COMPACT SPEZIAL 8 "Asyl das Chaos"
So kommt der Bürgerkrieg nach Deutschland
So kommt der Bürgerkrieg nach Deutschland
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Die Drahtzieher<br />
Geschwister!» Selbst der ansonsten so multikulti-freundliche<br />
FDP-Politiker Christian Lindner blieb<br />
da nicht ruhig: «Es ist empörend und inakzeptabel,<br />
<strong>das</strong>s Herr Erdogan die Souveränität unseres Landes<br />
und der Menschen, die hier leben, infrage stellt.»<br />
Doch es blieb bei aufgeregten Worten. Erdogan<br />
wird bis heute nach Deutschland eingeladen. Pikant:<br />
In der Bundesrepublik darf Gattin Emine nach<br />
islamischer Sitte mit Kopftuch an den offiziellen<br />
Empfängen teilnehmen. In der Türkei ist <strong>das</strong> – immer<br />
noch – verboten.<br />
Während deutsche Politiker von der Bevölkerung<br />
eine «Willkommenskultur» gegenüber Einwanderern<br />
fordern, macht Erdogan <strong>das</strong> Gegenteil<br />
und sät Zwietracht. Etwa nach einem verheerenden<br />
Feuer Anfang Februar 2008 in Ludwigshafen,<br />
als er sehr schnell – die neun Leichen türkischer<br />
Bewohner waren noch nicht kalt – kommentierte:<br />
«Wir wollen kein zweites Solingen erleben.» Diese<br />
Anspielung auf eine neonazistische Brandstiftung<br />
im Jahr 1993 mit fünf Toten legitimierte die<br />
Scharfmacher in den türkische Medien. Sie hatten<br />
fälschlich behauptet, <strong>das</strong>s die Rettungskräfte<br />
20 Minuten gebraucht hätten, bis sie am Unfallort<br />
eintrafen. Die Unruhe in der türkischen Gemeinde<br />
Ludwigshafens war beträchtlich und führte dazu,<br />
<strong>das</strong>s ein 37-jähriger Türke in einer Gaststätte einen<br />
Feuerwehrmann schlug und Einsatzkräfte des Technischen<br />
Hilfswerks beim Aufräumen bespuckt wurden.<br />
Erdogan rief vor Ort zur Mäßigung auf, aber<br />
die Saat des Misstrauens war schon aufgegangen.<br />
Zu einer ähnlichen Zuspitzung kam es fünf Jahre<br />
später. Bei einem Brand im schwäbischen Backnang<br />
Anfang Februar 2013 starben sieben türkische<br />
Kinder und ihre Mutter. «Ein neues Solingen?», titelte<br />
<strong>das</strong> Massenblatt Vatan daraufhin, «Solingen-<br />
Verdacht?» hielt <strong>das</strong> Konkurrenzblatt Taraf dagegen.<br />
«Wieder Deutschland – wieder Türken verbrannt»,<br />
hieß es auch in Hürriyet. Erdogan selbst äußerte<br />
sich nicht, aber sein Vizepremier Bekir Bozdag unkte:<br />
«Wir hoffen, <strong>das</strong>s es kein rassistischer Anschlag<br />
war.» Auch in diesem Fall ließen die deutschen Behörden<br />
zu, <strong>das</strong>s türkische Kriminalisten an den Ermittlungen<br />
beteiligt wurden. Wie zuvor in Ludwigshafen<br />
kamen sie einvernehmlich zum selben Urteil:<br />
keine Fremdeinwirkung, kein Anschlag.<br />
«Assimilierung ist ein Verbrechen<br />
gegen die Menschlichkeit.» <br />
<br />
Erdogan<br />
Was will Erdogan von Deutschland? Seine Forderungen<br />
hat er klar formuliert: Beitritt seines Landes<br />
zur EU. Generelle Ermöglichung einer doppelten<br />
Staatsbürgerschaft, Einrichtung von Gymnasien<br />
und Universitäten, in denen auf Türkisch unterrichtet<br />
wird. Seine Landsleute – viele davon deutsche<br />
Staatsbürger! – ruft er dazu auf, ihre Kinder zuerst<br />
Türkisch lernen zu lassen und dann erst Deutsch.<br />
Angesichts der Sprachdefizite von Einwanderern<br />
an deutschen Schulen <strong>das</strong> beste Rezept, um ihren<br />
Abstand von den Einheimischen groß zu halten.<br />
Geht es Erdogan noch um mehr? Soll die Eroberung<br />
von Europa, die die osmanischen Herrscher<br />
nicht geschafft haben, im zweiten Anlauf verwirklicht<br />
werden? Mit der Übereinkunft zwischen der<br />
Türkei und der EU von Ende November 2015 ist jedenfalls<br />
klar, <strong>das</strong>s Erdogans 5. Kolonne in Deutschland<br />
zahlenmäßig weiter wachsen wird.<br />
Der Pate des IS<br />
Hilfestellung für den Islamischen<br />
Staat leistete Ankara von<br />
Anfang an. «Türkische Behörden<br />
unterstützen salafistische Terrorkämpfer<br />
weit stärker als bisher<br />
bekannt,» schrieb der Focus<br />
Anfang Juli 2014. Mindestens<br />
bis Ende 2013 ließ die Türkei<br />
nach Informationen des<br />
britischen Economist ausländische<br />
Dschihadisten unbehelligt<br />
nach Syrien einreisen. CNN veröffentlichte<br />
ein belastendes Video<br />
mit dem Titel «Die geheime<br />
Dschihadisten-Schmuggelroute<br />
durch die Türkei». Insgesamt<br />
sollen sich dem IS auf diese<br />
Weise etwa 3.000 Kämpfer,<br />
auch aus Deutschland und anderen<br />
EU-Staaten, angeschlossen<br />
haben.<br />
Offiziell streitet die Türkei jedwede<br />
Unterstützung des IS ab.<br />
Aber zahlreiche Indizien sprechen<br />
eine andere Sprache. Ahmet<br />
Türk, der Bürgermeister<br />
von Mardin, äußerte am<br />
16. Juni 2014 gegenüber dem<br />
Deutsch-türkischen Journal:<br />
«Die Kurden hier haben mit eigenen<br />
Augen gesehen, wie ISIS-<br />
Mitglieder in Nizip, Ceylanpınar<br />
und Akçakale bewaffnet die<br />
Grenze passierten. In Ceylanpınar<br />
wurde ein Auto gekippt, in<br />
dem vier Araber, in türkischer<br />
Soldatenuniform getarnt, entdeckt<br />
wurden.»<br />
Der russische Präsident Wladimir<br />
Putin hat sich den Kritikern<br />
angeschlossen: «Wir haben allen<br />
Grund anzunehmen, <strong>das</strong>s die<br />
Entscheidung, unser Flugzeug<br />
abzuschießen, von dem Willen<br />
gelenkt war, die Ölversorgungslinien<br />
zum türkischen Territorium<br />
zu schützen», sagte er am<br />
30. November 2015.<br />
Der IS rückt mit erbeuteten Panzern<br />
vor. Foto: Screenshot YouTube<br />
Bild oben links: Die schwarze Fahne<br />
des IS weht über einem Viertel des<br />
syrischen Territoriums.<br />
Foto: Medyan Dairieh<br />
61