COMPACT-Magazin | ERSTAUSGABE | 12-2010
Sog. 'Nullnummer' des erfolgreichen gesellschaftspolitischen Nachrichten-Magazins
Sog. 'Nullnummer' des erfolgreichen gesellschaftspolitischen Nachrichten-Magazins
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Politik<br />
<strong>COMPACT</strong><br />
Frauen als vorrangige Zielgruppe: Verbraucher werden ihr Papiergeld los<br />
Ende werden es wohl die Konsumenten<br />
selbst sein, die mit ihrer Marktmacht<br />
den Streit ums richtige Geld<br />
entscheiden werden. Viele Malaien<br />
sehen längst in der freien Wahl des<br />
Geldes ein entscheidendes Freiheitsrecht,<br />
genauso wichtig wie beispielsweise<br />
die Meinungsfreiheit. In zahlreichen<br />
Inter netforen und Zeitungen<br />
wird bereits munter diskutiert und erstaunlich<br />
sachlich die verschiedenen<br />
Glaubensüberzeugungen zum Thema<br />
Dinar präsentiert.<br />
Der Tenor der Pro-Dinar Fraktion,<br />
natürlich in Anspielung auf die wachsende<br />
Inflation, ist dabei so basisdemokratisch<br />
wie entwaffnend einfach<br />
gehalten: «Behaltet ihr doch einfach<br />
das Papiergeld, wir behalten unser<br />
Gold!»<br />
Darf man aber eigentlich<br />
einfach Münzen prägen? Offiziell dreht<br />
sich die Debatte in Malaysia auch um<br />
die Frage, ob das Bundesland – so argu<br />
mentiert zumindest die Nationalbank<br />
– seine rechtlichen Kompetenzen<br />
überschritten hat. Die Debatte ist juris -<br />
tisch durchaus komplex, denn Kelantan<br />
hatte ja gar nie behauptet, dass der<br />
Dinar eine offizielle Währung («Legal<br />
Tender») Malaysias sei.<br />
Es handelt sich auch um kein staatliches<br />
Zwangsgeld, ist die Nutzung des<br />
Dinars doch grundsätzlich freiwillig.<br />
Im Gegensatz zum südafrikanischen<br />
Krüger-Rand muss man auch des wegen<br />
für den Kelantan-Dinar in weiten<br />
Teilen der Welt Mehrwertsteuer bezahlen.<br />
Es ist aber wohl nur eine Frage der<br />
Zeit, bis ein islamisches Land endlich<br />
den Di nar als «Legal Tender» akzeptiert.<br />
Dann könnte die Goldwährung<br />
auch in anderen Ländern einziehen<br />
und das liberale Wirtschaftsrecht des<br />
Islam noch bekannter machen.<br />
Islamische Geldpolitik ist<br />
noch immer erstaunlich zeitgemäß,<br />
definiert aber auch «Geld» anders, als<br />
wir es heute in Europa gewohnt sind.<br />
Der schon im Koran erwähnte «Dinar»<br />
ist wegen seiner eigenen Geschichte,<br />
die bis zu Beginn des Islam zurückreicht,<br />
für Muslime keine bloße Alter -<br />
nativwährung oder überhaupt eine<br />
Währung im modernen Sinne.<br />
Der Dinar entzieht sich so ein Stück<br />
weit der gewohnten westlichen Ter mi -<br />
nologie. Geld wird bei den frommen<br />
Muslimen natürlich weder angebetet,<br />
noch sonst wie überhöht und ist damit<br />
eine betont rationale und nüchterne<br />
Sache. Die Münzen sind nach islamischem<br />
Recht nur ein Gewicht und<br />
mit anderen Gütern wie Reis vergleichbar.<br />
Im Gegensatz zu modernen<br />
Monopol-Währungen besteht übrigens<br />
auf dem islamischen Markt niemals<br />
ein Zwang, «nur» den Dinar zu<br />
benutzen.<br />
In Kelantan zeigt man sich von der<br />
Kritik an der alternativen Ökonomie<br />
unbeeindruckt. Datuk Husam Musa,<br />
Vorsitzender des staatlichen Planungskom<br />
mitees für Finanzen und Wirtschaft,<br />
bleibt angesichts der anschwellenden<br />
Debatte betont gelassen: «Ver schiedene<br />
Berichte, wonach der Dinar zum zweiten<br />
Zahlungsmittel Kelan tans werden<br />
soll, sind inkorrekt und haben Verwirrung<br />
gestiftet. Ich kann nicht erken -<br />
nen, warum diese Frage aufgeblasen<br />
wird, nachdem Kelantan den Gebrauch<br />
des Dinars eingeführt hatte. Es gibt den<br />
Dinar ja im Islam von Beginn an», sagte<br />
er gegenüber Medienvertretern. «Warum»<br />
so fragt Husam Musa lächelnd,<br />
«sollte das nun gerade heute in einem<br />
islamischen Land nicht mehr möglich<br />
sein?»<br />
Stefan Breuer lebt als Finanzberater in Djakarta<br />
und Frankfurt/Main.<br />
<strong>COMPACT</strong> / Nullnummer / Dezember <strong>2010</strong><br />
40<br />
41