Untitled - Universitätsbibliothek - Universität Salzburg
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274 CHRISTOPH BRANDHUBER<br />
Abb. 2: Fürsterzbischof Wolf Dietrich von Raitenau mit<br />
Armillarsphäre und Stadthintergrund (<strong>Salzburg</strong> Museum,<br />
Inv.-Nr. 355/37)<br />
Wie die <strong>Salzburg</strong>er Prozessakten berichten, habe<br />
auch Wolf Dietrich feststellen müssen, dass er gegen<br />
die unheilvolle Verheißung seiner Totenbeschwörung<br />
„kein Heilmittel anwenden und der Gewalt<br />
Gottes nicht entgehen könne.“ Zu spät wäre ihm<br />
durch das Orakel das drohende Unheil prophezeit<br />
worden, als dass er die widrigen Mächte noch hätte<br />
bannen können. Schicksalsergeben erklärte er später:<br />
„der Stichtag war gekommen und der Zeitabschnitt<br />
setzte bereits ein.“ 4 Die Zukunft ließ sich<br />
nicht mehr aus ihrer Bahn werfen.<br />
Vom wahren Kern<br />
Nährboden dieser Anschuldigungen dürfte Wolf<br />
Dietrichs Vorliebe für Astrologie gewesen sein<br />
(Abb. 2), die aber – das sei an dieser Stelle vorweg-<br />
genommen – machtpolitischem Kalkül entsprang. In<br />
seinem Interesse für übersinnliche Kräfte, Fähig -<br />
keiten und Mächte war der Raitenauer ganz Kind<br />
seiner Zeit, nicht abergläubischer als die anderen<br />
Herr scher jener Epoche. Auch die ihm nachfolgenden<br />
Fürsterzbischöfe begeisterten sich für Alchemie,<br />
Astrologie und Wahrsagerei: Guidobald Graf von<br />
Thun schloss am 18. Mai 1664 einen Vertrag mit<br />
dem Mainzer Domherrn Dietrich Caspar Freiherr<br />
von Fürstenberg, 5 der ihm beibringen wollte, wie<br />
auß gemainen gueten Eÿßen ein gueter Stahel gemacht<br />
werden könne und wie sich aus Silber goldt gewünen<br />
ließe. 6 Maximilian Gandolph Graf von Kuenburg<br />
be saß die Prophezeiungen des Nostradamus, wovon<br />
die mit seinem Supralibros versehene Werkausgabe<br />
in der <strong><strong>Universität</strong>sbibliothek</strong> zeugt (Abb. 3). 7<br />
Und noch in der Leichenrede des Leopold Anton<br />
Eleu therius Freiherrn von Firmian (1744) wurde von<br />
einer okkulten Sitzung des fürsterzbischöflichen<br />
Vaters berichtet, dem die gottselige Schwester Johan -<br />
na vom Heiligen Kreuz 8 in pythischer Ekstase ge -<br />
weissagt haben soll: Es werde ihm auß einem glück -<br />
seeligen Ehe=Bund drey Söhn gebohren werden, auß<br />
welchen der Erstgeborene einstens als ein grosses<br />
Hirten=Haubt in der Kirchen Gottes gläntzen werde:<br />
Groß wird er seyn vor den Augen der Göttlichen<br />
Majestät, und der Menschen. 9<br />
Dass man allein Wolf Dietrich einen übertriebenen<br />
Hang zum Okkultismus anlastete, zeigt, mit<br />
welchen Mitteln der Prozess gegen den gefangenen<br />
Landesfürsten in Rom geführt wurde. Dem Erz -<br />
bischof, der angeblich wie Nero einen Brand für<br />
seine übertriebenen Baugelüste genutzt, 10 der wo -<br />
möglich seine Concubine geheiratet 11 und vielleicht<br />
die Säkularisierung des Erzstifts zugunsten seiner<br />
Kinder beabsichtigt habe, dem war auch eine mutmaßliche<br />
Totenbeschwörung durchaus anzu lasten.<br />
Gewiss gründeten diese Vorwürfe in der Hauptsache<br />
auf Gerüchten, welche die Gegner Wolf<br />
Dietrichs über viele Jahre gezielt gestreut hatten,<br />
doch enthält der Großteil der Vorwürfe einen wahren<br />
Kern: Wiewohl Erzbischof, zeugte Wolf Dietrich<br />
mit der <strong>Salzburg</strong>er Bürgerstochter Salome Alt<br />
fünfzehn Kinder, wiewohl er nach seinem Regie -<br />
rungsantritt die protestantischen Bürger der Stadt<br />
<strong>Salzburg</strong> zu vertreiben suchte, stand er mit evan -