Untitled - Universitätsbibliothek - Universität Salzburg
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288 CHRISTOPH BRANDHUBER<br />
den Tisch gestellt werden, um die begehrte Fracht<br />
geräuschlos in Empfang nehmen zu können. Auf<br />
diese Weise gelang es Wolf Dietrich, einigen Fürsten<br />
auf dem Reichstag in Regensburg Briefe zu senden.<br />
79 Der von August bis Oktober 1613 in Regens -<br />
burg weilende Markus Sittikus war natürlich peinlich<br />
berührt von diesen Vorgängen und ordnete eine<br />
strenge Untersuchung des Vorfalls an. Dem Koch<br />
gelang die Flucht, zwei Mithelfer wurden gefangen<br />
genommen, von denen man den einen, so das Loch<br />
gebort, von dem Haubtschloß aus bis zum Clausentor<br />
mit Rueten aushauen lassen, den andern, aber hat man<br />
seiner Kinder wegen verschont und des Lands auf ewig<br />
verwiesen. 80<br />
Wenn auch der Raitenauer noch so manches Mal<br />
ausrief Wolf Dietrich, leid, leid; dann du solches alles<br />
wohl verschuldet hast, 81 so scheint er sich mit zu -<br />
nehmender Haftdauer in sein Schicksal gefügt zu<br />
haben. Seine Barbiere sagten später aus, dass er<br />
öfters beteuerte, wann Er auch ledig [frei] wäre worden,<br />
dass Er weder die Frauen oder Kinder um der<br />
Leute Nachrede willen nicht zu sich begehrt hätte.<br />
Freilich räumte er aber doch ein, seine jungen Söhne<br />
wohl um sich leiden [zu] moegen, dann sie über die<br />
Massen von ihm geliebt worden sind. 82<br />
Abb. 22: Dachboden über Wolf<br />
Dietrichs Hafträumen: Hier wurde<br />
das Loch durch den dicken Estrich<br />
und Tram gebohrt, um Papier, Brief<br />
und anderes herabzulassen (Foto<br />
Christoph Brandhuber)<br />
Orientalische Perlen<br />
Am 8. Januar 1617 begann Wolf<br />
Dietrich (Abb. 23) sich unwohl<br />
zu fühlen. 83 Er nahm zwar nach<br />
Vorschrift des ihn betreuenden<br />
Arztes die verordneten Medika -<br />
mente ein, doch während der<br />
nächsten Tage verschlimmerte<br />
sich sein Krankheitszustand.<br />
Ap petitlosigkeit ließ ihn kaum<br />
Nahrung zu sich nehmen und<br />
nach einer Woche waren seine<br />
Kräfte er schöpft. Von einer plötzlichen<br />
Ohnmacht befallen, begann er umb 8 Uhr vormittag<br />
am ganzen Leib zu zucken wie infolge der<br />
epileptischen Anfälle, die er – vielleicht aufgrund<br />
eines Reitunfalls in der Jugend – öfters hatte.<br />
Schaum trat über die Lippen, er röchelte tief und<br />
verzerrte das Gesicht.<br />
Ärzte und Diener wussten in dem mehrere<br />
Stunden währenden Zustand keine andere Hilfe,<br />
als den zähflüssigen Schleim aus seinem Mund zu<br />
entfernen. Endlich schien Wolf Dietrich wieder zu<br />
sich zu kommen, er begann zunächst abgehackte<br />
Worte zu stammeln, doch hat er bald die Sprach, wie<br />
auch den Verstand völlig widerumben erlangt. Seine<br />
linke Körperhälfte, die durch einen ähnlichen<br />
Schlaganfall bereits beeinträchtig war, konnte er<br />
jedoch nicht mehr bewegen. Trotzdem waren die<br />
Ärzte der Meinung, dass er für dißmal aus aller gefar<br />
wäre. Wolf Dietrich verbrachte eine schlaflose<br />
Nacht, in der man ihm die Flüssigkeit von pulverisierten<br />
orientalischen Perlen einträufelte.<br />
Am nächsten Morgen, es war der 16. Januar 1617,<br />
verlangte er Essen, doch alles, was man auf der<br />
einen Seite des Mundes eingab, floss aus der anderen<br />
wieder heraus, da die Fähigkeit des Kauens gänzlich<br />
abgenommen hatte. Wolf Dietrich verlor abermals die