Wohnen & Gesellschaft - Das Branchenmagazin von Vonovia
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>Wohnen</strong> & <strong>Gesellschaft</strong><br />
<strong>Das</strong> Magazin der <strong>Vonovia</strong> SE<br />
<strong>Wohnen</strong> & <strong>Gesellschaft</strong><br />
<strong>Das</strong> Magazin der <strong>Vonovia</strong> SE<br />
Themen:<br />
Finanzieren<br />
<strong>Vonovia</strong> Vorstand<br />
Dr. A. Stefan Kirsten<br />
über nachhaltiges<br />
Investment<br />
und soziale<br />
Verantwortung, S.18<br />
Vermieten<br />
Fakten und Zahlen<br />
über preisgünstiges<br />
<strong>Wohnen</strong> in<br />
Deutschland –<br />
auch in den<br />
Großstädten, S.22<br />
1,5<br />
MILLIONEN<br />
neue Wohnungen könnten in Deutschland<br />
allein durch die Aufstockung<br />
bestehender Häuser entstehen, hat<br />
der Darmstädter Architektur-Professor<br />
Kasten Tichelmann errechnet.<br />
www.<strong>von</strong>ovia.de<br />
Kluge Kästen | 2017 www.<strong>von</strong>ovia.de<br />
KLUGE<br />
KÄSTEN<br />
Wir brauchen mehr preisgünstige Wohnungen.<br />
Ihre rationelle Herstellung in Modulen bietet guten,<br />
raschen und überraschend vielfältigen Neubau, S.10
EDITORIAL<br />
3<br />
WOHNEN<br />
NEU DENKEN<br />
W&G online Für die papierlose Lektüre<br />
und den Spontanzugriff unterwegs<br />
bieten wir Ihnen die E-Version<br />
unseres Magazins auf<br />
www.wohnen-und-gesellschaft.de<br />
liebe leserinnen und leser,<br />
kennt das <strong>Wohnen</strong> nur eine Richtung: immer größer, immer aufwendiger,<br />
immer teurer? Nein: In Zeiten knapper Flächen, Räume und<br />
Budgets müssen und können wir unsere Mittel klüger einsetzen. Wir<br />
können erschlossene Grundstücke und Siedlungen nutzen, die Platz<br />
für mehr Häuser bieten. Wir können Wohnungen schaffen, die hohe<br />
Lebensqualität auf effizient gestaltetem Raum bieten. Und wir können<br />
anders bauen: in Serien, die so sorgsam erdacht und geplant sind wie<br />
neue Automodelle. Mit standardisierten Fenstern, Türen oder Bädern.<br />
Und mit Modulen, die in der Fabrik schnell und qualitätssicher gebaut<br />
und vor Ort nur noch zusammen gefügt werden.<br />
<strong>Das</strong> muss keinesfalls zu Uniformität führen – schon gar nicht in einer<br />
schon bestehenden Siedlung. Hier können neue Häuser das Quartier<br />
beleben und auch architektonisch bereichern. Aber die Verbesserung<br />
<strong>von</strong> Stadtquartieren geschieht nicht nur per Neubau. In dieser dritten<br />
Ausgabe <strong>von</strong> „<strong>Wohnen</strong> & <strong>Gesellschaft</strong>“ porträtieren wir auch bestehende<br />
Siedlungen mit langjähriger Tradition, die nach einer schwierigen<br />
Zeit die Wende geschafft haben oder gerade dabei sind – und die für<br />
ihre Bewohner bezahlbar bleiben. Und wir stellen Menschen vor, die<br />
den Wandel vorantreiben.<br />
Wir wollen aber auch die übergreifende Diskussion über Bauland,<br />
Mieten und Wohnkonsum mit Fakten und Daten anregen. Nicht zuletzt<br />
laden wir Sie zum Dialog darüber ein, wie wir Leistungen für Bewohner<br />
und <strong>Gesellschaft</strong> mit den wirtschaftlichen Zielen einer großen Aktiengesellschaft<br />
vereinbaren. Der Wunsch nach stabilen, guten Verhältnissen<br />
verbindet Mieter, Städte und langfristig denkende Investoren. Es ist<br />
unsere Aufgabe, diese Interessen miteinander in Einklang zu bringen.<br />
Rolf Buch<br />
Vorstandsvorsitzender<br />
der <strong>Vonovia</strong> SE.<br />
ANREGENDE LEKTÜRE WÜNSCHT IHR<br />
www.wohnen-und-gesellschaft.de
4 INHALT<br />
INHALT<br />
5<br />
INHALT<br />
# 2017<br />
BAUEN<br />
6 – 7<br />
Barbara Hendricks<br />
Die Bauministerin über Neubau<br />
und Grün in der Stadt<br />
Mehr Geld –<br />
mehr Wohnung<br />
<strong>Wohnen</strong> wird unbezahlbar?<br />
Von wegen:<br />
Raph Henger weist<br />
nach, dass vielerorts<br />
die Wohnkosten im<br />
Verhältnis zu den Einkommen<br />
sinken S. 26<br />
Genug Häuser –<br />
Bauen unnötig?<br />
Wo Neubau ist, da<br />
ist auch Widerstand.<br />
Manche fordern gar<br />
ein totales Bauverbot.<br />
Paul Lichtenthäler<br />
kennt die Hintergründe<br />
S. 15<br />
34<br />
Privatheit und Nähe:<br />
Neue Wohnmodelle zum<br />
Flächensparen<br />
BEWOHNEN<br />
32–33<br />
34 –35<br />
36–37<br />
Blühendes Leben<br />
Nachbarschaftstreff auf dem<br />
einstigen Parkdeck<br />
Wohnflächen<br />
<strong>Das</strong> Leben auf weniger<br />
Quadratmentern senkt die<br />
Kosten – aber die Lebensqualität<br />
bleibt hoch: Drei<br />
Strategien<br />
Wohnungswirtschaft<br />
Staat oder privat – kein Gegensatz<br />
für Stefanie Frensch<br />
8 – 9<br />
10 –14<br />
15<br />
16 –17<br />
18 –20<br />
21<br />
Flächen<br />
Ist Deutschland zugebaut<br />
oder haben wir noch Platz?<br />
Günstiger Neubau<br />
<strong>Vonovia</strong> industrialisiert<br />
die Wohnungsproduktion<br />
mit Modulen<br />
Protest<br />
Widerstand gegen Neubau –<br />
einige wollen gar keinen<br />
VERMIETEN<br />
Willkommen in Köln<br />
Kurzzeit-Angebote erleichtern<br />
Zuzüglern den Start<br />
Kapital für Wohnungen<br />
<strong>Vonovia</strong> Vorstand Dr. A. Stefan<br />
Kirsten über Anleger und<br />
Verantwortung für die Mieter<br />
Wachstum<br />
Wohnungs-Aktiengesellschaften<br />
in Deutschland<br />
26<br />
Einkommen:<br />
Mehr Wohnung fürs Geld<br />
18<br />
<strong>Vonovia</strong> Finanzvorstand Dr. A. Stefan Kirsten<br />
kennt die Aktionäre seines Unternehmens:<br />
Anleger, die langfristiges und nachhaltiges<br />
Wirtschaften erwarten<br />
38 – 41<br />
42– 43<br />
44 – 47<br />
48 – 49<br />
50<br />
Genießen in Dresden<br />
Sachsens Metropole bietet<br />
nicht nur historische Pracht,<br />
sondern auch wachsende<br />
Alltagsqualität für Bürger<br />
VERBESSERN<br />
Wende in Dortmund<br />
Symbolischer Neustart auf<br />
dem Spielplatz<br />
Gemeinsinn in Hamburg<br />
Unternehmen, Bürger und<br />
Stadt verbessern miteinander<br />
das Quartier Steilshoop<br />
Barriere-Abbau<br />
Wohnungen, die für alle<br />
taugen: Senioren, Kranke<br />
und körperlich eingeschränkte<br />
Menschen<br />
Zahlen<br />
Wohnhochhäuser,<br />
Mietschulden, Pendlerwege<br />
22 –25<br />
Günstig wohnen<br />
Niedrige Mieten gibt es öfter,<br />
als viele vermuten<br />
26 –27<br />
Kaufkraft<br />
Wo Einkommen stärker<br />
steigen als Mieten<br />
28 –30<br />
31<br />
Fallstudie<br />
Wo Häuser moderner werden<br />
und günstig bleiben<br />
Energie<br />
Allianz für Sanierung – und<br />
ein Statement der DENA<br />
HAUSWERK<br />
10<br />
Raum-Module werden in der Fabrik vormontiert und auf der Baustelle nur noch<br />
zusammengefügt. <strong>Das</strong> Bauen wird schneller und rationeller – aber nicht einförmig<br />
32<br />
Bewegung in Kiel:<br />
Stadtteil-Leben im<br />
früheren Parkdeck<br />
44<br />
Perspektiven erneuert:<br />
Eine Zukunft für die Siedlung<br />
Hamburg-Steilshoop
6 BAUEN<br />
Bauen<br />
DREI FRAGEN AN<br />
BARBARA HENDRICKS<br />
1<br />
W&G: Ihr Ziel sind 350.000 neue Wohnungen im Jahr.<br />
Was tun Sie, damit private Unternehmen möglichst viele<br />
da<strong>von</strong> bauen?<br />
Barbara Hendricks: Gemeinsam mit Partnern aus der<br />
Wirtschaft und Politik habe ich eine Wohnungsbauoffensive<br />
angestoßen, die wir jetzt gemeinsam umsetzen<br />
müssen. Der Bund stellt neues Bauland vergünstigt zur<br />
Verfügung. Für den sozialen Wohnungsbau erhalten<br />
die Länder 2017 vom Bund 1,5 Milliarden Euro – so viel<br />
wie noch nie. All das zeigt Wirkung: Nach Jahren des<br />
Stillstands gibt es Bewegung – die Baugenehmigungen<br />
steigen.<br />
2<br />
»<br />
Wenn es gut läuft,<br />
profitieren alle vom<br />
klimafreundlichen<br />
<strong>Wohnen</strong> – Mieter,<br />
Eigentümer<br />
und natürlich<br />
die Umwelt«<br />
Barbara Hendricks<br />
über die energetische Sanierung<br />
und ihren Nutzen<br />
Verdichtete Städte und gesunde Städte – ein Widerspruch?<br />
Ganz und gar nicht. Urbanes Grün macht unsere Städte<br />
attraktiver und lebenswerter. <strong>Das</strong> „Grün in der Stadt“<br />
ist Schwerpunkt meiner Stadtentwicklungspolitik.<br />
Dafür habe ich einen intensiven Dialogprozess gestartet<br />
und werde bald ein Weißbuch vorstellen. Auch in<br />
Zukunft muss es grüne Oasen in den Städten geben.<br />
3<br />
<strong>Das</strong> Energiesparen soll Mieter nicht zu sehr belasten und<br />
sich für Eigentümer rechnen. Wer zahlt?<br />
Der Staat unterstützt Eigentümer mit umfangreichen<br />
Förderprogrammen. Nach der energetischen Gebäudesanierung<br />
steigt der Wohnkomfort – die Energiekosten<br />
für Mieter sinken. Wenn es gut läuft, profitieren alle<br />
vom klimafreundlichen <strong>Wohnen</strong>: Mieter, Eigentümer<br />
und natürlich auch die Umwelt.<br />
Barbara Hendricks<br />
ist Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz,<br />
Bau und Reaktorsicherheit
8 BAUEN<br />
BAUEN<br />
9<br />
Grundfrage<br />
Bauflächen<br />
Boden ist knapp und teuer, aber das hat Vorteile: Es zwingt zum<br />
kompakten Bauen, das ökonomisch, ökologisch und urban<br />
vorteilhafter ist als weitläufige Siedlungen auf der grünen Wiese<br />
Deutschland gehen die freien<br />
Flächen aus? Von wegen:<br />
Zu 82 Prozent besteht unser<br />
Land nach wie vor aus Feld,<br />
Wald und Wiesen, teilt das Umweltbundesamt<br />
mit. Zwar wird immer mehr<br />
da<strong>von</strong> zur Siedlungs- und Verkehrsfläche,<br />
zuletzt rechnerisch 69 Hektar pro Tag. Aber<br />
wenn es in dem Tempo weiterginge, wäre<br />
Deutschland erst in 1165 Jahren theoretisch<br />
komplett verstädtert.<br />
Trotzdem klagen Bauwillige im ganzen<br />
Land über fehlende Flächen – selbst in<br />
Kleinstädten und Dörfern herrscht Landfrust.<br />
Im rheinischen Pulheim zum Beispiel<br />
bewarben sich kürzlich um 48 Grundstücke<br />
449 Interessenten. Vor allem in den Metropolen<br />
explodieren die Preise: Einfamilienhaus-<br />
Bauland in Hamburg wurde in nur einem<br />
Jahr rund 13 Prozent teurer, Grundstücke für<br />
Mehrfamilienhäuser in Frankfurt um 27 Prozent<br />
und Parzellen jeder Art in der Berliner<br />
Innenstadt sogar um rund 50 Prozent.<br />
Zwar mobilisieren die Städte im Inneren<br />
alles, was in jüngerer Zeit brachgefallen ist<br />
– Güterbahnhöfe oder Kasernen, Kaianlagen<br />
oder Fabrikgelände. Aber schon jetzt ist klar:<br />
<strong>Das</strong> wird den Mangel kaum lindern und die<br />
Preise nur wenig senken.<br />
Expansion ist teuer für die Stadt<br />
Denn für Grundstücksknappheit und entsprechende<br />
Preisforderungen gibt es gleich<br />
ein ganzes Bündel <strong>von</strong> Ursachen: räumliche,<br />
stadtplanerische und ökologische. <strong>Das</strong><br />
größte Problem ist die ungleich verteilte<br />
Nachfrage. Sie ist ausgerechnet in den dicht<br />
bebauten Innenstädten am höchsten, wo<br />
freies Land am knappsten ist. Die wenigen<br />
Baugrundstücke erzielen Exklusivpreise.<br />
Roland Stimpel ist<br />
gelernter Stadt- und<br />
Regionalplaner und<br />
Chefredakteur des<br />
Deutschen Architektenblatts<br />
»Am vielversprechendsten erscheint<br />
die Strategie, einheitlich strukturierte<br />
Siedlungen durch Aufstockungen, Anbauten<br />
oder Neubauten zu verdichten«<br />
Elisabeth Merk, Stadtbaurätin <strong>von</strong> München<br />
Häuser<br />
sind nur die<br />
halbe Stadt<br />
24.856 km 2<br />
51 %<br />
Gebäude*<br />
* mit umgebenden<br />
Freiflächen<br />
** unbebaute Betriebsflächen,<br />
Friedhöfe usw.<br />
Angaben in Quadratkilometern<br />
für ganz<br />
Deutschland<br />
Quelle: Roy/König, UBA,<br />
Statistisches Bundesamt<br />
Und draußen? Städte erweitern sich<br />
jetzt nach oft jahrzehnetlanger Pause<br />
wieder auf die Äcker und Wiesen<br />
– etwa in Hamburg-Billwerder oder<br />
München-Freiham. Aber das tun sie<br />
oft nur zögerlich. Denn die Aufstellung<br />
<strong>von</strong> Bebauungsplänen ist ein<br />
jahrelanger, aufwendiger und juristisch<br />
oft riskanter Akt. Stadtrand-Neubaugebiete<br />
sind teuer in der Herstellung<br />
mit allen Straßen, Leitungen und<br />
Schulen. Die Kosten versucht man<br />
zwar auf Großinvestoren und kleine<br />
Häuslebauer abzuwälzen, aber das<br />
gelingt nur bedingt. Zudem wird<br />
auch der Betrieb einer Stadt mit jeder<br />
neuen Fläche teurer: Infrastruktur<br />
verursacht in ausgedünnten Städten<br />
mehr Kosen für Betrieb und Unterhalt.<br />
Zugleich gibt es am Stadtrand weniger Nutzer,<br />
die dafür zahlen könnten. Dazu kommt<br />
Bürgerwiderstand: Bei denen, die schon<br />
versorgt sind und Wählermehrheiten stellen,<br />
ist Bauen in der Nachbarschaft oft unbeliebt<br />
(siehe Seite 15).<br />
Last but not least gibt es ökologische<br />
Hindernisse: Bundesregierung und Bundestag<br />
wollen, dass statt täglich 69 nur noch 30<br />
Hektar zur Siedlungs- und Verkehrsfläche<br />
werden. Darum hat das Parlament das Baugesetzbuch<br />
geändert: Pläne in der Innenstadt<br />
können leichter aufgestellt werden,<br />
Pläne für Erweiterungen am Rand noch<br />
schwerer. „Urbane Gebiete“ sollen mehr Mischung<br />
<strong>von</strong> <strong>Wohnen</strong> und Gewerbe erlauben.<br />
Urbanität dank Bauland-Not<br />
Wichtige Öko-Themen in den Städten und<br />
Gemeinden sind der ästhetische und ökologische<br />
Landschaftsschutz, Kaltluftschneisen<br />
und der Wunsch nach einer insgesamt kompakten<br />
Struktur, in der es weniger Autoverkehr<br />
gibt und Bürger sich mit weniger Wohnfläche<br />
begnügen. Alle Hindernisse für neues<br />
Bauland und die hohen Bodenpreise führen<br />
3 %<br />
Sonstiges**<br />
1387 km 2<br />
Deutschlands<br />
Siedlungs- und<br />
Verkehrsflächen<br />
bestehen zum Gutteil<br />
aus Straßen,<br />
Parks und un bebauten<br />
Gewerbe-<br />
Arealen<br />
37 %<br />
Verkehr<br />
18.099 km 2<br />
9 %<br />
Erholung<br />
4228 km 2<br />
letztlich dazu, dass in bestehenden Siedlungen<br />
und Gebäuden und auf innerstädtischen<br />
Brachen mehr Potenziale genutzt werden –<br />
für Anbauten, Aufstockungen, Lückenfüller<br />
und Umbauten. <strong>Das</strong> mag die Freunde neuer<br />
Vorstadt-Eigenheime ärgern und ist auch für<br />
Nachbarn teils gewöhnungsbedürftig.<br />
Aber es führt letztlich zu einer dichteren<br />
Stadt, und die ist ökonomisch und im<br />
Flächengebrauch effizienter, für Bewohner<br />
bunter und angebotsreicher und zudem ökologisch<br />
verträglicher. So hat die Bauland-Not<br />
auch eine gute Seite: Es kommen kompaktere,<br />
lebendigere Städte heraus.
10 BAUEN<br />
BAUEN<br />
11<br />
ments bei der Bauherrin <strong>Vonovia</strong>. „Die sind<br />
extrem standardisiert, man kann aber die<br />
tollsten Dinge damit machen.“<br />
Module können den Wohnungsbau günstiger,<br />
schneller und besser machen. Aber er wird nicht<br />
monoton und schlecht, sondern bereichert<br />
bestehende Quartiere um neue Qualitäten<br />
KLUGE<br />
BAUKÄSTEN<br />
Bochum-Hofstede, ein beschauliches<br />
Siedlungsgebiet im Herzen<br />
des Ruhrgebiets. Erst kommen<br />
Doppel- und Reihenhäuser in<br />
Fertigbauweise, dahinter stehen<br />
vier gleiche Mietshauszeilen aus der Nachkriegszeit.<br />
Die Architektur wirkt sehr seriell<br />
hier. Nur der jüngste Bau nicht: Er ist kantig,<br />
doch mit zehn Ecken und Winkeln lebhaft<br />
gegliedert. Vor der Haustür ist ein netter<br />
kleiner Vorplatz, im Treppenhaus fällt Licht<br />
<strong>von</strong> oben durchs Dach und einen Fensterschlitz<br />
<strong>von</strong> draußen. Auf jeder Etage sind<br />
fünf unterschiedliche Wohnungen mit zwei,<br />
drei oder vier Zimmern – jede mit anderen<br />
Raumgrößen, Grundrissen, Fensterreihen<br />
und Balkonen.<br />
Ausgerechnet dieses eigenwillig wirkende<br />
Haus ist aber kein gebauter Spezialfall,<br />
sondern bildet den Auftakt zu einer Großserie<br />
<strong>von</strong> Häusern in ganz Deutschland. Und<br />
ausgerechnet dieses Haus ist nicht als architektonisches<br />
Einzelstück entworfen und<br />
individuell gefertigt, sondern aus Standard-<br />
Elementen zusammengesetzt: Raummodulen<br />
aus der Hausfabrik, die per Lastwagen<br />
kommen. Sie sind stets 6,50 mal 3,12 Meter<br />
groß, mit gleichartigen Fenstern, Türen und<br />
Anschlusspunkten für den Zusammenbau.<br />
Auch Leitungen, Kabel, Heizungen und an<br />
Außenwänden die Dämmschichten werden<br />
schon im Werk montiert. „Wir nennen<br />
das unsere Lego-Steine“, sagt Konstantina<br />
Kanellopoulos, Leiterin des Produktmanage-<br />
Serienproduktion:<br />
Im Modulbauwerk in<br />
Lingen an der Ems<br />
werden die Elemente<br />
montiert. Noch<br />
wirken alle gleich –<br />
vor dem weiteren<br />
Ausbau.<br />
Gleiche Module – vielerlei Häuser<br />
Die immer gleichen Einzelmodule ergeben<br />
lang gestreckte oder kompakte Häuser<br />
<strong>von</strong> drei bis acht Etagen oder abgestuft<br />
mit unterschiedlichen Höhen. Es kann<br />
Treppenhaus und Fahrstuhl in der Mitte<br />
geben wie in Bochum oder Treppen,<br />
Aufzüge und Laubengänge an der Seite.<br />
Standardisierung im Einzelnen, Vielfalt im<br />
Großen – beides ist gleichermaßen wichtig<br />
für <strong>Vonovia</strong>, wie Kanellopoulos erläutert:<br />
„Per Standardisierung senken wir Kosten,<br />
verkürzen die Bauzeit und schaffen eine<br />
höhere Qualität, weil die Module nicht bei<br />
Wind und Wetter auf der Baustelle montiert<br />
werden, sondern kontrolliert und in<br />
sorgsamer Ausführung in der Halle. Und<br />
die Vielfalt im Großen muss sein, damit<br />
wir für unterschiedlichste Orte jeweils das<br />
Passende planen können.“<br />
Passen muss es, da <strong>Vonovia</strong> keine<br />
neuen Siedlungen draußen auf der Wiese<br />
baut, sondern in bereits bestehenden<br />
Quartieren. Von denen sind viele aus der<br />
Nachkriegszeit, in der die zerbombten<br />
Städte viel freien Platz boten und das Ideal<br />
der grünen, aufgelockerten Stadt galt. In<br />
Bochum-Hofstede zum Beispiel ist allein<br />
die zentrale Wiese im Karree mit dem Neubau<br />
3000 Quadratmeter groß – fast wie ein<br />
halbes Fußballfeld.<br />
Trotzdem findet natürlich jeder Neubau<br />
ältere Nachbarhäuser vor, auf die er<br />
Rücksicht nehmen muss. Zu ihnen muss<br />
er in gebührendem Abstand stehen, damit<br />
noch die Sonne scheint und die Nachbarn<br />
nicht gar zu nah sind. Ältere und neue<br />
Häuser sollen einander wenig Sonne nehmen<br />
und in Höhe und Größe nicht gar zu<br />
unterschiedlich sein. „Also verlangt jedes<br />
Baugrundstück ein anderes Gebäude“,<br />
folgert Kanellopoulos. „Wir könnten nicht<br />
ein Einheitshaus entwerfen und das dann<br />
hundertfach überall im Land aufstellen.“<br />
Aber warum macht es sich <strong>Vonovia</strong> so<br />
schwer und bebaut statt weniger blanker<br />
Großfelder viele kleine, manchmal<br />
komplizierte Parzellen? „Zunächst ganz<br />
einfach, weil sie uns gehören und wir sie<br />
nicht kaufen müssen. Dann, weil wir die<br />
Quartiere, die Bedürfnisse und Möglich-
12 BAUEN<br />
BAUEN<br />
13<br />
Zimmer am Kran:<br />
Ein ausgebautes<br />
Modul wird auf der<br />
Baustelle herabgelassen.<br />
Fenster, Rohre<br />
und Leitungen sind<br />
schon eingebaut.<br />
Kern aus Beton:<br />
Der Erschließungskern<br />
mit Treppe und<br />
Fahrstuhlschacht<br />
wird noch herkömmlich<br />
gebaut – hierfür<br />
taugt Modulbau<br />
nicht.<br />
Stock auf Stock:<br />
Die Montage der Mudule<br />
dauert nur wenige<br />
Tage. <strong>Das</strong> verkürzt<br />
die Bauzeit vor Ort<br />
drastisch – was auch<br />
die Nachbarn freut.<br />
vieles mehr. Besonderen Kummer macht<br />
Kanellopoulos die Stellplatzpflicht: „Selbst<br />
wenn in einem Haus vor allem Studenten<br />
oder Rentner leben, verlangen die Städte oft<br />
für jede Wohnung einen Stellplatz und für<br />
größere Wohnungen rechnerisch eineinhalb.<br />
Und wenn das aus Platzgründen nur per<br />
Tiefgarage geht, macht es alle Einspar-Bemühungen<br />
an anderer Stelle zunichte.“<br />
Barrierefrei und gut geschnitten<br />
Manchmal lässt sich das Parkproblem aber<br />
zu ebener Erde lösen, so auch in Bochum.<br />
Hier gibt es keine Tiefgarage, ja noch nicht<br />
einmal einen Keller, stattdessen Abstellräume<br />
im Erdgeschoss – natürlich ab Werk in<br />
die Module integriert. Wegen der Vorfertigung<br />
geht der Bauprozess vor Ort schneller,<br />
leiser, weniger staubig und mit weniger Anliferverkehr<br />
<strong>von</strong>statten – in Bochum dauerte<br />
er nur vier Monate.<br />
Seriell geplant und montiert, das klingt<br />
erst einmal karg und nur für genügsame<br />
Lebenskünstler gebaut. Nicht so in Bochum:<br />
Die auf diese Weise entstandenen Wohnungen<br />
sind barrierefrei erreichbar, haben ge-<br />
Gestapelt: Binnen<br />
Kurzem sind drei Etagen<br />
emporgewachsen.<br />
Begehrt: Wohnungssuchende<br />
freuen sich<br />
über den Neubaustandard<br />
für günstige<br />
Mieten.<br />
Montiert: Von<br />
Bauleuten verlangt<br />
die Modul-Montage<br />
mehr Fingerspitzengefühl<br />
als Kraft.<br />
räumige, gleichfalls standardisierte Balkone,<br />
bodentiefe Fenster und sorgsam durchdachte<br />
Raumzuschnitte. „Ein Serienprodukt ist<br />
alles andere als ein schlechtes Produkt“, sagt<br />
Kanellopoulos. Es ermöglicht Qualitäten für<br />
viele, die sonst weniger Menschen vorbehalten<br />
blieben. Den Quadratmeter Neubauwohnung<br />
kann <strong>Vonovia</strong> in Bochum unter<br />
10 Euro pro Quadratmeter vermieten. <strong>Das</strong><br />
erlaubt Angebote auch für Menschen und<br />
Orte, deren Kaufkraft nicht für konventionell<br />
gefertigte neue Wohnungen reicht.<br />
Äußerlich simple Massenware, rein<br />
technisch und ohne Gestaltungs-Ehrgeiz<br />
erdacht? Dem widerspricht die Architektin<br />
Nina Bendler vehement. Sie ist Direkto-<br />
» Wir denken uns kein Einheitshaus<br />
aus und stellen es überall in<br />
Deutschland hin. Auch ein<br />
Serienprodukt ist vor Ort individuell«<br />
Konstantina Kanellopoulos,<br />
Leiterin Produktmanagement bei <strong>Vonovia</strong><br />
keiten der Menschen dort bestens kennen.<br />
Weil wir in die Quartiere neue Wohnangebote,<br />
mehr Vielfalt und Leben bringen und<br />
die Infrastruktur besser auslasten“, sagt die<br />
Produktmanagerin Kanellopoulos. Nicht<br />
zuletzt brauche es anders als auf der grünen<br />
Wiese kein langwieriges Planverfahren mit<br />
Stadtratsabstimmung und vielleicht vielen<br />
Diskussionen.<br />
Bürokratie und Parkplätze<br />
Für die nötige Baugenehmigung eröffnet<br />
der Modulbau noch ganz andere Perspektiven:<br />
Wenn eine Stadt für einen Bautyp die<br />
Statik, den Brandschutz, das Energiekonzept<br />
und vieles mehr genehmigt hat – warum<br />
müssen dann die nächste und übernächste<br />
Stadt sich und dem bauwilligen Unternehmen<br />
die Mühe machen, jedes Mal eine neue<br />
Genehmigungsprozedur durchzuführen?<br />
Kanellopoulos wünscht sich eine standardisierte<br />
Genehmigung – was am ersten Ort<br />
geprüft und für gut befunden wurde, hat<br />
damit grünes Licht für fünf oder fünfzig andere.<br />
Aber noch dürfen Gemeinden so nicht<br />
handeln, selbst wenn sie wollten. Deutschlandweit<br />
funktioniert es auch schon deshalb<br />
nicht, weil 16 Bundesländer 16 unterschiedliche<br />
Bauordnungen haben. Berlin erlaubt<br />
zum Beispiel siebengeschossige Holzwohnhäuser,<br />
Bayern nur dreigeschossige.<br />
Dazu kommen Bundes-, EU- und DIN-<br />
Normen-Höchststandards für das Energiesparen,<br />
für Schallschutz, Barrierefreiheit und
14 BAUEN<br />
BAUEN<br />
15<br />
Platt gegen Pläne<br />
Aus dem Ei gepellt:<br />
Dem verputzten Haus<br />
sieht man die Bauweise<br />
nicht an. Balkone werden<br />
außen vorgesetzt – auch<br />
das preisgünstig und<br />
rasch<br />
Ein Buchautor fordert ein komplettes Bauverbot –<br />
bestens untergebrachte urbane Egoisten finden das gut.<br />
Doch es treibt Wohnungssuchende hinaus aus den Städten<br />
rin des Essener Büros Koschany + Zimmer<br />
Architekten KZA, das das Bochumer Haus<br />
entworfen hat. Und das mit viel Gestaltungslust,<br />
wie Bendler berichtet: „Wir haben<br />
erst einmal angefangen, den Wohnungsbau<br />
neu zu denken.“ „Größen nach Sozialbau-<br />
Richtlinien, DIN-Normen, Gewohnheiten<br />
– all das sollten und wollten wir infrage<br />
stellen.“ Statt wie oft üblich die Wohnfläche<br />
zu maximieren, optimierten die Architekten<br />
sie. Stets ging es darum, „auf weniger<br />
Quadratmetern gleich viel Wohnqualität<br />
zu haben. Man soll im Alltag nicht merken,<br />
dass an Fläche gespart wird.“ Wohl aber am<br />
Portemonnaie: Die Miete kann hundert Euro<br />
niedriger sein als in einer Wohnung mit weniger<br />
effizientem Grundriss, die mehr Fläche<br />
hat, aber nicht mehr Raum bietet.<br />
Aber sieht nicht die Welt irgendwann<br />
schrecklich monoton aus, wenn überall<br />
Gebäude aus den gleichen Modulen stehen?<br />
Für <strong>Vonovia</strong> stellt Kanellopoulos klar: „Wir<br />
möchten nicht jedes Mal ein neues Stück<br />
Baukunst kreieren. Unsere Kunden wollen<br />
und können schließlich keine bewohnbaren<br />
Kunstwerke bezahlen.“ Es drohe aber auch<br />
keine Monotonie, beruhigt die Architektin<br />
Bendler: „Erstens entstehen die neuen<br />
Häuser nicht an einem Ort geballt, sondern<br />
zwischen vorhandenen Häusern und sehen<br />
per se anders aus als sie. Zweitens können<br />
sie aus den Modulen nicht nur ganz unterschiedliche<br />
Häuser bauen, sondern auch<br />
variantenreiche Fassadenbilder erzeugen.“<br />
Etwa mit unterschiedlichen Farben und<br />
Materialien. Es kann Putz sein oder Klinkerriemchen,<br />
theoretisch ginge auch Stuck,<br />
nackter Beton oder imitiertes Fachwerk.<br />
Auch drinnen gibt es Spielraum. Zum<br />
Beispiel könnten Mieter eine gemeinsame<br />
Gästewohnung halten. Singles könnten<br />
kleine Wohnungen zum Zurückziehen<br />
haben, die gemeinsame Küchen und andere<br />
Gemeinschaftsflächen besitzen. Auch das ist<br />
im Modulbau denkbar. Er legt Standards der<br />
Montage fest – aber nicht die Wohnungen,<br />
die daraus entstehen. Und erst recht nicht<br />
das Leben, das darin gelebt wird.<br />
» Durch Dachgeschossaufstockungen<br />
und Nachverdichtung<br />
in serieller Bauweise<br />
können wir günstig in nachgefragten<br />
Städten mit attraktiver<br />
Infrastruktur bauen«<br />
Klaus Freiberg, Mitglied des Vorstandes der <strong>Vonovia</strong> SE<br />
Paul Lichtenthäler<br />
ist Pressesprecher<br />
der Bundesarchitektenkammer<br />
und seit<br />
über 20 Jahren im<br />
Bereich Planen und<br />
Bauen tätig<br />
Verbietet das Bauen! Sofort,<br />
vollständig und überall in<br />
Deutschland. <strong>Das</strong> meint Daniel<br />
Fuhrhop aus Oldenburg<br />
wirklich ernst und hat ein<br />
Büchlein mit diesem Titel geschrieben. Der<br />
frühere Verleger <strong>von</strong> Architekturbroschüren<br />
meint: Räume haben wir doch mehr<br />
als genug, nimmt man den Mittelwert <strong>von</strong><br />
München und Mecklenburg, <strong>von</strong> leeren<br />
Altbüros und gefragten Apartments. Erstmal<br />
füllen wir die alle auf, bevor wir einen<br />
einzigen Quadratmeter neu bauen.<br />
Absurd? Fuhrhop tingelt damit eifrig<br />
durch die Lande und findet Widerhall auf<br />
Vortragsabenden, in Beteiligungsverfahren<br />
und bei Protestveranstaltungen. Manche<br />
nicken zu seiner Forderung, weil sie über<br />
unser aller Zukunft besorgt sind und das<br />
Glück in Reduzierung und Verzicht sehen.<br />
Aber auch andere stimmen ihm zu:<br />
Menschen, die selbst gut untergebracht<br />
sind und gerade ein Bauprojekt in ihrer<br />
Umgebung verhindern wollen, weil es ihren<br />
Fernblick aus dem schönen Heim bedroht,<br />
den Hundeauslauf um die Ecke oder den<br />
urbanen Kleingarten mit Mini-Pacht.<br />
Bloß keine neuen Nachbarn!<br />
Sie suchen Argumente, die nicht ganz so<br />
egoistisch wirken wie ihre wahren Motive<br />
– und werden bei Fuhrhop fündig: Jeder<br />
Neubau sei schlecht für Natur, Frischluftschneisen,<br />
Energieverbrauch und auch für<br />
die Gerechtigkeit, weil Neubauten nur für<br />
Reiche seien: „Bauen spaltet die <strong>Gesellschaft</strong>.<br />
Bauen ist unsozial.“ Unliberal übrigens<br />
auch: „Bauen bedroht unsere Freiheit.“<br />
Aber was tun mit den wachsenden<br />
Städten? Ihnen empfiehlt Fuhrhop „Anti-<br />
Stadtmarketing“ – sie sollten „darin investieren,<br />
Zuzügler abzuschrecken, um so die<br />
Ungleichheit der Regionen in Deutschland<br />
zu mildern“. Statt in Düsseldorf einen guten<br />
Job zu nehmen, bauen die Leute in der<br />
Oberpfalz und der Niederlausitz den Wohnungsleerstand<br />
ab, und alle sind glücklich.<br />
Nur scheinbar fürs Gemeinwohl<br />
Mit solchen Forderungen versuchen gut<br />
etablierte Stadtbürger ihren Protest gegen<br />
den Neubau nebenan moralisch zu legitimieren.<br />
Nicht mehr sie selbst sind schuld,<br />
wenn andere nichts finden. Sondern die<br />
anderen sind frech und unverantwortlich,<br />
wenn sie die Stadt infiltrieren, wenn<br />
ihre Familie wächst oder wenn ihr Betrieb<br />
expandiert. Im Effekt weisen sie Zuzügler<br />
jeder Art so rigoros ab wie manche Leute<br />
Flüchtlinge. Beide Abwehrhaltungen treffen<br />
sich in Fuhrhops zweitem Buch, in dem er<br />
Flüchtlinge mit der Feststellung begrüßt:<br />
„Neubau für Neubürger ist unnötig.“<br />
Fuhrhop reklamiert für sich, das<br />
Gemeinwohl zu vertreten. Wer ihm folgt,<br />
möchte sich den Betreibern und Befürwortern<br />
<strong>von</strong> Neubau moralisch überlegen<br />
fühlen. Dumm nur, dass diese Haltung am<br />
Ende das Gegenteil des Gewollten bewirkt.<br />
Neubaugegner, die es vor allem in den<br />
Städten gibt, zwingen Bauwillige nach<br />
draußen, wo sie Landschaft zersiedeln,<br />
mehr Auto fahren und oft mehr Wohnfläche<br />
haben als drinnen. All das ist denen<br />
drinnen egal – Hauptsache, die Neuen<br />
bauen nicht vor der eigenen Tür.<br />
Dabei stellt Fuhrhop auch ein paar<br />
handfeste Ideen vor, Flächen ohne Zwang<br />
besser zu nutzen – zum Beispiel Leerstandskataster,<br />
Tauschbörsen, sparsameres<br />
<strong>Wohnen</strong> oder die Aufwertung heute<br />
unattraktiver Orte. Aber das geht unter in<br />
seinem autoritären und unzeitgemäßen<br />
Ruf nach dem großen Bauverbot.
16 VERMIETEN<br />
35<br />
Vermieten<br />
KISSEN IN KÖLN<br />
Quadratmeter haben die<br />
kleinsten Wohnungen,<br />
die <strong>Vonovia</strong> möbliert und<br />
auf Zeit anbietet – zu<br />
wenig für Familien,<br />
gerade richtig als<br />
Sprungbrett für<br />
Einzelpersonen.<br />
E<br />
Einen guten Start in Köln bietet Katharina Link,<br />
stellvertretende Regionalleiterin <strong>von</strong> <strong>Vonovia</strong>. Ihr<br />
Angebot richtet sich an Menschen, die für ein paar<br />
Monate herkommen oder für den Anfang in der Stadt<br />
nur eine kleine Wohnung suchen, bevor sie die Familie<br />
nachholen. In schönster Südstadt-Lage, 200 Meter vom<br />
Rhein und ganz nah an der quirligen Severinstraße,<br />
bietet sie eine schicke, zugleich gemütliche kleine<br />
Wohnung zur Miete auf Zeit.<br />
Daran besteht nicht nur in Köln immenser Bedarf.<br />
<strong>Das</strong> Apartment in der Achterstraße ist eines <strong>von</strong><br />
bisher 23 Pilotprojekten an zwölf <strong>Vonovia</strong> Standorten<br />
deutschlandweit, die Julian Hildebrand als Projektleiter<br />
Neuprodukte organisiert. Eher kleine, für Familien<br />
nicht passende City-Wohnungen werden modern,<br />
praktisch und zugleich gemütlich ausgestattet und<br />
helfen jetzt mobilen Arbeitnehmern, Freiberuflern<br />
oder Studenten. Sie haben es so bei einem Aufenthalt<br />
<strong>von</strong> mehreren Wochen oder Monaten weit günstiger<br />
als im Hotel und viel einfacher als in einer möbellosen<br />
Wohnung.<br />
Aufwendiger Boardinghouse-Service wie etwa ein<br />
Concierge oder Essen aufs Zimmer wird hier bewusst<br />
nicht geboten, denn es geht nicht um Luxusquartiere<br />
für Führungskräfte. Es hilft dagegen einer Gruppe, die<br />
es auf dem Wohnungsmarkt nicht gerade leicht hat:<br />
frisch Zuziehenden, die nicht lange suchen können<br />
und oft keinen Bekanntenkreis in der Stadt haben, der<br />
Tipps gibt. „Die ersten Erfahrungen sind gut, darum<br />
werden wir die Pilotierung 2017 fortführen und bei<br />
weiterhin positiver Resonanz ausweiten“, verspricht<br />
Julian Hildebrand.<br />
Katharina Link und Julian Hildebrand<br />
kümmern sich um angenehmes,<br />
unkompliziertes <strong>Wohnen</strong> auf Zeit
18 VERMIETEN<br />
VERMIETEN<br />
19<br />
„Für den<br />
schnellen Euro<br />
ungeeignet“<br />
Wem gehört eigentlich <strong>Vonovia</strong> –<br />
und wie lassen sich Eigentümerund<br />
Mieterwünsche vereinen?<br />
Finanzvorstand Dr. A. Stefan<br />
Kirsten erklärt es<br />
W&G: Wohnungsunternehmen an der Börse –<br />
das ist ziemlich neu in Deutschland. Brauchen<br />
wir das?<br />
DR. STEFAN KIRSTEN: Bis vor zehn Jahren<br />
gab es bei uns nicht die Möglichkeit, per Aktienkauf<br />
in Wohnimmobilien zu investieren.<br />
Man konnte entweder direkt ein Haus kaufen<br />
oder sich an kleinen Unternehmen beteiligen.<br />
Beides kommt aber für viele internationale<br />
Großinvestoren nicht infrage, die ihr Geld<br />
grundsätzlich gern in Immobilien anlegen.<br />
<strong>Das</strong> können sie nun auch in Deutschland<br />
tun. Nicht nur wir als Unternehmen profitieren<br />
<strong>von</strong> diesem Kapital. <strong>Das</strong> Vertrauen und<br />
nicht zuletzt die monetären Mittel ausländischer<br />
Investoren stärken das deutsche<br />
Wirtschaftswachstum nachhaltig.<br />
Wer sind diese Investoren?<br />
Zuallererst langfristig orientierte Institutionen,<br />
im Wesentlichen Staatsfonds und Pensionskassen.<br />
Bei uns sind zum Beispiel Norwegen<br />
und Staaten aus dem Nahen Osten<br />
investiert, die ihre Erträge aus dem Öl- und<br />
Gasverkauf sicher und dauerhaft anlegen<br />
wollen. Diese internationalen Investoren sind<br />
stark im Dollar investiert und suchen Diversifikation,<br />
wollen aber keine großen Risiken<br />
eingehen. Dafür ist unsere Aktie perfekt.<br />
Nehmen wir einmal Norges Invest, den<br />
Staatsfonds <strong>von</strong> Norwegen, als Beispiel. Dessen<br />
Anlagestrategie folgt hohen ethischen<br />
Standards und untersteht der direkten Kontrolle<br />
des norwegischen Parlaments. Norges<br />
Finanzchef<br />
Dr. A. Stefan Kirsten, 56, ist<br />
Diplom-Kaufmann, war Finanzvorstand<br />
<strong>von</strong> Metro und Thyssen-<br />
Krupp und ist seit 2011 in gleicher<br />
Funktion bei <strong>Vonovia</strong> (anfangs<br />
Deutsche Annington)<br />
ist also gezwungen, sich sehr genau mit dem<br />
Geschäftsmodell seines Investments auseinanderzusetzen.<br />
Verschwindet Immobilienvermögen aus<br />
Deutschland?<br />
Ganz und gar nicht. Zum einen wächst bei<br />
uns der Anteil deutscher Investoren seitdem<br />
wir im DAX notieren. Zum anderen wird das<br />
Vermögen hier investiert. Internationales<br />
Kapital tut uns gut und ist nötig, wollen wir<br />
in Deutschland die insgesamt 20 Millionen<br />
Mietwohnungen pflegen, modernisieren und<br />
dazu neue bauen. Wichtig ist der sehr langfristige<br />
Horizont dieser Fonds. Nehmen Sie<br />
den britischen Wellcome Trust, für den wir<br />
das größte Aktien-Engagement sind. Da zeigt<br />
man uns gern immer wieder einen Stahlstich<br />
aus dem 18. Jahrhundert mit Szenen aus<br />
Westminster, und wir hören: Wir profitieren<br />
heute <strong>von</strong> dem, was sich dort in Jahrhunderten<br />
entwickelt hat. <strong>Das</strong> sind keine Investoren,<br />
die in Quartalen denken.<br />
Es gibt aber auch andere.<br />
Ja, man kann die langfristig agierenden Fonds<br />
als tiefen, ruhigen Ozean bezeichnen und die<br />
anderen als Wellen obendrauf. Kurzfristiger<br />
denkende Investoren mögen die Einfachheit<br />
unseres Geschäftsmodells. Sie sorgen für<br />
höhere Aktien-Umsätze, auch für gewisse<br />
Kursschwankungen – eben die Wellen. Aber<br />
im Verhältnis zum Ozean sind die Wellen homöopathisch<br />
klein. An einem normalen Börsentag<br />
werden vielleicht <strong>Vonovia</strong> Aktien für<br />
30 oder 40 Millionen Euro umgesetzt. Unser<br />
Marktwert beträgt aber rund 15 Milliarden<br />
Euro, ungefähr 375-mal so viel.<br />
Werden Mieter <strong>von</strong> den Wellen geschüttelt?<br />
Gott sei Dank nein. <strong>Das</strong> würde nur drohen,<br />
wenn wir zum Beispiel einen sehr hohen<br />
Verschuldungsgrad hätten und kurzfristig<br />
Wohnungen verkaufen müssten. Aber da wir<br />
»Unsere Anteilseigner sind<br />
stark im Dollar investiert<br />
und suchen Diversifikation,<br />
wollen aber keine großen<br />
Risiken eingehen. Dafür ist<br />
unsere Aktie perfekt«<br />
15<br />
Millarden Euro<br />
beträgt der Marktwert<br />
<strong>von</strong> <strong>Vonovia</strong> – das<br />
Immobilienvermögen<br />
minus Verbindlichkeiten<br />
» Wir bieten die einfachste,<br />
niedrigschwelligste und damit<br />
demokratischste Form, Immobilien<br />
zu erwerben. Sie können<br />
sich mit gut 30 Euro an unseren<br />
professionell gemanagten<br />
Wohnungen beteiligen«<br />
solide finanziert sind, merken unsere Mieter<br />
<strong>von</strong> diesen Wellen nichts.<br />
Also kein Einfluss <strong>von</strong> Heuschrecken?<br />
Wir sind ohnehin nichts für Heuschrecken,<br />
die nach dem damals geprägten Wort <strong>von</strong><br />
Franz Müntefering ein Unternehmen kahl<br />
fressen und dann weiterziehen. Wir haben<br />
durchaus Investoren mit kurzem Zeithorizont<br />
– aber die leben genauso gut mit unserer<br />
Dividendenrendite <strong>von</strong> 3,6 Prozent wie<br />
alle anderen auch. Und wir haben renommierte<br />
Anlagefonds, die ihrerseits börsennotiert<br />
sind. Die investieren aber nicht für den<br />
schnellen Ertrag bei uns, sondern nutzen uns<br />
als Stabilisator, weil wir mit unserem sehr<br />
langfristigen Geschäftsmodell Ruhe in ihr<br />
Portfolio bringen.<br />
Braucht eigentlich der deutsche Wohnungsmarkt<br />
ein so großes Unternehmen wie Ihres<br />
mit rund 392.000 Wohnungen?<br />
Viele Wohnungsunternehmen haben 5000,<br />
10.000 oder 20.000 Wohnungen. <strong>Das</strong> sind zu<br />
wenige, um das Geschäft effizient zu betreiben.<br />
Wir haben den Markt konsolidiert,<br />
sind aber weit entfernt <strong>von</strong> einer Marktkonzentration;<br />
uns gehören nicht einmal zwei<br />
Prozent aller deutschen Mietwohnungen.<br />
Aber wir können dank dieser Größe unsere<br />
Prozesse industrialisieren: Modernisierung,<br />
Instandhaltung, Zählerablesung, Multimedia,<br />
Routinevorgänge rund um das Vermieten –<br />
und jetzt auch den Neubau <strong>von</strong> Mehrfamilienhäusern<br />
mit vorgefertigten Modulen. Diese<br />
Skaleneffekte werden wir mit den 24.500<br />
Wohnungen aus der erfolgreichen conwert-<br />
Übernahme weiter ausbauen. <strong>Das</strong> Portfolio<br />
passt perfekt zu uns, und wir stellen uns in<br />
den Wachstumsmetropolen Berlin, Dresden<br />
und Leipzig noch breiter auf.
20 VERMIETEN<br />
VERMIETEN<br />
21<br />
Diesen „industriellen“ Ansatz verfolgen wir<br />
übrigens auch bei der Finanzierung – wir<br />
haben die Bausteine genau definiert und<br />
somit für jede finanzielle Herausforderung<br />
schnell das passende Instrument zur Hand.<br />
Hier schließt sich der Kreis: Eben weil wir<br />
das so machen, sind wir so interessant für<br />
Investoren und für Fremdkapitalgeber. Und<br />
nur über die Kapitalmärkte können wir unser<br />
Wachstum finanzieren. <strong>Das</strong> Resultat: Mit<br />
unserer Bilanzsumme <strong>von</strong> 32,5 Milliarden<br />
Euro gehören wir heute weltweit zu den zehn<br />
größten Unternehmen unserer Branche.<br />
Ist das vor allem fürs Prestige – für das Gefühl,<br />
in einer Liga mit Allianz, Daimler und Siemens<br />
zu spielen?<br />
Nein, das ist eine sehr handfeste Sache. Es<br />
hilft der ganzen Immobilienbranche, wenn<br />
eines ihrer Unternehmen solches Gewicht<br />
gewinnt. Wir selbst gewinnen dadurch neue<br />
große Investoren, die nicht speziell nach<br />
einer Immobilienanlage suchen, sondern<br />
nach einem Dax-Unternehmen mit hohen<br />
Aktienumsätzen und entsprechend hoher<br />
Liquidität der Papiere. Wir werden dadurch<br />
auch als Arbeitgeber attraktiver. Schließlich<br />
stehen Dax-Unternehmen unter schärfster<br />
Beobachtung und bieten ein Höchstmaß an<br />
Transparenz durch die regelmäßig veröffentlichten<br />
Finanz- und Nachhaltigkeitsberichte.<br />
Wird Ihr Geschäft nicht viel riskanter, weil Sie<br />
auch mit geliehenen Mitteln arbeiten?<br />
Solange beides in einem gesunden Verhältnis<br />
bleibt, nicht. Für uns als Unternehmen ist es<br />
monetär gleich, ob wir 3,6 Prozent Dividende<br />
ausschütten oder 3,6 Prozent Zinsen<br />
zahlen.<br />
Sind Sie auch etwas für heimische<br />
Privatinvestoren, die vielleicht nur<br />
ein paar Hundert Euro anlegen<br />
wollen?<br />
Ja, wir bieten die einfachste,<br />
niedrigschwelligste und damit<br />
demokratischste Form, Immobilien<br />
zu erwerben. Sie können sich<br />
mit gut 30 Euro an unseren professionell<br />
gemanagten Wohnungen beteiligen,<br />
ohne Makler, Notar und Kreditbank. Und<br />
wenn Sie das Geld brauchen, kommen Sie<br />
genau so einfach wieder heraus.<br />
Aber Sie sind nichts für den schnellen Euro?<br />
Gerade für private Investoren taugen wir als<br />
Langfrist-Investment. Ich zum Beispiel habe<br />
nicht vor, meine <strong>Vonovia</strong>-Aktien kurz- oder<br />
mittelfristig zu verkaufen.<br />
32,5<br />
Milliarden<br />
Bilanzsumme<br />
<strong>Vonovia</strong> zählt zu<br />
den zehn größten<br />
Unternehmen der<br />
Wohnungsbranche<br />
» Der Mieter muss sein<br />
Grundbedürfnis nach<br />
<strong>Wohnen</strong> befriedrigen.<br />
Dafür ist der Markt<br />
streng reguliert, und<br />
das ist richtig«<br />
Laufende Erträge kommen letztlich immer <strong>von</strong><br />
den Mietern. Verstehen Sie die Sorgen mancher,<br />
dass ihre Wohnungen zum anonymen,<br />
im Einzelnen gleichgültigen Teil einer großen<br />
Investment-Masse werden?<br />
Ich gebe zu, wir blicken etwas rationaler auf<br />
die Welt als viele Privatvermieter. Wenn in<br />
deren Haus ein Wasserschaden auftritt, dann<br />
kommt am Samstag die Eigentümerin mit<br />
selbst gebackenem Käsekuchen vorbei und<br />
entschuldigt sich. <strong>Das</strong> schafft natürlich ein<br />
gutes Gefühl. Wir bringen keinen Käsekuchen.<br />
Aber unsere angestellten Handwerker<br />
reparieren den Schaden<br />
oft schneller als der Klempner,<br />
den die Dame erst beauftragen<br />
muss. Vor allem sorgen<br />
sie dafür, dass der Schaden<br />
möglichst gar nicht erst<br />
auftritt. Zugegeben: Wir sind<br />
mit unseren Mietern nicht<br />
per Du. Aber wir sind professionell,<br />
berechenbar und letztlich<br />
preiswerter für alle Beteiligten.<br />
Manche meinen sogar, man dürfe mit der<br />
Befriedigung <strong>von</strong> Grundbedürfnissen wie dem<br />
<strong>Wohnen</strong> keinen Gewinn erzielen.<br />
Man darf es auch mit Grundbedürfnissen<br />
wie Essen und Kleidung. Und man darf den<br />
Mieter nicht ausbeuten, dafür ist der Markt<br />
bei uns streng reguliert. <strong>Das</strong> ist auch völlig<br />
richtig; es schafft auch für uns stabile Be-<br />
dingungen. Man darf es mit der Regulierung<br />
natürlich nicht übertreiben, wenn der Markt<br />
gute Wohnungen bieten und neu gebaut<br />
werden soll.<br />
Aber Mieter sind Massenware in Ihrer<br />
Industrie?<br />
Nein, mit ihnen reden wir weiterhin persönlich,<br />
mit manchen überhaupt nur dank<br />
unserer Größe – weil sich bei uns ein Kundenservice<br />
in sechs Sprachen trägt.<br />
Bewohner wollen mäßige Mieten, Investoren<br />
wollen steigende Erträge. <strong>Das</strong> passt doch nicht.<br />
Natürlich gibt es Interessengegensätze, die<br />
wir als Management in Übereinkunft bringen<br />
müssen. Aber es ist doch nicht so, dass<br />
andere Vermieter keine Erwartungen haben.<br />
Und vor allem gibt es auch starke gemeinsame<br />
Interessen: Unsere Mieter wollen stabile<br />
Verhältnisse, aber manche wollen auch für<br />
komfortablere Wohnungen mehr zahlen.<br />
Unsere Investoren wollen eine regelmäßige,<br />
verlässliche Rendite und hohe Immobilienwerte.<br />
Beides passt.<br />
Als Sie vor gut einem Jahr in den Dax kamen,<br />
sagten Vertreter <strong>von</strong> Mietervereinen: Jetzt kann<br />
sich die <strong>Vonovia</strong> nicht mehr vor Mietern und<br />
Öffentlichkeit verstecken.<br />
<strong>Das</strong> haben wir schon vorher nicht getan.<br />
Und das wollen wir auch nicht. Im Gegenteil.<br />
Wir wollen an unserer Leistung gemessen<br />
werden. Den Leistungen für Kapitalgeber, für<br />
Mitarbeiter und für Mieter.<br />
Wachsender<br />
Markt<br />
Deutschlands Immobilien-Aktiengesellschaften<br />
sind zusammen rund 56 Milliarden Euro wert, ihre<br />
Immobilien sogar rund 90 Milliarden. Die Differenz<br />
entsteht durch Kredite, die vom Marktwert der Immobilien<br />
abgezogen werden müssen. Rund 70 Prozent<br />
der Immobilien sind Wohnhäuser, der Rest umfasst<br />
alle Arten <strong>von</strong> gewerblichen Immobilien – vom<br />
Einkaufszentrum bis zur Lagerhalle. Die zehn hier<br />
aufgeführten Unternehmen besitzen zwei Drittel aller<br />
Werte. Noch vor einigen Jahren waren die meisten Aktien<br />
bei wenigen großen Anteilseignern konzentriert;<br />
jetzt werden mehr und mehr an der Börse gehandelt.<br />
Der „Free Float“ (Streubesitz) explodierte binnen acht<br />
Jahren geradezu <strong>von</strong> 1,5 Milliarden auf 42 Milliarden<br />
Euro. Damit ist ein Markt entstanden, der Investoren<br />
aus aller Welt und in jeder Größenordnung einlädt.<br />
14,4<br />
10,1<br />
<strong>Vonovia</strong><br />
Deutsche <strong>Wohnen</strong><br />
4,7<br />
LEG Immobilien<br />
*Marktkapitalisierung am 30.12.16<br />
Börsenwert in Mrd. €<br />
Quelle: Bloomberg<br />
Deutschlands größte Immobilien-<br />
Aktiengesellschaften*<br />
2,7<br />
Grand City Properties<br />
Buwog<br />
<strong>Das</strong> Anbieten <strong>von</strong> Mietwohnungen<br />
bindet viel Kapital, das zunehmend<br />
an der Börse gewonnen wird.<br />
Die Zahlen zeigen den Aktienkurs<br />
multipliziert mit der Zahl der<br />
ausgegebenen Papiere.<br />
2,2 2,1<br />
1,9<br />
TAG Immobilien<br />
Deutsche Euroshop<br />
Sedlmayr Grund und Immobilien<br />
1,8 1,8<br />
Alstria Office<br />
1,4<br />
ADO Properties
22 VERMIETEN<br />
2008<br />
2009<br />
2010<br />
2011<br />
2012<br />
2013<br />
2014<br />
2015<br />
VERMIETEN<br />
23<br />
Günstige<br />
Wohnungen –<br />
acht<br />
Vorurteile<br />
Angeblich sind Wohnungen mit niedrigen Mieten<br />
chronisch knapp, nur <strong>von</strong> Armen bewohnt und in<br />
Sozialbauten oder außerhalb der Großstädte gelegen.<br />
Nichts da<strong>von</strong> stimmt, wie Statistiken zeigen<br />
Wird in Deutschland<br />
über Mieten geredet,<br />
dann meist über hohe.<br />
In den Schlagzeilen<br />
sind Luxusapartments,<br />
Extrem-Mieten und tatsächlicher oder<br />
angeblicher Wucher. Oder auch die unbestreitbare<br />
Notwendigkeit, bezahlbaren<br />
Neubau für breite Schichten zu schaffen.<br />
Viel weniger im Gespräch ist das besonders<br />
preisgünstige Bestandssegment. Es ist <strong>von</strong><br />
existenzieller Bedeutung, um Menschen<br />
mit knappem Budget zu beheimaten. Aber<br />
in der öffentlichen Diskussion tauchen<br />
Wohnungen mit niedrigen Mieten fast<br />
nur als etwas auf, das es angeblich kaum<br />
noch gibt. Und wenn doch, dann mit<br />
ziemlich unangenehmen Eigenschaften:<br />
als angebliche Slums oder als Niedergangs-<br />
Phänomen in sterbenden Regionen. Aber<br />
das deutsche Günstig-Segment ist größer,<br />
besser als sein Ruf und recht breit verteilt.<br />
<strong>Das</strong> zeigen amtliche Datenwerke – erhoben<br />
vom Statistischen Bundesamt oder für den<br />
jüngsten Wohngeld- und Mietenbericht<br />
der Bundesregierung. Sie widerlegen viele<br />
Vorurteile, die es über Wohnungen mit<br />
niedrigen Mieten gibt.<br />
1Es gibt kaum noch<br />
günstige Wohnungen<br />
100 %<br />
Anteil der<br />
Wohnkosten am<br />
verfügbaren<br />
Haushaltseinkommen<br />
75 %<br />
50 %<br />
25 %<br />
53,3<br />
31,8<br />
Nach der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe <strong>von</strong><br />
2013 lebten seinerzeit 15,2 Prozent aller Mieterhaushalte in<br />
Wohnungen, die weniger als 300 Euro im Monat kosteten.<br />
Weitere 25,9 Prozent kosteten 300 bis 400 Euro. Gemeint<br />
ist jeweils die Bruttokaltmiete, also mit allen Nebenkosten<br />
außer Heizung und Warmwasser. Auf absolute Zahlen umgerechnet<br />
bedeutet das: Es gab 2013 mehr als acht Millionen<br />
Wohnungen in Deutschland für weniger als 400 Euro, da<strong>von</strong><br />
fast drei Millionen für unter 300 Euro. Die gleiche Quelle<br />
enthält Angaben zur Quadratmetermiete. Danach kosteten<br />
32,6 Prozent aller Wohnungen unter 6,00 Euro pro Quadratmeter.<br />
Dies ergibt mehr als 6,5 Millionen Wohnungen für<br />
unter 6,00 Euro Ein Drittel <strong>von</strong> ihnen kostete sogar weniger<br />
als 5,00 Euro pro Quadratmeter.<br />
51,0<br />
30,9<br />
47,2<br />
27,5<br />
28,3 50,0<br />
3<br />
Ebenfalls<br />
27,9 50,5<br />
Es gibt mehr<br />
bedürftige<br />
Haushalte<br />
als günstige<br />
Wohnungen<br />
Belastung steigt nicht<br />
2008 mussten Durchschnitts-Haushalte<br />
(rot) 31,8 Prozent ihrer Budgets für<br />
Wohn- und alle Nebenkosten aufwenden,<br />
2015 nur noch 27,3 Prozent. Auch<br />
bei den Armutsgefährdeten ging die<br />
relative Wohnkosten-Belastung zurück.<br />
28,2 50,1<br />
27,3 52,2<br />
Armutsgefährdete Bevölkerung gesamt<br />
Bevölkerung gesamt<br />
27,3 51,2<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt<br />
2Die Mietbelastung<br />
steigt, weil günstige<br />
Wohnungen<br />
verschwinden<br />
<strong>Das</strong> Statistische Bundesamt beziffert<br />
den Anteil der Wohnkosten am<br />
Haushaltseinkommen für die Jahre<br />
2008 bis 2014 und gibt den Wohnkostenanteil<br />
inklusive Heiz- und<br />
„sonstigen Wohnkosten“ an – was<br />
zu weit höheren rechnerischen<br />
Belastungen führt als die Betrachtung<br />
der Brutto-Warmmiete. Die<br />
Statistiker trennen nach sozialen<br />
Gruppen. Für die auf günstiges<br />
<strong>Wohnen</strong> angewiesene „armutsgefährdete<br />
Bevölkerung“ fraß dieser<br />
Kostenblock im Jahr 2008 vom<br />
verfügbaren Einkommen 53,3 Prozent.<br />
2014 war der Anteil auf 52,2<br />
Prozent gesunken. <strong>Das</strong> deutet auf<br />
fast konstant hohe, aber nicht auf<br />
wachsende Wohnkosten für diese<br />
Gruppe hin. Ähnlich sieht es in der<br />
Gruppe der Alleinerziehenden aus,<br />
die oft auf günstige Wohnungen<br />
angewiesen sind: 2008 mussten sie<br />
50,4 Prozent ihres Budgets dafür<br />
aufbringen; 2015 waren es noch<br />
49,2 Prozent. Ursache für den leichten<br />
Rückgang könnten vor allem<br />
die gesunkenen Ölpreise sein.<br />
nach der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe hatten<br />
2013 rund 7,977 Millionen Mieterhaushalte ein monatliches Einkommen<br />
unter 1300 Euro. Zugleich gibt es 8,0145 Millionen vermietete<br />
Wohnungen für unter 400 Euro. Im Ganzen gesehen ist dieses Günstig-<br />
Segment also geringfügig größer als die Zahl der Haushalte, die darauf<br />
angewiesen ist. Allerdings leben in vielen dieser Wohnungen andere,<br />
die mehr verdienen (siehe Punkt 7). Und natürlich steht ein Teil der<br />
besonders günstigen Wohnungen nicht dort, wo sie besonders dringend<br />
gebraucht würden, sondern in Regionen mit zu wenigen Arbeitsund<br />
Ausbildungsplätzen, aus denen viele Menschen fortziehen.
24 VERMIETEN<br />
VERMIETEN<br />
25<br />
4Günstige Wohnungen<br />
4bekommt man nicht<br />
4in blühenden Großstädten<br />
Hier lohnt ein Blick in die örtlichen Mietspiegel der vier<br />
größten deutschen Städte. Der <strong>von</strong> Berlin zeigt ortsübliche<br />
Mieten in 87 Marktsegmenten. In 38 da<strong>von</strong> liegt der<br />
Mietwert unter 6,00 Euro, in 5 Segmenten sogar unter<br />
5,00 Euro. Günstige Segmente finden sich in West und<br />
Ost, in allen Größen und sämtlichen Altersklassen bis<br />
Baujahr 1990 und auch in guten Wohnlagen. Im teuren<br />
Hamburg gibt es noch zwei <strong>von</strong> 70 Segmenten mit<br />
einer Vergleichsmiete unter 6,00 Euro – mittelgroße<br />
Wohnungen der 1960er- und 1970er-Jahre. Deutschlands<br />
Höchstpreis-Markt München hat kein solches Segment<br />
mehr. Hier sind die Mieten allen anderen Städten weit<br />
entrückt – im günstigsten Tabellenfeld steht ein Quadratmeterwert<br />
<strong>von</strong> 8,67 Euro. In Köln sieht es bei den<br />
Mittelwerten ähnlich aus, aber der Mietspiegel zeigt<br />
auch Abweichungen nach oben und unten – und Mieten<br />
unter 6,00 Euro wenigstens in drei Teilsegmenten bei<br />
sehr großen Wohnungen und solchen ab Baujahr 1969.<br />
<strong>Das</strong> Fazit: Ob es ein günstiges Segment gibt, hängt stark<br />
<strong>von</strong> der jeweiligen Stadt ab und mit dem Einkommen<br />
ihrer Bewohner zusammen. <strong>Das</strong> zeigen besonders die<br />
Extremfälle Berlin und München.<br />
6Nur Non-profit-<br />
6Unternehmen<br />
6sind günstig<br />
6Im Jahr 2013 gab es 1,48 Millionen<br />
6Sozialwohnungen, zugleich wurden<br />
insgesamt drei Millionen Wohnungen<br />
für unter 300 Euro Miete und acht<br />
Millionen für unter 400 Euro vermietet<br />
(siehe Punkt 1). Und viele günstige<br />
Wohnungen gibt es bei kommerziellen<br />
Anbietern. Nach einer Analyse des Instituts<br />
der deutschen Wirtschaft in Köln<br />
„liegen die Mieten der großen privaten<br />
Wohnungsunternehmen auf einem<br />
ähnlichen Niveau wie die der Genossenschaften<br />
und öffentlichen Anbieter,<br />
teilweise sogar darunter“.<br />
GÜNSTIGE METROPOLE<br />
Fast die Hälfte aller Berliner Mietspiegel-<br />
Segmente zeigt Werte unter 6 € /m 2<br />
5Familienwohnungen<br />
5sind besonders teuer<br />
5Von den 3,44 Millionen Mieterhaushalten mit<br />
5Kindern zahlten 2014 knapp 1,5 Millionen<br />
5unter 600 Euro brutto kalt im Monat. Rund<br />
575000 da<strong>von</strong> zahlten sogar unter 300 Euro.<br />
Im Durchschnitt mussten die Familien<br />
583 Euro für die Miete aufbringen.<br />
> 600 €<br />
2,3 Millionen Familien zahlen<br />
mehr als 600 Euro Bruttokaltmiete<br />
300-600 €<br />
> 6 €/m²<br />
44 Marktsegmente<br />
haben<br />
Werte ab 6 € /m 2<br />
6 €/m²<br />
38 Marktsegmente<br />
haben<br />
Werte zwischen<br />
5 und 6 € /m 2<br />
5 €/m²<br />
5 Marktsegmente<br />
haben Werte<br />
unter 5 € /m 2<br />
Quelle: Berliner Mietspiegel<br />
7In günstigen<br />
7Wohnungen lebt<br />
7nur, wer es muss<br />
Mieterhaushalte mit über 1300 Euro<br />
Netto-Einkommen können sich zum<br />
Großteil Wohnungen leisten, die eine<br />
Bruttokaltmiete <strong>von</strong> mehr als 300 Euro<br />
im Monat kosten. Die meisten tun das<br />
auch. Aber 1,22 Millionen <strong>von</strong> ihnen<br />
lebten 2010 in Wohnungen unterhalb<br />
dieses Limits. Und sogar knapp 80.000<br />
Haushalte mit über 3200 Euro netto<br />
im Monat wohnen unter der 300-Euro-<br />
Schwelle, also für weniger als zehn<br />
Prozent ihres Budgets. <strong>Das</strong> erlaubt die<br />
Folgerung: Längst nicht alle preisgünstigen<br />
Wohnungen sind unkomfortabel<br />
und schlicht – sonst wären<br />
Normal- und erst recht Gutverdiener<br />
längst ausgezogen. Aber es zeigt auch<br />
eine bedenkliche Seite: Längst nicht<br />
alle günstigen Wohnungen stehen den<br />
Bedürftigsten zur Verfügung.<br />
61,2 %<br />
36,9 %<br />
8Günstig wohnen nur<br />
8mit alten Mietverträgen<br />
8Insgesamt sind alte Mietverträ-<br />
ge günstiger als jüngere, aber<br />
der Unterschied ist nicht sehr<br />
groß: Nach dem Zensus 2011<br />
betrug die durchschnittliche<br />
Quadratmetermiete bei mindestens<br />
20 Jahre alten Mietverhältnissen<br />
5,94 Euro pro Quadratmeter,<br />
bei höchstens drei<br />
Jahre zuvor abgeschlossenen<br />
Verträgen 6,92 Euro. Aber wie<br />
sieht es bei Wohnungen aus, die<br />
heute frei angeboten werden?<br />
Hierzu gibt es Daten für die<br />
größte Stadt und das größte<br />
Bundesland: <strong>Das</strong> Research-<br />
Unternehmen CBRE wertet alle<br />
aktuellen Mietangebote Berlins<br />
und Nordrhein-Westfalens aus<br />
und ordnet sie dem Postleitzahlgebiet<br />
zu, in dem die jeweilige<br />
Wohnung liegt. <strong>Das</strong> erlaubt<br />
auch Antworten auf die Frage:<br />
Gibt es im jeweiligen Gebiet<br />
besonders günstige Wohnungen?<br />
Um das herauszufinden,<br />
gibt CBRE für alle Postleitzahlen<br />
nicht nur Gesamtwerte an, sondern<br />
auch die mittlere verlangte<br />
Miete für das günstigste Zehntel<br />
der angebotenen Wohnungen.<br />
Berlin hat insgesamt 190 Postleitzahlgebiete.<br />
In 60 da<strong>von</strong>, also<br />
knapp einem Drittel der Stadt,<br />
verlangten Vermieter im ersten<br />
Halbjahr 2016 für freie Wohnungen<br />
im günstigsten Segment<br />
im Mittel unter 6,00 Euro<br />
pro Quadratmeter. In 21 dieser<br />
Gebiete lag der Wert sogar unter<br />
5,50 Euro. Nordrhein-Westfalen<br />
hat 863 Postleitzahlgebiete, für<br />
die Mietdaten zwischen Juli<br />
2015 und März 2016 erhoben<br />
wurden. Hier lag sogar in 717<br />
Gebieten der mittlere Angebotswert<br />
im günstigsten Segment<br />
unter 6,00 Euro; da<strong>von</strong> in 76 Gebieten<br />
sogar unter 4,00 Euro. Die<br />
Mehrzahl der günstigen Gebiete<br />
lag in ländlichen Regionen, aber<br />
es gab sie auch in den bekannt<br />
teuren Rheinmetropolen: Köln<br />
hat sechs Postleitzahlgebiete<br />
mit unter 6,00 Euro pro Quadratmeter,<br />
Düsseldorf hat sieben<br />
und Bonn drei. Die Zahlen<br />
zeigen: In Nordrhein-Westfalen<br />
wie in Berlin finden<br />
Wohnungssuchende<br />
auch heute noch<br />
günstige Angebote.<br />
1,4 Millionen Familien zahlen zwischen<br />
300 und 600 Euro Bruttokaltmiete 75.000 Familien zahlen<br />
weniger als 300 Euro<br />
2 %<br />
Bruttokaltmiete<br />
< 300 €
26 VERMIETEN<br />
VERMIETEN<br />
27<br />
Mieten steigen –<br />
Einkommen auch<br />
In einigen Städten verteuert sich das <strong>Wohnen</strong> stark – aber dank gestiegener<br />
Einkommen können sich die Deutschen mehr Fläche leisten als vor sechs Jahren<br />
EINE ANALYSE VON RALPH HENGER<br />
Die Mietentwicklungen in<br />
einigen Großstädten sind<br />
rasant. Die Marktmieten für<br />
Geschosswohnungen sind in<br />
einigen Metropolen sehr stark<br />
gestiegen. Zugleich legten aber in weiten<br />
Teilen der Republik die Mieten real kaum<br />
zu und gehen teilweise sogar zurück. In<br />
nur 20 <strong>von</strong> 402 Kreisen liegt das Mietenniveau<br />
der angebotenen Wohnungen über 9<br />
Euro pro Quadratmeter. Überdurchschnittliche<br />
Mietsteigerungen <strong>von</strong> jährlich über<br />
2,5 Prozent seit dem Jahr 2010 erleben 29<br />
Kreise mit 8,4 Millionen Menschen (die<br />
Inflationsrate lag im gleichen Zeitraum bei<br />
1,2 Prozent).<br />
Starke regionale Unterschiede<br />
Die steigenden Mieten sind die Folge der<br />
demografischen Veränderungen. In den<br />
letzten Jahren ist ein regelrechter Nachfrageboom<br />
in einigen Ballungszentren entstanden.<br />
Berlins Bevölkerung ist beispielsweise<br />
zwischen 2010 und 2016 um 240.000<br />
Einwohner angestiegen, die Münchens im<br />
gleichen Zeitraum um 140.000. Der enorme<br />
Zuzug erklärt sich zum Großteil aus der<br />
starken wirtschaftlichen Dynamik und dem<br />
damit einhergehenden Beschäftigungsaufbau<br />
der Metropolen. Die niedrigen Zinsen<br />
führen darüber hinaus zu einem generellen<br />
Anstieg der Nachfrage nach Immobilien.<br />
Als Reaktion hierauf zieht die Bautätigkeit<br />
deutlich an – allerdings noch nicht in dem<br />
Maße, dass der Druck auf dem Markt spürbar<br />
nachlassen würde.<br />
Die Veränderungen vergrößern die<br />
regionalen Unterschiede bei den Mieten. So<br />
liegen die Marktmieten in 70 Prozent der<br />
Kreise und kreisfreien Städte unter dem<br />
Bundesdurchschnitt. Die Spanne reicht <strong>von</strong><br />
einer Marktmiete <strong>von</strong> 3,70 Euro (Landkreis<br />
Lüchow-Dannenberg, Niedersachsen) bis<br />
zu 12,70 Euro pro Quadratmeter in München.<br />
<strong>Das</strong> Gefälle zwischen den Kreisen hat<br />
dabei in den letzten Jahren zugenommen.<br />
Während der höchste Wert den niedrigsten<br />
Wert im Jahr 2010 noch um den Faktor<br />
2,8 überstiegen hat, ist es im Jahr 2016<br />
der Faktor 3,4. Zu den Wohnkosten zählen<br />
auch die sogenannten kalten und warmen<br />
Nebenkosten. Nach dem starken Rückgang<br />
der Heizkosten in den letzten beiden Jahren<br />
sind diese im Zeitraum 2010 bis 2016 nur<br />
um vergleichsweise geringe sieben<br />
Prozent gestiegen.<br />
Ein zentraler Indikator für<br />
die Wohnungs- und Sozialpolitik<br />
ist das Verhältnis zwischen den<br />
Ausgaben für das <strong>Wohnen</strong> und<br />
dem verfügbaren Einkommen.<br />
Denn die Wohnkosten stellen<br />
den größten Ausgabeposten der<br />
privaten Haushalte dar. Hieraus<br />
lässt sich über die Einkommensgruppen<br />
hinweg beurteilen, ob<br />
eine angemessene und bezahlbare<br />
Wohnungsversorgung für alle Bevölkerungsgruppen<br />
gegeben ist. Darüber<br />
hinaus lässt sich aus dem Verhältnis der<br />
Mieten und der Kaufkraft ableiten, wie viel<br />
Quadratmeter Wohnungsfläche sich ein<br />
Durchschnittshaushalt vor Ort leisten kann.<br />
Auch dies differiert stark: Im Landkreis<br />
Dingolfing-Landau (Bayern) kann sich ein<br />
Durchschnittshaushalt am meisten Miet-<br />
Die Langfassung dieses<br />
Textes finden Sie unter:<br />
www.iwkoeln.de. Dort ins<br />
Suchfeld das Wort „Mietbelastungen“<br />
eingeben.<br />
Wolfsburg<br />
Seit 2010 ist die<br />
Flächen-Kaufkraft<br />
um 2 % gesunken<br />
wohnungsfläche in Deutschland leisten. Er<br />
bekommt mit durchschnittlichem Einkommen<br />
eine Wohnung mit 126 Quadratmetern,<br />
wenn er 25 Prozent seines Nettoeinkommens<br />
hierfür einsetzt. Schlusslichter sind<br />
dagegen die vier Universitätsstädte Trier,<br />
Freiburg, Heidelberg und Würzburg mit rund<br />
60 Quadratmetern. <strong>Das</strong> ist nicht verwunderlich,<br />
da hier viele Studenten mit geringer<br />
Kaufkraft verhältnismäßig hohe Mieten zu<br />
zahlen haben. Auch die drei größten deutschen<br />
Städte Berlin, Hamburg und München<br />
liegen mit rund 70 Quadratmetern weit<br />
hinten.<br />
München<br />
Seit 2010 ist die<br />
Flächen-Kaufkraft<br />
um 2 % gestiegen<br />
Hamburg<br />
Seit 2010 ist die<br />
Flächen-Kaufkraft<br />
um 4 % gestiegen<br />
Dr. Ralph Henger ist<br />
Experte für Wohnungspolitik<br />
und Immobilienökonomik<br />
am<br />
Institut der deutschen<br />
Wirtschaft in Köln<br />
Viele leisten sich mehr Fläche<br />
Insgesamt zeigt der Blick auf die Entwicklung<br />
der Mieten und Einkommen in den<br />
einzelnen Kreisen, dass sich ein Durchschnittshaushalt<br />
nicht weniger, sondern<br />
mehr Fläche leisten kann: Vor sechs Jahren<br />
konnte sich ein privater Haushalt für 25<br />
Prozent seines Nettoeinkommens im Mittel<br />
92 Quadratmeter Wohnfläche leisten; heute<br />
sind es 94 Quadratmeter. Nur in 24 Prozent<br />
der Kreise kann sich ein Durchschnittshaushalt<br />
heute weniger leisten. Unter den zehn<br />
größten Städten sind da<strong>von</strong> Berlin, Stuttgart<br />
und Dortmund betroffen.<br />
Aber auch in den Städten mit den größten<br />
Mietsteigerungen sind keine erheblichen<br />
Verwerfungen in den Wohnkostenrelationen<br />
zu erkennen. Die Politik muss daher keine<br />
neuen Programme initiieren oder die Wohnungsmärkte<br />
stärker regulieren. Die Wohnungsmärkte<br />
funktionieren, die Bautätigkeit<br />
zieht als Reaktion auf die gestiegenen Mieten<br />
spürbar an, wenn auch verzögert. Dies wird<br />
mittelfristig dafür sorgen, dass sich auch<br />
die heute angespannten Wohnungsmärkte<br />
wieder entspannen. <strong>Das</strong> Wohngeld, welches<br />
zum 1.1.2016 deutlich angehoben wurde,<br />
sorgt dafür, dass auch Geringverdiener eine<br />
angemessene Unterstützung erhalten. Die<br />
soziale Wohnungsraumförderung sollte nur<br />
gezielt an Standorten eingesetzt werden, wo<br />
ein erheblicher Anteil der privaten Haushalte<br />
Zugangsschwierigkeiten zum allgemeinen<br />
Wohnungsmarkt hat. Wichtiger erscheint,<br />
dass die infrastrukturelle Versorgung ländlicher<br />
Räume (Ärzte, Breitband, Verkehr etc.)<br />
in Zukunft besser wird.<br />
Berlin<br />
Seit 2010 ist die<br />
Flächen-Kaufkraft<br />
um 3 % gesunken<br />
Miete und Einkommen<br />
So viele Quadratmeter bekommt man mit<br />
25 % des durchschnittlichen verfügbaren<br />
Einkommens am Ort<br />
Trier<br />
Seit 2010 ist die<br />
Flächen-Kaufkraft<br />
um 2 % gesunken
VERMIETEN<br />
29<br />
» Wir haben uns alle gefreut, dass jetzt<br />
etwas passiert und die Häuser so gut<br />
aussehen«<br />
Hans G. Schumacher, langjähriger Bewohner in Bedburg<br />
Gern wäre der knapp 70-Jährige bei den<br />
Klütten geblieben, so wie seine Nachbarn.<br />
<strong>Das</strong> Verhältnis der Mieter zur Kohle sei<br />
eine Generationenfrage, stellt Sebastian<br />
Lott fest, der auch für Bedburg zuständige<br />
<strong>Vonovia</strong> Regionalleiter in Düsseldorf: „Langjährige<br />
Bewohner sind das Schleppen und<br />
Heizen gewohnt und kennen die kleinen<br />
Tricks, den Ofen am Laufen zu halten.“<br />
Anders der zugezogene Nachwuchs: „Junge<br />
Mieter, die im Elternhaus Zentralheizung<br />
hatten, waren oft abgeschreckt.“<br />
WOHNEN MIT<br />
WENIG KOHLE<br />
<strong>Das</strong> rheinische Tagebau-Revier ist im Umbruch.<br />
<strong>Das</strong> <strong>Wohnen</strong> auch: Es wird moderner und<br />
komfortabler – aber es bleibt dennoch günstig<br />
Mit der Kohle ist Hans G.<br />
Schumacher groß geworden.<br />
„Bei uns in der Straße<br />
in Kerpen-Brüggen stand<br />
eine Brikettfabrik, da habe<br />
ich als Junge mit der Handkarre geholt, was<br />
wir für zu Hause brauchten.“ Sein Vater<br />
und Schwiegervater arbeiteten im Braunkohle-Bergbau;<br />
auch er ging natürlich zum<br />
Bergbau-Unternehmen Rheinbraun, das bis<br />
heute das Revier im Dreieck zwischen Köln,<br />
Aachen und Düsseldorf beherrscht.<br />
1969 bekam er in Bedburg eine Rheinbraun-Werkswohnung;<br />
sie war erst sieben<br />
Jahre alt und ziemlich modern. Nur in<br />
Heizkosten um zwei Drittel<br />
gesunken<br />
Manche flüchteten rasch. „Jedes Jahr nach<br />
dem Winter haben wir hier eine kleine<br />
Auszugswelle“, hat Lott beobachtet. Es<br />
hält die Leute nicht einmal, dass die Miete<br />
in vielen kohlebeheizten Häusern nur<br />
knapp über vier Euro pro Quadratmeter<br />
liegt. In Schumachers Bedburger Siedlung<br />
war ausgerechnet die günstige Miete<br />
zum sozialen Problem geworden: Eine<br />
teils schwierige Kundschaft hatte sich<br />
hier konzentriert; solide Altmieter litten<br />
darunter ebenso wie Eigenheimbesitzer in<br />
der Nachbarschaft. Jetzt aber hat <strong>Vonovia</strong><br />
die Häuser mit 160 Wohnungen liebevoll<br />
saniert. Blickfang sind vor allem die Giebel<br />
mit ihren je sechs Feldern in unterschiedlichen,<br />
durchgängig hellen Farbtönen.<br />
An den Hauseingängen sind Stufen verschwunden;<br />
vor allem gibt es drinnen jetzt<br />
eine moderne Gasheizung. Schumacher<br />
hat endlich seine teuren, ungeliebten<br />
Elektro öfen stilllegen können; seine Heizkosten<br />
sind um zwei Drittel gesunken.<br />
Die Kaltmiete für eine Wohnung mit<br />
deutlich mehr Komfort als früher und mit<br />
geringen Energiekosten beträgt rund 5,80<br />
Euro pro Quadratmeter. Die Erneuerung<br />
war Anlass für ein fröhliches Mieterfest.<br />
„Hier war zuvor über 50 Jahre lang wenig<br />
geschehen“, stellt Schumacher fest.<br />
„Da haben wir uns alle gefreut, dass jetzt<br />
etwas passiert und die Häuser so gut<br />
aussehen.“ Und der langjährige Sozialeinem<br />
Punkt nicht: Statt der damals in<br />
Neubauten überall sonst üblichen Zentralheizung<br />
im Keller setzte man hier noch auf<br />
Kohle in der Wohnung. Als Fortschritt galt<br />
es bereits, wenn nicht mehr jedes Zimmer<br />
ein Öfchen hatte, sondern die Wohnung<br />
eine Feuerstelle, <strong>von</strong> wo die Wärme durch<br />
Rohre verteilt wurde. Der zu Klütten – das<br />
rheinische Wort für Briketts – gepresste<br />
Heizstoff war allgemein üblich, erst recht<br />
für Rheinbraun-Beschäftigte. „Da bekamen<br />
wir jeden Winter ein Deputat <strong>von</strong> 150<br />
Zentnern. Nur den Fuhrlohn mussten wir<br />
bezahlen, wenn wir sie nicht selbst abgeholt<br />
haben.“<br />
Heizen als Generationenfrage<br />
Rauch und Kohlengeruch waren im Winter<br />
selbstverständlich – man hätte sie geradezu<br />
vermisst. Und an das Kohlenschleppen aus<br />
dem Keller gewöhnte man sich. Schumacher<br />
trug sie jahrzehntelang, bis er einen<br />
Herzinfarkt erlitt. Danach heizte er mit<br />
Strom – scheinbar komfortabel, aber mörderisch<br />
teuer, obwohl er vom nahen Kohlekraftwerk<br />
wiederum ein Deputat <strong>von</strong> 400<br />
Kilowattstunden bekam. <strong>Das</strong> war aber rasch<br />
aufgebraucht, und er hatte Stromkosten bis<br />
zu 300 Euro im Monat. „Außerdem hält die<br />
Stromheizung die Wärme nicht. Wenn man<br />
sie ausschaltet, ist es sofort kalt.“<br />
Sebastian Lott,<br />
Regionalleiter bei<br />
<strong>Vonovia</strong> in Düsseldorf,<br />
engagiert sich<br />
für besseres <strong>Wohnen</strong>
30 VERMIETEN<br />
VERMIETEN<br />
31<br />
demokrat findet: „Schön ist auch, dass<br />
unsere Gegend jetzt wieder eine breite Mieterschaft<br />
anspricht.“<br />
Gemütliche Nester unterm Dach<br />
Die Mieten im Stadtteil Kaster bleiben<br />
günstig, auch wenn es Bedburg wirtschaftlich<br />
gut geht: Kölner Pendler ziehen her;<br />
der ausgedehnte Industriepark Mühlenerft<br />
boomt. <strong>Das</strong>s die Braunkohle-Branche<br />
im Zuge der Energiewende allmählich<br />
schrumpft, schadet der Stadt offenbar<br />
wenig.<br />
Selbst im innersten Kern des Kohlereviers,<br />
zehn Kilometer nördlich <strong>von</strong> Bedburg<br />
in Frimmersdorf, sind neue Wohnungen gefragt.<br />
Es lebt <strong>von</strong> Bergbau und Kraftwerken,<br />
ist aber <strong>von</strong> Eigenheimen geprägt sowie<br />
<strong>von</strong> Mehrfamilienhäusern, die hübsch mit<br />
Klinkern verkleidet und traulich mit Satteldächern<br />
versehen sind. Drei da<strong>von</strong> gehören<br />
<strong>Vonovia</strong>. Die Dächer waren schadhaft,<br />
worauf das Unternehmen aus der Not eine<br />
Tugend machte: Die Dächer kamen komplett<br />
weg und wurden völlig neu gebaut<br />
– jetzt aber mit sechs neuen Wohnungen<br />
darunter.<br />
Entstanden sind sehr gemütliche<br />
52-Quadratmeter-Nester für Singles oder<br />
Paare. Sie vereinen kuschelige Dachschrägen-Romantik<br />
mit großzügigen Grundrissen,<br />
Helligkeit und Fernblicken nach<br />
draußen. Ordentlicher Neubau-Standard<br />
rechnet sich hier für <strong>Vonovia</strong> bei Kaltmieten<br />
<strong>von</strong> rund sieben Euro pro Quadratmeter<br />
– es brauchte ja kein Grundstück. Effizientes<br />
Bauen drückte die Kosten weiter – zum<br />
Beispiel mit vorgefertigten Gauben.<br />
Erdwärme und Windräder<br />
Ein weiteres Projekt in der Grevenbroicher<br />
Südstadt sieht neue Wohnungen auf dem<br />
heutigen Dach vor. Hier haben vier <strong>Vonovia</strong><br />
Häuser aus der Nachkriegszeit ebenfalls<br />
noch Kohleheizung – passend zur Lage<br />
am Fuß eines Abraumbergs und direkt<br />
neben der Gaststätte „An der Halde“. Aufs<br />
Flachdach der Vier-Etagen-Häuser kommt<br />
ein weiteres, mit Fahrstuhl erschlossenes<br />
Stockwerk. Es entstehen vor Ort gesuchte<br />
Familien wohnungen mit bis zu 105 Quadratmeter<br />
Wohnfläche, aber auch weniger. Alle<br />
sind barrierefrei erreichbar.<br />
Gedämmt wird hier mit Mineralwolle.<br />
Für derart hohen Standard am grünen Rand<br />
einer Mittelstadt will das Unternehmen rund<br />
8,50 Euro pro Quadratmeter verlangen – für<br />
Neubauten wenig. Denn auch hier hält<br />
jetzt endlich die ersehnte Zentralheizung<br />
Einzug – besonders sparsam und ökologisch<br />
mit Erdwärme. Die geothermischen<br />
Probebohrungen waren vielversprechend.<br />
Oben auf der Halde drehen sich die Windräder.<br />
Mitten im heutigen Kohlerevier ist<br />
die Zukunft sauber, sicher und grün – auch<br />
beim preisgünstigen <strong>Wohnen</strong>.<br />
Gemütliche Nester:<br />
In Frimmersdorf erhalten<br />
Mietshäuser gemütliche<br />
neue Dachwohnungen<br />
DREI FRAGEN AN<br />
ANDREAS KUHLMANN<br />
1<br />
W&G: Geht die Gebäude-Energiewende derzeit schnell genug?<br />
Andreas Kuhlmann Definitiv nein. Wir sind noch weit <strong>von</strong><br />
der energetischen Sanierungsbreite und -tiefe entfernt, die<br />
wir für das Erreichen der Energie- und Klimaziele brauchen.<br />
„Weiter wie bisher“ ist keine Lösung.<br />
2<br />
Zahlt und tut jeder, was er kann – Bewohner, Vermieter<br />
und der Staat?<br />
Positiv ist: Die Bundesregierung hat in den vergangenen<br />
drei Jahren im Thema Energieeffizienz Boden gutgemacht<br />
und viele gute Strategien und Programme vorgelegt. Aber<br />
das hat bislang noch nicht zur notwendigen Trendwende<br />
geführt. Wir brauchen vom Staat eine bessere Förderung<br />
und eine konsequentere Energieeffizienzpolitik, <strong>von</strong> den<br />
Eigentümern mehr Investitionsbereitschaft und <strong>von</strong> den<br />
Mietern mehr Aufgeschlossenheit für neue Produkte und<br />
Geschäftsmodelle.<br />
3<br />
Ist das Vorschriftenkorsett zu eng?<br />
Nein, es ist vor allem zu kompliziert gestrickt. Wir fordern<br />
schon lange eine deutliche Vereinfachung und Vereinheitlichung<br />
des Ordnungsrechts und der Förderprogramme.<br />
Mehr energetische Sanierung wird durch gute Anreize<br />
erreicht, nicht durch mehr Vorschriften. <strong>Das</strong> Gute am energetischen<br />
Bauen und Sanieren ist und bleibt: Die Investition<br />
macht sich bezahlt, spart Energie und schont das Klima.<br />
Allianz für<br />
besseren<br />
Klimaschutz<br />
Klimaschutz ist ein wichtiges Ziel,<br />
bezahlbares <strong>Wohnen</strong> ein anderes. Jetzt<br />
geraten beide in Konflikt: Die Klimaziele<br />
der Bundesregierung sind nur<br />
mit umfangreichen Modernisierungen<br />
erreichbar, die hohe Sanierungskosten<br />
und steigende Mieten verursachen.<br />
Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes<br />
der Wohnungswirtschaft GdW,<br />
warnt vor energetischer Sanierung auf<br />
dem Rücken der Bewohner: „Wenn wir<br />
so weitermachen wie bisher, sanieren wir<br />
uns die letzten günstigen Wohnungsbestände<br />
systematisch weg.“<br />
Um Klimaschutz und bezahlbares<br />
<strong>Wohnen</strong> zu vereinen, haben sich<br />
elf Unternehmen und Institutionen<br />
aus Wohnungswirtschaft, Industrie<br />
und Forschung zur „Allianz für einen<br />
klimaneutralen Wohngebäudebestand“<br />
verbunden – darunter <strong>Vonovia</strong>. Ihr Ziel:<br />
Wohnhäuser sollen deutlich weniger<br />
Wärme verbrauchen – aber die Kosten<br />
sollen tragbar sein. Ungehobene Potenziale<br />
sieht die Allianz in einer effizienteren<br />
Wärmeversorgung <strong>von</strong> Gebäuden. In<br />
deren technischer Infrastruktur bieten<br />
sich Maßnahmen mit einem hohen<br />
Kosten-Nutzen-Effekt an.<br />
Die Allianz hat jetzt die bislang<br />
größte wissenschaftliche Untersuchung<br />
gängiger Energieeffizienz-Maßnahmen<br />
angestoßen. In über 500 Wohnhäusern<br />
werden Einspareffekte untersucht.<br />
Schon jetzt steht für die Allianz fest,<br />
dass bei der energetischen Sanierung<br />
mehr Handlungsfreiheit herrschen<br />
muss als heute. Es soll jedem selbst<br />
überlassen sein, ob er ein bestimmtes<br />
Einsparziel mit Dämmung erreicht, ob<br />
er vielleicht den Kessel tauscht oder die<br />
Nutzer zum effizienteren Heizen bringt.<br />
Andreas Kuhlmann,<br />
Vorsitzender der Geschäftsführung der<br />
Deutschen Energie-Agentur (dena)<br />
Mehr zur Allianz und ihrem Forschungsprojekt<br />
finden Sie auf www.energieeffizient-wohnen.de
32 BEWOHNEN<br />
Bewohnen<br />
ALLES PALETTI<br />
IN KIEL<br />
P<br />
»<br />
Wir tragen dazu bei,<br />
dass sich die Leute<br />
mit ihrem Stadtteil<br />
identifizieren«<br />
Bärbel Lorenz-Dubiela,<br />
Leiterin<br />
Palette 6 ist mein Baby“, sagt Bärbel Lorenz-<br />
Dubiela stolz. Gerade ist das Kind 30 Jahre alt<br />
geworden: das Nachbarschaftszentrum „Palette 6“<br />
in Kiel-Mettenhof. In der Großsiedlung aus den<br />
1960er-Jahren ist die „Palette“ Ort und Treffpunkt für<br />
alles, wozu Leute Lust haben – vom privaten Abiturfest<br />
bis zum Zumba-Fitnesskurs. Den Namen hat<br />
sie, weil hier früher einmal Autos parkten. Seit dem<br />
Umbau zum Quartierstreff 1987 ist die gelernte Erzieherin<br />
und Sozialpädagogin Lorenz-Dubiela dabei.<br />
„Wir bringen hier Menschen zusammen. <strong>Das</strong> alles<br />
trägt dazu bei, dass sich die Leute mit ihrem Stadtteil<br />
identifizieren.“<br />
Die heute <strong>von</strong> <strong>Vonovia</strong> betriebene „Palette 6“ ist<br />
bunt, sichtbar und sehr bekannt unter den 20.000<br />
Mettenhofern. Menschen aller Altersgruppen und<br />
Herkünfte lernen einander kennen und verstehen.<br />
Weil man für Partys die halb unterirdische „Palette“<br />
mieten kann, leiden Nachbarn in den Wohnhäusern<br />
viel seltener unter lauten Festen. Und sie bewirkt<br />
auch Dinge, die man nicht sieht. „Schon als wir<br />
eröffneten, ging binnen Monaten der Vandalismus<br />
zurück“, erinnert sich Lorenz-Dubiela.<br />
Lorenz-Dubiela hat selbst lange in Mettenhof<br />
gewohnt und spaziert leidenschaftlich gern durch<br />
den Stadtteil. „Beim Bäcker oder auf dem Markt am<br />
Gemüsestand gibt es immer einen Schnack“ – und<br />
oft neue Anregungen für Kurse und Programme oder<br />
einfach Stadtteil-Klatsch. „Als Mutter ist man eben<br />
immer im Einsatz“, lacht Lorenz-Dubiela.<br />
Bücher und Ballons:<br />
„Palette 6“ hat für alle etwas –<br />
und macht Mettenhof bunter
34 BEWOHNEN<br />
BEWOHNEN<br />
35<br />
1<br />
KLEIN,<br />
ABER<br />
MEIN<br />
Der Wunsch nach immer mehr<br />
Wohnfläche ist teuer. Zum Raumsparen<br />
gibt es viele Wege. Der beste<br />
ist der Drang in die großen Städte<br />
Wir wohnen so geräumig<br />
wie nie. Rund<br />
einen halben Quadratmeter<br />
wächst<br />
im Durchschnitt die<br />
Wohnfläche jedes Bürgers im Jahr; Ende<br />
2015 waren wir bei 46,2 Quadratmetern<br />
angelangt. Wohnlandschaften, Lofts<br />
oder geräumige Eigenheime machen viel<br />
Freude – aber auch zunehmend Probleme.<br />
Der halbe Quadratmeter pro Person<br />
wirkt gering. Doch er bedeutet, dass wir<br />
jedes Jahr so viel zusätzlichen Wohnraum<br />
brauchen, wie die Millionenstadt<br />
Köln hat. Und wenn wir diesen Raum<br />
nicht innerhalb der Städte schaffen,<br />
dünnen diese immer mehr aus, da hier<br />
immer weniger Menschen leben. Andere<br />
müssen in die Vorstädte ziehen, was<br />
längere Wege bedeutet und die Verkehrsbelastung<br />
verstärkt. Nicht zuletzt ist viel<br />
Fläche auch ein Problem für den, der sie<br />
bewohnt. Jeder Quadratmeter kostet Miete<br />
oder Kaufpreis, will erwärmt, geputzt<br />
und gepflegt sein. Zur Trendumkehr gibt<br />
es viele Ideen und Wege – drei da<strong>von</strong><br />
stellen wir vor.<br />
Familien und<br />
Wohngemeinschaften<br />
Unser Wohnflächen-Zuwachs ist zum Gutteil<br />
nicht die Folge <strong>von</strong> Luxus und bewusster Vergrößerung,<br />
sondern <strong>von</strong> Individualisierung. Im deutschen<br />
Durchschnittshaushalt lebten vor einem<br />
Vierteljahrhundert noch 2,3 Menschen; heute<br />
sind es 1,9. Deshalb ist die Zahl der Haushalte<br />
<strong>von</strong> rund 35 auf 41 Millionen gestiegen. Es gibt<br />
weniger Familien und mehr Alleinlebende.<br />
Eine Trendumkehr würde viel Wohnraum<br />
frei machen – aber wie soll sie gehen? Zwang<br />
zur Groß- oder auch nur Kleinfamilie gibt es in<br />
Deutschland nicht. Für manche ist eine Wohngemeinschaft<br />
die unverbindlichere Variante. Die<br />
passende Unterkunft findet man oft leicht: Vier<br />
einzelne Berufstätige haben ein größeres gemeinsames<br />
Budget als Familien; viele Vermieter<br />
schätzen das. Trotzdem ist der Wohntyp nicht<br />
sehr verbreitet. Man braucht mehr Bereitschaft<br />
zur Einschränkung der Privatsphäre, zum Teilen<br />
und zu alltäglichen Kompromissen, als viele<br />
Menschen haben.<br />
2,3<br />
Bewohner hatte ein deutscher<br />
Durchschnitthaushalt im Jahr<br />
1991. Es gab mehr Familien als<br />
heute und zugleich weniger allein<br />
lebende Ältere und Jüngere.<br />
1,9<br />
Menschen pro Haushalt sind es<br />
heute. Singles und Paare haben<br />
pro Person mehr Fläche als Familien.<br />
<strong>Das</strong> ist ein starker Treiber<br />
für den wachsenden Bedarf an<br />
Wohnraum.<br />
2<br />
Städtisch leben<br />
Nur in zweien der 16 deutschen<br />
Bundesländer haben<br />
die Menschen im Schnitt<br />
weniger als 40 Quadratmeter<br />
Wohnfläche pro Kopf<br />
zur Verfügung und das sind<br />
nicht zufällig die beiden<br />
Stadtstaaten und größten<br />
Kommunen Deutschlands,<br />
Berlin und Hamburg. Und<br />
das obwohl in Hamburg das<br />
Pro-Kopf-Einkommen das<br />
größte in Deutschland ist<br />
und Berlin in dieser Hinsicht<br />
im Mittelfeld liegt. Denn vor<br />
allem der Boden ist in den<br />
Großstädten exorbitant teurer,<br />
und folglich sind es auch<br />
die Wohnkosten. Man lebt<br />
aus ökonomischen Gründen<br />
enger, geht viel aus oder etabliert<br />
gar sein zweites oder<br />
zwölftes Wohnzimmer in<br />
einem netten Café. Deutschlands<br />
Urbanisierung, die<br />
Konzentration <strong>von</strong> mehr<br />
Menschen in den großen<br />
Ballungsräumen, dürfte<br />
das wirksamste Mittel sein,<br />
insgesamt Wohnfläche zu<br />
sparen. Ganz freiwillig und<br />
ohne dass man seine bevorzugte<br />
Wohnweise aufgeben<br />
müsste.<br />
3<br />
Wohngemeinschaft<br />
light: Cluster<br />
„Clusterwohnen“ ist ein<br />
Modell mit Pionierprojekten<br />
in Zürich und Berlin. Es<br />
funktioniert ähnlich wie das<br />
Teambüro in der Arbeitswelt:<br />
Jeder hat seine privaten<br />
Rückzugsräume – eine kleine<br />
individuelle Wohnung mit<br />
Minibad und -küche, die im<br />
Züricher Projekt „Kalkbreite“<br />
teils 27 Quadratmeter klein<br />
sind. Aber alle Wohnungen<br />
gruppieren sich um Gemeinschaftsräume<br />
– den großen<br />
Koch- und Essplatz, den<br />
Abendraum mit Bücherregalen<br />
und Fernseher, die Spielund<br />
Tobediele für die Kinder.<br />
In Zürich gibt es Kleingruppen<br />
mit neun bis zwölf<br />
Wohnungen. Aber es gibt<br />
auch eine Anhäufung <strong>von</strong> 50<br />
Apartments, die sich einen<br />
genossenschaftlichen Luxus<br />
leisten: Was sie abends in<br />
ihrem zentralen Speisesaal<br />
verzehren, wird <strong>von</strong> der<br />
gemeinsam angestellten<br />
Köchin zubereitet.
36 BEWOHNEN<br />
BEWOHNEN<br />
37<br />
Auf den ersten oberflächlichen<br />
Blick scheinen Welten zwischen<br />
privaten und öffentlichen<br />
Wohnungsunternehmen<br />
zu liegen: Die einen sind<br />
renditeorientiert wirtschaftende Unternehmen,<br />
die anderen erfüllen einen kommunalen<br />
Versorgungsauftrag. Aber schon auf den<br />
zweiten Blick treten die Gemeinsamkeiten<br />
zwischen den Unternehmensformen, nicht<br />
die Differenzen hervor. Einerseits betonen<br />
wir öffentlichen Unternehmen die Berücksichtigung<br />
sozialer und gesellschaftlicher<br />
Belange in der Regel stärker als die Rendite<br />
der Unternehmen. Aber um diese Belange<br />
langfristig zu erfüllen, wollen und müssen<br />
wir wirtschaftlich agieren. <strong>Das</strong> schulden<br />
wir unseren Eigentümern, den Städten<br />
und Gemeinden, und den Bürgern. Und wir<br />
schulden nicht zuletzt unseren Mietern<br />
einen verantwortungsvollen, effizienten<br />
Umgang mit ihren Mitteln.<br />
Auf der anderen Seite können es sich<br />
private Wohnungsunternehmen nicht lange<br />
leisten, ausschließlich kurzfristige Renditeziele<br />
zu verfolgen. Einige haben das in der<br />
Vergangenheit versucht, sparten drastisch<br />
am Personal und an der Instandhaltung<br />
ihrer Bestände. Die Folgen spürten sie bald<br />
Von Vielfalt<br />
profitieren<br />
Öffentliche und private Wohnungsunternehmen verbindet mehr,<br />
als man denkt, erklärt Stefanie Frensch, Geschäftsführerin der<br />
landes eigenen HOWOGE in Berlin<br />
in Form <strong>von</strong> Leerstand, erschwerter Vermietbarkeit<br />
und schlechtem Image. Aber<br />
hier ist ein Wandel sichtbar. Vor allem in<br />
börsennotierten Wohnungsunternehmen<br />
setzen institutionelle Kapitaleigner wie<br />
Staats- und Pensionsfonds auf langfristig<br />
stabile Erträge und eine entsprechende<br />
Bewirtschaftung. Wo private Wohnungsunternehmen<br />
und das Quartiersmanagement<br />
das umsetzen, beobachten wir das erfreut,<br />
denn es unterstützt auch die Stabilität unserer<br />
Bestände, dort wo wir Nachbarn sind.<br />
Auch auf den Wohnungsmärkten und in<br />
den Städten stehen öffentliche wie private<br />
Unternehmen vor den gleichen Herausforderungen.<br />
In Deutschlands Metropolen<br />
ist der Druck auf die Innenstädte stark;<br />
hier droht soziale Entmischung oder findet<br />
diese bereits statt. Von uns allen ist hier<br />
eine Bewahrungs- und Integrationsleistung<br />
gefordert: <strong>Gesellschaft</strong>licher Zerfall<br />
und Entfremdung zwischen Schichten und<br />
Gruppen ist kein nachhaltiges Sozialmodell<br />
– und angesichts drohender Spannungen<br />
und ihrer Kosten auch kein nachhaltiges<br />
Geschäftsmodell.<br />
Hier stehen wir in der gemeinsamen<br />
Verantwortung, Raum für unterschiedlich<br />
Zahlungskräftige und für alle Alters- und<br />
Haushaltsgruppen zu bieten – in den Beständen,<br />
aber auch im Neubau. <strong>Das</strong> mag in<br />
der Planung und Bewirtschaftung manchmal<br />
schwieriger sein als homogene Quartiere<br />
für eine gleichartige Bewohnerschaft<br />
vorzuhalten oder zu schaffen. Es erspart<br />
aber vor allem die sozialen Kosten der<br />
Homogenität und der damit verbundenen<br />
gegenseitigen Abschottung. Und es macht<br />
krisenfest – wie jedes buntere, vielfältigere<br />
und damit anpassungsfähigere Angebot.<br />
Auch hier steht unternehmerischer Gewinn<br />
auf lange Sicht nicht im Widerspruch zum<br />
gesellschaftlichen Mehrwert, sondern setzt<br />
ihn voraus.<br />
Auf den zunehmend engeren Märkten<br />
stehen öffentliche und private Unternehmen<br />
auch nur bedingt in der Konkurrenz<br />
um Kunden. Viel stärker sind wir in wachsenden<br />
Städten da<strong>von</strong> herausgefordert,<br />
unseren Versorgungsauftrag angesichts<br />
steigender Grundstücks- und Baupreise<br />
zu erfüllen. Darum suchen wir als<br />
kommunale Wohnungsunternehmen<br />
nach zeitgemäßen Lösungen<br />
im Neubau. Überall ermitteln und<br />
erproben wir Verbesserungspotenziale:<br />
im Planungs- und Bauprozess,<br />
in der Bauweise und Ausführung und<br />
nicht zuletzt bei den Grundrissen. Hohe<br />
Wohnqualität zu bezahlbaren Preisen auf<br />
begrenzter Fläche – das funktioniert mit<br />
klug geschnittenen, auch technisch adäquat<br />
ausgestatteten Wohnungen. Hier<br />
sollten und müssen Wohnungsunternehmen<br />
nicht wie Industriekonzerne neue<br />
Modelle jahrelang in Geheimlabors entwickeln<br />
und testen, sondern ihr Know-how<br />
miteinander teilen und sich austauschen.<br />
Dazu sind wir öffentliche Unternehmen<br />
gern bereit.<br />
Denn die Verbreitung guter Lösungen<br />
für angespannte Wohnungsmärkte sollte<br />
im Interesse aller Unternehmen sein. In<br />
unterschiedlichen unternehmensübergreifenden<br />
Arbeitsgruppen sind hier auch<br />
schon erste wichtige Schritte getan. Wo<br />
Übernachfrage besteht, kann man vielleicht<br />
kurzfristig sehr gut verdienen. Aber wie die<br />
Erfahrung zeigt, hat diese Strategie häufig<br />
nachfolgende Regulierungen zur Folge,<br />
welche die Unternehmen auf Dauer mehr<br />
kosten, als sie kurzfristig verdient haben.<br />
Aber die Unterschiedlichkeiten gibt es<br />
natürlich auch. Getragen und gefordert<br />
<strong>von</strong> verschiedenen Eigentümern, haben wir<br />
bei aller Gemeinsamkeit in vielen Punkten<br />
doch immer wieder andere Zielvorstellungen,<br />
Gewichtungen und Strategien – und<br />
unterschiedliche Potenziale, diese umzusetzen.<br />
<strong>Das</strong> ist eine fruchtbare Konkurrenz.<br />
Und Konkurrenz belebt ja bekanntlich das<br />
Geschäft. Mieter, Städte und nicht zuletzt<br />
unsere Branche selbst profitieren <strong>von</strong> der<br />
unternehmerischen Vielfalt.<br />
Stefanie Frensch<br />
ist Geschäftsführerin der landeseigenen HOWOGE<br />
Wohnungsbaugesellschaft mbH in Berlin, die mit<br />
einem Bestand <strong>von</strong> 58.900 Wohnungen zu den<br />
zehn größten Vermietern deutschlandweit gehört
BEWOHNEN<br />
39<br />
» Der historische Stadtkern und<br />
das übrigen Dresden sind keine<br />
getrennten Welten«<br />
Martina Pansa, Geschäftsführerin Region Ost bei <strong>Vonovia</strong><br />
tischen Woba, diese ging an die Gagfah in<br />
Essen und diese später in der <strong>Vonovia</strong> auf.<br />
Nach vielen Turbulenzen freut sich Martina<br />
Pansa jetzt: „Seit wir bei <strong>Vonovia</strong> sind,<br />
können wir endlich wieder in die Zukunft<br />
gucken.“<br />
Neue Akzente nahe der City<br />
Auch in Gegenden, die sie noch aus ihrer<br />
Kindheit erinnert. „An der Grunaer Straße<br />
habe ich immer noch die riesigen freien<br />
Flächen vor Augen“ – Folgen des Bombenkriegs.<br />
Rund zehn Jahre danach entstanden<br />
hier Wohnhäuser, deren Stil ein Fachlexikon<br />
als „sozialistischen Klassizismus<br />
mit Anklängen an den Dresdner Barock“<br />
einordnet. Auch sie stehen längst unter<br />
Denkmalschutz. Für Dresden-Touristen<br />
mit Interesse an der jüngeren Baugeschichte<br />
sind sie den 500-Meter-Abstecher<br />
aus der Altstadt wert. Die Häuser erhielten<br />
rustikale Sockel aus Elbsandstein,<br />
Schmuckrahmen um die Wohnungstüren,<br />
repräsentative Balkon-Austritte darüber<br />
und gemütliche Satteldächer. Und zwischen<br />
ihnen ließ man viel, viel Platz. <strong>Das</strong><br />
entsprach dem damaligen Städtebau-Ideal<br />
<strong>von</strong> Licht, Luft und Sonne. Boden gab es in<br />
der zerstörten Stadt reichlich und kostete<br />
das Staatsunternehmen oft nichts. Bis zu<br />
200 Meter beträgt der Abstand zwischen<br />
zwei Häusern; der größte Hof umfasst rund<br />
15.000 Quadratmeter.<br />
Es gibt sie noch heute, aber sie sind<br />
nicht sehr stark genutzt: Es gibt Wäscheund<br />
Teppichklopfstangen, Buschgruppen<br />
und Sandkisten, die in der mittlerweile<br />
seniorenreichen Gegend wenig besucht<br />
werden. Zugleich sind auch in dieser Stadt<br />
zentrale Wohnungen zunehmend gefragt.<br />
Der „Wohnmarktreport Deutschland 2016"<br />
<strong>von</strong> CBRE und <strong>Vonovia</strong> stellt für Dresden<br />
fest: „Angesichts der positiven Bevölkerungsentwicklung<br />
werden inzwischen vor<br />
allem Mietwohnungen knapp." Also denkt<br />
<strong>Vonovia</strong> an eine neue Generation Häuser<br />
auf den größten Rasenflächen. Sie sollen<br />
PRACHT<br />
UND PLATTE<br />
Wie das historische und das moderne Dresden<br />
zu einem stimmigen Ganzen werden<br />
Jeder Dresden-Tourist spaziert über<br />
den Neumarkt zur Frauenkirche,<br />
promeniert am Fürstenzug vorbei<br />
zur Hofkirche, staunt ob der Pracht<br />
im Grünen Gewölbe, bewundert die<br />
Semperoper und geht in den Zwinger.<br />
Manche kommen nicht darüber hinaus. Ein<br />
Vorurteil lautet, die übrigen 99 Prozent <strong>von</strong><br />
Dresden hätten mit der Barockpracht des<br />
Kerns nichts zu tun, sondern seien modern<br />
und langweilig.<br />
Dem widerspricht Martina Pansa: „Der<br />
historische Stadtkern und das übrige<br />
Dresden sind absolut keine getrennten<br />
Welten“, sagt die gebürtige Dresdnerin und<br />
Geschäftsführerin der Region Südost bei<br />
<strong>Vonovia</strong>. „Es gibt viele Orte mit Flair, die<br />
einen Spaziergang wert sind. Und für die<br />
Stadtviertel außerhalb des Kerns gilt das<br />
Schwung in<br />
Laubegast:<br />
In dem Elbvorort steht<br />
eine der schönsten<br />
1920er-Jahre-Siedlungen<br />
der Stadt<br />
Gleiche wie für das Zentrum: Dresden wird<br />
immer lebenswerter.“ <strong>Vonovia</strong> ist Dresdens<br />
größte private Grundeigentümerin. Sie<br />
besitzt und vermietet 38.000 Wohnungen –<br />
fast jede achte in der Stadt.<br />
Barock in der Neustadt<br />
Dem Dresden-Besucher empfiehlt Martina<br />
Pansa, vom zentralen Schlossplatz aus die<br />
Elbe auf der Augustusbrücke zu überqueren.<br />
Am anderen Ufer liegt die Neustadt,<br />
aber zum großen Teil heißt sie nur so. Am<br />
Neustädter Markt glänzt das Denkmal des<br />
Goldenen Reiters, bald dahinter liegt das<br />
Barockviertel – gebaut nach einem Stadtbrand<br />
in den Jahrzehnten ab 1685 und noch<br />
heute in weiten Teilen original, trotz Industrialisierung<br />
und Bauboom, Bombenkrieg<br />
und Sozialismus. Hier genießen Dresdner<br />
und Besucher die Kunsthandwerker-Passagen<br />
und das Kügelgenhaus-Museum,<br />
kaufen Plauener Spitzen, Schwibbögen bei<br />
Kunst & Handwerk Richter oder Adamund-Eva-Tassen<br />
in der Galerie für erotische<br />
Porzellanmalerei.<br />
Martina Pansa sieht all das gern, aber<br />
noch mehr als der Zustand interessiert<br />
sie der Verbesserungsbedarf. „Westlich<br />
vom Markt wurde ein Teil des Blocks zu<br />
DDR-Zeiten ergänzt. Der muss jetzt saniert<br />
werden.“ Die Geschäfte in der Hauptstraße<br />
gilt es zu fördern, den Handels- und Kulturverein<br />
zu unterstützen und bei allem Stolz<br />
über das Barocke nicht den jüngeren Ostteil<br />
des Quartiers zu vergessen.<br />
Wie kommt ein Unternehmen wie <strong>Vonovia</strong><br />
zu barocken Häusern und zentralen<br />
Geschäftsbauten? Sie gehörten der städ-<br />
Rund<br />
38.000<br />
Wohnungen besitzt<br />
<strong>Vonovia</strong> in Dresden –<br />
fast jede achte in<br />
der Stadt
40 BEWOHNEN<br />
BEWOHNEN<br />
41<br />
aber keineswegs den Nachkriegsbauten<br />
angepasst sein. „Wir wollen lieber einen<br />
Kontrast setzen“, sagt Neubau-Referentin<br />
Elsa Niekisch. „Es ist auch den Denkmalschützern<br />
lieber, wenn sich Alt und Neu<br />
klar unterscheiden.“ Eine erste Studie des<br />
Dresdner Architekten Jens-Heinrich Zander<br />
sieht in gebührendem Abstand zu den<br />
Denkmälern fünfeckige Häuser vor, mit<br />
Zwei- bis Vierzimmerwohnungen für Singles,<br />
Paare und Familien. Kommt es dazu,<br />
hätten Architekturfreunde noch einen<br />
Grund mehr für den Besuch der Gegend.<br />
Idyllisch in Laubegast<br />
Haben Sie mehr Zeit, dann reisen Sie<br />
sieben Kilometer elbtalaufwärts bis in den<br />
kleinstädtisch-ländlichen Vorort Laubegast.<br />
Dort entstand 1929 bis 1932 die idyllische<br />
Siedlung „Laubegaster Höfe“ im Stil der Zeit<br />
– mit einem kreisförmigen Ensemble um<br />
den zentralen Kirchplatz, schönen Klinkersockeln,<br />
feinen Fensterstreifen vor den<br />
Treppenhäusern und Satteldächern über<br />
den teils nur drei Wohnetagen.<br />
Auch dies ist <strong>Vonovia</strong> Terrain – inzwischen<br />
gründlich saniert, mit neuen Balkons<br />
und teils veränderten Grundrissen versehen,<br />
dazu mit Ökologischem wie Solarkollektoren,<br />
Regenwasserspeichern und einem<br />
Gründach auf dem neuen Parkdeck. Für all<br />
das gab es nach der Modernisierung einen<br />
bundesweiten Bauherrenpreis.<br />
Als ihr früheres Unternehmen noch<br />
Wohnungen verkaufen sollte, hätten sie<br />
und ihre Kollegen diese Perle „ein bisschen<br />
vor Interessenten versteckt“, gibt Martina<br />
Pansa augenzwinkernd zu. Heute muss sie<br />
die Höfe nicht mehr verstecken, sondern<br />
preist sie lebhaft an – zum Beispiel für<br />
einen kleinen Abstecher vom nahen Elberadweg.<br />
Zugegeben: Es gibt auch Quartiere, die<br />
sie Idylle-Touristen nicht mehr empfehlen<br />
kann, aber umso mehr Experten, die in<br />
Dresden die Bewältigung <strong>von</strong> Herausforderungen<br />
der Wohnungswirtschaft studieren<br />
wollen. Geeignete Objekte dazu sind drei<br />
17-geschossige Türme im Plattenbau-<br />
Stadtteil Prohlis, jeder mit 208 Einzimmerwohnungen.<br />
Für sie hat das Wohnungsamt<br />
Belegungsrechte und kann besonders<br />
bedürftige Mieter versorgen. Zeitweise<br />
nahmen Probleme mit Müll, Vandalismus,<br />
Lärm und Kriminalität überhand. Jetzt aber<br />
hat <strong>Vonovia</strong> für jedes Haus einen Concierge<br />
eingestellt – einen ständig präsenten<br />
Mieterbetreuer im Erdgeschoss, der seine<br />
Kundschaft kennt und bei Bedarf einschreitet,<br />
der ansprechbar ist, Pakete annimmt<br />
und im Alltag helfen kann. „Für die<br />
Bewohner ist das ein großer Fortschritt“,<br />
berichtet Pansa. „Diesen Service lassen wir<br />
uns gern etwas kosten, denn wir wollen,<br />
dass sich unsere Kunden bei uns zu Hause<br />
fühlen.“<br />
» Wo wir im Nachkriegsquartier neu bauen,<br />
setzen wir bewusst einen Kontrast.<br />
<strong>Das</strong> ist auch Denkmalschützern lieber«<br />
Elsa Niekisch, Neubau-Referentin bei <strong>Vonovia</strong> in Dresden<br />
Viele Stile:<br />
Platte in Prohlis, Barock<br />
in der Neustadt und<br />
grüne 1920er-Jahre-<br />
Moderne in Laubegast:<br />
Die <strong>Vonovia</strong><br />
Wohnungsbestände<br />
spiegeln Dresdens<br />
Vielfalt wider<br />
In Harmonie mit der Stadt<br />
Es geht auch sonst vieles. In anderen Häusern<br />
werden Fahrstuhlschächte extra aufgesägt<br />
und neue Lift-Eingänge geschaffen, damit<br />
Bewohner und Besucher stufenlos in den<br />
Aufzug kommen. Schwellen verschwinden<br />
auch in den Wohnungen; Armaturen in Bad<br />
und Küche werden seniorenfreundlich angebracht.<br />
Man kümmert sich um Bedürftige:<br />
„Wir haben über 700 Wohnungen an Flüchtlinge<br />
vermietet“, berichtet Pansa. „Dabei und<br />
auch bei vielen anderen Themen arbeiten<br />
wir bestens mit der Verwaltung zusammen.<br />
Zum Beispiel bei der Entwicklung am Fetscherplatz“<br />
(siehe Kasten rechts). Die Stadt<br />
und ihr größtes Wohnungsunternehmen<br />
engagieren sich gemeinsam, damit Dresden<br />
nicht nur für Touristen, sondern auch für<br />
seine Bürger im Alltag immer schöner wird.<br />
Wundheilung<br />
Ein Wettbewerb bringt Ideen für<br />
ein zerrissenes Areal<br />
Der Fetscherplatz ist etwas Besonderes in Dresden.<br />
Er liegt genau zwischen den Nachkriegsvierteln<br />
der Johannstadt und den Stadtvillen<br />
<strong>von</strong> Striesen. Und er ist ein wichtiger Knotenpunkt<br />
für Straßenbahnen und Busse, an dem man sich<br />
beim Warten an prachtvollen Gründerzeitfassaden,<br />
Bäumen, kleinen Läden und Kiosken erfreut.<br />
Doch gleich westlich <strong>von</strong> hier herrschte bis zuletzt<br />
Tristesse: Zwei Plattenbauten standen da wie zufällig<br />
abgeworfen auf einer weiten Fläche. Anja Heckmann,<br />
Abteilungsleiterin Stadtplanung Innenstadt im<br />
Dresdner Rathaus, spricht <strong>von</strong> einer „städtebaulichen<br />
Fehlstelle“, Professor Carsten Lorenzen <strong>von</strong> der<br />
TU Dresden sogar <strong>von</strong> einer „offenen Wunde in der<br />
Stadt“. <strong>Das</strong> sieht auch Siegfried Berg so, Leiter Städtebau<br />
und Grundstücksmanagement der <strong>Vonovia</strong>:<br />
„Hier tut es gut, den Stadtgrundriss zu reparieren.“<br />
Dazu taten sich die drei und ihre Institutionen<br />
zusammen und initiierten einen besonderen Wettbewerb:<br />
Architekturstudenten der TU sollten Ideen für<br />
ein neues Quartier entwickeln. „HolzStadt<strong>Wohnen</strong>“<br />
hieß das Motto, da Modul-Entwürfe gefordert waren.<br />
Jugendlich unbeschwert entwarfen die Studenten<br />
ring- und blockförmige, geschlossene und offene<br />
Strukturen. Es gewann Nadine Aepfler mit einem<br />
Entwurf für zwei geschwungene Blöcke, zwischen<br />
denen sich der Weg im Zentrum zu einem Quartiersplatz<br />
weitet. Anja Heckmann vom Planungsamt<br />
freut sich: „Diese Arbeit leistet einen großen Beitrag<br />
für die Stadtgesellschaft und die künftigen Bewohner.“<br />
Siegfried Berg will „im Lichte der eingebrachten<br />
Ideen mit der Stadt diskutieren, wie wir weiter<br />
verfahren“. Bauen will <strong>Vonovia</strong> auf jeden Fall.<br />
Urban und schwungvoll: Nadine Aepfler mit ihrem preisgekrönten<br />
Entwurf für zwei Neubauten am Fetscherplatz
42 VERBESSERN<br />
Verbessern<br />
DORTMUND:<br />
KEIN KINDERSPIEL<br />
R<br />
»<br />
Der Spielplatz ist<br />
ein gelungenes<br />
Beispiel für die<br />
Zusamenarbeit<br />
zwischen der Stadt<br />
Dortmund und<br />
den Wohnungsunternehmen«<br />
Ralf Peterhülseweh geht gern auf den Spielplatz.<br />
Rutsche, Klettertürmchen und Schaukel sind ein<br />
Zeichen der Hoffnung, das der Dortmunder Regionalleiter<br />
<strong>von</strong> <strong>Vonovia</strong> in einer zeitweise schwierigen Umgebung<br />
gesetzt hat: einer Siedlung in Westerfilde am<br />
westlichen Stadtrand, gebaut in den 1970er-Jahren.<br />
Da gab es in zehn Jahren acht verschiedene Eigentümer<br />
– die die Häuser entsprechend wenig pflegten.<br />
„Aber für uns ist das hier ein dauerhaftes Engagement“,<br />
betont Peterhülseweh. „Wir haben fast 20.000<br />
Wohnungen in der Stadt, sind damit der größte<br />
Vermieter und fühlen uns dem Ort verpflichtet.“ Zwei<br />
neue Spielplätze <strong>von</strong> <strong>Vonovia</strong> stehen für die Wende.<br />
Aber nicht nur die: Ringsum werden die Häuser modernisiert<br />
und verschönert. Die energetische Sanierung<br />
und die optische Aufbesserung der Fassaden<br />
gehen dabei Hand in Hand. Eine früher betongraue<br />
Garagenwand haben Schulkinder unter Anleitung des<br />
Künstlers Robert Kaller mit einem Plattenmosaik <strong>von</strong><br />
mediterraner Anmutung versehen. Es gibt ein Quartiersmanagement<br />
und Sozialprojekte, die Peterhülseweh<br />
unterstützt.<br />
Die Eröffnung eines Spielplatzes war sogar dem<br />
Dortmunder Oberbürgermeister Ullrich Sierau einen<br />
Besuch wert. „<strong>Das</strong> ist ein gelungenes Beispiel für die<br />
Zusammenarbeit zwischen der Stadt Dortmund und<br />
den Wohnungsunternehmen“, freute er sich. Die<br />
Wende in Westerfilde geht nicht auf einen Rutsch –<br />
doch sie läuft, weil alle an einem Strang ziehen.<br />
Optimist im Winterlicht:<br />
Ralf Peterhülseweh sieht Westerfilde nach schwierigen<br />
Zeiten auf einem guten Weg<br />
Ullrich Sierau,<br />
Oberbürgermeister <strong>von</strong> Dortmund
VERBESSERN<br />
45<br />
LICHTBLICKE<br />
FÜR<br />
STEILSHOOP<br />
In einer Hamburger Großsiedlung engagieren sich<br />
alle gemeinsam für das Zusammenleben, Freiräume<br />
und bessere Wohnungen<br />
Seinen ersten Frühling erlebte<br />
Hamburg-Steilshoop vor knapp 40<br />
Jahren. Ab 1969 entstand es als eine<br />
der letzten großen Sozialbau-Siedlungen<br />
der Nachkriegszeit. Sie sollte<br />
besser sein als die zuvor gebauten, aus<br />
deren Fehlern die Planer gelernt hatten.<br />
Steilshoop bekam also keine verwirrende<br />
Anhäufung <strong>von</strong> Hauszeilen und Hochhaustürmen,<br />
sondern 22 heimelige Karrees mit<br />
grünen Innenhöfen. Es entstand keine Verkehrswüste,<br />
sondern ein ruhiger Stadtteil<br />
mit zentralen Fußweg-Alleen. Aber auch<br />
keine reine Schlafstadt, sondern ein Quartier,<br />
angereichert mit Einkaufszentrum,<br />
zahlreichen Pavillons und Kiosken.<br />
Aber der Frühling währte nicht lange.<br />
<strong>Das</strong> damals so gern als Gestaltungsmittel<br />
verwendete Betongrau war allzu streng,<br />
und vor allem gab es Armut, Vernachlässigung<br />
und Wohnungsleerstand. In Steilshoop<br />
konzentrierten sich in den 1990er-<br />
Jahren Bewohner, die keine Alternative<br />
hatten.<br />
Zweiter Frühling im Quartier<br />
Doch jetzt ändert sich das. Silke Loose, die<br />
für die <strong>Vonovia</strong> deren 2100 Wohnungen im<br />
Quartier managt, und viele andere sorgen<br />
für einen zweiten Frühling des ganzen<br />
Stadtteils mit seinen 18.000 Bewohnern.<br />
Und die Aussichten sind gut, dass er nicht<br />
rasch vergeht. Die <strong>Vonovia</strong> Häuser werden<br />
optisch und energetisch aufgefrischt. „In<br />
fünf Jahren wird man sie nicht mehr wiedererkennen.“<br />
Zwischen ihnen verwandeln<br />
sich schon jetzt unübersichtliche Fußwege<br />
in luftig klare Achsen.<br />
Es dürfte weniger Anonymität und<br />
Einsamkeit geben, dafür ein dichtes<br />
Nachbarschaftsnetz und viel gegenseitige<br />
Hilfe. Und wenn alles gut geht, auch ein<br />
neues urbanes Zentrum für den Stadtteil.<br />
» Viele Leute<br />
erkennen,<br />
dass es im<br />
Stadtteil wieder<br />
bergauf<br />
geht«<br />
Silke Loose,<br />
Bewirtschafterin<br />
bei <strong>Vonovia</strong><br />
Spiegelungen: Auf dem<br />
Foto aus dem Foyer<br />
über lagern sich Fassade<br />
und Plätze<br />
Menschen wie Silke Loose tragen diesen<br />
Wandel. Die gelernte Immobilienfachwirtin<br />
vertritt mit <strong>Vonovia</strong> die größte Eigentümerin<br />
im Quartier. Sie kennt Mieter, die seit<br />
dem Bau des Gebiets vor fast 50 Jahren<br />
hier leben, ebenso wie den taubstummen<br />
jungen Syrer, der vor Kurzem hier Zuflucht<br />
gefunden hat. Die Arbeiterwohlfahrt ist<br />
ihr so vertraut wie die Parkdecks und die<br />
Moschee. „Teils gab es eine negative Grundstimmung“,<br />
berichtet sie. „Jetzt erkennen<br />
viele Leute, dass es wieder bergauf geht.“<br />
Gemeinschaftswerk namens HID<br />
Loose arbeitet mit an einem Pioniermodell<br />
– einem so frischen, dass es nicht einmal<br />
ein deutsches Wort dafür gibt, sondern<br />
nur den englischen Begriff „Housing<br />
Improvement District“, abgekürzt HID –<br />
Wohngebiet auf dem Weg der Besserung.<br />
Hier sitzen Vertreter der Stadt sowie der<br />
großen und kleinen Wohnungseigentümer<br />
an einem Tisch und verfügen über einen<br />
gemeinsamen Geldtopf, um das Quartier<br />
voranzubringen. <strong>Das</strong> Besondere daran:<br />
Damit nicht die einen investieren und die<br />
anderen profitieren, muss jeder Eigentümer<br />
im Gebiet mitmachen. <strong>Das</strong> gebietet der<br />
Paragraf 171f des Baugesetzbuchs. Große<br />
gingen diesen Weg gern und initiierten mit<br />
der Stadt den HID.<br />
Die Stadtteil-Optimierer nahmen sich<br />
vor allem die zentrale Achse vor, die mit<br />
zwei Knicken einmal längs durchs Gebiet<br />
führt. Sie war über die Jahrzehnte verschlissen<br />
und in Beeten <strong>von</strong> wildem Grün<br />
bewachsen; vor allem abends war das<br />
Gehen zwischen dichten Büschen, auf<br />
schadhaften Fußwegen und unter trüben<br />
Laternen nicht gerade einladend. Aber jetzt<br />
wurde und wird aufgeräumt. Die allzu eng<br />
gepflanzten und gewachsenen Bäume und<br />
Büsche sind zum Teil schon ausgelichtet.
46 VERBESSERN<br />
VERBESSERN<br />
47<br />
Die Wege und Beete sind aufgefrischt, die<br />
Laternen neu und hell. Man spaziert jetzt<br />
auch abends gern wieder durch Steilshoop.<br />
Nur der zentrale Teil fehlt noch; aber auch<br />
hier wird bald Raum geschaffen – sogar für<br />
einen offenen Marktplatz, den der Stadtteil<br />
zuletzt nicht hatte. Gärtner <strong>von</strong> <strong>Vonovia</strong><br />
kümmern sich regelmäßig und liebevoll um<br />
die Pflege ihrer Areale.<br />
Und an den <strong>Vonovia</strong> Häusern rücken<br />
Karree für Karree die Handwerker an. Sie<br />
wechseln die Fenster aus und dämmen die<br />
Außenwände. Putz kommt darüber – farbig,<br />
aber nicht schreiend bunt. Die Häuser sind<br />
sich dann nicht mehr zum Verwechseln<br />
gleich, sondern jedes hat seinen eigenen<br />
Ton. Und drinnen wird es im Winter stets<br />
muckeling warm – bei deutlich sinkenden<br />
Heizkosten.<br />
Abstimmung mit dem Mieterbund<br />
Die Kaltmieten steigen zwar, aber nicht<br />
über die Köpfe und Portemonnaies der<br />
Bewohner hinweg. „Wir stimmen uns mit<br />
dem Mieterbund ab“, erklärt Silke Loose.<br />
„Und wir erhöhen die Kaltmieten in der<br />
Regel nicht so stark, wie es der Gesetzgeber<br />
vorsieht.“<br />
Es soll dabei bleiben, dass Mieter Steilshoop<br />
die Treue halten. „Viele leben hier<br />
seit Jahrzehnten“, freut sich Loose. „Sie<br />
schätzen das ruhige <strong>Wohnen</strong>, die gepflegten<br />
Höfe, das viele Grün und Wasser in der<br />
Umgebung und die Anbindung ans Zentrum.“<br />
Heute zieht die Siedlung auch viele<br />
auswärtige Interessenten an. „Leerstand<br />
haben wir hier so gut wie nicht mehr.“ Ist<br />
mal eine Wohnung frei, wird sie innen oft<br />
komplett saniert.<br />
Alles auf gutem Weg im Stadtteil? Nein,<br />
Kummer macht Silke Loose und vielen anderen<br />
seit Jahren das Einkaufszentrum, das<br />
nicht <strong>Vonovia</strong> gehört. „Wir hoffen, dass hier<br />
eines Tages wieder eine moderne Einkaufswelt<br />
entsteht.“<br />
Wo sie kann, sorgt sie selbst für Belebung<br />
im Quartier. Rings um das Zentrum<br />
gibt es eine Reihe verglaster Pavillons an<br />
den Häusern und kleine frei stehende<br />
Ladenbauten. Viele sind an Geschäfte vermietet<br />
– zum Beispiel an die Orchidee-Apotheke,<br />
die dem Stadtteil seit seiner Errichtung<br />
die Treue hält. Andere Räume vergibt<br />
<strong>Vonovia</strong> günstig an Vereine und Initiativen.<br />
Silke Loose ist mit allen vertraut. Da gibt<br />
Helferinnen:<br />
Lucie Schaier, Christine<br />
Seeburg und Beatrice<br />
Roggenbach<br />
Aktivist:<br />
Ahmed Sayed ist Mitgbegründer<br />
des Stadtteiltreffs<br />
Agdaz<br />
Fassaden:<br />
An immer mehr<br />
Häusern weicht das<br />
Waschbeton-Grau<br />
freundlicheren Tönen<br />
Durchblick:<br />
Die Wege sind heller<br />
und übersichtlicher<br />
» Hier gibt es viele Menschen, die mit<br />
anderen in Kontakt kommen und sich<br />
engagieren möchten«<br />
Beatrice Roggenbach, Pädagogoin und Projektleiterin<br />
es das Projekt „Q 8“, in dem die Pädagogin<br />
Beatrice Roggenbach einen ehrenamtlichen<br />
Einkaufsservice für bedürftige Senioren,<br />
Kranke oder Alleinerziehende organisiert.<br />
„Hier gibt es viele Menschen, die miteinander<br />
in Kontakt kommen und sich engagieren<br />
möchten“, berichtet Roggenbach.<br />
„Wenn wir sie in Kontakt mit anderen<br />
bringen können, die auf Hilfe angewiesen<br />
sind, dann gewinnen alle.“<br />
Nordlicht, Augen auf und Agdaz<br />
Nebenan im Pavillon der AWO koordiniert<br />
Christine Seeburg das Projekt „Augen auf“<br />
für Senioren. „Viele brauchen Unterstützung,<br />
ziehen sich aber zugleich zurück. Da<br />
wollen wir mit einem ehrenamtlichen Besuchsdienst<br />
helfen. Und mit einer Telefonkette,<br />
mit der die Senioren regelmäßig vom<br />
Vertrauenspersonen angerufen werden.“<br />
Auch das hilft gegen Einsamkeit. Und Silke<br />
Loose freut sich: „Mit solcher Betreuung<br />
können unsere treuesten Mieter länger in<br />
ihrer Wohnung und im Stadtteil bleiben.“<br />
Andere Initiativen helfen Migranten, so<br />
die Arbeitsgemeinschaft für Deutsch-<br />
Ausländische Zusammenarbeit, abgekürzt<br />
Agdaz. Sein Mitbegründer Ahmed Sayed<br />
betont: „Wir sind für alle offen, die einander<br />
kennenlernen wollen.“ Der gemeinnützige<br />
Bildungsträger Alraune vermittelt Arbeitslose<br />
in Tätigkeitsfelder wie Küche, Reinigung<br />
und Hauswirtschaft; der Verein Nordlicht<br />
unterstützt Jugendliche bei ihrer Suche<br />
nach einer Ausbildungs- oder Arbeitsstelle.<br />
Loose schätzt alle, die sich für den Stadtteil<br />
einsetzen: „<strong>Das</strong> Schöne am Stadtteil ist,<br />
dass es hier ein immer dichteres Netz <strong>von</strong><br />
engagierten Menschen, Unternehmen und<br />
Projekten gibt, die einander vertrauen. Und<br />
noch wichtiger ist, dass die Bewohner jetzt<br />
mehr und mehr Vertrauen darin haben,<br />
dass ihr Stadtteil nicht vergessen ist, sondern<br />
dass er sich für sie und mit ihnen zum<br />
Guten entwickelt.“
48 VERBESSERN<br />
VERBESSERN<br />
49<br />
Nicht nur<br />
für Senioren<br />
Der Abbau <strong>von</strong> Barrieren im Haus nützt älteren<br />
und jüngeren Bewohnern. Einzelne Vermieter<br />
betreiben ihn im großen Stil<br />
In ganz Deutschland gibt es nur etwa<br />
700.000 altersgerechte Wohnungen.<br />
Der Bedarf ist nach einer Studie der<br />
KfW-Bank weit größer: Rund zweieinhalb<br />
Millionen Senioren bräuchten<br />
eine altersgerechte Wohnung. Und da wir<br />
immer mehr Hochbetagte haben, wird der<br />
Bedarf bis zum Jahr 2030 um weitere eine<br />
Million Wohnungen steigen.<br />
Herkömmliche Wohnungen haben für<br />
Ältere allzu viele Hemmnisse. <strong>Das</strong> beginnt<br />
mit Stufen vor der Haustür und setzt sich<br />
in Flur und Treppenhaus fort. Selbst wo es<br />
Aufzüge gibt, sind oft Höhenunterschiede<br />
zu Fuß zu bewältigen – und in manchen<br />
Häusern halten sie jeweils auf halber Treppe<br />
zwischen zwei Etagen. Nach einer Befragung<br />
des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und<br />
Raumforschung (BBSR) müssen drei Viertel<br />
aller Senioren über 65 über Treppen ins<br />
Haus und in die Wohnung gehen. Nur jeder<br />
Zehnte genießt den Luxus eines Fahrstuhls<br />
oder einer anderen technischen Hilfe.<br />
In der Wohnung geht es weiter: Türen<br />
sind oft schwer zu öffnen, Gänge sind schmal,<br />
Handläufe fehlen. Besonders kritisch<br />
ist das Bad. Verena Lihs vom Referat <strong>Wohnen</strong><br />
und <strong>Gesellschaft</strong> der BBSR hebt hervor:<br />
„Die Ausstattungsqualität der Sanitäranlagen<br />
ist ein zentrales Kriterium für eine<br />
selbstständige Lebensführung im Alter.“ <strong>Das</strong><br />
Hauptproblem: „Zu geringe Bewegungsflächen<br />
und zu schmale Badezimmertüren<br />
können die altersgerechte Nutzung beeinträchtigen<br />
– vor allem dann, wenn Menschen<br />
auf Gehhilfen wie Gehstock, Rollator<br />
und/oder Rollstuhl angewiesen sind. Ebenso<br />
schränken zu hohe Schwellen zur Dusche<br />
oder das ausschließliche Vorhandensein<br />
einer Badewanne die Nutzung im Alter erheblich<br />
ein und erhöhen die Sturzgefahr.“<br />
Treppen in der Wohnung sind vor<br />
allem in Einfamilienhäusern ein Problem.<br />
Geschosswohnungen haben häufiger ein<br />
Problem mit dem Freiraum. „Rund jeder<br />
zehnte Seniorenhaushalt verfügt weder<br />
über eine Terrasse noch einen Balkon“, hat<br />
Verena Lihs ermittelt. Und wo es ihn gibt, erschweren<br />
oft hohe Schwellen und bei Regen<br />
rutschige Böden die Benutzung.<br />
All das ist nicht nur ein Problem für die<br />
wachsende Zahl <strong>von</strong> Senioren. Es gibt viele<br />
Lebenslagen, in denen Barrieren hemmen:<br />
das Leben mit Babys, Verletzungen, Krankheiten,<br />
körperlichen Einschränkungen – oder<br />
für jedermann das Heimkommen mit schwerem<br />
Gepäck vom Einkauf oder aus dem<br />
Urlaub. Der Abbau <strong>von</strong> Barrieren in Architektur<br />
und Umweltgestaltung kann das Leben<br />
für alle erleichtern. Der inzwischen gängige<br />
Fachbegriff dafür lautet „Universal Design“.<br />
» Die Ausstattungsqualität der Sanitäranlagen<br />
ist ein zentrales Kriterium für eine<br />
selbstständige Lebensführung im Alter«<br />
Verena Lihs vom Referat <strong>Wohnen</strong> und <strong>Gesellschaft</strong> der BBSR<br />
Dazu muss man<br />
nicht gleich jede<br />
Wohnung rollstuhlgerecht<br />
oder zum<br />
<strong>Wohnen</strong> für Demente<br />
umbauen. Im Gegenteil:<br />
Damit ein rüstiger<br />
Senior mehrere Jahre<br />
zusätzlich in der angestammten<br />
Wohnung<br />
verbringen kann, reichen<br />
oft ein paar minimalinvasive<br />
Eingriffe an<br />
Stufen, Schwellen und<br />
Armaturen. Da<strong>von</strong> haben<br />
auch Vermieter etwas:<br />
Sie behalten langjährige,<br />
treue Bewohner und<br />
schaffen Angebote auf<br />
einem wachsenden Markt.<br />
Deshalb hat Deutschlands<br />
größte Wohnungsanbieterin<br />
<strong>Vonovia</strong> Sanierungsprogramme<br />
aufgelegt. Etwa in Dortmund:<br />
Dort feierte das Unternehmen im August<br />
die Übergabe der tausendsten seniorengerechten<br />
Wohnung. Umgebaut wird entweder,<br />
wenn Bewohner dies wünschen. Oder dann,<br />
wenn eine Wohnung gerade leer steht und<br />
für den Barrieren-Abbau gutes Potenzial bietet.<br />
Dann werden ebenerdige Duschen und<br />
rutschhemmende Bodenbeläge eingebaut.<br />
Wenn der Raum es erlaubt, kommen ein<br />
unterfahrbarer Waschtisch dazu, ein erhöhtes<br />
WC und breite Türen, die sich nach<br />
außen öffnen. Rund 13 Millionen Euro<br />
hat <strong>Vonovia</strong> allein in Dortmund<br />
hierin investiert.<br />
Wie sehr dies Mieterwünschen<br />
entspricht, zeigt eine <strong>von</strong> <strong>Vonovia</strong><br />
beauftragte Umfrage <strong>von</strong> TNS<br />
Emnid. 75 Prozent der Befragten<br />
waren danach bereit, ihre<br />
Wohnung bei Bedarf alters- oder<br />
behindertengerecht umzubauen.<br />
Es gibt aber deutliche<br />
Unterschiede je nach Lebenslage:<br />
Menschen über 50 sind<br />
naturgemäß geneigter dazu;<br />
Paare und Familien sind für<br />
das Thema offener als Singles.<br />
Denn in den größeren<br />
Haushalten haben mehr<br />
Menschen etwas da<strong>von</strong>.<br />
IMPRESSUM<br />
VONOVIA – W&G 2017<br />
Herausgeber<br />
<strong>Vonovia</strong> SE<br />
Philippstraße 3, 44803 Bochum<br />
E-Mail: jana.kaminski@<strong>von</strong>ovia.de<br />
Webseite: www.<strong>von</strong>ovia.de<br />
Verantwortlich<br />
Klaus Markus (V.i.S.d.P.)<br />
Projektmanagement <strong>Vonovia</strong> SE<br />
Jana Kaminski<br />
Verlag<br />
Axel Springer SE<br />
Corporate Solutions<br />
Axel-Springer-Str. 65, 10888 Berlin<br />
E-Mail: newbusiness@axelspringer.de<br />
Webseite: www.as-corporate-solutions.de<br />
Geschäftsleitung Verlag<br />
Frank Parlow, Lutz Thalmann<br />
Projektmanagement Verlag<br />
Franziska Winter<br />
Redaktionsleitung<br />
Roland Stimpel<br />
Autoren<br />
Dr. Ralph Henger, Paul Lichtenthäler,<br />
Roland Stimpel<br />
Art Direction<br />
Constantin Eberle (Leitung),<br />
Lisa Moder, Valentin Bünsow<br />
Lektorat<br />
Matthias Sommer<br />
Bildredaktion<br />
Lydia Hesse<br />
Herstellung<br />
Olaf Hopf<br />
Druck<br />
EVERSFRANK Berlin GmbH<br />
Ballinstr. 15<br />
12359 Berlin<br />
Bildnachweise<br />
U1+U2 Carlo Giovani; S. 3: André<br />
Gottschalk; S. 4 –5: André Gottschalk (2),<br />
<strong>Vonovia</strong>, Marcus Simaitis, Paula Markert<br />
(2), sz photo, Carlo Giovani; S. 6 –7:<br />
Thomas Imo; S. 8 –9: André Gottschalk,<br />
Carlo Giovani; S. 10 –14: Simon Bierwald/<br />
<strong>Vonovia</strong> (8), Carlo Giovani (2); S. 15: André<br />
Gottschalk; S. 16 –17: Malwine Schomburg,<br />
bloomingville PR; S. 18–21: Marcus<br />
Simaitis (2), Carlo Giovani; S. 22–25:<br />
André Gottschalk; S. 26 –27: Carlo Giovani,<br />
André Gottschalk (1); S. 28 –30: Stephanie<br />
Englert, Marcus Simaitis (2); S. 31: PR;<br />
S. 32–33: Paula Markert; S. 34 –35: Getty<br />
Images (2), sz photo; S. 36 –37: Carlo<br />
Giovani; S. 38 – 41: Sven Döring (4),<br />
<strong>Vonovia</strong> (2); S. 42– 43: Marcus Simaitis;<br />
S. 44 – 47: Paula Markert; S. 48– 49: André<br />
Gottschalk; S. 50: Carlo Giovani, S. 51:<br />
<strong>Vonovia</strong>; U4: Carlo Giovani
50 VERBESSERN<br />
Türme, Mieten,<br />
Kilometer<br />
Höhere Häuser, weniger Schulden und immer längere<br />
Arbeitswege: Trends rund um das <strong>Wohnen</strong><br />
Wir kennen<br />
eine Million gute<br />
Gründe, bei<br />
<strong>Vonovia</strong> zu arbeiten.<br />
Alle mit Vor- und<br />
Nachnamen<br />
2 Prozent<br />
Mietschulden<br />
150 Kilometer<br />
zur Arbeit<br />
79 neue<br />
Hochhäuser<br />
Deutschlands Mieter haben<br />
immer weniger Schulden bei<br />
den Eigen tümern ihrer Wohnungen.<br />
Bei den 3000 Unternehmen<br />
im Spitzenverband<br />
der Wohnungswirtschaft GdW<br />
sank der Anteil der Mietschulden<br />
an der Soll-Gesamtmiete<br />
zuletzt auf 2,0 Prozent. 2003<br />
waren es noch 4,4 Prozent.<br />
GdW-Präsident Axel Gedaschko<br />
erklärt das mit dem Trend<br />
der „stabilen wirtschaftlichen<br />
Lagen in Deutschland“. Dazu<br />
kommt ein aktives Sozialmanagement<br />
<strong>von</strong> Unternehmen,<br />
die säumige Zahler beraten<br />
und betreuen und mit ihnen<br />
gemeinsam Wege zum Abbau<br />
der Schuldenlast suchen. Es<br />
hilft allen Beteiligten, wenn auf<br />
diese Weise Räumungsklagen<br />
vermieden werden: Der Mieter<br />
bleibt am angestammten Ort,<br />
das Unternehmen vermeidet<br />
Leerstand, Renovierung und die<br />
Suche nach neuen Bewohnern.<br />
Arbeitsplätze und Wohnorte<br />
liegen in Deutschland immer<br />
weiter auseinander. Pendler<br />
über die Gemeindegrenzen<br />
legen im Schnitt täglich 16,6<br />
Kilometer zurück, fand das<br />
Bundesinstitut für Bau-, Stadtund<br />
Raumforschung heraus.<br />
Die meisten nutzen das Auto,<br />
mit dem etwa 65 Prozent aller<br />
Pendlerwege bewältigt werden.<br />
Rund 1,2 Millionen Menschen<br />
in Deutschland fahren <strong>von</strong><br />
ihrem Hauptwohnsitz über<br />
150 Kilometer zur Arbeit, viele<br />
per Bahn – meist aber nur am<br />
Wochenende oder für einige<br />
Tage, etwa Hochschullehrer für<br />
ihre Lehrveranstaltungen. Es<br />
gibt auch eine wachsende Zahl<br />
täglicher ICE-Fernpendler, etwa<br />
zwischen Köln und Frankfurt<br />
oder zwischen Berlin und<br />
Wolfsburg, wo montags bis<br />
freitags rund 700 Hauptstädter<br />
die 180 Kilometer zu VW und<br />
zurück pendeln.<br />
Wohnhochhäuser wurden<br />
lange Zeit in Deutschland kaum<br />
gebaut. In diesem Jahrzehnt<br />
wurden jedoch schon 79 fertiggestellt<br />
oder sind im Bau, wie<br />
die Immobilienforscher vom<br />
bulwiengesa ermittelten. 73<br />
da<strong>von</strong> wuchsen und wachsen<br />
in Deutschlands sieben größten<br />
Städten mit ihren besonders teuren<br />
Grundstücken empor; knapp<br />
10.000 Wohnungen entstehen<br />
darin insgesamt. 60 Prozent<br />
werden Eigentumswohnungen,<br />
die übrigen werden meist im<br />
gehobenen Segment vermietet.<br />
Hochhäuser sparen zwar Bauflächen,<br />
bieten weiten Ausblick<br />
und oft Bewohner-Dienste wie<br />
etwa Concierges. Hochhäuser<br />
taugen aber nicht zum preisgünstigen<br />
Wohnungsbau, da<br />
die Kosten für Erschließung,<br />
Statik, Brandschutz, Lüftung und<br />
weitere Haustechnik sowie die<br />
Betriebskosten mit der Höhe der<br />
Häuser stark steigen.<br />
Mit rund 392.000 Wohnungen und etwa einer Million Kunden ist <strong>Vonovia</strong> als<br />
bundesweit tätiges Immobilienunternehmen Marktführer. Wir sind Arbeitgeber<br />
für mehr als 7.400 Mitarbeiter, die Tag für Tag dafür sorgen, dass sich jeder einzelne<br />
Mieter bei <strong>Vonovia</strong> zu Hause fühlt. Und weil das in einem kollegialen Umfeld<br />
mit attraktiven Karrierechancen am besten funktioniert, fühlen sich bei uns auch<br />
die Mitarbeiter rundum wohl. Kommen auch Sie jetzt ins Team und erleben Sie,<br />
was <strong>Vonovia</strong> als Arbeitgeber noch alles zu bieten hat.<br />
Zuhause heißt <strong>Vonovia</strong>. www.<strong>von</strong>ovia.de