unbesetzt. Gleichzeitig erhalten Tausende<br />

Jugendliche keinen Lehrvertrag. Dabei bieten<br />

gerade einige weniger beliebte Berufe gute<br />

Perspektiven. Text: Stefan Michel Bilder: Roshan Adhihetty / 13 Photo<br />

20 Mai <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong>


Ich erzähle<br />

«Jeder Schaden<br />

ist anders»<br />

Lars Werner, 19, aus Alten ZH,<br />

arbeitet im 4. Lehrjahr als<br />

Carrosserie-Spengler. An<br />

Weiterbildung denkt er noch<br />

nicht.<br />

«Seit der ersten Klasse wollte ich<br />

Schreiner werden. Doch in der<br />

Schnupperlehre merkte ich, dass<br />

das nicht das Richtige ist für mich.<br />

Meinen Lehrbetrieb lernte ich eher<br />

zufällig kennen: an einem Tag der<br />

offenen Tür. Ich ging dann<br />

schnuppern und erhielt auf meine<br />

Bewerbung hin eine Lehrstelle.<br />

Automobil-Mechatroniker hätte<br />

mich auch interessiert. Aber mir<br />

scheint, dass die vor allem Teile<br />

auswechseln. Ich mag es, dass wir<br />

reparieren, was kaputt ist. Jeder<br />

Schaden ist anders, das ist die<br />

Abwechslung in meinem Beruf. Der<br />

Vorher-Nachher-Effekt ist gross,<br />

und es ist eine Freude, wenn der<br />

Kunde am Schluss glücklich ist.<br />

Manche bedanken sich sogar mit<br />

einer Karte oder bringen ein Znüni<br />

vorbei. In der Berufsschule höre ich<br />

manchmal, wo überall Carrosserie-<br />

Spengler gesucht werden. Ich habe<br />

den Beruf aber nicht gewählt, weil<br />

viele Stellen offen sind, sondern<br />

weil mir die Arbeit mit Autos Spass<br />

macht. An Weiterbildungen denke<br />

ich noch nicht. Ich freue mich<br />

darauf, einfach mal arbeiten zu<br />

können.»<br />

21


Irgendwo am Übergang von<br />

der Primarschule in die<br />

Oberstufe geht das Interesse<br />

am Handwerk verloren.<br />

Waren vorher Automechaniker<br />

oder Coiffeuse noch<br />

Wunschberufe, sind gegen Ende<br />

der Schulzeit Bürojobs und Be ­<br />

treuungsarbeit gefragt. Betriebe,<br />

die Kaufleute oder Informatiker<br />

ausbilden, werden mit Bewerbungen<br />

überhäuft. Lehrstellen für<br />

Elektroinstallateure, Köchinnen<br />

oder Maurer bleiben zu Tausenden<br />

unbesetzt.<br />

Das Lehrstellenbarometer des<br />

Bundes nennt bei Lehrbeginn im<br />

August 2016 rund 10 000 offene<br />

Lehrstellen – mehr als jede zehnte<br />

Lehrstelle in der Schweiz konnte<br />

nicht besetzt werden. Besonders<br />

betroffen sind das verarbeitende<br />

Gewerbe (Bäcker, Metzger, Schreiner<br />

usw.), die Dienstleistungen<br />

(Coiffeuse, Koch, Restaurantangestellte<br />

usw.) und technische Berufe<br />

(Elektroinstallateur, Polymechaniker,<br />

Sanitärinstallateur usw.).<br />

Gleichzeitig fanden 11 000 Ju ­<br />

gendliche 2016 keine Lehrstelle.<br />

Gute Perspektiven im Handwerk<br />

Noch immer lassen sich Tausende<br />

junge Menschen zu Mechanikern<br />

oder Köchinnen ausbilden.<br />

Schmutzige Hände schrecken nur<br />

eine Minderheit ab. Aber auch<br />

wenn nur zwei von zehn >>><br />

Bäcker, Coiffeur oder<br />

Polymechanikerin? Hier<br />

gibt es noch Lehrstellen.<br />

Ich erzähle<br />

«Französisch<br />

zu sprechen, ist<br />

heute kein<br />

Problem mehr»<br />

Alexandra Zollet, 18, aus<br />

Wünnewil FR, arbeitet im<br />

3. Lehrjahr als Coiffeuse. Später<br />

will sie im Beruf bleiben und<br />

sich vielleicht zur Stylistin<br />

weiterbilden.<br />

«Ich wuchs auf einem Bauernhof<br />

auf. Doch ich wollte einen Beruf, bei<br />

dem ich mit den Händen kreativ<br />

arbeiten kann. Ich schnupperte<br />

auch als Schneiderin, aber Coiffeuse<br />

gefiel mir besser. Ich konnte<br />

dann gleich im Schnupperbetrieb<br />

die Lehre machen, ohne eine zwei­<br />

te Bewerbung zu schreiben. Die<br />

grösste Herausforderung am<br />

Anfang war, dass ich mit vielen<br />

Kundinnen und Kunden französisch<br />

sprechen muss, Freiburg ist<br />

ja zweisprachig. Nach fast drei Jahren<br />

Lehre ist das kein Problem<br />

mehr. Ganz besonders gefällt es<br />

mir, Menschen zu beraten, was zu<br />

ihnen passen könnte. Wenn sie<br />

danach glücklich hinausgehen,<br />

einige sogar mit neuem Selbstbewusstsein,<br />

ist das ein super<br />

Gefühl für mich. Meine Freunde<br />

kommen gerne zu mir in den Salon,<br />

um sich von mir ihre Haare schneiden<br />

oder stylen zu lassen. Nach der<br />

Lehre möchte ich im Beruf bleiben<br />

und Erfahrungen sammeln. Vielleicht<br />

bilde ich mich irgendwann<br />

noch zur Stylistin oder in Make-up<br />

weiter.»<br />

22


Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong> Mai <strong>2017</strong>23


Ich erzähle<br />

«In der Küche<br />

gefällt es mir<br />

besser als auf<br />

der Baustelle»<br />

Lukas Heller, 18, aus<br />

Grindelwald BE, ist Koch-<br />

Lernender im 2. Lehrjahr. Später<br />

möchte er im Ausland arbeiten<br />

– oder er übernimmt das Hotel<br />

seiner Eltern.<br />

«Meine Eltern führen ein Vier-<br />

Sterne-Hotel in Grindelwald. Trotzdem<br />

konnte ich frei entscheiden,<br />

welchen Beruf ich lernen will. Ich<br />

habe auch als Elektroinstallateur<br />

geschnuppert, weil mich die<br />

Technik fasziniert. Aber in der<br />

Küche gefällt es mir doch besser<br />

als auf der Baustelle. Nun lerne ich<br />

in einem eher kleinen Betrieb mit<br />

Gourmetküche. Ich mag die<br />

Vielseitigkeit der Arbeit. Ich mache<br />

jeden Tag etwas anderes. Im ersten<br />

Jahr lernte ich die kalte Küche, vor<br />

allem Salate und Desserts, im zweiten<br />

Gemüse und Beilagen. Jetzt<br />

freue ich mich auf Fleisch und Saucen.<br />

Die Stimmung in unserer<br />

Küche ist gut. Dass ich regelmässig<br />

am Abend arbeite, stört mich nicht.<br />

In meiner Berufsschulklasse haben<br />

ein paar die Lehre abgebrochen.<br />

Mir scheint, das sind Leute, die<br />

nicht wirklich etwas aus ihrem<br />

Leben machen wollen. Nach der<br />

Lehre möchte ich an verschiedenen<br />

Orten Erfahrungen sammeln, gerne<br />

auch im Ausland. Gut möglich, dass<br />

ich irgendwann das Hotel meiner<br />

Eltern übernehme. Es kann aber<br />

auch ganz anders kommen. Ich bin<br />

frei in meiner Entscheidung.»


Lehrstellen pro Jahr unbesetzt<br />

bleiben, summiert sich das<br />

über die Jahre zu Tausenden<br />

fehlenden Fachleuten. Die betroffenen<br />

Branchen reagieren mit<br />

Imagekampagnen und der Aufwertung<br />

ihrer Berufslehren,<br />

manche auch, indem sie neben<br />

anspruchsvollen drei- und vierjährigen<br />

EFZ-Lehren zwei- oder dreijährige<br />

EBA-Lehren anbieten. Im<br />

Bau gewerbe übernehmen junge<br />

Erwachsene Anfang zwanzig Führungspositionen,<br />

weil die Berufsleute<br />

fehlen.<br />

Hier liegt ein Paradoxon der<br />

Be rufsbildung in der Schweiz: Die<br />

Aufstiegschancen sind in technischen<br />

und handwerklichen Berufen<br />

besonders gross. Die Gefahr<br />

der Digitalisierung ist in vielen<br />

handwerklichen Berufen wesentlich<br />

kleiner als in vielen Bürojobs.<br />

Spannend ist das Arbeiten mit<br />

Kopf und Händen sowieso.<br />

>>><br />

Die betroffenen Branchen<br />

reagieren mit<br />

Imagekampagnen.<br />

Berufsporträt<br />

Forme deine Zukunft mit<br />

neuen Perspektiven.<br />

zkb.ch/lehrstellen<br />

Deine Lehrstelle als Kauffrau / Kaufmann Branche Bank<br />

Mit einer kaufmännischen Lehrstelle bei<br />

der Zürcher Kantonalbank schaffst du dir<br />

ein sicheres Fundament für deine berufliche<br />

Zukunft. Während deiner Ausbildung am<br />

Arbeitsplatz absolvierst du verschiedene<br />

Einsätze in unterschiedlichen Abteilungen.<br />

Dabei wirst du sowohl in deiner Heimfiliale<br />

als auch in zentralen Lernwerkstätten eingesetzt.<br />

Verschiedene interne Ausbildungen<br />

vertiefen deine betrieblichen Kenntnisse<br />

und fördern deine Beratungskompetenz.<br />

Die überbetrieblichen Kurse am CYP ergänzen<br />

Für die anspruchsvolle und abwechslungsreiche<br />

Ausbildung bringst du Interesse<br />

am Bankgeschäft und an wirtschaftlichen<br />

Zusammenhängen mit. Du überzeugst durch<br />

Initiative und Lernwille, hast Freude am<br />

Kundenkontakt und zeichnest dich durch<br />

Neugier, Zuverlässigkeit und Engagement<br />

aus.<br />

Mit dem Eidgenössischen Fähigkeitszeugnis<br />

verfügst du über gute Perspektiven für dein<br />

Berufsleben im Banking. Neben attraktiven<br />

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bieten wir dir viel-


Die seltensten<br />

Berufe<br />

der Schweiz<br />

In einigen Berufen braucht es jährlichTausende<br />

Lehrabsolventen, in anderen nur eine Handvoll.<br />

Küfer, Pelznäherin und Orgelpfeifenbauer gehören<br />

zu den seltensten Berufen hierzulande. Text: Stefan Michel<br />

Bild: Roshan Adhihetty / 13 Photo<br />

Dass ein Beruf selten<br />

ist, macht ihn noch<br />

nicht zwingend<br />

interessant. Doch<br />

es sind viele spezielle<br />

handwerkliche oder technische<br />

Tätigkeiten unter den seltensten<br />

Berufen der Schweiz. So<br />

wird nur alle paar Jahre ein Küfer<br />

ausgebildet, also ein Holzhandwerker,<br />

der Weinfässer herstellt.<br />

Das Bundesamt für Statistik<br />

listet für 2015 insgesamt 31 Berufe*<br />

auf, in denen sich jeweils nur<br />

eine einzige Person in der Lehre<br />

befand, darunter eine Pelznäherin,<br />

ein Orgelpfeifenbauer und<br />

eine Papiertechnologin.<br />

Dabei ist nicht nur altes Handwerk<br />

unter den seltenen Berufen.<br />

Neben der Papiertechnolo- >>><br />

Nur alle paar Jahre<br />

wird ein Küfer<br />

ausgebildet.<br />

Ich erzähle<br />

«Pro Jahr gibt es<br />

zwei Lehrstellen.<br />

Ich bekam<br />

eine davon»<br />

Corina Baumann, 21, aus<br />

Brienz BE, ist Geigenbauerin<br />

im 1. Lehrjahr. Sie hat ihren<br />

Traumberuf gefunden.<br />

«Nach der Matura wusste ich<br />

immer noch nicht, was ich machen<br />

wollte. Schon lange spielte ich<br />

Geige, ich liebte das Fach Bildnerisches<br />

Gestalten – warum nicht<br />

Geigenbauerin werden? Ich machte<br />

die zweitägige Eignungsprüfung<br />

an der Geigenbauschule<br />

Brienz, dem einzigen Ort in der<br />

Schweiz, wo regelmässig Geigenbauer<br />

ausgebildet werden. Tatsächlich<br />

erhielt ich einen der zwei<br />

Ausbildungsplätze, die es pro Jahr<br />

gibt. Nun arbeite ich an meiner<br />

zweiten Geige. Vorgesehen ist,<br />

dass man während der vierjährigen<br />

Lehre acht Instrumente baut,<br />

darunter ein Cello und eine Bratsche.<br />

Man muss nicht unbedingt<br />

perfektionistisch sein, aber Ge ­<br />

duld und Genauigkeit gehören<br />

dazu. Bis Geigendecke und Geigenboden<br />

die richtige Wölbung<br />

haben, hobelt und schleift man<br />

mehrere Monate. Und immer wieder<br />

gibt es Arbeitsschritte, die<br />

ganz genau sein müssen, weil<br />

nicht jeder Fehler korrigiert werden<br />

kann. Im Berufsalltag ist der<br />

Neubau von Instrumenten die<br />

Ausnahme. Meistens reparieren<br />

oder restaurieren Geigenbauer<br />

bestehende Streichinstrumente.<br />

Auch auf diese Arbeit freue ich<br />

mich. Ja, ich lerne meinen Traumberuf.»<br />

26


Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong> Mai <strong>2017</strong>27


37 Personen machten<br />

2015 die Ausbildung zur<br />

Theatermalerin.<br />

>>> gin lernt auch der einzige<br />

Mikrozeichner in der <strong>Spezial</strong>isierung<br />

Stanzwerkzeuge und Giessformen<br />

seinen Beruf in einem<br />

modernen Industriebetrieb.<br />

Bei gewissen Tätigkeiten würde<br />

man weniger Lernende vermuten:<br />

Wer hätte gedacht, dass 2015<br />

immerhin 37 Personen die Lehre<br />

zur Theatermalerin machten oder<br />

sich 40 Matrosen der Binnenschifffahrt<br />

in Ausbildung befanden?<br />

Auf der anderen Seite gibt es<br />

Berufe, die immer seltener werden,<br />

bis sie schliesslich aussterben.<br />

So wurde der Beruf des Fotolaboranten<br />

aus der offiziellen Liste<br />

gestrichen, weil es im Zeitalter der<br />

Digitalfotografie kaum noch<br />

jemanden braucht, der Fotos ab<br />

Negativ entwickelt.<br />

Andere traditionsreiche Ge ­<br />

werbe haben beste Chancen, noch<br />

lange zu bestehen, zum Beispiel<br />

der Geigenbau: Solange Streichinstrumente<br />

gespielt werden,<br />

braucht es Fachleute, die sie herstellen<br />

und reparieren können.<br />

Die zwei bis drei Lernenden, die<br />

jedes Jahr die Lehre abschliessen,<br />

werden keine Mühe haben, eine<br />

Stelle zu finden.<br />

>>><br />

* Zahlen des Bundesamtes für<br />

Statistik. Die meisten dieser<br />

31 Berufe (sowie der 64 Berufe<br />

ohne Lernende 2015) sind als<br />

EFZ- oder EBA-Lehren neu<br />

strukturiert worden und haben<br />

unter der neuen Bezeichnung<br />

viel mehr Lernende.<br />

Berufe, die es seit 2007 nicht mehr gibt<br />

• Bahnbetriebsdisponent/-in<br />

• Bahnbetriebssekretär/-in<br />

• Bahnbüroangestellte/-r<br />

• Berufssportler/-in<br />

• Cheminist/-in<br />

• Etuismacher/-in<br />

• Fotolaborant/-in<br />

• Glasmacher/-in (NW)<br />

• Hohlglasschleifer/-in (NW)<br />

• Kuvertmaschinenführer/-in<br />

• Laborist/-in<br />

• Luftverkehrsangestellte/r<br />

• Metalldrücker/-in<br />

• Spengler-Sanitärinstallateur/-in<br />

• Tiefdruckgraveur/-in<br />

• Zementmaschinist/-in<br />

• Zinngiesser/-in (ZH)<br />

• Zugbegleiter/-in<br />

Die meisten Berufe sind in einen anderen Beruf übergegangen.<br />

Quelle: Staatsekreatriat für Bildung, Forschung und Innovation SBFI<br />

Die seltensten Berufe der Schweiz<br />

Beruf Total Männer Frauen<br />

Gusstechnologe/-in EFZ 4 2 2<br />

Holzhandwerker/-in EFZ 3 2 1<br />

Geigenbauer/-in 3 0 3<br />

Marmorist/-in EFZ 3 3 0<br />

Korb- und Flechtwerkgestalter/-in EFZ 3 0 3<br />

Glasapparatebauer/-in 3 2 1<br />

Vergolder/-in / Einrahmer/-in EFZ 2 1 1<br />

Etuismacher/-in 2 1 1<br />

Glasmaler/-in EFZ 2 0 2<br />

Industriekeramiker/-in EFZ 1 1 0<br />

Anzahl 2015 abgeschlossene Lehrverträge. Berufe, in denen 2015 keine<br />

Lehrverträge abgeschlossen wurden, erscheinen nicht. Nicht<br />

berücksichtigt wurden Berufslehren unter der alten Bezeichnung,<br />

wenn bereits eine EFZ-Lehre besteht.<br />

Quelle: Bundesamt für Statistik, aufbereitet durch Schweizerisches<br />

Dienstleistungszentrum Berufsbildung<br />

28 Mai <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong>


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Die textile Berufswelt ist ein Arbeitsfeld für neugierige junge Menschen, die Freude an textilen Materialien und technisches Verständnis mitbringen.<br />

Ausbildung in einer der innovativsten<br />

Branchen der Schweiz<br />

Die verschiedenen textilen Grundbildungen mit eidgenössischem<br />

Fähigkeitszeugnis (EFZ) und eidgenössischem Berufsattest<br />

(EBA) vermitteln fundiertes Fachwissen, sind attraktiv,<br />

spannend, vielfältig und bieten hervorragende Weiterbildungs-<br />

und Karrieremöglichkeiten – www.textilberufe.ch.<br />

MICHAEL BERGER<br />

Die Welt der Textilien ist vielseitig: Von den Kleidern, die wir<br />

gerade tragen, über das Handtuch, das wir am Morgen benutzen<br />

bis hin zum Teppich unter unseren Füssen oder dem Stoff<br />

unseres Sofas, auf dem wir sitzen. Doch wer denkt schon an<br />

den Akustik-Filter im Smartphone, an Implantate für die Medizinaltechnik,<br />

an Flugzeugsitze oder an Sicherheitsgurten? Viele<br />

Unternehmen der Schweizer Textil- und Bekleidungsindustrie<br />

schauen auf eine jahrhundertealte Geschichte zurück und<br />

sind heute auf <strong>Spezial</strong>itäten fokussiert. Immer wieder ist es<br />

ihnen gelungen, sich neuen Entwicklungen und Märkten anzupassen<br />

und eine Vorreiterrolle zu übernehmen, indem sie bewährte<br />

Techniken für neue Anwendungen einsetzen.<br />

Textil oder als Kauffrau/-mann EFZ. In der Grundbildung zum<br />

Textiltechnologe/-in EFZ stehen fünf Fachrichtungen zur<br />

Auswahl: Verarbeitung, Veredlung, Seil- und Hebetechnik,<br />

Mechatronik und Design. Je nach Betrieb sind die Berufsleute<br />

mit Tätigkeiten in der industriellen Verarbeitung, der Veredlung<br />

sowie mit der Prüfung von Fasern und textilen Flächen<br />

betraut. Sie führen oder bedienen Anlagen, überwachen und<br />

regeln Prozesse, prüfen und analysieren Qualitätsstandards<br />

und beteiligen sich an Design- und Innovationsentwicklungen.<br />

Nach Abschluss der Grundbildung kann das Fachwissen<br />

«on the job» im internationalen Umfeld oder mit einer<br />

gezielten Weiterbildung erweitert werden. Zur Auswahl stehen<br />

Berufsprüfungen, Höhere Fachprüfungen Höhere Fachschulen<br />

sowie Bachelor- und Masterlehrgänge mit Abschlüssen<br />

in den Bereichen Technik, Design, Mode oder Wirtschaft.<br />

Viele der Aus- und Weiterbildungen finden an der Schweizerischen<br />

Textilfachschule (STF) statt.<br />

INNOVATIVE BRANCHE MIT ZUKUNFT<br />

Von Stoffen und Stickereien für die Haute Couture bis zu technischen<br />

Textilien im Gesundheitswesen oder der Fahrzeugindustrie<br />

AUS- UND WEITERBILDUNGEN<br />

So abwechslungsreich und spannend wie die Anwendungsfelder<br />

der Textilien sind, so vielfältig ist auch das Angebot an<br />

entwickeln, produzieren und vermarktet die Schweizer Textil- und<br />

Bekleidungsindustrie ihre Erzeugnisse in der ganzen Welt.<br />

weiterführende Informationen: www.textilberufe.ch<br />

zukunftsorientierten Aus- und Weiterbildungen. Jugendliche<br />

haben die Wahl zwischen der zweijährigen Grundbildung Swiss Textiles, Textilverband Schweiz, Beethovenstrasse 20<br />

Textilpraktiker/-in EBA und den dreijährigen Ausbildungen<br />

CH-8022 Zürich, Tel. 044 289 79 11<br />

Das als Schweizer Textiltechnologe/-in ElternMagazin Fritz+Fränzi EFZ, Laborant/-in <strong>Berufswahl</strong> EFZ Mai <strong>2017</strong>29<br />

www.swisstextiles.ch<br />

Fachrichtung


«Der Beruf soll zum Kind passen und<br />

nicht den Ehrgeiz der Eltern befriedigen»<br />

Wer den Beruf wählt, der zu den eigenen Interessen und Fähigkeiten passt, hat grössere Chancen<br />

auf ein erfolgreiches Berufsleben, sagt Bildungsforscher Markus Neuenschwander. Ein Gespräch<br />

über zu hohe Erwartungen der Eltern, die Vorzüge einer Berufslehre und die Frage, was<br />

Jugendlichen bei der <strong>Berufswahl</strong> am meisten hilft. Interview: Stefan Michel<br />

Herr Neuenschwander, welche Rolle spielen die Eltern<br />

bei der <strong>Berufswahl</strong> ihrer Kinder?<br />

Nach unseren Daten eine grosse. Die Jugendlichen<br />

nennen ihre Eltern als wichtigste Ansprechpersonen<br />

bei der <strong>Berufswahl</strong>. Für viele sind sie ein Vorbild<br />

dafür, was man mit Engagement erreichen kann. Die<br />

meisten Eltern motivieren ihre Kinder, sich mit der<br />

<strong>Berufswahl</strong> ernsthaft auseinanderzusetzen, und<br />

geben Ratschläge. Zudem helfen die Eltern ihren<br />

Kindern, Rückschläge wegzustecken, und ermutigen<br />

sie, dranzubleiben. Man muss sich bewusst sein, dass<br />

14-Jährige mit der <strong>Berufswahl</strong> überfordert sind. Ohne<br />

jegliche Erfahrung sollen sie aus über 200 Ausbildungen<br />

wählen. Da sind die Eltern wichtige Ratgeber.<br />

Manche Eltern geben ihren Kindern aber eher vor, was<br />

sie zu tun haben, als dass sie sie in ihrer Erkundung<br />

unterstützen.<br />

Die meisten Eltern möchten das Beste für ihr Kind.<br />

Das Beste heisst für einige Eltern ein hoher beruflicher<br />

Status, sichere Anstellung, ein gutes Einkommen.<br />

Manchen geht es dabei auch um ihr eigenes<br />

Ansehen: Sie meinen, dass sie gute Eltern sind, wenn<br />

sie ihre Kinder ans Gymnasium bringen.<br />

Und die Jugendlichen tun, was die Eltern von ihnen verlangen?<br />

Ich habe tatsächlich in unseren umfangreichen Befragungen<br />

noch keinen Jugendlichen getroffen, der<br />

gegen den ausdrücklichen Willen seiner Eltern eine<br />

bestimmte Lehre gemacht hat. Die Eltern steuern in<br />

der Regel aber eher fein, als dass sie sagen, in welche<br />

Richtung es geht. Viele Eltern passen ihre Beratung<br />

den Fähigkeiten und Interessen ihres Kindes an.<br />

Vielen ist nur das Gymnasium gut genug und sie treiben<br />

ihre Kinder entsprechend an.<br />

Früher war das Gymnasium das Nadelöhr, um an<br />

einer Universität studieren zu können. Heute ist das<br />

Bildungssystem durchlässiger. Nur scheint mir, dass<br />

der Weg über eine Berufslehre zur Berufsmaturität<br />

und über Passerelle oder Fachhochschule an die Uni<br />

noch zu wenig bekannt ist. Eine Untersuchung zeigte<br />

übrigens, dass jene, die nach einer Berufslehre an<br />

einer Fachhochschule studierten, ein höheres Lebenseinkommen<br />

erzielen als jene, die Gymnasium und<br />

Universitätsstudium abschlossen.<br />

Was wären aus Ihrer Sicht sinnvolle Anreize anstelle von<br />

Status und Einkommen?<br />

Ich empfehle, dass man eine Ausbildung wählt, die<br />

zu den eigenen Fähigkeiten und Interessen passt. Tut<br />

sie das, führt das zu Entspannung. Jugendliche, die<br />

eine passende Lehre gefunden haben, sind zufriedener<br />

und leistungsstärker, sie wechseln seltener den<br />

Beruf und haben ein geringeres Arbeitslosigkeitsrisiko.<br />

Diese Passung muss man aber immer wieder<br />

von Neuem herstellen, das ganze Berufsleben lang.<br />

Berufe ändern sich, Betriebe ändern sich und auch<br />

die eigene Persönlichkeit entwickelt sich weiter.<br />

Man könnte meinen, die Mehrheit der Jugendlichen lande<br />

auf Druck der Eltern in einer Lehre oder einer Schule,<br />

die sie gar nicht wollen. Stimmt dieser Eindruck?<br />

Nein, so ist es nicht. Unsere <strong>Berufswahl</strong>studie von<br />

2003 zeigte, dass rund 65 Prozent der Jugendlichen<br />

im ersten Lehrjahr angeben, ihren Traumberuf<br />

gewählt zu haben. Am meisten Druck üben Eltern<br />

wohl tatsächlich in Bezug auf das Gymnasium aus,<br />

was für die Kinder manchmal zu Überforderung,<br />

Gesundheitsproblemen und geringer Passung führt.<br />

Was spricht für die Berufslehre?<br />

Einige Jugendliche sind nach neun Schuljahren schulmüde<br />

und möchten etwas Praktisches machen. Sie<br />

werden als junge Erwachsene in der Lehre respektiert<br />

und tragen zur Arbeit in einem Betrieb bei. Die<br />

Berufslehre ist eine Ausbildung, die zu den altersspezifischen<br />

Bedürfnissen von Jugendlichen gut passt.<br />

Wer in der Lehre unterfordert ist, kann die Berufsmaturitätsschule<br />

machen und sich so weiter qualifizieren.<br />

Leider realisieren das einige Eltern nicht. Die<br />

30 Mai <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong>


Gymi-Hysterie in gewissen Kreisen kommt von Leuten,<br />

die unser Bildungssystem zu wenig gut verstehen.<br />

Andererseits gibt es Eltern, die ihre Kinder nicht wirklich<br />

unterstützen können. Wie wirkt sich das aus?<br />

Das kommt besonders in tieferen sozialen Schichten<br />

und bei Migrationshintergrund vor. Dann sind die<br />

Lehrkräfte gefordert. Die Erziehungsdirektorenkonferenz<br />

schlug vor, dass die Schule mehr Verantwortung<br />

dafür trägt, für alle Jugendlichen eine Lösung<br />

im Anschluss an die obligatorische Schulzeit zu finden.<br />

Bereits heute übernehmen Lehrer die Rolle des<br />

Motivierers und Ratgebers. Wir untersuchen aktuell<br />

Bildungsaufsteiger, also Unistudierende und Uniabsolventen,<br />

deren Eltern keine oder nur eine einfache<br />

Ausbildung haben.<br />

Was haben Sie herausgefunden?<br />

Erfolgreiche Bildungsaufsteiger sagten in unseren<br />

Interviews, am meisten habe ihnen die Einstellung<br />

ihrer Lehrer und Eltern geholfen. Wenn ein Kind in<br />

seinem Glauben bestärkt wird, etwas zu schaffen,<br />

kann der Aufstieg gelingen. Wenn aber die Belastung<br />

zu hoch ist, etwa weil Konflikte oder Krankheit das<br />

Familienleben beeinträchtigen, schaffen sie den Bildungsaufstieg<br />

trotz hoher Intelligenz und Motivation<br />

nicht. Eine wichtige Massnahme für die Chancengleichheit<br />

ist, dass Lehrpersonen Kinder mit Potenzial<br />

trotz geringer familiärer Unterstützung erkennen<br />

und an sie glauben.<br />

Sie untersuchen die <strong>Berufswahl</strong> als Entscheidungsprozess<br />

der Jugendlichen. Was hilft den Jugendlichen?<br />

Wie schon gesagt, sind die Hilfe und das Vorbild der<br />

Eltern zentral. Wichtig sind auch weitere Personen<br />

im Umfeld – das können Verwandte oder Nachbarn<br />

sein –, die als berufliche Vorbilder fungieren. Sie in -<br />

spirieren mit ihrem beruflichen Engagement den<br />

jungen Menschen in seiner <strong>Berufswahl</strong> und zeigen<br />

sehr anschaulich, wie in diesem Beruf gearbeitet wird.<br />

Weniger hilfreich sind nach unseren Untersuchungen<br />

schriftliche Berufsinformationen. Jugendliche brauchen<br />

konkrete Erfahrungen. Sie wollen von Bekannten<br />

anschaulich hören, wie es ist, in einem bestimmten<br />

Beruf zu arbeiten, und wie diese das bewerten.<br />

Entscheidend sind schliesslich Schnupperlehren. So<br />

kann ein Jugendlicher überprüfen, ob der Eindruck<br />

stimmt, den er von einem Beruf hatte. Manchmal<br />

führt eine positiv verlaufene Schnupperlehre dazu,<br />

dass ein Jugendlicher einen Beruf lernt, der ursprünglich<br />

nicht sein Wunschberuf war.<br />

Welche Rolle spielen gleichaltrige Freunde und Schulkameraden?<br />

Gemäss unseren Untersuchungen sind sie nicht massgebend.<br />

Zwar geben sie sich gegenseitig Tipps, aber<br />

die Gespräche unter Gleichaltrigen führen nicht<br />

direkt zur Entscheidung.<br />

Welchen Rat geben Sie Eltern, deren Kinder in der<br />

<strong>Berufswahl</strong> sind?<br />

Der Beruf soll zum Kind passen und nicht den Ehrgeiz<br />

der Eltern befriedigen! Zufrieden ist, wer den<br />

Beruf ausübt, der zu ihm passt. Das sind auch gute<br />

Voraussetzungen dafür, um nach der Lehre beruflich<br />

weiterzukommen. Unser System bietet dazu viele<br />

Wege und Möglichkeiten.<br />

Anzeige<br />

Zur Person<br />

Markus P. Neuenschwander, Prof. Dr. habil., leitet das<br />

Zentrum Lernen und Sozialisation der Pädagogischen<br />

Hochschule Nordwestschweiz FHNW in Solothurn. Zu<br />

seinen Forschungsschwerpunkten gehören<br />

Berufsbildungsentscheidungen und der Übergang von<br />

der Schule in den Beruf. Seine Erkenntnisse basieren<br />

unter anderem auf Befragungen von Tausenden<br />

Schülern, Lernenden und jungen Berufsleuten, aber<br />

auch von Eltern, Lehrpersonen und Berufsbildnern.<br />

Wir investieren gerne in<br />

Deine Zukunft<br />

NEU Köchin EFZ<br />

+ Koch/<br />

Mach Deine Lehre bei Bell.<br />

Ob Automatiker, Fleischfachfrau, Logistiker, Informatikerin, Kaufmann<br />

oder Lebensmitteltechnologin – bei Bell stehen Dir rund 15<br />

verschiedene Berufsausbildungen zur Verfügung.<br />

Detaillierte Informationen zu den Berufsprofilen findest Du unter<br />

www.bellfoodgroup.com/future@bell<br />

www.bellfoodgroup.com<br />

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong><br />

Mai <strong>2017</strong>


Wie werde ich<br />

Feuerwehrmann<br />

oder Pilotin?<br />

Nicht jeder Beruf kann direkt nach der Sekundarschule<br />

erlernt werden. Einige der Weiterbildungsberufe erfordern<br />

Berufs- und Lebenserfahrung. Text: Stefan Michel<br />

Feuerwehrmann, Polizistin,<br />

Pilot – für viele sind<br />

das Traumberufe. Und<br />

sie haben noch eine<br />

Gemeinsamkeit: Sie<br />

sind Weiterbildungsberufe. Zwar<br />

gibt es eine formale Ausbildung,<br />

diese kann aber nicht direkt nach<br />

der Sekundarschule begonnen<br />

werden. Entweder baut sie auf<br />

einem anderen Bildungsgang auf,<br />

oder es ist eine Berufslehre und<br />

entsprechende Berufserfahrung<br />

erforderlich, um aufgenommen zu<br />

werden. Für gewisse Berufe ist<br />

eine Matura vorgeschrieben.<br />

Die Enttäuschung, dass es im<br />

Wunschberuf keine Lehre gibt, ist<br />

verständlich. Doch nun gilt es,<br />

herauszufinden, was einen >>><br />

Ich erzähle<br />

«Ich helfe gerne<br />

Menschen, die<br />

in Not sind»<br />

Lukas Stadelmann, 33, aus Frick<br />

AG, hat eine Lehre als<br />

Elektroinstallateur absolviert.<br />

Seit sechs Jahren ist er<br />

Berufsfeuerwehrmann – sein<br />

Traumberuf.<br />

«Ich wollte schon als Bub Feuerwehrmann<br />

werden. Mein Vater war<br />

bei der freiwilligen Feuerwehr. Als<br />

Bild: Roshan Adhihetty / 13 Photo<br />

ich alt genug war, trat ich ebenfalls<br />

den Miliz-Brandbekämpfern bei.<br />

Auch während meiner Lehre als<br />

Elektroinstallateur trug ich den<br />

Berufswunsch meiner Kindheit<br />

stets in mir. Trotzdem hatte ich<br />

fünf schöne Jahre auf meinem<br />

ersten Beruf, bis ich mich bei der<br />

Berufsfeuerwehr Zürich bewarb.<br />

Ich bestand den Eignungstest und<br />

begann die anderthalb Jahre dauernde<br />

Ausbildung. Nun bin ich<br />

schon sechs Jahre Feuerwehrmann<br />

bei Schutz & Rettung. Was<br />

mir daran gefällt: erstens, Men-<br />

32


schen in Not zu helfen, und zweitens<br />

die Kameradschaft in unserer<br />

Gruppe. Nur hundertprozentige<br />

Teamplayer werden Feuerwehrleute.<br />

Ich verbringe immer 24<br />

Stunden auf der Wache und habe<br />

dann 48 Stunden frei. So habe ich<br />

viele Freitage unter der Woche, arbeite<br />

aber auch oft an Feiertagen.<br />

Die Einsätze machen den kleineren<br />

Teil der Arbeit aus, meistens<br />

pflegen wir unser Material und<br />

trainieren unser Rettungshandwerk.<br />

Nur so sind wir bereit und<br />

effizient, wenn’s brennt.»<br />

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong><br />

Mai <strong>2017</strong>33


sonst noch interessiert und<br />

welche Berufsbildung für den<br />

Traumjob besonders gern gesehen<br />

wird. Bei der Berufsfeuerwehr zum<br />

Beispiel stehen technische Berufe<br />

hoch im Kurs.<br />

Einige Weiterbildungsberufe<br />

sind sehr gefragt. Wer die entsprechende<br />

Ausbildung machen möchte,<br />

muss anspruchsvolle Eignungstests<br />

bestehen und sich gegen<br />

Hunderte Mitbewerber durchsetzen.<br />

Trotzdem sollte man nicht vorschnell<br />

aufgeben. Denn Feuer müssen<br />

auch in Zukunft gelöscht und<br />

Flugzeuge gesteuert werden.<br />

>>><br />

Der Weg zum Weiterbildungsberuf<br />

Feuerwehrmann/-frau<br />

• Ausbildung/Schule: Höhere Fachschule für<br />

Rettungsberufe Zürich; Berufsfeuerwehr des<br />

Kantons Basel-Stadt; Berufsfeuerwehr der<br />

Stadt Bern<br />

• Voraussetzungen: mindestens dreijährige<br />

Berufslehre<br />

Rettungssanitäter/-in<br />

• Ausbildung/Schule: Emergency<br />

Schulungszentrum AG, Rotkreuz und Zofingen;<br />

HF für Rettungsberufe Zürich; Medi, Zentrum für<br />

medizinische Bildung, Bern; Sirmed – Schweizer<br />

Institut für Rettungsmedizin, Nottwil<br />

• Voraussetzungen: mindestens dreijährige<br />

Berufslehre oder Matura<br />

Berufsporträt<br />

DIE KV-LEHRE<br />

FUNDIERT<br />

PRAXISNAH<br />

VIELSEITIG<br />

DIE AUSBILDUNG<br />

Bei uns sind folgende<br />

Ausbildungstypen möglich:<br />

3 Jahre Kauffrau/<br />

Kaufmann<br />

Profil B (Basis)<br />

Profil E (Erweitert)<br />

Profil M (Berufsmatura)<br />

Für die Profile E und M<br />

erwarten wir Sekundarschule<br />

A.<br />

Das Profil B erfordert gute<br />

Leistungen in der Sekundarschule<br />

B.<br />

DIE STATIONEN<br />

Während deiner Ausbildungszeit<br />

bei der kantonalen<br />

Verwaltung durchläufst<br />

du verschiedene Organisationseinheiten<br />

wie z.B.:<br />

Gerichte<br />

Berufsschulen<br />

Universität und Fachhochschulen<br />

Sozialstellen<br />

Staatsanwaltschaften<br />

Strassenverkehrsamt<br />

Finanzabteilungen<br />

DAS ANGEBOT<br />

Wir bieten dir während der<br />

Ausbildung zusätzlich:<br />

Einführungskurs<br />

Lehrlings-Events<br />

lndividuelle Standortbestimmungen<br />

Sprachaufenthalt<br />

lnterne und überbetriebliche<br />

Kurse<br />

Projekttage<br />

Lehrabschluss-Vorbereitung<br />

Kontaktadresse:<br />

Personalamt Kanton Zürich<br />

Kaufmännische Berufsbildung<br />

Walcheplatz 1, Postfach<br />

8090 Zürich<br />

Wenn dich eine breite, individuelle und vielseitige Ausbildung<br />

interessiert, freuen wir uns auf deine Bewerbung.<br />

www.zh.ch/lernende<br />

Telefon 043 259 33 58<br />

kvlernende@pa.zh.ch<br />

www.zh.ch/lernende<br />

Erfahre mehr im Video:<br />

Lernende geben einen Einblick<br />

in die Ausbildung.<br />

34 Mai <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong>


Polizist/-in<br />

• Ausbildung/Schule: kantonale und regionale<br />

Polizeischulen<br />

• Voraussetzungen: mindestens dreijährige<br />

Be rufslehre oder Matura mit einem Jahr<br />

Erwerbstätigkeit<br />

Modedesigner/-in<br />

• Ausbildung/Schule: Modedesign-Studium an<br />

einer Hochschule für Gestaltung und Kunst<br />

• Voraussetzungen: Anforderungen der jeweiligen<br />

Hochschule, u. a. (Berufs-)Matura<br />

• oder: Berufslehre Bekleidungsgestalter/-in,<br />

danach Realisieren und Vermarkten der eigenen<br />

Kleidungsstücke und/oder Praktikum/Assistenz<br />

bei erfolgreichem Modedesigner/Modelabel<br />

Pilot/-in<br />

• Ausbildung/Schule: Swiss AviationTraining (SAT)<br />

oder Horizon Swiss Flight Academy (HSFA)<br />

• Voraussetzungen: SAT: Matura; HSFA: Einstieg<br />

mit Berufslehre möglich<br />

Kameramann/-frau<br />

• Ausbildung/Schule: z. B. tpc (Tochtergesellschaft<br />

SRF), diverse private Schulen und Kursanbieter<br />

• Voraussetzungen: Berufsmatura und Lehre in<br />

verwandtem Gebiet oder gymnasiale Matura und<br />

praktische Erfahrung auf dem Gebiet oder<br />

Fachhochschulabschluss in verwandtem Beruf<br />

(z. B. Fotografie, Grafikdesign, Journalismus)<br />

Es gibt keine eidgenössisch reglementierte<br />

Ausbildung für Kameraleute. Viele lernen den<br />

Beruf «on the job».<br />

Die Zukunft gestalten<br />

Eine Lehre in der<br />

faszinierenden Welt der Technik<br />

Berufsporträt<br />

Wie nutzen wir neue Energiequellen? Wie bauen wir sparsamere<br />

Autos? Was braucht eine moderne Stadt? Technische<br />

Berufsleute suchen ständig nach kreativen Wegen, um<br />

Antworten auf aktuelle Fragen zu finden. Eine Lehre in der<br />

Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie (MEM-Industrie)<br />

bietet Jugendlichen ein sehr gutes Rüstzeug, um die Zukunft<br />

mitzugestalten.<br />

Lernende in technischen Berufen sind ständig mit anderen<br />

Berufsleuten in Kontakt. Denn neue Lösungen müssen nicht<br />

nur in der Theorie entworfen werden, es gilt auch, sie auf den<br />

Kunden abzustimmen und im Team umzusetzen.<br />

Berufe in der MEM-Industrie – Ausbildungen mit Perspektiven<br />

Welches sind die geeigneten Materialien, welche Form wählen<br />

wir? Das Wissen der MEM-Berufe ist gefragt. Und bildet die<br />

• Anlagen- und Apparatebauer/in EFZ<br />

Grundlage für vielfältige Karrieremöglichkeiten.<br />

• Automatiker/in EFZ<br />

• Automatikmonteur/in EFZ<br />

• Elektroniker/in EFZ<br />

• Informatiker/in EFZ<br />

TECMANIA<br />

• Kauffrau/Kaufmann EFZ<br />

eine Welt voller Möglichkeiten<br />

• Konstrukteurin / Konstrukteur EFZ<br />

• Polymechanikerin / Polymechaniker EFZ<br />

News aus der Welt der Technik, Ausbildungsbetriebe, Karrierewege,<br />

offene Lehrstellen, Schnupperlehren<br />

• Produktionsmechanikerin / Produktionsmechaniker EFZ<br />

• Mechanikpraktikerin / Mechanikpraktiker EBA<br />

www.tecmania.ch<br />

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong> Mai <strong>2017</strong>35


Was ist<br />

dein Weg?<br />

Lehre oder Gymi, Büro oder Baustelle, Coiffeuse oder Krankenpflege?<br />

Welche Richtung Jugendliche nach dem neunten Schuljahr<br />

einschlagen, ist für die persönliche Zukunft nicht entscheidend.<br />

Viel wichtiger ist es, die Ausbildung zu wählen, die zu einem passt.<br />

Text: Stefan Michel Bilder: Roshan Adhihetty / 13 Photo<br />

Zur Auswahl stehen<br />

2620 verschiedene<br />

Berufslehren und ein<br />

Dutzend Maturatypen.<br />

Zusammengefasst<br />

werden sie in die berufliche<br />

Grundbildung und allgemeinbildende<br />

Schulen. Die Lehre ist der<br />

direkte Weg ins Berufsleben,<br />

wobei auch hier die Berufsschule<br />

ein wichtiger Pfeiler bleibt. Dank<br />

der guten Schulbildung während<br />

der Lehre bleibt der Weg zu höherer<br />

Qualifikation und zum Studium<br />

offen. Dafür ist aber ein zu ­<br />

sätzlicher Effort nötig, sei es für<br />

die Berufsmatura (während oder<br />

nach der Lehre) oder danach für<br />

die Passerelle, die den Zugang an<br />

die Universität öffnet. >>><br />

Ich erzähle<br />

«Es ist schön,<br />

wenn ein<br />

Kleidungsstück<br />

zur Kundin passt»<br />

Klarissa Tschupp, 18, aus Brugg<br />

AG, absolviert eine Lehre als<br />

Bekleidungsgestalterin. Später<br />

möchte sie Schnitttechnikerin<br />

werden.<br />

«Ich nähe schon lange gern, und<br />

das textile Werken in der Schule<br />

mochte ich auch. Trotzdem interessierte<br />

ich mich auch für andere<br />

Berufe. Es gefiel mir aber in keiner<br />

Schnupperlehre so gut wie in jener<br />

im Schneideratelier. Ich mache die<br />

Lehre in einem Haute-Couture-<br />

Atelier. Das ist die Ausnahme. Die<br />

meisten lernen Bekleidungsgestal-<br />

terin in einem Lehratelier. Mir<br />

gefällt es, am Abend zu sehen, was<br />

ich gemacht habe. Am schönsten<br />

ist es, zu erleben, dass das Kleidungsstück<br />

zur Kundin passt und<br />

sich diese darüber freut. Es sind<br />

nicht viele, die es sich leisten, Kleider<br />

in einem Atelier anfertigen zu<br />

lassen. Wenn ich das Geld hätte,<br />

würde ich es tun. Im Atelier arbeite<br />

ich nach Schnittmuster. In der<br />

Berufsschule lernen wir das Modezeichnen<br />

und können kreativ sein.<br />

Bis jetzt habe ich einen Jupe ganz<br />

nach meiner eigenen Idee genäht.<br />

Nach der Lehre bilde ich mich vielleicht<br />

zur Schnitttechnikerin weiter,<br />

denn Schnittmuster zu zeichnen<br />

liebe ich. Wie jede Schneiderin<br />

träume ich davon, meine eigenen<br />

Kreationen umzusetzen und davon<br />

zu leben.»<br />

36


Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong> Mai <strong>2017</strong>37


Ich erzähle<br />

«Ich will Grafiker<br />

werden»<br />

Lou Diethelm, 16, aus Zürich,<br />

besucht den gestalterischen<br />

Vorkurs an der Berufsschule<br />

für Gestaltung und ist intensiv<br />

auf Lehrstellensuche. Die vielen<br />

Mitbewerber schrecken ihn<br />

nicht ab.<br />

«Ich besuche den gestalterischen<br />

Vorkurs an der Berufsschule für<br />

Gestaltung Zürich. Ich will unbe-<br />

38 Mai <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong>


dingt Grafiker werden! Mir gefällt<br />

es sehr. Ich lerne neue Zeichentechniken,<br />

Typografie, Fotografie,<br />

den Umgang mit grafischen Computerprogrammen<br />

und Sprachgestaltung.<br />

Jeden Tag kommt etwas<br />

dazu. In der Klasse haben wir es<br />

super. Wir alle haben Freude am<br />

Gestalten, das verbindet. Ich bin<br />

noch nie so gerne zur Schule<br />

gegangen wie jetzt. Der Vorkurs<br />

hat meinen Horizont erweitert.<br />

Nun bin ich intensiv auf Lehrstellensuche.<br />

Eigene Arbeiten und eine<br />

kreative Bewerbung sind heute<br />

sehr wichtig. Ich habe extra einen<br />

Gegenstand hergestellt, der auffallen<br />

soll und auf meine Online-<br />

Bewerbung verweist. Darauf habe<br />

ich gute Feedbacks erhalten. Ich<br />

konnte mich schon bei verschiedenen<br />

Agenturen vorstellen und Probe<br />

arbeiten. Viele kreative Leute<br />

haben sich Zeit für mich genommen,<br />

dafür bin ich dankbar. Dass<br />

ich extrem viele Mitbewerber habe,<br />

belastet mich nicht. Ich will eine<br />

Lehre als Grafiker machen, und das<br />

werde ich auch schaffen.»<br />

>>> Das Gymnasium ist der<br />

Weg für jene, die gerne und gut<br />

lernen, die sich mit Büchern wohlfühlen.<br />

Klar ist auch nichts dagegen<br />

einzuwenden, in die Mittelschule<br />

einzutreten, weil man sich<br />

für keine Lehre entscheiden konnte.<br />

Falsch ist hingegen die Ansicht,<br />

nur mit der gymnasialen Matura<br />

habe man die Chance auf Karriere<br />

und gutes Einkommen. >>><br />

Das Gymnasium ist der<br />

Weg für jene, die gerne<br />

und gut lernen.<br />

Die duale Berufslehre<br />

• ist eine bezahlte praktische und<br />

theoretische Ausbildung im Betrieb<br />

und in der Berufsschule,<br />

• dauert 2 bis 3 Jahre (Eidgenössisches<br />

Berufsattest, EBA) oder 3 bis<br />

4 Jahre (Eidgenössisches Fähigkeitszeugnis<br />

EFZ),<br />

• vermittelt den Jugendlichen die<br />

aktuellen fachlichen Kenntnisse, die<br />

in ihrer jeweiligen Branche gefragt<br />

sind,<br />

• ist erst der Anfang, denn sie<br />

ermöglicht diverse Weiterbildungen:<br />

– berufsspezifische (Diplom-)<br />

Lehrgänge<br />

– Berufsmatura und danach<br />

Studium an einer Fachhochschule<br />

– Berufsmatura, Passerelle<br />

und danach Studium an einer<br />

Universität oder der ETH,<br />

• ist einer der Gründe für die tiefe<br />

Jugendarbeitslosigkeit in der<br />

Schweiz.<br />

Was tun im Zwischenjahr?<br />

10. Schuljahr/Brückenangebote<br />

• <strong>Berufswahl</strong> vertiefen, herausfinden,<br />

wohin man will, eventuell Defizite<br />

aufarbeiten<br />

• Beratung und Unterstützung in der<br />

Lehrstellensuche<br />

• Fachliche Vorbereitung auf eine<br />

Lehre in Branchen wie:<br />

– Informatik<br />

– Handel, Verwaltung und Verkehr<br />

– Soziales, Pädagogik und Medizin<br />

– Technik<br />

• Vorbereitung auf die Mittelschule<br />

• Diverse Angebote in allen Kantonen<br />

und vielen Gemeinden<br />

Sprachaufenthalt<br />

• Als Au-pair in einer Familie<br />

mithelfen<br />

• 10. Schuljahr in einer anderen<br />

Sprachregion der Schweiz<br />

• Auslandaufenthalt mit Besuch einer<br />

Sprachschule und/oder Praktikum<br />

Praktikum<br />

• Erfahrung sammeln und<br />

herausfinden, ob der Wunschberuf<br />

wirklich der richtige ist.<br />

• Verbreitet und etabliert sind<br />

Praktika im Gesundheits- und<br />

Betreuungswesen.<br />

• Banken, Versicherungen und<br />

Industrieunternehmen bieten oft<br />

Trainee-Programme für junge<br />

Berufseinsteiger und Interessierte.<br />

• Dauer: Sinnvoll sind 2 bis 6 Monate.<br />

Bei ganzjährigen Praktika ist zu<br />

beachten, dass Zeit für die<br />

Lehrstellensuche bleiben sollte.<br />

• Auch in der Freiwilligenarbeit sind<br />

wertvolle Erfahrungen zu gewinnen.<br />

• Wichtig: Immer ein Praktikumszeugnis<br />

oder wenigstens eine<br />

Bestätigung für den Arbeitseinsatz<br />

verlangen.<br />

Gestalterischer Vorkurs<br />

• Einjähriges Vollzeitstudium zur<br />

Vorbereitung auf eine Lehre im<br />

kreativen Bereich (Grafiker,<br />

Fotograf, Interactive Media Designer<br />

usw.)<br />

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong><br />

Mai <strong>2017</strong>39


Ich erzähle<br />

«Psychologie<br />

ist mein<br />

Lieblingsfach»<br />

Sira Gilg, 18, aus Mollis GL,<br />

möchte Primarlehrerin werden.<br />

Die Fachmittelschülerin<br />

Pädagogik durfte bereits<br />

Probelektionen halten und ist<br />

überzeugt: Das ist mein<br />

Traumberuf.<br />

«Ich weiss schon lange, was ich<br />

werden will: Primarlehrerin. Die<br />

Fachmittelschule ist mein Weg<br />

dorthin. Neben den üblichen Gymifächern<br />

haben wir solche, die uns<br />

auf die Pädagogische Hochschule<br />

und den Lehrerberuf vorbereiten,<br />

etwa Psychologie. Das ist mein<br />

Lieblingsfach, ich finde es megaspannend.<br />

Ich absolvierte schon<br />

ein dreiwöchiges Praktikum an<br />

einer Schule, wo ich viel machen<br />

durfte: Ich hielt Englischlektionen,<br />

eine Turnstunde, die ich selber vorbereitet<br />

hatte, und half Aufgaben zu<br />

korrigieren. Ich bin mir deshalb<br />

umso sicherer, dass Primarlehrerin<br />

mein Traumberuf ist. Natürlich<br />

lerne ich in der Schule auch Dinge,<br />

die ich als Primarlehrerin sicher<br />

nicht vermitteln werde, Trigonometrie<br />

zum Beispiel. Aber es wird halt<br />

erwartet, dass wir ein breites Allgemeinwissen<br />

haben. Schon bald ist<br />

die Schulzeit vorbei, im Sommer<br />

haben wir die Maturaprüfungen. Ich<br />

freue mich auf den nächsten<br />

Schritt, das Studium an der Pädagogischen<br />

Hochschule. Aber ich<br />

werde die Schule, meine Klasse und<br />

die coolen Lehrer vermissen.»<br />

>>> Eine interessante Alternative<br />

sind Fachmittelschulen. Sie<br />

führen die Schüler an die höhere<br />

Berufsbildung oder ein bestimmtes<br />

Studium heran: Gesundheit,<br />

Soziale Arbeit, Pädagogik, Kommunikation<br />

und Information,<br />

Gestaltung und Kunst, Musik und<br />

Theater, Angewandte Psychologie.<br />

Die Fachmittelschulen dauern drei<br />

Jahre und damit ein Jahr weniger<br />

lang als die Mittelschule in den<br />

meisten Kantonen.<br />

Das zehnte Schuljahr, Praktika,<br />

Sprachaufenthalte, Au-pair- oder<br />

Sozialeinsätze können für gewisse<br />

Jugendliche der richtige Zwischenschritt<br />

sein, bevor sie sich für eine<br />

Berufslehre oder eine Maturitätsschule<br />

entscheiden. Kein Abschluss<br />

ohne Anschluss, das ist die Losung<br />

des schweizerischen Bildungswesens.<br />

Solange man sich weiterbildet,<br />

stehen einem (fast) alle Möglichkeiten<br />

offen.<br />

>>><br />

40 Mai <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong>


Welcher Beruf passt zu mir?<br />

Partygänger<br />

Gamer<br />

Modefreak<br />

Musiker<br />

Sportler<br />

• Veranstaltungsfachmann/-frau EFZ<br />

• Informatiker/-in EFZ,<br />

Informatikpraktiker/-in EBA<br />

• Interactive Media Designer EFZ<br />

• Polygraf/-in EFZ<br />

• Bekleidungsgestalter/-in EFZ,<br />

Bekleidungsnäher/-in EBA<br />

• Detailhandelsfachmann/-frau EFZ/EBA<br />

Textil<br />

• Textiltechnologe/-in EFZ<br />

• Detailhandelsfachmann/-frau<br />

Musikinstrumente EFZ<br />

• Musikinstrumentenbauer/-in EFZ (Geige,<br />

Gitarre, Orgel, Blasinstrument, Klavier)<br />

• Fachmann/-frau Bewegungs-/<br />

Gesundheitsförderung EFZ<br />

• Detailhandelsfachmann/-frau EFZ,<br />

-assistent/-in EBA Sportartikel<br />

Kreative<br />

Tierfreund<br />

• Grafiker/-in EFZ<br />

• Interactive Media Designer EFZ<br />

• Polydesigner/-in 3D EFZ<br />

• Polygraf/-in EFZ<br />

• Gestalter/-in Werbetechnik EFZ<br />

• Theatermaler/-in EFZ<br />

• Holzbildhauer/-in EFZ<br />

• Goldschmied/-in EFZ<br />

• Glasmaler/-in EFZ<br />

• Graveur/-in EFZ<br />

• Keramiker/-in EFZ<br />

• Detailhändler/-in Zoofachhandel EFZ/EBA<br />

• Pferdefachmann/-frau EFZ, Pferdewart/-in<br />

EBA<br />

• Tiermedizinische/-r Praxisassistent/-in EFZ<br />

• Tierpfleger/-in EFZ<br />

• Zoologischer Präparator/-in<br />

Achtung. Fertig. Lehre.<br />

KV? IT? Wir bieten beides an.<br />

Hast du Freude am Umgang mit Menschen? Oder reizt dich die Computerwelt? Und besuchst du die höchste<br />

Volksschulstufe?<br />

Dann werde Teil unseres Nachwuchses und gestalte unsere Zukunft mit. Wir bieten dir:<br />

• Kaufmännische Banklehre • IT-Lehre Typ Systemtechnik • IT-Lehre Typ Applikationsentwicklung<br />

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© UBS <strong>2017</strong>. Alle Rechte vorbehalten.<br />

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong><br />

Mai <strong>2017</strong>41<br />

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«Der Online-Eindruck zählt»<br />

3 Fragen<br />

an Urs Casty, Gründer und Inhaber der Lehrstellen-Plattform yousty.ch.<br />

Lehrstellensuchende nutzen Online-Medien intensiv. Das ist sinnvoll,<br />

sie sollten aber auf gewisse Dinge achten. Interview: Stefan Michel<br />

«Mit yousty haben<br />

Lehrstellensuchende<br />

ihre Bewerbungen<br />

stets im Überblick.»<br />

Urs Casty ist Gründer und Inhaber der Lehrstellen-Plattform<br />

yousty.ch. <strong>Spezial</strong>ität von yousty.ch sind kurze Videoclips, in<br />

denen Lernende ihren Beruf und ihren Lehrbetrieb vorstellen.<br />

Die Lehrstellensuchenden können auf der Online-Plattform<br />

ein Profil von sich anlegen und ihre Bewerbungen verwalten.<br />

Herr Casty, wie gut lässt sich ein<br />

Lehrbetrieb aufgrund seiner Web-<br />

Präsenz einschätzen?<br />

Der Online-Auftritt einer Firma<br />

ist ein erster Einblick für Lehrstellensuchende.<br />

Es ist also extrem<br />

wichtig, wie sich die Firma hier<br />

präsentiert. Meiner Meinung nach<br />

sollten alle Lehrbetriebe einen<br />

Effort machen, die Web-Präsenz<br />

zu perfektionieren, da es eine gros-<br />

Berufsporträt<br />

Berufsporträt<br />

Die Lehre mit der grossen Portion Abwechslung<br />

Du kochst gerne? Du magst aber auch die<br />

Arbeit im Büro? Dir liegt das Organisieren und<br />

Planen und du liebst den Kundenkontakt?<br />

Marché ® Restaurants und Cindy’s Diner bieten<br />

seit 2013 neu schweizweit die Lehre Systemgastronomie<br />

an.<br />

Facts zur Lehre:<br />

Die Lehre dauert drei Jahre. Im Vergleich zur klassischen<br />

Gastronomieausbildung sind die Grenzen zwischen Küche,<br />

Restaurant und Administration fliessend. Neben der<br />

Arbeit im Küchenbereich und der Betreuung der Gäste<br />

werden auch kaufmännische Tätigkeiten in den Arbeitsalltag<br />

integriert. Du erhältst während der Ausbildung Einblick<br />

in die Organisation, Planung und Führung eines Systemgastronomiebetriebes.<br />

Und danach?<br />

Nach dem Abschluss bist du Gastronomieallrounder und<br />

gerüstet für eine Karriere in der Systemgastronomie.<br />

Melde dich!<br />

Marché Restaurants Schweiz AG<br />

Human Resources Management, Industriestrasse 28, 83<strong>05</strong> Dietlikon<br />

Telefon: +41 43 255 85 12, Mail: frische.lehre@marche-restaurants.ch<br />

42 marche-restaurants.ch/lehrstellen<br />

Mai <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong>


se Chance ist, die Jugend optimal<br />

anzusprechen und zu informieren.<br />

Worauf sollen Jugendliche achten,<br />

wenn sie sich online Lehrbetrieben<br />

vorstellen? Was sollte unbedingt<br />

vermieden werden?<br />

Die Online-Bewerbung läuft<br />

Gefahr, als zu wenig persönlich<br />

und individuell gewertet zu werden.<br />

Dennoch bevorzugt unterdessen<br />

die Mehrheit der Unternehmen<br />

die digitale Bewerbung.<br />

Deshalb ist es umso wichtiger, dass<br />

sie kreativ und auf das Unternehmen<br />

personalisiert geschrieben<br />

wird. Unbedingt vermeiden sollte<br />

man Massenbewerbungen, die mit<br />

Formalitäten und Floskeln gefüllt<br />

werden.<br />

Können private, für Freunde<br />

bestimmte Posts auf Facebook, Instagram<br />

und Co. Lehrstellensuchende<br />

um ihre Chance bringen?<br />

Wir geben den Jugendlichen stets<br />

mit, dass das Internet nie vergisst.<br />

Sie sollen also unbedingt darauf<br />

achten, in welchen Bildern und<br />

Posts sie markiert werden und was<br />

sie selbst von sich preisgeben. Man<br />

hört immer mehr, dass sich ausbildende<br />

Firmen über die Kandidaten<br />

informieren und dabei auch private<br />

Posts anschauen. Sicherlich wird<br />

ein Bild, auf dem man mit Freunden<br />

feiert, einen nicht die Lehrstelle<br />

kosten. Trotzdem ist hier Vorsicht<br />

geboten.<br />

yousty.ch<br />

Auf der privaten Online-Lehrstellen-Plattform<br />

sind zwischen 17 000 und 23 000 offene<br />

Lehrstellen und gegen 80 000 Schnupperlehren<br />

zu finden. Die Plattform vereint die offiziellen<br />

Lehrstellennachweise der Kantone und Einblicke<br />

in die Firmen, welche die Ausbildungsplätze<br />

anbieten. <strong>Spezial</strong>ität von yousty.ch sind kurze<br />

Videoclips, in denen Lernende ihren Beruf und<br />

ihren Lehrbetrieb vorstellen. Firmen, die<br />

Lernende suchen, präsentieren sich auf<br />

yousty.ch, Berufsverbände werben für ihr Metier.<br />

Die Lehrstellensuchenden können auf der<br />

Online-Plattform ein Profil von sich, ihren<br />

Fähigkeiten und Interessen anlegen und ihre<br />

Bewerbungen online verwalten. Für die<br />

Jugendlichen ist yousty.ch gratis, Firmen<br />

schreiben Lehrstellen kostenlos aus. Einzig die<br />

interaktiven Firmen porträts sind kostenpflichtig.<br />

Berufsporträt<br />

BIST DU AUF DER SUCHE<br />

NACH EINER PASSENDEN<br />

LEHRSTELLE?<br />

Mit nur wenigen Klicks kannst du auf<br />

bauberufe.ch/stellen deinen eigenen,<br />

digitalen Lebenslauf erstellen und dich<br />

direkt auf eine spannende Lehrstelle<br />

bewerben!<br />

MACHE KARRIERE<br />

AUF DEM BAU!<br />

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong><br />

Mai <strong>2017</strong>43


Pflege und Betreuung:<br />

mit Menschen arbeiten<br />

Kranke pflegen und Menschen betreuen ist beliebt, und die Lehrstellen<br />

Fachfrau/-mann Gesundheit und Fachfrau/-mann Betreuung sind sehr<br />

gesucht. Trotzdem zeichnet sich ein Mangel an Fachkräften ab.<br />

Text: Stefan Michel Bilder: Roshan Adhihetty / 13 Photo<br />

Ich erzähle<br />

«Alte Menschen<br />

faszinieren mich»<br />

Ronja Schmid, 19, aus Herisau<br />

AR, lässt sich zur Fachfrau<br />

Betreuung Betagte ausbilden.<br />

Sie ist im 2. Lehrjahr und kann<br />

jetzt auch mit belastenden<br />

Situationen gut umgehen.<br />

«Ich habe ein Herz für alte Leute.<br />

Ich finde es interessant, wenn sie<br />

von früher erzählen, und ich will sie<br />

unterstützen in der Lebenszeit, die<br />

sie noch haben. Ich machte das<br />

zehnte Schuljahr und ein Praktikum<br />

in einer Institution für Behinderte.<br />

Ich habe es mir gut überlegt,<br />

ob ich das schaffe. Mit 16 war ich<br />

noch nicht so weit, mit 18 fühlte ich<br />

mich bereit für die Lehre. Es gibt<br />

viele belastende Situationen, zum<br />

Beispiel, wenn eine Bewohnerin<br />

stirbt oder mit Exit sterben will.<br />

Am Anfang hatte ich Mühe damit,<br />

aber ich habe gelernt, mich abzugrenzen.<br />

Meine Berufsbildnerin<br />

und meine Eltern halfen mir, die<br />

Eindrücke zu verarbeiten. Die positiven<br />

Seiten überwiegen ganz klar:<br />

Menschen Gutes tun zu können,<br />

die Zusammenarbeit im Team, das<br />

Vertrauen, das mir als Lernender<br />

entgegengebracht wird. Später<br />

würde ich gerne Sozialpädagogik<br />

studieren. Die Arbeit mit Jugendlichen<br />

interessiert mich auch. Aber<br />

vorerst bin ich glücklich hier. Als<br />

ich einmal einen Monat lang nicht<br />

in der Pflege arbeitete, freute ich<br />

mich richtig auf unsere Bewohner.»<br />

44 Mai <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong>


Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong> Mai <strong>2017</strong>45


«Wenn ich sehe, dass jemand<br />

wieder lachen, laufen oder<br />

selber essen kann, dann bin<br />

ich glücklich.»<br />

Schaut man sich unter<br />

Jugendlichen um, könnte<br />

leicht der Eindruck<br />

entstehen, sie interessierten<br />

sich ausschliesslich<br />

für digitale Endgeräte. Doch<br />

weit gefehlt: Platz drei auf der<br />

Beliebtheitsrangliste der Lehrberufe<br />

ist die Ausbildung zur Fachperson<br />

Gesundheit (FaGe), gefolgt<br />

von der Fachperson Betreuung<br />

(FaBe).<br />

FaGe ist die berufliche Grundbildung,<br />

die nach der Sekundarschule<br />

begonnen werden kann.<br />

Ihre direkten Vorgesetzten sind<br />

diplomierte Pflegefachkräfte, die<br />

an einer Höheren Fachschule ausgebildet<br />

wurden. Ähnlich ist das<br />

Verhältnis zwischen den FaBe und<br />

den Menschen mit einer sozialpädagogischen<br />

Ausbildung. Doch beide<br />

Lehrberufe erfordern viel Einfühlungsvermögen<br />

und einen<br />

festen Charakter. Ihr Gegenüber<br />

bei der Arbeit sind stets Menschen,<br />

die auf sie angewiesen sind. >>><br />

Ich erzähle<br />

«Ich habe schon<br />

immer gerne<br />

geholfen»<br />

Fetije Elshani, 20, aus<br />

Hornussen AG, absolviert das<br />

3. Lehrjahr als Fachfrau<br />

Gesundheit. Sie findet: Die<br />

Pflege ist nur etwas für starke,<br />

kluge und mitfühlende<br />

Menschen.<br />

«Fachfrau Gesundheit, abgekürzt<br />

FaGe, war meine erste Wahl. Ich<br />

war eine gute Realschülerin und<br />

habe mich in der Schnupperlehre<br />

so gut angestellt, dass ich die Lehrstelle<br />

erhalten habe. Allerdings<br />

zuerst die EBA-Lehre zur Assistentin<br />

Gesundheit und Soziales. Mit 15<br />

unterschätzt man den Beruf, aber<br />

mir wurde in den zwei Jahren noch<br />

klarer, dass das mein Weg ist. Ich<br />

habe immer gerne geholfen, zum<br />

Beispiel meiner pflegebedürftigen<br />

Grossmutter. Die Pflege ist etwas<br />

für starke, kluge und mitfühlende<br />

Menschen. Wenn ich sehe, dass<br />

jemand wieder lachen, laufen oder<br />

auch nur selber essen kann, dann<br />

bin ich glücklich. Jetzt bin ich im<br />

dritten Lehrjahr zur FaGe. Danach<br />

werde ich erst mal arbeiten. Aber<br />

ich will auch weiterkommen. Ich<br />

bin eine ehrgeizige Person, und<br />

man hat hier immer Leute um sich,<br />

die besser ausgebildet sind. Die<br />

Höhere Fachschule möchte ich<br />

machen, um diplomierte Pflegefachfrau<br />

zu werden. Und dann?<br />

Vielleicht Anästhesie? Mit meinem<br />

Beruf bin ich jetzt schon glücklich,<br />

und es passiert noch viel im<br />

Leben.»<br />

46 Mai <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong>


Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong> Mai <strong>2017</strong>47


Ich erzähle<br />

«Die Freude der<br />

Kinder ist das<br />

Schönste an<br />

meinem Beruf»<br />

Quirin Schnyder, 18, aus Horriwil<br />

SO, ist im 2. Lehrjahr als<br />

Fachmann Betreuung Kinder.<br />

Er übernimmt gerne<br />

Verantwortung und liebt es,<br />

täglich draussen zu sein.<br />

«Ich verspürte schon lange den<br />

Wunsch, mit Kindern zu arbeiten.<br />

Ich habe drei jüngere Geschwister,<br />

die ich oft hütete. Und ich besuchte<br />

eine Schule, in der alle Klassen,<br />

von der ersten bis zur neunten,<br />

gemischt waren. Auch da machte<br />

ich viel mit den Kleinsten. Nachdem<br />

ich in meinem jetzigen Lehrbetrieb<br />

geschnuppert hatte, wusste<br />

ich: Hier will ich die Lehre<br />

machen. Mir gefielen das Betreuen<br />

der Kinder, die Atmosphäre im<br />

Team und auch, dass es eine naturpädagogische<br />

Kindertagesstätte<br />

ist. Wir sind täglich draussen, bei<br />

jedem Wetter, wir kochen vegetarisch,<br />

all das entspricht mir sehr.<br />

Zuerst war ich ein Jahr lang Praktikant.<br />

Schon da konnte ich eigene<br />

Ideen mit den Kindern umsetzen.<br />

Jetzt, im zweiten Lehrjahr, kann ich<br />

mehr Verantwortung übernehmen<br />

und Projekte fachgerecht durchführen.<br />

Zum Beispiel habe ich im<br />

Garten ein Zwergenhaus gebaut, in<br />

das die Kinder hineinkönnen. Sie<br />

sagen zwar nicht immer Danke,<br />

aber man sieht ihnen an, wenn sie<br />

Freude haben, und das ist das<br />

Schönste an meinem Beruf.»<br />

48 Mai <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong>


Sowohl FaBe als auch<br />

FaGe sind ge fragte Arbeitskräfte,<br />

und es zeichnet sich ein grosser<br />

Mangel ab: Die Gesundheitsdirektorenkonferenz<br />

rechnet damit, dass<br />

bis 2025 rund 40 000 zusätzliche<br />

Pflegefachkräfte gebraucht werden,<br />

also 20 Prozent mehr als heute. Die<br />

Dachorganisation Savoirsocial geht<br />

sogar von 50000 zusätzlich benötigten<br />

Arbeitskräften in der Betreuung<br />

aus, einem Zuwachs von 50<br />

Prozent. Die Lehrstellen sind nicht<br />

leicht zu erhalten. Doch wer den<br />

Abschluss in der Tasche hat, dürfte<br />

keine Mühe haben, eine Stelle zu<br />

finden.<br />

>>><br />

Praktikum statt Lehrstelle<br />

Alle anerkannten Berufslehren in der Schweiz sind so<br />

aufgebaut, dass man sie nach dem 9. Schuljahr beginnen<br />

kann. Doch viele Betreuungseinrichtungen, vor allem jene<br />

für Kinder, verlangen von den Lehrstellensuchenden, dass<br />

sie vorgängig ein Praktikum von einem halben bis zu<br />

mehreren Jahren absolvieren. Diese wehren sich nicht, in<br />

der Hoffnung, die Lehrstelle zu erhalten. Die Jugendlichen<br />

rechtfertigen das Praktikum als Möglichkeit, Erfahrung zu<br />

sammeln und herauszufinden, ob der Beruf der richtige für<br />

sie sei. So verrichten sie Arbeit, ohne dass sie ausgebildet<br />

werden, sie gehen nicht zur Schule und können sich kaum<br />

um andere Lehrstellen bemühen, weil sie Vollzeit arbeiten –<br />

und das zum Bruchteil des Lohns, den selbst ungelernte<br />

Festangestellte für die gleiche Arbeit erhalten würden.<br />

Savoirsocial, der Verband der Betreuungsberufe, ruft die<br />

Betriebe auf, Lehrstellensuchende direkt nach der Schule<br />

einzustellen. Damit würden aber die Betreuungskosten<br />

weiter steigen. Aktuell tragen die jungen Praktikanten<br />

die Kosten, indem sie praktisch umsonst arbeiten.<br />

LORYS, LERNENDER DETAILHANDELSFACHMANN<br />

ICH HABE DAS ZIEL IMMER VOR AUGEN.<br />

WIR ERREICHEN ES GEMEINSAM.<br />

Lidl lohnt sich – auch für unsere Lernenden: Angefangen bei einem tollen Team und einer einmaligen<br />

Betreuung bis hin zu besten Karriere- und Aufstiegsmöglichkeiten bietet Lidl vielfältige Chancen für<br />

gemeinsames Wachstum.<br />

Lehrstellen auf www.lidl.ch/lehre<br />

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong><br />

Mai <strong>2017</strong>49


Die <strong>Berufswahl</strong> bei Jugendlichen<br />

mit besonderen Bedürfnissen<br />

Für Jugendliche mit Lernschwierigkeiten, Verhaltensauffälligkeiten oder anderen<br />

Beeinträchtigungen ist der Übergang von der Schule ins Berufsleben eine ganz<br />

besondere Herausforderung. Glücklicherweise stehen heute eine Reihe von Angeboten<br />

und Massnahmen zur Verfügung. Text: Claudia Schellenberg und Annette Krauss<br />

Bei Jugendlichen mit<br />

besonderen Bedürfnissen<br />

spielen Eltern<br />

bei der <strong>Berufswahl</strong><br />

eine zentrale Rolle. Sie<br />

und die Jugendlichen werden von<br />

einem Netzwerk von Fachpersonen<br />

unterstützt, welches sich insbesondere<br />

an Sonderschulen im<br />

Rahmen der Förderplanung gut<br />

eingespielt hat. An der <strong>Berufswahl</strong><br />

der Jugendlichen beteiligen sich<br />

Lehrpersonen, die Berufs- und<br />

Laufbahnberatung und oft auch<br />

die Invalidenversicherung (IV).<br />

Immer öfter sind zudem schulische<br />

Heilpädagoginnen/-pädagogen<br />

bei Aufgaben rund um die<br />

<strong>Berufswahl</strong> eingebunden. Ziel ist<br />

es, die Jugendlichen zu einer realistischen<br />

Einschätzung der eigenen<br />

beruflichen Möglichkeiten zu<br />

führen. Das Schnuppern spielt in<br />

diesem Zusammenhang eine grosse<br />

Rolle, da die eigenen Stärken<br />

und Schwächen beim direkten<br />

Erleben des Berufes erfahren werden<br />

können.<br />

sung»: Zur Wahl stehen Brückenangebote<br />

wie Motivationssemester<br />

oder Berufsvorbereitungsjahre, in<br />

welchen persönliche Stärken gefestigt<br />

werden. Für Kinder und<br />

Jugendliche aus der Sonderschulung,<br />

welche noch nicht für eine<br />

Ausbildung auf Sekundarstufe II<br />

oder eine Arbeitsstelle bereit sind,<br />

gibt es das Angebot Sonderschulung<br />

15plus, in welchem intensiv<br />

an der <strong>Berufswahl</strong> weitergearbeitet<br />

wird.<br />

Das Schweizer Bildungssystem<br />

bietet nach der obligatorischen<br />

Schulzeit abgestufte Ausbildungsmöglichkeiten<br />

auf Sekundarstufe<br />

II: Neben der anforderungs reichen<br />

drei- bis vierjährigen beruflichen<br />

Grundbildung mit eidgenössischem<br />

Fähigkeitszeugnis (EFZ)<br />

richtet sich die zweijährige berufliche<br />

Grundbildung mit eidgenössischem<br />

Berufsattest (EBA) an<br />

vorwiegend praktisch veranlagte<br />

Jugendliche.<br />

Weiter gibt es die praktische<br />

Ausbildung nach INSOS (PrA):<br />

Diese ist eine Weiterentwicklung<br />

der IV-Anlehre und soll nach<br />

Abschluss eine bessere Anschlussfähigkeit<br />

an eine EBA-Ausbildung<br />

gewährleisten. Voraussetzung für<br />

den Beginn einer PrA ist meist<br />

Verschiedene Wege von der<br />

Schule in den Beruf<br />

Fast ein Drittel der Jugendlichen<br />

absolviert nach Schulabschluss<br />

eine sogenannte «Zwischenlöeine<br />

Verfügung der Invalidenversicherung<br />

für eine berufliche<br />

Massnahme.<br />

Alle Ausbildungsgänge können<br />

grundsätzlich im ersten Arbeitsmarkt<br />

als auch an einem geschützten<br />

Arbeitsplatz absolviert werden.<br />

Geschützt bedeutet, dass in<br />

diesen Ausbildungsinstitutionen<br />

ausschliesslich Jugendliche mit<br />

einer Beeinträchtigung ausgebildet<br />

werden.<br />

Vielfältige<br />

Unterstützungsangebote<br />

Je nach Beeinträchtigung der<br />

Jugendlichen sind angepasste Ausbildungs-<br />

und Finanzierungsformen,<br />

Begleitung und Coaching<br />

nötig, um einen Ausbildungsplatz<br />

zu erhalten. In der zweijährigen<br />

beruflichen Grundbildung mit<br />

Berufsattest (EBA) haben die Lernenden<br />

Anrecht auf eine fachkundige<br />

individuelle Begleitung (FiB).<br />

Dort erhalten die Lernenden meist<br />

durch den speziell dafür geschulten<br />

Berufsfachschullehrer Unterstützung<br />

und Lernbegleitung.<br />

Erhält der Jugendliche eine<br />

Verfügung durch die Invalidenversicherung,<br />

kann bei einer Ausbildung<br />

im ersten Arbeitsmarkt<br />

eine spezielle Begleitung durch<br />

50 Mai <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong>


einen Job-Coach angefordert werden.<br />

Dieser berät Arbeitgebende<br />

bei Arbeitsplatzanpassungen,<br />

begleitet den Jugendlichen in der<br />

Berufsfachschule oder vermittelt<br />

bei Konflikten. Dieses Modell<br />

heisst Supported Education und<br />

ist gemäss Studienergebnissen<br />

erfolgreich (Hofmann, Schaub &<br />

Häfeli, 2013).<br />

Bei besonders herausfordernden<br />

Situationen, in denen Jugendliche<br />

mit Problemen in mehreren<br />

Lebensbereichen konfrontiert<br />

sind und der Abschluss einer<br />

beruflichen Grundbildung da -<br />

durch gefährdet ist, kann das kantonale<br />

Unterstützungsangebot<br />

Case Management Berufsbildung<br />

helfen.<br />

Jugendliche mit besonderem<br />

Förderbedarf können auch EFZ-<br />

Berufslehren oder weiterführende<br />

schulische Ausbildungen (Gymnasium,<br />

Studium) absolvieren.<br />

Auch hier gibt es unterstützende<br />

Angebote wie den Nachteilsausgleich.<br />

Dieser wird auf allen Bildungsstufen<br />

eingesetzt und soll<br />

Jugendlichen mit Teilleistungsschwächen<br />

faire Chancen für<br />

einen erfolgreichen Ausbildungsabschluss<br />

eröffnen.<br />

Eine aktuelle Studie (Schellenberg<br />

et al., <strong>2017</strong>) zeigt, dass der<br />

häufigste Grund für einen Nachteilsausgleich<br />

Lese-Rechtschreib-<br />

Schwäche ist. Fast die Hälfte der<br />

gesprochenen Massnahmen be -<br />

treffen zeitliche Modifikationen<br />

(z. B. Zeitzuschlag bei Prüfungen).<br />

Zur Person<br />

Claudia Schellenberg (links), Dr. phil., Psychologin<br />

und Berufs- und Laufbahnberaterin, und Annette<br />

Krauss, M. Sc., Psychologin, arbeiten an der<br />

Interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik HfH<br />

im Forschungsschwerpunkt «Erschwerter Übergang<br />

Schule – Erwerbsleben».<br />

Die Ausbildung ist für<br />

mich abwechslungsreich,<br />

ich spiele und spaziere<br />

mit den Senioren und<br />

erfahre dabei Spannendes<br />

aus ihrem Leben.<br />

Olivia, 2. Lehrjahr, Praktische<br />

Ausbildung Seniorenbetreuung<br />

Praktische Ausbildung<br />

Seniorenbetreuung<br />

www.ibk-berufsbildung.ch


Abbruch und Neustart<br />

Am Computer tun wir es immer wieder: abbrechen und neu starten. Wenn es gar nicht mehr<br />

passt, kann auch in der Ausbildung ein Neuanfang die beste Option sein – eine Krisensituation<br />

ist der Lehr- oder Mittelschulabbruch für die meisten trotzdem. Text: Stefan Michel<br />

Marco freute sich<br />

auf seine Lehre<br />

als Detailhandelsfachmann<br />

Consumer<br />

Electronics. «Ich bin gerne in Kontakt<br />

mit Menschen, berate sie gerne,<br />

und Elektronik finde ich spannend.»<br />

Die unschönen Seiten der<br />

Lehre lernte er bald kennen. «Mein<br />

Chef sprach nicht mit mir und<br />

nach einem Monat listete er im<br />

Probezeitgespräch einen Negativ-<br />

Ist es der Beruf oder der Betrieb?<br />

«Ein Lehrabbruch ist ein kritisches<br />

Ereignis und ein Misserfolg für die<br />

betroffene Person», sagt Silvan<br />

Arnold, der Marco bei dessen zweiter<br />

Lehrstellensuche berät. Die<br />

Berufsberatung ist darauf vorbepunkt<br />

nach dem anderen auf.<br />

Jeden Tag hiess es: Ihr müsst zu<br />

jedem zehnten Handy eine Versicherung<br />

verkaufen.»<br />

Vier Monate nach Lehrbeginn<br />

legte der Lehrmeister seinem Lernenden<br />

die Kündigung auf den<br />

Tisch. Marco konnte sich noch von<br />

seinen Kollegen verabschieden,<br />

mit denen er sich gut verstanden<br />

hatte. Dann war er arbeitslos.<br />

Aufgrund kantonaler Studien<br />

muss man davon ausgehen, dass 10<br />

bis 20 Prozent der Lehrverträge im<br />

ersten Lehrjahr aufgelöst werden.<br />

Knapp die Hälfte der Abbrecher<br />

findet innert Wochen oder Monaten<br />

eine neue Lehrstelle.<br />

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eitet, aus dieser Krise eine Chance<br />

zu machen. Meist ist die zweite<br />

Lehrstelle die richtige. Eine Einschränkung<br />

macht Arnold: Je länger<br />

die Lehre dauert, desto eher<br />

sollte man versuchen, sie zu beenden.<br />

Als Erstes gilt es nach dem<br />

Abbruch, herauszufinden, ob der<br />

Beruf grundsätzlich der richtige<br />

ist, die Probleme vom Lehrbetrieb<br />

oder von den Vorgesetzten herrühren.<br />

In diesem Fall sucht man<br />

nach einem neuen Betrieb, um die<br />

Lehre schnellstmöglich fortzusetzen.<br />

Die Berufsschule dürfen auch<br />

gekündigte Lernende besuchen.<br />

Drei Monate haben sie Zeit, einen<br />

neuen Lehrbetrieb zu finden.<br />

Marco wollte nicht zurück ins<br />

Detailhandelsgeschäft und ging<br />

deshalb auch nicht mehr zur<br />

Schule. Er machte die <strong>Berufswahl</strong><br />

zu seiner Hauptbeschäftigung.<br />

«Ich schaute mir sämtliche Berufsfilme<br />

an, die ich fand, informierte<br />

mich tagelang.» Beschäftigt zu<br />

bleiben und eine Tagesstruktur zu<br />

erhalten, ist für Lehrabbrecher<br />

ebenso wichtig wie die Suche nach<br />

einem neuen Ausbildungsplatz.<br />

Marco fand schliesslich eine Lehrstelle<br />

als Drucktechnologe in<br />

einem Reprografieunternehmen.<br />

Um die Zeit bis zum Lehrbeginn<br />

zu nutzen, machte er einen<br />

Sprachaufenthalt in England.<br />

Gefragte Gymi-Abbrecher<br />

Auch Mittelschüler können plötzlich<br />

ohne Ausbildungsplatz dastehen.<br />

Ein paar schlechte Zeugnisse<br />

genügen, und man ist raus. Viele<br />

wechseln an eine private Maturitätsschule.<br />

Andere suchen sich eine<br />

Lehrstelle. Berufsberater Bruno<br />

Ruoss hat solche Jugendliche<br />

begleitet. «Grundsätzlich sind<br />

Gymi-Abbrecher als Lernende<br />

gefragt, gerade in den Lehren mit<br />

den höchsten Anforderungen –<br />

vorausgesetzt, der oder die Jugendliche<br />

steckt nicht in einer weitergehenden<br />

Krise, sondern ist<br />

motiviert, eine Lehre anzutreten.»<br />

Weder Lehr- noch Mittelschulabbruch<br />

sind für sich allein ein<br />

grosses Unglück. Sie kommen<br />

öfter vor, als viele denken, und<br />

deshalb sind solche Brüche auch<br />

im Lebenslauf kein Killerkriterium.<br />

Entscheidend ist, was man<br />

daraus macht und wie man die<br />

plötzliche Leere füllt. So einfach<br />

wie am Computer ist dieser Neustart<br />

nicht.<br />

Detailhandelsfachfrau/fachmann<br />

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Ich mache Karriere<br />

Viele Wege führen in die Führungsetage. Es lohnt sich, auch Berufe ins Auge zu fassen, die auf den<br />

ersten Blick weniger attraktiv erscheinen. Gerade dort winken viele Chancen. Text: Stefan Michel<br />

Der Satz hat es in sich: «Wer bei uns<br />

eine Lehre macht, ist ein künftiger<br />

Kadermitarbeiter.» Das sagt nicht der<br />

Vertreter einer Bank, sondern Ueli<br />

Büchi vom Schweizer Baumeisterverband.<br />

Die Laufbahn, die Büchi meint, sieht so aus:<br />

Der ausgelernte Maurer kann nach ersten Arbeitserfahrungen<br />

Vorarbeiter werden und ein kleines<br />

Team führen. Nach der Polierschule kann er Baustellen<br />

organisieren, später als Bauführer in einem Unternehmen<br />

für mehrere Baustellen Verantwortung<br />

übernehmen und schliesslich als diplomierter Baumeister<br />

eine Baufirma führen. Der Lohn steigt mit,<br />

von durchschnittlich 5700 Franken pro Monat für<br />

einen gelernten Maurer zu 7600 für den Polier und<br />

8500 Franken für den Bauführer.<br />

«Die Hälfte der Lehrabsolventen steigt schon<br />

nach kurzer Zeit in die erste Weiterbildung ein»,<br />

freut sich Büchi. Denn im Baugewerbe gibt es trotz<br />

des gut ausgebauten Weiterbildungswesens auf den<br />

höheren Hierarchiestufen zu wenige, die das Handwerk<br />

aus eigener Erfahrung kennen. «Jedes Jahr<br />

kommen über 200 Bauingenieure von den Fachhochschulen.<br />

Das sind für uns Quereinsteiger. Die<br />

meisten von ihnen haben noch nie auf einer Baustelle<br />

gearbeitet. Die Bauunternehmen tun deshalb<br />

viel dafür, dass sich ihre gelernten Fachleute weiterbilden.»<br />

Bild: Gaetan Bally / Keystone<br />

Es geht auch ohne Gymnasium oder KV<br />

Als Anfang einer beruflichen Karriere sehen die<br />

meisten noch immer die Matura oder die kaufmännische<br />

Lehre bei einer Bank oder Versicherung.<br />

Entsprechend gross ist der Andrang auf diese Lehrstellen.<br />

Die Lehrbetriebe können es sich leisten, nur<br />

die Sekundarschüler mit den besten Noten aufzunehmen.<br />

Dabei bieten gerade weniger gesuchte<br />

Berufslehren in grossen, hierarchisch strukturierten<br />

Unternehmen gute Aufstiegschancen.<br />

So etwa die Lehre im Detailhandel: Wer Einsatz<br />

und Talent zeigt, sich weiterbildet und Verantwortung<br />

übernehmen will, nimmt schon Anfang zwanzig<br />

die ersten Stufen auf der Karriereleiter: zu erst als<br />

Leiter eines kleinen Teams, später mit der eidgenössischen<br />

Berufsprüfung zum Detailhandelsspezialisten<br />

als Leiter einer Abteilung oder einer mittelgrossen<br />

Filiale. Ein Jahresgehalt von 80 000 Franken ist<br />

auf dieser Stufe üblich.<br />

Wer sich in der Praxis gut schlägt, kann die höhere<br />

Fachprüfung zum Detailhandelsmanager in<br />

Angriff nehmen. Wie der Name sagt, stehen nun<br />

54 Mai <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong>


Managementfunktionen im Zentrum der Ar beit,<br />

etwa als Leiter einer grossen Verkaufsstelle oder als<br />

Geschäftsführer eines kleinen oder mittleren Unternehmens.<br />

Die Verdienstaussichten liegen nun bei<br />

über 100 000 Franken, je nach individueller Position<br />

im Unternehmen sogar deutlich darüber.<br />

Der berufliche Aufstieg kann auch ein Zufallsprodukt<br />

sein, zum Beispiel, wenn ein talentierter motivierter<br />

Mensch zur richtigen Zeit am richtigen Ort<br />

ist. An Karriere hat Dario Allenbach nicht gedacht,<br />

als er seine Lehre als Gärtner begann. Doch schon vor<br />

Abschluss der Lehre stellte ihm sein Chef in Aussicht,<br />

dass er in zwei bis drei Jahren den Betrieb übernehmen<br />

könne. «Der Beruf gefiel mir, doch dann merkte<br />

ich, dass ich das nicht mein Leben lang machen will»,<br />

erklärt der ehemalige Gärtner ein paar Jahre später.<br />

Er entschied sich, die Berufsmatura nachzuholen, und<br />

studiert in zwischen an der Zürcher Hochschule für<br />

Angewandte Wissenschaften Facility Management.<br />

Karriereberuf Facility Manager<br />

Facility Manager auf Hochschulstufe sind verantwortlich<br />

für grosse Gebäude wie etwa eine Wohnüberbauung,<br />

ein Spital, ein Fussballstadion oder ein<br />

Flughafen. Facility Manager organisieren Reinigung,<br />

Wartung, Materialnachschub, Entsorgung, je nach<br />

<strong>Spezial</strong>isierung auch die Betreuung von Gästen, und<br />

sie führen das dafür zuständige Personal. Gut ausgebildete<br />

Facility Manager sind gefragte Fachleute und<br />

gehören zum mittleren oder höheren Kader einer<br />

Unternehmung. Lohnklasse: 150 000 Franken aufwärts.<br />

Spitäler haben es Andrea Stuber angetan. Ihre<br />

Eltern, beide in der Gastronomie tätig, rieten ihr von<br />

der Lehre als Fachfrau Hauswirtschaft ab. «Sie<br />

wünschten mir, dass ich nicht wie sie an Wochenenden<br />

und bis spätabends arbeiten muss», erinnert<br />

sich die Bernerin. Doch sie liess sich nicht abhalten<br />

und lernte ihren Beruf bei der privaten Hirslanden<br />

Klinik. Sie schätzte die Vielseitigkeit ihrer Tätigkeiten<br />

und dass sie dazu beitrug, in einem Krankenhaus<br />

ein Fünf-Sterne-Ambiente zu entfalten. «Ich rüstete<br />

auch mal in der Küche Gemüse oder putzte Böden.<br />

Doch für mich war das nicht unangenehm.» Als<br />

Bereicherung empfindet sie den Kontakt mit Menschen<br />

aus aller Welt.<br />

Inzwischen studiert auch Andrea Stuber Facility<br />

Management und wechselt damit schrittweise von<br />

der Rolle der Befehlsempfängerin in die Position<br />

derjenigen, die Direktiven erteilt. Ihr Ziel ist, weiter<br />

in Spitälern zu arbeiten, dafür zu sorgen, dass das<br />

Gebäude perfekt unterhalten ist, der Nachschub an<br />

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Gerade weniger gefragte<br />

Berufslehren in grossen<br />

Unternehmen bieten gute<br />

Aufstiegschancen.<br />

technischem Material, Essen oder Medikamenten<br />

rechtzeitig an den richtigen Ort gelangt, Pannen<br />

umgehend behoben werden. Und sie will Projekte<br />

vorantreiben, um die Bewirtschaftung des Gebäudes<br />

noch besser zu organisieren. «Klar ermöglicht mir<br />

das Studium einen Karrieresprung. Entscheidend ist<br />

für mich aber, dass ich einen Beruf habe, der mir<br />

gefällt.»<br />

Vielleicht denkt Andrea Stuber als viel beschäftigte<br />

Managerin einmal mit Wehmut an den Anfang<br />

ihrer Karriere zurück, als sie in der Spitalküche Ge ­<br />

müse rüstete.<br />

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Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong><br />

Mai <strong>2017</strong><br />

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56 Mai <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong>


Harziger Start<br />

ins Berufsleben<br />

Nach dem Schulabschluss weder eine Lehrstelle noch sonst einen Ausbildungsplatz<br />

zu haben, ist für Jugendliche eine Niederlage. Für die Gesellschaft ist es eine<br />

kritische Situation. Verschiedene Institutionen unterstützen die betroffenen jungen<br />

Männer und Frauen intensiv, damit es mit der Berufsbildung doch noch klappt.<br />

Text: Stefan Michel<br />

Bild: Christian Beutler / Keystone<br />

Der Übertritt von<br />

der Schule in die<br />

Berufswelt ist ein<br />

entscheidender<br />

Schritt, und er<br />

kommt früh. Nicht allen gelingt er.<br />

Gegen zwanzig Prozent der<br />

Jugendlichen in der Stadt Zürich<br />

legen nach der dritten Sekundarklasse<br />

ein Zwischenjahr ein, bevor<br />

sie eine Lehre oder eine weiterführende<br />

Schule beginnen. Für einige<br />

kommt die <strong>Berufswahl</strong> schlicht zu<br />

früh. «Es gibt Fünfzehnjährige, die<br />

sind noch Kinder. Die nehmen das<br />

Leben noch nicht ernst», weiss<br />

Markus Riesen. Er ist Prorektor<br />

der Fachschule Viventa, einer Einrichtung<br />

der Stadt Zürich. Hier<br />

kommen viele Jugendliche unter,<br />

die keine Lehrstelle und keinen<br />

schulischen Anschluss gefunden<br />

haben.<br />

Er führe keine Statistik über<br />

die Gründe, weshalb Jugendliche<br />

ein Berufsvorbereitungsjahr in<br />

der Viventa absolvierten. Aber die<br />

Bandbreite an Gründen kennt er.<br />

Sie reicht von der nicht bestandenen<br />

Gymiprüfung bis zu jenen,<br />

die sich allem verweigern, was<br />

von Erwachsenen kommt. Dazwischen<br />

sind die Schulmüden, die<br />

den Anschluss verloren, viel ge ­<br />

schwänzt und deshalb auch die<br />

<strong>Berufswahl</strong> verpasst haben. Zum<br />

Problem können auch fixe Vorstellungen<br />

über den richtigen<br />

Beruf werden, kommen sie nun<br />

vom jungen Menschen selber<br />

oder von dessen Eltern. Wenn nur<br />

eine KV-Lehrstelle infrage<br />

kommt, aber die Schulleistungen<br />

dafür bei Weitem nicht ausreichen,<br />

dann kann man so viele<br />

Bewerbungen schreiben, wie man<br />

will, ein Lehrvertrag wird nicht<br />

resultieren.<br />

Intensivkurs Lehrstellensuche<br />

«Das Zehnte», wie die Jugendlichen<br />

das zusätzliche Schuljahr<br />

nennen, ist nicht beliebt. >>><br />

Für viele Jugendliche<br />

kommt die<br />

<strong>Berufswahl</strong> zu früh.<br />

57


«Ich muss drei Bewerbungen<br />

pro Woche schreiben.<br />

Der Druck tut mir gut.»<br />

>>> Doch es dient vielen dazu,<br />

ihre Defizite gezielt aufzuarbeiten,<br />

ihre Bewerbung zu verbessern und<br />

ihre Ziele neu zu definieren. Oft<br />

mit Erfolg: 70 Prozent der Jugendlichen,<br />

die 2015 ihr Berufsvorbereitungsjahr<br />

an der Viventa beendeten,<br />

begannen danach eine<br />

Berufslehre.<br />

Ungefähr ein Viertel wählte<br />

eine andere Anschlusslösung: eine<br />

Vorlehre, ein Praktikum oder das<br />

ebenfalls städtische Motivationssemester.<br />

Markus Riesen weist<br />

darauf hin, dass die Fachschule<br />

Viventa alle Jugendlichen aufnehme,<br />

auch jene mit den grössten<br />

Schwierigkeiten. Andere <strong>Berufswahl</strong>schulen<br />

im Kanton Zürich<br />

selektieren vorher, dafür finden<br />

praktisch alle Absolventen des 10.<br />

Schuljahres eine Lehrstelle.<br />

Syart Saliu war Sek-A-Schüler,<br />

Notenschnitt 4,25 und eine 4 in<br />

Mathematik. Das reichte nicht für<br />

die angestrebte Informatiker-<br />

Lehrstelle. Kurz vor Lehrbeginn<br />

2015 war er nahe dran an einer<br />

KV-Lehrstelle, zog aber gegen die<br />

Mitbwerber doch den Kürzeren.<br />

Das KV ist seine Wunschlehre, er<br />

bewarb sich aber auch als Automatiker<br />

und Detailhandelsfachmann.<br />

«Mit meinem Begleiter in<br />

der Viventa habe ich vereinbart,<br />

dass ich drei Bewerbungen pro<br />

Woche abschicke. Dieser Druck<br />

hat mir in der Sekundarschule<br />

gefehlt.»<br />

Zweite Chance für<br />

Jugendstraftäter<br />

In eine noch schwierigere Lage hat<br />

sich Andrej gebracht, der seinen<br />

richtigen Namen nicht abgedruckt<br />

haben will. Mit Kollegen klaute er<br />

Scooter, wurde gefasst und verbrachte<br />

mit 15 Jahren 25 Tage in<br />

Untersuchungshaft. In den letzten<br />

zwei Schuljahren fehlte er oft. An<br />

eine gezielte Lehrstellensuche war<br />

nicht zu denken. Die Sek C schloss<br />

er mit einem tiefen Notenschnitt<br />

ab. «Ich hatte Glück, dass sie mich<br />

nicht von der Schule geschmissen<br />

haben», streicht er das Positive<br />

hervor.<br />

12. – 21. Mai <strong>2017</strong><br />

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58 Mai <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong>


Wer nimmt einen vorbestraften<br />

jungen Mann mit schlechtem<br />

Schulabschluss als Lehrling? Im<br />

Fall von Andrej ist es die Stiftung<br />

Vert.igo. Die Jugendanwaltschaft<br />

sorgte dafür, dass er hier eine zweite<br />

Chance erhielt. Inzwischen ist<br />

er im dritten Lehrjahr der dreijährigen<br />

Lehre zum Fachmann<br />

Betriebsunterhalt.<br />

Vert.igo arbeitet eng mit dem<br />

Sportamt der Stadt Zürich zusammen.<br />

Andrej schleift Sitzbänke,<br />

damit sie wieder frisch aussehen,<br />

ersetzt Tornetze oder auch mal ein<br />

ganzes Goal oder einen Basketballkorb.<br />

«Bei schönem Wetter<br />

draussen macht es natürlich mehr<br />

Spass als bei Regen. Aber darum<br />

geht es nicht. Ich muss diese Lehre<br />

durchziehen, das ist meine letzte<br />

Chance», erklärt er seinen Einsatz.<br />

Andrej wohnt bei seinem Vater.<br />

Der unterstütze ihn weiter, wie<br />

auch seine Mutter. Ihnen will er es<br />

recht machen. Auch die Betreuer<br />

im Vert.igo scheinen den richtigen<br />

Ton zu treffen. «Sie geben mir das<br />

Gefühl, dass ich mich für mich<br />

selber anstrenge. Wenn ich am<br />

Morgen nicht auftauche, dann ist<br />

das mein Problem. Irgendwann<br />

würde ich hier rausfliegen und<br />

dann wäre ich wieder in Schwierigkeiten.»<br />

Seine Vorgesetzten<br />

sehen ihn auf einem guten Weg.<br />

Aufgrund seiner Arbeitsleistungen<br />

seien seine Chancen gut, im ersten<br />

Arbeitsmarkt Fuss zu fassen.<br />

Syart Saliu bewarb sich für<br />

über 100 Lehrstellen und liess<br />

sich von Absagen nicht entmutigen<br />

– auch dank der Unterstützung<br />

durch seinen Betreuer und<br />

Wer nimmt einen<br />

vorbestraften Jugendlichen<br />

mit schlechtem<br />

Schulabschluss als Lehrling?<br />

durch seine Familie. Kurz vor<br />

Ende des Schuljahres erhielt er<br />

die ersehnte Lehrstelle bei einem<br />

privaten Unternehmen, das Kaufleute<br />

ausbildet. Er hat einen Tipp<br />

an andere, deren Lehrstellensuche<br />

harzt: «Regt euch nicht über Absagen<br />

auf, aber fragt immer nach<br />

dem Grund und arbeitet daran.<br />

Seid immer im Wandel!»<br />

>>><br />

Fachfrau/-mann Betriebsunterhalt EFZ<br />

und Unterhaltspraktiker/-in EBA<br />

zwei vielseitige und anspruchsvolle Berufe<br />

Berufsporträt<br />

Fachleute Betriebsunterhalt EFZ sorgen für:<br />

• einen reibungslosen Betrieb in Werkhöfen,<br />

Schulen und Sportanlagen von Gemeinden<br />

und Städten aber auch in privaten<br />

Institutionen<br />

• den regelmässigen Unterhalt von Immobilien,<br />

Strassen und Grünflächen<br />

• die regelmässige Kontrolle, Wartung und<br />

Instand setzung von Elektro- und Sanitäranlagen,<br />

Heizungen und Lüftungen<br />

Das ist die Ausbildung zur/m Fachfrau/-mann<br />

Betriebsunterhalt mit EFZ:<br />

• 3-jährige Berufslehre mit eidgenössischem<br />

Fähigkeitszeugnis EFZ<br />

• Ausbildungsschwerpunkte Hausdienst oder<br />

Werkdienst<br />

• 4 Tage pro Woche berufliche Praxis<br />

• 1080 Lektionen berufskundliche und<br />

allgemein bildende Theorie<br />

• 16 Tage überbetriebliche Kurse<br />

Unterhaltspraktiker/-in EBA sorgen für:<br />

• die Reinigung und Wartung von Gebäuden<br />

und umliegenden Plätzen, Grünanlagen<br />

und Wegen von Gemeindeverwaltungen aber<br />

auch in privaten Institutionen<br />

• einfache Unterhaltsarbeiten und Kleinreparaturen<br />

an nicht-elektrischen Installationen<br />

sowie Grünpflegearbeiten im Innenund<br />

Aussenbereich<br />

Das ist die Ausbildung zur/m<br />

Unterhaltspraktiker/-in mit EBA:<br />

• 2-jährige Berufslehre mit eidgenössischem<br />

Berufsattest<br />

• 4 Tage pro Woche berufliche Praxis<br />

• 720 Lektionen berufskundliche und<br />

allgemeinbildende Theorie<br />

• 14 Tage überbetriebliche Kurse<br />

Weitere Informationen zur Ausbildung finden Sie hier:<br />

www.betriebsunterhalt.ch/Sektionen/Zuerich/Bildung<br />

Voraussetzungen für beide Ausbildungen:<br />

Zusätzliche Voraussetzungen<br />

• Freude an handwerklicher und<br />

für Fachleute Betriebsunterhalt EFZ:<br />

praktischer Arbeit<br />

• Interesse an organisatorischen und planerischen<br />

• Flexibilität, Zuverlässigkeit und körperliche<br />

Aufgaben<br />

Das Belastbarkeit<br />

Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong> Mai <strong>2017</strong>59


Kann ich,<br />

was ich will?<br />

Zur <strong>Berufswahl</strong> gehört, dass man seine Fähigkeiten mit den<br />

Anforderungen des Arbeitslebens abgleicht. Die Schulnoten spielen<br />

dabei eine wichtige Rolle, entscheiden aber nicht allein. Text: Stefan Michel<br />

Bild: Caro / Oberhaeuser / Keystone<br />

Herauszufinden, was man will, ist<br />

schwierig genug. Und schon kommt<br />

die nächste Herausforderung: Genüge<br />

ich den Anforderungen? Bin ich<br />

gut genug für meinen Traumberuf?<br />

Eine Studie mit 514 Jugendlichen* kommt zu einem<br />

erfreulichen Resultat: Der Aussage «Ich habe die Ausbildung<br />

gewählt, die mich am meisten interessiert<br />

hat» stimmen 58 Prozent voll und ganz zu, weitere<br />

33 Prozent geben an, sie treffe für sie eher zu. Nur<br />

gerade 9 Prozent sehen ihre Interessen in ihrer aktuellen<br />

Berufsausbildung eher nicht oder gar nicht<br />

repräsentiert. Die grosse Mehrheit der Jugendlichen<br />

hat eine Lehrstelle gefunden, die sie interessiert und<br />

deren Anforderungen sie erfüllen – sonst hätten sie<br />

die Stelle ja nicht erhalten.<br />

Für die Jugendlichen, die ihre Berufsbildung erst<br />

noch finden müssen, macht das die Suche natürlich<br />

nicht einfacher. In Berufsbeschrieben, wie sie beispielsweise<br />

auf www.berufsberatung.ch angeboten<br />

werden, ist zwar angegeben, welche Fertigkeiten und<br />

Fähigkeiten gefragt sind: von geschickten Händen bis<br />

zum freundlichen Umgang für die Lehre zum Hauswirtschaftspraktiker;<br />

oder gute Feinmotorik, räumliches<br />

Vorstellungsvermögen für die Architekturmodellbaulehre.<br />

Angaben, nach welchen Kriterien<br />

selektiert wird und welche Rolle die Schulnoten<br />

spielen, sucht man aber meist vergebens. Dahinter<br />

steckt wohl Absicht, denn man will ja niemandem<br />

die Motivation nehmen.<br />

Per Notenschnitt zur Lehrstelle?<br />

Die nächste Frage ist dann, wie man die eigenen<br />

Fähigkeiten beweist und gut darstellt. Hier bietet sich<br />

die Schnupperlehre im Wunschberuf an. Ein positiver<br />

Schnupperlehrbericht ist für die Bewerbung fast<br />

schon Pflicht. Wer eine Lehre im Bereich Betreuung<br />

sucht und auf seine Erfahrung als Pfadileiter oder<br />

Babysitter verweisen kann, steht ebenfalls besser da<br />

als jemand, der nur seinen Wunsch, zu betreuen,<br />

anführen kann. Schulnoten können ergänzt werden<br />

mit Resultaten von Eignungstests wie «Multicheck»,<br />

«Basic-Check» oder «Kompass». Sie sind genauer auf<br />

die Anforderungen in den verschiedenen Berufsgruppen<br />

zugeschnitten und bringen teilweise auch<br />

Qualitäten zum Vorschein, die im Schulzeugnis kaum<br />

abgebildet werden.<br />

Eine Liste, die darstellt, welche Sekundarschulstufe<br />

welche Berufslehre ermöglicht, existiert nicht.<br />

Doch jeder Berufsberater mit Erfahrung kann realistisch<br />

einschätzen, was die Minimalanforderungen<br />

der Lehrbetriebe sind, auch wenn viele immer wieder<br />

60 Mai <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong>


eteuern, Schulnoten seien nicht entscheidend. Und<br />

auch Jugendliche, die sich mit der Lehrstellensuche<br />

auseinandergesetzt haben, entwickeln ein Gespür für<br />

die Anforderungen, auch wenn man diese nicht so<br />

gerne wahrhaben mag. Ein Besuch in einer Schule<br />

im Zürcher Stadtteil Oerlikon zeigt: Während sich<br />

in der Sek-A-Klasse viele nach einer KV-, Zeichneroder<br />

Informatiker-Lehrstelle umsehen, sind in der<br />

Sek-B-Klasse auch handwerkliche Berufe und Detailhandel<br />

gefragt.<br />

Es spricht nichts dagegen, sich für Lehrstellen zu<br />

bewerben, deren Voraussetzungen man beispielsweise<br />

bezüglich Schulleistungen nicht ganz erfüllt. Auch<br />

verbaut man sich nichts, wenn man eine Berufslehre<br />

macht, selbst wenn man in ein Gymnasium aufgenommen<br />

wäre. Wichtig ist, dass man rechtzeitig der<br />

Realität ins Auge blickt, das heisst, nach sehr vielen<br />

Absagen auch anderen Berufen als nur dem Wunschberuf<br />

eine Chance gibt.<br />

* Juvenir-Studie 2.0. Die erste grosse Entscheidung. Wie<br />

Schweizer Jugendliche eine (Berufs-)Ausbildung wählen.<br />

2013. Studie durchgeführt von Prognos AG im<br />

Auftrag der Jacobs Foundation. Download der Studie<br />

auf www.juvenir.ch.<br />

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und schulisch individuell gefördert gelingt der<br />

Start in den Lehrberuf. Oder sind die Berufswünsche weiter<br />

gesteckt? Sekundarschule, Gymnasium und Fachmittelschule<br />

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Mai <strong>2017</strong>61


Service<br />

Maturitätsschulen<br />

Grundsätzlich gilt: Jeder Kanton hat seine eigenen Regeln. Es ist unabdingbar,<br />

sich in seinem Wohnkanton zu informieren. Unter gewissen<br />

Umständen ist es möglich, eine Maturitätsschule in einem anderen<br />

Kanton zu besuchen. Auch das ist von Kanton zu Kanton verschieden.<br />

Gymnasium (auch Mittelschule, Kantonsschule genannt)<br />

Vier- oder sechsjährige Schule für lernstarke Schüler. Vorbereitung auf<br />

ein Universitätsstudium.<br />

Fachmittelschule<br />

Maturitätsschule, meist dreijährig, die auf bestimmte Studienrichtungen<br />

an einer Fachhochschule vorbereitet: Gesundheit, Soziale Arbeit,<br />

Pädagogik, Kommunikation und Information, Gestaltung und Kunst,<br />

Musik und Theater.<br />

Berufsmaturitätsschule<br />

Die Berufsmaturitätstypen sind den Berufen zugeordnet:<br />

– Technik, Architektur und Life Sciences<br />

(technische und handwerkliche Berufe)<br />

– Natur, Landschaft und Lebensmittel<br />

(Berufe im Bereich Natur und Landschaft)<br />

– Wirtschaft und Dienstleistungen<br />

(KV und weitere Dienstleistungsberufe)<br />

– Gestaltung und Kunst<br />

(künstlerische, technisch-handwerkliche Berufe)<br />

– Gesundheit und Soziales<br />

(Berufe im Bereich Gesundheit, Körperpflege und Soziales)<br />

Meist sind ein zusätzlicher halber Tag Unterricht sowie zusätzliche<br />

Lernzeit nötig. Der Lehrbetrieb muss sein Einverständnis geben, denn<br />

die Berufsmaturanden arbeiten einen halben Tag weniger im Betrieb.<br />

Nach der Lehre<br />

Die Berufsmatura kann auch nach Lehrabschluss absolviert werden<br />

– als Vollzeitschule (zwei Semester) oder berufsbegleitend (drei bis<br />

fünf Semester).<br />

Passerelle zu Uni/ETH<br />

Wer nach der Berufsmatura an einer Universität oder der ETH studieren<br />

will, muss die Eignungsprüfung namens «Passerelle» ablegen. Verschiedene<br />

Schulen bieten einjährige Vorbereitungskurse an.<br />

<strong>Berufswahl</strong><br />

in 7 Schritten<br />

(nach www.myberufswahl.ch)<br />

1. Ich lerne meine Interessen und Stärken<br />

kennen.<br />

2. Ich lerne die Berufs- und Ausbildungswelt<br />

kennen.<br />

3. Ich vergleiche meine Stärken mit den<br />

Anforderungen der Berufe und<br />

Ausbildungen, die mich interessieren.<br />

4. Ich schaue mir die interessanten Berufe<br />

in einer Schnupperlehre genauer an.<br />

5. Ich überprüfe die möglichen Berufe<br />

oder Schulen und entscheide mich.<br />

6. Ich setze meine Entscheidung um, suche<br />

eine Lehrstelle oder melde mich bei<br />

einer Schule an.<br />

7. Ich bereite mich auf die Lehre oder<br />

die Mittelschule vor oder ich kläre<br />

ein Brückenangebot ab.<br />

Wer sich auf www.berufswahl.ch ein Konto anlegt,<br />

hat Zugang zu den Zusatzinformationen und<br />

interaktiven Arbeitsblättern zu allen sieben<br />

Schritten der <strong>Berufswahl</strong>.<br />

Lehre oder Gymi?<br />

Diese Fragen helfen bei der Entscheidung:<br />

– Brauche ich für mein Berufsziel eine<br />

bestimmte Vorbildung?<br />

– Wie sind meine schulischen Leistungen?<br />

– Interessiere ich mich für (fast) alle Fächer?<br />

– Mit welchen Fächern möchte ich mich<br />

vertieft auseinandersetzen?<br />

– Wie bald möchte ich in die<br />

Erwachsenenwelt eintreten?<br />

– Wie gerne bin ich Schülerin oder Schüler?<br />

– Wie sehr schätze ich es, meine berufliche<br />

Zukunft noch offen zu lassen?<br />

Quelle: ask! Beratungsdienste für Ausbildung und<br />

Beruf Aargau<br />

62 Mai <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong>


Projekt LIFT:<br />

Arbeitserfahrungen<br />

sammeln<br />

Das Projekt LIFT unterstützt Jugendliche im Übergang von<br />

der Oberstufe in die Berufsbildung. «Zielgruppe sind Jugendliche<br />

ab der 7. Klasse mit erschwerter Ausgangslage<br />

bezüglich späterer Integration in die Arbeitswelt», heisst es<br />

auf der Website. Jugendliche, die ihre Chancen auf eine<br />

Lehrstelle verbessern wollen, können mit regelmässigen<br />

Kurzeinsätzen in Gewerbebetrieben in ihrer Region wertvolle<br />

Erfahrungen sammeln. Dabei wächst bei vielen auch<br />

das Selbstvertrauen, diesen wichtigen Schritt zu schaffen.<br />

LIFT arbeitet mit Schulen in der ganzen Schweiz zusammen.<br />

www.jugendprojekt-lift.ch<br />

<strong>Berufswahl</strong> und Lehrstellensuche online<br />

www.berufsberatung.ch<br />

www.yousty.ch<br />

www.berufskunde.com<br />

www.gateway-junior.org<br />

www.lehrstellenboerse.ch<br />

www.die-lehrstelle.ch<br />

www.berufsnavigator.ch<br />

www.deinberuf.ch (Berufsfilme von Lernenden)<br />

www.toplehrstellen.ch (nur Gebäudetechnik)<br />

www.berufslehrverbund.ch (mit Lehrstellenbörse<br />

für Stadtzürcher Jugendliche)<br />

>>><br />

Berufsporträt<br />

So sehen heute Abschlussprüfungen aus.<br />

Werde Zimmermann/Zimmerin!<br />

Eine Lehre als Zimmermann / Zimmerin bringt dich weiter.<br />

Und öffnet dir nach der Grundausbildung die Türe zu<br />

vielfältigen Weiterbildungsmöglichkeiten und interessanten<br />

<strong>Spezial</strong>gebieten. Langweilig wird es dir nie: Technik,<br />

Kreativität, traditionelles Handwerk und ein natürlicher<br />

Baustoff sorgen für viel Abwechslung im Berufsalltag.<br />

Du arbeitest gerne im Freien, Teamwork macht dir Spass<br />

und du hast ein gutes Vorstellungsvermögen? Gute Aussichten,<br />

in dir steckt ein Zimmermann / eine Zimmerin!<br />

www.lehre-holzbau.ch


Probleme in der Lehre?<br />

www.feel-ok.ch<br />

www.jobcaddie.ch<br />

Pro Juventute Beratung + Hilfe 147 – das Sorgentelefon für<br />

Kinder und Jugendliche. Auch über SMS, E-Mail oder Chat.<br />

www.lehrlinge.ch (Beratungsangebot der katholischen und<br />

reformierten Kirche, auch für Eltern)<br />

Berufsinspektorat: Für jeden Lehrberuf gibt es ein zuständiges<br />

Berufsinspektorat. Dieses wacht darüber, dass in der Berufsbildung<br />

alles korrekt abläuft, und kann bei Konflikten vermitteln. Die<br />

kantonalen Berufsbildungsbehörden können den Kontakt zum<br />

zuständigen Berufsinspektorat herstellen.<br />

Berufslehre rechtlich: Muss ich Überstunden machen, wenn<br />

mein Chef es verlangt? Kann ich während der Lehre einem Nebenjob<br />

nachgehen? Diese und viele weitere rechtliche Fragen<br />

rund um die Lehre beantwortet der Ratgeber «Ich kenne meine<br />

Rechte – Lehrlings- und Jugendrecht von A bis Z», welchen der<br />

Schweizerische Gewerkschaftsbund heraus gibt. Er kann für Fr. 5.–<br />

bestellt oder gratis heruntergeladen werden.<br />

Weiterkommen nach der Lehre<br />

Aktuell existieren in der Schweiz 319 Berufslehren. Nach einer<br />

drei- oder vierjährigen EFZ-Lehre hat man Zugang zur höheren<br />

Berufsbildung. Wer die Berufs matura hat, kann an einer Fachhochschule<br />

studieren. So wächst die Auswahl an Berufen auf<br />

über 2000 an.Informationen zu Weiterbildungen, Weiterbildungsberufen<br />

und Studium nach der Lehre:<br />

www.berufsbildungplus.ch (Bund)<br />

www.berufsberatung.ch<br />

Angebot für Eltern<br />

Das Angebot des Vereins S.E.S.J. (Starke Eltern<br />

– Starke Jugend) richtet sich an Eltern von Jugendlichen<br />

zwischen Schule und Beruf. Der Verein<br />

unterstützt Eltern, deren Tochter oder Sohn<br />

nach der Schule keine Lehre oder eine andere Anschlusslösung<br />

gefunden hat, und informiert, wo<br />

sie sich bei Schwierigkeiten während der Lehre<br />

Hilfe holen können. Eltern erfahren ausserdem,<br />

welche Angebote es für Jugendliche ohne Anschlusslösung<br />

gibt und wie sie ihre Jugendlichen<br />

bei diesem Übergang unterstützen können. Der<br />

Verein S.E.S.J. arbeitet mit verschiedenen Beratungsstellen<br />

zusammen. Das Angebot findet in<br />

verschiedenen Sprachen statt und ist kostenlos.<br />

www.sesj.ch.<br />

Eine Lehre,<br />

zwei Sprachen<br />

In den zweisprachigen Kantonen Wallis und Freiburg<br />

gibt es spezielle Abschlüsse für jene, die mit<br />

deutscher Muttersprache ihre Lehre und die Berufsschule<br />

in Französisch abschliessen und umgekehrt.<br />

In den Kantonen Zug und Schaffhausen bieten<br />

verschiedene Betriebe KV- und Informatik-Lehren<br />

in Englisch an. Im Betrieb wird mehrheitlich,<br />

in der Berufsschule ausschliesslich englisch gesprochen.<br />

So sollen die Absolventen attraktiver<br />

für internationale Unternehmen werden, deren<br />

Verantwortliche oft gar nicht wissen, was eine Berufslehre<br />

ist.<br />

Impressum<br />

Herausgeber<br />

Stiftung Elternsein,<br />

Seehofstrasse 6, 8008 Zürich<br />

www.elternsein.ch<br />

Redaktion<br />

Chefredaktor: Nik Niethammer,<br />

n.niethammer@fritzundfraenzi.ch<br />

Verantwortlich für diese Ausgabe:<br />

Nik Niethammer,<br />

Stefan Michel, wortbuero@weblotion.com<br />

Verlag<br />

Fritz+Fränzi,<br />

Dufourstrasse 97, 8008 Zürich,<br />

Tel. 044 277 72 62,<br />

info@fritzundfraenzi.ch,<br />

verlag@fritzundfraenzi.ch,<br />

www.fritzundfraenzi.ch<br />

Business Development & Marketing<br />

Leiter: Tobias Winterberg,<br />

t.winterberg@fritzundfraenzi.ch<br />

Anzeigen<br />

Administration: Dominique Binder,<br />

d.binder@fritzundfraenzi.ch,<br />

Tel. 044 277 72 62<br />

Art Direction / Produktion<br />

Partner & Partner, Winterthur,<br />

www.partner-partner.ch<br />

Bildredaktion<br />

13 Photo AG, Zürich, www.13photo.ch<br />

Korrektorat<br />

Brunner Medien AG, Kriens, www.bag.ch<br />

Auflage: 101 725<br />

64 Mai <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong>


Berufsporträt<br />

Eine Lehre im Detailhandel<br />

Breite Grundausbildung und beste Aufstiegsmöglichkeiten. Freude am Kontakt mit Menschen sowie<br />

an der Arbeit im Team – das sollten Berufseinsteiger im Detailhandel idealerweise mitbringen.<br />

Die Arbeit mit den unterschiedlichsten<br />

und stets trendigsten Angeboten macht<br />

den Detailhandel besonders spannend<br />

und abwechslungsreich. Der Schwerpunkt<br />

der Ausbildung liegt einerseits auf<br />

der Förderung der kommunikativen<br />

Fähigkeiten, um an der «Verkaufsfront»<br />

bestmöglich auf die Wünsche der<br />

Kundinnen und Kunden eingehen zu<br />

können. Andererseits werden sehr<br />

anspruchsvolle Fach- und Branchenkenntnisse<br />

vermittelt. Attraktive<br />

Weiterbildungen mit eidgenössischer<br />

Anerkennung sichern überdies<br />

den Zugang zu Führungspositionen in<br />

kleineren und mittleren Betrieben<br />

wie auch in Grossunternehmen.<br />

facts & figures<br />

• 320 000 Mitarbeitende im Detailhandel<br />

• 17 000 Lernende und damit grösser privater<br />

Anbieter von Lehrstellen<br />

3 Berufe<br />

• Detailhandelsfachfrau/-fachmann EFZ<br />

(3 Jahre) Beratung oder Bewirtschaftung<br />

• Detailhandelsfachfrau/-fachmann mit<br />

Berufsmatura (3 Jahre)<br />

• Detailhandelsassistent/in EBA (2 Jahre)<br />

• 28 verschiedene Branchen<br />

2 Weiterbildungen<br />

• Detailhandelsspezialist/in<br />

(eidg. Fachausweis)<br />

• Detailhandelsmanager/in (eidg. Diplom)<br />

1 nationaler, branchenübergreifender<br />

Verantwortungsträger<br />

• Bildung Detailhandel Schweiz (BDS)<br />

• Weitergehende Informationen:<br />

www.bds-fcs.ch<br />

Michelle Nägeli<br />

«Mein Beruf kommt nie aus der Mode»<br />

Branche: Textil<br />

Ausbildung: Detailhandelsfachfrau EFZ (3. Lehrjahr)<br />

«Ich habe mich für eine Lehre im Detailhandel entschieden, weil mich<br />

Kleidung und die aktuellsten Fashion-Trends seit jeher fasziniert<br />

haben. Zudem liebe ich es, die Kunden in einer attraktiven Umgebung<br />

zu beraten und ihnen Freude bereiten zu können.»<br />

Brandon Wildhaber<br />

«Immer am Puls der neusten Technik»<br />

Branche: Consumer-Electronics<br />

Ausbildung: Detailhandelsfachmann EFZ (3. Lehrjahr)<br />

«Ich habe mich für eine Lehre im Detailhandel entschieden, weil mich<br />

der technische Fortschritt und die immer grösser werdende Vielfalt an<br />

Consumer-Electronics-Produkten täglich aufs Neue begeistern. Im Team<br />

können wir uns fortlaufend fachlich austauschen und das Neuste 1:1<br />

den Kunden weitergeben.»<br />

Simon Schär<br />

«Meine Branche bietet viele Entwicklungsmöglichkeiten»<br />

Detailhandelsspezialist / Geschäftsführer<br />

Verantwortlich für 70 Mitarbeitende<br />

«Die vielen wertvollen Erfahrungen, die man im Detailhandel macht, können<br />

wirklich breit eingesetzt werden. Die Entwicklungsmöglichkeiten beschränken<br />

sich nicht nur auf den Verkauf. Die Branche bietet zum Beispiel auch<br />

Jobs im Einkauf, in der Qualitätssicherung oder in Zulieferbetrieben. In meiner<br />

aktuellen Weiterbildung zum Detailhandelsmanager entwickle ich mich als<br />

Führungskraft weiter.»<br />

Isabella Keller-Bamert<br />

«Vom Lehrling zum Chef posten –<br />

im Detailhandel ist Vieles möglich.»<br />

Detailhandelsmanagerin / Einkäuferin Sport Active, Lifestyle und Diverse<br />

15 Jahre Berufserfahrung im Detailhandel<br />

«Beim höchsten eidgenössisch anerkannten Abschluss im Detailhandel<br />

ist v.a. unternehmerisches Denken und Handeln gefragt. Ich konnte zudem<br />

ein wertvolles Netzwerk mit Persönlichkeiten aus der Branche aufbauen.<br />

Als Detailhandelsmanagerin bin ich nun bestens gerüstet für weitere<br />

anspruchs volle berufliche Herausforderungen.»<br />

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong><br />

Mai <strong>2017</strong>65


Organisation Rock Your Life!<br />

Mit dem Personal Trainer zur Lehrstelle<br />

Manche Jugendliche brauchen mehr als <strong>Berufswahl</strong>unterricht und die klassische<br />

Berufsberatung. Wenn die Eltern nicht helfen können, bieten Mentoring-Programme persönliche<br />

Begleitung auf dem Weg zur Lehrstelle. Text: Stefan Michel<br />

Ein gutes Team: die<br />

Schülerin Melanie (r.)<br />

und ihre Mentorin.<br />

Lange wusste Melanie<br />

nicht, welcher Beruf<br />

der richtige für sie ist.<br />

Ihre alleinerziehende<br />

Mutter arbeitet oft<br />

abends und kann ihr nur wenig<br />

helfen. Ihren Vater sieht sie selten.<br />

In mehreren Gesprächen mit ihrer<br />

Mentorin fand sie heraus, dass sie<br />

Fachangestellte Gesundheit werden<br />

will. «Alleine hätte ich das<br />

nicht geschafft», ist sie überzeugt.<br />

Vermittelt wurde die Mentorin<br />

durch die Organisation «Rock<br />

Your Life!», welche in sechs Städten<br />

der Schweiz solche Einzelbetreuungen<br />

ermöglicht. Das Spezielle<br />

bei «Rock Your Life!»: Die<br />

Mentorin ist selber noch in Ausbildung.<br />

In diesem Fall heisst sie<br />

Janine und besucht die Pädagogische<br />

Hochschule mit dem Ziel<br />

Sekundarlehrerin.<br />

«Dank der Altersnähe geschieht<br />

das Mentoring auf Augenhöhe»,<br />

betont Andreina Ravani, Kommunikationsverantwortliche<br />

von<br />

«Rock Your Life!». Andere Organisationen<br />

bieten professionelle<br />

Mentoren oder auch Pensionierte,<br />

die Jugendliche von ihrer Berufserfahrung<br />

profitieren lassen.<br />

Stets geht es darum, jenen individuelle<br />

Beratung zu bieten, denen<br />

der <strong>Berufswahl</strong>unterricht und die<br />

klassische Berufsberatung nicht<br />

genügen – oft, weil die Eltern<br />

nicht helfen können. Die Einzelgespräche<br />

dienen auch dazu, das<br />

Selbstvertrauen zu stärken – ein<br />

entscheidender Faktor, um den<br />

künftigen Lehrbetrieb von den<br />

eigenen Qualitäten zu überzeugen.<br />

Mentoring-Programme bieten<br />

u. a. folgende Organisationen:<br />

Ithaka (Kanton Zürich), ask!<br />

(Kanton Aargau), lehre4you (ganze<br />

Schweiz, kostenpflichtig), Rock<br />

Your Life! (sechs Städte von<br />

St. Gallen bis Freiburg), incluso<br />

(für Migranten, Caritas Zürich).<br />

www.schweiz.rockyourlife.org<br />

66 Mai <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Berufswahl</strong>


Berufsporträt<br />

«Das Büro ist nicht meine Welt,<br />

ich muss etwas machen»<br />

Zur Person<br />

Tanja Kratzer, 19 Jahre<br />

Wohnt in Zollikerberg (ZH)<br />

Fleischfachfrau in Aubildung, 3. Lehrjahr<br />

Dorfmetzg Jaun, Neuenegg (BE)<br />

Die Fleischbranche ist längst nicht mehr das,<br />

wofür sie in vielen Köpfen noch immer steht.<br />

Die blutige Metzgerschürze, mit der sie oft auch<br />

heute noch identifiziert wird, ist längst Vergangeneit.<br />

Fleischfachberufe bieten jungen, initiativen<br />

Menschen hervorragende Entfaltungs- und<br />

Karrieremöglichkeiten.<br />

«Es ist nicht so, dass wir gross, stark und dumm sind. Wir<br />

sind gross, stark und gescheit». Diejenige, die das sagt<br />

und damit auf die in weiten Bevölkerungskreisen herrschenden<br />

Vorurteile bezüglich des Metzgerberufs Bezug<br />

nimmt, ist nicht körperlich gross, wohl aber stark in ihrem<br />

Willen, etwas zu erreichen, sowie wach und intelligent dazu.<br />

Man würde ihr locker attestieren, dass sie auf dem Weg<br />

zu einer akademischen Karriere zurzeit das Gymnasium<br />

besucht oder ihren Berufsalltag im gestylten Office einer<br />

Bank verbringt. Weit gefehlt. Die junge Frau lernt im dritten<br />

Lehrjahr den herausfordernden Beruf einer Fleischfachfrau.<br />

In der von ihr gewählten Fachrichtung «Veredelung» ist die<br />

Schlachtung von Tieren kein Teil der Ausbildung.<br />

Dabei wollte Tanja zunächst alles werden, nur nicht Fleischfachfrau.<br />

Ihr Klassenlehrer der Sekundarschule A empfahl<br />

das Gymnasium als nächste Ausbildungsstufe. Für Tanja<br />

stand jedoch von Anfang an fest: «Das Büro ist nicht<br />

meine Welt.» Um sich ein Bild zu machen, schnupperte<br />

sie in einer Vielzahl von Berufen: u. a. Pharmaassistentin,<br />

(tier)-medizinische Praxisassistentin und auch Fleischfachfrau.<br />

Das Fleischfach war diejenige Branche, wo sie am<br />

meisten Möglichkeiten sah, sich beruflich weiterzuentwickeln<br />

und ihre Kreativität und Ideen frei einzubringen. Sie<br />

hat diesen Entscheid nie bereut. Einer der bei ihrer <strong>Berufswahl</strong><br />

ausschlaggebenden Faktoren waren die vielfältigen<br />

Weiterbildungs- und Karrieremöglichkeiten: «Der Beruf ist<br />

weit anspruchsvoller, als ich mir das vorgestellt hatte, aber<br />

auch viel abwechslungsreicher. Fleischfachleute arbeiten<br />

selbstständig und entwickeln immer neue Ideen für Produkte<br />

und Arbeitsabläufe. Wir haben einen der spannendsten,<br />

kreativsten und anspruchsvollsten Berufe. Darauf bin ich<br />

sehr stolz, auch wenn das viele Leute heute leider nicht<br />

mehr oder noch nicht wahrhaben wollen.»<br />

www.swissmeatpeople.ch<br />

SWISS<br />

SWISS


Die Qualität muss<br />

stimmen – auch bei der<br />

Grundbildung.<br />

Dario G., Lernender Detailhandelsfachmann<br />

Für meine Lehre. Für meine Zukunft.<br />

Coop bietet jährlich über 1000 Lehrstellen in über 20 spannenden<br />

Berufen an. Entdecke jetzt, wie du bei uns deine Talente entfalten kannst, auf<br />

www.coop.ch/grundbildung<br />

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