onamea Portrait Fotos: Pritzker Architecture Prize / Hisao Suzuki
RCR Arquitectes (ESP) Prinzip der „Starchitecture“ eine Absage erteilt. Man wollte weg von der an prestigeträchtigen Großbauten orientierten Repräsentationsarchitektur, hin zu einer Alltagsbaukunst, die sich der Lösung konkreter Probleme der Bewohner annimmt. Sprich: Architektur sollte nicht lediglich glitzernde „Signature Buildings“ hervorbringen, sondern das Leben der Menschen verbessern. Die Jury unter dem Vorsitz des australischen Architekten Glenn Murcutt begründete die Wahl unter anderem damit, dass RCR Arquitectes’ Gebäude lokal und universell zugleich seien, eine wichtige Eigenschaft in einer globalisierten Welt, in der lokale Traditionen zunehmend verloren gehen würden. So weit, so gut, doch wie passen RCR Arquitectes in dieses neue Konzept? Selbstverständlich sind die fast schon zu bescheiden auftretenden Katalanen frei von jeglichem Verdacht des Stararchitektentums, Glitzer und Glamour wird man in ihren Werken kaum finden. Endlich ist wieder einmal eine Frau dabei unter den Prämierten, man stelle sich vor, es ist neben Zaha Hadid, der einzigen Solopreisträgerin bislang, und Kazuyo Sejima von SANAA erst die dritte weibliche Baukünstlerin in 40 Jahren! Aber machen die Arbeiten von Aranda, Pigem und Vilalta das Leben der Bewohner des in den katalanischen Pyrenäen gelegenen Städtchens Olot tatsächlich besser? REGIONALE VERBUNDENHEIT OHNE HEIMATTÜMELEI Diese Frage müsste man wohl der lokalen Bevölkerung stellen, und vermutlich würden die Antworten kontrovers ausfallen. Das ist zwar nicht zwangsläufig ein Indiz für gelungene Architektur, spricht aber für ihren innovativen Charakter, dem nun mal grundsätzlich ein Anecken mit dem Gewohnten inhärent ist, das nicht jedermanns Zustimmung erhält. Die Arbeiten von RCR sind zweifellos beides. Augenscheinlich wird das etwa am vielgelobten Weingut Bell-Lloc in der Stadt Palamós, das untertags verlegt wurde, um das Augenmerk auf die Erde zu lenken, welche die Weinstöcke nährt. Das subtile Spiel mit Perspektiven sowie mit dem Licht, das in schmalen Bändern durch die raumgebenden Elemente aus Cortenstahl einfällt, überzeugte nicht nur die Jury: „Alle ihre Werke überzeugen mit einem starken Raumgefühl und ihre kraftvolle Verbindung zu der sie umgebenden Landschaft“, schreibt sie in der Begründung ihrer Entscheidung. Minimaler Materialeinsatz und maximale Eingebundenheit in die Landschaft zeichnet auch eine weitere Arbeit des katalanischen Trios aus. Für das Restaurant „Les Cols“ in ihrer Heimatstadt Olot schufen sie einen überdachten Outdoorbereich mit einer transparenten Konstruktion aus Stahlrohren und Kunststofffolie, das einen reizvollen Kontrast zu den soliden Außenmauern aus lokalem Vulkangestein bildet. Die mitten im Raum stehenden Bäume wurden kurzerhand integriert, indem ihre Stämme mit einem Schacht aus transparentem Kunststoff umhüllt wurden, während das Dach des Pavillons unter den Baumkronen verläuft. Aufsehen erregte auch das 2<strong>01</strong>1 eröffnete Open-Air-Theater „La Lira“ in Ripoll. Der Abriss des alten Theater- Gebäudes hinterließ eine Leerstelle im histo- Das „Row House“ in Olot wurde in eine winzige Baulücke integriert, die alte Fassade wurde dabei erhalten (o.m.l.). Pavillon für den Freiluftbereich des Restaurants „Les Cols“ in Olot (u.l.). Regenbogenfarben: Kindergarten „El Petit Comte“ in Besalú, Provinz Girona (u.r.). Inklusion charakterisiert alle Arbeiten von RCR Arquitectes, die Bezug nehmen auf die umgebende Landschaft, alte Bausubstanz, Kultur und Traditionen des Ortes. Foto: The Pritzker Architecture Prize / Hisao Suzuki bonamea 16 // 17