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Stahlreport 2016.12

Das Magazin des Bundesverbands Deutscher Stahlhandel für die Stahldistribution

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und zum anderen aus den Schwingungen,<br />

die der Bogen des Künstlers<br />

dem Material aufprägt. Neben<br />

einer hohen Zugfestigkeit wird ein<br />

Extremmaß an Biegewechselfestigkeit,<br />

so der Fachbegriff, verlangt.<br />

Wenn der Künstler eine schnelle<br />

Tonfolge produziert, geht dieser Biegewechsel<br />

mit rasender Geschwindigkeit<br />

vor sich. Dabei ist es das<br />

Ziel der Saitenhersteller, dass das<br />

Material möglichst nah an die<br />

Grenze der Reißfestigkeit kommt,<br />

wie Franz Klanner sagt: „Im Extrembereich<br />

klingt eine Saite am brillantesten<br />

und auch am reinsten.“<br />

Ein wenig Geschichte im<br />

Schnelldurchlauf: Mitte des 19.<br />

Jahrhunderts waren erstmals<br />

Drähte aus Stahl für Klaviere und<br />

Flügel verwendet worden. Ab 1919<br />

betrieben in Wien der Geigenbauer<br />

und Doktor der Philosophie Franz<br />

Thomastik, ein enger Freund des<br />

Anthroposophen Rudolf Steiner,<br />

und der Maschinenbauingenieur<br />

Otto Infeld gemeinsam Materialforschung<br />

und entwickelten eine<br />

neue Technologie zur Herstellung<br />

von Stahlsaiten für Streichinstrumente.<br />

Know-how des Wickelns<br />

Ein Markstein der Entwicklung war<br />

das Stahlseil z.B. für die drei Saiten<br />

mit den tiefen Tönen beim Cello.<br />

Dafür werden dünne Drähte nach<br />

einem raffinierten Verfahren miteinander<br />

verwickelt. „Drei Drähte<br />

innen gehen nach links und sechs<br />

Drähte außen gehen nach rechts“,<br />

sagt Franz Klanner, und gibt damit<br />

ein Detail der Technologie preis.<br />

Die Erstgenannten heißen Seelendrähte,<br />

die Letztgenannten Manteldrähte.<br />

Ein besonderes Problem stellt<br />

bei allen Saiten der Handschweiß<br />

dar. Chromstähle oder Silberlegierungen<br />

schaffen dazu Abhilfe, für<br />

extreme Fälle auch Gold- oder Platinbeschichtungen.<br />

Wobei viele<br />

Musiker diese eher teuren Saiten<br />

kaufen, weil sie hochwertige und<br />

langlebige Produkte haben wollen.<br />

Während die (dünne) e2-Saite<br />

der Violine nach wie vor aus Stahldraht<br />

besteht, haben sich sonst Saiten<br />

mit einem Kern aus Kunststoff<br />

durchgesetzt. Dabei handelt es sich<br />

z.B. um einen Verbund aus Nylonfäden,<br />

die einzeln nur 40 bis 50<br />

Tausendstel mm dick sind. Drumherum<br />

sind Metalldrähte und<br />

Metallbändchen gesponnen, die wiederum<br />

ganz besonderen Anforderungen<br />

unterliegen. Denn die Oberfläche<br />

einer Saite muss möglichst<br />

glatt sein, sonst pfeift sie, wenn die<br />

Finger darüber gleiten. „Weniger<br />

als ein Tausendstel Millimeter Toleranz<br />

ist hier erlaubt“, sagt Franz<br />

Klanner, „die Wickeltechnologie ist<br />

ein wichtiger Bestandteil unseres<br />

Know-hows.“ Eigentlich ein Wunder,<br />

dass das alles zusammengeht –<br />

nachdem der Dirigent den Einsatz<br />

gegeben hat. 2<br />

<strong>Stahlreport</strong> 12|16<br />

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