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KURT 05/2017

KURT - Das Stadt-, Kultur- und Szenemagazin für die Region Gifhorn 05/2017

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05/2017

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Monumentale Wagenrennen im<br />

Riesenformat<br />

Vollbütteler Kinomuseum widmet dem 70-Millimeter-Film eine Sonderschau<br />

kunst & kultur<br />

Vollbüttels Kinomuseum startet mit<br />

einer neuen Sonderausstellung in die<br />

20. Saison – mit dem Titel: „Wir können<br />

auch größer!“ Dahinter verbirgt sich der<br />

„niedliche 70-Millimeter-Film“, erläutert<br />

Wolfgang Graewert augenzwinkernd.<br />

Denn es ist ein Riesenformat. Vor allem<br />

auch von der Bildqualität her.<br />

Groß rausgekommen ist es in den 50er<br />

Jahren, gebräuchlich war es bis in die 70er,<br />

jüngst hat das Riesenformat mit „The Hateful<br />

Eight“ und „Rogue One – A Star Wars<br />

Story“ gewiss neue Freunde dazu gewonnen.<br />

Aufsehen erregte es damals wie heute<br />

durch seine „enorme Brillianz“, weiß Museumssprecher<br />

Wolfgang Graewert. Und auch<br />

durch den Ton: „Standard war Licht-Ton, der<br />

70-Millimeter-Film setzte auf Magnet-Ton.“<br />

Zusätzlich zur Stereo-Tonspur bot das Format<br />

zwei Effekt-Kanäle. Damit ließ sich etwa das<br />

Trappeln der Hufe und das Rollen der Räder<br />

im legendären Wagenrennen des Monumentalfilm-Klassikers<br />

„Ben Hur“ wiedergeben.<br />

„Man kann darin einen Vorläufer des modernen<br />

Surround-Sounds sehen“, verdeutlicht<br />

der Museumssprecher.<br />

Das 70-Millimeter-Format drängte sich für<br />

Monumentalfilme geradezu auf, lieferte es<br />

doch die gewünscht imposanten Bilder in<br />

eben solcher Qualität. Erhalten ist davon heute<br />

leider nicht mehr allzu viel: „Fast alle Filme<br />

weisen einen starken Rotstich auf“, bedauert<br />

Museumsleiter Peter Schade-Didschies.<br />

Der ist dem Alter geschuldet. Mit Archivmaterial<br />

lässt sich das den Besuchern direkt im<br />

Museum veranschaulichen. Denn es ist den<br />

Machern der Ausstellung gelungen, eine alte<br />

Vorführmaschine zum Laufen zu bringen.<br />

Monatelang haben Peter Schade-Didschies,<br />

Bernd Riechers, Peter Hanke und<br />

Heinz Mühlmann an der Philips DP70 herumgetüftelt.<br />

In Einzelteile zerlegt haben sie den<br />

500-Kilo-Koloss in den Ausstellungsraum getragen<br />

und dort mühsam wieder zusammengesetzt.<br />

„Eigentlich steckt darin eine ganz<br />

einfache Schaltung. Trotzdem brauchten wir<br />

Wochen, um durchzusteigen“, erinnert sich<br />

Peter Schade-Didschies. Passende Ersatzteile<br />

fanden sich glücklicherweise in zwei kurz<br />

zuvor erworbenen 70-Millimeter-Maschinen.<br />

Teile einzeln zu ergattern, ist beinahe hoffnungslos:<br />

„Sie werden nicht in Gold, sondern<br />

in Platin aufgewogen.“ Peter Hanke ist einfach<br />

nur glücklich, dass<br />

die beinah endlose Plackerei<br />

in eine lauffähige<br />

Vorführmaschine mündete.<br />

„Mal sitzt ein Riemen<br />

nicht richtig, dann<br />

fällt das Licht aus. Was<br />

mussten wir nicht alles in<br />

den Griff kriegen!“ Dabei<br />

hatten die Vollbütteler<br />

Kinofreunde noch Glück, mussten sie doch<br />

nur eine DP70 wieder zum Laufen bringen.<br />

In den damaligen Kinos dagegen waren für<br />

möglichst nahtloses Filmvergnügen stets<br />

zwei der monströsen Maschinen im Einsatz.<br />

Denn: „800 Meter Film auf einer Rolle reichten<br />

bloß für eine Spieldauer von 20 Minuten“,<br />

weiß der begeisterte Cineast Hanke.<br />

Als Duo kosteten die Maschinen in den 60er<br />

Jahren ein kleines Vermögen: „Wer ein Kino<br />

betrieb, für den war das eine Anschaffung<br />

fürs Leben“, sagt Peter Schade-Didschies. Das<br />

gilt auch fürs Vollbütteler Ausstellungsstück.<br />

Es lief, bis es vor 15 Jahren in den Besitz des<br />

Museums überging, noch als 35-Millimeter-<br />

Maschine. Gedacht ist die Sonderausstellung<br />

daher auch als Hommage an das inzwischen<br />

verstorbene, aber unvergessene Gründungsmitglied<br />

des Kinomuseums Martin Janotta,<br />

viele Jahre Chef-Filmvorführer in Wolfsburg.<br />

Liebend gern hätte das Museum passend<br />

zu „Wir können auch größer!“ im Sommerkino<br />

am Samstag, 29. Juli, einen 70-Millimeter-<br />

Film gezeigt. „Aber es war nichts zu bekommen“,<br />

bedauert Wolfgang Graewert. Und im<br />

Musuemsarchiv schlummern nur unvollständige,<br />

durch die Bank rotstichige Filme. „Es<br />

wäre ein Traum, hier einen Film zu zeigen.<br />

Aber dann bräuchten wir wohl auch eine<br />

größere Leinwand als unsere mickrigen neun<br />

Meter“, sagt Peter Schade-Didschies. Wer auf<br />

70-Millimeter-Film gedrehtes Kino auf der<br />

Leinwand erleben möchte, wird aber sicher<br />

in der Schauburg in Karlsruhe fündig – im<br />

Internet zu finden unter www.in70mm.com!<br />

Herzstück der Ausstellung im Vollbütteler<br />

Kinomuseum ist die Philips DP70 nebst dazu<br />

gehörender Technik wie die aus der DDR<br />

stammenden Leistungsverstärker vom Typ<br />

RFT PA 893. Ergänzt werden sie um eine kleine,<br />

aber feine Auswahl von Exponaten wie<br />

damalige Werbe-Dias, eine Klebepresse und<br />

historische Fotos aus Wolfsburgs Imperial.<br />

<strong>KURT</strong>s Tipp: Das Kinomuseum, Raiffeisenstraße<br />

11, in Vollbüttel und die Sonderausstellung<br />

„Wir können auch größer!“ sind sonntags<br />

von 14 bis 18 Uhr geöffnet, für Gruppen<br />

nach Absprache unter Tel. <strong>05</strong>304-2521<br />

auch davon abweichend. Weitere Infos gibt‘s<br />

im Internet unter www.kinomuseum.de!

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