COMPACT SPEZIAL 8 "Asyl das Chaos"
So kommt der Bürgerkrieg nach Deutschland
So kommt der Bürgerkrieg nach Deutschland
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<strong>COMPACT</strong> Spezial<br />
_ Die Drahtzieher<br />
Ankara setzt die<br />
Flüchtlinge als<br />
Druckmittel gegen<br />
Europa ein.<br />
Fahnenmeer auf einer Kundgebung<br />
der Union Europäisch-Türkischer<br />
Demokraten (UETD), einer Lobbyorganisation<br />
der türkischen Partei<br />
AKP von Staatschef Erdogan, im<br />
Herbst 2015 in Mannheim.<br />
Foto: Archiv<br />
Bezeichnend ist, <strong>das</strong>s 2015 die meisten Migranten<br />
über die Türkei und die Balkanroute zu uns kamen<br />
– anders als 2014, als die <strong>Asyl</strong>anten noch<br />
vorzugsweise über Italien einströmten. Mit objektiven<br />
Fluchtgründen hat <strong>das</strong> kaum etwas zu tun: Der<br />
Krieg in Irak und Syrien war im vorhergehenden<br />
Jahr genauso schlimm wie im aktuellen.<br />
Dass sich der Invasionsvektor geändert hat, ist<br />
vielmehr Resultat eines perfiden geopolitischen<br />
Schachzugs von Erdogan. Die Frankfurter Allgemeinen<br />
Zeitung referierte am 21. September<br />
Analysen von Journalisten aus Ankara und Istanbul:<br />
«Anfangs tat die Türkei alles, was sie konnte,<br />
um zu verhindern, <strong>das</strong>s die Seewege für die illegale<br />
Einwanderung nach Europa genutzt werden.»<br />
Das habe sich aber 2015 geändert. «Enttäuscht von<br />
einer Welt, die seinen Ideen zur Befriedung Syriens<br />
nicht folgen will (Kampf gegen Assad zuerst,<br />
Einrichtung einer Pufferzone in Nordsyrien), habe<br />
sich Erdogan dazu entschlossen, die Flüchtlingsmassen<br />
nach Europa weiterzuleiten. Wer nicht hören<br />
will, muss aufnehmen.» Und weiter: «Ist es vorstellbar,<br />
<strong>das</strong>s in einem Land, in dem nicht einmal<br />
zehn Oppositionelle eine Demonstration abhalten<br />
können, ohne von der doppelten Anzahl an Polizisten<br />
umringt zu werden, Hunderttausende einfach<br />
so illegal die Grenze überqueren können? Natürlich<br />
nicht. Erdogan lässt die Menschen aus Kalkül<br />
ziehen, er setzt die Flüchtlinge als Druckmittel gegen<br />
Europa ein.»<br />
Sprungbrett der Terroristen<br />
«Gelangen IS-Terroristen über die Türkei in die<br />
Europäische Union?» lautete die Überschrift eines<br />
FAZ-Artikels vom 17. Januar 2015. «Dies bestätigte<br />
der Vorsitzende der türkischen Regierungspartei<br />
AKP in der Provinz Mersin», schreib FAZ-Korrespondent<br />
Michael Martens weiter. Unter den sage und<br />
schreibe 110.000 Syrern, die sich damals in Mersin<br />
aufhielten, agierten Schlepperbanden mit Lockangeboten<br />
für den Transport in die EU. Zu den Vermutungen<br />
von Menschenrechtlern, der türkische Geheimdienst<br />
müsse von der Bandentätigkeit Kenntnis haben,<br />
sagte der Politiker gegenüber der FAZ: «Wenn<br />
(...) eine Person sagt, solche Dinge könnten nicht geschehen,<br />
ohne <strong>das</strong>s der Geheimdienst davon wisse,<br />
dann ergibt <strong>das</strong> auch für mich Sinn.»<br />
In einem weiteren Artikel in der FAZ vom 19.<br />
Januar ist Martens den Abläufen nachgegangen.<br />
Die Schiffe der Menschenhändler sind den Behörden<br />
in Mersin demnach bekannt. Außerdem hat<br />
jedes Schiff eine siebenstellige sogenannte IMO-<br />
Nummer, ähnlich unverwechselbar wie die Fahrgestellnummer<br />
eines Autos und damit absolut zuverlässig<br />
dem aktuellen Besitzer zuzuordnen. Die<br />
FAZ schlussfolgert: «Umso seltsamer ist es, <strong>das</strong>s<br />
die türkischen Behörden angeblich die Hintermänner<br />
dieser neuen Art des Menschenschmuggels im<br />
Mittelmeer nicht identifizieren können.»<br />
Aufbau einer 5. Kolonne<br />
60<br />
Seit mehreren Jahren mischt sich Erdogan auch<br />
immer wieder in die deutsche Innenpolitik ein und<br />
lässt keine Gelegenheit aus, der türkischen Minderheit<br />
Ratschläge zu geben und Forderungen an<br />
die Bundesregierung zu stellen. Im Februar 2008<br />
sagte er vor 16.000 Anhängern in der Köln-Arena:<br />
«Assimilierung ist ein Verbrechen gegen die<br />
Menschlichkeit. Ich verstehe sehr gut, <strong>das</strong>s Ihr gegen<br />
die Assimilierung seid. Man kann von Euch<br />
nicht erwarten <strong>das</strong>s Ihr Euch assimiliert.» «Verbrechen<br />
gegen die Menschlichkeit» – <strong>das</strong> roch nach<br />
Gaskammer und Massenmord. War <strong>das</strong> ernst gemeint?<br />
Dass die Formulierung wohl überlegt war,<br />
beweist ihre Wiederholung bei einem Treffen im<br />
Februar 2010, zu dem der Premier türkischstämmige<br />
Parlamentarier aus mehreren europäischen<br />
Ländern nach Istanbul geholt hatte. Nach Angaben<br />
der Tageszeitung Die Welt war die Zusammenkunft<br />
vor der Öffentlichkeit zunächst geheim gehalten<br />
worden. Ende Februar 2011 dann wieder ein Bad<br />
in der Menge, 10.000 Türken waren in eine Halle<br />
in Düsseldorf gekommen und bejubelten Erdogans<br />
Ansprache: «Man nennt Euch Gastarbeiter, Ausländer<br />
oder Deutschtürken. Aber egal, wie Euch alle<br />
nennen: Ihr seid meine Staatsbürger, Ihr seid meine<br />
Leute, Ihr seid meine Freunde, Ihr seid meine