Bonamea Ausgabe 01 / 2017
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RCR Arquitectes (ESP)<br />
DIE<br />
RAUM-<br />
VERSTEHER<br />
Rafael Aranda, Carme Pigem und Ramon Vilalta hatte im Vorfeld der Verleihung<br />
des Pritzker-Preises wohl kaum einer auf der Rechnung. Die kraftvollen Werke der<br />
Katalanen, die in ihrer Poetik und Radikalität wohl einzigartig sind, rechtfertigen jedoch<br />
die Auszeichnung von RCR Arquitectes mit dem angesehenen Architekturpreis.<br />
Ulrike Springer Text<br />
Sie flechten Freilufttheater aus rostigen<br />
Metallbändern, knallen ein<br />
Wohnhaus mit Vollglasfassade in eine<br />
winzige Baulücke, binden von Abrisshäusern<br />
Stehengebliebenes frech in Neubauprojekte<br />
mit ein. Altes Gemäuer wird von<br />
RCR Arquitectes keineswegs verschämt unter<br />
Putz verborgen, sondern geht mit modernem<br />
Sichtbeton eine spannende Liaison ein. Rafael<br />
Aranda, Carme Pigem und Ramon Vilalta<br />
spielen gerne mit Licht und Schatten, ziehen<br />
mit Vorliebe raumhohe Lamellenvorhänge in<br />
ihre Gebäude ein und erzielen dabei oft theatralische<br />
Effekte. Sie setzen ungewöhnliche<br />
Materialien wie rostigen Cortenstahl ebenso<br />
wie Kunststoffplanen für ihre Gebäude und<br />
Rauminstallationen an der Schnittstelle von<br />
Architektur und Kunst ein.<br />
KONTROVERSIELLE ENTSCHEIDUNG<br />
Die Reaktionen der Fachwelt auf die Nominierung<br />
für den von der Hyatt-Stiftung ausgelobten<br />
Pritzker-Preis 2<strong>01</strong>7, die heuer erst Anfang<br />
März der Öffentlichkeit kundgetan wurde, ist<br />
ein Indiz dafür, dass die Entscheidung wohl<br />
auch der Jury nicht leichtgefallen war. Die Reaktionen<br />
auf die Verleihung des mit 100.000<br />
Dollar dotierten „Nobelpreises der Architektur“<br />
an das selbst Fachleuten weitgehend<br />
unbekannte katalanische Trio, dessen Name<br />
RCR Arquitectes ein Akronym der Vornamen<br />
seiner Gründungsmitglieder darstellt, changieren<br />
zwischen „Die trauen sich aber was!“<br />
und „Das soll die beste Architektur des Jahres<br />
2<strong>01</strong>7 sein?“<br />
DAS ENDE DER „STARCHITECTURE“<br />
Schon im Vorjahr wurde mit der Ernennung<br />
von Alejandro Aravena deutlich, dass man<br />
nun vom jahrzehntelang praktizierten Konzept<br />
der Ehrung international erfolgreicher<br />
Stararchitekten abrückt. Der für seine, die zukünftigen<br />
Bewohner in die Gestaltung<br />
einbeziehenden Sozialbauten bekannte<br />
chilenische Architekt steht wie kein<br />
zweiter für den „social turn“ in der Architektur.<br />
Mit der Verleihung des Pritzker-Preises<br />
2<strong>01</strong>6 an Aravena wurde dem<br />
Open-Air-Theater „La Lira“ in Ripoll (o.),<br />
hinter dem „Barberí Laboratory“ genanntem<br />
Bürohaus von RCR Arquitectes<br />
versteckter Pavillon (u. l.), Rafael Aranda,<br />
Carme Pigem und Ramon Vilalta (u. r.).<br />
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