verheerende Katastrophen Aktuelle Meldungen ... - Kindernothilfe
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10<br />
Haile und Tesfa, Belaye und Darfatha sind<br />
Schuhputzer. Ihr Alltag heißt Arbeit, sie<br />
schlagen sich irgendwie durch. Wie ihnen<br />
geht es rund 16 Millionen Mädchen und<br />
Jungen in Äthiopien. Sie schuften als<br />
Schuhputzer, Dienstmädchen oder Straßenhändler.<br />
Viele von ihnen haben nicht<br />
einmal Kontakt zu ihren Familien. Mädchen<br />
sind sexuellen Übergriffen schutzlos<br />
ausgesetzt. Ihr Leben wird bestimmt<br />
durch Bandenkämpfe, Prostitution, Drogen.<br />
Viele Kinder leiden unter Mangelernährung<br />
oder sind HIV-positiv. Die Kin-<br />
dernothilfe-Partner OPRIFS und MCDP<br />
bieten rund 800 Straßenmädchen Schutz<br />
und neue Perspektiven. Eine Zuflucht auf<br />
Zeit, Begleitung und Unterstützung durch<br />
Sozialarbeiterinnen, medizinische Versorgung,<br />
Schul- und Ausbildungsangebote:<br />
All das trägt dazu bei, die Mädchen vor<br />
Ausbeutung und Missbrauch zu bewahren.<br />
Bundeskanzlerin Angela Merkel besuchte<br />
OPRIFS im Oktober und überzeugte<br />
sich von der guten Arbeit des<br />
<strong>Kindernothilfe</strong>-Partners (siehe S. 11 und 31).<br />
Inmitten ihrer Probleme kämpfen sich<br />
die Kinder und Jugendlichen durch. Sie<br />
meistern ihre Leben trotz widriger Um-<br />
<strong>Kindernothilfe</strong> Magazin 4/2007<br />
Marina Hatzistarridis, 8 Jahre alt, und Cindy<br />
Käsler, 12 Jahre alt<br />
„Benutzt ihr in der Schule zum<br />
Lernen Bücher, Hefte und Stifte?“<br />
Haile Michael Bekele, 16 Jahre alt<br />
„Seit ich vom Land in die<br />
Stadt gekommen bin und<br />
arbeite, gehe ich nicht<br />
mehr in die Schule. Ich habe keine<br />
Ausweispapiere. Aber die Schulkinder<br />
benutzen Bücher und Hefte.“<br />
stände. Die <strong>Kindernothilfe</strong> setzt bewusst<br />
darauf, die Stärke der Kinder und Jugendlichen,<br />
aber auch ihrer Mütter und anderer<br />
Frauen zu nutzen. In „Mädchen-<br />
Clubs“ lernen die jungen Frauen, über<br />
ihre Probleme zu sprechen und ihre Erlebnisse<br />
zu verarbeiten. Frauengruppen<br />
geben den Mädchen rechtlichen Beistand,<br />
arbeiten bei der Aufklärung über<br />
Gewalt und Missbrauch in ihren Wohngebieten<br />
mit.<br />
Einer, der genau weiß, wie viel arbeitende<br />
Kinder bewegen können, ist Dawit<br />
Diese Kinder sind arm.<br />
Aber sie glauben wirklich an sich.<br />
Shanko. „Sie glauben an sich. Sie wissen,<br />
dass sie zwar arm sind, aber sie wissen<br />
auch, dass sie kämpfen können und nicht<br />
herumsitzen dürfen, sondern alles tun<br />
müssen, damit eine bessere Zukunft<br />
kommt“, sagt der Gründer von Listros. Er<br />
stammt aus Addis Abeba. Als Kind verdiente<br />
er sein Geld als Schuhputzer. Später<br />
bekam er ein Stipendium für ein Studium<br />
in der DDR und wurde Bauingenieur.<br />
Seit 20 Jahren lebt er in Berlin.<br />
Seine Zeit als Schuhputzer hat er nie vergessen.<br />
Darum hat er Listros gegründet.<br />
„Listros“ heißt der Holzkasten, in dem<br />
die Schuhputzer ihre Utensilien trans-<br />
portieren. Mit der <strong>Kindernothilfe</strong> hat<br />
Listros einen Ideenwettbewerb für arbeitende<br />
Kinder und Jugendliche in Äthiopien<br />
ausgelobt. Die Mädchen und Jungen<br />
sollten Vorschläge machen, wie sich<br />
ihr Leben verbessern könnte. Die Kinderarbeiter<br />
haben Bilder, Texte und Theaterstücke<br />
eingereicht, mit denen sie ihre<br />
Ideen dokumentieren. Zurzeit sucht eine<br />
Jury aus Politikern, Journalisten und anderen<br />
Experten in Äthiopien die besten<br />
Beiträge aus. Als Hauptpreis ist eine Reise<br />
durch Äthiopien vorgesehen, bei der zehn<br />
Kinder zum ersten Mal ihr Land außerhalb<br />
ihrer Stadt kennenlernen. Die beiden<br />
Jugendlichen mit den besten Beiträgen<br />
gewinnen eine vierjährige Ausbildung an<br />
einem Tourismus-College. 6 000 Kinder<br />
und Jugendliche haben an dem Wettbewerb<br />
teilgenommen – darunter auch<br />
Kinder aus Projekten der <strong>Kindernothilfe</strong>.<br />
Sie wollen daran mitarbeiten, dass sich<br />
ihr Leben zum Guten verändert. Denn ihre<br />
Zukunft soll nicht unter einer Plastikplane<br />
auf dem Bürgersteig enden.<br />
Katja Korf, Redakteurin<br />
Katja.Korf@knh.de<br />
Foto: Bundesregierung/Guido Bergmann<br />
Nachgefragt bei Edith Gießler<br />
Referat Afrika<br />
Die <strong>Kindernothilfe</strong> fördert einen Ideenwettbewerb<br />
in Äthiopien. Könnte man<br />
den Kindern nicht anders besser helfen –<br />
mit Mahlzeiten oder Kleidung?<br />
Wir betrachten Kinder und Jugendliche<br />
nicht als Objekte, sondern als eigenständige<br />
Persönlichkeiten und Träger von<br />
Rechten. Sie können uns am besten sagen,<br />
was sie am dringendsten benötigen. Die<br />
<strong>Kindernothilfe</strong> und ihre Partner hören<br />
genau zu und verhelfen den Mädchen<br />
und Jungen dann zu ihrem Recht. Dazu<br />
gehören natürlich auch Mahlzeiten und<br />
Kleidung, wenn das die dringlichsten Bedürfnisse<br />
sind, die die Kinder äußern.<br />
Unser Partner OPRIFS zum Beispiel bietet<br />
in Addis Abeba Straßenmädchen ein<br />
Schutzhaus, Unterkunft, Nahrung und medizinische<br />
Versorgung, aber auch eine Ausbildung<br />
und psychologische Betreuung.<br />
Warum ist es so wichtig, Kinder bei der<br />
Planung und Durchführung eines Projektes<br />
miteinzubeziehen?<br />
Die Mädchen und Jungen wissen am<br />
besten, was sie brauchen. Erwachsene<br />
kommen oft gar nicht auf die Lösungen,<br />
Kinderarbeit<br />
Artikel 12: „Die Vertragsstaaten sichern dem Kind, das fähig ist, sich eine eigene<br />
Meinung zu bilden, das Recht zu, diese Meinung in allen das Kind berührenden<br />
Angelegenheiten frei zu äußern, und berücksichtigen die Meinung des Kindes<br />
angemessen und entsprechend seinem Alter und seiner Reife.“<br />
die die Kinder vorschlagen. Zum Beispiel<br />
die Schuhputzer in Addis Abeba: Als Außenstehender<br />
würde man vielleicht fordern,<br />
Kinderarbeit zu verbieten. Aber die Jugendlichen<br />
wünschen sich eventuell besseres<br />
Material zum Schuheputzen. So<br />
können sie mehr Geld verdienen, um wenigstens<br />
halbtags zur Schule gehen.<br />
Würde dagegen die Kinderarbeit verboten,<br />
ständen die Familien vor dem wirtschaftlichen<br />
Ruin. Das Beispiel zeigt: Es ist<br />
wichtig, Kinder und Jugendliche nach<br />
ihrer Meinung zu fragen. Außerdem identifizieren<br />
sich Mädchen und Jungen sehr<br />
stark mit einem Projekt, wenn sie bei der<br />
Planung miteinbezogen werden. Sie tragen<br />
die Arbeit mit, fühlen sich verantwortlich<br />
und geben die Inhalte weiter.<br />
Bundeskanzlerin Angela Merkel besuchte im Oktober das Projekt von OPRIFS für ehemalige Straßenmädchen in Addis Abeba.<br />
<strong>Kindernothilfe</strong> Magazin 4/2007 11