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COMPACT-Magazin | ERSTAUSGABE | 12-2010

Sog. 'Nullnummer' des erfolgreichen gesellschaftspolitischen Nachrichten-Magazins

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Politik<br />

<strong>COMPACT</strong><br />

Love Parade<br />

Death Parade<br />

Der Tod feierte eine Party – und niemand will Schuld haben. Dabei<br />

hatte es im Vorfeld Warnungen aus dem Polizeiapparat gegeben,<br />

aber das Spektakel musste stattfinden – um jeden Preis.<br />

Von Johannes Heckmann<br />

Die große Party führte zu einer großen<br />

Tragödie. Auf der diesjährigen Love<br />

Parade sind 21 Menschen getötet und<br />

hunderte verletzt worden. Nie zuvor<br />

nach dem Zweiten Weltkrieg kamen<br />

bei einer Katastrophe im Land Nordrhein-Westfalen<br />

so viele Menschen ums<br />

Leben wie an diesem 24. Juli in Duisburg.<br />

Bis heute will sich keiner schuldig<br />

fühlen: der Oberbürgermeister<br />

nicht, der als Stadtoberhaupt Planung<br />

und Genehmigung abnickte; der Veranstalter<br />

nicht, der hinterher nahezu<br />

vollständig abtauchte; die Polizei nicht,<br />

deren oberster Dienstherr, der Innenminister,<br />

alle Vorwürfe bis dato weit<br />

von sich weist. Dabei hatte es im Vorfeld<br />

an Warnungen nicht gefehlt.<br />

Größte Bedenken hatte etwa<br />

ein Gruppenführer der Kölner Polizei,<br />

der an den Vorbereitungen in Duisburg<br />

beteiligt war: «Es gab zwölf bis<br />

13 Ortstermine in Duisburg. Auch andere<br />

Einsatzführer der Polizei aus<br />

Wuppertal oder Aachen waren dabei.<br />

Und jedes Mal waren wir uns einig,<br />

dass das geplante Konzept im Chaos<br />

enden wird, dass es Verletzte und Tote<br />

geben wird.»<br />

Im Express erhebt der Polizist schwere<br />

Vorwürfe: «Man hat unsere Bedenken<br />

ignoriert. Uns wurde immer wieder<br />

mitgeteilt, es werde nicht diskutiert.<br />

Im Rathaus stehe man auf dem Standpunkt:<br />

Die Love Parade muss funktionieren.<br />

Dabei haben wir ausge rechnet,<br />

dass sich bei einer Million Be su chern<br />

acht Menschen auf einen Quadratmeter<br />

zwängen.»<br />

Auch Wilfried Albishausen, Landesvorsitzender<br />

des Bundes deutscher Kriminalbeamter,<br />

wusste von Bedenken<br />

«wegen des kleinen Geländes und der<br />

engen Zu- und Abgänge (…). Darüber<br />

ist intern auch gesprochen worden. Die<br />

Bedenken wurden aber regelrecht<br />

weich gespült.» Im Vorfeld der Love<br />

Parade tagte insgesamt 16-mal die<br />

Arbeits gemeinschaft Sicherheit, an der<br />

auch die Bundespolizei und das Polizeipräsidium<br />

beteiligt waren. Die Polizei<br />

erklärte sich schließlich mit dem<br />

Sicherheitskonzept des Veranstalters<br />

einverstanden.<br />

Die Verantwortlichen bei der<br />

Polizei wussten offenbar, worauf sie<br />

sich einließen. So war Polizeidirektor<br />

Jörg Schalk klar, dass die «eigentliche<br />

Veranstaltungsfläche ab einer gewissen<br />

Besucherzahl überfüllt sein» und<br />

es «zu Rückstauungen auf den Wegführungen»<br />

kommen wird, was wiederum<br />

«zu einem nicht mehr funk tionierenden<br />

Wegekonzept» führe. Ge nau<br />

dieses Szenario trat später ein. Stau war<br />

offenbar genauso Teil des Konzepts wie<br />

die Schließung des Geländes bei<br />

Überfüllung.<br />

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