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COMPACT SPEZIAL 9 "Zensur in der BRD"

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<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Presse<br />

gen von historischer E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ung forscht. «Letztlich<br />

entschieden immer Immigration und Geburtenrate<br />

über die politische Macht», verdichtete Fest<br />

Wendes These. Zu viel Immigration führe <strong>in</strong> je<strong>der</strong><br />

Gesellschaft zur Frage <strong>der</strong> Macht, die meist blutig<br />

gelöst werde. In <strong>der</strong> Hervorhebung Fests, homogene<br />

Gesellschaften seien frei von <strong>in</strong>nerethnischen<br />

Konflikten, wollte <strong>der</strong> l<strong>in</strong>ke Medienbeobachter<br />

Stefan Niggemeyer «fast e<strong>in</strong> Lob des Völkermordes»<br />

lesen.<br />

«Kommentare müssen polarisieren, subjektiv<br />

se<strong>in</strong>, auch mal wehtun», erklärte Fest dem österreichischen<br />

Standard im Mai 2014 nach se<strong>in</strong>er<br />

Beför<strong>der</strong>ung zum stellvertretenden Chefredakteur<br />

<strong>der</strong> Bild am Sonntag (BamS). Zwei Monate später<br />

sollte er zu spüren bekommen, wo genau die<br />

Schmerzgrenze liegt.<br />

Protokoll <strong>der</strong> Me<strong>in</strong>ungsdiktatur<br />

Das Corpus Delicti war e<strong>in</strong> Kommentar Fests, <strong>der</strong><br />

am 27. Juli 2014 <strong>in</strong> <strong>der</strong> BamS erschien. «Ist Religion<br />

e<strong>in</strong> Integrationsh<strong>in</strong><strong>der</strong>nis?» fragte er dar<strong>in</strong> <strong>in</strong> Bezug<br />

auf Krim<strong>in</strong>alitätsraten muslimischer Jugendlicher<br />

und islamtypische Faktoren wie Ehrenmorde und<br />

Zwangsheiraten (siehe Infokasten Seite 42). Schon<br />

die Frage musste Multikulturalisten durch Mark und<br />

Be<strong>in</strong> gehen. Doch se<strong>in</strong>e Antwort war es, mit <strong>der</strong><br />

Fest den F<strong>in</strong>ger zu tief <strong>in</strong> die klaffende Wunde des<br />

westlich-muslimischen Spannungsverhältnisses<br />

bohrte: «Me<strong>in</strong> E<strong>in</strong>druck: nicht immer. Aber beim<br />

Islam wohl ja.»<br />

Fests Kommentar war bereits um 0 Uhr 30 auf<br />

BILD-Onl<strong>in</strong>e erschienen. Schon um 5 Uhr 13 <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Frühe musste BamS-Chefredakteur<strong>in</strong> Marion Horn<br />

über den Kurznachrichtendienst Twitter Stellung<br />

beziehen. Wacker stellte Horn sich h<strong>in</strong>ter ihren<br />

Kollegen und die <strong>in</strong> Deutschland im Grundgesetz<br />

verbürgte Me<strong>in</strong>ungsfreiheit: «Auch wenn‘s ke<strong>in</strong>er<br />

glaubt: Es gibt Me<strong>in</strong>ungsvielfalt bei Spr<strong>in</strong>ger,<br />

aber Nicolaus Fest ist ke<strong>in</strong> Islamhasser.» Um 6<br />

Uhr 11 twittert sie, schon auf dem Rückzug, nur<br />

noch: «Nicolaus Fest ist nicht hasserfüllt!!!» Um<br />

14 Uhr 22 beg<strong>in</strong>nt das Lavieren: «Ich verstehe<br />

se<strong>in</strong>en Kommentar so: Religion ist ihm egal, er<br />

braucht sie nicht. Aber er hat was gg Intoleranz/<br />

Rassismus…/2.» Schließlich knickt Horn unter<br />

dem Druck <strong>der</strong> Tugendwächter e<strong>in</strong>. Um 20 Uhr 04<br />

twittert sie: «Bild am Sonntag hat Gefühle verletzt.<br />

Ganz deutlich: Wir s<strong>in</strong>d nicht islamfe<strong>in</strong>dlich! Ich<br />

entschuldige mich für den entstandenen E<strong>in</strong>druck.»<br />

unzweifelhaft islamfe<strong>in</strong>dlich war, weiß ich nicht»,<br />

kommentierte <strong>der</strong> Gralshüter gebieterisch. Derweil<br />

twitterte Fest ansche<strong>in</strong>end amüsiert: «Herrlicher<br />

Shitstorm! Offensichtlich f<strong>in</strong>den viele Homophobie,<br />

Antisemitismus & Ehrenmorde völlig ok.»<br />

«Offensichtlich f<strong>in</strong>den viele Homophobie,<br />

Antisemitismus und<br />

Ehrenmorde völlig ok.»Fest<br />

Um Schadensbegrenzung bemüht, erlaubte<br />

Bild-Chefredakteur Kai Diekmann <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ausgabe<br />

am Montag dem grünen Bundestagsabgeordneten<br />

Öczan Mutlu, se<strong>in</strong>em Unmut freien Lauf zu lassen.<br />

«Als überzeugter Demokrat <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em liberalen Land<br />

b<strong>in</strong> ich stolz auf unser Grundgesetz und das Recht<br />

auf freie Me<strong>in</strong>ungsäußerung», leitet <strong>der</strong> gebürtige<br />

Türke pflichtschuldig e<strong>in</strong>, um dann sofort klarzustellen,<br />

dass das aber nur für ihm gefällige Me<strong>in</strong>ungen<br />

gelte: «Der Kommentar ist jedoch für mich<br />

Rassismus pur. Die Hasstiraden des Autors schüren<br />

ohne Not Vorurteile, Ängste und Menschenfe<strong>in</strong>dlichkeit.»<br />

Die «polemischen und zum Teil hasserfüllten<br />

Sätze» von Fest ließen ke<strong>in</strong>e <strong>in</strong>haltliche<br />

Diskussion zu. Klappe zu, Affe tot.<br />

In e<strong>in</strong>er verkappten Presseerklärung stieß Diekmann<br />

höchstpersönlich den Dolch <strong>in</strong> den Rücken<br />

se<strong>in</strong>es leitenden Redakteurs Fest – so etwas hat-<br />

Mutti darf sogar unverschleiert mit aufs Bild. Foto: imago,<br />

Christian Thiel<br />

Der Skandal-Kommentar:<br />

Islam als<br />

Integrationsh<strong>in</strong><strong>der</strong>nis<br />

«Ich b<strong>in</strong> e<strong>in</strong> religionsfreundlicher<br />

Atheist. Ich glaube an ke<strong>in</strong>en<br />

Gott, aber Christentum, Judentum<br />

o<strong>der</strong> Buddhismus stören<br />

mich auch nicht.<br />

Nur <strong>der</strong> Islam stört mich immer<br />

mehr. Mich stört die weit überproportionale<br />

Krim<strong>in</strong>alität von<br />

Jugendlichen mit muslimischem<br />

H<strong>in</strong>tergrund. Mich stört die totschlagbereite<br />

Verachtung des Islam<br />

für Frauen und Homosexuelle.<br />

Mich stören Zwangsheiraten,<br />

"Friedensrichter", "Ehrenmorde".<br />

Und antisemitische<br />

Pogrome stören mich mehr, als<br />

halbwegs zivilisierte Worte hergeben.<br />

Nun frage ich mich: Ist<br />

Religion e<strong>in</strong> Integrationsh<strong>in</strong><strong>der</strong>nis?<br />

Me<strong>in</strong> E<strong>in</strong>druck: nicht immer.<br />

Aber beim Islam wohl ja. Das<br />

sollte man bei Asyl und Zuwan<strong>der</strong>ung<br />

ausdrücklich berücksichtigen!<br />

Ich brauche ke<strong>in</strong>en importierten<br />

Rassismus, und wofür<br />

<strong>der</strong> Islam sonst noch steht, brauche<br />

ich auch nicht.»<br />

(Nicolaus Fest, BamS, 27. Juli<br />

2014. Foto: Cezary Piwowarski)<br />

Für Niggemeyer g<strong>in</strong>g Horn damit noch nicht tief<br />

genug <strong>in</strong> die Knie: «Warum sie sich bloß für den<br />

”entstandenen E<strong>in</strong>druck” entschuldigte und nicht<br />

e<strong>in</strong>fach für den Kommentar um Entschuldigung bat,<br />

<strong>der</strong> diesen "E<strong>in</strong>druck" nicht nur provozierte, son<strong>der</strong>n<br />

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