Untitled - Universitätsbibliothek - Universität Salzburg

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12.12.2012 Aufrufe

Abb. 23: Porträt Wolf Dietrichs während seiner Festungshaft (Residenzgalerie Salzburg, Inv.-Nr. 275) Abb. 24 (rechts): Fürsterz bischof Markus Sittikus Graf von Hohenems, Arsenio Donato Mascagni 1618 (Salzburg, Schloss Hellbrunn, Foto Oskar Anrather) Sprache, verfiel in den Zustand des Vortags und Mittags zwischen 11 und 12 Uhr [ist er] mit einem Christlich ende aus disem zergenkhlichen Jammerthal, verhoffentlich zu den ewigen Freuden abgeschiden. 84 Der Schauspieler treuherzigen Mitleids Noch am Tag des Ablebens schrieb Markus Sittikus (Abb. 24) an Hans Rudolph von Raitenau, den Bru - der des Verstorbenen: 85 Als Wolf Dietrich am Vortag von der fraiß angegriffen worden sei, habe er ihn DER TOD IN DEN STERNEN 289 unverzüglich durch Jemandt aus den Unßrigen besuechen lassen. Alles, was zu seinen belieben gereichen möge, wurde ihm treuherzig [wohlmeinend] angeboten. Dafür habe sich Wolf Dietrich noch höchlich bedanckht, indem er antwortete, dass ihm gar nichts abgehe noch ermangle. In der Nacht zum heutigen Tag habe er sich noch zimblich wol auf be funden, doch änderte sich sein Zustand gegen alle Zuversicht um acht Uhr früh. Nachdem ihm dies gemeldet worden sei, habe er zu den andern Geistlichen, so sich beÿ Ihme befunden, noch zwen Capuciner abgeordnet.

290 CHRISTOPH BRANDHUBER Damit nicht genug: Er habe sich selbsten in eigner Person, Ime anzusprechen und bester massen zutrös - ten, aufs Schloß [Festung] begeben. Aber Wolf Diet - rich habe sich bereits in einem hoffnungslosen Zustand befunden, dass die persönliche Visitation weiter nit rhatsamb erachtet worden sei. Hinsichtlich begrebnus unnd Erdtbestattung, schrieb Markus Sittikus, sei dem Vetter zweifels ohne bewußt, dass Wolf Dietrich schon vor Jahren diesbezüglich seinen letzten willen erklärt hätte. Auch in seiner lezten leibsschwacheit habe er höchlich bitten lassen, dass wir Ime auf das aller schlechteste [schlichteste] so möglich wollen lassen begraben. Da er aber dem Verstorbenen gern die gebürende lezte ehr erweisen wolle, werde er sich mit dem Dom - kapitel und seinen Geist lichen Räten beraten, ob der Wunsch nicht besser zu umgehen sei. Markus Sittikus beschloss seinen Brief mit dem Ausdruck seines getreuen christlichen mit leiden[s]. Bei weitem aufrichtiger schrieb er nach Rom: Meine Kirche ist von der größten Möglichkeit befreit, in Gefahren und in nicht eingebildeten Verdacht zu kommen. Gott hat dieser Frage ein Ende gesetzt, ihm sei Dank. 86 Seine Furcht vor Auf - ruhr kam nicht von ungefähr. Bei den treuen Die - nern seines Vorgängers, von denen er einige aus - gemustert hatte, war der Hohenemser höchst unbeliebt. Davon zeugt die Chronik von einem ehemaligen Diener Wolf Dietrichs, den Markus Sittikus entlassen hatte. Seinem Ärger Luft machend, meinte er: Der Hohenemser sei ein irrer Mann mit einem schändlichen Kropf, der wie ein Meeraff aussehe. Geld- und ehrgeizig sei er wie kein Fürst vor oder nach ihm, und mit Recht werfe man ihm vor, er habe sich nur einkauft und eingebettelt. Möge er ersticken in Geld, wie sein Vater, von dem man erzähle, er sei zwischen zweien Geldtruchen erstickt. 87 „Das Herz war groß, an demselben kein Fehler“ – Die Sektion des hochfürstlichen Leichnams Am späteren Nachmittag wurde dann, gegen den ausdrücklichen Wunsch Wolf Dietrichs, die Sektion seines Leichnams vorgenommen (Abb. 25). 88 Sie sollte vor allem Gerüchten vorbeugen, der Raiten - auer sei nach unmenschlicher Behandlung eines unnatürlichen Todes gestorben. Der Leibarzt des Hohenemsers, Dr. Vinzenz Cratinus, führte die Sektion durch und verfasste ein ausführliches Proto - koll. 89 Neben drei weiteren Ärzten nahmen der Hof - meister Johann Caspar von Kuenburg 90 und der Schlosshauptmann Le - onhard Ehrgott sowie mehrere Chirurgen und Diener des Toten teil. Zunächst wurde der äußerliche Zustand des Leichnams beschrieben: Der Körper war unverletzt, die Glieder erwiesen sich als „ausgewogen und fett.“ Ein wenig ab gemagert schienen hingegen die Unter schenkel und Arme des Toten, die auch mit Geschwüren besetzt waren. Sodann wurde der Unterleib geöffnet, wobei „ein Übermaß an Fett“ hervortrat. Das Bauchfell war nicht vereitert, das Gekröse in einem tadellosen Zustand. Zumal Wolf Dietrich in den letzten Tagen wenig gegessen hatte, fand man die Gedärme „eher durch Blähungen, als durch Exkremente gedehnt.“ Der leere Magen war „im Inneren lediglich mit einer klebrigeren Flüs - sigkeit überzogen.“ Die Leber schien den Betrach - tern gesund, die Milz aber etwas verhärtet und eine Niere mit „fünf sehr harten Steinchen verstopft.“ Die verschleimte Lunge, deren Gewebe man von dunkelblauen Flecken übersät vorfand, war zum Teil „mit der sie umgebenden Haut verwachsen.“ Der Herzbeutel wies kaum Flüssigkeit auf, das große Herz war in einem tadellosen Zustand. So

290 CHRISTOPH BRANDHUBER<br />

Damit nicht genug: Er habe sich selbsten in eigner<br />

Person, Ime anzusprechen und bester massen zutrös -<br />

ten, aufs Schloß [Festung] begeben. Aber Wolf Diet -<br />

rich habe sich bereits in einem hoffnungslosen<br />

Zustand befunden, dass die persönliche Visitation<br />

weiter nit rhatsamb erachtet worden sei.<br />

Hinsichtlich begrebnus unnd Erdtbestattung,<br />

schrieb Markus Sittikus, sei dem Vetter zweifels ohne<br />

bewußt, dass Wolf Dietrich schon vor Jahren<br />

diesbezüglich seinen letzten willen<br />

erklärt hätte. Auch in seiner lezten<br />

leibsschwacheit habe er höchlich<br />

bitten lassen, dass wir Ime auf<br />

das aller schlechteste [schlichteste]<br />

so möglich wollen lassen<br />

begraben. Da er aber<br />

dem Verstorbenen gern<br />

die gebürende lezte ehr<br />

erweisen wolle, werde<br />

er sich mit dem Dom -<br />

kapitel und seinen<br />

Geist lichen Räten beraten,<br />

ob der Wunsch nicht<br />

besser zu umgehen sei.<br />

Markus Sittikus beschloss<br />

seinen Brief mit dem Ausdruck<br />

seines getreuen christlichen<br />

mit leiden[s].<br />

Bei weitem aufrichtiger schrieb er<br />

nach Rom: Meine Kirche ist von der größten<br />

Möglichkeit befreit, in Gefahren und in nicht eingebildeten<br />

Verdacht zu kommen. Gott hat dieser Frage ein<br />

Ende gesetzt, ihm sei Dank. 86 Seine Furcht vor Auf -<br />

ruhr kam nicht von ungefähr. Bei den treuen Die -<br />

nern seines Vorgängers, von denen er einige aus -<br />

gemustert hatte, war der Hohenemser höchst unbeliebt.<br />

Davon zeugt die Chronik von einem ehemaligen<br />

Diener Wolf Dietrichs, den Markus Sittikus entlassen<br />

hatte. Seinem Ärger Luft machend, meinte er:<br />

Der Hohenemser sei ein irrer Mann mit einem<br />

schändlichen Kropf, der wie ein Meeraff aussehe.<br />

Geld- und ehrgeizig sei er wie kein Fürst vor oder<br />

nach ihm, und mit Recht werfe man ihm vor, er habe<br />

sich nur einkauft und eingebettelt. Möge er ersticken<br />

in Geld, wie sein Vater, von dem man erzähle, er sei<br />

zwischen zweien Geldtruchen erstickt. 87<br />

„Das Herz war groß, an demselben kein<br />

Fehler“ – Die Sektion des hochfürstlichen<br />

Leichnams<br />

Am späteren Nachmittag wurde dann, gegen den<br />

ausdrücklichen Wunsch Wolf Dietrichs, die Sektion<br />

seines Leichnams vorgenommen (Abb. 25). 88 Sie<br />

sollte vor allem Gerüchten vorbeugen, der Raiten -<br />

auer sei nach unmenschlicher Behandlung<br />

eines unnatürlichen Todes gestorben.<br />

Der Leibarzt des Hohenemsers,<br />

Dr. Vinzenz Cratinus, führte die<br />

Sektion durch und verfasste<br />

ein ausführliches Proto -<br />

koll. 89 Neben drei weiteren<br />

Ärzten nahmen der Hof -<br />

meister Johann Caspar<br />

von Kuenburg 90 und der<br />

Schlosshauptmann Le -<br />

onhard Ehrgott sowie<br />

mehrere Chirurgen und<br />

Diener des Toten teil.<br />

Zunächst wurde der<br />

äußerliche Zustand des<br />

Leichnams beschrieben:<br />

Der Körper war unverletzt,<br />

die Glieder erwiesen sich als<br />

„ausgewogen und fett.“ Ein wenig<br />

ab gemagert schienen hingegen die<br />

Unter schenkel und Arme des Toten, die auch<br />

mit Geschwüren besetzt waren. Sodann wurde der<br />

Unterleib geöffnet, wobei „ein Übermaß an Fett“<br />

hervortrat. Das Bauchfell war nicht vereitert, das<br />

Gekröse in einem tadellosen Zustand. Zumal Wolf<br />

Dietrich in den letzten Tagen wenig gegessen hatte,<br />

fand man die Gedärme „eher durch Blähungen, als<br />

durch Exkremente gedehnt.“ Der leere Magen war<br />

„im Inneren lediglich mit einer klebrigeren Flüs -<br />

sigkeit überzogen.“ Die Leber schien den Betrach -<br />

tern gesund, die Milz aber etwas verhärtet und eine<br />

Niere mit „fünf sehr harten Steinchen verstopft.“<br />

Die verschleimte Lunge, deren Gewebe man von<br />

dunkelblauen Flecken übersät vorfand, war zum<br />

Teil „mit der sie umgebenden Haut verwachsen.“<br />

Der Herzbeutel wies kaum Flüssigkeit auf, das<br />

große Herz war in einem tadellosen Zustand. So

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