COMPACT-Magazin | ERSTAUSGABE | 12-2010
Sog. 'Nullnummer' des erfolgreichen gesellschaftspolitischen Nachrichten-Magazins
Sog. 'Nullnummer' des erfolgreichen gesellschaftspolitischen Nachrichten-Magazins
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>COMPACT</strong><br />
Politik<br />
Eine Expertise der Schweizer Großbank UBS über das mögliche<br />
Auseinanderbrechen der Euro-Zone. Die Rückkehr zur D-Mark könnte<br />
demnach Vorteile haben – nicht nur für die Deutschen.<br />
O-Ton:«Das Undenkbare denken»<br />
«Ein Auseinanderbrechen der<br />
Euro päischen Währungsunion<br />
(EWU) wäre zweifellos ein großer<br />
Rückschlag. Kanz lerin Angela Merkel<br />
sagte vor dem Bundestag: «Es ist<br />
eine Frage des Überlebens. Der Euro<br />
ist in Gefahr. Scheitert der Euro, dann<br />
scheitert Europa. Wenn wir Erfolg haben,<br />
wird Europa stärker als zuvor<br />
sein.» Wir stimmen dieser Einschätzung<br />
nicht zu. Die Europäische Union<br />
bestand lange vor dem Euro, und der<br />
Euro ist für den Erfolg der EU nicht<br />
ausschlaggebend.<br />
Es ist grundsätzlich noch zu früh, um<br />
ein solches Urteil abzugeben, aber es<br />
wäre gut möglich, dass sich der Euro<br />
kens werte an dieser Stellungnahme ist<br />
nicht nur, dass die deutsche Regierung<br />
darin einen geordneten Austritt aus der<br />
Union befürwortet, sondern auch, dass<br />
sie andeutet, dass ein solcher Austritt<br />
auch unfreiwillig zustande kommen<br />
könnte, wenn ein Land bestimmte Bedingungen<br />
nicht erfülen kann. (…)<br />
Es wäre vorstellbar, dass ein oder<br />
mehrere hoch verschuldete Peri pherieländer<br />
aus der EWU ausscheiden. Die<br />
Beweggründe hinter einem solchen<br />
Schritt könnten unserer Meinung nach<br />
darin bestehen, dem Zwang zur Wiederherstellung<br />
der Wettbewerbs fä higkeit<br />
– durch den schmerzhaften Prozess<br />
Darüber hinaus würde die Einführung<br />
einer neuen deutschen Währung die<br />
Staatsverschuldung reduzieren (…).<br />
in seiner derzeitigen Zusammen setzung<br />
als Hindernis für die Integration<br />
erweist. Wie eingangs festgestellt,<br />
wurde der Euro aus politischen Grün -<br />
den und mit einer fragwürdigen wirtschaftlichen<br />
Begründung eingefuḧrt.<br />
Wenn sich herausstellt, dass er nicht<br />
funktioniert, sollte die EWU keine<br />
Skrupel haben, die Mitgliedschaft neu<br />
zu gestalten, um sie besser an die wirtschaftliche<br />
Realität anzupassen. (…)<br />
Deutschland steht im Zentrum des<br />
Euroraumes, und wenn die deutschen<br />
Regierungsvertreter die Zukunft des<br />
Euro offen diskutieren, so markiert dies<br />
eine bedeutende Wende. Der Finanzminister<br />
erläuterte vor kurzem klar die<br />
Haltung der deutschen Regierung bezüglich<br />
eines Austritts aus der EWU:<br />
«… sollte ein Mitglied der Eurozone<br />
letztlich feststellen, dass es nicht in der<br />
Lage ist, seinen Haushalt zu konso lidieren<br />
oder seine Wettbewerbsfä higkeit<br />
wiederherzustellen, könnte dieses<br />
Land im schlimmsten Fall aus der<br />
Währungsunion ausscheiden, aber<br />
Mitglied der EU bleiben». Das Bemereiner<br />
fortgesetzten realen Abwer tung<br />
durch höhere Steuern, Kürzungen der<br />
Staatsausgaben und niedrigere Löhne<br />
– zu entgehen. Stattdessen würden<br />
diese Länder danach streben, die Euro -<br />
zone zu verlassen, um ihren Wechselkurs<br />
abzuwerten und dadurch die<br />
Wett bewerbsfähigkeit auf rasche und<br />
relativ schmerzlose Weise wiederherzustellen.<br />
(…)<br />
Eine zweite Option wäre ein Auseinanderbrechen<br />
der EWU infolge des<br />
Ausscheidens eines oder mehrerer der<br />
finanzstärkeren Länder aus der Union.<br />
Wenn der gewählte Kurs «Sparmaßnahmen<br />
und reale Abwertung» (…)<br />
keinen Erfolg zeitigt, könnte dies die<br />
fiskalische Koordinierung oder Födera<br />
tion wieder auf die Tagesordnung<br />
bringen und ganz allgemein die Verpflichtung<br />
der Kernländer zur Finanzie<br />
rung der Peripherieländer erhöhen.<br />
Aus diesem Grund könnten sich ein<br />
oder mehrere Kernländer für einen<br />
Aus tritt aus der Eurozone entscheiden.<br />
Das Land, das möglicherweise unter<br />
solchen Umständen aus der EWU aus-<br />
scheiden würde, wäre Deutschland.<br />
Eine neue deutsche Währung würde<br />
gegenüber dem verbleibenden Euro<br />
deutlich aufwerten. Das heißt, dass die<br />
Preiswettbewerbsfähigkeit der deutschen<br />
Exporteure stark zurückgehen<br />
wür de. Daher würde die deutsche<br />
Wirt schaft zunächst unter einem solchen<br />
Schritt vermutlich stark leiden.<br />
Längerfristig würde dies jedoch zu einer<br />
begrüßenswerten Umorientierung<br />
der deutschen Wirtschaft vom bisherigen<br />
Exportfokus auf die Binnensektoren<br />
fuḧren. Damit könnten die Deutschen,<br />
die bisher nur wenig von der<br />
Exportstärke ihres Landes profitiert haben,<br />
einen höheren Anteil dessen genießen,<br />
was sie produzieren. Darüber<br />
hinaus würde die Einfuḧrung einer<br />
neuen deutschen Währung die Staatsverschuldung<br />
reduzieren, wenn alte<br />
Verträge weiterhin auf den wohl möglich<br />
schwächeren, aber vermutlich sta -<br />
bileren Euro lauten würden.<br />
Ein Ausstieg Deutschlands hätte auch<br />
für die anderen Länder der Eurozone<br />
Vorteile. (…) Die Bestrebungen Deutschlands<br />
zur Verbesserung seiner externen<br />
Preiswettbewerbsfähigkeit zwingt den<br />
übrigen EWU-Mitgliedsländern eine<br />
deflationäre Tendenz auf. Sie können<br />
entweder versuchen, das deutsche Modell<br />
nachzuahmen oder laufen<br />
»<br />
Gefahr, grosse Defizite in ihren<br />
Leistungsbilanzen anzuhäufen.<br />
Quelle: UBS Research focus,<br />
Die Zukunft des Euro, August<br />
<strong>2010</strong><br />
<strong>COMPACT</strong> / Nullnummer / Dezember <strong>2010</strong>