<strong>COMPACT</strong> Leben Drei Ohrfeigen in schneller Folge, ein Tritt zwischen die Beine, dazwischen angespuckt, ausserdem gebissen und gekratzt. Das nächste Signal. Frage nach meinen Eindrükken, Antwort meinerseits. In Gedanken stellte ich mir die Frage, was ich eigentlich gerade unterschrieben hatte. Ich kam jedoch nicht dazu, meine Phantasie spielen zu lassen, da schon das nächste Signal ertönte. Dieses Mal ging es gleich ins Gesicht. Eine Faust-Nase-, Faust-Kinn-, Faust-Auge- Kombination, drei beeindruckende oberkörperorientierte Kickboxmoves, zwei Knie im Bauch, dann das Signal. Die übliche Frage, meine wahrheitsgemäße Antwort. Danach folgte die Baseballschlägerrunde. Gleich darauf noch eine schlägerlose mit mehreren Teilnehmern und zuletzt eine Stockattacke mit weniger harten Schlägen. Dazwischen wurden immer wieder meine persönlichen Eindrücke abgefragt, und dann war der Test endlich vorüber. Mit allem drum und dran hatte er exakt eine halbe Stunde gedauert. Der Arzt nahm mir die Augenbinde ab, ich wurde losgeschnallt und in einem Nebenraum drei Stunden lang medizinisch versorgt. Ich bekam eine provisorische Schiene für mein geprelltes Bein, eine Kompresse für linkes geschwollenes Auge und ein paar Heftpflaster für verschiedene Platz- und Schürfwunden. Am Ende trat der Arzt an mein Bett, um mit mir über die Ergebnisse meines Tests zu sprechen: Innerhalb des Gewaltschlüssel aus randalierenden Grundschülern (3.Klasse), einer ethnisch durchmischten Mädchengang (14-17 Jahre), betrunkenen Ausländern (2,3 Promille), Skinheads (ebenfalls 2,3 Promille), einer Gruppe Hooligans (Lok Leipzig und BFC Dynamo) und zwei wütenden Rentnern (76 und 83 Jahre), hätte ich erwartungsgemäß Skinheads und Auslän - der mit 9 von 10 Punkten auf den ersten Platz gewählt und die aggressiven Rentner mit 2 Punkten am angenehms ten gefunden. Damit entspräche mein Ergebnis dem üblichen internationalen Standard. Er bedankte sich, drückte mir einen Umschlag mit 30 Euro in die Hand und fragte dann noch, ob ich vielleicht an der erweiterten Testvariante mitwirken wollte. Springmesser bei den Grundschülern und Gaspistolen bei den Hooligans, aber dafür gäbe es dann auch 50 Euro. Ich lehnte dankend ab. Wenig später verließ ich humpelnd das Kranken zimmer, und wollte mir, bevor ich ging, noch einen Kaffee gönnen. Die Cafeteria war schnell gefunden. Und dort saß ein halbes Dutzend Grundschüler, die ihre Kinderriegel aßen, sieben halbwüchsige Mädchen, die sich ihre Nägel feilten und zwanzig Hooligans, die selbst am Tisch noch rauften. Ausserdem zwei ältere Herrschaften, die ihre Gehstöcke polierten, und zuletzt je ein Dutzend Skinheads und Türken, die bemüht waren, ihren Promillepegel zu halten. Ich unterhielt mich noch ein bisschen und erfuhr ganz nebenbei das einzige, das mich an dieser Sache wirklich sauer machte: Die bekamen für den Tag jeder 150 Euro! Kurz darauf ertönte zwei Räume weiter ein Signal, die Grundschüler sprangen auf um ihrer Arbeit nachzugehen und ich humpelte heim, um meine sauer verdienten 30 Euro zu verprassen … Wenn sie also das Bedürfnis haben, sich mal für die Statistik vermöbeln zu lassen, empfehle ich ihnen das deutsche Institut für Gewaltprä-, -inter- und -sub vention. Sollten sie Grundschüler, Rentner, Gangmitglied, Skinhead, Hooligan oder ein gewaltbereiter Ausländer sein, dann könnte sich das sogar lohnen… Christian von Aster ist nach Selbstauskunft «Genregrenzsaboteur und Cascadeur du Mot» und übt derzeit das ehrenvolle Amt des Burgschreibers zu Querfurt aus. Seine Bücher und DVDs samt Bestellmöglichkeiten finden sich auf www.vonaster.de. Zuletzt erschien: Apocalypse au chocolat. Periplaneta, Mai <strong>2010</strong>, Buch und CD. <strong>COMPACT</strong> / Nullnummer / Dezember <strong>2010</strong>
Leben <strong>COMPACT</strong> Affe mit Waffe Von animue + + + D a s n ä c h s t e <strong>COMPACT</strong> e r s c h e i n t a m 1 . M ä r z 2 0 1 1 . + + + + + + A b J u n i 2 0 1 1 s t e l l e n w i r a u f m o n a t l i c h e s E r s c h e i n e n u m . + + + 58 59