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Das Magazin des Theaters in der Josefstadt - Theater in der Josefstadt

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hat im Dritten reich e<strong>in</strong>en unglaublichen<br />

hype erfahren. An<strong>der</strong>erseits wusste er,<br />

schon weil se<strong>in</strong>e jüdische Frau emigrieren<br />

musste, von den schattenseiten<br />

<strong>des</strong> reiches. Aber er wurde nicht aktiv.<br />

M: er hatte eben Angst wegen<br />

se<strong>in</strong>er Frau.<br />

F: Ich denke, <strong>der</strong> Moser ist schon vom<br />

Typ her ke<strong>in</strong> held und ke<strong>in</strong> Wi<strong>der</strong>standskämpfer.<br />

Da gibt es <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em stück<br />

die parallele zur gegenwart, <strong>in</strong>wieweit<br />

passt man sich an, um <strong>der</strong> zeit zu<br />

entsprechen, um die eigene Karriere<br />

nicht zu gefährden.<br />

M: bei Ihnen kommt er nicht<br />

positiv rüber.<br />

F: Ich sehe ihn ambivalent. Je<strong>der</strong> ist<br />

ambivalent.<br />

M: eher negativ.<br />

F: Ich sehe ihn eher positiv. Ich f<strong>in</strong>de<br />

ihn sympathisch, dieses r<strong>in</strong>gen, die<br />

zweifel, die sorge, nicht zu genügen.<br />

sehr menschlich.<br />

M: Ihr stück spielt im himmel. Im<br />

himmel herrschen die Nazis. Warum<br />

eigentlich?<br />

F: <strong>Das</strong> ist e<strong>in</strong> gedankenexperiment.<br />

<strong>Das</strong> ist ja e<strong>in</strong> <strong>Theater</strong>himmel, klarerweise.<br />

<strong>Das</strong> ist nicht <strong>der</strong> himmel <strong>des</strong> Konkordats.<br />

Vielleicht ist das <strong>der</strong> himmel vom<br />

Moser, <strong>in</strong> dem er se<strong>in</strong>e erlösung f<strong>in</strong>det.<br />

M: Aber <strong>der</strong> hitler ist <strong>der</strong> Chef dort?<br />

F: Ja, <strong>der</strong> ist <strong>der</strong> Chef und Maskenbildner.<br />

Weil er sich quasi <strong>in</strong> dem Thea-<br />

terkosmos die Leute zurechtschm<strong>in</strong>kt.<br />

eIn sPagat zwIsChen<br />

Überleben wollen und<br />

rÜCKgrat zeIgen<br />

M: und Mosers Frau blanca?<br />

F: blanca hat ihn sehr getrieben, ich<br />

weiß nicht, ob er se<strong>in</strong>e Karriere ohne<br />

blanca gemacht hätte.<br />

M: blanca war e<strong>in</strong> opfer.<br />

F: Ja, weil sie Jüd<strong>in</strong> war. Als person<br />

ist sie ke<strong>in</strong> opfer, vielleicht war Moser<br />

da viel mehr opfer.<br />

M: Im stück bedauert sie, dass sie<br />

Jüd<strong>in</strong> ist und ke<strong>in</strong> Nazi se<strong>in</strong> kann.<br />

sie tanzt mit hitler und kokettiert um<br />

<strong>der</strong> Karriere willen!<br />

F: Ich sehe Menschen von haus aus<br />

sehr ambivalent. es gibt unter den<br />

opfern Täter und unter den Tätern<br />

auch Ahnungslose. Nehmen sie das als<br />

Manifest gegen pauschalierungen.<br />

M: bei Ihnen gibt es zwei Moser.<br />

F: Den jungen und den alten Moser,<br />

und es gibt e<strong>in</strong>en Moser-Imitatoren-<br />

Lookalike-Wettbewerb im himmel. Moser<br />

ist e<strong>in</strong>e an <strong>der</strong> Folie <strong>der</strong> Wirklichkeit<br />

orientierte fantasievolle <strong>Theater</strong>figur.<br />

M: Aber es ist schon <strong>der</strong> hans Moser?<br />

F: es ist ke<strong>in</strong>e Dramatisierung <strong>der</strong><br />

Moser-biografie.<br />

M: Wollen sie e<strong>in</strong>en skandal<br />

provozieren?<br />

F: es ist nicht die zeit für skandale.<br />

bei e<strong>in</strong>em skandal wird nur polarisiert<br />

und jede Diskussion unmöglich gemacht.<br />

Mir geht's um das Verstehen <strong>der</strong> Figur<br />

Moser, um e<strong>in</strong> Verständnis für den<br />

österreicher <strong>in</strong> <strong>der</strong> zeit.<br />

M: Moser war e<strong>in</strong> herausragen<strong>der</strong>,<br />

wun<strong>der</strong>barer schauspieler. Doch je<br />

mehr ich mich biografisch mit ihm<br />

beschäftigte, <strong>des</strong>to mehr wurden mir<br />

se<strong>in</strong>e schwächen bewusst. er war nicht<br />

nur e<strong>in</strong> schnorrer, er konnte bös se<strong>in</strong>,<br />

er konnte Menschen auch verletzen.<br />

er hat vielleicht se<strong>in</strong>en abrupten erfolg<br />

nicht ganz verkraftet.<br />

F: beim schreiben habe ich <strong>in</strong> mir<br />

nach dem hans Moser gegraben.<br />

M: sie suchen den hans Moser im<br />

Franzobel? haben sie ihn gefunden?<br />

F: es gibt viele parallelen. e<strong>in</strong>erseits<br />

erfolg haben wollen, durchtauchen,<br />

feig se<strong>in</strong>, doch Mut haben wollen,<br />

also alle diese Wi<strong>der</strong>sprüche, die man<br />

<strong>in</strong> sich hat, auch wenn man sie dann<br />

an<strong>der</strong>s auslebt.<br />

KoNTroVers<br />

––– Hans Moser *6.8.1880, † 19.6.1964,<br />

e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> populärsten österreichischen<br />

schauspieler, debütierte 1902 im<br />

<strong>Theater</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong>. Ab 1925<br />

gehörte er dem <strong>Josefstadt</strong>-ensemble<br />

unter Max re<strong>in</strong>hardt an.<br />

––– Franzobel geboren 1967 <strong>in</strong><br />

Vöcklabruck, studierte germanistik<br />

und geschichte. er arbeitet als freischaffen<strong>der</strong><br />

schriftsteller, schreibt<br />

romane, gedichte, <strong><strong>Theater</strong>s</strong>tücke,<br />

hörspiele und K<strong>in</strong><strong>der</strong>bücher. zahlreiche<br />

preise und Auszeichnungen. In deutschen<br />

Feuilletons schmückt man ihn<br />

mit dem be<strong>in</strong>amen Worterf<strong>in</strong>dungsmeister,<br />

barocker geschichtenerdenker.<br />

––– Georg Markus 1951 <strong>in</strong> Wien<br />

geboren, zählt zu den erfolgreichsten<br />

schriftstellern und zeitungskolumnisten<br />

österreichs. er war Kolumnist<br />

<strong>der</strong> »Kronen zeitung«, schreibt seit<br />

2003 im Kurier die wöchentliche<br />

Kolumne »geschichten mit geschichte«,<br />

die historische Themen zum Inhalt hat.<br />

er verfasste biografien von paul hörbiger,<br />

hans Moser, Karl Farkas und Kathar<strong>in</strong>a<br />

schratt, sigmund Freud sowie zeitgeschichtliche<br />

Werke.<br />

<strong>Das</strong> <strong>Magaz<strong>in</strong></strong> <strong>des</strong> <strong><strong>Theater</strong>s</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong> 11

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