COMPACT-Magazin | ERSTAUSGABE | 12-2010
Sog. 'Nullnummer' des erfolgreichen gesellschaftspolitischen Nachrichten-Magazins
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Politik<br />
<strong>COMPACT</strong><br />
Das Zentralbankmonster frisst Staat und Bürger pleite: Mit der<br />
Reform der EU-Verträge hat die Bundeskanzlerin die letzten<br />
Sicherungen unserer Euro-Währung herausgeschraubt.<br />
Hayek contra Merkel<br />
Von Oliver Janich<br />
Noch <strong>2010</strong> wird die vorerst letzte Währungsreform<br />
dieses Jahres stattfinden.<br />
Eine nahezu unglaubliche Folge an of -<br />
enen Rechtsbrüchen wird ihren vorläufigen<br />
Höhepunkt finden. Weil An -<br />
ge la Merkel befürchtet, im Frühjahr 2011<br />
das im Mai <strong>2010</strong> beschlossene Euro-<br />
Rettungspaket juristisch um die Ohren<br />
gehauen zu bekommen, setzte sie Ende<br />
Ok tober in Brüssel eine nachträgliche<br />
Än derung des Lissabon-Vertrags durch.<br />
Die ande ren EU-Länder wollten das bis<br />
2013 begrenzte Rettungspaket lediglich<br />
verlängern. Aus Angst vor dem eigent -<br />
lich regierungstreuen Verfassungs gericht<br />
soll zur Sicherheit jetzt Artikel <strong>12</strong>2<br />
geändert werden. Dieser Artikel verspricht<br />
EU-Ländern finanziellen Beistand<br />
bei Naturkatastrophen und au -<br />
ßer gewöhnlichen Ereignissen. Dieser<br />
Beistand soll künftig auch möglich<br />
sein, wenn die «Stabilität der Währungs<br />
union als Ganzes» bedroht ist.<br />
Damit wird das Rettungspaket ins Unendliche<br />
verlängert. Deutschland, das<br />
für alle Länder einstehen muss, ist damit<br />
de facto pleite und seine derzeitige<br />
Währung nichts mehr wert.<br />
Das sollten Sie sich einmal auf der<br />
Zun ge zergehen lassen: Die EU betrach<br />
tet jetzt die Bedrohung der Währungs<br />
union als Naturkatastrophe, also<br />
ein unvorhersehbares Ereignis! Ein<br />
Gutes hat die Sache aber doch. Endlich<br />
finden die Mahner Gehör, die sowohl<br />
die jetzi ge als auch die 1929er Finanzkrise<br />
vor ausgesagt haben: Die Vertreter<br />
der Ös terreichischen Schule.<br />
«Kennen Sie Hayek? Dann<br />
wissen Sie doch, dass die wahre Ur sache<br />
der Finanzkrise das planwirtschaft -<br />
liche Geldmonopol der Zentralbanken<br />
und die Geldschöpfung aus dem<br />
Nichts ist, oder?» Mit dieser Frage brin -<br />
ge ich landauf, landab, Ökonomen,<br />
Politiker und Vertreter von Großbanken<br />
in Verlegenheit. Auf einer Podiumsdiskussion<br />
der Bertelsmann-Stiftung<br />
Ende Okto ber in Berlin nickte mir<br />
auf diese Frage hin plötzlich eine britische<br />
Abgeordnete zu und bestätigte<br />
später im kleinen Kreis meine Ansicht.<br />
And guess what: Es handelte sich um<br />
Gisela Stuart, Redakteurin des Parlamentsmagazins<br />
und Labour-Abgeordnete!<br />
Ähnliche Erfahrungen gab es bei<br />
der European Business School und der<br />
London School of Economics: Erst verschäm<br />
tes Schweigen, im kleinem Kreis<br />
dann Zustimmung.<br />
Friedrich August von Hayek ist der promi<br />
nenteste Vertreter der so genannten<br />
Österreichischen Schule der Ökonomie.<br />
Bereits 19<strong>12</strong>, ein Jahr vor der<br />
verhängnisvollen Gründung der US-<br />
Notenbank FED, verfasste Ludwig von<br />
Mises die Theorie des Geldes und der Umlaufmittel.<br />
Sie enthält bereits alles, was<br />
unsere heutige Finanzkrise erklärt:<br />
Der ständige Versuch einer zentralen<br />
Planstelle, den richtigen Zins und die<br />
korrekte Geldmenge herauszufinden,<br />
muss scheitern, weil die Planungs behörde<br />
nicht genügend Informationen<br />
über die vielen Millionen Markt -<br />
teilnehmer hat. An diesem simplen<br />
Prob lem ist schon der Kommunismus<br />
gescheitert.<br />
Ironischerweise wird die Finanzkrise<br />
jetzt dem Kapitalismus angelastet, ob -<br />
wohl der Geldmarkt durch ein staat liches<br />
Monopol sozialistisch gesteuert<br />
wird. Dabei spielt es keine Rolle, wie<br />
von manch Linken angenom men, ob<br />
die Zentralbank in privatem Besitz ist<br />
wie in den USA oder in öffent licher<br />
Hand wie in Europa. Entscheidend ist,<br />
dass der Staat einer einzigen Institution<br />
das Monopol zur Geldproduktion<br />
überlässt.<br />
Hinzu kommt, dass der Staat und<br />
die Zentralbank es den Geschäftsbanken<br />
ermöglichen, Geld aus dem Nichts<br />
zu erschaffen. Wenn ein Kunde 100<br />
Euro zur Bank bringt, muss das Institut<br />
nur zehn Euro bei der Zentralbank<br />
hinterlegen und kann 90 Euro weiter<br />
verleihen. Ein Unternehmer bekommt<br />
dann beispielsweise diese 90 Euro und<br />
kauft damit Waren, beispielsweise<br />
Stahl, beim Vorlieferanten ein. Kann<br />
der Unternehmer die Autos, die er damit<br />
baut, nicht verkaufen, bekommt<br />
die Bank ihr Geld nicht zurück. Aber<br />
sowohl der Anleger hat noch Anspruch<br />
auf 100 Euro bei seiner Bank, wie auch<br />
der Liefe rant berechtigt ist, 90 Euro<br />
abzu heben. Die Geldmenge hat sich<br />
knapp verdoppelt, obwohl dem keine<br />
realen Ersparnisse oder die Produktion<br />
von Waren zugrunde liegen.<br />
Dieser Mechanismus führt zur<br />
Inflation und zur Verarmung gerade<br />
der Schwächsten in einer Gesellschaft.<br />
Es findet eine Umverteilung von Unten<br />
nach Oben statt. Die Erstempfänger des<br />
neu geschöpften Geldes, der Staat und<br />
die Banken, können noch zu alten Preisen<br />
einkaufen. Deshalb ist das Mietund<br />
Gehaltsniveau in Bankenzentren<br />
wie New York, London oder Frankfurt<br />
höher. Große Konzerne mit Marktmacht<br />
profitieren auch.<br />
Sie erhöhen erst die Preise und dann<br />
die Gehälter. Superreiche erkennen den<br />
Mechanismus und kaufen Sachwerte<br />
wie Aktien, Rohstoffe und Immobilien.<br />
Nur der kleine Mann schaut in die<br />
Röhre. Ohne die staatlich gewollte Vermeh<br />
rung des Papiergeldes würden<br />
alle, vor allem Bezieher fester Einkom -<br />
men wie Arbeitnehmer und Transferempfänger,<br />
vom technischen Fortschritt<br />
profitieren.<br />
Oliver Janich machte<br />
durch seine 9/11-Dossiers<br />
in der Zeitschrift<br />
Focus Money Furore –<br />
bis seine Mitarbeit im<br />
Oktober storniert wurde.<br />
Er gründete 2009 die<br />
Partei der Vernunft und<br />
hat vor kurzem das Buch<br />
Das Kapitalismus-Komplott.<br />
Die geheimen Zirkel<br />
der Macht und ihre<br />
Methoden veröffentlicht.<br />
<strong>COMPACT</strong> / Nullnummer / Dezember <strong>2010</strong><br />
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