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Das Magazin des Theaters in der Josefstadt - Theater in der Josefstadt

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<strong>Das</strong> <strong>Magaz<strong>in</strong></strong> <strong>des</strong> <strong><strong>Theater</strong>s</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong><br />

Arien-Massaker<br />

Desirée Nick<br />

Seitensprung und Co<br />

Dalik und Köstl<strong>in</strong>ger<br />

N o 01/10<br />

Nackte Tatsachen<br />

Pschill, Ostrowski, Nie<strong>der</strong>mair


LOGENPLATZ<br />

DAS HAB’ ICH VOM KURIER<br />

KURIER-Mediapartner<br />

<strong>Theater</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong><br />

kurier.at


Karten<br />

CoverFoto & Foto rüCkseite Moritz Schell<br />

© Erich Reismann<br />

<strong>Das</strong> <strong>Magaz<strong>in</strong></strong> <strong>des</strong> <strong><strong>Theater</strong>s</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong><br />

IMpressuM DrAMA – <strong>Das</strong> <strong>Magaz<strong>in</strong></strong> <strong>des</strong> <strong><strong>Theater</strong>s</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong> ersche<strong>in</strong>t 3-mal jährlich als son<strong>der</strong>beilage im »Kurier « herAusgeber Vere<strong>in</strong> <strong>der</strong> Freunde <strong>des</strong> <strong><strong>Theater</strong>s</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong>, Josefstädter straße 26, A-1080 Wien reDAKTIoN Christiane huemer-strobele (Ltg.), Mag. Michaela Joska, sigrid peer beITräge eva Maria Kl<strong>in</strong>ger,<br />

Angelika hager, ro raftl FoTogrAFeN stephan boroviczény, sepp gallauer, Alexan<strong>der</strong> Lutz, rita Newman, robert recker, erich reismann, Moritz schell u. a. gesTALTuNg<br />

section.d, Christ<strong>in</strong>e L<strong>in</strong>k LeKTorAT Dr. gabriele schweickhardt proDuKTIoN grapple.at, Wolfgang stecher DruCK F. berger & söhne gmbh, Wiener straße 80, 3580 horn<br />

Mit freundlicher unterstützung von<br />

16<br />

05 © Moritz Schell<br />

Infos zu Karten,<br />

abos und<br />

Veranstaltungen<br />

erhalten sIe unter<br />

01-42 700/300<br />

www.josefstadt.org<br />

12<br />

© Alexan<strong>der</strong> Lutz<br />

INhALT<br />

14<br />

4 preMIere »Ladies Night«<br />

7 MusIK Neuwirth & Wecker<br />

8 szeNeNbILD »Jugend ohne Gott«<br />

10 KoNTroVers »Moser«<br />

12 INTerVIeW »E<strong>in</strong> Monat auf dem Lande«<br />

14 porTräT Ferd<strong>in</strong>and Stahl<br />

15 VIs-A-VIs Jonasson & Ste<strong>in</strong>hauer<br />

16 proDuKTIoNsTAgebuCh »Sugar – Manche mögen's heiß«<br />

18 KoMöDIe »Ohio – Wieso?!«<br />

19 preMIere »Souvenir«<br />

20 FAVorITes<br />

2 1 bACKsTAge »Komödie im Dunkeln«<br />

22 zugAbe <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong><br />

23 pArTNer <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong><br />

Wenn Männer das letzte Hemd verlieren<br />

und Frauen träumen<br />

e<strong>in</strong>e Männerrunde entblößt sich – nicht nur verbal vor Interviewer<strong>in</strong> ro raftl,<br />

son<strong>der</strong>n auch textil: im neuen Kammerspiele-hit »Ladies Night«. e<strong>in</strong>e Damenrunde<br />

tauscht sich aus über Flirts, junge Liebhaber und offene zweierbeziehungen –<br />

geme<strong>in</strong>sam mit Journalist<strong>in</strong> Angelika hager und anlässlich <strong>der</strong> bevorstehenden<br />

<strong>Josefstadt</strong>-premiere »e<strong>in</strong> Monat auf dem Lande«.<br />

Der Dichter Franzobel trifft auf Moser-biograf georg Markus, Jungschauspieler<br />

Ferd<strong>in</strong>and stahl wird von eva Maria Kl<strong>in</strong>ger porträtiert, die Drama-redaktion besuchte<br />

Mirjam Weichselbraun und oliver baier h<strong>in</strong>ter den Kulissen <strong>der</strong> Kammerspiele.<br />

<strong>Das</strong> alles und noch mehr <strong>in</strong> diesem DrAMA.<br />

19<br />

Viel Vergnügen beim Lesen und im <strong>Theater</strong> wünscht<br />

Ihre DrAMA-redaktion<br />

© Robert Recker<br />

DRAMA – <strong>Das</strong> <strong>Magaz<strong>in</strong></strong> <strong>des</strong> <strong><strong>Theater</strong>s</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong> 3


preMIere<br />

4<br />

SLip RuNTER<br />

o<strong>der</strong><br />

NOT LEHRT<br />

STRippEN<br />

nackt o<strong>der</strong> nicht nackt – das ist <strong>in</strong><br />

»Ladies Night« nur e<strong>in</strong>e von vielen Fragen. Die Männer <strong>in</strong><br />

dem stück s<strong>in</strong>d ja längst nackt. Arbeitslos. pleite. Versager<br />

als Versorger, als herren im haus, als stiere im bett.<br />

Craig, <strong>der</strong> Checker, barry, <strong>der</strong> schreihals, Norman, <strong>der</strong><br />

pantoffelheld. Ihnen ist nur ihr großmaul geblieben. sonst<br />

geht gar nichts mehr. In england spielt's stahlarbeiterkrise.<br />

Der Wirt im pub rückt ke<strong>in</strong> bier mehr auf pump raus.<br />

Craig darf se<strong>in</strong>en sohn nicht mehr sehen, wenn er ke<strong>in</strong>e<br />

Alimente zahlt. Der gerichtsvollzieher holt sich den Fernsehapparat.<br />

Die gelde<strong>in</strong>treiber schleichen mit gezücktem<br />

baseballschläger ums haus.<br />

selbst die Frauen s<strong>in</strong>d nicht mehr das, was sie früher mal<br />

waren. Wollen nicht liebedienen, lieber selber was erleben.<br />

Wenn die »Chippendales« strippen, kreischen sie sich weg.<br />

<strong>Das</strong> ärgste daran: Diese e<strong>in</strong>geölten Typen mit den mega-<br />

großen Muckis s<strong>in</strong>d zwar sicher schwul, kassieren aber fette<br />

Kohle. Craigs Fantasie entzündet sich daran: <strong>Das</strong> können wir<br />

auch! und: Wir gehen noch weiter. Lassen die hosen vollkommen<br />

runter. »Die Wilden stiere« soll ihre boygroup heißen.<br />

obwohl doch ke<strong>in</strong>er tanzen kann. graham, <strong>der</strong> selbstmordkandidat,<br />

ist anfangs überhaupt nur depressiv. gav<strong>in</strong> geht<br />

es da schon besser: hat nicht nur als Fliesenleger Arbeit,<br />

son<strong>der</strong>n als Muttis kle<strong>in</strong>er Liebl<strong>in</strong>g auch den überbordenden<br />

Drang, sich zu exhibitionieren.


Fotos Moritz Schell<br />

preMIere<br />

Ladies<br />

Night<br />

ro raftl traf für<br />

DrAMA Mart<strong>in</strong><br />

Nie<strong>der</strong>mair<br />

(ganz l<strong>in</strong>ks),<br />

Alexan<strong>der</strong> pschill<br />

(Mitte vorn)<br />

und Michael<br />

ostrowski (2. von<br />

rechts) zum<br />

gespräch über<br />

»Ladies Night«.<br />

DRAMA – <strong>Das</strong> <strong>Magaz<strong>in</strong></strong> <strong>des</strong> <strong><strong>Theater</strong>s</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong> 5


preMIere<br />

6<br />

so geht's her <strong>in</strong> <strong>der</strong> bitterschwarzen Komödie von stephen<br />

s<strong>in</strong>clair & Anthony McCarten, die Vorlage war für den<br />

K<strong>in</strong>oerfolg »Full Monty« (1997).<br />

schnitt. proben von »Ladies Night« <strong>in</strong> den Wiener Kammerspielen.<br />

blende zu Alexan<strong>der</strong> pschill als Craig, Michael ostrowski<br />

als barry, Mart<strong>in</strong> Nie<strong>der</strong>mair als gav<strong>in</strong>. Im Jahr 2009,<br />

da nackte Männer auf je<strong>der</strong> bühne längst ohne buhs skandalfrei<br />

durchgehen. Da sich je<strong>der</strong> Durchschnittsmann im<br />

Fitness-studio Waschbrettbauch und Muckis antra<strong>in</strong>iert,<br />

straffende Cremes schmiert, bisweilen gar den schönheitschirurgen<br />

frequentiert. Doch die drei <strong>Josefstadt</strong>-boys s<strong>in</strong>d<br />

sensibler, als man glauben würde. Wollen seele zeigen und<br />

Charakter, nicht als sexualobjekte wahrgenommen werden.<br />

Interessant. Was wurden Frauen, die palmers-plakate mit<br />

(halb-)nackt aufreizenden girls als sexistisch geißelten, nicht<br />

alles geheißen. »Frustrierte emanzen« war das Mil<strong>des</strong>te. und<br />

jetzt s<strong>in</strong>gt <strong>der</strong> junge herr ostrowski den Männer-emanzensong,<br />

halt unter an<strong>der</strong>en Vorzeichen: <strong>Das</strong>s ihn »die braungebrannt<br />

gestählten Muskeltypen von <strong>der</strong> Coca-Cola-Werbung<br />

schon als zwölfjährigen schwer angezipft« hätten. peter<br />

Turr<strong>in</strong>is erstl<strong>in</strong>g »rozznjogd« h<strong>in</strong>gegen begeistert: »Da ziehen<br />

sich zwei Leut vore<strong>in</strong>an<strong>der</strong> aus, zeigen sich dem an<strong>der</strong>en<br />

unperfekt, fehlerhaft, schief. sich auszuziehen kann auch<br />

e<strong>in</strong> befreiungsschlag se<strong>in</strong>.« Lass mich o<strong>der</strong> lieb mich,<br />

so wie ich b<strong>in</strong>. pe<strong>in</strong>lich fände es <strong>der</strong> 36-Jährige wie<strong>der</strong>um,<br />

g<strong>in</strong>ge se<strong>in</strong>e Freund<strong>in</strong> zu e<strong>in</strong>er Chippendales-show: »Ist doch<br />

schwachs<strong>in</strong>nskommerz! Kommt aus e<strong>in</strong>er ziemlich bie<strong>der</strong>en<br />

haltung.« e<strong>in</strong>e Falle, die er auch <strong>in</strong> den Kammerspielen e<strong>in</strong><br />

bisschen fürchtet: hihi und haha. In München brachten die<br />

Leute Taschenlampen mit. Knipsten sie <strong>in</strong> dem Augenblick<br />

an, <strong>in</strong> dem sich gnädiges Dunkel über die pudelnackerten<br />

stripper senkte. ostrowski sagt, ihm sei an Männern wie<br />

Frauen seit je nur wichtig gewesen, »ob sie e<strong>in</strong> guter Typ<br />

s<strong>in</strong>d«. Dünn und drahtig verweigert er sich jedem Fitnesswahn,<br />

siebenstunden-radtouren am Wochenende sowieso.<br />

zum e<strong>in</strong>cremen muss er sich zw<strong>in</strong>gen. schaut bloß drauf,<br />

gesund zu essen, nicht dick zu werden.<br />

Doch, er musste sich öfter ausziehen, als ihm lieb war, auf<br />

<strong>der</strong> bühne und im Film: »Im grazer ›<strong>Theater</strong> im bahnhof‹<br />

kam's mir immer komisch vor, auf so e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en bühne,<br />

aber bei Jel<strong>in</strong>eks ›burgtheater‹, da hat es gepasst und da war<br />

es dann auch lustig. In dem Film ›Nacktschnecken‹ komm<br />

ich komplett ohne daher, und ›Die unabsichtliche entführung<br />

<strong>der</strong> Frau elfriede ott‹ ist e<strong>in</strong> Film <strong>der</strong> nackten Männerärsche.«<br />

Allerd<strong>in</strong>gs: »Die Anlässe, bei denen man sich als schauspieler<br />

auszieht, eignen sich nicht zur entspannung. Wie <strong>der</strong> Moment,<br />

<strong>in</strong> dem man vor <strong>der</strong> Kamera vögeln muss, ke<strong>in</strong>er ist, <strong>in</strong> dem<br />

man unglaubliche geilheit spürt.«<br />

Alexan<strong>der</strong> pschill denkt die Neunzigerjahre mit: »Als Teenager<br />

<strong>in</strong> Kanada war ich mal <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em striplokal. Muss zugeben,<br />

dass ich das ziemlich erregend fand. gut möglich, dass<br />

Frauen ähnliches beim Anblick nackter Männerkörper<br />

spüren.« Ne<strong>in</strong>, ne<strong>in</strong>, er schämt sich nicht, sich auszuziehen:<br />

»Tu es ja auch am strand, damit die Klei<strong>der</strong> nicht nass<br />

werden. Wenn's das stück verlangt, hab ich ke<strong>in</strong> problem<br />

damit. Me<strong>in</strong> Craig muss es ja tun, um se<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d nicht zu<br />

verlieren – das f<strong>in</strong>d ich so schön an ›Ladies Night‹«. Körperbewusstse<strong>in</strong>?<br />

»e<strong>in</strong>e hassliebe, je nachdem, wie ich drauf b<strong>in</strong>.<br />

Manchmal mag ich den spiegel, manchmal meide ich ihn.<br />

Länger als zehn M<strong>in</strong>uten brauch ich aber nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Früh.<br />

okay, versuch mich täglich zu rasieren. Die Nasenhaare<br />

schneide ich auch. Menschen, die länger als e<strong>in</strong>e halbe<br />

stunde brauchen, kommen mir schon komisch vor.« Fitnessstudio?<br />

»Ja, aber nur aus hypochondrie. Nicht wegen dem<br />

schönheitswahn. Ich will gesund bleiben.« Auf se<strong>in</strong> gewicht<br />

schaut aber auch er.<br />

bei Mart<strong>in</strong> Nie<strong>der</strong>mair sieht man die sixpacks unterm T-shirt.<br />

ha! endlich e<strong>in</strong>er, <strong>der</strong> mit dem strom <strong>der</strong> zeit schwimmt.<br />

enttäuschung: Vom exhibitionismus se<strong>in</strong>es rollen-gav<strong>in</strong><br />

auch bei ihm ke<strong>in</strong>e rede: »Ich brauch e<strong>in</strong>fach bewegung,<br />

muss dreimal pro Woche im studio laufen und me<strong>in</strong> Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsprogramm<br />

absolvieren.« Als K<strong>in</strong>d sei er dick gewesen,<br />

pummelig, se<strong>in</strong> Körper schon e<strong>in</strong> Thema für ihn. Aber seit er<br />

mit 20 endlich schlank war, fühlt er sich wohl. gestaunt hat<br />

er trotzdem: »Über die muskelbepackten Tiere, früher, im<br />

Club Danube. und wer sich aller die Augenbrauen zupft.<br />

In London wie<strong>der</strong>um, wo ich oft b<strong>in</strong>, beg<strong>in</strong>nt man sich vor<br />

schönheits-ops zu fürchten: Man sieht so viele, bei denen es<br />

schief gegangen ist.« sich auf <strong>der</strong> bühne zu entblättern sei<br />

e<strong>in</strong>e hürde für ihn gewesen, e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tellektuelle entscheidung:<br />

»hab lang darüber nachgedacht, ob es gerechtfertigt ist,<br />

etwas zu zeigen, das sonst nicht sichtbar ist.«<br />

Nie<strong>der</strong>mair dreht die schraube weiter: »Die <strong>Josefstadt</strong> ist<br />

abgebrannt. und ke<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziger an<strong>der</strong>er bühnenjob <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

stadt. Würde ich Werbung für Feucht-Toilettenpapier<br />

machen? Würde ich als stripper gehen? Nach dem Motto:<br />

Wer zahlt, <strong>der</strong> kriegt?« pschill seufzt: »Nur über me<strong>in</strong>e<br />

Leiche. es sei denn, ich hab e<strong>in</strong>en sohn zu versorgen wie<br />

Craig und strippen ist tatsächlich <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zige Job <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

stadt.« ostrowski kennt ke<strong>in</strong> Wenn und Aber: »Ich würde<br />

nackt putzen gehen – egal ob bei Damen o<strong>der</strong> herren. <strong>Das</strong><br />

hat zum<strong>in</strong><strong>des</strong>t nicht die Anrüchigkeit e<strong>in</strong>es Nachtlokals.«<br />

Ro Raftl<br />

LaDIeS nIGHt<br />

Regie: Folke Braband<br />

Bühnenbild: Tom Prest<strong>in</strong>g<br />

Kostüme: Polly Matthies<br />

Choreografie: Angela Hercules Joseph<br />

Mit Ljubiša Lupo Grujčić, Mart<strong>in</strong> Nie<strong>der</strong>mair, Michael Ostrowski,<br />

Alexan<strong>der</strong> Pschill, Heribert Sasse, Mart<strong>in</strong> Zauner<br />

PremIere am 14. Jänner 2010, KammerSPIeLe


Fotos »Wir Europäer/My Evropané« (l.), Bayerischer Rundfunk/Ralf Wilschewski (r.) reChter text Auszug aus e<strong>in</strong>em Gespräch von Roger Willemsen, das im ZEIT <strong>Magaz<strong>in</strong></strong> erschien neuwIrtH<br />

& wecKer<br />

Zwei Kapazun<strong>der</strong> komponieren für die <strong>Josefstadt</strong>. Roland Neuwirth<br />

und se<strong>in</strong>e Extremschrammeln geigen bei Franzobels »Moser« auf;<br />

Konstant<strong>in</strong> Wecker packte »Jugend ohne Gott« <strong>in</strong> Musik.<br />

e S GIbt KeInen berufeneren als roland Neuwirth, um die<br />

eigenwillige Farce um den beliebten Volksschauspieler<br />

Moser musikalisch aufzumischen.<br />

Denn <strong>der</strong> geniale extremschrammler ist erneuerer und<br />

großmeister <strong>der</strong> Wiener Musik. Als gitarrist, sänger,<br />

Komponist und Texter. Vor mittlerweile 25 Jahren machte<br />

sich roland Neuwirth auf, die schrammelmusik, jene<br />

Musikform, die zur Touristenfalle zwischen gr<strong>in</strong>z<strong>in</strong>g und<br />

pek<strong>in</strong>g verkommen war, vom triefenden Kitsch zu befreien:<br />

er rettete das Wienerlied mit eigenkompositionen und<br />

progressiven Neuarrangements <strong>in</strong>s heute.<br />

se<strong>in</strong> vielfältiges oeuvre umfasst raunzerte Nekrophiliegstanzeln,<br />

gefühlvolle Liebeslie<strong>der</strong> mit schmäh und sw<strong>in</strong>g,<br />

grantelnde blues-oden an die Wiener Tristesse, groovige<br />

heurigenbankeln voll Lebensgefühl.<br />

Neuwirth erneuerte und verteidigt das Wienerlied:<br />

»hitler und die unmusikalität <strong>der</strong> oberschullehrer haben<br />

es fertig gebracht, dass bei uns die Jungen über ihre eigene<br />

Volksmusik lachen und sich für sie schämen. Aus den<br />

radio- und Fernsehgeräten hat man unseren Dialekt –<br />

und damit unsere Identität – verbannt. statt <strong>der</strong> poetischen<br />

bildhaftigkeit und präzision unserer sprache werden<br />

die ›Kids‹ mit permanentem Wenzel-Lüdecke-Deutsch gefüttert.<br />

Diese sprache aber weist nicht die fe<strong>in</strong>en Färbungen<br />

und Nuancen auf, nicht die ironische Doppelbödigkeit o<strong>der</strong><br />

gar die philosophische Tiefe <strong>des</strong> Wiener Dialekts.<br />

zurück bleiben entwe<strong>der</strong> grenzdebile schunkelmonster<br />

o<strong>der</strong> blässliche ›Teenies‹, die zwischen Videoclips und<br />

Computern verwahrlosen.«<br />

e S GIbt KeInen berufeneren als Konstant<strong>in</strong> Wecker, um horváths<br />

Antifaschismus-statement »Jugend ohne gott« musikalisch<br />

zu begleiten.<br />

Denn seit mehr als 30 Jahren bekämpft <strong>der</strong><br />

Lie<strong>der</strong>macher das »schlechte«. Immer noch Ans<strong>in</strong>gen<br />

gegen den Krieg?<br />

Konstant<strong>in</strong> Wecker: Ja, was denn sonst? s<strong>in</strong>gen hilft. Waffen<br />

helfen jedenfalls nicht, wie wir gesehen haben. Die Menschheit<br />

richtet sich zugrunde, und ich soll schweigen? Wer<br />

jetzt se<strong>in</strong>e stimme nicht öffentlich erhebt, verdient es nicht,<br />

e<strong>in</strong>e öffentliche stimme zu haben.<br />

Für solche sätze schimpft man sie »gutmensch«!<br />

Wecker: Ja, was soll ich denn eher se<strong>in</strong>: schlechtmensch?<br />

Was verrät es denn Ihrer Me<strong>in</strong>ung nach über diese zeit,<br />

dass sie den »gutmenschen« zum schimpfwort erhob?<br />

Wecker: seit gut zehn Jahren werden alle <strong>des</strong>avouiert, die<br />

sich engagieren. Die allgeme<strong>in</strong>e entpolitisierung wird genutzt,<br />

um auch die Künstler zu entpolitisieren. und es hat ja<br />

dummerweise funktioniert. Ich habe nichts gegen elfenbe<strong>in</strong>türme,<br />

aber im Moment haben wir e<strong>in</strong>en ganzen Wald von<br />

elfenbe<strong>in</strong>türmen!<br />

Fehlen <strong>der</strong> politik nach bush jetzt die schurken?<br />

Wecker: es gibt ja auch glanzlose schurken. Vielleicht<br />

werden wir ja von soziopathen regiert, die so viel h<strong>in</strong>ter sich<br />

lassen mussten an aufrechtem gang und zivilcourage, die<br />

sich so viel biegen mussten, bis sie an <strong>der</strong> spitze waren, dass<br />

sie am ende ke<strong>in</strong>e rücksicht mehr nehmen auf irgende<strong>in</strong>e<br />

an<strong>der</strong>e Auffassung. Ich habe nicht vergessen, wie sich Angela<br />

Merkel bei bush e<strong>in</strong>geschleimt hat.<br />

MusIK<br />

<strong>Das</strong> <strong>Magaz<strong>in</strong></strong> <strong>des</strong> <strong><strong>Theater</strong>s</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong> 7


szeNeNbILD<br />

8<br />

VerHetzte<br />

JuGenD<br />

»e<strong>in</strong> buch gegen die geistigen Analphabeten, gegen die, die wohl lesen und schreiben können,<br />

aber nicht wissen, was sie schreiben, und nicht verstehen, was sie lesen. und ich hab e<strong>in</strong><br />

buch für die Jugend geschrieben […] Aus den schlacken und Dreck verkommener generationen<br />

steigt e<strong>in</strong>e neue Jugend empor. Der sei me<strong>in</strong> buch geweiht! sie möge lernen aus unseren<br />

Fehlern und zweifeln!«<br />

Ödön von Horváth über »Jugend ohne Gott«


Foto Moritz Schell<br />

JuGenD oHne Gott<br />

von Christopher Hampton<br />

nach Ödön von Horváth<br />

Regie: Torsten Fischer<br />

Musik: Konstant<strong>in</strong> Wecker<br />

szeNeNbILD<br />

JugeNd<br />

ohNe<br />

gott<br />

Mit Eva Mayer, Silvia Meisterle,<br />

Therese Lohner, Elfriede<br />

Schüssele<strong>der</strong>, Susanna<br />

Wiegand, Simon Dietersdorfer,<br />

Mart<strong>in</strong> Hemmer, Christian<br />

Futterknecht, Peter Moucka,<br />

Cornelius Obonya, Hans<br />

Wolfgang Pemmer,<br />

Peter Scholz, Rafael Schuchter,<br />

Friedrich Schwardtmann,<br />

Kurt Sobotka, Ferd<strong>in</strong>and Stahl,<br />

Alexan<strong>der</strong> Waechter,<br />

Mart<strong>in</strong> Zauner u. a.<br />

urauffüHrunG<br />

tHeater In Der JoSefStaDt<br />

DRAMA – <strong>Das</strong> <strong>Magaz<strong>in</strong></strong> <strong>des</strong> <strong><strong>Theater</strong>s</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong> 9


KoNTroVers<br />

10<br />

Moser<br />

moSer<br />

Im HImmeL<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong> treffen sie zum ersten Mal aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong>: Der honorige Moser-Biograf<br />

und Bestsellerautor Georg Markus und <strong>der</strong> Dichter Franzobel, <strong>des</strong>sen »Moser«-Stück<br />

die <strong>Josefstadt</strong> im Februar auf die Bühne br<strong>in</strong>gen wird.<br />

Franzobel (l.): »Für e<strong>in</strong>en<br />

Dramatiker s<strong>in</strong>d schwarze<br />

Flecken <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit<br />

beson<strong>der</strong>s spannend. Die<br />

eröffnen e<strong>in</strong>en ungeheuren<br />

Freiraum.«<br />

Georg Markus (r.): »Mich hat<br />

auch noch nie e<strong>in</strong>er geklagt, <strong>der</strong><br />

schon tot ist … Mich fasz<strong>in</strong>iert<br />

die Vergangenheit, weil ich dort<br />

überproportional charismatische<br />

persönlichkeiten f<strong>in</strong>de, die es<br />

heute kaum mehr gibt.«<br />

f<br />

ranzobeLS StücK tHematISIert das<br />

r<strong>in</strong>gen e<strong>in</strong>es Künstlers um<br />

haltung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em system <strong>der</strong> unterdrückung.<br />

Ist aber ke<strong>in</strong>e Dramatisierung<br />

<strong>des</strong> Lebens <strong>des</strong> populären<br />

Volksschauspielers hans Moser. georg<br />

Markus stellt unverblümt Fragen, die sich<br />

auch mancher <strong>Theater</strong>besucher stellen<br />

wird. soll hier e<strong>in</strong> Volksheld vom sockel<br />

gestoßen werden? bachmann-preisträger<br />

Franzobel lässt es sich gefallen.<br />

Markus: Wie sehen sie hans Moser?<br />

Franzobel: Als schauspieler hat er<br />

was ganz eigenes kreiert, er hat<br />

die trivialsten Filme auf e<strong>in</strong> höheres<br />

Niveau gebracht.<br />

M: Aber als Mensch?<br />

F: Man weiß, er war ungewöhnlich<br />

geizig und se<strong>in</strong>er Frau unglaublich treu.<br />

hat ke<strong>in</strong>e elev<strong>in</strong>nen belästigt. Was doch<br />

sehr selten ist. Ich kenne überhaupt<br />

niemandem mit so e<strong>in</strong>er D<strong>in</strong>osauriertreue.<br />

Die evolutionsbiologie sagt,<br />

<strong>der</strong> Mann ist an sich e<strong>in</strong> polygames<br />

Wesen und <strong>in</strong>sofern ist <strong>der</strong> Moser e<strong>in</strong><br />

gegenbeispiel dafür.<br />

M: In Ihrem stück geht es um Mosers<br />

rolle im Dritten reich. Da werfen sie<br />

ihm vor, e<strong>in</strong> Mitläufer zu se<strong>in</strong>.<br />

F: er hat e<strong>in</strong>erseits <strong>in</strong> dieser zeit e<strong>in</strong>en<br />

Karrierehöhepunkt erlebt. er, <strong>der</strong> so<br />

lange um Anerkennung gekämpft hat,<br />

moSer oDer DIe PaSSIon DeS<br />

wocHenenD-woHnzImmerGotteS<br />

von Franzobel<br />

Regie: Peter Wittenberg<br />

Musik: Roland Neuwirth & Extremschrammeln<br />

Mit Sandra Cervik, Hubsi Kramar,<br />

Alexan<strong>der</strong> Pschill, Erw<strong>in</strong> Ste<strong>in</strong>hauer,<br />

Florian Teichtmeister, Mart<strong>in</strong> Zauner u. a.<br />

urauffüHrunG am 25. februar 2010<br />

tHeater In Der JoSefStaDt<br />

Fotos Stephan Boroviczény (l.), INTERFOTO / picture<strong>des</strong>k.com (r.)


hat im Dritten reich e<strong>in</strong>en unglaublichen<br />

hype erfahren. An<strong>der</strong>erseits wusste er,<br />

schon weil se<strong>in</strong>e jüdische Frau emigrieren<br />

musste, von den schattenseiten<br />

<strong>des</strong> reiches. Aber er wurde nicht aktiv.<br />

M: er hatte eben Angst wegen<br />

se<strong>in</strong>er Frau.<br />

F: Ich denke, <strong>der</strong> Moser ist schon vom<br />

Typ her ke<strong>in</strong> held und ke<strong>in</strong> Wi<strong>der</strong>standskämpfer.<br />

Da gibt es <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em stück<br />

die parallele zur gegenwart, <strong>in</strong>wieweit<br />

passt man sich an, um <strong>der</strong> zeit zu<br />

entsprechen, um die eigene Karriere<br />

nicht zu gefährden.<br />

M: bei Ihnen kommt er nicht<br />

positiv rüber.<br />

F: Ich sehe ihn ambivalent. Je<strong>der</strong> ist<br />

ambivalent.<br />

M: eher negativ.<br />

F: Ich sehe ihn eher positiv. Ich f<strong>in</strong>de<br />

ihn sympathisch, dieses r<strong>in</strong>gen, die<br />

zweifel, die sorge, nicht zu genügen.<br />

sehr menschlich.<br />

M: Ihr stück spielt im himmel. Im<br />

himmel herrschen die Nazis. Warum<br />

eigentlich?<br />

F: <strong>Das</strong> ist e<strong>in</strong> gedankenexperiment.<br />

<strong>Das</strong> ist ja e<strong>in</strong> <strong>Theater</strong>himmel, klarerweise.<br />

<strong>Das</strong> ist nicht <strong>der</strong> himmel <strong>des</strong> Konkordats.<br />

Vielleicht ist das <strong>der</strong> himmel vom<br />

Moser, <strong>in</strong> dem er se<strong>in</strong>e erlösung f<strong>in</strong>det.<br />

M: Aber <strong>der</strong> hitler ist <strong>der</strong> Chef dort?<br />

F: Ja, <strong>der</strong> ist <strong>der</strong> Chef und Maskenbildner.<br />

Weil er sich quasi <strong>in</strong> dem Thea-<br />

terkosmos die Leute zurechtschm<strong>in</strong>kt.<br />

eIn sPagat zwIsChen<br />

Überleben wollen und<br />

rÜCKgrat zeIgen<br />

M: und Mosers Frau blanca?<br />

F: blanca hat ihn sehr getrieben, ich<br />

weiß nicht, ob er se<strong>in</strong>e Karriere ohne<br />

blanca gemacht hätte.<br />

M: blanca war e<strong>in</strong> opfer.<br />

F: Ja, weil sie Jüd<strong>in</strong> war. Als person<br />

ist sie ke<strong>in</strong> opfer, vielleicht war Moser<br />

da viel mehr opfer.<br />

M: Im stück bedauert sie, dass sie<br />

Jüd<strong>in</strong> ist und ke<strong>in</strong> Nazi se<strong>in</strong> kann.<br />

sie tanzt mit hitler und kokettiert um<br />

<strong>der</strong> Karriere willen!<br />

F: Ich sehe Menschen von haus aus<br />

sehr ambivalent. es gibt unter den<br />

opfern Täter und unter den Tätern<br />

auch Ahnungslose. Nehmen sie das als<br />

Manifest gegen pauschalierungen.<br />

M: bei Ihnen gibt es zwei Moser.<br />

F: Den jungen und den alten Moser,<br />

und es gibt e<strong>in</strong>en Moser-Imitatoren-<br />

Lookalike-Wettbewerb im himmel. Moser<br />

ist e<strong>in</strong>e an <strong>der</strong> Folie <strong>der</strong> Wirklichkeit<br />

orientierte fantasievolle <strong>Theater</strong>figur.<br />

M: Aber es ist schon <strong>der</strong> hans Moser?<br />

F: es ist ke<strong>in</strong>e Dramatisierung <strong>der</strong><br />

Moser-biografie.<br />

M: Wollen sie e<strong>in</strong>en skandal<br />

provozieren?<br />

F: es ist nicht die zeit für skandale.<br />

bei e<strong>in</strong>em skandal wird nur polarisiert<br />

und jede Diskussion unmöglich gemacht.<br />

Mir geht's um das Verstehen <strong>der</strong> Figur<br />

Moser, um e<strong>in</strong> Verständnis für den<br />

österreicher <strong>in</strong> <strong>der</strong> zeit.<br />

M: Moser war e<strong>in</strong> herausragen<strong>der</strong>,<br />

wun<strong>der</strong>barer schauspieler. Doch je<br />

mehr ich mich biografisch mit ihm<br />

beschäftigte, <strong>des</strong>to mehr wurden mir<br />

se<strong>in</strong>e schwächen bewusst. er war nicht<br />

nur e<strong>in</strong> schnorrer, er konnte bös se<strong>in</strong>,<br />

er konnte Menschen auch verletzen.<br />

er hat vielleicht se<strong>in</strong>en abrupten erfolg<br />

nicht ganz verkraftet.<br />

F: beim schreiben habe ich <strong>in</strong> mir<br />

nach dem hans Moser gegraben.<br />

M: sie suchen den hans Moser im<br />

Franzobel? haben sie ihn gefunden?<br />

F: es gibt viele parallelen. e<strong>in</strong>erseits<br />

erfolg haben wollen, durchtauchen,<br />

feig se<strong>in</strong>, doch Mut haben wollen,<br />

also alle diese Wi<strong>der</strong>sprüche, die man<br />

<strong>in</strong> sich hat, auch wenn man sie dann<br />

an<strong>der</strong>s auslebt.<br />

KoNTroVers<br />

––– Hans Moser *6.8.1880, † 19.6.1964,<br />

e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> populärsten österreichischen<br />

schauspieler, debütierte 1902 im<br />

<strong>Theater</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong>. Ab 1925<br />

gehörte er dem <strong>Josefstadt</strong>-ensemble<br />

unter Max re<strong>in</strong>hardt an.<br />

––– Franzobel geboren 1967 <strong>in</strong><br />

Vöcklabruck, studierte germanistik<br />

und geschichte. er arbeitet als freischaffen<strong>der</strong><br />

schriftsteller, schreibt<br />

romane, gedichte, <strong><strong>Theater</strong>s</strong>tücke,<br />

hörspiele und K<strong>in</strong><strong>der</strong>bücher. zahlreiche<br />

preise und Auszeichnungen. In deutschen<br />

Feuilletons schmückt man ihn<br />

mit dem be<strong>in</strong>amen Worterf<strong>in</strong>dungsmeister,<br />

barocker geschichtenerdenker.<br />

––– Georg Markus 1951 <strong>in</strong> Wien<br />

geboren, zählt zu den erfolgreichsten<br />

schriftstellern und zeitungskolumnisten<br />

österreichs. er war Kolumnist<br />

<strong>der</strong> »Kronen zeitung«, schreibt seit<br />

2003 im Kurier die wöchentliche<br />

Kolumne »geschichten mit geschichte«,<br />

die historische Themen zum Inhalt hat.<br />

er verfasste biografien von paul hörbiger,<br />

hans Moser, Karl Farkas und Kathar<strong>in</strong>a<br />

schratt, sigmund Freud sowie zeitgeschichtliche<br />

Werke.<br />

<strong>Das</strong> <strong>Magaz<strong>in</strong></strong> <strong>des</strong> <strong><strong>Theater</strong>s</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong> 11


INTerVIeW<br />

12<br />

eiN<br />

MoNat<br />

auf<br />

deM<br />

LaNde<br />

ViER FRAuEN uND<br />

EiN LiEBEScHAOS<br />

stePhanIe Mohr InszenIert turgenjews »eIn Monat auf deM lande«,<br />

wo MarIa KöstlInger, hIlde dalIK und sona MaCdonald IM tretMInenfeld<br />

Ihrer gefÜhle aufeInan<strong>der</strong>treffen. eIn gesPräCh Über Pantherfrauen,<br />

botox-tragIK und lIebesKäMPfe MIt angelIKa hager.<br />

Angelika Hager: Die tragische held<strong>in</strong> Natalja hat e<strong>in</strong>en<br />

liebenden ehemann, e<strong>in</strong>en durchaus flirtbegabten hausfreund<br />

und muss sich dann auch noch hals über Kopf <strong>in</strong> den blutjungen<br />

hauslehrer verlieben.<br />

Maria Köstl<strong>in</strong>ger: sie ist <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er schwierigen phase ihres<br />

Lebens angekommen, wo sie auch noch ihren erotischen begehrt-<br />

werdenswert überprüfen möchte. Da ich auf den Vierziger<br />

zugehe, kann ich das durchaus nachempf<strong>in</strong>den.<br />

Hager: Natalja ist im stück 29 Jahre alt. Im russland <strong>des</strong><br />

19. Jahrhun<strong>der</strong>ts war man da bereits jenseits se<strong>in</strong>er besten Jahre.<br />

heute ist 38 das neue 50. Am boulevard führen ältere Frauen<br />

ihre jungen Liebhaber wie Trophäen vor. e<strong>in</strong> zeichen<br />

<strong>der</strong> emanzipation?<br />

Ist eIn junger<br />

lIebhaber heIlsaM?<br />

Köstl<strong>in</strong>ger: es wäre schön, aber ich sehe es nicht so. Denn<br />

wenn man Frauen wie Madonna o<strong>der</strong> Demi Moore anschaut,<br />

die daneben zum schönheitsdoktor rennen und sich vom busen<br />

bis zum gesicht alles richten lassen, dann hat das für mich auch<br />

was Tragisches und Trauriges. Würden diese Frauen ihrem Alter,<br />

also 50 und mehr, entsprechend aussehen, hätten sie Jesus<br />

o<strong>der</strong> Ashton wahrsche<strong>in</strong>lich nicht mehr.<br />

Hilde Dalik: Mart<strong>in</strong> scorsese hat sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Interview<br />

v. l. n. r.: Angelika hager, hilde Dalik, stephanie Mohr, Maria Köstl<strong>in</strong>ger, sona MacDonald<br />

beklagt, dass er nicht mehr weiß, welche schauspieler<strong>in</strong>nen<br />

er besetzen soll, weil sich alle <strong>in</strong> <strong>der</strong> botox-starre bef<strong>in</strong>den.<br />

selbst die 30-jährigen. <strong>Das</strong> ist für mich emanzipatorisch ke<strong>in</strong><br />

Fort-, son<strong>der</strong>n e<strong>in</strong> rückschritt.<br />

Sona MacDonald: In Amerika gibt es für dieses phänomen von<br />

älteren Frauen mit jungen Lovern bereits e<strong>in</strong>en eigenen begriff:<br />

die Cougars. Cougar ist e<strong>in</strong>e pantherart mit silbrigem Fell.<br />

Aber natürlich wäre die ideale Form <strong>der</strong> beziehung das Tilda-<br />

sw<strong>in</strong>ton-Modell.<br />

Hager: e<strong>in</strong>en ehemann und K<strong>in</strong>dsvater, <strong>der</strong> verlässlich das haus<br />

hütet, während man mit e<strong>in</strong>em feurigen Toyboy durch die Welt<br />

abenteuert. haben sie schon sowas <strong>in</strong> <strong>der</strong> richtung erlebt, sona?<br />

MacDonald: Lei<strong>der</strong> nur <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er Fantasie.<br />

Köstl<strong>in</strong>ger (lacht): Ich hab's me<strong>in</strong>em Mann e<strong>in</strong>mal vorge-<br />

schlagen, aber er hat mich nur gefragt, ob ich e<strong>in</strong> bisserl deppert<br />

geworden b<strong>in</strong>.<br />

Hager: Aber im Vergleich zu Turgenjews Frauen ist das Lieben<br />

heute für unsere generation doch viel e<strong>in</strong>facher geworden.<br />

Stephanie Mohr: Wir haben das privileg <strong>der</strong> freien Wahl. Aber<br />

dennoch s<strong>in</strong>d die emotionalen strukturen die gleichen geblieben.<br />

MacDonald: Ich b<strong>in</strong> überzeugt davon, dass viele Frauen auch<br />

heute noch <strong>in</strong> leblosen beziehungen verharren, weil sie ihren<br />

Lebensstandard nicht aufgeben wollen o<strong>der</strong> dass sie ihren<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>n zuliebe bleiben.<br />

Hager: Was empf<strong>in</strong>det Ihr für solche Frauen, die sich heute<br />

dennoch so mit ihrem unglück arrangieren? Mitleid, Verachtung?<br />

Mohr: Man kann sich nicht anmaßen, diesbezüglich pauschal-


Fotos Erich Reismann<br />

urteile zu fällen. Jede geschichte ist e<strong>in</strong>zigartig; zwänge wirken<br />

sich auf jeden an<strong>der</strong>s aus.<br />

Köstl<strong>in</strong>ger: Ich f<strong>in</strong>de es teilweise erschreckend, mit welcher<br />

Leichtfertigkeit heute beziehungen wie<strong>der</strong> entsorgt werden,<br />

wenn es e<strong>in</strong>mal nicht passt. Ich b<strong>in</strong> jetzt zwölf Jahre verheiratet.<br />

und natürlich gab es jede Menge höhen und Tiefen und auch<br />

Momente, wo ich gesagt habe: »Ich glaube, ich schaffe das nicht.«<br />

Hager: Ihr Mann (Anm. <strong>der</strong> schauspieler Karlhe<strong>in</strong>z hackl)<br />

war sehr schwer krank.<br />

Köstl<strong>in</strong>ger: Natürlich war das auch e<strong>in</strong>e extremsituation.<br />

Aber ich habe immer gewusst, dass es sich lohnt, zu kämpfen.<br />

es g<strong>in</strong>g ja nicht nur um unsere beziehung, son<strong>der</strong>n auch um die<br />

Familie, um unsere geme<strong>in</strong>same Tochter. und jetzt, nachdem wir<br />

all das geme<strong>in</strong>sam überstanden haben, s<strong>in</strong>d wir an e<strong>in</strong>em punkt<br />

angelangt, wo wir e<strong>in</strong>e ganz neue Qualität unserer beziehung<br />

erfahren dürfen. <strong>Das</strong> ist etwas ganz großartiges, wie ich es zuvor<br />

noch nie erlebt habe.<br />

MacDonald: Wenn ich so etwas höre, b<strong>in</strong> ich fast e<strong>in</strong> bisschen<br />

von Neid erfüllt. sich zu verlieben, was ja fast e<strong>in</strong>em rauschhaften<br />

zustand gleichkommt, ist ja eigentlich sehr e<strong>in</strong>fach. Aber diesen<br />

zustand dann <strong>in</strong> dauerhafte Liebe verwandeln zu können, das ist<br />

mir längerfristig noch nicht geglückt. <strong>Das</strong> Wichtigste <strong>in</strong> je<strong>der</strong><br />

beziehungskonstellation ist für mich immer: sich nicht ver-<br />

biegen zu müssen, sich nicht verleugnen zu müssen und nicht zu<br />

viele Kompromisse e<strong>in</strong>gehen zu müssen. <strong>Das</strong> ist ja auch für mich<br />

das schwierige an <strong>der</strong> rolle <strong>der</strong> gesellschafter<strong>in</strong> Lisaweta: Die<br />

muss weggeheiratet werden, um versorgt zu werden. Aber ich<br />

möchte me<strong>in</strong>e Figur nicht nur als arme schlucker<strong>in</strong> darstellen.<br />

Mohr: <strong>Das</strong> ist sie auch nicht. Die Frauen <strong>in</strong> »e<strong>in</strong> Monat auf<br />

dem Lande« s<strong>in</strong>d alle ke<strong>in</strong>e opfer. Vor allem nicht Natalja, die<br />

nicht bereit ist, zugunsten ihrer pflegetochter beim hauslehrer<br />

zurückzutreten. <strong>Das</strong> tut sie nicht, und das f<strong>in</strong>de ich toll,<br />

obwohl es natürlich nicht wahns<strong>in</strong>nig sympathisch ist.<br />

Köstl<strong>in</strong>ger: Natalja will eben noch e<strong>in</strong>mal sowas wie Leben zu<br />

fassen kriegen, bevor sie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Langeweile unterzugehen droht.<br />

<strong>Das</strong> mag ich an <strong>der</strong> Figur. und mit welcher Leidenschaft sie<br />

sich da h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>stürzt.<br />

Hager: Ist das Liebe? o<strong>der</strong> nur e<strong>in</strong> verzweifeltes sichauf-<br />

bäumen gegen die Monotonie <strong>des</strong> Alltags?<br />

Köstl<strong>in</strong>ger: Wenn man das immer so genau wüsste. Wann hört<br />

<strong>der</strong> rausch auf, wann wird er zu e<strong>in</strong>em echten gefühl?<br />

INTerVIeW<br />

oft denkt man sich ja dann im rückblick: »hallelujah, das wär's<br />

ja eigentlich gar nicht wert gewesen.«<br />

Dalik: Verliebtse<strong>in</strong> hat ja auch immer etwas mit Idealisierung<br />

zu tun; das gegenüber dient ja auch als projektionsfläche <strong>der</strong><br />

eigenen bedürfnisse. Me<strong>in</strong>e Verotschka erlebt diesen Überschwall<br />

<strong>der</strong> gefühle das erste Mal. und wird dadurch auch erwachsen,<br />

während die wesentlich ältere Natalja durch ihre Leidenschaft<br />

fast wie<strong>der</strong>um k<strong>in</strong>dliche züge annimmt.<br />

rausCh <strong>der</strong><br />

ersten VerlIebtheIt<br />

Hager: Die Frauen wirken bei Turgenjew wie auch später bei<br />

schnitzler o<strong>der</strong> Tschechow als die <strong>in</strong>teressanteren, weil vielschichtigeren<br />

und stärkeren Figuren.<br />

Mohr: Da muss ich wi<strong>der</strong>sprechen. Ich f<strong>in</strong>de die Männer <strong>in</strong><br />

diesem stück durchaus <strong>in</strong>teressant und sehe sie nicht als schwäch-<br />

l<strong>in</strong>ge. es wird natürlich viel geschwätzt und selbstreflektiert.<br />

Hager: Turgenjews Ton ist manchmal erschreckend kalt,<br />

weil so <strong>des</strong>illusionierend.<br />

Mohr: Als kalt empf<strong>in</strong>de ich ihn nicht, nur als klug.<br />

Dalik: Trotz aller verme<strong>in</strong>tlichen stagnationen geht man mit<br />

<strong>der</strong> gewissheit nach hause, dass es noch immer hoffnung gibt.<br />

MacDonald: und e<strong>in</strong>em die erfahrungen, die man <strong>in</strong> <strong>der</strong> Liebe<br />

gemacht hat, wenig nützen, wenn es e<strong>in</strong>en wirklich wie<strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong>mal so richtig erwischt. Man ist dann genauso vertrottelt wie<br />

vor 20 Jahren auch schon.<br />

Angelika hager leitet das gesellschaftsressort <strong>des</strong> Nachrichtenmagaz<strong>in</strong>s<br />

»profil« und ist die Frau h<strong>in</strong>ter <strong>der</strong> Kultkolumnist<strong>in</strong> »polly Adler« – eben<br />

erschien ihr erster erzählband »Nur Idioten s<strong>in</strong>d glücklich«.<br />

eIn monat auf Dem LanDe<br />

von Iwan Turgenjew, Regie: Stephanie Mohr, Bühnenbild: Miriam<br />

Busch, Kostüme: Alfred Mayerhofer, Musik: Joachim Steffenhagen<br />

Mit Hilde Dalik, Maria Köstl<strong>in</strong>ger, Sona MacDonald, Eva Mayer,<br />

Rasmus Borkowski, André Pohl, Peter Scholz, Toni Slama u. a.<br />

PremIere am 28. Jänner 2010, tHeater In Der JoSefStaDt<br />

<strong>Das</strong> <strong>Magaz<strong>in</strong></strong> <strong>des</strong> <strong><strong>Theater</strong>s</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong> 13


porTräT<br />

14<br />

JugeNd<br />

ohNe<br />

gott<br />

Träume von<br />

Schale und Kern<br />

ferdInand stahl VerstärKt das attraKtIVe<br />

junge teaM <strong>der</strong> josefstadt.<br />

IcH bIn eIn extremer<br />

Mensch«, sagt er mit<br />

entwaffnendem Lächeln.<br />

»Ich habe <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em<br />

Leben vieles ausprobiert.«<br />

<strong>Das</strong>s sich Ferd<strong>in</strong>and stahl<br />

vor dreie<strong>in</strong>halb Jahren<br />

am re<strong>in</strong>hardt-sem<strong>in</strong>ar<br />

beworben hat, war mehr<br />

die Folge e<strong>in</strong>es dramatischen<br />

Liebesbetrugs als e<strong>in</strong>er<br />

kalkulierten Karriereplanung.<br />

er hatte Komposition studiert,<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er band Klavier ge-<br />

spielt und wäre wohl Musiker<br />

geworden. Aber so verließ<br />

er Köln und die verme<strong>in</strong>tlichen<br />

Freunde, verankerte<br />

sich <strong>in</strong> Wien. Noch während<br />

<strong>der</strong> Ausbildung am re<strong>in</strong>hardtsem<strong>in</strong>ar<br />

engagierte ihn<br />

paulus Manker als Walter<br />

gropius für »Alma«. e<strong>in</strong><br />

Cast<strong>in</strong>g am <strong>Theater</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Josefstadt</strong> verlief erfolgreich.<br />

<strong>Das</strong> schauspielstudium<br />

wird er nächsten sommer<br />

abschließen.<br />

er hat das zeug zum herzens-<br />

brecher. Doch vorerst spielt<br />

er e<strong>in</strong>en Mör<strong>der</strong>. Ferd<strong>in</strong>and<br />

stahl ist e<strong>in</strong> fabelhaft aus-<br />

sehen<strong>der</strong> Typ, 1,87 m groß,<br />

blaue Augen, dunkelblon<strong>des</strong><br />

wirres haar, angenehmes<br />

Timbre. gut vorstellbar,<br />

dass sich genia hofreiter zu<br />

e<strong>in</strong>er Affäre mit diesem<br />

feschen Fähnrich h<strong>in</strong>reißen<br />

JuGenD oHne Gott<br />

von Christopher Hampton<br />

nach Ödön von Horváth<br />

Regie: Torsten Fischer<br />

Musik: Konstant<strong>in</strong> Wecker<br />

urauffüHrunG<br />

tHeater In Der JoSefStaDt<br />

lässt. »Natürlich hat mich<br />

von den drei Angeboten <strong>des</strong><br />

<strong><strong>Theater</strong>s</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong><br />

<strong>der</strong> otto Aigner <strong>in</strong> schnitzlers<br />

›<strong>Das</strong> weite Land‹ am meisten<br />

<strong>in</strong>teressiert. Aber jetzt, da<br />

ich die beiden an<strong>der</strong>en<br />

rollen (die schüler ertzum<br />

<strong>in</strong> ›Der blauen engel‹ und<br />

Dieter Trauner <strong>in</strong> ›Jugend<br />

ohne gott‹) bereits spiele,<br />

b<strong>in</strong> ich vor allem von dem<br />

zwielichtigen Typen <strong>in</strong><br />

›Jugend ohne gott‹ fasz<strong>in</strong>iert.<br />

Ich spiele nicht<br />

e<strong>in</strong>fach e<strong>in</strong>en bad guy o<strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong>en Neonazi. Der Trauner<br />

könnte e<strong>in</strong>er se<strong>in</strong> wie ich,<br />

nur läuft an e<strong>in</strong>er bruch-<br />

stelle se<strong>in</strong>es Lebens etwas<br />

schief. Ich muss herausf<strong>in</strong>den,<br />

wie es zu dieser Tat<br />

kommt. Wie entsteht ge-<br />

waltbereitschaft? Falsche<br />

erziehung? zu wenig Liebe?<br />

Ich kann mich von e<strong>in</strong>er<br />

rolle, die ich spiele, nicht<br />

distanzieren, ich muss sogar<br />

sympathie empf<strong>in</strong>den.«<br />

Dieter Trauner ist e<strong>in</strong>e<br />

schlüsselfigur <strong>in</strong> dem Krimi-<br />

nalfall, den oscarpreisträger<br />

Christopher hampton nach<br />

ödön von horváths roman<br />

»Jugend ohne gott« für die<br />

<strong>Josefstadt</strong> dramatisiert hat.<br />

»IcH emPfInDe eS als glück und<br />

Chance, gleich am Anfang an<br />

e<strong>in</strong>em haus wie <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong><br />

arbeiten zu dürfen«, freut sich<br />

<strong>der</strong> 27-Jährige. »Ich lerne<br />

so viel von den großartigen<br />

Kollegen und den hervor-<br />

ragenden regisseuren. etwas<br />

besseres kann e<strong>in</strong>em jungen<br />

schauspieler nicht passieren!«<br />

Eva Maria Kl<strong>in</strong>ger<br />

Foto Alexan<strong>der</strong> Lutz


Fotos P. Domenigg / filmstills.at (o.l.), Sepp Gallauer (o.r. und u.l.), Erich Reismann (u.r.)<br />

Andrea Jonasson<br />

VIs-A-VIs<br />

DoPPeLPaSS<br />

Zwei charismatiker bee<strong>in</strong>drucken <strong>in</strong> zwei Erfolgsproduktionen<br />

<strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong>: Andrea Jonasson als Frau Alv<strong>in</strong>g <strong>in</strong> »Gespenster«,<br />

Erw<strong>in</strong> Ste<strong>in</strong>hauer als professor unrat, <strong>der</strong> <strong>der</strong> Barfußtänzer<strong>in</strong><br />

Lola Lola <strong>in</strong> »Der blaue Engel« verfällt.<br />

Erw<strong>in</strong> Ste<strong>in</strong>hauer<br />

»... dass jene, die beson<strong>der</strong>s sittlich-moralisch auftreten,<br />

auf das Innigste mit <strong>der</strong> Dummheit verbunden s<strong>in</strong>d!«<br />

»Der blaue Engel« mit Kathar<strong>in</strong>a Straßer, Sona MacDonald,<br />

Rasmus Borkowski, Peter Scholz u. a.<br />

Me<strong>in</strong> Liebl<strong>in</strong>gssatz aus dem Stück …<br />

Die größte Herausfor<strong>der</strong>ung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Aufführung für mich …<br />

… den schmalen grat me<strong>in</strong>er Figur zwischen<br />

Komik und Tragik zu meistern.<br />

… zu beobachten, wie sich »sprache« <strong>in</strong> 100 Jahren verän<strong>der</strong>t,<br />

die Technik <strong>der</strong> rede, <strong>der</strong> Wortschatz. und ich befürchte,<br />

unsere sprache wird bald noch ärmer werden und verkümmern.<br />

Was mich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Arbeit, am Resultat überrascht hat …<br />

… beglückend, weil das ensemble außerordentlich<br />

gut zusammenpasste und weil man geme<strong>in</strong>sam<br />

auf <strong>der</strong> suche war und nach wie vor ist.<br />

… waren wir schlecht o<strong>der</strong> sitzen da unten tote, e<strong>in</strong>armige<br />

Kalmücken (e<strong>in</strong> westmongolischer Volksstamm)?<br />

Die Probenzeit war …<br />

Beim Schlussapplaus denke ich mir …<br />

»Ich glaube fast, wir s<strong>in</strong>d alle gespenster. Nicht nur das,<br />

was wir von den eltern geerbt haben, geht <strong>in</strong> uns um.<br />

es s<strong>in</strong>d alle möglichen alten, toten Ansichten und allerhand<br />

alter, toter glaube. es lebt nicht <strong>in</strong> uns, aber es steckt <strong>in</strong> uns,<br />

und wir können es nicht loswerden.«<br />

… gegen me<strong>in</strong>en Typ zu spielen und mich selbst<br />

zu überzeugen.<br />

… die absolute Aufmerksamkeit und erschütterung<br />

<strong>des</strong> publikums und dass Ibsens stück heute, fast 100 Jahre<br />

nach entstehung, so ankommt.<br />

… eher deprimierend, was an <strong>der</strong> Thematik <strong>des</strong> stücks liegt,<br />

und erfreulich, weil ich so gerne mit dem regisseur<br />

Janusz Kica zusammenarbeite.<br />

… was würde die Alv<strong>in</strong>g mit dem sohn wirklich machen?<br />

Ihm das Morphium geben? o<strong>der</strong> würde sie ihn pflegen?<br />

»Gespenster« mit Joachim Bißmeier, Gerti Drassl,<br />

Florian Teichtmeister, Siegfried Walther<br />

DRAMA – <strong>Das</strong> <strong>Magaz<strong>in</strong></strong> <strong>des</strong> <strong><strong>Theater</strong>s</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong> 15


proDuKTIoNsTAgebuCh<br />

16<br />

sugar –<br />

MaNche<br />

MögeN's<br />

heiss<br />

mancHe<br />

möGen'S<br />

ScHön<br />

DRAMA besucht<br />

die Maskenabteilung<br />

<strong>in</strong> den<br />

Kammerspielen<br />

vor e<strong>in</strong>er Vorstellung<br />

<strong>des</strong><br />

Komödienhits<br />

»Sugar – Manche<br />

mögen's heiß«.<br />

S<br />

uGar – mancHe<br />

mögen's heiß« ist<br />

e<strong>in</strong>e rasante herausfor<strong>der</strong>ung<br />

für die<br />

Maskenabteilung.<br />

In den engen gar<strong>der</strong>oben<br />

<strong>der</strong> Kammerspiele müssen<br />

14 Darsteller für die Musicalkomödie<br />

geschm<strong>in</strong>kt und<br />

frisiert werden.<br />

zwei Maskenbildner<strong>in</strong>nen<br />

kümmern sich um die<br />

Damenwelt, zwei um die<br />

herren. sie s<strong>in</strong>d Visagisten<br />

und Friseure gleichzeitig,<br />

verfügen über Know-how<br />

<strong>in</strong> stilkunde. bei »sugar –<br />

Manche mögen's heiß«<br />

kreieren sie e<strong>in</strong>e Welt <strong>der</strong><br />

späten 1920er Jahre. e<strong>in</strong>ige<br />

<strong>der</strong> Darsteller treten <strong>in</strong><br />

sieben verschiedenen rollen<br />

auf. <strong>Das</strong> verlangt e<strong>in</strong>e unzahl<br />

an perücken, bärten, glatzen,<br />

falschen Wimpern, die <strong>in</strong><br />

ungeheurer geschw<strong>in</strong>digkeit<br />

Mirjam Weichselbrauns Verwandlung zu sugar Kane, sänger<strong>in</strong> <strong>der</strong> Damenband society syncopates.<br />

Fotos Erich Reismann ProduktFotos Gerhard Nohava (3), beigestellt (3)


h<strong>in</strong>ter <strong>der</strong> bühne appliziert<br />

und geklebt werden müssen.<br />

<strong>Das</strong> bedarf e<strong>in</strong>er genauen<br />

planung <strong>der</strong> Arbeitsabläufe<br />

und präziser zweistündiger<br />

Vorbereitung: Alle utensilien<br />

müssen e<strong>in</strong>satzbereit am<br />

richtigen platz liegen. Denn<br />

während <strong>der</strong> Vorstellung ist<br />

ke<strong>in</strong>e zeit zu verlieren, da<br />

kommt es auf sekunden an,<br />

damit alle zu ihrem Auftritt<br />

fertig s<strong>in</strong>d und die falschen<br />

haarteile auch bei energiegeladenen<br />

Tanzszenen<br />

nicht verrutschen.<br />

Auch pflege ist e<strong>in</strong> Thema:<br />

<strong>Das</strong> Kleben von glatzen und<br />

bärten ist für die haut recht<br />

strapaziös – bei rund 60 Vor-<br />

stellungen kann es schon zu<br />

Irritationen kommen.<br />

für DIe beIDen büHnen <strong>der</strong><br />

<strong>Josefstadt</strong> arbeiten elf<br />

MaskenbildnerInnen. Vier<br />

Wochen vor e<strong>in</strong>er premiere<br />

beg<strong>in</strong>nt die <strong>in</strong>tensive Vor-<br />

bereitungsphase: perücken<br />

und bärte werden im <strong>Theater</strong><br />

selbst geknüpft, echt- und<br />

Kunsthaar für rund 20.000<br />

euro pro saison verarbeitet.<br />

»In den letzten Jahren geht<br />

<strong>der</strong> Trend auf <strong>der</strong> bühne zur<br />

sehr natürlichen Maske«,<br />

sagt Markus pannhausen, <strong>der</strong><br />

sich freut, dass se<strong>in</strong>e MitarbeiterInnen<br />

bei den schauspielern<br />

e<strong>in</strong>e Vertrauensstellung<br />

genießen: »Weil wir <strong>in</strong>dividuell<br />

mit son<strong>der</strong>wünschen<br />

umgehen. Ke<strong>in</strong> Darsteller<br />

schm<strong>in</strong>kt sich selbst, schließlich<br />

sollen sich die Künstler<br />

ganz auf ihren Auftritt<br />

konzentrieren können.«<br />

Aus boris pfeifer wird erst <strong>der</strong> Musiker Jerry, dann die schrille Daphne.<br />

proDuKTIoNsTAgebuCh<br />

a<br />

b Jänner 2010 werden<br />

die Maskenbildner <strong>des</strong><br />

<strong><strong>Theater</strong>s</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong><br />

mit den exklusiven<br />

Make-up-produkten <strong>der</strong><br />

Luxusmarke Lancôme arbeiten<br />

und so für den perfekten<br />

Auftritt <strong>der</strong> schauspieler<strong>in</strong>nen<br />

und schauspieler sorgen.<br />

lanCÔMe –<br />

<strong>der</strong> neue sPonsor<br />

<strong>der</strong> josefstadt!<br />

Die Marke Lancôme, die 2010<br />

ihr 75-Jahr-Jubiläum feiert,<br />

ist die weltweite Nr. 1 im<br />

bereich selektiven Make-ups.<br />

Die französische Traditionsmarke<br />

überzeugt durch s<strong>in</strong>n-<br />

liche und <strong>in</strong>novative Texturen<br />

sowie durch fasz<strong>in</strong>ierende<br />

Farben. Der <strong>in</strong>ternationale<br />

Make-up-Direktor von<br />

Lancôme, Aaron De Mey,<br />

br<strong>in</strong>gt, <strong>in</strong>spiriert von den<br />

aktuellen Trends, immer<br />

wie<strong>der</strong> frischen W<strong>in</strong>d <strong>in</strong> die<br />

produktkreationen.<br />

SuGar –<br />

mancHe möGen’S HeISS<br />

von Peter Stone<br />

Regie: Werner Sobotka<br />

Musikalische Leitung:<br />

Christian Frank<br />

Choreographie: Ramesh Nair<br />

Mit Mirjam Weichselbraun,<br />

Mart<strong>in</strong> Nie<strong>der</strong>mair, Boris<br />

Pfeifer, Toni Slama, Siegfried<br />

Walther, Oliver Huether u. a.<br />

KammerSPIeLe<br />

DRAMA – <strong>Das</strong> <strong>Magaz<strong>in</strong></strong> <strong>des</strong> <strong><strong>Theater</strong>s</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong> 17


preMIere<br />

18<br />

ohio –<br />

wieso?<br />

Wenn Männer<br />

puppen lieben<br />

»dIe grösste lIebesgesChIChte Von hIer bIs Ins jenseIts« nennt gabrIel baryllI<br />

seIne bezIehungsKoMödIe »ohIo – wIeso?!«, In <strong>der</strong> MIChael dangl und<br />

ruth brauer-KVaM sICh In »den freIen fall <strong>der</strong> lIebe« wagen.<br />

a<br />

utor unD reGISSeur gabriel barylli<br />

hat den schauspieler gabriel<br />

barylli <strong>in</strong> »ohio – Wieso?!« ausgerechnet<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> rolle <strong>des</strong><br />

beziehungsabst<strong>in</strong>enten Andreas<br />

besetzt, <strong>der</strong> se<strong>in</strong> e<strong>in</strong>sames <strong>Das</strong>e<strong>in</strong> mit<br />

e<strong>in</strong>er real Doll, e<strong>in</strong>er lebensgroßen<br />

silikonpuppe, aufmöbelt. »Diese puppen<br />

s<strong>in</strong>d das unbegreiflichste, was unsere<br />

zeit zur Verfügung hat, um die sehnsucht<br />

<strong>des</strong> e<strong>in</strong>zelnen zu befriedigen«, me<strong>in</strong>t<br />

<strong>der</strong> auf Liebesnöte spezialisierte Autor.<br />

»Tatsächlich wollen überraschend viele<br />

Menschen mit so e<strong>in</strong>er real Doll leben.<br />

<strong>Das</strong> ist ke<strong>in</strong> Jux. Wir bewegen uns immer<br />

mehr dah<strong>in</strong>, ausschließlich unser ego<br />

durchsetzen zu wollen; wenn mög-<br />

lich mit jemandem, <strong>der</strong> schweigend<br />

zustimmt, wenn wir etwas sagen.«<br />

gabriel barylli lassen solche entwicklungen<br />

ke<strong>in</strong>e ruhe, und so wagt sich <strong>der</strong><br />

charmante schauspieler <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em stück<br />

»ohio – Wieso?!« als Autor wie<strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong>mal auf das emotionale schlachtfeld<br />

zwischen Mann und Frau. »Der e<strong>in</strong>zige<br />

wirkliche Inhalt unseres Lebens ist<br />

ja die Liebe, und wenn sie es nicht ist,<br />

dann ist e<strong>in</strong>e <strong>der</strong>artige Trauer <strong>in</strong> uns,<br />

dass wir alles tun, um sie zu kompensieren.<br />

Dann machen wir Karriere, fahren<br />

schnelle Autos, planen weite reisen, nur<br />

um nicht <strong>der</strong> Tatsache <strong>in</strong>s Auge zu<br />

schauen, dass wir nicht <strong>in</strong> Liebe leben<br />

können.« Aber wenn alle die gleiche<br />

sehnsucht treibt, wo liegt das problem?<br />

Wieso funktionieren so wenige beziehungen,<br />

herr barylli? »es geht, wenn es<br />

geht, und wenn es nicht geht, geht's<br />

nicht. <strong>Das</strong>s man sich trotzdem bemüht,<br />

liegt daran, dass wir diesen satz – <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>er Wucht – nicht wahrnehmen<br />

wollen. Wir glauben, wir können das<br />

schicksal umschmeicheln, verführen,<br />

bestechen, den an<strong>der</strong>en zu dem machen,<br />

wie wir ihn gerne hätten. Aus all diesen<br />

umwegen und bemühungen besteht das<br />

reale Leben, und das ist herrlicher stoff<br />

für me<strong>in</strong>e Komödien.«<br />

Haben frau unD mann überhaupt e<strong>in</strong>e<br />

Chance auf dauern<strong>des</strong> Mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong>?<br />

»Wir alle hoffen, dass es möglich se<strong>in</strong><br />

kann, e<strong>in</strong>en Menschen zu treffen, mit<br />

dem seelenübere<strong>in</strong>stimmung möglich<br />

ist und körperliche Übere<strong>in</strong>stimmung<br />

dazu. Dieses hoffnungsideal tragen<br />

wir alle <strong>in</strong> uns.«<br />

sehnsuCht naCh<br />

zweIsaMKeIt Ist stoff<br />

fÜr KoMödIen<br />

und dürfen wir hoffen, herr barylli?<br />

»es gibt sechs Milliarden parallele<br />

Menschenwelten. Je<strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelne glaubt,<br />

die Welt ist so, wie er sie empf<strong>in</strong>det.<br />

Dabei gibt es sechs Milliarden, die sie<br />

genau ganz an<strong>der</strong>s empf<strong>in</strong>den. Je<strong>der</strong><br />

glaubt, se<strong>in</strong>e Welt ist die e<strong>in</strong>zig wahre.<br />

<strong>Das</strong> erzählen von parallelen Welten –<br />

im gegensatz zur sche<strong>in</strong>bar l<strong>in</strong>earen<br />

Welt – ist das eigentliche von<br />

›ohio – Wieso?!‹«<br />

oHIo – wIeSo?!<br />

von Gabriel Barylli<br />

Regie: Gabriel Barylli<br />

Mit Ruth Brauer-Kvam, Alexandra Krismer,<br />

Michael Dangl, Gabriel Barylli<br />

KammerSPIeLe<br />

Foto Rita Newman


Fotos Robert Recker<br />

Koloratur-Massaker<br />

Berl<strong>in</strong>s Trash-ikone Désirée Nick verkörpert bravourös die<br />

exzentrische Opern-Schreckschraube Florence Foster Jenk<strong>in</strong>s.<br />

<strong>in</strong> »Souvenir« an den Kammerspielen ab 4. Februar.<br />

D<br />

Ie amerIKanIScHe Millionär<strong>in</strong> Florence Jenk<strong>in</strong>s,<br />

die mit 60 beschloss, sänger<strong>in</strong> zu werden, war e<strong>in</strong><br />

absolutes unikum. umnebelt von maßloser<br />

selbstüberschätzung quietschte und schnaufte<br />

die sagenhaft talentfreie sopranist<strong>in</strong> die schwierigsten<br />

Arien <strong>der</strong> opernliteratur. ohne rücksicht<br />

auf Intonation und rhythmus. sie massakrierte Adeles<br />

Koloratur aus <strong>der</strong> Fle<strong>der</strong>maus, sie leierte die »König<strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Nacht« zum gotterbarmen, während sie e<strong>in</strong> gesicht aufsetzte<br />

wie e<strong>in</strong> huhn beim eierlegen.<br />

Ihre Auftritte im New Yorker Carlton ritz hotel, die sie <strong>in</strong><br />

ständig wechselnden Fantasiekostümen und garniert mit<br />

kle<strong>in</strong>en Tanze<strong>in</strong>lagen absolvierte, waren bald Kult. Denn mit<br />

ihrer gewalttätigen Art von Freistils<strong>in</strong>gen setzte sie den<br />

kritischsten Kunstverstand schachmatt. Die Jenk<strong>in</strong>s musste<br />

man e<strong>in</strong>fach erlebt haben! Die Fans versuchten ihre gefühle<br />

nicht durch lautes Kichern zu verletzen. es wurde zur<br />

gewohnheit, bei beson<strong>der</strong>s furchtbaren Dissonanzen <strong>in</strong><br />

beifallsstürme auszubrechen, um das gelächter zu vertuschen.<br />

Diesen Applaus begriff die unerschütterliche Jenk<strong>in</strong>s als<br />

zeichen <strong>der</strong> Anerkennung ihrer Meisterleistung. Manchmal<br />

hielt sie dann mit grandezza <strong>in</strong>ne und verbeugte sich<br />

mehrmals, bevor sie katzenjaulig weitersang.<br />

jenIKIns ego hatte dIe ausMasse<br />

<strong>des</strong> eMPIre state buIldIngs,<br />

Ihr wahnsInn allerdIngs auCh.<br />

War es ihr mit ihrem gesang ernst? o<strong>der</strong> bot sie bewusst<br />

e<strong>in</strong>e show? »Diese skurrile Dame war e<strong>in</strong>e Art genie an <strong>der</strong><br />

grenzl<strong>in</strong>ie <strong>der</strong> Vernunft«, me<strong>in</strong>t Desirée Nick. »Man erzählt,<br />

dass sie freudig ihren eigenen plattenaufnahmen lauschte,<br />

ohne ihre grauenhaften Töne zu bemerken. Wenn sie ihren<br />

gesang mit plattenaufnahmen großer opernstars verglich,<br />

war sie mit ihrer Leistung stets zufrieden.«<br />

Desirée Nick spielt Florence Foster Jenk<strong>in</strong>s <strong>in</strong> »souvenir«.<br />

und wie! Die berl<strong>in</strong>er Trash-Ikone überzeugt mit ausgeprägtem<br />

Tremolo und sadistisch überzogenen Koloraturen<br />

publikum und presse. In Köln und berl<strong>in</strong> wurde »souvenir«<br />

gefeiert. Jetzt kommt die produktion nach Wien. In diesem<br />

zwei-personen-stück erlebt man Lady Florence, die exzentrische<br />

Dilettant<strong>in</strong>, mit ihrem Klavierbegleiter beim erarbeiten<br />

<strong>der</strong> Arien für ihre kultigen Auftritte. Desirée Nick:<br />

»sie lebte ihren Traum und war dabei die erf<strong>in</strong><strong>der</strong><strong>in</strong><br />

<strong>des</strong> Trash.«<br />

tIPP:<br />

JenKInS auf<br />

You tube<br />

preMIere<br />

souveNir<br />

DRAMA – <strong>Das</strong> <strong>Magaz<strong>in</strong></strong> <strong>des</strong> <strong><strong>Theater</strong>s</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong> 19


Des pubLIKuMs LIebLINge<br />

20<br />

Favorites<br />

anGeLIKa<br />

nIeDetzKY<br />

SChAuSPiElERiN<br />

E<strong>in</strong> e<strong>in</strong>drucksvolles<br />

Ensemble von hervor-<br />

ragenden Könnern,<br />

e<strong>in</strong>e spannende<br />

Geschichte, so muss<br />

<strong>Theater</strong> heute se<strong>in</strong>!<br />

GeSPenSter,<br />

tHeater In Der JoSefStaDt<br />

Mit Andrea Jonasson,<br />

Joachim Bißmeier,<br />

Florian Teichtmeister u. a.<br />

Erna<br />

cuesta<br />

MoDERAToRiN<br />

ATV-hiGhliGhTS<br />

Es gibt kaum Schwierigeres,<br />

als an e<strong>in</strong>e gute Buchvorlage<br />

heranzukommen, geschweige<br />

denn sie zu toppen. »Gut<br />

gegen Nordw<strong>in</strong>d« hat es zum<br />

Bestseller geschafft, die<br />

<strong>Theater</strong>produktion <strong>in</strong> den<br />

Kammerspielen ist drauf und<br />

dran, Bühnen-Kultstatus zu<br />

erreichen: e<strong>in</strong>e geschickte,<br />

orig<strong>in</strong>elle, we<strong>der</strong> sich anbie<strong>der</strong>nde<br />

noch den leichten<br />

Erfolg suchende <strong>in</strong>szenierung, zwei<br />

Schauspieler, die sich mit- und gegene<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

als Dreamteam e<strong>in</strong>en temperamentvollen,<br />

herzerwärmenden Schlagabtausch<br />

liefern. »Gut gegen Nordw<strong>in</strong>d«<br />

trifft den Nerv <strong>der</strong> Zeit!<br />

Gut GeGen norDwInD,<br />

KammerSPIeLe<br />

Mit Ruth Brauer-Kvam und<br />

Alexan<strong>der</strong> Pschill<br />

ruDoLf<br />

bucHbInDer<br />

PiANiST<br />

Die Aufführung war so<br />

gut, dass man vergaß,<br />

an den Film zu denken.<br />

E<strong>in</strong> mehr als gelungener<br />

Abend!<br />

SuGar – mancHe<br />

möGen'S HeISS,<br />

KammerSPIeLe<br />

Mit Mirjam Weichselbraun,<br />

Mart<strong>in</strong> Nie<strong>der</strong>mair,<br />

Boris Pfeifer u. a.<br />

Dr. Andreas<br />

Mailath-pokorny<br />

AMTSF. STADTRAT FüR KulTuR<br />

uND WiSSENSChAFT iN WiEN<br />

Für mich ist diese <strong>in</strong>szenierung weit<br />

mehr als e<strong>in</strong> bloßes Remake <strong>des</strong> Films.<br />

Es wird bee<strong>in</strong>drucken<strong>des</strong> Schauspiel-<br />

theater geboten, vor allem Kathar<strong>in</strong>a<br />

Straßer und Erw<strong>in</strong> Ste<strong>in</strong>hauer gestalten<br />

ihre Rollen berührend menschlich.<br />

Der bLaue enGeL,<br />

tHeater In Der JoSefStaDt<br />

Georg<br />

Hoanzl<br />

GRüNDER<br />

VoN hoANZl<br />

Enormer Stress für die<br />

lachmuskeln. Tempo,<br />

Turbulenzen, Tohuwabohu<br />

gel<strong>in</strong>gen zur Freude <strong>des</strong><br />

Publikums.<br />

KomöDIe Im DunKeLn,<br />

KammerSPIeLe<br />

Mit Oliver Baier,<br />

Marianne Nentwich,<br />

Andreas Steppan u. a.


Fotos Erich Reismann<br />

Komödie im Dunkeln<br />

backstage<br />

1<br />

Während <strong>der</strong> Vorstellung h<strong>in</strong>ter <strong>der</strong> Bühne. / 1 <strong>in</strong> Auftrittsposition: Marianne Nentwich / 2 Passiert den Kollegen<br />

auf <strong>der</strong> Bühne e<strong>in</strong> lapsus, haben die an<strong>der</strong>en leicht lachen: oliver huether, Kathar<strong>in</strong>a Pichler und die<br />

<strong>in</strong>spizient<strong>in</strong> / 3 Blessurenzeigen nach <strong>der</strong> Vorstellung: oliver Baier / 4 Volle Konzentration: Andreas Steppan<br />

/ 5 Glückwunsch: Toni Slama<br />

4<br />

3<br />

bACKsTAge<br />

KoMödie<br />

iM<br />

duNKeLN<br />

DRAMA – <strong>Das</strong> <strong>Magaz<strong>in</strong></strong> <strong>des</strong> <strong><strong>Theater</strong>s</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong> 21<br />

5<br />

2


zugAbe<br />

22<br />

Tipps<br />

ALTE<br />

FREuNDScHAFT<br />

»Die Glut« ab 15. April im <strong>Theater</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong><br />

Nach 40 Jahren begegnen zwei Freunde e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> als alte<br />

Männer wie<strong>der</strong>, um sich e<strong>in</strong> erstes Mal mit folgenschweren<br />

geschehnissen <strong>in</strong> ihrer Vergangenheit zu konfrontieren. es<br />

geht um Liebe, schuld und verratene Freundschaft. helmuth<br />

Lohner spielt <strong>in</strong> Christopher hamptons Dramatisierung <strong>des</strong><br />

bestsellers »Die glut« von sándor Márai.<br />

© Rita Newman<br />

DVD<br />

GewInnen<br />

Schreiben & gew<strong>in</strong>nen<br />

zur 40-teiligen DVD-edition <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong> gesellten sich unlängst<br />

5 weitere Komödienhits mit Fritz Muliar, elfriede ott, helmuth<br />

Lohner und ossy Kolmann h<strong>in</strong>zu. »besuch bei Mr. green«,<br />

»pension schöller«, »es war die Lerche« u. a. erhältlich im<br />

buchhandel, an <strong>der</strong> Kassa <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong> und unter www.hoanzl.at<br />

Wir fragen: Welche beiden Stücke von<br />

christopher Hampton spielt die<br />

<strong>Josefstadt</strong> <strong>in</strong> dieser Spielzeit?<br />

DIe antwort Per e-maIL an gew<strong>in</strong>nspiel@josefstadt.org schicken<br />

und mit glück e<strong>in</strong>e DVD <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong>-edition gew<strong>in</strong>nen.<br />

e<strong>in</strong>sen<strong>des</strong>chluss 20. Februar 2010.<br />

20% SParen!<br />

Gutsche<strong>in</strong>paket für<br />

3 Vorstellungen<br />

<strong>in</strong> den Kammerspielen<br />

• Ohio – Wieso?! (siehe seite 18)<br />

• Ladies Night (Coverstory) und<br />

• Altweiberfrühl<strong>in</strong>g (mit elfriede ott,<br />

erni Mangold, Marianne Nentwich u. a.)<br />

Den Term<strong>in</strong> suchen sie sich selbst aus. Je nach sitzplatz-<br />

kategeorie zahlen sie für diese 3 Vorstellungen <strong>in</strong>sgesamt<br />

zwischen 49,60 € (Kat. 5) und 102,40 € (Kat. 1). Mehr<br />

dazu <strong>in</strong> unserem Abo-büro: 01- 42 700 / 301<br />

© Moritz Schell


Foto Sepp Gallauer<br />

zaHLreIcHe ProDuKtIonen <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong><br />

und <strong>der</strong> Kammerspiele wurden <strong>in</strong> den<br />

letzten Jahren von <strong>der</strong> Traditionsmarke<br />

hofbauer unterstützt. Auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> spiel-<br />

zeit 2009/10 ist hofbauer als sponsor<br />

<strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong> wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong> wichtiger<br />

Wirtschaftspartner für das <strong>Theater</strong>.<br />

»Verwöhnen und genießen« ist heuer<br />

das Motto dieser Kooperation. Dieses<br />

Thema steht auch im blickpunkt <strong>der</strong><br />

geme<strong>in</strong>samen Festtags-gew<strong>in</strong>nspielserie.<br />

Dabei können sie als besucher<br />

<strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong> und <strong>der</strong> Kammerspiele<br />

persönlich und direkt von dieser<br />

partnerschaft profitieren. spielen sie<br />

mit und gew<strong>in</strong>nen sie VIp-Tickets für<br />

zwei personen, e<strong>in</strong>e spannende back-<br />

stageführung und köstliche Confiserieprodukte<br />

<strong>der</strong> Firma hofbauer.<br />

Informationen f<strong>in</strong>den sie unter www.<br />

josefstadt.org.<br />

man muSS DIe feSte feiern, wie sie fallen!<br />

Valent<strong>in</strong>stag, Frühl<strong>in</strong>gsbeg<strong>in</strong>n, ostern,<br />

Muttertag und Vatertag … zu jedem<br />

dieser Term<strong>in</strong>e f<strong>in</strong>den hofbauer-<br />

gew<strong>in</strong>nspiele statt. gew<strong>in</strong>nen sie<br />

spannende <strong>Theater</strong>abende und lassen<br />

sie sich auch kul<strong>in</strong>arisch verwöhnen:<br />

denn hofbauer verwöhnt mit dem<br />

genuß echter Wiener Confiseriekunst.<br />

Mit viel Liebe zum Detail und handwerklicher<br />

sorgfalt kreiert hofbauer<br />

kunstvolle pral<strong>in</strong>enkompositionen.<br />

Detaillierte Informationen über die<br />

gew<strong>in</strong>nspiele erhalten sie regelmäßig<br />

über unseren Newsletter: Anmeldung<br />

unter www.josefstadt.org.<br />

pArTNer<br />

<strong>der</strong><br />

bLaue<br />

eNgeL<br />

Karten<br />

GewInnen<br />

KuLtur<br />

GenuSS<br />

Was verb<strong>in</strong>det das <strong>Theater</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong> mit <strong>der</strong><br />

österreichischen confiseriemarke Hofbauer? Richtig: höchster<br />

Kultur-Genuss, lebendige österreichische Tradition und e<strong>in</strong>e<br />

langjährige erfolgreiche Sponsor<strong>in</strong>gpartnerschaft.<br />

DRAMA – <strong>Das</strong> <strong>Magaz<strong>in</strong></strong> <strong>des</strong> <strong><strong>Theater</strong>s</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Josefstadt</strong> 23


JunGe<br />

LIebe<br />

E<strong>in</strong> fulm<strong>in</strong>anter Erfolg bei presse und publikum, bei Lesern und<br />

Buchverweigerern: die Bühnenversion von »Gut gegen Nordw<strong>in</strong>d«<br />

nach Daniel Glattauers E-Mail-Liebesgeschichte. Jetzt wird<br />

auch <strong>der</strong> 2. Teil, »Alle sieben Wellen«, für die Bühne <strong>der</strong> Kammerspiele<br />

adaptiert. Es arbeiten als Emmi und Leo weiterh<strong>in</strong> am<br />

Liebes-Happyend: Ruth Brauer-Kvam und Alexan<strong>der</strong> pschill.<br />

Gut GeGen norDwInD: 12., 15. Jänner; aLLe SIeben weLLen ab 6. Mai<br />

<strong>Josefstadt</strong>-Nachrichten 01/2010; Österreichische Post AG; Sponsor<strong>in</strong>g Post GZ 03Z035107 S Verlagspostamt 1080 Wien

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