Dossier >>> allermeisten Väter mit dem, was sie tun, genau auf dem richtigen Weg sind. 1. Gute Väter sind gute Partner Traditionell haben Psychologen den Vätern eher eine Nebenrolle zugeschrieben. Die Geschichte ging so: Das Kind braucht in den ersten Lebensjahren vor allem eine sichere, vertrauensvolle, geborgene Bindung an einen Erwachsenen. So kann sich das Kindergehirn optimal entwickeln, so wird alles gut. «Tatsächlich ist die Bindungstheorie noch immer unser wichtigstes Werkzeug», sagt Brenda Volling. «Und ich glaube nicht, dass man sich von ihr abwenden sollte. Niemand wird bestreiten, dass diese erste Beziehung die Grundlage ist, auf der Kinder ihr Leben aufbauen.» Diese «erste Beziehung» scheint auf naturgegebene Weise die Beziehung zur Mutter zu sein. Klar: In ihrem Bauch wächst das Kind heran. Aus ihr wird es geboren. Von ihr wird es gestillt. Sie gibt dem Kind die Geborgenheit, die es braucht. Der Vater – so die traditionelle Aussage der Bindungstheorie – soll seine Partnerin unterstützen, wo er kann, und ihr das Leben leichter machen. «Ich kenne nicht eine einzige Studie, in der eine gute Paarbeziehung schlecht für das Kind gewesen wäre», sagt Brenda Volling. «Aber ich kenne viele Untersuchungen, die eine eindeutig schlechte Auswirkung auf die Kinder belegen, wenn die Eltern sich häufig streiten, wenn sie einander anschreien oder die Autorität des anderen untergraben. Die Kinder überfordert das, sie Der Vater soll seine Partnerin unterstützen, wo er kann, und ihr das Leben leichter machen. können nicht gut damit umgehen.» Gute Väter sind gute Partner – oder versuchen zumindest, gute Partner zu sein. Allerdings erfuhr die Bindungstheorie letzthin einige überraschende Erweiterungen. Forscher aus Israel haben untersucht, was geschieht, wenn nicht die Mutter, sondern der Vater zur ersten Bezugsperson eines kleinen Kindes wird. Die Ergebnisse waren eine Sensation: Die Väter zeigten dasselbe sensible und aufmerksame Verhalten, das man sonst bei Müttern beobachten kann. Im Gehirn ereignen sich Aktivierungsmuster, die eher für Mütter typisch sind, besonders in jenen Arealen, in denen Emotionen verarbeitet werden. Sogar der Hormonhaushalt der Väter veränderte sich. Die Psychobiologin Ulrike Ehlert von der Universität Zürich hat schon vor einigen Jahren herausgefunden, dass Väter kleiner Kinder häufig einen auffällig niedrigen Testosteronspiegel haben und dadurch vermutlich geduldiger mit ihren Kindern umgehen. Nun zeigt sich, dass auch die Produktion des Kuschelhormons Oxytocin bei Vätern schwankt: Sie geht auf ähnliche Weise in die Höhe wie bei jungen Müttern. Sogar ein Hormon namens Prolaktin wird in der Übergangsphase zur Vaterschaft vermehrt ausgeschüttet – bei den Müttern regt es die Milchproduktion an. Bei einigen Tieren sorgt Vater-Prolaktin für ein grösseres Engagement bei der Aufzucht der Jungen. Welche Funktion es bei Menschenvätern erfüllt, wird derzeit von Anthropologen an der University of Notre Dame in den USA untersucht. All diese Ergebnisse «legen den Schluss nahe, dass die Evolution noch andere Wege zur guten Elternschaft kennt als den alten Pfad über Schwangerschaft, Geburt und Stillzeit, der allein den Frauen vorbehalten ist», schreibt der israelische Hirnforscher Eyal Abraham. Mit anderen Worten: Wenn ein >>> Bild: Johan Bävman 16
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Mai <strong>2017</strong>17