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COMPACT-Magazin 05-2017

Der Osten leuchtet. Was der Westen lernen kann

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<strong>COMPACT</strong> Dossier<br />

schleiert verlässt sie heute noch das Haus – wenn<br />

überhaupt. Hüsrev Y., ihr 26-jähriger Ehemann, wurde<br />

in Deutschland geboren. 2013 bekam er – zusätzlich<br />

– den deutschen Pass, doch integriert hat er sich<br />

nie. Je mehr er sich zum Islam hinwandte, umso länger<br />

wurde sein Bart und umso stärker sein Hass auf<br />

unsere Rechts- und Werteordnung.<br />

Als ihm sein jugendliches Leben als Desperado<br />

nicht mehr gottgefällig genug war, radikalisierte er<br />

sich, wurde zum frömmelnden Moslem mit missionarischem<br />

Eifer. «Nach Angaben der Staatsanwaltschaft<br />

war der Mann aus Senden seit Herbst 2015<br />

Mitglied der inzwischen verbotenen Aktion Lies!<br />

in Ulm. Regelmäßig habe er sich an den kostenlosen<br />

Koranverteilungen in der Ulmer Innenstadt beteiligt»,<br />

berichtete der Bayerische Rundfunk. Bald<br />

reichte ihm jedoch auch das nicht mehr. Er begann,<br />

Anschläge auszutüfteln, baute Bomben, hielt Kontakt<br />

zu militanten Glaubensbrüdern, schickte ihnen<br />

Geld. Laut Staatsanwaltschaft wollte der Angeklagte<br />

im Oktober 2015 nach Syrien in den Dschihad ziehen,<br />

Ankara verweigerte ihm jedoch die Einreise.<br />

«Er hat gedroht, mir die Kehle<br />

durchzuschneiden.» Natascha<br />

Seit etwas über einem Jahr sitzt er als verurteilter<br />

IS-Terrorist in einem deutschen Gefängnis. Ein<br />

Beamter sagt vor Gericht aus, dass Hüsrev mehrfach<br />

die klare Absicht geäußert habe, «im Kampf<br />

für Allah zu sterben». Abgehörte Telefonate bringen<br />

allerhand Gruseliges ans Licht: «Möge Allah<br />

Euch schützen, wir sehen uns im Paradies», sagte<br />

er zu einem Mitstreiter. Oder: «Wir sind Muslime,<br />

wir sind vom Islamischen Staat.» Von Reue ist<br />

nichts zu spüren. Im Knast feiern ihn seine muslimischen<br />

Zellengenossen wie einen Märtyrer. Für<br />

Corrina ist er «ein richtiger Psychopath, der nichts<br />

mehr zu verlieren hat».<br />

Wie er und Natascha sich kennengelernt haben?<br />

Die Antwort lässt tief blicken. Hüsrev – ein in der<br />

Nachbarschaft bekannter Halbstarker, der zeitweise<br />

sogar als Kuttenträger der Black Jackets, eines<br />

Clubs von Migranten-Rockern, aktiv war – hat Streit<br />

mit Ramon, einem von Corrinas Söhnen. «Das muss<br />

so vor zehn Jahren gewesen sein.» Was zunächst<br />

nicht viel mehr ist als eine Meinungsverschiedenheit,<br />

endet mit einem Polizeieinsatz im Morgengrauen.<br />

Hüsrev verfolgt Ramon in der besagten Nacht<br />

und brüllt, unten vor dem Haus stehend, in den dritten<br />

Stock hinauf: «Komm runter, ich mach Dich kalt!»<br />

hinunter, er solle sich verziehen, sonst rufe sie die<br />

Polizei. Mehrmals schießt der wildgewordene Osmane<br />

daraufhin mit einer scharfen Waffe durch die<br />

geschlossene Eingangstür. Das Holz splittert, die<br />

Nachbarn verständigen die Polizei. Die kommt bald,<br />

vernimmt Zeugen, doch der Schütze ist längst über<br />

alle Berge. «Da ist nie wieder irgendetwas gekommen»,<br />

sagt Corrina. Keine Anklage. Kein Prozess.<br />

Keine Verurteilung. Die Ermittlungen gegen Hüsrev<br />

versanden – vorerst.<br />

Verliebt in einen Gotteskrieger<br />

Zeitsprung: Fünf Jahre sind vergangen. Natascha<br />

hat sich von ihrem ersten Mann getrennt, steht mit<br />

der neunjährigen Tochter Kaylee alleine da. Irgendwann<br />

bringt sie einen neuen Freund mit nach Hause.<br />

Es ist Hüsrev. Corrina erkennt den kurzgewachsenen<br />

Türken nicht wieder. Die Vorgeschichte mit der Schießerei<br />

vor dem Haus ist der Tochter natürlich noch<br />

präsent, als sie den kriminellen Macho in ihr Elternhaus<br />

lässt, doch sie klärt ihre Mutter nicht auf. Von<br />

ihrem Sohn Ramon erfährt sie bald, wer der neue<br />

Liebhaber wirklich ist. «Da bin ich dann ausgetickt»,<br />

gibt Corrina zu. Ihrer Tochter geigt sie die Meinung:<br />

«Bist Du nicht ganz dicht, mit jemandem anzukommen,<br />

der auf Deinen Bruder schießen wollte?»<br />

Was in Natascha gefahren ist, darüber kann die<br />

Mutter heute nur mutmaßen. «Verliebt, blind, was<br />

weiß ich», seufzt sie. Genützt hat ihr Protest gar<br />

nichts. Ihre Jüngste bleibt Hüsrev verfallen. Bald<br />

taucht der erneut vor ihrer Haustür auf, diesmal alleine.<br />

In der Hand hält er einen Koran, und aus seinem<br />

von wildem Bartwuchs umschlossenen Mund<br />

quillt der Satz: «Schmeiß deine scheiß Bibel weg,<br />

ich hab‘ Dir einen Koran mitgebracht.» Corrina,<br />

selbst gläubige Christin, reagiert ungehalten, es<br />

fallen Sätze wie «Verpiss Dich bloß».<br />

Der 1987 erschienene Bericht von<br />

Betty Mahmoody erzählt die wahre<br />

Geschichte einer Frau, die ihrem<br />

moslemischen Ehemann in den Iran<br />

folgt. Das Buch wurde 1991 verfilmt.<br />

Foto: Bastei Lübbe<br />

Corrina Jacker, gelernte Friseurin<br />

und leidenschaftliche Mutter<br />

von fünf Kindern, veröffentlichte<br />

2014 ein Buch mit dem Titel «Irmas<br />

Erinnerungen – Aus meiner Kindheit<br />

und Jugend», in dem sie die<br />

Geschichte ihrer Familie und ihres<br />

Großvaters in russischer Kriegsgefangenschaft<br />

verarbeitet (Novum<br />

Verlag, 23,90 Euro). Foto: privat<br />

Corrina hindert ihren Sohn daran, der Provokation<br />

nachzugeben, öffnet das Fenster und schreit<br />

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