05/2017
Fritz + Fränzi
Fritz + Fränzi
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Eine Frage – drei Meinungen<br />
Unsere Tochter, 9, spielt seit Kurzem Klavier. Mit dem Üben nimmt sie es<br />
nicht so genau; sie meint, sie sei ein Naturtalent. Wie bringen wir ihr bei,<br />
dass tägliches Üben einfach dazugehört? Gisela, 45, und Tom, 39, Glarus<br />
Nicole Althaus<br />
Naturtalent oder nicht. Der<br />
Mensch hat eine natür liche<br />
Tendenz, das Vergnügen der<br />
Arbeit vorzuziehen. Wenn Sie<br />
wirklich wollen, dass Ihre<br />
Tochter übt, dann schreiben<br />
Sie es ihr vor. Freiwillig setzen<br />
sich nur die allerwenigsten<br />
Kinder ans Klavier. Und ein<br />
tiefes Verständnis für den Sinn täglichen Übens können<br />
Sie von einer Neunjährigen auch nicht erwarten. Erst<br />
Hausaufgaben, dann Üben, dann das Vergnügen. Wenn<br />
Sie sich daran halten, wird es Ihre Tochter auch tun.<br />
Tonia von Gunten<br />
Am besten lernt der Mensch,<br />
indem er sich für etwas<br />
begeistert. Mit Druck<br />
hingegen erreichen Sie auf<br />
Dauer gar nichts. Am<br />
allerwenigsten, dass Ihre<br />
Tochter dadurch ihre heutige<br />
Freude am Klavierspielen<br />
behält. Hören Sie ihr immer<br />
wieder beim Üben zu und erfreuen Sie sich an den<br />
kleinen Fortschritten. Es bleibt dabei zu hoffen, dass<br />
Ihre Tochter sich weiterhin fürs Klavierspielen<br />
interessiert – Naturtalent hin oder her!<br />
Peter Schneider<br />
Dass sie kein Naturtalent ist,<br />
dürfte sie bald schon selber<br />
merken. Ob es sie dazu<br />
bewegt, anzuerkennen, dass<br />
sie deshalb mehr üben muss,<br />
wird sich zeigen. Bis dahin<br />
bleibt Ihnen wohl nichts<br />
anderes übrig, als sie zum<br />
täglichen Üben anzuhalten.<br />
Und sich schon mal darauf einzustellen, dass sie<br />
vermutlich keine zukünftige Martha Argerich in der<br />
Familie haben, sondern eine Hobbypianistin, die Ihnen<br />
später einmal wahlweise vorwerfen wird, dass sie<br />
immer auf dem Klavier üben musste, oder aber, dass<br />
ihre Eltern sie nicht konsequent genug zum Üben<br />
angehalten haben.<br />
Nicole Althaus, 48, ist Kolumnistin, Autorin<br />
und Mitglied der Chefredaktion der «NZZ am<br />
Sonntag». Zuvor war sie Chefredaktorin von «wir<br />
eltern» und hat den Mamablog auf «Tagesanzeiger.<br />
ch» initiiert und geleitet. Nicole Althaus ist Mutter<br />
von zwei Kindern, 16 und 12.<br />
Tonia von Gunten, 43, ist Elterncoach, Pädagogin<br />
und Buchautorin. Sie leitet elternpower.ch, ein<br />
Programm, das frische Energie in die Familien<br />
bringen und Eltern in ihrer Beziehungskompetenz<br />
stärken möchte. Tonia von Gunten ist verheiratet<br />
und Mutter von zwei Kindern, 10 und 7.<br />
Peter Schneider, 59, ist praktizierender<br />
Psychoanalytiker, Autor und SRF-Satiriker («Die<br />
andere Presseschau»). Er lehrt als Privatdozent<br />
für klinische Psychologie an der Uni Zürich und<br />
ist Professor für Entwicklungspsychologie an<br />
der Uni Bremen. Peter Schneider ist Vater eines<br />
erwachsenen Sohnes.<br />
Haben Sie auch eine Frage?<br />
Schreiben Sie eine E-Mail an:<br />
redaktion@fritzundfraenzi.ch<br />
Bilder: Anne Gabriel-Jürgens / 13 Photo, Pino Stranieri, HO<br />
82 Mai <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi