Bonamea Ausgabe 01 / 2017
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onamea Portrait<br />
ÜBER<br />
RCR Arquitectes<br />
Seit 30 Jahren arbeiten Rafael<br />
Aranda (*1961), Carme Pigem<br />
(*1962) und Ramon Vilalta<br />
(*1960) zusammen. Sie gründeten<br />
ihr Studio RCR Arquitectes<br />
nach ihrem Studium an<br />
der Escola Tècnica Superior<br />
d’Arquitectura del Vallès im<br />
Jahr 1988 in ihrer Heimatstadt<br />
Olot, Girona. Mit ihrem Leuchtturm<br />
in Punta Aldea (1988)<br />
erhielten sie bereits früh Anerkennung.<br />
Wichtige Arbeiten:<br />
Weingut Bell-Lloc in Palamós<br />
(2007), Senioren- und Bibliothekszentrum<br />
Sant Antoni in<br />
Barcelona (2007), Kindergarten<br />
„El Petit Comte“ in Besalú<br />
(2<strong>01</strong>0), Open-Air-Theater „La<br />
Lira“ in Ripoll (2<strong>01</strong>1), Soulages-<br />
Museum in Rodez, Frankreich<br />
(2<strong>01</strong>4), Cuisine Art Center in<br />
Nègrepelisse (2<strong>01</strong>4).<br />
www.rcrarquitectes.es<br />
Vielgelobt: unter die Erde verlegtes Weingut<br />
Bell-Lloc in der Stadt Palamós (o.).<br />
rischen Viertel von Ripoll, einer Stadt in der<br />
Provinz Girona, mit Blick auf den Ter River.<br />
In Anlehnung an die Konturen und den Spirit<br />
des ehemaligen Theaters haben die Architekten<br />
einen einzigartigen, überdachten Platz geschaffen,<br />
der an ein Bühnenbild erinnert, das<br />
den Ausblick in die Altstadt einrahmt. Die so<br />
entstandenen Freiflächen sind für eine informelle<br />
Nutzung durch die Bewohner gedacht.<br />
Unter der Freiluftbühne befindet sich ein unterirdischer<br />
Mehrzweckraum. Die eingangs<br />
gestellte Frage, ob die Architektur von RCR<br />
Arquitectes etwas für die Bewohner tut, kann<br />
an dieser Stelle also eindeutig mit „Ja!“ beantwortet<br />
werden.<br />
Foto: Pritzker Architecture Prize / Hisao Suzuki<br />
ARCHITEKTUR ALS MITTEL FÜR<br />
GESELLSCHAFTLICHE INKLUSION<br />
Mehrwert für die Gesellschaft erzielen auch<br />
die zahlreichen kommunalen Bauten von<br />
RCR Arquitectes, allen voran das Seniorenund<br />
Bibliothekszentrum „Sant Antoni – Joan<br />
Oliver“ in Barcelona. Die Verbindung der Gebäude<br />
des Heims und der Bücherei mit einem<br />
gemeinsamen Innenhof, auf den die Senioren<br />
hinunterblicken können, ist keineswegs<br />
bloß ein oberflächlicher Akt der Integration.<br />
Besucher des Heims treffen sich in der Bibliothekshalle,<br />
im großen Innenhof mischen<br />
sich Kinder, Büchereibesucher, Nachbarn und<br />
Heimbewohner.<br />
In allen Farben des Regenbogens leuchtet<br />
weithin sichtbar die Gebäudehülle<br />
des „El Petit Comte“ Kindergartens in<br />
Besalú. „Wir lieben Kinder und ihre Welt,“ betonen<br />
Aranda, Pigem und Vialta: „Ihre Spielsachen,<br />
ihre bunten Bauklötze, die erhobenen<br />
Köpfe, wenn sie die Blicke der Erwachsenen<br />
suchen.“ Dementsprechend haben sie auch<br />
das Gebäude des Kindergartens wie eine bunte<br />
Spielzeugschachtel in allen Regenbogenfarben<br />
gestaltet. Durch die Farbigkeit und das<br />
großzügige Raumprogramm, bei dem Innenund<br />
Außenraum fließend ineinander übergehen,<br />
sollen Fantasie, Freude und Kreativität<br />
der Kinder gefördert werden.<br />
KUNSTVOLLES MUSEUMSGEBÄUDE<br />
Auch das „Soulages-Museum“ im französischen<br />
Rodez, das die Werke des abstrakten<br />
Malers Pierre Soulages beherbergt, zeugt ähnlich<br />
wie der Kindergarten von der starken Empathie<br />
der Architekten mit den zukünftigen<br />
Nutzern, mit der sie zur Tat schreiten. Das Gebäude<br />
aus Stahl spielt zwar mit stark geometrischen<br />
Formen, fügt sich aber dennoch sensibel<br />
in die umgebende Landschaft ein. Ihre<br />
Intention beschreiben sie folgendermaßen:<br />
„Wir wollten einen Raum schaffen, der so nahe<br />
an der Natur wie möglich ist, um zu betonen,<br />
dass wir uns als Teil von ihr empfinden.“<br />
SUBTILER UMGANG MIT DER HISTORIE<br />
Ein behutsamer Umgang mit der Umgebung<br />
bezieht sich bei RCR Arquitectes auch auf<br />
den Gebäudealtbestand, den sie bei Projekten<br />
wie etwa dem „Row House“ vorfinden.<br />
Sie betrachten alte Gebäude nicht als wertlosen<br />
Schrott, der durch Neues ersetzt werden<br />
muss, sondern erhalten altes Gemäuer, wo<br />
es nur geht. Beim Umbau ihres eigenen Bürogebäudes<br />
erhalten sie den Charakter des<br />
ehemaligen Fabrikgebäudes „so, wie es eben<br />
ist“ und ergänzen ihn kreativ mit neuen, kontrastierenden<br />
Materialien zu einem variablen,<br />
flexiblen und hochfunktionalen Ganzen. Das<br />
„Barberí Laboratory“ getaufte Gebäude demonstriert<br />
ihre Liebe zu beidem – Tradition<br />
und Innovation. Dass man sich im Zweifelsfall<br />
nicht zwischen lokaler Tradition und internationalem<br />
Anspruch entscheiden muss,<br />
sondern dass auch beides geht, ist in Zeiten<br />
wie diesen nicht nur ein architektonisches,<br />
sondern auch ein politisches Statement. b