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COMPACT-Magazin 05-2017

Der Osten leuchtet. Was der Westen lernen kann

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Pommerland ist nicht abgebrannt<br />

_ von Anna Förster<br />

Ein Geschichtsexorzismus wütet in Greifswald: Die Ernst-Moritz-Arndt-Universität soll<br />

umbenannt werden, fordern Honoratioren aus dem Westen, denn der Namenspatron sei<br />

ein Nazi. Die Bürger aber halten an dem Dichter fest, denn auch die DDR verehrte ihn.<br />

Die Posse um die Umbenennung der Ernst-Moritz-Arndt-Universität<br />

wird, offenbar wegen des großen<br />

Erfolges, fortgesetzt. Zur Erklärung für alle, die<br />

nicht in den Genuss gekommen sind, dieses Schauspiel<br />

aus der Nähe zu verfolgen: Am 18. Januar <strong>2017</strong><br />

beschloss der Senat der Hochschule mit Zweidrittelmehrheit,<br />

dass diese den vorpommerschen Dichter<br />

der Befreiungskriege Arndt (1769–1860) künftig<br />

nicht mehr im Namen führen solle. Dieser Beschluss<br />

wurde am 15. März vom Bildungsministerium unter<br />

Berufung auf Formfehler gekippt. Das ficht die Universitätsleitung<br />

aber ebenso wenig an wie der erbitterte<br />

Bürgerprotest gegen die Umbenennung. In<br />

einer Stellungnahme weist sie darauf hin, dass sie<br />

die Absicht hat, unbeirrt weiterzumachen und nach<br />

Beseitigung der formalen Mängel eine neue Offensive<br />

zu starten. Des Pudels Kern: Arndt sei ungeeignet,<br />

für eine «weltoffene Universität» zu stehen.<br />

Die Bemühungen, den Namenspatron zu entthronen,<br />

sind hartnäckig, das Prozedere offenbar<br />

von langer Hand vorbereitet: Nachdem schon 1998<br />

Die Zeit als Zentralorgan des zwangsglobalisierenden<br />

Mainstreams gegen Arndt geeifert hatte, beschloss<br />

2009 das – dazu nicht befugte – Studentenparlament<br />

die Ablegung des Namens. 2010 gelang<br />

es den Aktivisten, das Ansinnen in den Senat zu<br />

tragen, der sich damals mit der Begründung verweigerte,<br />

Arndt sei ein «vorbildlicher und publizistisch<br />

wirksamer Streiter für soziale Gerechtigkeit, für<br />

mehr Demokratie und Verfassungsrechte, für Meinungs-<br />

und Pressefreiheit» gewesen, zudem «auch<br />

zu DDR-Zeiten eine Identifikationsfigur für die deutsche<br />

Einheit».<br />

Die Gründe, die die Befürworter einer Aberkennung<br />

vortragen, sind die erwartbaren. Literaturkritiker<br />

Tilman Krause zieht sich auf Welt Online am<br />

Jahr der Namensgebung 1933 hoch: Der Name sei<br />

«eine höchst ambivalente Zier, die schon aufgrund<br />

ihrer Inauguration im Jahr des deutschen Unheils<br />

hätte stutzig machen können.» Benedikt Erenz jubelt<br />

auf Zeit Online: «Recht so. Weg damit! Weg mit<br />

der Schande, dass eine ehrwürdige, der freien weltweiten<br />

Wissenschaft verpflichtete Universität den<br />

Namen eines germanomanen Schwätzers und frömmelnden<br />

rassistischen Hetzers tragen muss, dessen<br />

einzige wissenschaftliche und literaturgeschichtliche<br />

Bedeutung in seinem Beitrag zur nationalistischen<br />

Ideologie des 19. Jahrhunderts liegt.»<br />

Das 1856 errichtete Denkmal ist<br />

zwar dem Greifswalder Bürgermeister<br />

Heinrich Rubenow (um<br />

1400–1462) gewidmet. Doch auch<br />

Arndt bekam am Sockel seinen<br />

Platz. Foto: Stefan Dinse/shutterstock.com<br />

«Recht so. Weg damit!<br />

Weg mit der<br />

Schande…» <br />

Zeit Online über Arndt<br />

_ Anna Förster ist freie Publizistin<br />

und lebt in Vorpommern.<br />

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