slavolinguistica 5 grammatik des polnischen - Das slavische Verb
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582 8. Zur Äußerung 8.2. Satzart und Illokution Interpunktorische Sätze haben, wie oben definiert, formal-funktionale Merkmale, die zur Unterscheidung von Satzarten führen. Sätze mit Punkt werden als Aussagesätze, solche mit Fragezeichen als Fragesätze und solche mit Ausrufezeichen als Aufforderungs- bzw. Ausrufesätze bezeichnet. In der mündlichen Kommunikation entsprechen den Satzzeichen verschiedene Intonationstypen. Die mündliche Realisierung eines schriftlichen Satzes unterscheidet dann auch Aufforderungs- und Ausrufesätze. Hinzu kommen weitere formale Merkmale von Satzarten wie Wortarten (Interjektionen beim Ausrufesatz, Fragepronomen oder czy bei Fragesätzen) oder grammatische Kategorien (Imperativ bei Aufforderungssätzen). Mit der Form einer Satzart kann eine andere als die dafür typische Funktion verbunden sein. So kann als Alternative zu seiner kommunikativen Standardfunktion ein Aussagesatz eine Aufforderung enthalten, vgl. Cia˛gnie tu ‚Es zieht hier’. Eine ‚rhetorische Frage’ hat die Form des Fragesatzes, vermittelt aber eine Aussage, vgl.: Kto´z˙ tego nie wie? ‚Wer weiß das nicht.’ Czy Pan wie, jak juz˙ jest po´zńo? ‚Wissen Sie, wie spät es ist?’ Solche für Satzarten typischen und alternativen kommunikativen Funktionen von Äußerungen werden als ‚Illokutionen’ (oder ‚illokutive Sprechakte’; hier auch ‚illokutive Funktionen’) bezeichnet. Wenn einer Satzart ihre typische illokutive Funktion, anders gesagt, der für sie typische illokutive Sprechakt entspricht, dann hat • ein Ausrufesatz eine expressive Illokution; • ein Aufforderungssatz oder ein Fragesatz eine direktive Illokution; (bei Fragesätzen wird auch von ‚erotetischer’ Illokution gesprochen); • ein Aussagesatz eine repräsentative, deklarative oder kommissive Illokution. Repräsentative Funktion haben Äußerungen, an die das Wahrheitskriterium angelegt werden kann, also Aussagen, Behauptungen, Berichte, Erzählungen; mit einer deklarativen Äußerung wie einer Ernennung, einer Verurteilung, einer Taufe wird in einem institutionellen, ritualisierten Rahmen ein sozialer Status im weitesten Sinne verändert; mit einer kommissiven Äußerung geht der Sprecher eine bestimmte Verpflichtung ein, er verspricht z.B. etwas oder schließt einen Vertrag. Wenn die illokutive Funktion der Äußerung vom Sprecher in der 1. Person Präsens Aktiv ausgedrückt wird, spricht man von einer explizit performativen Funktion der Äußerung, vgl.: Niniejszym mianuje˛ Pana … ‚Hiermit ernenne ich Sie …’, Chrzcze˛ cie˛ …, ‚Hiermit taufe ich dich …’, OgΩaszam wasze maΩz˙en´stwo za zawarte. ‚Hiermit erkläre ich euch zu Mann und Frau.’ Dzie˛kuje˛ ci. ‚Ich danke dir.’ Obiecuje˛ przyjs´c´. ‚Ich verspreche, zu kommen.’
8.3. Grenzen der Äußerung 583 Mit dem Verb wird dann ausdrücklich gesagt, welcher kommunikative Akt mit dem Äußern des Satzes vollzogen wird. Die illokutiven Funktionen werden durch solche und andere Komponenten der Äußerung explizit zum Ausdruck gebracht, ihr Verständnis setzt aber darüber hinaus meist die Kenntnis und Entschlüsselung impliziter Funktionen voraus und die Anerkennung des illokutiven Aktes erfordert die Erfüllung bestimmter Vorbedingungen, z.B. eine Ernennung die entsprechende Legitimation. Dem expliziten Anteil einer Äußerungsfunktion entsprechen im Wesentlichen folgende Äußerungskomponenten: • die durch die Intonation bzw. Interpunktion des Satzes und den Modus des Prädikats vermittelte Satzart; • Prädikate mit performativer Funktion im Hauptsatz wie in Obiecuje˛ ci (nigdy wie˛cej nie …) ‚Ich verspreche dir, (ich werde nie wieder … )’, das Prädikat in To rozkaz. ‚Das ist ein Befehl.’; auch als parenthetische oder weiterführende Gliedsätze; • Partikel; • Interjektionen – sie sind Äußerungen und haben eine bestimmte, nämlich expressive illokutive Funktion. 8.3. Grenzen der Äußerung Für die schriftliche Kommunikation hatten wir gesagt, dass per Default normalerweise ein interpunktorischer Satz eine Äußerung ist. Als Ausnahmen sind oben schon genannt worden weiterführende Nebensätze Nazywaja˛ ja˛ fantastka˛, co w zasadzie odpowiada prawdzie. ‚Man nennt sie eine Märchentante, was im Prinzip der Wahrheit entspricht.’ und Parenthesen, Nazywaja˛ ja˛ – i w zasadzie odpowiada to prawdzie – fantastka˛. ‚Man nennt sie – was im Prinzip der Wahrheit entspricht – eine Märchentante.’ Sie können eine andere illokutive Funktion haben, als der Rest des Satzes. Das kann auch in einem normal nebengeordneten Satz vorkommen, vgl.: Nie jedz´ do lasu, tam jest niebezpiecznie. ‚Fahr nicht in den Wald (direktive Funktion), dort ist es gefährlich (repräsentative Funktion).’ Jeder interpunktorische Satz, und damit auch jeder einfache Satz, ist also eine Äußerung oder Teil einer Äußerung. Das Umgekehrte trifft jedoch nicht zu, vielmehr gilt, dass es Äußerungen ohne Elementarsatz gibt, vor allem solche, die aus Interjektionen, d.h. syntaktisch autonomen Wörtern oder Wortkombinationen, bestehen, u.a. Exklamationen wie O!,
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8.3. Grenzen der Äußerung 583<br />
Mit dem <strong>Verb</strong> wird dann ausdrücklich gesagt, welcher kommunikative Akt mit dem Äußern<br />
<strong>des</strong> Satzes vollzogen wird. Die illokutiven Funktionen werden durch solche und andere<br />
Komponenten der Äußerung explizit zum Ausdruck gebracht, ihr Verständnis setzt aber<br />
darüber hinaus meist die Kenntnis und Entschlüsselung impliziter Funktionen voraus und<br />
die Anerkennung <strong>des</strong> illokutiven Aktes erfordert die Erfüllung bestimmter Vorbedingungen,<br />
z.B. eine Ernennung die entsprechende Legitimation.<br />
Dem expliziten Anteil einer Äußerungsfunktion entsprechen im Wesentlichen folgende<br />
Äußerungskomponenten:<br />
• die durch die Intonation bzw. Interpunktion <strong>des</strong> Satzes und den Modus <strong>des</strong> Prädikats<br />
vermittelte Satzart;<br />
• Prädikate mit performativer Funktion im Hauptsatz wie in Obiecuje˛ ci (nigdy<br />
wie˛cej nie …) ‚Ich verspreche dir, (ich werde nie wieder … )’, das Prädikat in To<br />
rozkaz. ‚<strong>Das</strong> ist ein Befehl.’; auch als parenthetische oder weiterführende Gliedsätze;<br />
• Partikel;<br />
• Interjektionen – sie sind Äußerungen und haben eine bestimmte, nämlich expressive<br />
illokutive Funktion.<br />
8.3. Grenzen der Äußerung<br />
Für die schriftliche Kommunikation hatten wir gesagt, dass per Default normalerweise ein<br />
interpunktorischer Satz eine Äußerung ist. Als Ausnahmen sind oben schon genannt worden<br />
weiterführende Nebensätze<br />
Nazywaja˛ ja˛ fantastka˛, co w zasadzie odpowiada prawdzie. ‚Man nennt sie eine<br />
Märchentante, was im Prinzip der Wahrheit entspricht.’<br />
und Parenthesen,<br />
Nazywaja˛ ja˛ – i w zasadzie odpowiada to prawdzie – fantastka˛. ‚Man nennt sie –<br />
was im Prinzip der Wahrheit entspricht – eine Märchentante.’<br />
Sie können eine andere illokutive Funktion haben, als der Rest <strong>des</strong> Satzes. <strong>Das</strong> kann auch<br />
in einem normal nebengeordneten Satz vorkommen, vgl.:<br />
Nie jedz´ do lasu, tam jest niebezpiecznie. ‚Fahr nicht in den Wald (direktive Funktion),<br />
dort ist es gefährlich (repräsentative Funktion).’<br />
Jeder interpunktorische Satz, und damit auch jeder einfache Satz, ist also eine Äußerung<br />
oder Teil einer Äußerung. <strong>Das</strong> Umgekehrte trifft jedoch nicht zu, vielmehr gilt, dass es<br />
Äußerungen ohne Elementarsatz gibt, vor allem solche, die aus Interjektionen, d.h. syntaktisch<br />
autonomen Wörtern oder Wortkombinationen, bestehen, u.a. Exklamationen wie O!,