Das Magazin des Theaters in der Josefstadt - Theater in der Josefstadt
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Fotos Robert Recker<br />
Koloratur-Massaker<br />
Berl<strong>in</strong>s Trash-ikone Désirée Nick verkörpert bravourös die<br />
exzentrische Opern-Schreckschraube Florence Foster Jenk<strong>in</strong>s.<br />
<strong>in</strong> »Souvenir« an den Kammerspielen ab 4. Februar.<br />
D<br />
Ie amerIKanIScHe Millionär<strong>in</strong> Florence Jenk<strong>in</strong>s,<br />
die mit 60 beschloss, sänger<strong>in</strong> zu werden, war e<strong>in</strong><br />
absolutes unikum. umnebelt von maßloser<br />
selbstüberschätzung quietschte und schnaufte<br />
die sagenhaft talentfreie sopranist<strong>in</strong> die schwierigsten<br />
Arien <strong>der</strong> opernliteratur. ohne rücksicht<br />
auf Intonation und rhythmus. sie massakrierte Adeles<br />
Koloratur aus <strong>der</strong> Fle<strong>der</strong>maus, sie leierte die »König<strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Nacht« zum gotterbarmen, während sie e<strong>in</strong> gesicht aufsetzte<br />
wie e<strong>in</strong> huhn beim eierlegen.<br />
Ihre Auftritte im New Yorker Carlton ritz hotel, die sie <strong>in</strong><br />
ständig wechselnden Fantasiekostümen und garniert mit<br />
kle<strong>in</strong>en Tanze<strong>in</strong>lagen absolvierte, waren bald Kult. Denn mit<br />
ihrer gewalttätigen Art von Freistils<strong>in</strong>gen setzte sie den<br />
kritischsten Kunstverstand schachmatt. Die Jenk<strong>in</strong>s musste<br />
man e<strong>in</strong>fach erlebt haben! Die Fans versuchten ihre gefühle<br />
nicht durch lautes Kichern zu verletzen. es wurde zur<br />
gewohnheit, bei beson<strong>der</strong>s furchtbaren Dissonanzen <strong>in</strong><br />
beifallsstürme auszubrechen, um das gelächter zu vertuschen.<br />
Diesen Applaus begriff die unerschütterliche Jenk<strong>in</strong>s als<br />
zeichen <strong>der</strong> Anerkennung ihrer Meisterleistung. Manchmal<br />
hielt sie dann mit grandezza <strong>in</strong>ne und verbeugte sich<br />
mehrmals, bevor sie katzenjaulig weitersang.<br />
jenIKIns ego hatte dIe ausMasse<br />
<strong>des</strong> eMPIre state buIldIngs,<br />
Ihr wahnsInn allerdIngs auCh.<br />
War es ihr mit ihrem gesang ernst? o<strong>der</strong> bot sie bewusst<br />
e<strong>in</strong>e show? »Diese skurrile Dame war e<strong>in</strong>e Art genie an <strong>der</strong><br />
grenzl<strong>in</strong>ie <strong>der</strong> Vernunft«, me<strong>in</strong>t Desirée Nick. »Man erzählt,<br />
dass sie freudig ihren eigenen plattenaufnahmen lauschte,<br />
ohne ihre grauenhaften Töne zu bemerken. Wenn sie ihren<br />
gesang mit plattenaufnahmen großer opernstars verglich,<br />
war sie mit ihrer Leistung stets zufrieden.«<br />
Desirée Nick spielt Florence Foster Jenk<strong>in</strong>s <strong>in</strong> »souvenir«.<br />
und wie! Die berl<strong>in</strong>er Trash-Ikone überzeugt mit ausgeprägtem<br />
Tremolo und sadistisch überzogenen Koloraturen<br />
publikum und presse. In Köln und berl<strong>in</strong> wurde »souvenir«<br />
gefeiert. Jetzt kommt die produktion nach Wien. In diesem<br />
zwei-personen-stück erlebt man Lady Florence, die exzentrische<br />
Dilettant<strong>in</strong>, mit ihrem Klavierbegleiter beim erarbeiten<br />
<strong>der</strong> Arien für ihre kultigen Auftritte. Desirée Nick:<br />
»sie lebte ihren Traum und war dabei die erf<strong>in</strong><strong>der</strong><strong>in</strong><br />
<strong>des</strong> Trash.«<br />
tIPP:<br />
JenKInS auf<br />
You tube<br />
preMIere<br />
souveNir<br />
DRAMA – <strong>Das</strong> <strong>Magaz<strong>in</strong></strong> <strong>des</strong> <strong><strong>Theater</strong>s</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong> 19