<strong>COMPACT</strong>Spezial _ <strong>Zensur</strong> bei Büchern 62
<strong>COMPACT</strong>Spezial _ <strong>Zensur</strong> bei Büchern an<strong>der</strong>en <strong>in</strong>dustrialisierten Land werde die Erwerbsbevölkerung dramatischer schrumpfen als <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bundesrepublik» (Tagesschau, 26.5.2014). Aber s<strong>in</strong>d Zuwan<strong>der</strong>er tatsächlich das e<strong>in</strong>zige Mittel gegen das Schrumpfen <strong>der</strong> Bevölkerung? Wenn man unsere Medien und Politiker hört, könnte man glatt auf diese Idee kommen. Zuwan<strong>der</strong>er sollen e<strong>in</strong>fach das Allheilmittel und <strong>in</strong> den Augen unserer Migrationspolitiker die re<strong>in</strong>sten Supermänner (und -frauen, versteht sich) se<strong>in</strong>. Man glaubt gar nicht, was Zuwan<strong>der</strong>er alles drauf haben. Beson<strong>der</strong>s «Krisenflüchtl<strong>in</strong>ge» seien «nach E<strong>in</strong>schätzung <strong>der</strong> Bundesagentur für Arbeit jung, gut ausgebildet, sie sprechen mehrere Sprachen», schwärmte die Tagesschau. «Fast die Hälfte <strong>der</strong> Neuankömml<strong>in</strong>ge s<strong>in</strong>d Akademiker.» Die Bundesrepublik sehe «<strong>in</strong> ihnen die Möglichkeit, ihren Status <strong>der</strong> führenden Wirtschaftsnation halten zu können». Zuwan<strong>der</strong>er s<strong>in</strong>d also quasi <strong>der</strong> Hauptgew<strong>in</strong>n für unsere Gesellschaft: «Die neue Qualität <strong>der</strong> Zuwan<strong>der</strong>ung ist e<strong>in</strong> Glücksfall», jubelte 2014 auch die damalige Bundesarbeitsm<strong>in</strong>ister<strong>in</strong> Ursula von <strong>der</strong> Leyen. «Sie hilft unserem Land, macht es jünger, kreativer und <strong>in</strong>ternationaler. Das gibt frische Impulse und mehr Wettbewerbsfähigkeit.» Zuwan<strong>der</strong>er bis zum Abw<strong>in</strong>ken In Wirklichkeit aber treffen die Zuwan<strong>der</strong>er auf e<strong>in</strong>en Arbeitsmarkt mit offiziell drei Millionen Arbeitslosen – und das auch nur, nachdem die Statistiken jahrzehntelang geschönt wurden. Bezieht man stille Reserven und <strong>in</strong> Sozialmaßnahmen versteckte Arbeitnehmer mit e<strong>in</strong>, kommt man auf das Doppelte bis Dreifache, nämlich sechs bis neun Millionen Arbeitslose. Es gibt also hierzulande e<strong>in</strong> enormes Potenzial <strong>in</strong> Gestalt von Arbeitskräften, die entwe<strong>der</strong> offiziell arbeitslos s<strong>in</strong>d, sich nicht arbeitslos gemeldet haben o<strong>der</strong> <strong>in</strong> Sozialmaßnahmen versteckt werden. E<strong>in</strong>en Arbeitskräfte- o<strong>der</strong> «Fachkräftemangel» zu begründen, <strong>der</strong> vor allem durch Zuwan<strong>der</strong>er behoben werden könnte, ist daher gar nicht so e<strong>in</strong>fach. In Wirklichkeit haben wir schon seit Jahren nicht zu wenig Fachkräfte, son<strong>der</strong>n zu viele. Und zwar gleich zwei Millionen. Selbst Artikel, die den Fachkräftemangel beschwören sollen, beweisen zum<strong>in</strong>dest für die Gegenwart das Gegenteil: «Aktuell liegt die Gesamtzahl <strong>der</strong> Fachkräfte mit Berufsausbildung <strong>in</strong> Deutschland bundesweit zwei Millionen über dem Bedarf», hieß es zum Beispiel am 26. Dezember 2012 im Handelsblatt. Zwei Millionen! Nur e<strong>in</strong> Beispiel: Hamburg. «Je<strong>der</strong> zweite <strong>der</strong> rund 76.000 Arbeitslosen <strong>in</strong> Hamburg hat e<strong>in</strong>e qualifizierte Ausbildung», schrieb das Hamburger Abendblatt. Macht also 38.000 Fachkräfte zu viel. Doch diese würden von <strong>der</strong> Wirtschaft ignoriert, so die Zeitung am 2.4.2014. «Junge Männer und Frauen strömen <strong>in</strong> die Ingenieurstudiengänge – mit <strong>der</strong> Hoffnung auf e<strong>in</strong>en sicheren Job und e<strong>in</strong> gutes Gehalt», hieß es auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Süddeutschen Zeitung, onl<strong>in</strong>e am 10.3.2014. «Doch immer mehr Absolventen landen bei Leiharbeitsfirmen.» Für Statistikprofessor Gerd Bosbach sprächen solche Fälle daher «gegen e<strong>in</strong>en Ingenieurmangel»: «Die Arbeitgeber machen e<strong>in</strong>e Kampagne, Erwerbslosenqoute bei Migranten 2011 In Ostdeutschland, wo sich unter den Migranten kaum klassische Gastarbeiter bef<strong>in</strong>den, war die Erwerbslosigkeit schon 2011 beson<strong>der</strong>s hoch. <strong>in</strong> Prozent 9,5 9,3 Deutschland alte BL Quelle: BfA 2015 20,4 20,2 neue BL Berl<strong>in</strong> Sogenannte Fachkräfte im Sammelzentrum an <strong>der</strong> österreichisch-slowenischen Grenze bei Spielfeld am 24.10.2015. Foto: picture alliance/ Juerg Christa 63