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Bonamea Ausgabe 01 / 2017

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RCR Arquitectes (ESP)<br />

Prinzip der „Starchitecture“ eine Absage erteilt.<br />

Man wollte weg von der an prestigeträchtigen<br />

Großbauten orientierten Repräsentationsarchitektur,<br />

hin zu einer Alltagsbaukunst,<br />

die sich der Lösung konkreter Probleme der<br />

Bewohner annimmt. Sprich: Architektur sollte<br />

nicht lediglich glitzernde „Signature Buildings“<br />

hervorbringen, sondern das Leben der<br />

Menschen verbessern. Die Jury unter dem<br />

Vorsitz des australischen Architekten Glenn<br />

Murcutt begründete die Wahl unter anderem<br />

damit, dass RCR Arquitectes’ Gebäude lokal<br />

und universell zugleich seien, eine wichtige<br />

Eigenschaft in einer globalisierten Welt, in<br />

der lokale Traditionen zunehmend verloren<br />

gehen würden.<br />

So weit, so gut, doch wie passen RCR Arquitectes<br />

in dieses neue Konzept? Selbstverständlich<br />

sind die fast schon zu bescheiden auftretenden<br />

Katalanen frei von jeglichem Verdacht des Stararchitektentums,<br />

Glitzer und Glamour wird<br />

man in ihren Werken kaum finden. Endlich<br />

ist wieder einmal eine Frau dabei unter den<br />

Prämierten, man stelle sich vor, es ist neben<br />

Zaha Hadid, der einzigen Solopreisträgerin<br />

bislang, und Kazuyo Sejima von SANAA erst<br />

die dritte weibliche Baukünstlerin in 40 Jahren!<br />

Aber machen die Arbeiten von Aranda,<br />

Pigem und Vilalta das Leben der Bewohner<br />

des in den katalanischen Pyrenäen gelegenen<br />

Städtchens Olot tatsächlich besser?<br />

REGIONALE VERBUNDENHEIT<br />

OHNE HEIMATTÜMELEI<br />

Diese Frage müsste man wohl der lokalen Bevölkerung<br />

stellen, und vermutlich würden die<br />

Antworten kontrovers ausfallen. Das ist zwar<br />

nicht zwangsläufig ein Indiz für gelungene Architektur,<br />

spricht aber für ihren innovativen<br />

Charakter, dem nun mal grundsätzlich ein<br />

Anecken mit dem Gewohnten inhärent ist,<br />

das nicht jedermanns Zustimmung erhält. Die<br />

Arbeiten von RCR sind zweifellos beides. Augenscheinlich<br />

wird das etwa am vielgelobten<br />

Weingut Bell-Lloc in der Stadt Palamós, das<br />

untertags verlegt wurde, um das Augenmerk<br />

auf die Erde zu lenken, welche die Weinstöcke<br />

nährt. Das subtile Spiel mit Perspektiven sowie<br />

mit dem Licht, das in schmalen Bändern<br />

durch die raumgebenden Elemente aus<br />

Cortenstahl einfällt, überzeugte nicht<br />

nur die Jury: „Alle ihre Werke überzeugen<br />

mit einem starken Raumgefühl<br />

und ihre kraftvolle Verbindung zu der<br />

sie umgebenden Landschaft“, schreibt<br />

sie in der Begründung ihrer Entscheidung.<br />

Minimaler Materialeinsatz und<br />

maximale Eingebundenheit in die Landschaft<br />

zeichnet auch eine weitere Arbeit des katalanischen<br />

Trios aus. Für das Restaurant „Les Cols“<br />

in ihrer Heimatstadt Olot schufen sie einen<br />

überdachten Outdoorbereich mit einer transparenten<br />

Konstruktion aus Stahlrohren und<br />

Kunststofffolie, das einen reizvollen Kontrast<br />

zu den soliden Außenmauern aus lokalem<br />

Vulkangestein bildet. Die mitten im Raum<br />

stehenden Bäume wurden kurzerhand integriert,<br />

indem ihre Stämme mit einem Schacht<br />

aus transparentem Kunststoff umhüllt wurden,<br />

während das Dach des Pavillons unter<br />

den Baumkronen verläuft. Aufsehen erregte<br />

auch das 2<strong>01</strong>1 eröffnete Open-Air-Theater „La<br />

Lira“ in Ripoll. Der Abriss des alten Theater-<br />

Gebäudes hinterließ eine Leerstelle im histo-<br />

Das „Row House“ in Olot wurde in eine<br />

winzige Baulücke integriert, die alte Fassade<br />

wurde dabei erhalten (o.m.l.).<br />

Pavillon für den Freiluftbereich des Restaurants<br />

„Les Cols“ in Olot (u.l.).<br />

Regenbogenfarben: Kindergarten „El<br />

Petit Comte“ in Besalú, Provinz Girona<br />

(u.r.).<br />

Inklusion charakterisiert alle Arbeiten von RCR Arquitectes,<br />

die Bezug nehmen auf die umgebende Landschaft,<br />

alte Bausubstanz, Kultur und Traditionen des Ortes.<br />

Foto: The Pritzker Architecture Prize / Hisao Suzuki<br />

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