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COMPACT SPEZIAL 9 "Zensur in der BRD"

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<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> bei Büchern<br />

von Hass- und Gewaltaufrufen wurde, es genügte<br />

bereits, wenn e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelner wegen se<strong>in</strong>er Zugehörigkeit<br />

zu e<strong>in</strong>er solchen Gruppe davon betroffen war.<br />

«Scheißtürke» und «Scheißdeutscher»<br />

Der Rechtsschutz für den Betroffenen wurde<br />

dadurch nicht verbessert, denn selbstredend war es<br />

schon zuvor als Beleidigung strafbar, jemanden zum<br />

Beispiel «Scheißtürke» zu nennen. Volksverhetzung<br />

ist aber, an<strong>der</strong>s als Beleidigung, e<strong>in</strong> Offizialdelikt,<br />

das heißt, <strong>der</strong> Betroffene muss sich selbst we<strong>der</strong><br />

beleidigt fühlen noch e<strong>in</strong> eigenes Interesse an <strong>der</strong><br />

Strafverfolgung haben. Es genügt, dass irgendwer<br />

die Beleidigung hört und daraufh<strong>in</strong> Anzeige erstattet.<br />

Die Staatsanwaltschaft muss dann ermitteln<br />

und gegebenenfalls anklagen. Außerdem wird<br />

Beleidigung mit bis zu e<strong>in</strong>em Jahr Haft geahndet,<br />

Volksverhetzung dagegen mit bis zu fünf Jahren. Es<br />

geht schlicht um Me<strong>in</strong>ungszensur, verbunden mit<br />

e<strong>in</strong>er Auffor<strong>der</strong>ung an Denunzianten. Man wun<strong>der</strong>t<br />

sich geradezu, dass nicht noch Belohnungen<br />

für «sachdienliche H<strong>in</strong>weise» ausgesetzt werden.<br />

82<br />

Pegida-Frontfrau Tatjana Festerl<strong>in</strong>g<br />

wurde auch mit Volksverhetzungs-<br />

Anzeigen überzogen.<br />

Foto: Unbekannt<br />

So kann‘s gehen<br />

«Wegen des Verdachts <strong>der</strong><br />

Volksverhetzung ermittelt die<br />

unterfränkische Krim<strong>in</strong>alpolizei<br />

nach e<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>trag im sozialen<br />

Netzwerk Facebook. Dort<br />

hatte e<strong>in</strong> Mann am Dienstagvormittag<br />

behauptet, dass <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Schwe<strong>in</strong>furter Erstaufnahmee<strong>in</strong>richtung<br />

für Flüchtl<strong>in</strong>ge<br />

e<strong>in</strong>e Razzia stattgefunden<br />

habe. Nach Darstellung des Facebook-Schreibers<br />

sollten dabei<br />

angeblich e<strong>in</strong>e Panzerfaust<br />

und mehrere an<strong>der</strong>e Waffen gefunden<br />

worden se<strong>in</strong>. Verbunden<br />

sei die Mitteilung überdies mit<br />

e<strong>in</strong>er Bitte gewesen, Verwandte<br />

und Angehörige wegen e<strong>in</strong>es<br />

angeblichen Terroralarms<br />

zu warnen. Beide Behauptungen<br />

entbehrten je<strong>der</strong> Grundlage,<br />

stellte die Staatsanwaltschaft<br />

klar. E<strong>in</strong>e Razzia habe zu<br />

ke<strong>in</strong>er Zeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Erstaufnahmee<strong>in</strong>richtung<br />

stattgefunden,<br />

ebenso wenig hätten Polizeibeamte<br />

entsprechende Waffen bei<br />

den Asylbewerbern sichergestellt.»<br />

(Süddeutsche Zeitung,<br />

17.11.2015)<br />

Foto: Archiv<br />

herrschaft billigt, verherrlicht o<strong>der</strong> rechtfertigt»<br />

(Paragraph 130 Abs. 4 StGB), und bereits auf den<br />

ersten Blick ist erkennbar, dass die mit je<strong>der</strong> Neuregelung<br />

zunehmende Tendenz zum Gummiparagraphen<br />

auch hier fortgesetzt wurde: Was genau<br />

verletzt zum Beispiel «die Würde <strong>der</strong> Opfer»? Welche<br />

Aspekte des nationalsozialistischen Regimes<br />

unterliegen e<strong>in</strong>er Verurteilungspflicht? Nur die<br />

mehr o<strong>der</strong> m<strong>in</strong><strong>der</strong> diktatorischen o<strong>der</strong> auch die<br />

Autobahn? Nur die Autobahn o<strong>der</strong> auch die Müllabfuhr?<br />

Wo verläuft die Grenze zwischen historischer<br />

«Erklärung», die notwendigerweise auch die<br />

Handlungsmotive <strong>der</strong> Akteure beleuchten muss,<br />

und «Rechtfertigung»?<br />

Die BRD war <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zwischenzeit unbestritten<br />

zum toleranzphrasenreichsten Staat avanciert, <strong>der</strong><br />

jemals auf deutschem Boden existiert hat, dafür<br />

war se<strong>in</strong> Oppositionstotschlaggummiparagraph<br />

130 mittlerweile bei e<strong>in</strong>em Umfang von 342 Worten<br />

angekommen. Diesmal ließ die nächste Verschärfung<br />

nur noch sechs Jahre auf sich warten:<br />

2011 trat, und zwar zum Zwecke <strong>der</strong> «strafrechtlichen<br />

Bekämpfung bestimmter Formen und Ausdrucksweisen<br />

von Rassismus und Fremdenfe<strong>in</strong>dlichkeit»<br />

beziehungsweise zur «Krim<strong>in</strong>alisierung<br />

mittels Computersystemen begangener Handlungen<br />

rassistischer und fremdenfe<strong>in</strong>dlicher Art» e<strong>in</strong>e<br />

Neuregelung <strong>in</strong> Kraft, die bereits ke<strong>in</strong>e nationale<br />

Regelung mehr war, son<strong>der</strong>n auf <strong>der</strong> Basis von<br />

EU-Beschlüssen und Europaratsabkommen erfolgte.<br />

Von nun an war <strong>der</strong> Tatbestand <strong>der</strong> Volksverhetzung<br />

nicht mehr, wie bisher, erst dann erfüllt, wenn e<strong>in</strong>e<br />

ganze Gruppe «beschimpft, böswillig verächtlich<br />

gemacht o<strong>der</strong> verleumdet» o<strong>der</strong> zum Gegenstand<br />

Es erübrigt sich be<strong>in</strong>ahe schon, darauf h<strong>in</strong>zuweisen,<br />

dass «Scheißtürke» als Volksverhetzung strafbar<br />

ist, «Scheißdeutscher» aber nur als Beleidigung.<br />

Ganz nebenbei sei noch erwähnt, dass das Bundesjustizm<strong>in</strong>isterium<br />

(damals unter Führung e<strong>in</strong>er<br />

M<strong>in</strong>ister<strong>in</strong> aus <strong>der</strong> liberalsten Partei, die je auf<br />

deutschem Boden existierte), mir gegenüber noch<br />

wenige Monate vor <strong>der</strong> Gesetzesän<strong>der</strong>ung leugnete,<br />

e<strong>in</strong>e solche zu planen (obwohl die Regierung<br />

sich längst dazu verpflichtet hatte) und sie ohne<br />

große öffentliche Aufmerksamkeit durchs Parlament<br />

peitschte.<br />

«Scheißtürke» ist als Volksverhetzung<br />

strafbar, «Scheißdeutscher»<br />

aber nur als Beleidigung.<br />

Für die nächste – und bisher letzte – Verschärfung<br />

ließ man sich nur noch vier Jahre Zeit, sie erfolgte<br />

im Januar 2015. Nunmehr ist nicht erst die tatsächliche<br />

Verbreitung von Inhalten nach Absatz 2 Nummer<br />

1 und 2 (bei denen es nicht e<strong>in</strong>mal auf die «Störung<br />

des öffentlichen Friedens» ankommt) strafbar,<br />

son<strong>der</strong>n bereits <strong>der</strong> Versuch – <strong>der</strong> bis dah<strong>in</strong> straffrei<br />

gewesen war. In se<strong>in</strong>er aktuellen Fassung ist <strong>der</strong><br />

Paragraph 130 jetzt bei <strong>der</strong> stolzen Anzahl von 506<br />

Worten angekommen. Da se<strong>in</strong>e Länge direkt mit dem<br />

politisch herbeigeführten Wachstum nichtdeutscher<br />

Bevölkerungsgruppen korreliert, dürfte die nächste<br />

Verschärfung nur noch e<strong>in</strong>e Frage <strong>der</strong> Zeit se<strong>in</strong>.

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