Rüdiger Grimkowski Michael Willmann Barockmaler im Dienst der ...

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schen Klöstern“, findet sich erstmals eine ausführlichere Beschreibung der Grüssauer Malereien. 4 Nach Büsching fand der Freskenzyklus lange Zeit kaum noch Beachtung. Die Künstlerlexika von Gottfried Johann Dlabacz und Georg Kaspar Nagler führen ihn lediglich unter den Werken Willmanns auf, und Joseph Effner, der 1864 einen Aufsatz über Willmann publizierte, hebt ihn nur kurz als eine seiner großen Leistungen hervor. 5 Umfassender beschäftigte sich 1868 Augustin Knoblich mit dem Oeuvre Willmanns, auf die Grüssauer Malereien ging aber auch er nicht näher ein. Als künstlerisch nicht sehr bedeutend bewertete dann Hans Lutsch die Fresken in seinem 1891 erschienenen dritten Inventarband der Kunstdenkmäler Schlesiens. Wenn er bemängelt, daß sie „sich von den weiß belassenen Architekturteilen grell abheben“, 6 wird allerdings deutlich, wie sehr er sich von der damals noch vorhandenen Übertünchung der Ornamentik hat beeinflussen lassen. Wenige Jahre später befaßte sich Wilhelm Patschovsky (1896) mit den Bauten des Grüssauer Klosters und in diesem Zusammenhang mit Willmann. Bei seinen Ausführungen zur Josephskirche erläuterte er als erster etwas genauer das Beziehungsgeflecht der in den Deckenmalereien dargestellten consanguinitas Christi. Dagegen beschränkte sich Erich Klossowski 1902 in seiner Dissertation über Willmann wieder nur auf eine kurze Erwähnung der Fresken. Zu einer besonderen, wenngleich überzogenen Würdigung ihres künstlerischen Ranges fand erst Dietrich Maul in seiner 1914 publizierten Willmann-Monographie: „Die spielende Leichtigkeit aber, die große Routine, die nirgends Ermüdung, nirgends platte Nachahmung verrät, (…) läßt Willmann im Fresko würdig an die Seite des größeren Heroen Tiepolo treten.“ 7 Den künstlerischen Wert der Fresken versuchte auch Willi Drost in seiner Arbeit über die „Barockmalerei in den Germanischen Ländern“ (1926) hervorzuheben. Ohne emphatischen Überschwang bezeichnete er sie als das größte und bedeutendste Werk Willmanns 8 – ein Urteil, das nachfolgend immer wieder bekräftigt wurde. Der Würdigung Willmanns auf der Jubiläumsausstellung 1930 in Breslau folgte 1934 die umfassende Willmann-Monographie von Ernst Kloss. Willmanns Fresken in der Josephskirche nennt er „jenes Hauptwerk seines Lebens, das seinen Ruhm weit über Schlesiens Grenzen hinausgetragen hat.“ 9 Er betont die Bedeutung des Grüssauer Abtes für die Konzeption, vermag im Programm aber lediglich ein „ganz persönliches Bekenntnis“ des Auftraggebers zu sehen. Ausgeblendet bleiben die historischen Rahmenbedingungen, vor deren Hintergrund die Ausmalung erst verständlich wird. Kloss interessieren weniger die ikonographischen als die stilistischen Fragestellungen. Wenngleich seine Darlegungen nicht selten von einem subjektiven Tenor geprägt sind, weiß er den maltechnischen Aspekten sprachlich durchaus überzeugenden Ausdruck zu geben, nicht folgen mag man ihm jedoch, wenn er von einem volkstümlichen Charakter beziehungsweise einer _______________ 14 4 D. J. G. Büsching 1813, S. 356–369. 5 G. J. Dlabacz 1815, S. 381; G. K. Nagler Bd. 24, 1924 3, S. 409; J. Effner 1864, S. 387. 6 H. Lutsch Bd. 3, 1891, S. 382. 7 D. Maul 1914, S. 74 f. 8 W. Drost 1926, S. 284. 9 E. Kloss 1934, S. 117.

volkstümlichen Erzählweise der Grüssauer Wandfresken spricht. Dies ist ein Urteil, das sich nur vor dem Hintergrund der zeitgenössischen Forschungslage verstehen läßt; es verkennt den Charakter barocker Bildprogramme und läßt gewichtige Aspekte der barocken Josephsikonographie außer acht. Das große Verdienst von Kloss ist es, die eigenhändigen Werke aus der großen Fülle der aus der Werkstatt Willmanns stammenden Arbeiten geschieden und, ausgehend von den datierten oder aufgrund der Quellen eindeutig zu bestimmenden Gemälden, nach stilistischen Merkmalen geordnet zu haben. Zudem versuchte Kloss aufzuzeigen, daß Willmann zu Unrecht der Ruf eines „van Dyck-Nachahmers“ anhafte und daß er „aus den Anregungen der flämischen und holländischen Malerschule die Kraft zu einem persönlichen Stil von hohem malerischen Reiz zog.“ 10 Das Bild, das Kloss von Willmann und seiner Kunst vermittelt, ist jedoch in nicht unerheblichem Maße von seinem Kunstverständnis und seiner Methodik geprägt. Er zeigt sich stark beeinflußt von den kunsttheoretischen Vorstellungen Heinrich Wölfflins, dem er seine Willmann-Monographie auch widmete. Jacob Burckhardt zitierend, bekräftigte Wölfflin 1933 im Nachwort der „Kunstgeschichtlichen Grundbegriffe“: „Im ganzen ist also der Zusammenhang der Kunst mit der allgemeinen Kultur nur lose und leicht zu fassen, die Kunst hat ihr eigenes Leben und ihre eigene Geschichte.“ 11 Dabei sieht er künstlerische Individualität und eigengesetzliche Entwicklung der Kunst nicht als im Widerspruch zueinander stehend. 12 Es scheint wie der Versuch einer Verifikation Wölfflinscher Grundannahmen, wenn Kloss die stilistische Entwicklung Willmanns allein den Eingebungen des schöpferischen Subjekts folgen läßt und den Künstler dabei einen Reifungsprozeß vollziehen sieht, der ihn wie selbstverständlich vom Hochbarock bis an die Schwelle des Rokoko führt. 13 Sichtlich liegt dem das Bemühen zu Grunde, den künstlerischen Rang Willmanns zu unterstreichen, denn es sind nach Wölfflin gerade die großen Künstler, die sich der allgemeinen Kunstentwicklung am besten einfügen. 14 Der Versuch, individuelle und kunsthistorische Entwicklung zur Deckung zu bringen, verleitet Kloss zu einer allzu schematischen Periodisierung der künstlerischen Entwicklung Willmanns. 15 Zudem läßt die Vorstellung des autonom schaffenden Künstlers die These als folgerichtig erscheinen, Willmann _______________ 10 E. Kloss 1930, S. 5. 11 Aus einer Kollegheftnotiz J. Burckhardts, zitiert nach H. Wölfflin 1970, S. 282. 12 H. Wölfflin 1970, S. 6, (aus dem Vorwort zur sechsten Auflage 1922, S. X): „Der Einwand, daß durch die Annahme einer ‚gesetzmäßigen’ Entwicklung des Vorstellens die Bedeutung der künstlerischen Individualität aufgehoben werde, ist ein läppischer Einwand. So gut der Körper nach durchgehenden Gesetzen gebaut ist, ohne daß der individuellen Form Abbruch geschähe, so gut steht die Gesetzmäßigkeit der geistigen Struktur des Menschen mit Freiheit nicht im Widerspruch.“ – Wölfflin versuchte mit dieser Äußerung der Kritik entgegenzutreten, daß das künstlerische Individuum in seiner Kunstgeschichte nicht mehr den ihm gebührenden Platz erhalte. Vgl. M. Lurz 1981, S. 21. 13 E. Kloss 1934, S. 26. 14 M. Lurz 1981, S. 20. 15 Daß es nicht immer verläßliche Kriterien waren, nach denen Kloss das Oeuvre zu ordnen suchte, klang schon in der Rezension von G. Grundmann 1935, S. 168, an. – Hinsichtlich des sogenannten Feinstils bemerkte C. Müller Hofstede 1965, S. 196, daß er weniger eine eingrenzbare Periode in Willmanns Schaffen sei, als ein Charakteristikum, das in unterschiedlichen Stilphasen einmal mehr, einmal weniger ausgeprägt hervortreten kann. 15

schen Klöstern“, findet sich erstmals eine ausführlichere Beschreibung <strong>der</strong> Grüssauer<br />

Malereien. 4<br />

Nach Büsching fand <strong>der</strong> Freskenzyklus lange Zeit kaum noch Beachtung. Die<br />

Künstlerlexika von Gottfried Johann Dlabacz und Georg Kaspar Nagler führen<br />

ihn lediglich unter den Werken <strong>Willmann</strong>s auf, und Joseph Effner, <strong>der</strong> 1864 einen<br />

Aufsatz über <strong>Willmann</strong> publizierte, hebt ihn nur kurz als eine seiner großen Leistungen<br />

hervor. 5 Umfassen<strong>der</strong> beschäftigte sich 1868 Augustin Knoblich mit dem<br />

Oeuvre <strong>Willmann</strong>s, auf die Grüssauer Malereien ging aber auch er nicht näher ein.<br />

Als künstlerisch nicht sehr bedeutend bewertete dann Hans Lutsch die Fresken in<br />

seinem 1891 erschienenen dritten Inventarband <strong>der</strong> Kunstdenkmäler Schlesiens.<br />

Wenn er bemängelt, daß sie „sich von den weiß belassenen Architekturteilen grell<br />

abheben“, 6 wird allerdings deutlich, wie sehr er sich von <strong>der</strong> damals noch vorhandenen<br />

Übertünchung <strong>der</strong> Ornamentik hat beeinflussen lassen. Wenige Jahre später<br />

befaßte sich Wilhelm Patschovsky (1896) mit den Bauten des Grüssauer Klosters<br />

und in diesem Zusammenhang mit <strong>Willmann</strong>. Bei seinen Ausführungen zur Josephskirche<br />

erläuterte er als erster etwas genauer das Beziehungsgeflecht <strong>der</strong> in<br />

den Deckenmalereien dargestellten consanguinitas Christi. Dagegen beschränkte sich<br />

Erich Klossowski 1902 in seiner Dissertation über <strong>Willmann</strong> wie<strong>der</strong> nur auf eine<br />

kurze Erwähnung <strong>der</strong> Fresken. Zu einer beson<strong>der</strong>en, wenngleich überzogenen<br />

Würdigung ihres künstlerischen Ranges fand erst Dietrich Maul in seiner 1914<br />

publizierten <strong>Willmann</strong>-Monographie: „Die spielende Leichtigkeit aber, die große<br />

Routine, die nirgends Ermüdung, nirgends platte Nachahmung verrät, (…) läßt<br />

<strong>Willmann</strong> <strong>im</strong> Fresko würdig an die Seite des größeren Heroen Tiepolo treten.“ 7<br />

Den künstlerischen Wert <strong>der</strong> Fresken versuchte auch Willi Drost in seiner Arbeit<br />

über die „<strong>Barockmaler</strong>ei in den Germanischen Län<strong>der</strong>n“ (1926) hervorzuheben.<br />

Ohne emphatischen Überschwang bezeichnete er sie als das größte und bedeutendste<br />

Werk <strong>Willmann</strong>s 8 – ein Urteil, das nachfolgend <strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong> bekräftigt<br />

wurde.<br />

Der Würdigung <strong>Willmann</strong>s auf <strong>der</strong> Jubiläumsausstellung 1930 in Breslau folgte<br />

1934 die umfassende <strong>Willmann</strong>-Monographie von Ernst Kloss. <strong>Willmann</strong>s Fresken<br />

in <strong>der</strong> Josephskirche nennt er „jenes Hauptwerk seines Lebens, das seinen<br />

Ruhm weit über Schlesiens Grenzen hinausgetragen hat.“ 9 Er betont die Bedeutung<br />

des Grüssauer Abtes für die Konzeption, vermag <strong>im</strong> Programm aber lediglich<br />

ein „ganz persönliches Bekenntnis“ des Auftraggebers zu sehen. Ausgeblendet<br />

bleiben die historischen Rahmenbedingungen, vor <strong>der</strong>en Hintergrund die Ausmalung<br />

erst verständlich wird. Kloss interessieren weniger die ikonographischen als<br />

die stilistischen Fragestellungen. Wenngleich seine Darlegungen nicht selten von<br />

einem subjektiven Tenor geprägt sind, weiß er den maltechnischen Aspekten<br />

sprachlich durchaus überzeugenden Ausdruck zu geben, nicht folgen mag man<br />

ihm jedoch, wenn er von einem volkstümlichen Charakter beziehungsweise einer<br />

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4 D. J. G. Büsching 1813, S. 356–369.<br />

5 G. J. Dlabacz 1815, S. 381; G. K. Nagler Bd. 24, 1924 3, S. 409; J. Effner 1864, S. 387.<br />

6 H. Lutsch Bd. 3, 1891, S. 382.<br />

7 D. Maul 1914, S. 74 f.<br />

8 W. Drost 1926, S. 284.<br />

9 E. Kloss 1934, S. 117.

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