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verheerende Katastrophen Aktuelle Meldungen ... - Kindernothilfe

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26<br />

Jahresthema HIV/Aids<br />

Ruhelos statt<br />

Ruhestand<br />

Gogo Lelethu* hat viel erlebt – mehr als ein Mensch eigentlich ertragen kann.<br />

Großmutter Emily aus Indaleni (Südafrika) könnte eigentlich ihren Ruhestand<br />

genießen. Aber sie kann nicht stillsitzen angesichts des Elends in ihrem Dorf.<br />

Mit viel Engagement kümmert sich die 65-Jährige um Aidswaisen und ihre<br />

Familien: zum Beispiel um Gogo (Großmutter) Lelethu*, der beide Beine amputiert wurden<br />

und die mit ihrer kargen Rente elf Personen durchfüttern soll. Fotos: Ralf Krämer<br />

<strong>Kindernothilfe</strong> Magazin 4/2007<br />

<br />

November 2006: Gogo (auf Deutsch: Großmutter)<br />

Emily stößt die Tür des baufälligen<br />

Hauses in Indaleni, einem kleinen<br />

Dorf in KwaZulu-Natal, auf. Es riecht nach<br />

Holzkohle und Rauch, nach feuchter Wolle<br />

und Erde. Durch das kleine Fenster fällt<br />

kaum Licht in das Zimmer: rohe Wände<br />

aus Ästen und Lehm, unebener Boden<br />

aus festgestampfter Erde, eine klapprige<br />

Pritsche, davor eine offene Feuerstelle.<br />

Ein defekter Rollstuhl lehnt an der Wand.<br />

Es gibt keine Schränke, alles ist in Plastiksäcken<br />

verstaut. Auf der Pritsche liegt eine<br />

alte Frau. Mühsam richtet sie sich auf, um<br />

die Besucher zu begrüßen. Den Augen<br />

unter der grünen Wollmütze sieht man<br />

eine tiefe Trauer an, doch trotz aller Armut<br />

und allem Elend strahlen sie eine große<br />

Würde aus.<br />

Gogo Lelethu* hat viel erlebt – mehr als<br />

ein Mensch eigentlich ertragen kann. Bei<br />

einem Autounfall vor einigen Jahren verlor<br />

sie beide Beine. Ihre beiden Kinder,<br />

deren Hilfe sie jetzt dringend brauchte,<br />

sind tot – Aids setzte sowohl dem Leben<br />

ihrer Tochter wie dem ihres Sohnes ein<br />

viel zu frühes Ende. Zurück blieben vier<br />

Enkelkinder. Die Kinder ihres Sohnes sind<br />

bereits erwachsen, aber so krank, dass sie<br />

die meiste Zeit im Bett verbringen. Die<br />

ganze Last liegt auf den beiden Jüngsten,<br />

Thulani*, sieben Jahre, und Njongo*, zehn<br />

Jahre alt. Wenn die 76-jährige Gogo zur<br />

Toilette muss, trägt Njongo sie nach<br />

draußen. Er und sein Bruder kümmern<br />

sich um den Haushalt. Nur Kochen kann<br />

Oma noch selbst – auf der Feuerstelle vor<br />

ihrem Bett. Es gibt keine Öffnung in dem<br />

Wellblechdach, und so liegt die alte Frau<br />

tagein, tagaus in Rauch- und Kochschwaden.<br />

In dem baufälligen Haus in Indaleni leben<br />

noch sechs weitere Personen: fünf Erwachsene<br />

aus der entfernten Verwandtschaft;<br />

einer von ihnen hat einen 13-jährigen<br />

Sohn. Sie sitzen oft im Gefängnis, sind<br />

alkohol- und drogensüchtig, beteiligen<br />

sich nicht an der Hausarbeit und ver-<br />

langen von Gogo, dass sie für sie sorgt.<br />

Die Großmutter bekommt nur eine kleine<br />

Rente – und soll davon elf Menschen<br />

durchbringen.<br />

Gogo Emily kennt die Nöte dieser Familie.<br />

Sie kommt regelmäßig vorbei, bringt frisches<br />

Gemüse und Obst aus ihrem Garten<br />

mit und fährt mit Gogo Lelethu ins<br />

Krankenhaus, wenn es ihr schlecht geht.<br />

Die 63-Jährige ist ehrenamtliche Mitarbeiterin<br />

von Thandanani. Die Organisation<br />

ist eines von über 100 Mitgliedern<br />

im Netzwerk CINDI, „The Children in<br />

Distress Network“. Sie unterstützen von<br />

HIV/Aids betroffene Kinder in KwaZulu-<br />

Natal. Die <strong>Kindernothilfe</strong> fördert seit<br />

2005 über CINDI zehn Nicht-Regierungs-<br />

„Ich habe ein Haus und genug zu essen.<br />

Jetzt kann ich in Frieden sterben.“<br />

*Der Name wurde von der Redaktion geändert<br />

organisationen, die rund um Pietermaritzburg<br />

mit Familien arbeiten, die von HIV/<br />

Aids betroffen sind.<br />

Gogo Emily, eine ehemalige Arzthelferin,<br />

hat einen großen Garten, in dem sie<br />

Möhren, Kartoffeln, Spinat, Kohl, Erbsen,<br />

Kräuter und vieles mehr anbaut. Den<br />

Samen bekommt sie von Bauern aus der<br />

Gegend geschenkt, die ihr auch einen<br />

Wassertank zur Bewässerung aufgestellt<br />

haben. Drei Leute aus dem Dorf helfen<br />

ihr, das große Gelände zu bewirtschaften.<br />

Jeden Freitag herrscht großes Gedränge<br />

in ihrem Garten: Dann verteilt sie Obst<br />

und Gemüse an die Aids-Waisen und ihre<br />

Familien. Sie bringt ihnen auch bei, wie<br />

sie Joghurt und Vaseline selbst herstellen<br />

können. „Wir hoffen, dass andere sich von<br />

Emilys Hilfsbereitschaft anstecken lassen<br />

und ihr nacheifern“, sagt Thandanani-<br />

Direktor Duncan Andrew. Rund 5,5 Millionen<br />

der 47 Millionen Südafrikaner sind<br />

mit HIV infiziert, schätzt UNAIDS, das<br />

Aids-Bekämpfungsprogramm der Vereinten<br />

Nationen. Männer werden im Durchschnitt<br />

nur noch 47, Frauen 49 Jahre alt.<br />

Zwischen 1997 und 2004 hat sich die Sterblichkeitsrate<br />

südafrikanischer Frauen zwischen<br />

20 und 39 Jahren durch Aids mehr<br />

als verdreifacht. 1,2 Millionen Kinder unter<br />

18 Jahren haben durch Aids ihre Eltern<br />

verloren.<br />

August 2007: Gogo Lelethu und ihre vier<br />

Enkel wohnen inzwischen in einem richtigen<br />

Steinhaus mit zwei Zimmern, das<br />

Thandanani ihnen gebaut hat. Junge<br />

ehrenamtliche Mitarbeiter der Organisation<br />

kümmern sich regelmäßig um die<br />

Familie. Zurzeit helfen sie Gogo, die erforderlichen<br />

Papiere zusammenzustellen,<br />

damit sie alle staatlichen Zuschüsse für<br />

ihre Familie bekommt, die ihr zustehen.<br />

Bisher haperte es daran, dass es für die verstorbenen<br />

Kinder keinen Totenschein gab.<br />

Thulani und Njongo gehen zur Schule.<br />

Ein Gesundheitshelfer kümmert sich um<br />

die medizinischen Belange der Familie.<br />

Jeden Monat erhält Gogo Lebensmittel<br />

geschenkt. Beim letzten Besuch eines<br />

Thandanani-Mitarbeiters in ihrem neuem<br />

Häuschen strahlte sie ihn an: „Ich habe<br />

ein Haus und genug zu essen. Jetzt kann<br />

ich in Frieden sterben.“<br />

Thulani und Njongo haben durch den Tod<br />

der Eltern viel Schweres erlebt. Bis heute<br />

haben sie dieses Trauma nicht verar-<br />

In diesem baufälligen Haus wohnten Gogo Lelethu und ihre zehn Verwandten.<br />

Projekt: 7293/AA/50<br />

<strong>Kindernothilfe</strong> Magazin 4/2007 27

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