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Rüdiger Grimkowski Michael Willmann Barockmaler im Dienst der ...

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Die auf Vereinheitlichung zielende Konzeption macht sich nicht nur phänomenologisch,<br />

son<strong>der</strong>n auch programmatisch bemerkbar. In Grüssau schließen sich die<br />

Fresken zu einem Josephszyklus zusammen, für den es in <strong>der</strong> Malerei keinerlei<br />

Vergleichsbeispiele gibt. Fraglos ist das Programm integrieren<strong>der</strong> Bestandteil <strong>der</strong><br />

Ausstattung, doch wurde auch darauf hingewiesen, daß es eigentlich „außerkünstlerischen<br />

Charakters“ sei und daß darin die Schwierigkeit einer „vollkommen ästhetischen<br />

Apperzeption des schließlichen komplexen Gesamtkunstwerks“ liege. 32<br />

Die Rede vom außerkünstlerischen Charakter des Programms mag, sofern <strong>der</strong><br />

Eindruck einer zu starken Trennung von Idee und Ausführung entstehen kann,<br />

eine etwas unscharfe Formulierung sein, sie trifft aber insofern zu, als Ausstattungsprogramme<br />

dieser Art häufig nicht vom Künstler selbst, son<strong>der</strong>n vom Auftraggeber<br />

o<strong>der</strong> von geson<strong>der</strong>t damit beauftragten Gelehrten konzipiert wurden.<br />

Bei einem so außergewöhnlichen und komplizierten Programm wie dem <strong>der</strong> Grüssauer<br />

Josephskirche scheint dies von vornherein evident zu sein. 33 Es wird also<br />

Sedlmayr zu einem Wertmaßstab geworden sei. Euler-Rolle stellt in Frage, daß mit dem Begriff<br />

in <strong>der</strong> Barockforschung überhaupt etwas zu gewinnen sei und bezweifelt, daß „<strong>der</strong> Begriff ein<br />

erkenntnistechnisches Mittel zur Entdeckung des Werkes“ sein könne (B. Euler-Rolle 1985, S.<br />

60). Einzuwenden ist gegen Euler-Rolle nur, daß er, indem er die Verwendung des Begriffs in<br />

<strong>der</strong> Barockforschung problematisiert, das barocke Bemühen um ästhetische Geschlossenheit<br />

marginalisiert. In seinen Augen ist das barocke „Gesamtkunstwerk“ nicht die „Vergegenständlichung<br />

eines a priori gesetzten programmatischen Ideals”, son<strong>der</strong>n lediglich Resultat “einzelner<br />

Entscheidungen“ (ebd.). Aber selbst wenn ein Bau keinem von vornherein feststehenden Gesamtkonzept<br />

folgt, lassen die Schritte zu seiner Verwirklichung in <strong>der</strong> Regel doch eine Gerichtetheit<br />

erkennen, die auf eine Angleichung und Vereinheitlichung aller Elemente <strong>der</strong> Raumgestaltung<br />

abzielt. Die ästhetische Homogenität <strong>der</strong> Gesamterscheinung stellt sich dem Barock<br />

unzweifelhaft als eine wichtige Aufgabe dar. In diese Richtung geht die Kritik von S. Kummer<br />

1989, S. 391 ff. Er hält an dem Begriff „Gesamtkunstwerk“ fest und entgegnet Euler-Rolle, es<br />

gebe Hinweise, daß die Vereinigung <strong>der</strong> Künste <strong>im</strong> Barock tatsächlich ein künstlerisches Anliegen<br />

gewesen sei. Er verweist auf die auch von Euler-Rolle zitierte Äußerung Filippo Baldinuccis<br />

über Giovanni Lorenzo Bernini, <strong>der</strong> seiner Meinung nach „<strong>der</strong> erste gewesen sei, <strong>der</strong> versuchte,<br />

die Architektur mit <strong>der</strong> Skulptur und <strong>der</strong> Malerei zu vereinigen“ [Vita del Cavaliere Gio. Lorenzo<br />

Bernino, Florenz 1682, ed. Sergio Samek Ludovici, Mailand 1948, S. 140]. Zudem nennt er eine<br />

Textstelle bei Giovanni Baglione, an <strong>der</strong> es heißt, daß „die Malerei, Skulptur und Architektur<br />

drei Schwestern sind, die nicht getrennt sein können und eine Trennung nicht lieben.“ [Le vite<br />

de’ pittori scvltori et architetti, dal Pontificato di Gregorio XIII, sino à tutto quello d’Vrbano<br />

Ottauo, 2. Aufl. Rom 1649, S. 2]. Die Zitate nach S. Kummer 1989, S. 399 f. Das mit diesen<br />

Textstellen verteidigte „Gesamtkunstwerk“ gerät dem Autor lei<strong>der</strong> aber zu einem normativen<br />

künstlerischen Ideal, dem nur ein Teil <strong>der</strong> barocken Bauten gerecht wird. Bei einem an<strong>der</strong>en Teil<br />

ist in seinen Augen „jene Einheitlichkeit verfehlt, die man eigentlich angestrebt hatte.“ Ebd., S.<br />

400. In einem Raum wie dem <strong>der</strong> Abteikirche von Zwiefalten sieht er dieses Ideal nicht erreicht<br />

und will ihn deshalb lediglich als ein räumliches Ensemble verstanden wissen. Das Bemühen um<br />

eine ästhetische Vereinheitlichung des Raumes ist aber auch in Zwiefalten deutlich ablesbar, nur<br />

ist dieses Ziel nicht in gleicher Weise verwirklicht, wie es beispielsweise in <strong>der</strong> Klosterkirche von<br />

Weltenburg und in <strong>der</strong> Wies bei Steingaden <strong>der</strong> Fall ist. Aufgabe kann es nur sein zu analysieren,<br />

was die Bedingungsfaktoren für die je spezifische Raumvereinheitlichung sind, nicht jedoch<br />

best<strong>im</strong>men zu wollen, in welchem Ausmaß barocke Raumschöpfungen einem fiktiven, Norm<br />

setzenden Ideal nahekommen, und sie je nach Erreichen dieses Ideals als „Gesamtkunstwerk“<br />

o<strong>der</strong> als „Ensemble“ zu klassifizieren.<br />

32 K. L. Schwarz 1937, S. 86.<br />

33 Man erachtete den Aspekt denn auch als wichtig genug, ihn in die Beurteilung <strong>der</strong> Malereien<br />

mit einfließen zu lassen: Die Fresken stellen – so schrieb G. Grundmann 1 1944, S. 4, die „vielleicht<br />

bedeutendste Leistung dieser Art in <strong>der</strong> deutschen barocken Freskomalerei des 17. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

dar, in <strong>der</strong> sich das Können eines auf <strong>der</strong> Höhe stehenden Malers mit <strong>der</strong> geistigen<br />

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