Fraenkische-Nacht-April-2017-komplett

14.04.2017 Aufrufe

Philipp Poisel im Interview über sein neues Album „Mein Amerika“ my private america Foto: Christoph Köstlin Philipp Poisel ist ein Phänomen. Der 33-jährige Ludwigsburger ist keiner dieser perfekt gestylten, aalglatten Wunschschwiegersöhne, die sich heute in der Poplandschaft tummeln. Sondern ein leicht schrulliger Typ mit einer nuscheligen, oft weinerlichen Stimme. Aber er versteht es, nachdenkliche Texte und stimmungsvolle Melodien zu schreiben. Nach siebenjähriger Studiopause legt er nun das in Nashville eingespielte Album „Mein Amerika“ vor. Darin offenbart er seine Gefühlswelt in Form von autobiografischen Songs, die ihn an seine emotionalen Grenzen bringen. Am 7. April kommt er auch nach Bamberg in die Brose Arena. Olaf Neumann erfuhr von Philipp Poisel, wie er das Land seiner Träume erlebte und wie er eine Krise überstand. „Mein Amerika“ ist Ihr erstes Studioalbum seit 2010. Haben sich Ihre musikalischen Vorlieben in den letzten Jahren verändert? Philipp Poisel: Es sind neue Inspirationen hinzugekommen. Ich habe zum Beispiel damit angefangen, mir alte Schallplatten anzuhören von Police, Fleetwood Mac, Dire Straits. Nach den ganzen Online- Streamings und Endlos-Playlisten ist das für mich eine neue Art, Musik zu hören. Mich interessiert der Klang und der Sound von damals. Was fasziniert Sie am Klang der 1970er Jahre? Die Musikalität. Dass das Spielen im Vordergrund steht, auch durch eine Limitierung im technischen Bereich. Bei Live-Aufnahmen von James Brown ist der Session- Charakter bemerkenswert. Man hört noch viel mehr als nur die straighten Signale, sondern auf diesen Aufnahmen wurde auch der Moment der Performance mit eingefangen. Manchmal schreit jemand einfach was rein oder sagt irgendwas. Da liegt auch mal ein Ton daneben, da wabert viel. Ich suche das haptische Erlebnis sowohl im Klang als auch in der Welt. Haben Sie es in Amerika gefunden? Ja, auch bei der Art, wie wir die Platte in Nashville in den Blackbird Studios aufgenommen haben. Wenn man dabei zuschaut, wie die Bandmaschine sich dreht, spürt man, jetzt geht es um Musik. Da läuft kein Computer, der Anonymität ausstrahlt. Der Aufnahmeraum und die Hallkammer dort sind mit Liebe und Leidenschaft gestaltet. Zwischen dem Raum und den alten Instrumenten kommt es zu einer Interaktion. Das ist alles sehr professionell. Manche Musiker gehen dort nur für drei Stunden rein, die wissen ganz genau, was sie machen wollen. Wir hingegen hatten nur einen groben Fahrplan. Ich wollte mir die Möglichkeit offen halten, die Eindrücke dieser Reise unmittelbar mit einfließen zu lassen. Manche Texte habe ich vorab bewusst nicht fertig geschrieben, bei „Mein Amerika“ zum Beispiel gab es nur den Refrain. Die anderen Bilder sind erst drüben dazugekommen. War es Ihre erste Amerika- Reise? Absolut. Der Traum, in diesem Studio eine Platte aufzunehmen, hat mich überhaupt erst motiviert, diese große Reise anzutreten. Schon als Kind habe ich „Platten“ auf einem Kassettenrekorder aufgenommen und mit meiner Stimme experimentiert. Dadurch schließt sich für mich ein Kreis. Wie haben Sie sich als Kind Amerika vorgestellt? Als Kind hatte ich ein Gameboy- Spiel und bin mit Micky Maus durch die Rocky Mountains gedüst. Amerika - das waren für mich Dinge wie Musik, Filme, Disney Club und Comics. Das weltpolitische Geschehen war damals sehr weit weg für mich. Ich kann mich heute erst als politischen Menschen definieren. Die Kunst war für mich immer ein Freiraum, durch sie konnte ich in meine eigene Welt abtauchen. Deshalb ist diese Platte auch nicht politisch gemeint. Haben sich in Amerika Ihre Erwartungen erfüllt? Natürlich hat sich dieses Land seit meiner Kindheit verändert. Aber man spürt zum Beispiel in New York auch noch diesen Erfindergeist und diese Aufbruchstimmung. The sky is the limit. Man spürt dort eine große Innovationskraft, allein wenn man vom Flugzeug aus Manhatten sieht. Als Kontrast zu dem, was ich bisher erlebt habe, war Amerika eine bemerkenswerte Erfahrung. Was genau macht den Nashville-Sound aus? Zum Beispiel dieses Blues-mäßige. Wir packen jetzt öfters die Lap- Steel-Gitarre aus. Früher konnte ich mich mit diesem Sound überhaupt nicht identifizieren. In Nashville sieht man überall Vintage- Gitarren, schon am Flughafen steht in großen Lettern „Music City USA“. Viele junge Leute versuchen 6 www.fraenkische-nacht.de

musik dort ihr Glück als Session-Musiker oder wollen eine Band gründen. Dieser Vibe ist zu einem Teil von mir geworden. Haben Sie bei dieser Arbeit auch etwas entdeckt, was Ihnen vorher fremd oder unbekannt war? Also, inspirierend war für mich die Professionalität, mit der in Nashville gearbeitet wird. Das ist, als würde man in Hollywood einen Film machen. Das färbt auf einen ab und man strengt sich richtig an. Man will vor den Amerikanern ja nicht wie eine Provinzband rüberkommen. Künstlerisches Schaffen, egal in welcher Form, ist ja eigentlich nur durch bedingungslose Hingabe möglich. Wie weit geht diese Hingabe bei Ihnen? Bis zu einem gewissen Punkt und dann wird es Pflichterfüllung. Eine CD ist ja auch ein Produkt. Ein notwendiges Übel, um dann wieder fünf Jahre machen zu können, was man möchte. Aber auch eine schöne Idee. Ich brauche jedenfalls keine Platte um der Platte willen. „Ich wollte immer anders als die anderen sein“, singen Sie in einem Song. Was genau meinen Sie damit? In meinem Heimatdorf habe ich als Kind die Erfahrung gemacht, nicht dazuzugehören. Dafür gibt es im Schwäbischen sogar einen eigenen Begriff. Aber es war ja auch mein Heimatort, auch wenn ich in keinem Verein war. Um diese Ambivalenz geht es in einem meiner Lieder. Dadurch, dass ich heute die Möglichkeit habe auszubrechen, kann ich entspannter auf diese Situation zurückschauen. Meine Freunde waren ebenfalls Kinder von zugereisten Familien. Dadurch haben wir unser Ding abseits der Dorfvereine gemacht. Zum Beispiel eine Band. Ansonsten war ich im Wald oder am See wie jedes andere Kind auch. Es gab dort viel Idylle. Meine Bewunderung galt immer den größeren Jungs aus Stuttgart, die mit ihren Bands in Jugendhäusern auftreten konnten oder Skateboard-Plätze hatten. Glauben Sie an Himmel und Hölle, oder hat man die eher zu Lebzeiten? Mit der christlichen Lehre kann ich schon etwas anfangen. Mir gefällt es, sie um fernöstliche Philosophien und Glaubensrichtungen zu einem Patchwork zu ergänzen. Zusammen ergeben sie für mich ein kosmisches Bild. Bei einem Blick in den Nachthimmel spürt man, wie man Teil eines riesigen Kosmos‘ ist. In solchen Naturmomenten finde ich viele Antworten für mich. Zudem habe ich angefangen zu malen, weil das Musikalische besetzt war mit der Angst zu scheitern. Beim Malen kann ich nicht scheitern, weil ich da keiner Bewertung ausgesetzt bin. Brauchen Künstler Schmerz? Ist es das Leid, das Kunst zur Welt bringt? Dieses Resümee kann man schon ziehen, aber die Erkenntnis allein bringt mir persönlich keine Motivation. Wirklich geholfen hat, dass ich mir die Zeit genommen habe, in die Natur zu gehen, zu malen und zu versuchen, auf meine eigene Stimme zu hören. Es gibt viele Menschen, die aus Krisen etwas gemacht haben. Das sind tolle Vorbilder. Olaf Neumann FAHRRADHANDEL AN DER LÖWENBRÜCKE Für was konnten Sie sich als Kind begeistern? Ich hatte eigentlich dieselben Interessen wie alle anderen auch. Steigen Sie bei uns auf! Philipp Poisel Inspirierend war für mich die Professionalität, mit der in Nashville gearbeitet wird. Fahrradhandel an der Löwenbrücke Äußere Löwenstr. 1a, 96052 Bamberg Einfahrt Bauer & Barbian – am Haus Telefon & Fax (0951) 230 12 www.fahrradhandel-bamberg.de 7

musik<br />

dort ihr Glück als Session-Musiker<br />

oder wollen eine Band gründen.<br />

Dieser Vibe ist zu einem Teil von<br />

mir geworden.<br />

Haben Sie bei dieser Arbeit<br />

auch etwas entdeckt, was Ihnen<br />

vorher fremd oder unbekannt<br />

war?<br />

Also, inspirierend war für mich die<br />

Professionalität, mit der in Nashville<br />

gearbeitet wird. Das ist, als<br />

würde man in Hollywood einen<br />

Film machen. Das färbt auf einen<br />

ab und man strengt sich richtig an.<br />

Man will vor den Amerikanern ja<br />

nicht wie eine Provinzband rüberkommen.<br />

Künstlerisches Schaffen, egal<br />

in welcher Form, ist ja eigentlich<br />

nur durch bedingungslose<br />

Hingabe möglich. Wie weit geht<br />

diese Hingabe bei Ihnen?<br />

Bis zu einem gewissen Punkt und<br />

dann wird es Pflichterfüllung. Eine<br />

CD ist ja auch ein Produkt. Ein<br />

notwendiges Übel, um dann wieder<br />

fünf Jahre machen zu können,<br />

was man möchte. Aber auch eine<br />

schöne Idee. Ich brauche jedenfalls<br />

keine Platte um der Platte willen.<br />

„Ich wollte immer anders als<br />

die anderen sein“, singen Sie in<br />

einem Song. Was genau meinen<br />

Sie damit?<br />

In meinem Heimatdorf habe ich<br />

als Kind die Erfahrung gemacht,<br />

nicht dazuzugehören. Dafür gibt es<br />

im Schwäbischen sogar einen eigenen<br />

Begriff. Aber es war ja auch<br />

mein Heimatort, auch wenn ich in<br />

keinem Verein war. Um diese Ambivalenz<br />

geht es in einem meiner<br />

Lieder. Dadurch, dass ich heute die<br />

Möglichkeit habe auszubrechen,<br />

kann ich entspannter auf diese Situation<br />

zurückschauen.<br />

Meine Freunde waren ebenfalls<br />

Kinder von zugereisten Familien.<br />

Dadurch haben wir unser Ding<br />

abseits der Dorfvereine gemacht.<br />

Zum Beispiel eine Band. Ansonsten<br />

war ich im Wald oder am See wie<br />

jedes andere Kind auch. Es gab dort<br />

viel Idylle. Meine Bewunderung<br />

galt immer den größeren Jungs aus<br />

Stuttgart, die mit ihren Bands in<br />

Jugendhäusern auftreten konnten<br />

oder Skateboard-Plätze hatten.<br />

Glauben Sie an Himmel und<br />

Hölle, oder hat man die eher zu<br />

Lebzeiten?<br />

Mit der christlichen Lehre kann ich<br />

schon etwas anfangen. Mir gefällt<br />

es, sie um fernöstliche Philosophien<br />

und Glaubensrichtungen zu<br />

einem Patchwork zu ergänzen. Zusammen<br />

ergeben sie für mich ein<br />

kosmisches Bild. Bei einem Blick in<br />

den <strong>Nacht</strong>himmel spürt man, wie<br />

man Teil eines riesigen Kosmos‘ ist.<br />

In solchen Naturmomenten finde<br />

ich viele Antworten für mich. Zudem<br />

habe ich angefangen zu malen,<br />

weil das Musikalische besetzt<br />

war mit der Angst zu scheitern.<br />

Beim Malen kann ich nicht scheitern,<br />

weil ich da keiner Bewertung<br />

ausgesetzt bin.<br />

Brauchen Künstler Schmerz?<br />

Ist es das Leid, das Kunst zur<br />

Welt bringt?<br />

Dieses Resümee kann man schon<br />

ziehen, aber die Erkenntnis allein<br />

bringt mir persönlich keine Motivation.<br />

Wirklich geholfen hat, dass<br />

ich mir die Zeit genommen habe,<br />

in die Natur zu gehen, zu malen<br />

und zu versuchen, auf meine eigene<br />

Stimme zu hören. Es gibt viele<br />

Menschen, die aus Krisen etwas<br />

gemacht haben. Das sind tolle<br />

Vorbilder.<br />

Olaf Neumann<br />

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Für was konnten Sie sich als<br />

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für mich die<br />

Professionalität,<br />

mit der in Nashville<br />

gearbeitet wird.<br />

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Äußere Löwenstr. 1a, 96052 Bamberg<br />

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