Das Magazin des Theaters in der Josefstadt - Theater in der Josefstadt
Das Magazin des Theaters in der Josefstadt - Theater in der Josefstadt Das Magazin des Theaters in der Josefstadt - Theater in der Josefstadt
Das Magazin des Theaters in der Josefstadt Arien-Massaker Desirée Nick Seitensprung und Co Dalik und Köstlinger N o 01/10 Nackte Tatsachen Pschill, Ostrowski, Niedermair
- Seite 2 und 3: LOGENPLATZ DAS HAB’ ICH VOM KURIE
- Seite 4 und 5: preMIere 4 SLip RuNTER oder NOT LEH
- Seite 6 und 7: preMIere 6 so geht's her in der bit
- Seite 8 und 9: szeNeNbILD 8 VerHetzte JuGenD »ein
- Seite 10 und 11: KoNTroVers 10 Moser moSer Im HImmeL
- Seite 12 und 13: INTerVIeW 12 eiN MoNat auf deM LaNd
- Seite 14 und 15: porTräT 14 JugeNd ohNe gott Träum
- Seite 16 und 17: proDuKTIoNsTAgebuCh 16 sugar - MaNc
- Seite 18 und 19: preMIere 18 ohio - wieso? Wenn Män
- Seite 20 und 21: Des pubLIKuMs LIebLINge 20 Favorite
- Seite 22 und 23: zugAbe 22 Tipps ALTE FREuNDScHAFT
- Seite 24: JunGe LIebe Ein fulminanter Erfolg
<strong>Das</strong> <strong>Magaz<strong>in</strong></strong> <strong>des</strong> <strong><strong>Theater</strong>s</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong><br />
Arien-Massaker<br />
Desirée Nick<br />
Seitensprung und Co<br />
Dalik und Köstl<strong>in</strong>ger<br />
N o 01/10<br />
Nackte Tatsachen<br />
Pschill, Ostrowski, Nie<strong>der</strong>mair
LOGENPLATZ<br />
DAS HAB’ ICH VOM KURIER<br />
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<strong>Theater</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong><br />
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Karten<br />
CoverFoto & Foto rüCkseite Moritz Schell<br />
© Erich Reismann<br />
<strong>Das</strong> <strong>Magaz<strong>in</strong></strong> <strong>des</strong> <strong><strong>Theater</strong>s</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong><br />
IMpressuM DrAMA – <strong>Das</strong> <strong>Magaz<strong>in</strong></strong> <strong>des</strong> <strong><strong>Theater</strong>s</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong> ersche<strong>in</strong>t 3-mal jährlich als son<strong>der</strong>beilage im »Kurier « herAusgeber Vere<strong>in</strong> <strong>der</strong> Freunde <strong>des</strong> <strong><strong>Theater</strong>s</strong><br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong>, Josefstädter straße 26, A-1080 Wien reDAKTIoN Christiane huemer-strobele (Ltg.), Mag. Michaela Joska, sigrid peer beITräge eva Maria Kl<strong>in</strong>ger,<br />
Angelika hager, ro raftl FoTogrAFeN stephan boroviczény, sepp gallauer, Alexan<strong>der</strong> Lutz, rita Newman, robert recker, erich reismann, Moritz schell u. a. gesTALTuNg<br />
section.d, Christ<strong>in</strong>e L<strong>in</strong>k LeKTorAT Dr. gabriele schweickhardt proDuKTIoN grapple.at, Wolfgang stecher DruCK F. berger & söhne gmbh, Wiener straße 80, 3580 horn<br />
Mit freundlicher unterstützung von<br />
16<br />
05 © Moritz Schell<br />
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abos und<br />
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erhalten sIe unter<br />
01-42 700/300<br />
www.josefstadt.org<br />
12<br />
© Alexan<strong>der</strong> Lutz<br />
INhALT<br />
14<br />
4 preMIere »Ladies Night«<br />
7 MusIK Neuwirth & Wecker<br />
8 szeNeNbILD »Jugend ohne Gott«<br />
10 KoNTroVers »Moser«<br />
12 INTerVIeW »E<strong>in</strong> Monat auf dem Lande«<br />
14 porTräT Ferd<strong>in</strong>and Stahl<br />
15 VIs-A-VIs Jonasson & Ste<strong>in</strong>hauer<br />
16 proDuKTIoNsTAgebuCh »Sugar – Manche mögen's heiß«<br />
18 KoMöDIe »Ohio – Wieso?!«<br />
19 preMIere »Souvenir«<br />
20 FAVorITes<br />
2 1 bACKsTAge »Komödie im Dunkeln«<br />
22 zugAbe <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong><br />
23 pArTNer <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong><br />
Wenn Männer das letzte Hemd verlieren<br />
und Frauen träumen<br />
e<strong>in</strong>e Männerrunde entblößt sich – nicht nur verbal vor Interviewer<strong>in</strong> ro raftl,<br />
son<strong>der</strong>n auch textil: im neuen Kammerspiele-hit »Ladies Night«. e<strong>in</strong>e Damenrunde<br />
tauscht sich aus über Flirts, junge Liebhaber und offene zweierbeziehungen –<br />
geme<strong>in</strong>sam mit Journalist<strong>in</strong> Angelika hager und anlässlich <strong>der</strong> bevorstehenden<br />
<strong>Josefstadt</strong>-premiere »e<strong>in</strong> Monat auf dem Lande«.<br />
Der Dichter Franzobel trifft auf Moser-biograf georg Markus, Jungschauspieler<br />
Ferd<strong>in</strong>and stahl wird von eva Maria Kl<strong>in</strong>ger porträtiert, die Drama-redaktion besuchte<br />
Mirjam Weichselbraun und oliver baier h<strong>in</strong>ter den Kulissen <strong>der</strong> Kammerspiele.<br />
<strong>Das</strong> alles und noch mehr <strong>in</strong> diesem DrAMA.<br />
19<br />
Viel Vergnügen beim Lesen und im <strong>Theater</strong> wünscht<br />
Ihre DrAMA-redaktion<br />
© Robert Recker<br />
DRAMA – <strong>Das</strong> <strong>Magaz<strong>in</strong></strong> <strong>des</strong> <strong><strong>Theater</strong>s</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong> 3
preMIere<br />
4<br />
SLip RuNTER<br />
o<strong>der</strong><br />
NOT LEHRT<br />
STRippEN<br />
nackt o<strong>der</strong> nicht nackt – das ist <strong>in</strong><br />
»Ladies Night« nur e<strong>in</strong>e von vielen Fragen. Die Männer <strong>in</strong><br />
dem stück s<strong>in</strong>d ja längst nackt. Arbeitslos. pleite. Versager<br />
als Versorger, als herren im haus, als stiere im bett.<br />
Craig, <strong>der</strong> Checker, barry, <strong>der</strong> schreihals, Norman, <strong>der</strong><br />
pantoffelheld. Ihnen ist nur ihr großmaul geblieben. sonst<br />
geht gar nichts mehr. In england spielt's stahlarbeiterkrise.<br />
Der Wirt im pub rückt ke<strong>in</strong> bier mehr auf pump raus.<br />
Craig darf se<strong>in</strong>en sohn nicht mehr sehen, wenn er ke<strong>in</strong>e<br />
Alimente zahlt. Der gerichtsvollzieher holt sich den Fernsehapparat.<br />
Die gelde<strong>in</strong>treiber schleichen mit gezücktem<br />
baseballschläger ums haus.<br />
selbst die Frauen s<strong>in</strong>d nicht mehr das, was sie früher mal<br />
waren. Wollen nicht liebedienen, lieber selber was erleben.<br />
Wenn die »Chippendales« strippen, kreischen sie sich weg.<br />
<strong>Das</strong> ärgste daran: Diese e<strong>in</strong>geölten Typen mit den mega-<br />
großen Muckis s<strong>in</strong>d zwar sicher schwul, kassieren aber fette<br />
Kohle. Craigs Fantasie entzündet sich daran: <strong>Das</strong> können wir<br />
auch! und: Wir gehen noch weiter. Lassen die hosen vollkommen<br />
runter. »Die Wilden stiere« soll ihre boygroup heißen.<br />
obwohl doch ke<strong>in</strong>er tanzen kann. graham, <strong>der</strong> selbstmordkandidat,<br />
ist anfangs überhaupt nur depressiv. gav<strong>in</strong> geht<br />
es da schon besser: hat nicht nur als Fliesenleger Arbeit,<br />
son<strong>der</strong>n als Muttis kle<strong>in</strong>er Liebl<strong>in</strong>g auch den überbordenden<br />
Drang, sich zu exhibitionieren.
Fotos Moritz Schell<br />
preMIere<br />
Ladies<br />
Night<br />
ro raftl traf für<br />
DrAMA Mart<strong>in</strong><br />
Nie<strong>der</strong>mair<br />
(ganz l<strong>in</strong>ks),<br />
Alexan<strong>der</strong> pschill<br />
(Mitte vorn)<br />
und Michael<br />
ostrowski (2. von<br />
rechts) zum<br />
gespräch über<br />
»Ladies Night«.<br />
DRAMA – <strong>Das</strong> <strong>Magaz<strong>in</strong></strong> <strong>des</strong> <strong><strong>Theater</strong>s</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong> 5
preMIere<br />
6<br />
so geht's her <strong>in</strong> <strong>der</strong> bitterschwarzen Komödie von stephen<br />
s<strong>in</strong>clair & Anthony McCarten, die Vorlage war für den<br />
K<strong>in</strong>oerfolg »Full Monty« (1997).<br />
schnitt. proben von »Ladies Night« <strong>in</strong> den Wiener Kammerspielen.<br />
blende zu Alexan<strong>der</strong> pschill als Craig, Michael ostrowski<br />
als barry, Mart<strong>in</strong> Nie<strong>der</strong>mair als gav<strong>in</strong>. Im Jahr 2009,<br />
da nackte Männer auf je<strong>der</strong> bühne längst ohne buhs skandalfrei<br />
durchgehen. Da sich je<strong>der</strong> Durchschnittsmann im<br />
Fitness-studio Waschbrettbauch und Muckis antra<strong>in</strong>iert,<br />
straffende Cremes schmiert, bisweilen gar den schönheitschirurgen<br />
frequentiert. Doch die drei <strong>Josefstadt</strong>-boys s<strong>in</strong>d<br />
sensibler, als man glauben würde. Wollen seele zeigen und<br />
Charakter, nicht als sexualobjekte wahrgenommen werden.<br />
Interessant. Was wurden Frauen, die palmers-plakate mit<br />
(halb-)nackt aufreizenden girls als sexistisch geißelten, nicht<br />
alles geheißen. »Frustrierte emanzen« war das Mil<strong>des</strong>te. und<br />
jetzt s<strong>in</strong>gt <strong>der</strong> junge herr ostrowski den Männer-emanzensong,<br />
halt unter an<strong>der</strong>en Vorzeichen: <strong>Das</strong>s ihn »die braungebrannt<br />
gestählten Muskeltypen von <strong>der</strong> Coca-Cola-Werbung<br />
schon als zwölfjährigen schwer angezipft« hätten. peter<br />
Turr<strong>in</strong>is erstl<strong>in</strong>g »rozznjogd« h<strong>in</strong>gegen begeistert: »Da ziehen<br />
sich zwei Leut vore<strong>in</strong>an<strong>der</strong> aus, zeigen sich dem an<strong>der</strong>en<br />
unperfekt, fehlerhaft, schief. sich auszuziehen kann auch<br />
e<strong>in</strong> befreiungsschlag se<strong>in</strong>.« Lass mich o<strong>der</strong> lieb mich,<br />
so wie ich b<strong>in</strong>. pe<strong>in</strong>lich fände es <strong>der</strong> 36-Jährige wie<strong>der</strong>um,<br />
g<strong>in</strong>ge se<strong>in</strong>e Freund<strong>in</strong> zu e<strong>in</strong>er Chippendales-show: »Ist doch<br />
schwachs<strong>in</strong>nskommerz! Kommt aus e<strong>in</strong>er ziemlich bie<strong>der</strong>en<br />
haltung.« e<strong>in</strong>e Falle, die er auch <strong>in</strong> den Kammerspielen e<strong>in</strong><br />
bisschen fürchtet: hihi und haha. In München brachten die<br />
Leute Taschenlampen mit. Knipsten sie <strong>in</strong> dem Augenblick<br />
an, <strong>in</strong> dem sich gnädiges Dunkel über die pudelnackerten<br />
stripper senkte. ostrowski sagt, ihm sei an Männern wie<br />
Frauen seit je nur wichtig gewesen, »ob sie e<strong>in</strong> guter Typ<br />
s<strong>in</strong>d«. Dünn und drahtig verweigert er sich jedem Fitnesswahn,<br />
siebenstunden-radtouren am Wochenende sowieso.<br />
zum e<strong>in</strong>cremen muss er sich zw<strong>in</strong>gen. schaut bloß drauf,<br />
gesund zu essen, nicht dick zu werden.<br />
Doch, er musste sich öfter ausziehen, als ihm lieb war, auf<br />
<strong>der</strong> bühne und im Film: »Im grazer ›<strong>Theater</strong> im bahnhof‹<br />
kam's mir immer komisch vor, auf so e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en bühne,<br />
aber bei Jel<strong>in</strong>eks ›burgtheater‹, da hat es gepasst und da war<br />
es dann auch lustig. In dem Film ›Nacktschnecken‹ komm<br />
ich komplett ohne daher, und ›Die unabsichtliche entführung<br />
<strong>der</strong> Frau elfriede ott‹ ist e<strong>in</strong> Film <strong>der</strong> nackten Männerärsche.«<br />
Allerd<strong>in</strong>gs: »Die Anlässe, bei denen man sich als schauspieler<br />
auszieht, eignen sich nicht zur entspannung. Wie <strong>der</strong> Moment,<br />
<strong>in</strong> dem man vor <strong>der</strong> Kamera vögeln muss, ke<strong>in</strong>er ist, <strong>in</strong> dem<br />
man unglaubliche geilheit spürt.«<br />
Alexan<strong>der</strong> pschill denkt die Neunzigerjahre mit: »Als Teenager<br />
<strong>in</strong> Kanada war ich mal <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em striplokal. Muss zugeben,<br />
dass ich das ziemlich erregend fand. gut möglich, dass<br />
Frauen ähnliches beim Anblick nackter Männerkörper<br />
spüren.« Ne<strong>in</strong>, ne<strong>in</strong>, er schämt sich nicht, sich auszuziehen:<br />
»Tu es ja auch am strand, damit die Klei<strong>der</strong> nicht nass<br />
werden. Wenn's das stück verlangt, hab ich ke<strong>in</strong> problem<br />
damit. Me<strong>in</strong> Craig muss es ja tun, um se<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d nicht zu<br />
verlieren – das f<strong>in</strong>d ich so schön an ›Ladies Night‹«. Körperbewusstse<strong>in</strong>?<br />
»e<strong>in</strong>e hassliebe, je nachdem, wie ich drauf b<strong>in</strong>.<br />
Manchmal mag ich den spiegel, manchmal meide ich ihn.<br />
Länger als zehn M<strong>in</strong>uten brauch ich aber nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Früh.<br />
okay, versuch mich täglich zu rasieren. Die Nasenhaare<br />
schneide ich auch. Menschen, die länger als e<strong>in</strong>e halbe<br />
stunde brauchen, kommen mir schon komisch vor.« Fitnessstudio?<br />
»Ja, aber nur aus hypochondrie. Nicht wegen dem<br />
schönheitswahn. Ich will gesund bleiben.« Auf se<strong>in</strong> gewicht<br />
schaut aber auch er.<br />
bei Mart<strong>in</strong> Nie<strong>der</strong>mair sieht man die sixpacks unterm T-shirt.<br />
ha! endlich e<strong>in</strong>er, <strong>der</strong> mit dem strom <strong>der</strong> zeit schwimmt.<br />
enttäuschung: Vom exhibitionismus se<strong>in</strong>es rollen-gav<strong>in</strong><br />
auch bei ihm ke<strong>in</strong>e rede: »Ich brauch e<strong>in</strong>fach bewegung,<br />
muss dreimal pro Woche im studio laufen und me<strong>in</strong> Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsprogramm<br />
absolvieren.« Als K<strong>in</strong>d sei er dick gewesen,<br />
pummelig, se<strong>in</strong> Körper schon e<strong>in</strong> Thema für ihn. Aber seit er<br />
mit 20 endlich schlank war, fühlt er sich wohl. gestaunt hat<br />
er trotzdem: »Über die muskelbepackten Tiere, früher, im<br />
Club Danube. und wer sich aller die Augenbrauen zupft.<br />
In London wie<strong>der</strong>um, wo ich oft b<strong>in</strong>, beg<strong>in</strong>nt man sich vor<br />
schönheits-ops zu fürchten: Man sieht so viele, bei denen es<br />
schief gegangen ist.« sich auf <strong>der</strong> bühne zu entblättern sei<br />
e<strong>in</strong>e hürde für ihn gewesen, e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tellektuelle entscheidung:<br />
»hab lang darüber nachgedacht, ob es gerechtfertigt ist,<br />
etwas zu zeigen, das sonst nicht sichtbar ist.«<br />
Nie<strong>der</strong>mair dreht die schraube weiter: »Die <strong>Josefstadt</strong> ist<br />
abgebrannt. und ke<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziger an<strong>der</strong>er bühnenjob <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
stadt. Würde ich Werbung für Feucht-Toilettenpapier<br />
machen? Würde ich als stripper gehen? Nach dem Motto:<br />
Wer zahlt, <strong>der</strong> kriegt?« pschill seufzt: »Nur über me<strong>in</strong>e<br />
Leiche. es sei denn, ich hab e<strong>in</strong>en sohn zu versorgen wie<br />
Craig und strippen ist tatsächlich <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zige Job <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
stadt.« ostrowski kennt ke<strong>in</strong> Wenn und Aber: »Ich würde<br />
nackt putzen gehen – egal ob bei Damen o<strong>der</strong> herren. <strong>Das</strong><br />
hat zum<strong>in</strong><strong>des</strong>t nicht die Anrüchigkeit e<strong>in</strong>es Nachtlokals.«<br />
Ro Raftl<br />
LaDIeS nIGHt<br />
Regie: Folke Braband<br />
Bühnenbild: Tom Prest<strong>in</strong>g<br />
Kostüme: Polly Matthies<br />
Choreografie: Angela Hercules Joseph<br />
Mit Ljubiša Lupo Grujčić, Mart<strong>in</strong> Nie<strong>der</strong>mair, Michael Ostrowski,<br />
Alexan<strong>der</strong> Pschill, Heribert Sasse, Mart<strong>in</strong> Zauner<br />
PremIere am 14. Jänner 2010, KammerSPIeLe
Fotos »Wir Europäer/My Evropané« (l.), Bayerischer Rundfunk/Ralf Wilschewski (r.) reChter text Auszug aus e<strong>in</strong>em Gespräch von Roger Willemsen, das im ZEIT <strong>Magaz<strong>in</strong></strong> erschien neuwIrtH<br />
& wecKer<br />
Zwei Kapazun<strong>der</strong> komponieren für die <strong>Josefstadt</strong>. Roland Neuwirth<br />
und se<strong>in</strong>e Extremschrammeln geigen bei Franzobels »Moser« auf;<br />
Konstant<strong>in</strong> Wecker packte »Jugend ohne Gott« <strong>in</strong> Musik.<br />
e S GIbt KeInen berufeneren als roland Neuwirth, um die<br />
eigenwillige Farce um den beliebten Volksschauspieler<br />
Moser musikalisch aufzumischen.<br />
Denn <strong>der</strong> geniale extremschrammler ist erneuerer und<br />
großmeister <strong>der</strong> Wiener Musik. Als gitarrist, sänger,<br />
Komponist und Texter. Vor mittlerweile 25 Jahren machte<br />
sich roland Neuwirth auf, die schrammelmusik, jene<br />
Musikform, die zur Touristenfalle zwischen gr<strong>in</strong>z<strong>in</strong>g und<br />
pek<strong>in</strong>g verkommen war, vom triefenden Kitsch zu befreien:<br />
er rettete das Wienerlied mit eigenkompositionen und<br />
progressiven Neuarrangements <strong>in</strong>s heute.<br />
se<strong>in</strong> vielfältiges oeuvre umfasst raunzerte Nekrophiliegstanzeln,<br />
gefühlvolle Liebeslie<strong>der</strong> mit schmäh und sw<strong>in</strong>g,<br />
grantelnde blues-oden an die Wiener Tristesse, groovige<br />
heurigenbankeln voll Lebensgefühl.<br />
Neuwirth erneuerte und verteidigt das Wienerlied:<br />
»hitler und die unmusikalität <strong>der</strong> oberschullehrer haben<br />
es fertig gebracht, dass bei uns die Jungen über ihre eigene<br />
Volksmusik lachen und sich für sie schämen. Aus den<br />
radio- und Fernsehgeräten hat man unseren Dialekt –<br />
und damit unsere Identität – verbannt. statt <strong>der</strong> poetischen<br />
bildhaftigkeit und präzision unserer sprache werden<br />
die ›Kids‹ mit permanentem Wenzel-Lüdecke-Deutsch gefüttert.<br />
Diese sprache aber weist nicht die fe<strong>in</strong>en Färbungen<br />
und Nuancen auf, nicht die ironische Doppelbödigkeit o<strong>der</strong><br />
gar die philosophische Tiefe <strong>des</strong> Wiener Dialekts.<br />
zurück bleiben entwe<strong>der</strong> grenzdebile schunkelmonster<br />
o<strong>der</strong> blässliche ›Teenies‹, die zwischen Videoclips und<br />
Computern verwahrlosen.«<br />
e S GIbt KeInen berufeneren als Konstant<strong>in</strong> Wecker, um horváths<br />
Antifaschismus-statement »Jugend ohne gott« musikalisch<br />
zu begleiten.<br />
Denn seit mehr als 30 Jahren bekämpft <strong>der</strong><br />
Lie<strong>der</strong>macher das »schlechte«. Immer noch Ans<strong>in</strong>gen<br />
gegen den Krieg?<br />
Konstant<strong>in</strong> Wecker: Ja, was denn sonst? s<strong>in</strong>gen hilft. Waffen<br />
helfen jedenfalls nicht, wie wir gesehen haben. Die Menschheit<br />
richtet sich zugrunde, und ich soll schweigen? Wer<br />
jetzt se<strong>in</strong>e stimme nicht öffentlich erhebt, verdient es nicht,<br />
e<strong>in</strong>e öffentliche stimme zu haben.<br />
Für solche sätze schimpft man sie »gutmensch«!<br />
Wecker: Ja, was soll ich denn eher se<strong>in</strong>: schlechtmensch?<br />
Was verrät es denn Ihrer Me<strong>in</strong>ung nach über diese zeit,<br />
dass sie den »gutmenschen« zum schimpfwort erhob?<br />
Wecker: seit gut zehn Jahren werden alle <strong>des</strong>avouiert, die<br />
sich engagieren. Die allgeme<strong>in</strong>e entpolitisierung wird genutzt,<br />
um auch die Künstler zu entpolitisieren. und es hat ja<br />
dummerweise funktioniert. Ich habe nichts gegen elfenbe<strong>in</strong>türme,<br />
aber im Moment haben wir e<strong>in</strong>en ganzen Wald von<br />
elfenbe<strong>in</strong>türmen!<br />
Fehlen <strong>der</strong> politik nach bush jetzt die schurken?<br />
Wecker: es gibt ja auch glanzlose schurken. Vielleicht<br />
werden wir ja von soziopathen regiert, die so viel h<strong>in</strong>ter sich<br />
lassen mussten an aufrechtem gang und zivilcourage, die<br />
sich so viel biegen mussten, bis sie an <strong>der</strong> spitze waren, dass<br />
sie am ende ke<strong>in</strong>e rücksicht mehr nehmen auf irgende<strong>in</strong>e<br />
an<strong>der</strong>e Auffassung. Ich habe nicht vergessen, wie sich Angela<br />
Merkel bei bush e<strong>in</strong>geschleimt hat.<br />
MusIK<br />
<strong>Das</strong> <strong>Magaz<strong>in</strong></strong> <strong>des</strong> <strong><strong>Theater</strong>s</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong> 7
szeNeNbILD<br />
8<br />
VerHetzte<br />
JuGenD<br />
»e<strong>in</strong> buch gegen die geistigen Analphabeten, gegen die, die wohl lesen und schreiben können,<br />
aber nicht wissen, was sie schreiben, und nicht verstehen, was sie lesen. und ich hab e<strong>in</strong><br />
buch für die Jugend geschrieben […] Aus den schlacken und Dreck verkommener generationen<br />
steigt e<strong>in</strong>e neue Jugend empor. Der sei me<strong>in</strong> buch geweiht! sie möge lernen aus unseren<br />
Fehlern und zweifeln!«<br />
Ödön von Horváth über »Jugend ohne Gott«
Foto Moritz Schell<br />
JuGenD oHne Gott<br />
von Christopher Hampton<br />
nach Ödön von Horváth<br />
Regie: Torsten Fischer<br />
Musik: Konstant<strong>in</strong> Wecker<br />
szeNeNbILD<br />
JugeNd<br />
ohNe<br />
gott<br />
Mit Eva Mayer, Silvia Meisterle,<br />
Therese Lohner, Elfriede<br />
Schüssele<strong>der</strong>, Susanna<br />
Wiegand, Simon Dietersdorfer,<br />
Mart<strong>in</strong> Hemmer, Christian<br />
Futterknecht, Peter Moucka,<br />
Cornelius Obonya, Hans<br />
Wolfgang Pemmer,<br />
Peter Scholz, Rafael Schuchter,<br />
Friedrich Schwardtmann,<br />
Kurt Sobotka, Ferd<strong>in</strong>and Stahl,<br />
Alexan<strong>der</strong> Waechter,<br />
Mart<strong>in</strong> Zauner u. a.<br />
urauffüHrunG<br />
tHeater In Der JoSefStaDt<br />
DRAMA – <strong>Das</strong> <strong>Magaz<strong>in</strong></strong> <strong>des</strong> <strong><strong>Theater</strong>s</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong> 9
KoNTroVers<br />
10<br />
Moser<br />
moSer<br />
Im HImmeL<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong> treffen sie zum ersten Mal aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong>: Der honorige Moser-Biograf<br />
und Bestsellerautor Georg Markus und <strong>der</strong> Dichter Franzobel, <strong>des</strong>sen »Moser«-Stück<br />
die <strong>Josefstadt</strong> im Februar auf die Bühne br<strong>in</strong>gen wird.<br />
Franzobel (l.): »Für e<strong>in</strong>en<br />
Dramatiker s<strong>in</strong>d schwarze<br />
Flecken <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit<br />
beson<strong>der</strong>s spannend. Die<br />
eröffnen e<strong>in</strong>en ungeheuren<br />
Freiraum.«<br />
Georg Markus (r.): »Mich hat<br />
auch noch nie e<strong>in</strong>er geklagt, <strong>der</strong><br />
schon tot ist … Mich fasz<strong>in</strong>iert<br />
die Vergangenheit, weil ich dort<br />
überproportional charismatische<br />
persönlichkeiten f<strong>in</strong>de, die es<br />
heute kaum mehr gibt.«<br />
f<br />
ranzobeLS StücK tHematISIert das<br />
r<strong>in</strong>gen e<strong>in</strong>es Künstlers um<br />
haltung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em system <strong>der</strong> unterdrückung.<br />
Ist aber ke<strong>in</strong>e Dramatisierung<br />
<strong>des</strong> Lebens <strong>des</strong> populären<br />
Volksschauspielers hans Moser. georg<br />
Markus stellt unverblümt Fragen, die sich<br />
auch mancher <strong>Theater</strong>besucher stellen<br />
wird. soll hier e<strong>in</strong> Volksheld vom sockel<br />
gestoßen werden? bachmann-preisträger<br />
Franzobel lässt es sich gefallen.<br />
Markus: Wie sehen sie hans Moser?<br />
Franzobel: Als schauspieler hat er<br />
was ganz eigenes kreiert, er hat<br />
die trivialsten Filme auf e<strong>in</strong> höheres<br />
Niveau gebracht.<br />
M: Aber als Mensch?<br />
F: Man weiß, er war ungewöhnlich<br />
geizig und se<strong>in</strong>er Frau unglaublich treu.<br />
hat ke<strong>in</strong>e elev<strong>in</strong>nen belästigt. Was doch<br />
sehr selten ist. Ich kenne überhaupt<br />
niemandem mit so e<strong>in</strong>er D<strong>in</strong>osauriertreue.<br />
Die evolutionsbiologie sagt,<br />
<strong>der</strong> Mann ist an sich e<strong>in</strong> polygames<br />
Wesen und <strong>in</strong>sofern ist <strong>der</strong> Moser e<strong>in</strong><br />
gegenbeispiel dafür.<br />
M: In Ihrem stück geht es um Mosers<br />
rolle im Dritten reich. Da werfen sie<br />
ihm vor, e<strong>in</strong> Mitläufer zu se<strong>in</strong>.<br />
F: er hat e<strong>in</strong>erseits <strong>in</strong> dieser zeit e<strong>in</strong>en<br />
Karrierehöhepunkt erlebt. er, <strong>der</strong> so<br />
lange um Anerkennung gekämpft hat,<br />
moSer oDer DIe PaSSIon DeS<br />
wocHenenD-woHnzImmerGotteS<br />
von Franzobel<br />
Regie: Peter Wittenberg<br />
Musik: Roland Neuwirth & Extremschrammeln<br />
Mit Sandra Cervik, Hubsi Kramar,<br />
Alexan<strong>der</strong> Pschill, Erw<strong>in</strong> Ste<strong>in</strong>hauer,<br />
Florian Teichtmeister, Mart<strong>in</strong> Zauner u. a.<br />
urauffüHrunG am 25. februar 2010<br />
tHeater In Der JoSefStaDt<br />
Fotos Stephan Boroviczény (l.), INTERFOTO / picture<strong>des</strong>k.com (r.)
hat im Dritten reich e<strong>in</strong>en unglaublichen<br />
hype erfahren. An<strong>der</strong>erseits wusste er,<br />
schon weil se<strong>in</strong>e jüdische Frau emigrieren<br />
musste, von den schattenseiten<br />
<strong>des</strong> reiches. Aber er wurde nicht aktiv.<br />
M: er hatte eben Angst wegen<br />
se<strong>in</strong>er Frau.<br />
F: Ich denke, <strong>der</strong> Moser ist schon vom<br />
Typ her ke<strong>in</strong> held und ke<strong>in</strong> Wi<strong>der</strong>standskämpfer.<br />
Da gibt es <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em stück<br />
die parallele zur gegenwart, <strong>in</strong>wieweit<br />
passt man sich an, um <strong>der</strong> zeit zu<br />
entsprechen, um die eigene Karriere<br />
nicht zu gefährden.<br />
M: bei Ihnen kommt er nicht<br />
positiv rüber.<br />
F: Ich sehe ihn ambivalent. Je<strong>der</strong> ist<br />
ambivalent.<br />
M: eher negativ.<br />
F: Ich sehe ihn eher positiv. Ich f<strong>in</strong>de<br />
ihn sympathisch, dieses r<strong>in</strong>gen, die<br />
zweifel, die sorge, nicht zu genügen.<br />
sehr menschlich.<br />
M: Ihr stück spielt im himmel. Im<br />
himmel herrschen die Nazis. Warum<br />
eigentlich?<br />
F: <strong>Das</strong> ist e<strong>in</strong> gedankenexperiment.<br />
<strong>Das</strong> ist ja e<strong>in</strong> <strong>Theater</strong>himmel, klarerweise.<br />
<strong>Das</strong> ist nicht <strong>der</strong> himmel <strong>des</strong> Konkordats.<br />
Vielleicht ist das <strong>der</strong> himmel vom<br />
Moser, <strong>in</strong> dem er se<strong>in</strong>e erlösung f<strong>in</strong>det.<br />
M: Aber <strong>der</strong> hitler ist <strong>der</strong> Chef dort?<br />
F: Ja, <strong>der</strong> ist <strong>der</strong> Chef und Maskenbildner.<br />
Weil er sich quasi <strong>in</strong> dem Thea-<br />
terkosmos die Leute zurechtschm<strong>in</strong>kt.<br />
eIn sPagat zwIsChen<br />
Überleben wollen und<br />
rÜCKgrat zeIgen<br />
M: und Mosers Frau blanca?<br />
F: blanca hat ihn sehr getrieben, ich<br />
weiß nicht, ob er se<strong>in</strong>e Karriere ohne<br />
blanca gemacht hätte.<br />
M: blanca war e<strong>in</strong> opfer.<br />
F: Ja, weil sie Jüd<strong>in</strong> war. Als person<br />
ist sie ke<strong>in</strong> opfer, vielleicht war Moser<br />
da viel mehr opfer.<br />
M: Im stück bedauert sie, dass sie<br />
Jüd<strong>in</strong> ist und ke<strong>in</strong> Nazi se<strong>in</strong> kann.<br />
sie tanzt mit hitler und kokettiert um<br />
<strong>der</strong> Karriere willen!<br />
F: Ich sehe Menschen von haus aus<br />
sehr ambivalent. es gibt unter den<br />
opfern Täter und unter den Tätern<br />
auch Ahnungslose. Nehmen sie das als<br />
Manifest gegen pauschalierungen.<br />
M: bei Ihnen gibt es zwei Moser.<br />
F: Den jungen und den alten Moser,<br />
und es gibt e<strong>in</strong>en Moser-Imitatoren-<br />
Lookalike-Wettbewerb im himmel. Moser<br />
ist e<strong>in</strong>e an <strong>der</strong> Folie <strong>der</strong> Wirklichkeit<br />
orientierte fantasievolle <strong>Theater</strong>figur.<br />
M: Aber es ist schon <strong>der</strong> hans Moser?<br />
F: es ist ke<strong>in</strong>e Dramatisierung <strong>der</strong><br />
Moser-biografie.<br />
M: Wollen sie e<strong>in</strong>en skandal<br />
provozieren?<br />
F: es ist nicht die zeit für skandale.<br />
bei e<strong>in</strong>em skandal wird nur polarisiert<br />
und jede Diskussion unmöglich gemacht.<br />
Mir geht's um das Verstehen <strong>der</strong> Figur<br />
Moser, um e<strong>in</strong> Verständnis für den<br />
österreicher <strong>in</strong> <strong>der</strong> zeit.<br />
M: Moser war e<strong>in</strong> herausragen<strong>der</strong>,<br />
wun<strong>der</strong>barer schauspieler. Doch je<br />
mehr ich mich biografisch mit ihm<br />
beschäftigte, <strong>des</strong>to mehr wurden mir<br />
se<strong>in</strong>e schwächen bewusst. er war nicht<br />
nur e<strong>in</strong> schnorrer, er konnte bös se<strong>in</strong>,<br />
er konnte Menschen auch verletzen.<br />
er hat vielleicht se<strong>in</strong>en abrupten erfolg<br />
nicht ganz verkraftet.<br />
F: beim schreiben habe ich <strong>in</strong> mir<br />
nach dem hans Moser gegraben.<br />
M: sie suchen den hans Moser im<br />
Franzobel? haben sie ihn gefunden?<br />
F: es gibt viele parallelen. e<strong>in</strong>erseits<br />
erfolg haben wollen, durchtauchen,<br />
feig se<strong>in</strong>, doch Mut haben wollen,<br />
also alle diese Wi<strong>der</strong>sprüche, die man<br />
<strong>in</strong> sich hat, auch wenn man sie dann<br />
an<strong>der</strong>s auslebt.<br />
KoNTroVers<br />
––– Hans Moser *6.8.1880, † 19.6.1964,<br />
e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> populärsten österreichischen<br />
schauspieler, debütierte 1902 im<br />
<strong>Theater</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong>. Ab 1925<br />
gehörte er dem <strong>Josefstadt</strong>-ensemble<br />
unter Max re<strong>in</strong>hardt an.<br />
––– Franzobel geboren 1967 <strong>in</strong><br />
Vöcklabruck, studierte germanistik<br />
und geschichte. er arbeitet als freischaffen<strong>der</strong><br />
schriftsteller, schreibt<br />
romane, gedichte, <strong><strong>Theater</strong>s</strong>tücke,<br />
hörspiele und K<strong>in</strong><strong>der</strong>bücher. zahlreiche<br />
preise und Auszeichnungen. In deutschen<br />
Feuilletons schmückt man ihn<br />
mit dem be<strong>in</strong>amen Worterf<strong>in</strong>dungsmeister,<br />
barocker geschichtenerdenker.<br />
––– Georg Markus 1951 <strong>in</strong> Wien<br />
geboren, zählt zu den erfolgreichsten<br />
schriftstellern und zeitungskolumnisten<br />
österreichs. er war Kolumnist<br />
<strong>der</strong> »Kronen zeitung«, schreibt seit<br />
2003 im Kurier die wöchentliche<br />
Kolumne »geschichten mit geschichte«,<br />
die historische Themen zum Inhalt hat.<br />
er verfasste biografien von paul hörbiger,<br />
hans Moser, Karl Farkas und Kathar<strong>in</strong>a<br />
schratt, sigmund Freud sowie zeitgeschichtliche<br />
Werke.<br />
<strong>Das</strong> <strong>Magaz<strong>in</strong></strong> <strong>des</strong> <strong><strong>Theater</strong>s</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong> 11
INTerVIeW<br />
12<br />
eiN<br />
MoNat<br />
auf<br />
deM<br />
LaNde<br />
ViER FRAuEN uND<br />
EiN LiEBEScHAOS<br />
stePhanIe Mohr InszenIert turgenjews »eIn Monat auf deM lande«,<br />
wo MarIa KöstlInger, hIlde dalIK und sona MaCdonald IM tretMInenfeld<br />
Ihrer gefÜhle aufeInan<strong>der</strong>treffen. eIn gesPräCh Über Pantherfrauen,<br />
botox-tragIK und lIebesKäMPfe MIt angelIKa hager.<br />
Angelika Hager: Die tragische held<strong>in</strong> Natalja hat e<strong>in</strong>en<br />
liebenden ehemann, e<strong>in</strong>en durchaus flirtbegabten hausfreund<br />
und muss sich dann auch noch hals über Kopf <strong>in</strong> den blutjungen<br />
hauslehrer verlieben.<br />
Maria Köstl<strong>in</strong>ger: sie ist <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er schwierigen phase ihres<br />
Lebens angekommen, wo sie auch noch ihren erotischen begehrt-<br />
werdenswert überprüfen möchte. Da ich auf den Vierziger<br />
zugehe, kann ich das durchaus nachempf<strong>in</strong>den.<br />
Hager: Natalja ist im stück 29 Jahre alt. Im russland <strong>des</strong><br />
19. Jahrhun<strong>der</strong>ts war man da bereits jenseits se<strong>in</strong>er besten Jahre.<br />
heute ist 38 das neue 50. Am boulevard führen ältere Frauen<br />
ihre jungen Liebhaber wie Trophäen vor. e<strong>in</strong> zeichen<br />
<strong>der</strong> emanzipation?<br />
Ist eIn junger<br />
lIebhaber heIlsaM?<br />
Köstl<strong>in</strong>ger: es wäre schön, aber ich sehe es nicht so. Denn<br />
wenn man Frauen wie Madonna o<strong>der</strong> Demi Moore anschaut,<br />
die daneben zum schönheitsdoktor rennen und sich vom busen<br />
bis zum gesicht alles richten lassen, dann hat das für mich auch<br />
was Tragisches und Trauriges. Würden diese Frauen ihrem Alter,<br />
also 50 und mehr, entsprechend aussehen, hätten sie Jesus<br />
o<strong>der</strong> Ashton wahrsche<strong>in</strong>lich nicht mehr.<br />
Hilde Dalik: Mart<strong>in</strong> scorsese hat sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Interview<br />
v. l. n. r.: Angelika hager, hilde Dalik, stephanie Mohr, Maria Köstl<strong>in</strong>ger, sona MacDonald<br />
beklagt, dass er nicht mehr weiß, welche schauspieler<strong>in</strong>nen<br />
er besetzen soll, weil sich alle <strong>in</strong> <strong>der</strong> botox-starre bef<strong>in</strong>den.<br />
selbst die 30-jährigen. <strong>Das</strong> ist für mich emanzipatorisch ke<strong>in</strong><br />
Fort-, son<strong>der</strong>n e<strong>in</strong> rückschritt.<br />
Sona MacDonald: In Amerika gibt es für dieses phänomen von<br />
älteren Frauen mit jungen Lovern bereits e<strong>in</strong>en eigenen begriff:<br />
die Cougars. Cougar ist e<strong>in</strong>e pantherart mit silbrigem Fell.<br />
Aber natürlich wäre die ideale Form <strong>der</strong> beziehung das Tilda-<br />
sw<strong>in</strong>ton-Modell.<br />
Hager: e<strong>in</strong>en ehemann und K<strong>in</strong>dsvater, <strong>der</strong> verlässlich das haus<br />
hütet, während man mit e<strong>in</strong>em feurigen Toyboy durch die Welt<br />
abenteuert. haben sie schon sowas <strong>in</strong> <strong>der</strong> richtung erlebt, sona?<br />
MacDonald: Lei<strong>der</strong> nur <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er Fantasie.<br />
Köstl<strong>in</strong>ger (lacht): Ich hab's me<strong>in</strong>em Mann e<strong>in</strong>mal vorge-<br />
schlagen, aber er hat mich nur gefragt, ob ich e<strong>in</strong> bisserl deppert<br />
geworden b<strong>in</strong>.<br />
Hager: Aber im Vergleich zu Turgenjews Frauen ist das Lieben<br />
heute für unsere generation doch viel e<strong>in</strong>facher geworden.<br />
Stephanie Mohr: Wir haben das privileg <strong>der</strong> freien Wahl. Aber<br />
dennoch s<strong>in</strong>d die emotionalen strukturen die gleichen geblieben.<br />
MacDonald: Ich b<strong>in</strong> überzeugt davon, dass viele Frauen auch<br />
heute noch <strong>in</strong> leblosen beziehungen verharren, weil sie ihren<br />
Lebensstandard nicht aufgeben wollen o<strong>der</strong> dass sie ihren<br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong>n zuliebe bleiben.<br />
Hager: Was empf<strong>in</strong>det Ihr für solche Frauen, die sich heute<br />
dennoch so mit ihrem unglück arrangieren? Mitleid, Verachtung?<br />
Mohr: Man kann sich nicht anmaßen, diesbezüglich pauschal-
Fotos Erich Reismann<br />
urteile zu fällen. Jede geschichte ist e<strong>in</strong>zigartig; zwänge wirken<br />
sich auf jeden an<strong>der</strong>s aus.<br />
Köstl<strong>in</strong>ger: Ich f<strong>in</strong>de es teilweise erschreckend, mit welcher<br />
Leichtfertigkeit heute beziehungen wie<strong>der</strong> entsorgt werden,<br />
wenn es e<strong>in</strong>mal nicht passt. Ich b<strong>in</strong> jetzt zwölf Jahre verheiratet.<br />
und natürlich gab es jede Menge höhen und Tiefen und auch<br />
Momente, wo ich gesagt habe: »Ich glaube, ich schaffe das nicht.«<br />
Hager: Ihr Mann (Anm. <strong>der</strong> schauspieler Karlhe<strong>in</strong>z hackl)<br />
war sehr schwer krank.<br />
Köstl<strong>in</strong>ger: Natürlich war das auch e<strong>in</strong>e extremsituation.<br />
Aber ich habe immer gewusst, dass es sich lohnt, zu kämpfen.<br />
es g<strong>in</strong>g ja nicht nur um unsere beziehung, son<strong>der</strong>n auch um die<br />
Familie, um unsere geme<strong>in</strong>same Tochter. und jetzt, nachdem wir<br />
all das geme<strong>in</strong>sam überstanden haben, s<strong>in</strong>d wir an e<strong>in</strong>em punkt<br />
angelangt, wo wir e<strong>in</strong>e ganz neue Qualität unserer beziehung<br />
erfahren dürfen. <strong>Das</strong> ist etwas ganz großartiges, wie ich es zuvor<br />
noch nie erlebt habe.<br />
MacDonald: Wenn ich so etwas höre, b<strong>in</strong> ich fast e<strong>in</strong> bisschen<br />
von Neid erfüllt. sich zu verlieben, was ja fast e<strong>in</strong>em rauschhaften<br />
zustand gleichkommt, ist ja eigentlich sehr e<strong>in</strong>fach. Aber diesen<br />
zustand dann <strong>in</strong> dauerhafte Liebe verwandeln zu können, das ist<br />
mir längerfristig noch nicht geglückt. <strong>Das</strong> Wichtigste <strong>in</strong> je<strong>der</strong><br />
beziehungskonstellation ist für mich immer: sich nicht ver-<br />
biegen zu müssen, sich nicht verleugnen zu müssen und nicht zu<br />
viele Kompromisse e<strong>in</strong>gehen zu müssen. <strong>Das</strong> ist ja auch für mich<br />
das schwierige an <strong>der</strong> rolle <strong>der</strong> gesellschafter<strong>in</strong> Lisaweta: Die<br />
muss weggeheiratet werden, um versorgt zu werden. Aber ich<br />
möchte me<strong>in</strong>e Figur nicht nur als arme schlucker<strong>in</strong> darstellen.<br />
Mohr: <strong>Das</strong> ist sie auch nicht. Die Frauen <strong>in</strong> »e<strong>in</strong> Monat auf<br />
dem Lande« s<strong>in</strong>d alle ke<strong>in</strong>e opfer. Vor allem nicht Natalja, die<br />
nicht bereit ist, zugunsten ihrer pflegetochter beim hauslehrer<br />
zurückzutreten. <strong>Das</strong> tut sie nicht, und das f<strong>in</strong>de ich toll,<br />
obwohl es natürlich nicht wahns<strong>in</strong>nig sympathisch ist.<br />
Köstl<strong>in</strong>ger: Natalja will eben noch e<strong>in</strong>mal sowas wie Leben zu<br />
fassen kriegen, bevor sie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Langeweile unterzugehen droht.<br />
<strong>Das</strong> mag ich an <strong>der</strong> Figur. und mit welcher Leidenschaft sie<br />
sich da h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>stürzt.<br />
Hager: Ist das Liebe? o<strong>der</strong> nur e<strong>in</strong> verzweifeltes sichauf-<br />
bäumen gegen die Monotonie <strong>des</strong> Alltags?<br />
Köstl<strong>in</strong>ger: Wenn man das immer so genau wüsste. Wann hört<br />
<strong>der</strong> rausch auf, wann wird er zu e<strong>in</strong>em echten gefühl?<br />
INTerVIeW<br />
oft denkt man sich ja dann im rückblick: »hallelujah, das wär's<br />
ja eigentlich gar nicht wert gewesen.«<br />
Dalik: Verliebtse<strong>in</strong> hat ja auch immer etwas mit Idealisierung<br />
zu tun; das gegenüber dient ja auch als projektionsfläche <strong>der</strong><br />
eigenen bedürfnisse. Me<strong>in</strong>e Verotschka erlebt diesen Überschwall<br />
<strong>der</strong> gefühle das erste Mal. und wird dadurch auch erwachsen,<br />
während die wesentlich ältere Natalja durch ihre Leidenschaft<br />
fast wie<strong>der</strong>um k<strong>in</strong>dliche züge annimmt.<br />
rausCh <strong>der</strong><br />
ersten VerlIebtheIt<br />
Hager: Die Frauen wirken bei Turgenjew wie auch später bei<br />
schnitzler o<strong>der</strong> Tschechow als die <strong>in</strong>teressanteren, weil vielschichtigeren<br />
und stärkeren Figuren.<br />
Mohr: Da muss ich wi<strong>der</strong>sprechen. Ich f<strong>in</strong>de die Männer <strong>in</strong><br />
diesem stück durchaus <strong>in</strong>teressant und sehe sie nicht als schwäch-<br />
l<strong>in</strong>ge. es wird natürlich viel geschwätzt und selbstreflektiert.<br />
Hager: Turgenjews Ton ist manchmal erschreckend kalt,<br />
weil so <strong>des</strong>illusionierend.<br />
Mohr: Als kalt empf<strong>in</strong>de ich ihn nicht, nur als klug.<br />
Dalik: Trotz aller verme<strong>in</strong>tlichen stagnationen geht man mit<br />
<strong>der</strong> gewissheit nach hause, dass es noch immer hoffnung gibt.<br />
MacDonald: und e<strong>in</strong>em die erfahrungen, die man <strong>in</strong> <strong>der</strong> Liebe<br />
gemacht hat, wenig nützen, wenn es e<strong>in</strong>en wirklich wie<strong>der</strong><br />
e<strong>in</strong>mal so richtig erwischt. Man ist dann genauso vertrottelt wie<br />
vor 20 Jahren auch schon.<br />
Angelika hager leitet das gesellschaftsressort <strong>des</strong> Nachrichtenmagaz<strong>in</strong>s<br />
»profil« und ist die Frau h<strong>in</strong>ter <strong>der</strong> Kultkolumnist<strong>in</strong> »polly Adler« – eben<br />
erschien ihr erster erzählband »Nur Idioten s<strong>in</strong>d glücklich«.<br />
eIn monat auf Dem LanDe<br />
von Iwan Turgenjew, Regie: Stephanie Mohr, Bühnenbild: Miriam<br />
Busch, Kostüme: Alfred Mayerhofer, Musik: Joachim Steffenhagen<br />
Mit Hilde Dalik, Maria Köstl<strong>in</strong>ger, Sona MacDonald, Eva Mayer,<br />
Rasmus Borkowski, André Pohl, Peter Scholz, Toni Slama u. a.<br />
PremIere am 28. Jänner 2010, tHeater In Der JoSefStaDt<br />
<strong>Das</strong> <strong>Magaz<strong>in</strong></strong> <strong>des</strong> <strong><strong>Theater</strong>s</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong> 13
porTräT<br />
14<br />
JugeNd<br />
ohNe<br />
gott<br />
Träume von<br />
Schale und Kern<br />
ferdInand stahl VerstärKt das attraKtIVe<br />
junge teaM <strong>der</strong> josefstadt.<br />
IcH bIn eIn extremer<br />
Mensch«, sagt er mit<br />
entwaffnendem Lächeln.<br />
»Ich habe <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em<br />
Leben vieles ausprobiert.«<br />
<strong>Das</strong>s sich Ferd<strong>in</strong>and stahl<br />
vor dreie<strong>in</strong>halb Jahren<br />
am re<strong>in</strong>hardt-sem<strong>in</strong>ar<br />
beworben hat, war mehr<br />
die Folge e<strong>in</strong>es dramatischen<br />
Liebesbetrugs als e<strong>in</strong>er<br />
kalkulierten Karriereplanung.<br />
er hatte Komposition studiert,<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er band Klavier ge-<br />
spielt und wäre wohl Musiker<br />
geworden. Aber so verließ<br />
er Köln und die verme<strong>in</strong>tlichen<br />
Freunde, verankerte<br />
sich <strong>in</strong> Wien. Noch während<br />
<strong>der</strong> Ausbildung am re<strong>in</strong>hardtsem<strong>in</strong>ar<br />
engagierte ihn<br />
paulus Manker als Walter<br />
gropius für »Alma«. e<strong>in</strong><br />
Cast<strong>in</strong>g am <strong>Theater</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Josefstadt</strong> verlief erfolgreich.<br />
<strong>Das</strong> schauspielstudium<br />
wird er nächsten sommer<br />
abschließen.<br />
er hat das zeug zum herzens-<br />
brecher. Doch vorerst spielt<br />
er e<strong>in</strong>en Mör<strong>der</strong>. Ferd<strong>in</strong>and<br />
stahl ist e<strong>in</strong> fabelhaft aus-<br />
sehen<strong>der</strong> Typ, 1,87 m groß,<br />
blaue Augen, dunkelblon<strong>des</strong><br />
wirres haar, angenehmes<br />
Timbre. gut vorstellbar,<br />
dass sich genia hofreiter zu<br />
e<strong>in</strong>er Affäre mit diesem<br />
feschen Fähnrich h<strong>in</strong>reißen<br />
JuGenD oHne Gott<br />
von Christopher Hampton<br />
nach Ödön von Horváth<br />
Regie: Torsten Fischer<br />
Musik: Konstant<strong>in</strong> Wecker<br />
urauffüHrunG<br />
tHeater In Der JoSefStaDt<br />
lässt. »Natürlich hat mich<br />
von den drei Angeboten <strong>des</strong><br />
<strong><strong>Theater</strong>s</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong><br />
<strong>der</strong> otto Aigner <strong>in</strong> schnitzlers<br />
›<strong>Das</strong> weite Land‹ am meisten<br />
<strong>in</strong>teressiert. Aber jetzt, da<br />
ich die beiden an<strong>der</strong>en<br />
rollen (die schüler ertzum<br />
<strong>in</strong> ›Der blauen engel‹ und<br />
Dieter Trauner <strong>in</strong> ›Jugend<br />
ohne gott‹) bereits spiele,<br />
b<strong>in</strong> ich vor allem von dem<br />
zwielichtigen Typen <strong>in</strong><br />
›Jugend ohne gott‹ fasz<strong>in</strong>iert.<br />
Ich spiele nicht<br />
e<strong>in</strong>fach e<strong>in</strong>en bad guy o<strong>der</strong><br />
e<strong>in</strong>en Neonazi. Der Trauner<br />
könnte e<strong>in</strong>er se<strong>in</strong> wie ich,<br />
nur läuft an e<strong>in</strong>er bruch-<br />
stelle se<strong>in</strong>es Lebens etwas<br />
schief. Ich muss herausf<strong>in</strong>den,<br />
wie es zu dieser Tat<br />
kommt. Wie entsteht ge-<br />
waltbereitschaft? Falsche<br />
erziehung? zu wenig Liebe?<br />
Ich kann mich von e<strong>in</strong>er<br />
rolle, die ich spiele, nicht<br />
distanzieren, ich muss sogar<br />
sympathie empf<strong>in</strong>den.«<br />
Dieter Trauner ist e<strong>in</strong>e<br />
schlüsselfigur <strong>in</strong> dem Krimi-<br />
nalfall, den oscarpreisträger<br />
Christopher hampton nach<br />
ödön von horváths roman<br />
»Jugend ohne gott« für die<br />
<strong>Josefstadt</strong> dramatisiert hat.<br />
»IcH emPfInDe eS als glück und<br />
Chance, gleich am Anfang an<br />
e<strong>in</strong>em haus wie <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong><br />
arbeiten zu dürfen«, freut sich<br />
<strong>der</strong> 27-Jährige. »Ich lerne<br />
so viel von den großartigen<br />
Kollegen und den hervor-<br />
ragenden regisseuren. etwas<br />
besseres kann e<strong>in</strong>em jungen<br />
schauspieler nicht passieren!«<br />
Eva Maria Kl<strong>in</strong>ger<br />
Foto Alexan<strong>der</strong> Lutz
Fotos P. Domenigg / filmstills.at (o.l.), Sepp Gallauer (o.r. und u.l.), Erich Reismann (u.r.)<br />
Andrea Jonasson<br />
VIs-A-VIs<br />
DoPPeLPaSS<br />
Zwei charismatiker bee<strong>in</strong>drucken <strong>in</strong> zwei Erfolgsproduktionen<br />
<strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong>: Andrea Jonasson als Frau Alv<strong>in</strong>g <strong>in</strong> »Gespenster«,<br />
Erw<strong>in</strong> Ste<strong>in</strong>hauer als professor unrat, <strong>der</strong> <strong>der</strong> Barfußtänzer<strong>in</strong><br />
Lola Lola <strong>in</strong> »Der blaue Engel« verfällt.<br />
Erw<strong>in</strong> Ste<strong>in</strong>hauer<br />
»... dass jene, die beson<strong>der</strong>s sittlich-moralisch auftreten,<br />
auf das Innigste mit <strong>der</strong> Dummheit verbunden s<strong>in</strong>d!«<br />
»Der blaue Engel« mit Kathar<strong>in</strong>a Straßer, Sona MacDonald,<br />
Rasmus Borkowski, Peter Scholz u. a.<br />
Me<strong>in</strong> Liebl<strong>in</strong>gssatz aus dem Stück …<br />
Die größte Herausfor<strong>der</strong>ung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Aufführung für mich …<br />
… den schmalen grat me<strong>in</strong>er Figur zwischen<br />
Komik und Tragik zu meistern.<br />
… zu beobachten, wie sich »sprache« <strong>in</strong> 100 Jahren verän<strong>der</strong>t,<br />
die Technik <strong>der</strong> rede, <strong>der</strong> Wortschatz. und ich befürchte,<br />
unsere sprache wird bald noch ärmer werden und verkümmern.<br />
Was mich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Arbeit, am Resultat überrascht hat …<br />
… beglückend, weil das ensemble außerordentlich<br />
gut zusammenpasste und weil man geme<strong>in</strong>sam<br />
auf <strong>der</strong> suche war und nach wie vor ist.<br />
… waren wir schlecht o<strong>der</strong> sitzen da unten tote, e<strong>in</strong>armige<br />
Kalmücken (e<strong>in</strong> westmongolischer Volksstamm)?<br />
Die Probenzeit war …<br />
Beim Schlussapplaus denke ich mir …<br />
»Ich glaube fast, wir s<strong>in</strong>d alle gespenster. Nicht nur das,<br />
was wir von den eltern geerbt haben, geht <strong>in</strong> uns um.<br />
es s<strong>in</strong>d alle möglichen alten, toten Ansichten und allerhand<br />
alter, toter glaube. es lebt nicht <strong>in</strong> uns, aber es steckt <strong>in</strong> uns,<br />
und wir können es nicht loswerden.«<br />
… gegen me<strong>in</strong>en Typ zu spielen und mich selbst<br />
zu überzeugen.<br />
… die absolute Aufmerksamkeit und erschütterung<br />
<strong>des</strong> publikums und dass Ibsens stück heute, fast 100 Jahre<br />
nach entstehung, so ankommt.<br />
… eher deprimierend, was an <strong>der</strong> Thematik <strong>des</strong> stücks liegt,<br />
und erfreulich, weil ich so gerne mit dem regisseur<br />
Janusz Kica zusammenarbeite.<br />
… was würde die Alv<strong>in</strong>g mit dem sohn wirklich machen?<br />
Ihm das Morphium geben? o<strong>der</strong> würde sie ihn pflegen?<br />
»Gespenster« mit Joachim Bißmeier, Gerti Drassl,<br />
Florian Teichtmeister, Siegfried Walther<br />
DRAMA – <strong>Das</strong> <strong>Magaz<strong>in</strong></strong> <strong>des</strong> <strong><strong>Theater</strong>s</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong> 15
proDuKTIoNsTAgebuCh<br />
16<br />
sugar –<br />
MaNche<br />
MögeN's<br />
heiss<br />
mancHe<br />
möGen'S<br />
ScHön<br />
DRAMA besucht<br />
die Maskenabteilung<br />
<strong>in</strong> den<br />
Kammerspielen<br />
vor e<strong>in</strong>er Vorstellung<br />
<strong>des</strong><br />
Komödienhits<br />
»Sugar – Manche<br />
mögen's heiß«.<br />
S<br />
uGar – mancHe<br />
mögen's heiß« ist<br />
e<strong>in</strong>e rasante herausfor<strong>der</strong>ung<br />
für die<br />
Maskenabteilung.<br />
In den engen gar<strong>der</strong>oben<br />
<strong>der</strong> Kammerspiele müssen<br />
14 Darsteller für die Musicalkomödie<br />
geschm<strong>in</strong>kt und<br />
frisiert werden.<br />
zwei Maskenbildner<strong>in</strong>nen<br />
kümmern sich um die<br />
Damenwelt, zwei um die<br />
herren. sie s<strong>in</strong>d Visagisten<br />
und Friseure gleichzeitig,<br />
verfügen über Know-how<br />
<strong>in</strong> stilkunde. bei »sugar –<br />
Manche mögen's heiß«<br />
kreieren sie e<strong>in</strong>e Welt <strong>der</strong><br />
späten 1920er Jahre. e<strong>in</strong>ige<br />
<strong>der</strong> Darsteller treten <strong>in</strong><br />
sieben verschiedenen rollen<br />
auf. <strong>Das</strong> verlangt e<strong>in</strong>e unzahl<br />
an perücken, bärten, glatzen,<br />
falschen Wimpern, die <strong>in</strong><br />
ungeheurer geschw<strong>in</strong>digkeit<br />
Mirjam Weichselbrauns Verwandlung zu sugar Kane, sänger<strong>in</strong> <strong>der</strong> Damenband society syncopates.<br />
Fotos Erich Reismann ProduktFotos Gerhard Nohava (3), beigestellt (3)
h<strong>in</strong>ter <strong>der</strong> bühne appliziert<br />
und geklebt werden müssen.<br />
<strong>Das</strong> bedarf e<strong>in</strong>er genauen<br />
planung <strong>der</strong> Arbeitsabläufe<br />
und präziser zweistündiger<br />
Vorbereitung: Alle utensilien<br />
müssen e<strong>in</strong>satzbereit am<br />
richtigen platz liegen. Denn<br />
während <strong>der</strong> Vorstellung ist<br />
ke<strong>in</strong>e zeit zu verlieren, da<br />
kommt es auf sekunden an,<br />
damit alle zu ihrem Auftritt<br />
fertig s<strong>in</strong>d und die falschen<br />
haarteile auch bei energiegeladenen<br />
Tanzszenen<br />
nicht verrutschen.<br />
Auch pflege ist e<strong>in</strong> Thema:<br />
<strong>Das</strong> Kleben von glatzen und<br />
bärten ist für die haut recht<br />
strapaziös – bei rund 60 Vor-<br />
stellungen kann es schon zu<br />
Irritationen kommen.<br />
für DIe beIDen büHnen <strong>der</strong><br />
<strong>Josefstadt</strong> arbeiten elf<br />
MaskenbildnerInnen. Vier<br />
Wochen vor e<strong>in</strong>er premiere<br />
beg<strong>in</strong>nt die <strong>in</strong>tensive Vor-<br />
bereitungsphase: perücken<br />
und bärte werden im <strong>Theater</strong><br />
selbst geknüpft, echt- und<br />
Kunsthaar für rund 20.000<br />
euro pro saison verarbeitet.<br />
»In den letzten Jahren geht<br />
<strong>der</strong> Trend auf <strong>der</strong> bühne zur<br />
sehr natürlichen Maske«,<br />
sagt Markus pannhausen, <strong>der</strong><br />
sich freut, dass se<strong>in</strong>e MitarbeiterInnen<br />
bei den schauspielern<br />
e<strong>in</strong>e Vertrauensstellung<br />
genießen: »Weil wir <strong>in</strong>dividuell<br />
mit son<strong>der</strong>wünschen<br />
umgehen. Ke<strong>in</strong> Darsteller<br />
schm<strong>in</strong>kt sich selbst, schließlich<br />
sollen sich die Künstler<br />
ganz auf ihren Auftritt<br />
konzentrieren können.«<br />
Aus boris pfeifer wird erst <strong>der</strong> Musiker Jerry, dann die schrille Daphne.<br />
proDuKTIoNsTAgebuCh<br />
a<br />
b Jänner 2010 werden<br />
die Maskenbildner <strong>des</strong><br />
<strong><strong>Theater</strong>s</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong><br />
mit den exklusiven<br />
Make-up-produkten <strong>der</strong><br />
Luxusmarke Lancôme arbeiten<br />
und so für den perfekten<br />
Auftritt <strong>der</strong> schauspieler<strong>in</strong>nen<br />
und schauspieler sorgen.<br />
lanCÔMe –<br />
<strong>der</strong> neue sPonsor<br />
<strong>der</strong> josefstadt!<br />
Die Marke Lancôme, die 2010<br />
ihr 75-Jahr-Jubiläum feiert,<br />
ist die weltweite Nr. 1 im<br />
bereich selektiven Make-ups.<br />
Die französische Traditionsmarke<br />
überzeugt durch s<strong>in</strong>n-<br />
liche und <strong>in</strong>novative Texturen<br />
sowie durch fasz<strong>in</strong>ierende<br />
Farben. Der <strong>in</strong>ternationale<br />
Make-up-Direktor von<br />
Lancôme, Aaron De Mey,<br />
br<strong>in</strong>gt, <strong>in</strong>spiriert von den<br />
aktuellen Trends, immer<br />
wie<strong>der</strong> frischen W<strong>in</strong>d <strong>in</strong> die<br />
produktkreationen.<br />
SuGar –<br />
mancHe möGen’S HeISS<br />
von Peter Stone<br />
Regie: Werner Sobotka<br />
Musikalische Leitung:<br />
Christian Frank<br />
Choreographie: Ramesh Nair<br />
Mit Mirjam Weichselbraun,<br />
Mart<strong>in</strong> Nie<strong>der</strong>mair, Boris<br />
Pfeifer, Toni Slama, Siegfried<br />
Walther, Oliver Huether u. a.<br />
KammerSPIeLe<br />
DRAMA – <strong>Das</strong> <strong>Magaz<strong>in</strong></strong> <strong>des</strong> <strong><strong>Theater</strong>s</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong> 17
preMIere<br />
18<br />
ohio –<br />
wieso?<br />
Wenn Männer<br />
puppen lieben<br />
»dIe grösste lIebesgesChIChte Von hIer bIs Ins jenseIts« nennt gabrIel baryllI<br />
seIne bezIehungsKoMödIe »ohIo – wIeso?!«, In <strong>der</strong> MIChael dangl und<br />
ruth brauer-KVaM sICh In »den freIen fall <strong>der</strong> lIebe« wagen.<br />
a<br />
utor unD reGISSeur gabriel barylli<br />
hat den schauspieler gabriel<br />
barylli <strong>in</strong> »ohio – Wieso?!« ausgerechnet<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> rolle <strong>des</strong><br />
beziehungsabst<strong>in</strong>enten Andreas<br />
besetzt, <strong>der</strong> se<strong>in</strong> e<strong>in</strong>sames <strong>Das</strong>e<strong>in</strong> mit<br />
e<strong>in</strong>er real Doll, e<strong>in</strong>er lebensgroßen<br />
silikonpuppe, aufmöbelt. »Diese puppen<br />
s<strong>in</strong>d das unbegreiflichste, was unsere<br />
zeit zur Verfügung hat, um die sehnsucht<br />
<strong>des</strong> e<strong>in</strong>zelnen zu befriedigen«, me<strong>in</strong>t<br />
<strong>der</strong> auf Liebesnöte spezialisierte Autor.<br />
»Tatsächlich wollen überraschend viele<br />
Menschen mit so e<strong>in</strong>er real Doll leben.<br />
<strong>Das</strong> ist ke<strong>in</strong> Jux. Wir bewegen uns immer<br />
mehr dah<strong>in</strong>, ausschließlich unser ego<br />
durchsetzen zu wollen; wenn mög-<br />
lich mit jemandem, <strong>der</strong> schweigend<br />
zustimmt, wenn wir etwas sagen.«<br />
gabriel barylli lassen solche entwicklungen<br />
ke<strong>in</strong>e ruhe, und so wagt sich <strong>der</strong><br />
charmante schauspieler <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em stück<br />
»ohio – Wieso?!« als Autor wie<strong>der</strong><br />
e<strong>in</strong>mal auf das emotionale schlachtfeld<br />
zwischen Mann und Frau. »Der e<strong>in</strong>zige<br />
wirkliche Inhalt unseres Lebens ist<br />
ja die Liebe, und wenn sie es nicht ist,<br />
dann ist e<strong>in</strong>e <strong>der</strong>artige Trauer <strong>in</strong> uns,<br />
dass wir alles tun, um sie zu kompensieren.<br />
Dann machen wir Karriere, fahren<br />
schnelle Autos, planen weite reisen, nur<br />
um nicht <strong>der</strong> Tatsache <strong>in</strong>s Auge zu<br />
schauen, dass wir nicht <strong>in</strong> Liebe leben<br />
können.« Aber wenn alle die gleiche<br />
sehnsucht treibt, wo liegt das problem?<br />
Wieso funktionieren so wenige beziehungen,<br />
herr barylli? »es geht, wenn es<br />
geht, und wenn es nicht geht, geht's<br />
nicht. <strong>Das</strong>s man sich trotzdem bemüht,<br />
liegt daran, dass wir diesen satz – <strong>in</strong><br />
se<strong>in</strong>er Wucht – nicht wahrnehmen<br />
wollen. Wir glauben, wir können das<br />
schicksal umschmeicheln, verführen,<br />
bestechen, den an<strong>der</strong>en zu dem machen,<br />
wie wir ihn gerne hätten. Aus all diesen<br />
umwegen und bemühungen besteht das<br />
reale Leben, und das ist herrlicher stoff<br />
für me<strong>in</strong>e Komödien.«<br />
Haben frau unD mann überhaupt e<strong>in</strong>e<br />
Chance auf dauern<strong>des</strong> Mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong>?<br />
»Wir alle hoffen, dass es möglich se<strong>in</strong><br />
kann, e<strong>in</strong>en Menschen zu treffen, mit<br />
dem seelenübere<strong>in</strong>stimmung möglich<br />
ist und körperliche Übere<strong>in</strong>stimmung<br />
dazu. Dieses hoffnungsideal tragen<br />
wir alle <strong>in</strong> uns.«<br />
sehnsuCht naCh<br />
zweIsaMKeIt Ist stoff<br />
fÜr KoMödIen<br />
und dürfen wir hoffen, herr barylli?<br />
»es gibt sechs Milliarden parallele<br />
Menschenwelten. Je<strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelne glaubt,<br />
die Welt ist so, wie er sie empf<strong>in</strong>det.<br />
Dabei gibt es sechs Milliarden, die sie<br />
genau ganz an<strong>der</strong>s empf<strong>in</strong>den. Je<strong>der</strong><br />
glaubt, se<strong>in</strong>e Welt ist die e<strong>in</strong>zig wahre.<br />
<strong>Das</strong> erzählen von parallelen Welten –<br />
im gegensatz zur sche<strong>in</strong>bar l<strong>in</strong>earen<br />
Welt – ist das eigentliche von<br />
›ohio – Wieso?!‹«<br />
oHIo – wIeSo?!<br />
von Gabriel Barylli<br />
Regie: Gabriel Barylli<br />
Mit Ruth Brauer-Kvam, Alexandra Krismer,<br />
Michael Dangl, Gabriel Barylli<br />
KammerSPIeLe<br />
Foto Rita Newman
Fotos Robert Recker<br />
Koloratur-Massaker<br />
Berl<strong>in</strong>s Trash-ikone Désirée Nick verkörpert bravourös die<br />
exzentrische Opern-Schreckschraube Florence Foster Jenk<strong>in</strong>s.<br />
<strong>in</strong> »Souvenir« an den Kammerspielen ab 4. Februar.<br />
D<br />
Ie amerIKanIScHe Millionär<strong>in</strong> Florence Jenk<strong>in</strong>s,<br />
die mit 60 beschloss, sänger<strong>in</strong> zu werden, war e<strong>in</strong><br />
absolutes unikum. umnebelt von maßloser<br />
selbstüberschätzung quietschte und schnaufte<br />
die sagenhaft talentfreie sopranist<strong>in</strong> die schwierigsten<br />
Arien <strong>der</strong> opernliteratur. ohne rücksicht<br />
auf Intonation und rhythmus. sie massakrierte Adeles<br />
Koloratur aus <strong>der</strong> Fle<strong>der</strong>maus, sie leierte die »König<strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Nacht« zum gotterbarmen, während sie e<strong>in</strong> gesicht aufsetzte<br />
wie e<strong>in</strong> huhn beim eierlegen.<br />
Ihre Auftritte im New Yorker Carlton ritz hotel, die sie <strong>in</strong><br />
ständig wechselnden Fantasiekostümen und garniert mit<br />
kle<strong>in</strong>en Tanze<strong>in</strong>lagen absolvierte, waren bald Kult. Denn mit<br />
ihrer gewalttätigen Art von Freistils<strong>in</strong>gen setzte sie den<br />
kritischsten Kunstverstand schachmatt. Die Jenk<strong>in</strong>s musste<br />
man e<strong>in</strong>fach erlebt haben! Die Fans versuchten ihre gefühle<br />
nicht durch lautes Kichern zu verletzen. es wurde zur<br />
gewohnheit, bei beson<strong>der</strong>s furchtbaren Dissonanzen <strong>in</strong><br />
beifallsstürme auszubrechen, um das gelächter zu vertuschen.<br />
Diesen Applaus begriff die unerschütterliche Jenk<strong>in</strong>s als<br />
zeichen <strong>der</strong> Anerkennung ihrer Meisterleistung. Manchmal<br />
hielt sie dann mit grandezza <strong>in</strong>ne und verbeugte sich<br />
mehrmals, bevor sie katzenjaulig weitersang.<br />
jenIKIns ego hatte dIe ausMasse<br />
<strong>des</strong> eMPIre state buIldIngs,<br />
Ihr wahnsInn allerdIngs auCh.<br />
War es ihr mit ihrem gesang ernst? o<strong>der</strong> bot sie bewusst<br />
e<strong>in</strong>e show? »Diese skurrile Dame war e<strong>in</strong>e Art genie an <strong>der</strong><br />
grenzl<strong>in</strong>ie <strong>der</strong> Vernunft«, me<strong>in</strong>t Desirée Nick. »Man erzählt,<br />
dass sie freudig ihren eigenen plattenaufnahmen lauschte,<br />
ohne ihre grauenhaften Töne zu bemerken. Wenn sie ihren<br />
gesang mit plattenaufnahmen großer opernstars verglich,<br />
war sie mit ihrer Leistung stets zufrieden.«<br />
Desirée Nick spielt Florence Foster Jenk<strong>in</strong>s <strong>in</strong> »souvenir«.<br />
und wie! Die berl<strong>in</strong>er Trash-Ikone überzeugt mit ausgeprägtem<br />
Tremolo und sadistisch überzogenen Koloraturen<br />
publikum und presse. In Köln und berl<strong>in</strong> wurde »souvenir«<br />
gefeiert. Jetzt kommt die produktion nach Wien. In diesem<br />
zwei-personen-stück erlebt man Lady Florence, die exzentrische<br />
Dilettant<strong>in</strong>, mit ihrem Klavierbegleiter beim erarbeiten<br />
<strong>der</strong> Arien für ihre kultigen Auftritte. Desirée Nick:<br />
»sie lebte ihren Traum und war dabei die erf<strong>in</strong><strong>der</strong><strong>in</strong><br />
<strong>des</strong> Trash.«<br />
tIPP:<br />
JenKInS auf<br />
You tube<br />
preMIere<br />
souveNir<br />
DRAMA – <strong>Das</strong> <strong>Magaz<strong>in</strong></strong> <strong>des</strong> <strong><strong>Theater</strong>s</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong> 19
Des pubLIKuMs LIebLINge<br />
20<br />
Favorites<br />
anGeLIKa<br />
nIeDetzKY<br />
SChAuSPiElERiN<br />
E<strong>in</strong> e<strong>in</strong>drucksvolles<br />
Ensemble von hervor-<br />
ragenden Könnern,<br />
e<strong>in</strong>e spannende<br />
Geschichte, so muss<br />
<strong>Theater</strong> heute se<strong>in</strong>!<br />
GeSPenSter,<br />
tHeater In Der JoSefStaDt<br />
Mit Andrea Jonasson,<br />
Joachim Bißmeier,<br />
Florian Teichtmeister u. a.<br />
Erna<br />
cuesta<br />
MoDERAToRiN<br />
ATV-hiGhliGhTS<br />
Es gibt kaum Schwierigeres,<br />
als an e<strong>in</strong>e gute Buchvorlage<br />
heranzukommen, geschweige<br />
denn sie zu toppen. »Gut<br />
gegen Nordw<strong>in</strong>d« hat es zum<br />
Bestseller geschafft, die<br />
<strong>Theater</strong>produktion <strong>in</strong> den<br />
Kammerspielen ist drauf und<br />
dran, Bühnen-Kultstatus zu<br />
erreichen: e<strong>in</strong>e geschickte,<br />
orig<strong>in</strong>elle, we<strong>der</strong> sich anbie<strong>der</strong>nde<br />
noch den leichten<br />
Erfolg suchende <strong>in</strong>szenierung, zwei<br />
Schauspieler, die sich mit- und gegene<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />
als Dreamteam e<strong>in</strong>en temperamentvollen,<br />
herzerwärmenden Schlagabtausch<br />
liefern. »Gut gegen Nordw<strong>in</strong>d«<br />
trifft den Nerv <strong>der</strong> Zeit!<br />
Gut GeGen norDwInD,<br />
KammerSPIeLe<br />
Mit Ruth Brauer-Kvam und<br />
Alexan<strong>der</strong> Pschill<br />
ruDoLf<br />
bucHbInDer<br />
PiANiST<br />
Die Aufführung war so<br />
gut, dass man vergaß,<br />
an den Film zu denken.<br />
E<strong>in</strong> mehr als gelungener<br />
Abend!<br />
SuGar – mancHe<br />
möGen'S HeISS,<br />
KammerSPIeLe<br />
Mit Mirjam Weichselbraun,<br />
Mart<strong>in</strong> Nie<strong>der</strong>mair,<br />
Boris Pfeifer u. a.<br />
Dr. Andreas<br />
Mailath-pokorny<br />
AMTSF. STADTRAT FüR KulTuR<br />
uND WiSSENSChAFT iN WiEN<br />
Für mich ist diese <strong>in</strong>szenierung weit<br />
mehr als e<strong>in</strong> bloßes Remake <strong>des</strong> Films.<br />
Es wird bee<strong>in</strong>drucken<strong>des</strong> Schauspiel-<br />
theater geboten, vor allem Kathar<strong>in</strong>a<br />
Straßer und Erw<strong>in</strong> Ste<strong>in</strong>hauer gestalten<br />
ihre Rollen berührend menschlich.<br />
Der bLaue enGeL,<br />
tHeater In Der JoSefStaDt<br />
Georg<br />
Hoanzl<br />
GRüNDER<br />
VoN hoANZl<br />
Enormer Stress für die<br />
lachmuskeln. Tempo,<br />
Turbulenzen, Tohuwabohu<br />
gel<strong>in</strong>gen zur Freude <strong>des</strong><br />
Publikums.<br />
KomöDIe Im DunKeLn,<br />
KammerSPIeLe<br />
Mit Oliver Baier,<br />
Marianne Nentwich,<br />
Andreas Steppan u. a.
Fotos Erich Reismann<br />
Komödie im Dunkeln<br />
backstage<br />
1<br />
Während <strong>der</strong> Vorstellung h<strong>in</strong>ter <strong>der</strong> Bühne. / 1 <strong>in</strong> Auftrittsposition: Marianne Nentwich / 2 Passiert den Kollegen<br />
auf <strong>der</strong> Bühne e<strong>in</strong> lapsus, haben die an<strong>der</strong>en leicht lachen: oliver huether, Kathar<strong>in</strong>a Pichler und die<br />
<strong>in</strong>spizient<strong>in</strong> / 3 Blessurenzeigen nach <strong>der</strong> Vorstellung: oliver Baier / 4 Volle Konzentration: Andreas Steppan<br />
/ 5 Glückwunsch: Toni Slama<br />
4<br />
3<br />
bACKsTAge<br />
KoMödie<br />
iM<br />
duNKeLN<br />
DRAMA – <strong>Das</strong> <strong>Magaz<strong>in</strong></strong> <strong>des</strong> <strong><strong>Theater</strong>s</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong> 21<br />
5<br />
2
zugAbe<br />
22<br />
Tipps<br />
ALTE<br />
FREuNDScHAFT<br />
»Die Glut« ab 15. April im <strong>Theater</strong><br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong><br />
Nach 40 Jahren begegnen zwei Freunde e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> als alte<br />
Männer wie<strong>der</strong>, um sich e<strong>in</strong> erstes Mal mit folgenschweren<br />
geschehnissen <strong>in</strong> ihrer Vergangenheit zu konfrontieren. es<br />
geht um Liebe, schuld und verratene Freundschaft. helmuth<br />
Lohner spielt <strong>in</strong> Christopher hamptons Dramatisierung <strong>des</strong><br />
bestsellers »Die glut« von sándor Márai.<br />
© Rita Newman<br />
DVD<br />
GewInnen<br />
Schreiben & gew<strong>in</strong>nen<br />
zur 40-teiligen DVD-edition <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong> gesellten sich unlängst<br />
5 weitere Komödienhits mit Fritz Muliar, elfriede ott, helmuth<br />
Lohner und ossy Kolmann h<strong>in</strong>zu. »besuch bei Mr. green«,<br />
»pension schöller«, »es war die Lerche« u. a. erhältlich im<br />
buchhandel, an <strong>der</strong> Kassa <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong> und unter www.hoanzl.at<br />
Wir fragen: Welche beiden Stücke von<br />
christopher Hampton spielt die<br />
<strong>Josefstadt</strong> <strong>in</strong> dieser Spielzeit?<br />
DIe antwort Per e-maIL an gew<strong>in</strong>nspiel@josefstadt.org schicken<br />
und mit glück e<strong>in</strong>e DVD <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong>-edition gew<strong>in</strong>nen.<br />
e<strong>in</strong>sen<strong>des</strong>chluss 20. Februar 2010.<br />
20% SParen!<br />
Gutsche<strong>in</strong>paket für<br />
3 Vorstellungen<br />
<strong>in</strong> den Kammerspielen<br />
• Ohio – Wieso?! (siehe seite 18)<br />
• Ladies Night (Coverstory) und<br />
• Altweiberfrühl<strong>in</strong>g (mit elfriede ott,<br />
erni Mangold, Marianne Nentwich u. a.)<br />
Den Term<strong>in</strong> suchen sie sich selbst aus. Je nach sitzplatz-<br />
kategeorie zahlen sie für diese 3 Vorstellungen <strong>in</strong>sgesamt<br />
zwischen 49,60 € (Kat. 5) und 102,40 € (Kat. 1). Mehr<br />
dazu <strong>in</strong> unserem Abo-büro: 01- 42 700 / 301<br />
© Moritz Schell
Foto Sepp Gallauer<br />
zaHLreIcHe ProDuKtIonen <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong><br />
und <strong>der</strong> Kammerspiele wurden <strong>in</strong> den<br />
letzten Jahren von <strong>der</strong> Traditionsmarke<br />
hofbauer unterstützt. Auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> spiel-<br />
zeit 2009/10 ist hofbauer als sponsor<br />
<strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong> wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong> wichtiger<br />
Wirtschaftspartner für das <strong>Theater</strong>.<br />
»Verwöhnen und genießen« ist heuer<br />
das Motto dieser Kooperation. Dieses<br />
Thema steht auch im blickpunkt <strong>der</strong><br />
geme<strong>in</strong>samen Festtags-gew<strong>in</strong>nspielserie.<br />
Dabei können sie als besucher<br />
<strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong> und <strong>der</strong> Kammerspiele<br />
persönlich und direkt von dieser<br />
partnerschaft profitieren. spielen sie<br />
mit und gew<strong>in</strong>nen sie VIp-Tickets für<br />
zwei personen, e<strong>in</strong>e spannende back-<br />
stageführung und köstliche Confiserieprodukte<br />
<strong>der</strong> Firma hofbauer.<br />
Informationen f<strong>in</strong>den sie unter www.<br />
josefstadt.org.<br />
man muSS DIe feSte feiern, wie sie fallen!<br />
Valent<strong>in</strong>stag, Frühl<strong>in</strong>gsbeg<strong>in</strong>n, ostern,<br />
Muttertag und Vatertag … zu jedem<br />
dieser Term<strong>in</strong>e f<strong>in</strong>den hofbauer-<br />
gew<strong>in</strong>nspiele statt. gew<strong>in</strong>nen sie<br />
spannende <strong>Theater</strong>abende und lassen<br />
sie sich auch kul<strong>in</strong>arisch verwöhnen:<br />
denn hofbauer verwöhnt mit dem<br />
genuß echter Wiener Confiseriekunst.<br />
Mit viel Liebe zum Detail und handwerklicher<br />
sorgfalt kreiert hofbauer<br />
kunstvolle pral<strong>in</strong>enkompositionen.<br />
Detaillierte Informationen über die<br />
gew<strong>in</strong>nspiele erhalten sie regelmäßig<br />
über unseren Newsletter: Anmeldung<br />
unter www.josefstadt.org.<br />
pArTNer<br />
<strong>der</strong><br />
bLaue<br />
eNgeL<br />
Karten<br />
GewInnen<br />
KuLtur<br />
GenuSS<br />
Was verb<strong>in</strong>det das <strong>Theater</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong> mit <strong>der</strong><br />
österreichischen confiseriemarke Hofbauer? Richtig: höchster<br />
Kultur-Genuss, lebendige österreichische Tradition und e<strong>in</strong>e<br />
langjährige erfolgreiche Sponsor<strong>in</strong>gpartnerschaft.<br />
DRAMA – <strong>Das</strong> <strong>Magaz<strong>in</strong></strong> <strong>des</strong> <strong><strong>Theater</strong>s</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong> 23
JunGe<br />
LIebe<br />
E<strong>in</strong> fulm<strong>in</strong>anter Erfolg bei presse und publikum, bei Lesern und<br />
Buchverweigerern: die Bühnenversion von »Gut gegen Nordw<strong>in</strong>d«<br />
nach Daniel Glattauers E-Mail-Liebesgeschichte. Jetzt wird<br />
auch <strong>der</strong> 2. Teil, »Alle sieben Wellen«, für die Bühne <strong>der</strong> Kammerspiele<br />
adaptiert. Es arbeiten als Emmi und Leo weiterh<strong>in</strong> am<br />
Liebes-Happyend: Ruth Brauer-Kvam und Alexan<strong>der</strong> pschill.<br />
Gut GeGen norDwInD: 12., 15. Jänner; aLLe SIeben weLLen ab 6. Mai<br />
<strong>Josefstadt</strong>-Nachrichten 01/2010; Österreichische Post AG; Sponsor<strong>in</strong>g Post GZ 03Z035107 S Verlagspostamt 1080 Wien