slavolinguistica 5 grammatik des polnischen - Das slavische Verb
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70 3. Phonologie Die hier vertretene Auffassung ist als relativ anzusehen und bestreitet keinesfalls die Korrektheit anderer Ansätze. Sie beruht auf der Erkenntnis, dass das phonologische System des heutigen Polnischen nicht einheitlich ist und sich in Bewegung befindet. Als eigenständige Phoneme werden /i/ und /¥/ aufgefasst. Konsequenterweise gelten alle palatalisierten Konsonanten als Varianten der nichtpalalatisierten Phoneme, weshalb (± palatalisiert) nicht zu den distinktiven Merkmalen zählt. Ausdrücke wie pyΩ und piΩ – ausgesprochen als [p¥w] und [p≤iw] – werden phonologisch als /p¥w/ und /piw/ analysiert. Würde man alternativ den Laut [¥] als kombinatorische Variante von [i] ansehen, könnten die bilabialen, labiodentalen und dentalen Konsonanten mit zusätzlicher Palatalisierung als eigenständige Phoneme angesehen werden. Das Fehlen der palatalisierten bilabialen, labiodentalen und dentalen Konsonanten im Phoneminventar bringt es mit sich, dass Wortpaare wie pasek – piasek, wesz – wiesz, tara – tiara phonologisch analysiert werden als /pÅsk/ – /pjÅsk/, /v∫/ – /vj∫/, /tÅrÅ/ – /tjÅrÅ/. Bei Aufnahme der palatalisierten Konsonanten in das Phoneminventar käme man zu einer anderen phonologischen Umschrift, nämlich /pÅsk/ – /p≤Åsk/, /v∫/ – /v≤∫/, /tÅrÅ/ – /t≤ÅrÅ/. Unter den Vokalen werden die Nasale [˜] und [C˜] nicht als eigene Phoneme angesehen. Dies hängt mit der Ansicht zusammen, dass die den Buchstaben e± und a± entsprechenden Laute in allen phonetischen Positionen biphonematisch realisiert werden (vgl. Fonetyka i fonologia 1995). Vor Plosiven und Affrikaten sind dies folgende Konsonantengruppen: /Cm/ und /m/ vor Bilabialen, /Cn/ und /n/ vor Dentalen, /C∆ / und /∆/ vor Präpalatalen und /CÑ/ und /Ñ/ vor Postpalatalen und Velaren. Vor Frikativen sind dies /CN/ und /N/, wobei im Auslaut statt /N/ auch // stehen kann. In beiden Fällen ist das Allophon für /N/ der Laut [M˜]. Viele Beschreibungen des polnischen Phonemsystems enthalten die nasalen Phoneme /˜/ und /C˜/, wenn diese Laute vor Frikativen und am Auslaut auftreten. Eine andere ebenfalls biphonematische Analyse der Nasalvokale schlägt M. Sπwidzin´ski (1997) vor, indem er das Nasalphonem [w˜] in das Phoneminventar einführt. Dieses tritt als zweites Element nach den Allophonen [] und [C] in den Gruppen /˜w˜/ und /C˜w˜/ auf. In dieser Position können außerdem Allophone der Phoneme /m/, /n/, /∆/ und /Ñ/ auftreten. Vor Frikativen würde nach Sπwidzin´ski ein Allophon der als nasalisierte Enge aufgefassten, reinen Nasalität /~/ vorliegen. Im Inventar der Phoneme fehlen /√/, /√≤/ und /Ω/, da sie zwar in Dialekten, im Standardpolnischen jedoch kaum vorkommen. Folglich betrifft die Opposition (± stimmhaft) unter den Obstruenten nicht die Phoneme /x/ und /ç/. Aufgenommen in das Inventar wurden jedoch die postpalatalen Konsonanten /c/, /F/ und /ç/, obwohl sie weitgehenden Distributionsbeschränkungen unterliegen. Dies geschieht mit Hinblick auf die fehlende Austauschbarkeit der Gruppen [k], [g], [x], [c], [F], [ç], [cj], [Fj] und [çj] in der Standardsprache. Andere Linguisten sehen [ç] als Positionsvariante des Phonems /x/ an.
3. Distribution und Kombinatorik (Dystrybucja i kombinatoryka) In der Sprache treten die einzelnen Laute fast immer in Begleitung weiterer Laute auf. Diese Kontexte sind nicht beliebig, sondern unterliegen weitgehenden Beschränkungen. Die Distribution eines Lauts ist die Menge der Umgebungen bzw. Kontexte, in denen dieser Laut auftreten kann; anders ausgedrückt: die Menge der möglichen Verbindungen mit anderen Lauten und die Position, die der Laut in solchen Strukturen wie Silbe, Morphem und Akzenteinheit einnehmen kann. Die Position zu Beginn dieser Komplexe heißt ‚Anlaut’ (nagΩos), in der Mitte ‚Inlaut’ (s´rodgΩos) und am Ende ‚Auslaut’ (wygΩos). Der Anlaut nach einer akustischen Pause und der Auslaut vor einer solchen Pause werden als absolut bezeichnet. Die Verbindungen mit anderen Lauten kommen auch an Wortgrenzen vor. Die Kombinatorik beschäftigt sich mit der Beschreibung der Kontexte, bzw. der Verbindungen mit anderen Lauten und der Positionen im Komplex, in denen es während des Sprechens zur Entstehung von Varianten kommt. Bei den Vokalen kommen folgende kombinatorische Alternationen vor: • Dehnung der Aussprache • Verlagerung nach vorn und nach oben • Nasalierung • Reduktion Bei den Konsonanten: • Verlust der Stimmhaftigkeit im Auslaut • Assimilation (progressiv oder regressiv) – im Hinblick auf Stimmhaftigkeit – im Hinblick auf die Artikulationsstelle – im Hinblick auf die Artikulationsart Assimilation bezeichnet eine Änderung in der Artikulation eines Lautes, die auf dessen teilweiser Anpassung an folgende Laute (in diesem Fall sprechen wir von progressiver Assimilation) oder an vorhergehende Laute (regressive Assimilation) beruht. Wenn sich der Laut vollständig angleicht, entsteht ein Geminat. Die progressive Assimilation ist im Polnischen auf historisch abgeschlossene Prozesse beschränkt. Die heute produktiven Assimilationserscheinungen sind immer regressiv. 22
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3. Distribution und Kombinatorik<br />
(Dystrybucja i kombinatoryka) In der Sprache treten die einzelnen Laute fast immer in<br />
Begleitung weiterer Laute auf. Diese Kontexte sind nicht beliebig, sondern unterliegen<br />
weitgehenden Beschränkungen.<br />
Die Distribution eines Lauts ist die Menge der Umgebungen bzw. Kontexte, in denen<br />
dieser Laut auftreten kann; anders ausgedrückt: die Menge der möglichen <strong>Verb</strong>indungen<br />
mit anderen Lauten und die Position, die der Laut in solchen Strukturen wie Silbe,<br />
Morphem und Akzenteinheit einnehmen kann. Die Position zu Beginn dieser Komplexe<br />
heißt ‚Anlaut’ (nagΩos), in der Mitte ‚Inlaut’ (s´rodgΩos) und am Ende ‚Auslaut’ (wygΩos).<br />
Der Anlaut nach einer akustischen Pause und der Auslaut vor einer solchen Pause werden<br />
als absolut bezeichnet. Die <strong>Verb</strong>indungen mit anderen Lauten kommen auch an Wortgrenzen<br />
vor.<br />
Die Kombinatorik beschäftigt sich mit der Beschreibung der Kontexte, bzw. der<br />
<strong>Verb</strong>indungen mit anderen Lauten und der Positionen im Komplex, in denen es während<br />
<strong>des</strong> Sprechens zur Entstehung von Varianten kommt.<br />
Bei den Vokalen kommen folgende kombinatorische Alternationen vor:<br />
• Dehnung der Aussprache<br />
• Verlagerung nach vorn und nach oben<br />
• Nasalierung<br />
• Reduktion<br />
Bei den Konsonanten:<br />
• Verlust der Stimmhaftigkeit im Auslaut<br />
• Assimilation (progressiv oder regressiv)<br />
– im Hinblick auf Stimmhaftigkeit<br />
– im Hinblick auf die Artikulationsstelle<br />
– im Hinblick auf die Artikulationsart<br />
Assimilation bezeichnet eine Änderung in der Artikulation eines Lautes, die auf <strong>des</strong>sen<br />
teilweiser Anpassung an folgende Laute (in diesem Fall sprechen wir von progressiver<br />
Assimilation) oder an vorhergehende Laute (regressive Assimilation) beruht. Wenn sich<br />
der Laut vollständig angleicht, entsteht ein Geminat. Die progressive Assimilation ist im<br />
Polnischen auf historisch abgeschlossene Prozesse beschränkt. Die heute produktiven Assimilationserscheinungen<br />
sind immer regressiv.<br />
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