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Stahlreport 2016.11

Das Magazin des Bundesverbands Deutscher Stahlhandel für die Stahldistribution

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BDS<br />

Recht<br />

Der neueste Rechtsfall aus dem Stahlhandel<br />

Kollateralschaden<br />

bei der Lieferung<br />

Eine ordnungsgemäße Ladungssicherung schließt sicheres<br />

Be- und Entladen ein und ist somit ein facettenreiches<br />

Themengebiet. Rechtsanwalt Alexander Bartsch, Partner der<br />

Kanzlei Henseler & Partner Rechtsanwälte mbB/Düsseldorf,<br />

erläutert nachfolgend in einem neuen Rechtsfall die<br />

Haftungsverteilung für einen bei der Materialentladung<br />

entstandenen Schaden am Transportfahrzeug.<br />

Foto: BDS<br />

Rechtsanwalt<br />

Alexander Bartsch<br />

Das Stahlhandelsunternehmen<br />

Stahl & Co. steht in Geschäftsbeziehung<br />

zur Stahlbau GmbH. Im März<br />

2016 bestellt Herr Schmitt, Einkäufer<br />

bei der Stahlbau GmbH, telefonisch<br />

1.800 kg Stabstahl bei Stahl & Co. Die<br />

Preisstellung soll „franko“ Anlieferung<br />

bei der Steel Machining oHG<br />

erfolgen, welche die Stangen für die<br />

Stahlbau GmbH bearbeiten soll. Am<br />

Folgetag bestätigt der zuständige Vertriebsmitarbeiter<br />

von Stahl & Co. die<br />

Bestellung per Telefax an die Stahlbau<br />

GmbH. Die Auftragsbestätigung<br />

enthält zudem einen Verweis auf die<br />

Allgemeinen Verkaufsbedingungen<br />

von Stahl & Co., die über die Internetseite<br />

von Stahl & Co. abrufbar sind.<br />

Bei Anlieferung der gesamten<br />

Materialmenge durch Stahl & Co. mit<br />

eigenem Lkw auf dem Betriebsgelände<br />

der Steel Machining oHG übergibt<br />

der Fahrer Müller dem zuständigen<br />

Lagermitarbeiter der Steel<br />

Machining oHG Meier den Lieferschein.<br />

Als Müller sieht, dass Meier<br />

die Stangen mit einem kleineren<br />

Gabelstapler abladen will, weist Müller<br />

noch einmal auf das verhältnismäßig<br />

hohe Gesamtgewicht des Bundes<br />

hin. Meier entgegnet: „Ach, kein<br />

Problem!“ – und es kommt, wie es<br />

kommen musste:<br />

Der Gabelstapler kippt nach Anheben<br />

des Materials beim Zurücksetzen<br />

nach vorne, der Bund fällt von<br />

der Gabel herunter und verursacht<br />

am Lkw von Stahl & Co. einen Reparaturschaden<br />

von 2.000 €.<br />

Stahl & Co. möchte nun von der<br />

Steel Machining oHG den Schaden<br />

ersetzt haben. Steel Machining oHG<br />

schaltet „auf Durchzug“. Daher ruft<br />

der Geschäftsführer von Stahl & Co.<br />

nun bei seinen Rechtsanwälten an<br />

und bittet diese um eine Einschätzung<br />

des Falles.<br />

Lösung<br />

Neben der Frage,<br />

z ob ein Anspruch auf Ersatz des Schadens<br />

besteht, ist auch und vor allem<br />

zu klären,<br />

z gegen wen Stahl & Co. seinen<br />

Anspruch richten muss.<br />

z Beides ergibt sich letztlich aus derselben<br />

Erwägung: Wer war/ist für<br />

die Entladung vom Stahl & Co.-Lkw<br />

verantwortlich?<br />

Die Antwort hierauf steht in den Allgemeinen<br />

Verkaufsbedingungen von<br />

Stahl & Co.:<br />

Diese sind zunächst wirksam in<br />

den Kaufvertrag mit der Stahlbau<br />

GmbH einbezogen. So hat der Einkäufer<br />

Schmitt nach Erhalt der schriftlichen<br />

Auftragsbestätigung zu seiner<br />

telefonischen Bestellung insbesondere<br />

nicht der Geltung der Bedingungen<br />

von Stahl & Co. widersprochen.<br />

Dort heißt es unter Ziff. 7.3: „Die<br />

Pflicht und die Kosten der Entladung<br />

gehen zu Lasten des Käufers.“ – die<br />

Entladung war laut Vertrag also Sache<br />

der Stahlbau GmbH.<br />

Diese muss die Entladung dann<br />

natürlich so gestalten, dass keine<br />

Sach- oder Personenschäden entstehen.<br />

Indem der Fahrer Müller dem<br />

Lagermitarbeiter Meier auch noch<br />

mitgeteilt hat, dass „der Bund aber<br />

schwer“ sei, also der Stapler seiner<br />

Einschätzung nach für das Gewicht<br />

zu „schwach auf der Brust“ ist, hat<br />

Stahl & Co. zudem adäquat gewarnt,<br />

also auch keine etwaigen Beratungspflichten<br />

verletzt.<br />

Wenn also Stahl & Co. alles richtig<br />

gemacht hat, muss doch die Steel<br />

Machining oHG zahlen, oder? Nein!<br />

Zwar ist Stahl & Co. der Schaden zu<br />

ersetzen, aber nicht von der Steel<br />

Machining oHG sondern von seiner<br />

Vertragspartnerin, der Stahlbau<br />

GmbH. So entlud die Steel Machining<br />

oHG im Verhältnis zu Stahl &<br />

Co. lediglich als sog. Erfüllungsgehilfin<br />

der Stahlbau GmbH. Alleinige<br />

Vertragspartnerin und in diesem<br />

Rahmen „Entladeverpflichtete“ bleibt<br />

die Stahlbau GmbH. Dass diese im<br />

sog. Innenverhältnis zur Steel Machining<br />

oHG einen Regressanspruch<br />

hat, ist für Stahl & Co. nicht von<br />

Belang.<br />

Fazit und Merkposten<br />

z Schadensersatzansprüche bestehen<br />

grundsätzlich entlang der Vertragskette,<br />

d.h. unter den jeweiligen<br />

Vertragspartnern.<br />

z Wem die Pflicht zur Entladung<br />

zufällt, richtet sich nach der konkreten<br />

Fallkonstellation, v.a. nach<br />

der jeweiligen vertraglichen Vereinbarung.<br />

z Unklarheiten bei der Frage, wem die<br />

Pflichten – und damit auch die Risiken<br />

– der Entladung zufallen, können<br />

AGB-mäßig geregelt werden.<br />

z Die Einbeziehung von Allgemeinen<br />

Geschäftsbedingungen erfolgt mittels<br />

Verweis auf die Geltung der eigenen<br />

AGB und die Ermöglichung einer<br />

problemlosen Kenntnisnahme durch<br />

den Vertragspartner. Eine Einbeziehung<br />

scheitert wiederum, wenn der<br />

Vertragspartner – z.B. durch Verweis<br />

auf die „Exklusivgeltung“ seiner<br />

Einkaufsbedingungen – der Geltung<br />

der AGB widerspricht. 2<br />

32 <strong>Stahlreport</strong> 11|16

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