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COMPACT-Magazin | ERSTAUSGABE | 12-2010

Sog. 'Nullnummer' des erfolgreichen gesellschaftspolitischen Nachrichten-Magazins

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<strong>COMPACT</strong><br />

Titelthema<br />

Moham med Amin Al-Husseini hinweist.<br />

Paul Berman hätte an dieser anti faschistisch-antiislamischen<br />

Schlaumeierei<br />

sicherlich seine helle Freude.<br />

Bei Pro Köln geht man sogar so<br />

weit, das deutsche Kaiserreich für die<br />

freund liche Politik gegenüber dem<br />

Osmanischen Reich zu verurteilen – in<br />

einer Zeit, lange vor dem Holocaust,<br />

als Juden im gesamten arabischen<br />

Raum im Gegen satz zu den meisten<br />

europäischen Ländern sicher leben<br />

konnten. De Rede ist sogar von einer<br />

«gespenstischen Komp lizenschaft zwischen<br />

der deutschen Reichs regierung<br />

mit dem Weltbeherrschungs anspruch<br />

des Islam» – schöner hätte es auch die<br />

antideutsche Linkspos tille Bahamas<br />

nicht sagen können.<br />

Wilders Draht ins Heilige Land ist<br />

aber keineswegs neu. Bereits als junger<br />

Student war er in Israel, wo er in<br />

einem Moschaw – also einem zionistischen<br />

Sied lungsprojekt – mitarbeitete.<br />

Diese Sied lungen sind den Kibbuzim-<br />

Siedlungen nicht unähnlich. Beide<br />

stehen exemplarisch für die völkerrechtswidri<br />

ge Landnahme des zionistischen<br />

Staa tes in Palästina.<br />

Geert Wilders ist jedenfalls in<br />

den Niederlanden auf Erfolgskurs.<br />

Wenn sich ausländische Beobachter<br />

heute fragen, wie das «Land der To leranz»<br />

denn einen solchen «Rechtsruck»<br />

nur aushalte, dann schauen sie nicht<br />

genau hin. Denn Wilders will keineswegs<br />

«zurück» in eine traditionelle,<br />

vul go «rechte» Gesellschaft. Im Ge -<br />

genteil, er steht für einen Abwehrkampf<br />

der postmodernen<br />

Blüten Hollands –<br />

eines Hollands, in<br />

dem Pros titution<br />

und Homosexualität<br />

als eine Art landestypische<br />

Liberalität<br />

b e t r a c h t e t<br />

werden. Und damit<br />

ist Wilders nicht der<br />

Erste. Auch der im<br />

Jahr 2002 ermordete<br />

Populist Pim<br />

Fortuyn, der sich gegen eine angebliche<br />

«Islamisierung» stark machte und<br />

Erfolge bei Wahlen feierte, war alles<br />

andere als ein Rechter. Er besuche lieber<br />

den Darkroom als eine Kirche, bemerkte<br />

der bekennende homosexuelle<br />

Paradiesvogel einmal. Er war zudem<br />

erklärter Re publikaner und Mitglied<br />

der Republikeins Genootschap, eines Vereins<br />

zur Abschaf fung der Monarchie<br />

in den Niederlanden.<br />

Wilders steht für<br />

ein Holland, in dem<br />

Prostitution und<br />

Homosexualität als<br />

eine Art landestypischer<br />

Liberalität<br />

betrachtet werden<br />

Zwei muslimische Passantinnen in Amsterdam<br />

«islamofaschistischen» Großangriff<br />

verteidigen.<br />

Werden nun alle Neocons und linke<br />

Falken, wie Wilders? Ein René Stadtkewitz<br />

wird sich überlegen müssen, ob er<br />

mit pro-israelischen Positionen wie<br />

denen von Wilders an den Start gehen<br />

möchte. Denn er wird nur reale Chancen<br />

haben, wenn er die Sorgen und<br />

Nöte der Bürger in Berlin offensiv<br />

angeht. Und diese<br />

drehen sich nun<br />

einmal um Dinge<br />

wie Einwan derung<br />

ins Sozialsystem,<br />

Gewalt und Verwahr<br />

losung in Bezirken<br />

wie Berlin-<br />

Neukölln und um<br />

das Gefühl der<br />

Fremdheit im eigenen<br />

Land. Mit<br />

einer Solida ri täts -<br />

botschaft in Richtung Tel Aviv wird er<br />

keinen Blumentopf gewinnen können.<br />

Dafür dürfte allerdings Angela Merkel<br />

vielleicht bald bemerken, dass Wilders<br />

doch nicht der schlimme rechte «Badboy»<br />

ist – immerhin liegen sie außenpolitisch<br />

auf einer Linie. Vielleicht darf<br />

er sich bei seinem nächsten Berlin besuch<br />

in das Goldene Buch der Stadt<br />

eintragen.<br />

Was geschieht also mit der deut -<br />

schen Rechten in Wilders Windschatten?<br />

Schwer zu sagen. Doch längst ha -<br />

ben die hemmungslosen Bekenntnisse<br />

zu Israel, zu einem Angriffs krieg auf<br />

den Iran, zum gemeinsamen «chris t -<br />

lich-jüdischen» Erbe und zu allerhand<br />

postmodernem Firlefanz nichts mehr<br />

mit purer Taktiererei zu tun.<br />

Mitt lerweile glauben selbst frühere<br />

NPD- Kader, man müsse die «libe ralen<br />

Werte der Aufklärung» gegen einen<br />

Andrea Ricci ist Buch autor<br />

und lebt in Beirut. Zuletzt<br />

erschien sein Buch GAZA<br />

– Die Kriegsverbrechen<br />

Israels in der <strong>COMPACT</strong>-<br />

Buchreihe (vgl. Heftinnenteil<br />

S. A4)<br />

<strong>COMPACT</strong> / Nullnummer / Dezember <strong>2010</strong>

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