21.03.2017 Aufrufe

COMPACT-Magazin | ERSTAUSGABE | 12-2010

Sog. 'Nullnummer' des erfolgreichen gesellschaftspolitischen Nachrichten-Magazins

Sog. 'Nullnummer' des erfolgreichen gesellschaftspolitischen Nachrichten-Magazins

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>COMPACT</strong><br />

Politik<br />

Das Sicherheitskonzept des Love<br />

Parade-Veranstalters Lopavent GmbH<br />

ging von insgesamt 485.000 Besuchern<br />

aus. Eine behördliche Geneh migung<br />

hatte sie für 250.000. Der im<br />

Sicherheits konzept enthaltenen Zuund<br />

Abstromanalyse zufolge wird die<br />

maximale Anzahl der Besucher nie<br />

über schritten. Für 17 Uhr wird darin<br />

mit Spitzenwerten von 90.000 Besuchern<br />

pro Stunde gerechnet, die durch<br />

die Tunnel auf das Gelände zugehen,<br />

und gleichzeitig mit 55.000 Personen,<br />

die den Festplatz verlassen.<br />

Ob dies gut gehen konnte, ist eine<br />

abstrakt-theoretische Frage. Die<br />

Meinun gen der Experten weichen weichen<br />

voneinander ab. Nach der Katastrophe<br />

steht Aussage gegen Aussage.<br />

Während «Panik forscher»<br />

Michael Schreckenberg das von ihm erstellte<br />

Sicherheitskonzept und damit<br />

sich selbst ve hement verteidigt, wird<br />

ein «Katas trophenforscher» namens<br />

Dirk Ober ha gemann zum öffentlichen<br />

Vertreter der Anklage. Es ist kein The -<br />

ma, dass er von einem Bundesministerium<br />

bezahlt wird und im Dienste<br />

der Politik stehen könnte. Laut Oberhagemann<br />

war der Tunnel als einziger<br />

Zu- und Ausgang für so einen Massenandrang<br />

«zweifelsohne absolut<br />

ungeeignet».<br />

Eine Veranstaltung dieser Größenordnung<br />

dürfe man nur mit einem Einbahnstraßensystem<br />

zulassen. Zu- und<br />

Abgang müssten auf jeden Fall von ein<br />

ander getrennt werden. «Ein Eingang<br />

und ein separater Ausgang – so und<br />

nicht anders.» Ein kurzer Blick auf das<br />

Duisburger Veranstaltungsgelände genügt<br />

dem Wissenschaftler, um festzustellen:<br />

«Der Tunnelbereich ist ein ganz<br />

sensibler Punkt. Mir war schnell klar,<br />

dass da was passieren wird.» Oberhagemann<br />

kennt kein Pardon: «Nur völlig<br />

Realitätsferne können ernsthaft gedacht<br />

haben, dass an dieser Stelle<br />

nichts passieren wird.» Deshalb kommt<br />

er zu dem eindeutigen Schluss: «Diese<br />

Veranstaltung hätte so nie und nimmer<br />

stattfinden dürfen.» Man habe sich<br />

«über sämtliche Sicherheitsbedenken<br />

hinweggesetzt.» Seine Bedenken waren<br />

freilich erst hinterher zu vernehmen.<br />

Der Einzige, der auch im Vorfeld<br />

seine Bedenken offensiv geäussert<br />

hatte, war der frühere Duisburger<br />

Polizeipräsident Rolf Cebin. Cebin hatte<br />

sich bereits 2009 we gen Sicherheitsbedenken<br />

heftig gegen die Austragung<br />

der Love Parade gewandt. Der Kreisvorsitzende<br />

der Duisburger CDU und<br />

Bun destagsabgeordnete Thomas Mahlberg<br />

hatte daraufhin in einem Schreiben<br />

an den damaligen NRW-Innenminister<br />

Ingo Wolf die Absetzung Cebins<br />

gefordert.<br />

Im Mai <strong>2010</strong> wurde Cebin in den Ruhe<br />

stand befördert, Detlef von Schmeling<br />

übernahm daraufhin den vakanten<br />

Posten des Polizeipräsidenten kommissarisch.<br />

Noch unter Cebins Führung<br />

ließ die Duisburger Polizei erklären,<br />

dass der Durchführung der Love Para -<br />

de «eklatante Sicherheitsmängel» entgegen<br />

stünden. Im Schreiben Mahlbergs<br />

Duisburg: Partystimmung vor der Katastrophe<br />

heißt es dazu: «Eine Negativ berichterstattung<br />

in der gesamten Re publik<br />

ist die Folge», deshalb solle In nenminister<br />

Wolf nun einen «personellen<br />

Neuanfang im Polizeipräsidium Duisburg»<br />

wagen.<br />

In Bochum war im Vorjahr die Love<br />

Parade auf Drängen des dortigen<br />

Polizeipräsidenten Thomas Wenner abgesagt<br />

worden, das sollte in Duisburg<br />

nicht passieren. Hat der örtliche CDU-<br />

Chef Mahlberg als Parteifreund von<br />

Oberbürgermeister Adolf Sauerland die<br />

Strippen gezogen, um einen mäch tigen<br />

Widersacher und potenziellen Spielverderber<br />

des Love Parade-Spektakels<br />

rechtzeitig aus dem Verkehr zu ziehen?<br />

Foto: Florian Peters<br />

Von Johannes Heckmann<br />

erscheint im Dezember<br />

<strong>2010</strong> in der<br />

Buchreihe <strong>COMPACT</strong> der<br />

Titel LOVE PARADE –<br />

DEATH PARADE. Ursachen<br />

und Verantwortliche<br />

eines töd lichen<br />

Kesseltreibens. (115<br />

Seiten, 8.80 Euro)<br />

<strong>COMPACT</strong> / Nullnummer / Dezember <strong>2010</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!