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Nr. 4/2017

Fachjournal für zeitgenössisches Bauen

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HEIZUNG, LÜFTUNG, KLIMA, SANITÄR<br />

Eisspeicher heizt Wohn- und Geschäftshaus<br />

Investition in die Zukunft!<br />

Thermische Solarkollektoren liefern im<br />

Sommer am meisten Wärme, im Winter,<br />

wenn die Wärme am meisten benötigt<br />

wird, ist die Wärmegewinnung bedeutend<br />

kleiner. Im Eisspeicher wird darum<br />

die Wärme des Sommers gelagert, um sie<br />

im Winter zu nutzen.<br />

Daniel Philippen vom Institut für Solartechnik der HSR (Rapperswil SG) auf dem Dach des EWJR-Neubaus in Jona SG mit den<br />

Sonnenkollektoren. (Bild: Peter Blöchlinger, Uznach SG)<br />

Autor: Peter Blöchlinger, Uznach SG<br />

Angenehme Wärme das ganze Jahr aus<br />

Sonnenkollektoren und Eisspeicher: Nach<br />

dem Prototyp im Kindergarten an der Säntisstrasse<br />

in Jona-Rapperswil SG haben<br />

die Elektrizitätswerk Jona-Rapperswil AG<br />

(EWJR) und die Hochschule für Technik in<br />

Rapperswil SG (HSR) das neue Heizsystem<br />

mit hohem Wirkungsgrad im neu erbauten<br />

Wohn- und Geschäftshaus des EWJR<br />

am Lattenhofweg 4 in Jona SG eingesetzt.<br />

Heizen mit Eisspeicher klingt komisch oder<br />

zumindest gewöhnungsbedürftig. Wie soll<br />

ein Wohn- und Geschäftshaus mit sieben<br />

Wohnungen und ebenso viel Geschossfläche<br />

für Büros und Gewerbe im Winter mit Eis<br />

gewärmt werden? Das Prinzip ist zwar nicht<br />

ganz neu, doch setzen die Elektrizitätswerk<br />

Jona-Rapperswil AG (EWJR) und das Institut<br />

für Solartechnik der Hochschule für Technik<br />

in Rapperswil SG (HSR) mit Projektleiter Daniel<br />

Philippen das System zur Marktreife durch.<br />

Nach der Testanlage im Kindergarten an der<br />

Säntisstrasse in Jona-Rapperswil SG ist das Anlagenkonzept<br />

optimiert worden.<br />

Wärme aus Sonnenkollektoren wird<br />

gespeichert<br />

Das Prinzip der Wärmegewinnung ist genial:<br />

Auf dem Dach des neuen Mehrfamilienhauses<br />

am Lattenhofweg 4 in Jona SG generieren unverglaste<br />

Sonnenkollektoren mit einer Fläche<br />

von 120 m² bei Sonnenschein Wärme. Überschüssige<br />

Wärme wird in einen 200 Kubikmeter<br />

grossen Betonraum direkt neben der Tiefgarage<br />

geführt. Dieser Betontank, etwa eine<br />

Garage für fünf Autos gross, ist ein Latentwärmespeicher,<br />

der auch Eisspeicher genannt<br />

Das neue Wohn- und Geschäftshaus der EWJR AG (Modellaufnahme).<br />

(Bild: Tobias Ziegler, Ziegler+Partner Architekten<br />

AG, Jona SG)<br />

wird. Dafür wurden am Boden 42 Wärmetauscher<br />

montiert. Die 1,8 m² grossen Elemente<br />

sind mit Frostschutzmittel gefüllt. Am 15. Februar<br />

<strong>2017</strong> wurde der Raum mit 200 000 Liter<br />

Wasser gefüllt. Das Wasser wird durch die Wärmeaustauscher<br />

mit Solarwärme aufgeheizt<br />

und kann bis zum Herbst Temperaturen bis 40<br />

Grad erreichen. Aus diesem Wasser wird dann<br />

in der kälteren Jahreszeit die Wärme für die<br />

Wärmepumpenheizung entzogen. Je kälter<br />

es draussen ist, je mehr Wärme wird entzogen.<br />

Hoher Wärmeentzug bei Eisbildung<br />

Ist das Speicherwasser durch den Wärmeentzug<br />

auf 0 Grad abgekühlt worden, bildet sich<br />

auf den Wärmeaustauschern Eis. Wegen des<br />

physikalischen Prinzips (Aggregatzustands-<br />

Veränderung) der Eisbildung kann dem Wasser<br />

auch bei tiefen Temperaturen viel Wärme<br />

entzogen werden. Projektleiter Daniel Philippen<br />

erklärt: «Um von null Grad flüssig zu null<br />

Grad Eis zu kommen, kann man dem Wasser<br />

so viel Wärme entziehen, wie es beim Abkühlen<br />

von 80 auf 0 Grad abgibt.» Auch im Winter<br />

wird regelmässig wieder Wärme in den Eisspeicher<br />

eingetragen. Die Eisschichten lösen<br />

sich dann von den Wärmetauschern. Dank des<br />

geringeren Gewichtes im Vergleich zum Wasser<br />

steigen sie hoch und sammeln sich oben<br />

im Eisspeicher an.<br />

Eisspeicher statt Erdsonde<br />

Warum wird ein Eisspeicher statt Erdsonden<br />

für die Wärmepumpe gewählt? Wie EWJR-Geschäftsleiter<br />

Ernst Gossweiler erklärt, kann z.B.<br />

in Rapperswil-Jona SG auf rund einem Drittel<br />

des Gemeindegebietes wegen Grundwasservorkommen<br />

keine Sonde ins Erdreich getrieben<br />

werden. Dazu sind Erdbohrungen<br />

auch nicht immer unproblematisch. Aus diesem<br />

Grund speichert man Wärme im Eisspeicher.<br />

Je nach Grösse von Kollektorfeld und Eisspeicher<br />

kann auch der Wirkungsgrad höher<br />

sein als bei einer Erdsonde. So wird die eingesetzte<br />

Energie aus dem Stromnetz etwa verfünffacht,<br />

bei einer Erdsonde liegt der Wirkungsgrad<br />

meist bei etwa 3,8 bis 4.<br />

Was kostet das neue<br />

Eisspeichersystem?<br />

Durch den Bau der Sonnenkollektoren<br />

und eines Tankraumes mit Wärmetauscher<br />

liegt die Startinvestition über einer<br />

normalen Wärmepumpenheizung<br />

und dürfte bei einem Mehrfamilienhaus<br />

rund eine Viertelmillion Franken kosten.<br />

Dagegen ist der Unterhalt klein und der<br />

Wirkungsgrad gross. Der Nutzen der eingesetzten<br />

Elektrizität wird rund verfünffacht,<br />

was nach der Investition zu äusserst<br />

geringen Heizkosten führt. Und<br />

dies – je nach eingesetztem Strommix –<br />

ohne CO₂-Belastung und damit umweltfreundlich.<br />

Die gemeinsame Projektarbeit des<br />

SPF Institut für Solartechnik der Hochschule<br />

Rapperswil SG (HSR) und der Elektrizitätswerk<br />

Jona-Rapperswil AG (EWJR)<br />

könnte einmal wegweisend werden. Die<br />

Elektrizitätswerk Jona-Rapperswil AG<br />

unterstützt seit Jahren den Einbau von<br />

Wärmepumpenheizungen, wie auch den<br />

sparsamen Stromverbrauch mittels energieeffizienten<br />

Geräten für Küche und<br />

Haushalt.<br />

Blick in den Eisspeicher mit den Wärmetauschern. (Bild: Daniel<br />

Philippen, HSR)<br />

Grosses Potenzial bei Umbauten<br />

Das Eisspeichersystem hat laut Daniel Philippen<br />

grosses Potenzial auch bei Umbauten<br />

von Mehrfamilienhäusern. Für eine Wärmepumpen-Heizung<br />

mit Erdsonde fehlt in städtischem<br />

Gebiet oft der Platz für die Bohrungen.<br />

Ein Öltankraum kann aber ohne grossen<br />

Aufwand in einen Eisspeicher umfunktioniert<br />

werden.<br />

Das Wohn- und Geschäftshaus Lattenhofweg<br />

4 in Rapperswil-Jona SG wird also zum<br />

Vorzeigemodell für die Eisspeicher-Technologie<br />

und wurde deshalb auch vom Bundesamt<br />

für Energie (BfE) mit einem Beitrag unterstützt.<br />

EWJR<br />

Elektrizitätswerk Jona-Rapperswil AG<br />

Werkstrasse 30<br />

8645 Jona<br />

Telefon 055 220 91 11<br />

info@ewjr.ch<br />

www.ewjr.ch<br />

14 BAUEN HEUTE 3 – 4 | <strong>2017</strong>

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