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COMPACT SPEZIAL 9 "Zensur in der BRD"

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<strong>COMPACT</strong>Spezial<br />

_ <strong>Zensur</strong> im Radio<br />

Gegen Banken und Multikulti<br />

32<br />

Elmar Hörig während se<strong>in</strong>er<br />

Internetshow. Foto: «YouTube»<br />

Bild unten rechts: Hörig auf dem<br />

Höhepunkt se<strong>in</strong>er Karriere. Foto:<br />

«YouTube»<br />

Zu frech für die ARD?<br />

Anfang 1995 entließ <strong>der</strong> damalige<br />

Ostdeutsche Rundfunk Brandenburg<br />

(ORB) den Radiomo<strong>der</strong>ator<br />

Lutz Bertram. Der 1953 Geborene,<br />

<strong>der</strong> zunächst als Musikjournalist<br />

im DDR-Jugendsen<strong>der</strong><br />

DT64 tätig war, entwickelte sich<br />

ab 1992 zu e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>fühlsamen,<br />

aber auch hart nachfragenden<br />

politischen Interviewer, <strong>der</strong><br />

mehrfach Prom<strong>in</strong>enz von Bundesparteien<br />

<strong>in</strong> Gesprächen auf<br />

die Füße trat. Nach Auffassung<br />

<strong>der</strong> Zeit habe er «den Hörern <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>em Sendegebiet vorgeführt,<br />

was kritischer Journalismus und<br />

gelebte Demokratie se<strong>in</strong> können».<br />

Im Januar 1995 wurde<br />

e<strong>in</strong>e frühere Stasi-Tätigkeit des<br />

Mo<strong>der</strong>ators bekannt und diente<br />

als Grund für se<strong>in</strong>en Rauswurf.<br />

Doch Bertram war zum Spitzeldienst<br />

genötigt worden: Mit 24<br />

Jahren war er erbl<strong>in</strong>det, weil<br />

ihm die Behörden e<strong>in</strong>e Operation<br />

<strong>in</strong> Westberl<strong>in</strong> verweigerten,<br />

und erhoffte sich vom MfS e<strong>in</strong>en<br />

Reisepass für den Fall erfolgversprechen<strong>der</strong><br />

Operationsmethoden<br />

im Westen. Abgesehen<br />

von e<strong>in</strong>em Intermezzo im<br />

kurzlebigen Privatsen<strong>der</strong> Newstalk<br />

kehrte Bertram nicht wie<strong>der</strong><br />

ans Mikrofon zurück.<br />

die neuen Chefs hatten Hörig im Visier. Am 5. Januar<br />

1999 spielte Hörig fünf Sekunden e<strong>in</strong>er Hitlerrede,<br />

gefolgt von <strong>der</strong> Pseudoentschuldigung «Ups,<br />

das war ja gar nicht Adenauer.» Der Scherz über<br />

den sakrosankten Kanzler <strong>der</strong> Alliierten brachte<br />

Hörig den nächsten Rauswurf e<strong>in</strong>. In <strong>der</strong> neuen<br />

Großanstalt regierte endgültig das politkorrekte<br />

Format. Unter Stock<strong>in</strong>ger hatte Hörig zwar se<strong>in</strong><br />

Badezimmer mit blauen Briefen tapezieren können,<br />

wie er selbst e<strong>in</strong>mal sagte. Doch die waren<br />

immer folgenlos geblieben. Der neue SWR3-Wellenchef<br />

Gerold Hug setzte ihn dagegen wirklich vor<br />

die Tür, da Hörig nicht den «öffentlich-rechtlichen<br />

Standards» entspreche. Vielleicht hatte er nur auf<br />

die Gelegenheit gewartet, den Anarchisten abzuschalten.<br />

Doch dieses Mal mussten die Tugendwächter<br />

im GEZ-Funk noch kle<strong>in</strong> beigeben: Wäschekörbe<br />

voller Hörerbriefe brachten Hörig zurück ans Mikrofon.<br />

Zwei Monate später feuerte er die nächste<br />

Breitseite ab. Über e<strong>in</strong>e PR-Aktion <strong>der</strong> Deutschen<br />

Bahn, mit <strong>der</strong> Homosexuelle als Kunden gewonnen<br />

werden sollten, kalauerte <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ator: «Warme<br />

Woche bei <strong>der</strong> Bundesbahn, dann braucht man die<br />

Züge künftig nicht mehr zu heizen.» Wie<strong>der</strong> folgte<br />

die Entlassung, dieses Mal endgültig.<br />

Immerh<strong>in</strong>: Im Gegensatz zu manch an<strong>der</strong>em<br />

Geschassten fiel Hörig nicht <strong>in</strong>s Bodenlose. Privatsen<strong>der</strong><br />

buhlten um den Quotengaranten. Im<br />

angestammten Sendegebiet mo<strong>der</strong>ierte er beim<br />

rhe<strong>in</strong>land-pfälzischen Rockland Radio sowie bei<br />

den baden-württembergischen Bereichssen<strong>der</strong>n<br />

Radio Regenbogen und Radio 7. Bei r.s.2 <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />

und Brandenburg wurde er zeitweise zu e<strong>in</strong>er Art<br />

Stationsgesicht aufgebaut. Doch jedes Mal blieb<br />

Hörig nicht lange. Comedy ist beim Kommerzfunk<br />

immer nur lustig statt bissig. «Heutzutage gibt es<br />

nur noch formatiertes Hosenscheißerradio», formulierte<br />

es Hörig.<br />

Der Mo<strong>der</strong>ator ließ sich nicht unterkriegen. Bei<br />

YouTube gründete er se<strong>in</strong> persönliches Arschgeigen-TV,<br />

doch das Format floppte. Hörigs Witze<br />

wandelten sich. Auf Facebook, se<strong>in</strong>em zunächst<br />

letzten Refugium, wurde <strong>der</strong> Wortakrobat immer<br />

verbitterter – aber auch immer politischer. «Die<br />

Drahtzieher h<strong>in</strong>ter all dem s<strong>in</strong>d Leute von Goldman<br />

Sachs, Lloyd Blankfe<strong>in</strong>, Stephen Schwarzmann,<br />

Greg Lippmann (für die Deutsche Bank Leerverkäufer)<br />

und Madoff, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zige von diesem Pack,<br />

<strong>der</strong> e<strong>in</strong>sitzt», schrieb er. O<strong>der</strong>: «Wenn die GroKo<br />

das so plant wie Monsieur Hollande <strong>in</strong> Frankreich,<br />

dann werden wir unser ”türkisch-islamisches<br />

Erbe” wohl demnächst annehmen müssen, ob wir<br />

wollen o<strong>der</strong> nicht! Ich besorg mir schon mal e<strong>in</strong>en<br />

Kartoffelsack mit zwei Sehschlitzen für me<strong>in</strong>e<br />

Frau.» Die Aufpasser von Mark Zuckerberg (Hörig:<br />

«Facebook-Gestapo») sperrten ihn mehrfach – bereits<br />

vor den Zeiten <strong>der</strong> seit Jahresanfang 2016<br />

verschärften <strong>Zensur</strong> im Auftrag von Bundesjustizm<strong>in</strong>ister<br />

Heiko Maas.<br />

«Komm runter, du kle<strong>in</strong>e Ische, ich<br />

zeig’s dir.» Hörig zu e<strong>in</strong>er Zuschauer<strong>in</strong><br />

Ganz verkraftet hat er ihn nie, den Rauswurf<br />

beim SWR. «Ich b<strong>in</strong> e<strong>in</strong> bisschen leer», sagt er<br />

<strong>in</strong>zwischen. Doch dann muss er wie<strong>der</strong> reden, reden,<br />

reden. Hörig, <strong>der</strong> zum Rechten gestempelte<br />

Anarcho-Plau<strong>der</strong>er, trompetet nun erst recht gegen<br />

den gleichgeschalteten Chor <strong>der</strong> Tugendwächter.<br />

Bei Top20Radio, e<strong>in</strong>em Onl<strong>in</strong>eradio, ist er täglich<br />

auf Sendung, direkt vor <strong>der</strong> e<strong>in</strong>st von Sat.1 abgeschalteten<br />

Margarethe Schre<strong>in</strong>emakers. Fast wie<br />

<strong>in</strong> den Zeiten <strong>der</strong> Seesen<strong>der</strong> wird das Radio hier<br />

zur Waffe gegen die Herrschenden. Kostprobe e<strong>in</strong>er<br />

Mo<strong>der</strong>ation vom Februar 2016: «Wir s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong><br />

schuldkultkultiviertes geplagtes Land, und alle laufen<br />

sehenden Auges <strong>in</strong> die Katastrophe. Ich hoffe<br />

doch, dass wir noch e<strong>in</strong> paar Titel spielen können,<br />

bevor die ganze Scheiße hier zusammenbricht.»

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