COMPACT-Magazin | ERSTAUSGABE | 12-2010
Sog. 'Nullnummer' des erfolgreichen gesellschaftspolitischen Nachrichten-Magazins
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Titelthema<br />
<strong>COMPACT</strong><br />
CHANCE DER LINKEN<br />
Von Rolf Stolz<br />
Nur Tote machen keine Fehler. Der<br />
Satz gilt auch für Sozialdemokraten<br />
und für Thilo Sarrazin. Im übrigen ändern<br />
einzelne inhaltliche Fragwürdigkeiten<br />
und dankbar ausgenutzte<br />
taktische Fehler (das «Juden-Gen»)<br />
nichts am Kern der Dinge: Hier sollen,<br />
indem ein unbequemer Denker<br />
und Mahner mundtot gemacht wird,<br />
alle überhaupt und ähnlich Denkenden<br />
auf Dauer zum Schweigen gebracht<br />
werden.<br />
Eine Große Koalition – vom kleinbis<br />
großbourgeoisen Medienmob bis<br />
zu von den Profiteuren des Arbeiterimports<br />
und der nach Steuergeld gierenden<br />
Sozial- und Konsumindustrie<br />
ruft in einer nun wahrhaft faschistoiden<br />
Weise zu Niederbrüllen und<br />
Boykott auf, verweigert freie und faire<br />
Diskussion. Die Anti-Sarrazin-Fronde<br />
weiß, wie sehr er recht hat und wie<br />
sehr sie vom Leben widerlegt wird.<br />
Eine Kanzlerin, die das üble<br />
neoliberale Multi-Kulti-Spiel mitgespielt<br />
hat (unter dem Motto «Deutschland<br />
muss sterben, und wenn wir<br />
selbst mit untergehen») erklärt nun<br />
Multi-Kulti für tot und damit ihre zielund<br />
aussichtslose Zuwanderungs politik<br />
für gescheitert.<br />
Die Linke hat eine Chance (vielleicht<br />
ihre letzte), ihre Irrwege und ihre triste<br />
Gegenwart zu überwinden: Im Zusammengehen<br />
aller, die den Sieg eines<br />
basisdemokratischen Volkswiderstands<br />
auf allen Ebenen und eine<br />
allseitige Erneuerung von Politik und<br />
Kultur wollen – und ein einiges neues<br />
Deutschland der alten und neuen<br />
Deutschen, der Ureinwohner und der<br />
Assimilierten.<br />
Rolf Stolz – Buchautor und Publizist – war 1980<br />
Mitbegründer der Grünen und kurzzeitig in deren<br />
Bundesvorstand. Bis heute ist er Mitglied im<br />
Kreisverband Köln.<br />
SOZIALISTISCHER<br />
DISKURS<br />
Von Stephan Steins<br />
Foto: Harry Walter/FES<br />
Krieg ist Frieden, Totalüberwachung<br />
ist Freiheit, Hartz IV ist Menschenwürde.<br />
Zu diesem Muster kapitalistischer<br />
Propaganda und Desinformation<br />
hat sich eine weitere begriffliche Perversion<br />
gesellt: Imperiale Diktatur ist<br />
proletarischer Internationalismus.<br />
Was aus sozialistischer Perspektive<br />
an der so genannten Sarrazin-Debatte<br />
auffällt, ist die neue Einheitsfront aus<br />
bürgerlichen Systemparteien und vermeintlichen<br />
«Linken».<br />
Die der stalinistischen und «realsozialistischen»<br />
Tradition entstammende<br />
SED/PDS/Linke steht einmal mehr<br />
fest an der Seite des Mainstream, wenn<br />
es darum geht von einem sachlichen<br />
Diskurs in der Sache selbst abzulenken<br />
und Zusammenhänge in der imperialen,<br />
auch als «Globalisierung» bekannten,<br />
internationalen Entwicklung<br />
zu verschleiern.<br />
Die Migrationsströme nach<br />
Deutschland und Europa bilden für die<br />
transnational strukturierte herrschende<br />
Klasse einen Hebel (nicht den einzigen)<br />
im Bestreben der Desintegration<br />
der republikanischen Nationalstaaten<br />
und Kulturnationen.<br />
Dies wird zunehmend als reale<br />
Bedrohung wahr genommen. Doch<br />
richtet sich der wachsende Widerstand<br />
gegen diese Entwicklung nicht GEGEN<br />
Menschen aus anderen Kulturkreisen<br />
oder fremder Religionen, sondern vielmehr<br />
artikuliert sich ein erwachendes<br />
Selbstbewusstsein FÜR ein kulturelles<br />
Selbstbestimmungsrecht und nationale<br />
Souveränität.<br />
Als die SPD noch mit<br />
nationalen Themen<br />
warb: Wahlplakat<br />
aus dem Bundestagswahlkampf<br />
1972<br />
Der sozialistische Diskurs<br />
hat die Aufgabe, eine umfassende wie<br />
fundierte Kritik zu formulieren und in<br />
rationale Bahnen zu lenken. Denkverbote<br />
und soziale Repression im Dienste<br />
der imperialen Oligarchie ist unsere<br />
Sache nicht.<br />
Stephan Steins ist Philosoph, Publizist und<br />
Herausgeber der Roten Fahne.<br />
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