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COMPACT-Magazin | ERSTAUSGABE | 12-2010

Sog. 'Nullnummer' des erfolgreichen gesellschaftspolitischen Nachrichten-Magazins

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Politik<br />

<strong>COMPACT</strong><br />

Freie Wahl zwischen Gold und Papiergeld: Ein malaysisches<br />

Bundesland sucht kleine Fluchten aus der weltweiten Krise<br />

des Finanzsystems.<br />

Die Dinar-Revolution von Kelantan<br />

Von Stefan Breuer<br />

Es erinnert ein bisschen an die alten<br />

Asterixhefte… ganz Gallien ist besetzt,<br />

aber ein kleines Dorf leistet noch Wider<br />

stand. So oder so ähnlich fühlt sich<br />

wohl zur Zeit die politische Lage in<br />

dem kleinen malaysischen Bundesland<br />

Kelantan an. Seit einigen Monaten<br />

sorgt die mutige Währungspolitik der<br />

dortigen Regierung für einiges Aufsehen.<br />

Der mutmaßliche Siegeszug des<br />

Kapitalismus in Asien könnte unter<br />

den Palmbäumen Malaysias empfindlich<br />

gestört werden.<br />

Im Hinterland des ehemaligen<br />

«Tiger staates» hat die erste Regierung<br />

der Welt genug vom Papiergeld-<br />

Tsunami. Die Ankündigung, eine Gold -<br />

währung, den so genannten Dinar und<br />

Dirham, als neue Barter-Währung<br />

(Tausch währung) des Landes einzuführen,<br />

hat schnell für weltweites Aufsehen<br />

ge sorgt. Sogar die ehrwürdige<br />

Financial Times bespricht staunend das<br />

verwegene Projekt. Während Europa<br />

noch einigermaßen gelähmt nach<br />

einem Ausweg aus dem irratio nalen<br />

Finanzdilemma dieser Tage sucht, de<br />

facto aber nur immer mehr Geld<br />

druckt, handeln die Bürger und Bürgerinnen<br />

Kelantans bereits mit einer<br />

echten Alternative.<br />

Die Sensationen sind schnell erzählt:<br />

Inmitten der historischen Finanzkrise<br />

und der größten Papiergeldschwemme<br />

der Menschheitsgeschichte besinnt sich<br />

das muslimische Land mit seinen<br />

knapp zwei Millionen Einwohnern auf<br />

ein altes, anti-inflationäres Gegenmittel.<br />

Die Regierung hat erstmals offiziell<br />

wieder eine Reihe unterschiedlicher<br />

Gewichte von Silber und Gold in Münzen<br />

prägen lassen.<br />

«Land des Dinar und Dirham»,<br />

heißt es nun auf großen Tafeln zur Be -<br />

grüßung der staunenden Gäste am<br />

Flug hafen der Hauptstadt Kota Bharu.<br />

Die neue Währung ist keine Kopfgeburt,<br />

sondern hat eine lange Tradition<br />

in der islamischen Lebens- und Wirtschaftsweise<br />

und könnte auf Dauer in<br />

der Region ein finanzpoli tisches Erdbeben<br />

auslösen. Auf dem «mul tikul -<br />

turellen» Marktplatz der Stadt wird<br />

bereits grenzenlos gehandelt, egal ob<br />

Chinese, Malaie oder sonst wer, das<br />

neue Geld kommt bei allen gut an. Die<br />

staatliche Kelantan Golden Trade Agency<br />

konnte nach nur zwei Wochen vermel -<br />

den, dass ihre Bestände an dem neuen<br />

Tauschmittel bereits verkauft sind.<br />

Die Politiker selbst sehen im Gold-<br />

Dinar nicht nur eine Rückbindung an<br />

die islamischen, in Europa kaum bekann -<br />

ten Grundüberzeugungen der Öko nomie,<br />

sondern auch ein taug liches Mittel<br />

für die Gestaltung der wirtschaftlichen<br />

Zukunft des Landes. Ihr Vorhaben ist<br />

bei ihren Wählern natürlich ziemlich<br />

populär, hat die Maßnahme doch das<br />

erkennbar ehrliche Ziel, die eigene<br />

Bevölkerung in Zeiten der Finanzkrise<br />

Die neuen Dinare sind da: Feierliche Zeremonie in Kota Bharu<br />

besser zu schützen. Die Argumente für<br />

einen Einstieg in die Goldwirtschaft<br />

sprechen für sich – jeder, der eine Goldmünze<br />

besitzt, kann dies an der stetig<br />

positiven Wertentwicklung der letzten<br />

Jahre ablesen.<br />

Es ist die absehbare Entwertung aller<br />

Papiergeldwährungen der Welt, die<br />

nun die lokalen Politiker zu noch<br />

schnellerem Handeln drängt. Schaut<br />

man genauer hin, wird man feststellen,<br />

dass es bei der Finanzstrategie der<br />

Regierung weiß Gott nicht nur um<br />

rück wärts gewandte Romantik geht.<br />

Auch aus der Moderne will keiner<br />

flüchten. Im Gegenteil, endlich zeigen<br />

Muslime auch einmal ihre innovative<br />

Seite. Die Grundidee dabei ist nichts<br />

Anderes als ökonomische Freiheit. Die<br />

Strategie setzt auf die zeitlose Wirksamkeit<br />

des originär islamischen Finanzmodells:<br />

freier Markt und freies<br />

Geld.<br />

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