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slavolinguistica 5 grammatik des polnischen - Das slavische Verb

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7. <strong>Verb</strong>en<br />

‚er hat gesprochen’ oder przeczytaΩ list ‚er hat den Brief gelesen’ ein Ereignis bezeichnet<br />

wird, heißt das für den Hörer oder Leser, dass das, was im nächsten pf. Prädikat genannt<br />

wird, eine neue Situation ist, die der vorher genannten folgt. Daher wird eine Abfolge von<br />

Prädikaten wie zamkna˛Ω drzwi i przeczytaΩ list ‚schloss die Tür und las den Brief’ als<br />

Handlungssequenz verstanden. Demgegenüber wird eine Abfolge von ipf. Prädikaten mit<br />

(progressiver) Verlaufsfunktion, vgl. kiedy ona juz˙ mo´wiΩa o gos´ciu, on jeszcze zamykaΩ<br />

drzwi ‚während sie schon über den Gast sprach, machte er noch die Tür zu’ als zeitlicher<br />

Parallelismus verstanden.<br />

Gehen wir noch einmal zur lexikalischen Ebene zurück und betrachten atelische<br />

<strong>Verb</strong>en wie chodzic´ ‚herumlaufen’ oder mo´wic´ ‚sprechen (mit)’. Ihre atelische lexikalische<br />

Bedeutung impliziert einen Verlauf, also eine Situation, die aus mehreren Phasen besteht.<br />

Es ist ein atelischer Verlauf, einer, der nicht auf eine bestimmte sachliche ‚Grenze’ hinsteuert,<br />

wie wir das bei zamykac´ ‚zumachen’ gesehen haben. Durch Präfigierung mit poerhält<br />

das ipf. mo´wic´ ‚sprechen’ den pf. Aspektpartner pomo´wic´ ‚(eine Zeit lang) sprechen<br />

(mit)’. (Wenn mo´wic´ die lexikalische Bedeutung ‚sagen’ hat, ist es telisch und hat einen<br />

anderen pf. Aspektpartner, powiedziec´.) Bei pf. Derivaten wie pomo´wic´ ist das Ereignis<br />

nicht lexikalisch, sondern grammatisch gesetzt. Die Ereignis-Gestalt ist nicht durch einen<br />

abgeschlossenenen Sachverhalt begründet, sondern als eine rein zeitliche zu verstehen. <strong>Das</strong><br />

ipf. <strong>Verb</strong> mo´wic´ hat, wie das ipf. zamykac´, eine Reihe potenzieller Funktionen, darunter die<br />

progressive, die erst in ihrem Satzkontext, auf der syntaktischen Ebene, spezifiziert werden.<br />

Auf der textuellen Ebene spielt dann die Frage, ob das <strong>Verb</strong> telisch oder atelisch ist,<br />

keine wesentliche Rolle mehr, hier steht der Unterschied zwischen den syntaktischen<br />

Funktionen <strong>des</strong> pf. und ipf. Aspekts im Vordergrund.<br />

Die Ebenen sind auch wichtig für die Korrelierung von Aspektpartnern und -paaren.<br />

Dies zeigt sich deutlich zunächst bei diffuser, telisch-atelischer lexikalischer Bedeutung.<br />

Da sie im Hinblick auf die Telizität nicht eindeutig ist, ist erst mit Kontext zu erkennen,<br />

ob die dargestellte Situation telisch oder atelisch ist oder diffus bleibt. Wie gesehen,<br />

wird mit dem Objekt list in przeczytaΩ list ‚hat den/einen Brief gelesen’ eine sachliche<br />

Grenze geliefert. Ist der Brief gelesen, kann er nicht weiter gelesen werden, so wenig, wie<br />

die Tür im Falle von zamkna˛Ωem weiter geschlossen werden kann. Die dargestellte Situation<br />

ist damit telisch. <strong>Das</strong> diffuse telisch-atelische <strong>Verb</strong> czytac´ wird mit solchem Kontext,<br />

also erst auf der syntaktischen Ebene, ein telisches Prädikat. Erscheint ein Objekt listy mit<br />

indefiniter Funktion (czytaΩ listy ‚las Briefe’), dann wird mit dem Kontext keine sachliche<br />

Grenze gesetzt und wir haben es mit einem atelischen Prädikat zu tun.<br />

Während diese Konturierung der diffusen Bedeutung <strong>des</strong> ipf. <strong>Verb</strong>s czytac´ ‚lesen’<br />

zu einem telischen oder atelischen Prädikat erst auf der syntaktischen Ebene geschieht,<br />

kann die Konturierung auch durch Präfigierung, damit auf der morphologischen Ebene,<br />

geschehen. Przeczytac´ ist der telische Aspektpartner, poczytac´ der atelische Aspektpartner<br />

zu czytac´. Przeczytac´ muss, da es telisch ist, einen entsprechenden, die ‚sachliche Grenze’<br />

bezeichnenden, telischen Kontext haben, z.B. list ‚den Brief’; poczytac´ muss einen atelischen<br />

Kontext haben (der auch in der Abwesenheit eines Objekts bestehen kann). Wir ha-

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