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COMPACT-Magazin 05-2017

Der Osten leuchtet. Was der Westen lernen kann

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Meine Tochter liebt einen Terroristen<br />

_ von Marc Dassen<br />

50<br />

Corrina Jacker ist gefangen in einem Albtraum. Ein türkischer IS-<br />

Kämpfer hat ihre Tochter unters Kopftuch gezwungen und bedroht<br />

sie mit dem Tod. Derzeit ist der Terrorist wegen Vorbereitung eines<br />

Bombenanschlags in Haft, doch in Kürze kommt er raus. Eine<br />

Familientragödie aus Merkels bunter Republik.<br />

Seit 2011 verteilte die Salafistentruppe<br />

Die wahre Religion Korane<br />

in Deutschland. 2016 wurde die<br />

Gruppe verboten. Foto: picture alliance<br />

/ dpa<br />

«Möge Allah Euch<br />

schützen, wir<br />

sehen uns im<br />

Paradies.» Hüsrev<br />

Ein Hotelzimmer irgendwo in Deutschland. Das<br />

Treffen mit Corrina Jacker kann nur unter strikter Geheimhaltung<br />

stattfinden. Seit vor etwa fünf Jahren<br />

ihr Kampf um die eigene Familie begann, lebt sie<br />

in Angst. Ihrer bayerischen Heimatstadt Neu-Ulm<br />

musste die fünffache Mutter den Rücken kehren,<br />

ihren Freunden, ihrer Familie Lebewohl sagen. Sie<br />

lebt heute an einem geheimen Ort und von der Unterstützung<br />

einer Gruppe mutiger Helfer, die sie beschützen<br />

und ihr geben, was sie können: Resistance<br />

D. (siehe Infobox Seite 49) Angespannt gehe ich<br />

in dem kleinen Raum auf und ab, warte auf den Anruf<br />

der Kontaktperson. Es ist kurz nach zwölf. Das<br />

Handy vibriert. Ich gebe die Zimmernummer durch.<br />

Wenig später klopft es an der Tür.<br />

Corrina, eine schlanke Frau mit langen dunklen<br />

Haaren und einer großen Sonnenbrille, schüttelt mir<br />

die Hand. Sie trägt schwarz und sieht aus, als hätte<br />

sie seit langer Zeit nicht mehr ruhig geschlafen.<br />

Die 55-Jährige ist nervös, ihr Händedruck kalt und<br />

schwächlich, ihr Lächeln gequält. Im Schlepptau hat<br />

sie zwei ihrer Beschützer, einen stämmigen Mann<br />

mit breiten Schultern und eine resolute, junge Frau<br />

mit Piercings und Tattoos. Bevor sie eintreten, kontrollieren<br />

sie die Gänge und unterrichten einen dritten<br />

Mitstreiter, der sich unten am Hoteleingang postiert<br />

hat, per Funk über die Lage.<br />

Was ich in den nächsten zwei Stunden zu hören<br />

bekomme, wird mich die nächsten Wochen nicht<br />

mehr loslassen. Corrinas Geschichte taugt als Drehbuch<br />

für einen düsteren Thriller. In der Hauptrolle:<br />

ein junges Mädchen, das sich in die Hände eines Islamisten<br />

begibt. Immer tiefer und tiefer drängt er sie<br />

in seine islamische Parallelwelt, in ein Leben, das<br />

von der Scharia, den Sitten und Gebräuchen der türkischen<br />

Familie, von Ehre, Respekt und dem Hass auf<br />

Ungläubige geprägt ist. Je tiefer sie in diese Parallelwelt<br />

hinabsinkt, je größer ihre Abhängigkeit von<br />

ihrem Salafisten-Freund wird, umso weiter entfernt<br />

sie sich von der eigenen Mutter. Die geht an dieser<br />

Tragödie langsam zu Grunde.<br />

Dschihad gegen die Familie<br />

Frau Jacker hat zwei Töchter, drei Söhne und<br />

schon vier Enkelkinder. Ihre Mädchen – die eine<br />

mittlerweile 36, die andere 27 Jahre alt – haben<br />

beide türkische Männer geheiratet. Während das<br />

bei der älteren kein großes Problem darstellt, da ihr<br />

Gatte kaum religiös lebt, ist die Situation der jüngeren<br />

Tochter Natascha eine völlig andere. Nur ver-

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